Holsteiner Springpferd

Transcription

Holsteiner Springpferd
Abbril_04-09_zu Hause_7.0_110309_neu:Layout 3
18.03.2009
12:15 Uhr
Seite 64
DER HOLSTEINER
Essay von Elmar PollmannSchweckhorst
Foto: www.toffi-images.de
Holsteiner
Springpferd wohin?
64
Pferd+Sport
04
I
09
Abbril_04-09_zu Hause_7.0_110309_neu:Layout 3
18.03.2009
12:15 Uhr
Seite 65
Elmar Pollmann-Schweckhorst, seit vielen Jahren ein Freund des Holsteiner Pferdes,
hat sich mit der Springpferdezucht im Land zwischen den Meeren beschäftigt.
„Geritten wird,
was geprüft wird“
Ein zweites Mexiko 1968,
wo Kanada mit 102,75 Strafpunkten die Goldmedaille gewann, soll es nicht mehr geben. Wie bekommt man ein
hochkarätiges Teilnehmerfeld
auch bei „artgerechtem“ Abwurfverhalten der Hindernisse auseinander dividiert?
Die einzelnen Sprünge baut
Rothenberger seit Hongkong
wieder höher und breiter.
Dazu wechselt er innerhalb
des Parcours zwischen einer
fülligen, imponierenden Bauweise, die verstärkte treibende Hilfen erfordert und
unscheinbaren Hindernissen
in Leichtbauweise. Damit
will er verstärkt die Durchlässigkeit und Nervenstärke
der Pferde überprüfen.
Was ändert sich noch? Die
erlaubte Zeit ist in den letzten
Jahren immer mehr zum Selektionskriterium geworden.
Die Reiter sind unter Druck,
die Pferde müssen bereits im
Normalumlauf aus höherem
Grundtempo geritten werden.
Hier und da ist auch eine riskantere Wendung erforderlich, um keine Zeitfehler zu
bekommen. Der Zeitdruck
führt vermehrt zu Flüchtigkeitsfehlern. Trotzdem ist
eine knapp bemessene erlaube Zeit pferdefreundlich.
Flüssiges Reiten ist besseres
Reiten,
und
Zeitfehler
schmerzen das Pferd nicht.
„Gezüchtet wird,
was geritten wird“
Was bedeutet das für die
Springpferdezucht?
Wie
muss der Holsteiner der Zukunft aussehen? Der Springsport wird grundschnellere
Pferde benötigen mit räumender, unaufwändiger Galoppade. Aber vor allem
Pferde, die am Sprung nicht
mehr so viel Zeit verlieren.
Blütigere Typen - keine Gewaltspringer in Slow-Motion.
Pferde, die auch „im Vorwärts“ in der Balance bleiben, die nicht vor jedem
Sprung „auf die Füße gestellt“, gespannt oder komprimiert werden müssen.
Pferde, die man auch zu hohen Sprüngen „Strich“ weiter
galoppieren lassen kann.
Härte und Belastbarkeit
Ein weiteres Problem ist
die gesundheitliche Belastbarkeit. Die immer engmaschigeren Dopingkontrollen
im Top-Sport spüren mittlerweile Medikamentenspuren
im Nanogramm-Bereich auf.
Auch hier muss sich die
Zucht Gedanken machen,
wie sie den Anforderungen
an das moderne Sportpferd
Über die Saugfähigkeit.
PEER-SPAN – das sind hochwertige
Hobelspäne aus Schweden. So weich
und feucht, dass sie unter den harten
Pferdehufen nicht brechen. So elastisch, dass Bänder, Sehnen und
Gelenke geschont werden. Und so
saugfähig, dass sie in der Box immer
für eine extrem hohe Hygiene sorgen.
PEER
dietzundconsorten.de
M
schüttelte den Kopf: „Das
werden wir bestimmt nicht
tun. Wir sind ja froh, dass wir
heute nicht mehr so viele
Stürze und schlechte Bilder
haben.“
▲
it den Olympischen
Spielen von Hongkong hat der Springsport einen Wendepunkt erlebt. Es begann mit der
Bestellung des Hindernismaterials durch Frank Rothenberger. Die flachste Auflagentiefe seiner Angebotspalette
beträgt 18 mm. Für den olympischen Parcours wurden
Spezialanfertigungen bestellt:
17 mm. Doch damit nicht genug: Als Rothenberger in
Hongkong angekommen war
und einen Blick in das Materiallager warf, sah er, wie
diese Auflagen von Hilfsarbeitern noch flacher geraspelt
wurden. „Die Mauerkästen
waren nur noch Zigarrenkästchen“, berichtete er. Einen Lerneffekt bewirken Abwürfe solcher Hindernisteile
nicht mehr, sie werden auch
von vorsichtigen Pferden
kaum noch wahrgenommen.
Wurden Reiter durch den
Parcoursbau zum chemischen Barren animiert? Spätestens nach den positiven
Dopingproben der fünf
Springreiter war klar: So
kann es mit dem Springsport
nicht weiter gehen.
Wieder zuhause angekommen, bekam er einen Anruf
von Paul Schockemöhle:
„Könnt ihr die Kombinationen nicht wieder weiter und
breiter bauen?“ Sicher war
diese Idee nicht ganz uneigennützig. In seinem MegaGestüt Lewitz züchtet Schokkemöhle
mit
äußerster
Konsequenz auf ein Zuchtziel hin: letztes Vermögen
und absolute Leistungsbereitschaft. Doch Rothenberger
SPAN
Einstreu für Siegertypen.
Fon +49(0)45 22 - 59 34 62 · Fax +49(0)45 22 - 32 32 · [email protected] · www.peer-span.de
Pferd+Sport
04
I
09
65
Abbril_04-09_zu Hause_7.0_110309_neu:Layout 3
18.03.2009
12:15 Uhr
Seite 66
DER HOLSTEINER
T R A N S L AT I O N
The Hong Kong Olympics marked a watershed in show jumping. It
started when the jumps and the equipment were ordered from Frank
Rothenberger. The minimum depth of the cups offered in his range is
18 mm. For the Olympic course, 17 mm custom products were ordered.
When Rothenberger arrived in Hong Kong and had a look at the equipment store, he saw helpers rasping down the edges of the cups even
more. “The wall components were just like cigar boxes”, he said.
Horses knocking down such equipment will not benefit from a learning effect any longer, because even the cautious ones will hardly notice it.
Since Hong Kong, Rothenberger has been building the individual
jumps higher and wider again. Moreover, within a course he alternates
between compact, impressively built jumps requiring increased driving aids and rather inconspicuous light-weight constructions, thus intensifying efforts to test the horses’ suppleness and obedience as well
as their nerve.
What does this mean for jump horse breeding? What do we require
in a Holsteiner in the future? Show jumping is going to need faster
horses with a ground covering, effortless gallop. First and foremost
horses which will not lose as much time at the obstacles any longer.
Blood horse types, not violent jumpers in slow motion. Horses able to
maintain their balance when going ahead, horses which do not require
flexing nor have to be “set on their feet” prior to every jump.
Resilience is more important than ever for jump horses.
We need more horses again with unrestricted footing, with a trot
showing rhythm and a visible phase of suspension even after they
have been worked. Of course, a show jumper will not have the springy
and elastic trot seen in a dressage horse with longer pasterns and a
more sloping shoulder. Show jumpers tend to have a less sloping,
steeper shoulder as well as shorter, steeper pasterns, permitting the
front legs to push off energetically in the jump. Show jumpers are not
expected to display cadenced movements or an extended phase of suspension in the trot. But they must be tough and resilient, and the trot
must be sound. The period of consolidation of the last years was important and appropriate. But now it is time to send out an appeal to
all breeders dedicated to Holsteiner jump horses: “Get up the nerve to
use more foreign blood with a proven and sustained record of performance!”
gerecht werden kann. Durch
die Renaissance des RamzesBlutes sind Springqualität
und Vorsicht auf höchstes Niveau geschraubt worden. Am
Rande bemerkt: Auch Ludger
Beerbaum’s All Inclusive
NRW führt Ramzes acht Mal
im Pedigree. Ramzes hat in
Westfalen wie in Holstein
einzigartiges geleistet auf
dem Weg zum modernen
Sportpferd.
Ist die Holsteiner Zucht
durch die Inzucht auf Ramzes
weicher geworden? Überraschen würde es nicht. Diese
Schattenseite der Vererbung
war Fachleuten wie Werner
Schockemöhle bereits in den
Sechziger Jahren bei der F1Generation des Anglo-Arabers bekannt. Die Inzucht ist
das Erfolgsrezept der Zucht
im Land zwischen den Meeren gewesen. Einen Holsteiner erkennt man auf Turnierplätzen der ganzen Welt
heraus. Die Verwandtschaftszucht hat einen einheitlicheren Typ heraus kristallisiert,
als es jede andere Springpferdezucht vermochte. Doch
auch die Inzucht auf Cor de la
Bryere und Ladykiller xx
wird immer enger.
Elmar Pollmann-Schweckhorst
Elmar Pollmann-Schweckhorst betreibt in Bergisch-Gladbach in
dritter Generation einen Zucht- und Ausbildungsstall. Er ist Pferdewirtschaftsmeister Zucht und Haltung sowie Reiten und bis Kl. S
erfolgreich geritten. Für seine Erfolge wurde er mit dem Goldenen
Reitabzeichen ausgezeichnet. Elmar Pollmann-Schweckhorst hat sich
zudem einen hervorragenden Namen als Fachautor gemacht.
U. a. hat er das Buch „Springpferde-Ausbildung heute“ geschrieben.
Der Holsteiner Zucht ist der 45Jährige auf das engste verbunden.
Er züchtet mit Stuten aus dem Stamm 890, die zum Teil bei Hobe
Bernhard in Kollmar beheimatet sind.
66
Pferd+Sport
04
I
09
Springpferde-Trab
Härte benötigt das Springpferd dringender denn je.
Von den vielen Springpferden, die in den letzten Jahren
die Bundes-Championate dominierten, haben sich zu wenige im Top-Sport gehalten.
Die Zucht muss von den
wackeligen und weichen
Pferden befreit werden. Das
ist nicht zwangsläufig an den
Röntgenbefunden abzulesen.
Mancher Profireiter bringt es
lapidar auf den Punkt: „Der
TÜV hat nichts mit der Gesundheit zu tun.“
Wir brauchen wieder mehr
Pferde, die auch nach der Belastung taktvoll und mit erkennbarer Schwebephase traben, die ungehemmt Auffußen. Natürlich trabt ein
Springpferd nicht so elastisch
federnd wie das länger gefesselte und mit schrägerer
Schulter gebaute Dressurpferd. Tendenziell haben
Springer steilere Schultern
und kürzere, steilere Fesseln,
damit sie sich im Absprung
mit der Vorhand energischer
abstoßen können. Denn mit
der Vorhand bestimmt das
Pferd die Höhe der Flugkurve, mit Rücken und Hinterhand die Weite. Von
Springpferden erwartet man
keine Veranlagung zur Kadenz, keine verlängerte
Schwebephase im Trab. Aber
hart und belastbar sollen sie
sein, gesund müssen sie traben! Die Konsolidierungsphase der letzten Jahre war
wichtig und richtig, doch
nun dürfen wir nicht noch
länger im eigenen Saft
schmoren. Deshalb sei allen
Züchtern, deren Herz am
Holsteiner Springpferd liegt,
zugerufen: „Mehr Mut zu
dauerhaft leistungserprobtem
Fremdblut!“