London Erfahrungsbericht
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London Erfahrungsbericht
Lennart Ulf Reber - [email protected] ~ KING’S COLLEGE LONDON - ERFAHRUNGSBERICHT ~ Inhalt I. Einführung ...................................................................................................................... 1 II. Bewerbungsprozess und -voraussetzungen .................................................................... 2 III. King’s College London .................................................................................................. 5 A. Allgemeines ............................................................................................................... 5 B. Certificate in Legal Studies und Module ................................................................... 6 Elements of the Law of Contract .......................................................................... 9 2. European Law ..................................................................................................... 10 3. EU Competition Law .......................................................................................... 11 4. Company Law ..................................................................................................... 11 C. Studienarbeit im Ausland ........................................................................................ 12 D. Examen .................................................................................................................... 15 IV. V. 1. London .......................................................................................................................... 16 A. Unterkunft ................................................................................................................ 16 B. Leben ....................................................................................................................... 18 Fazit .............................................................................................................................. 22 I. EINFÜHRUNG Gute Gründe für einen Auslandsaufenthalt während des Jurastudiums gibt es genug: Eine fremde Rechtsordnung kennenlernen, auf aufgeschlossene Menschen aus aller Welt treffen und neue Freundschaften schließen, eine Stadt erkunden und sie besser kennenlernen als man es als simpler Tourist je könnte und unzählige neue Eindrücke und Erfahrungen sammeln. All das bietet ein Studium am King’s College London in beeindruckender Weise! Das englische Common Law konfrontiert den deutschen Jurastudenten nicht lediglich mit neuen, unbekannten Rechtsnormen, sondern gleich mit einem gänzlich unterschiedlichen System und einer ungewohnten Herangehensweise an das Recht. Als eine der internationalsten Städte der Welt zieht London zudem Menschen aus aller Welt an und bietet damit eine unvergleichliche Vielfalt. Kulturelle Angebote und ganz allgemein gesprochen schlicht das Leben in London an sich sorgen dafür, dass es zu keiner Sekunde langweilig wird. Im Folgenden daher eine Beschreibung meiner Eindrücke und Erfahrungen an diesem Studienort, den ich, so viel sei bereits gesagt, jedem potentiellen Erasmus-Studenten nur wärmstens ans Herz legen kann. Ich selbst durfte mein Auslandsstudium am King’s College London von Mitte September 2014 bis Ende Juni 2015 absolvieren. Während die meisten Studenten wohl nach dem vierten Semester ins Ausland gehen, hatte ich bereits sechs Semester in Heidelberg studiert, ehe ich, scheinfrei in Heidelberg, sodann meinen Auslandsaufenthalt angetreten habe. Aus diesem Grund hatte ich in Heidelberg bereits meinen Schwerpunkt gewählt und habe schließlich in London auch meine Studienarbeit geschrieben. Da dies auch möglich ist, wenn man seinen Schwerpunkt noch nicht gewählt hat und manch einer möglicherweise neben dem eigentlichen in London verliehenen Certificate einen anrechenbaren Leistungsnachweis erbringen will, werde ich später auf diese Möglichkeit eingehen. Generell soll der Bericht vor allem zwei Zwecken dienen. Zum einen soll er für potentielle Bewerber ausreichend Informationen bieten, damit sich diese ein Bild von dem machen können, was London und das King’s College für sie bereit halten, damit auch etwas Lust auf diesen Studienort machen und diesen zugleich einen Eindruck vom Bewerbungsprozess und den Erfolgschancen einer Bewerbung für London vermitteln, was für die meisten wohl ein nicht zu vernachlässigender Belang darstellen wird. Zum anderen soll der Bericht aber auch bereits für die zwei Glücklichen, die schließlich ausgewählt werden, einige Tipps bzgl. Leben, Unterkunft, Studium etc. enthalten. 1 II. BEWERBUNGSPROZESS UND -VORAUSSETZUNGEN Wie in jedem Erfahrungsbericht bezüglich des Studienorts London müssen anfänglich die Erfolgschancen auf einen Studienplatz am King’s College angesprochen werden, auch wenn ich im Ergebnis nicht jedwede Unsicherheit bei der Bewerbung eliminieren kann, da eine Bewerbung für diesen Studienplatz im Ergebnis immer noch zum gewissen Teil unkalkulierbar bleibt. Es ist kein Geheimnis, dass die zwei angebotenen Plätze am King’s mit zu den begehrtesten Auslandsplätzen überhaupt gehören, für die man sich in Heidelberg bewerben kann. Dementsprechend zahlreich und qualitativ gut sind die Bewerbungen, von denen es sich erfolgreich abzuheben gilt. Auch wenn der Auswahlvorgang im Ergebnis intransparent erfolgt, versuche ich einen Gesamteindruck von der Bedeutung und Gewichtung der einzelnen Dokumente und den generellen Erfolgschancen aus meiner Sicht zu vermitteln. Dass es die Mühen und der Versuch wert sein können, machen schließlich die übrigen Abschnitte des Erfahrungsberichts hoffentlich deutlich, da ein Auslandsstudium am King’s College London sowohl in fachlicher als auch persönlicher Hinsicht eine enorme Bereicherung darstellt. Das Dilemma, das dafür sorgt, dass man sich eine Bewerbung für London persönlich ausführlich überlegen sollte, (da wohl größtenteils bekannt) nur kurz zusammengefasst: Bei einer Erasmusbewerbung gibt man seine Präferenzen für bis zu drei Studienorte ab, die sog. Erst-, Zweit- und Drittwahl. Bei der Begutachtung und Auswahl der Bewerbungen wird man mit Priorität zunächst ausschließlich für seine Erstwahl beachtet. Sollte man hierfür nicht angenommen werden, wird man hinsichtlich der Zweit- und Drittwahl nur (!) beachtet, sollte dort das Angebot der Plätze die Zahl der Bewerber übersteigen. Da London zu den begehrtesten Plätzen überhaupt gehört, sind die zwei Plätze traditionell stark umkämpft und die eingehenden Bewerbungen dementsprechend gut. Das kann dazu führen, dass man beispielsweise als drittbester Bewerber einen der beiden Londonplätze knapp verpasst, im Ergebnis bei der Vergabe aber komplett leer ausgeht, da die Zweit- und Drittwahl bereits besetzt sind. Angesichts der Tatsache, dass es für die meisten Orte mehr Bewerber als Plätze gibt, ist dies ein nicht zu unterschätzendes Risiko und kann dafür sorgen, dass man in der Erstwahl knapp gescheitert komplett in Heidelberg bleiben muss, obwohl man unter Umständen eine bessere Bewerbung für die Zweit- und Drittwahl vorweisen konnte als die schließlich Ausgewählten, man aber schlicht durchgereicht wurde. Aus diesem Grund ist eine Bewerbung für London als Erstwahl traditionell zu einem gewissen Grade ein Pokern. Da für mich wie für die meisten potentiellen Londonbewerber und somit Leser dieses 2 Erfahrungsberichts daher gerade die Erfolgschancen und generell die Gewichtung der Bewerbungsunterlagen etc. ein Hauptanliegen vor der Bewerbung waren bzw. sind und ich selbst auch einige Zeit überlegen musste, ehe ich mich entschlossen habe, mich für London zu bewerben, möchte ich diesem Teil etwas Platz in meinem Bericht widmen, um ein Stück weit Material für die persönliche Entscheidung beizusteuern. Maßgeblich sind für eine erfolgreiche Bewerbung bekanntermaßen die bisher erzielten Noten/Punktzahlen, das Motivationsschreiben, der Lebenslauf, ein Englischsprachtest und das Abiturzeugnis. Auch wenn, wie bereits gesagt, das Auswahlverfahren durch seine Intransparenz keinen exakten Rückschluss zulässt, warum man letztendlich genommen wurde, kann ich doch auf Grund meiner Unterlagen und der Erfahrungen der vergangenen ausgewählten Studenten doch ein paar Leitlinien und Eindrücke weitergeben, die für eine erfolgreiche Bewerbung ausschlaggebend zu sein scheinen. Die zwei eher untergeordneten Dokumente meiner Meinung nach sind Abiturzeugnis und Sprachtest. Nicht weil man sich dort gar großartig Schwächen erlauben sollte, sondern da sich hier die meisten Bewerbungen wohl nicht maßgeblich voneinander unterscheiden werden. Abgesehen von kleinen Abweichungen in der Nachkommastelle sind wohl die Abiturdurchschnitte der meisten Jurastudenten in Heidelberg auf einem vergleichbar hohen Niveau. Auch der Nachweis der Englischkenntnisse sowohl im Sprachtest als auch in einem potentiellen Abiturleistungskurs ist wohl bei den meisten Bewerbern, gerade wenn sie sich ohnehin gerade für England bewerben, auf einem vergleichbaren Mindestlevel. Mit diesen beiden Dokumenten wird man daher in der Regel nicht dermaßen herausstechen können, es sei denn man kann konstante 15 Punkte im Abitur und C2 im Sprachtest vorweisen, was aber ebenfalls bestenfalls einen leichten Vorteil gewährt und nicht ausschlaggebend sein wird, wenn beispielsweise das Motivationsschreiben nur Durchschnitt ist. Dennoch bilden beide Dokumente selbstverständlich einen Teil des Gesamtpakets der Bewerbung und sind nicht auf die leichte Schulter zu nehmen (um Missverständnissen deutlich vorzubeugen: natürlich sind 15 Punkte und C2 für eine erfolgreiche Bewerbung nicht unabdingbar, aber es schadet selbstverständlich auch sicherlich nicht). Meiner Meinung nach schon wichtiger ist der Lebenslauf, auf den man im Motivationsschreiben auch ansprechend Bezug nehmen kann und sollte. Schon aus dem Lebenslauf sollte in gewisser Weise eine Eignung für das Auslandsstudium zu erkennen sein. Es muss dabei nicht alles einen London- oder Englandbezug haben, aber da gerade London eine äußerst internationale Stadt ist, schaden Engagement im internationalen Bereich (internationale Planspiele und Simulationen wie MUN-Veranstaltungen, Moot Courts oder einfach die Betreuung von internationalen Studenten in Heidelberg) wohl nicht. Die 3 Noten/Punktzahlen im Studium sind, wenn auch nicht alleiniger, doch äußerst (mit)entscheidender Faktor. Neben den Pflichtfachnoten aus den Übungen kann man selbstverständlich auch jeden anderen Leistungsnachweis - Grundlagenscheine, Schlüsselqualifikationen etc. (gerade Scheine aus Vorlesungen zu ausländischem Recht bieten sich ebenfalls stark an) - einbringen, was ohnehin zu empfehlen ist, da diese Noten meist den Gesamtschnitt wohl eher verbessern als verschlechtern. Ob aus diesem Grund die Pflichtfachnoten intern stärker gewichtet werden weiß ich jedoch nicht. Auch wenn man keine zuverlässigen Mindestpunktzahlen nennen kann, ist wohl doch Jahr für Jahr - vor allem unter Einbeziehung der oben genannten übrigen Leistungsnachweise - ein zweistelliger Notendurchschnitt nötig. Aber auch wenn die Noten eine objektive Auswahl der Bewerber am leichtesten ermöglichen, sind sie dennoch lediglich ein Teil des Gesamtpakets. Ähnlich wichtig ist meiner Meinung nach das Motivationsschreiben, das neben den Noten das Dokument ist, in dem man sich am stärksten von anderen Bewerbern abheben kann. Letztendlich ist die Bewertung des Schreibens zwar ziemlich subjektiv, aber hier kann man am stärksten die Bewerbung begründen und das Ganze unter Zuhilfenahme des Lebenslauf sehr individuell und überzeugend aufbauen. Zudem tritt während der Erstellung und Formulierung des Schreibens auch für einen persönlich deutlich zu Tage, ob man sich voller Überzeugung und aufrichtigem Interesse für einen Platz am King’s College London bewirbt und klare Argumente liefern kann oder ob man eigentlich lediglich an einem von der EU subventionierten, verlängerten Urlaub in der bevölkerungsreichsten Metropole Europas interessiert ist. Auch wenn damit zusammenfassend ein gewisser Notenschnitt unabkömmlich ist, kann dieser zu einen gewissen Teil immer noch durch die Gesamtheit der Bewerbung ausgeglichen werden, sollte die Bewerbung in sich stimmig sein und gerade das Motivationsschreiben einen überzeugenden roten Faden erkennen lassen. Dennoch muss man im Ergebnis wohl zur Not trotzdem in Kauf nehmen, dass man sowohl Erst- als auch sodann Zweit- und Drittwahl nicht bekommt. Schließlich läuft es daher auf die Frage hinaus, wie sehr man sein Auslandsstudium wirklich gerade in London verbringen will oder ob man alternativ einfach generell an einem Auslandsstudium interessiert ist und dies nicht final auf einen bestimmten Ort hinauslaufen muss. Außerdem hindert einen selbstverständlich keiner daran, sein Glück mit einer Bewerbung für nach dem vierten Semester zu versuchen und es im Falle einer negativen Antwort später schlicht nochmals zu versuchen. 4 Eine abschließende Information für die Zwei ausgewählten Kandidaten: Sobald man die Nachricht vom Heidelberger Erasmus-Büro bekommt, dass man genommen wurde, hat man den Platz definitiv sicher, da Heidelberg die Leute für King’s nominiert und KCL diese dann auf jeden Fall annimmt. Dennoch muss man sich danach zusätzlich noch online am King’s einschreiben und dabei kann es - zumindest war es in unserem Jahr und im Jahr zuvor so - zu Unklarheiten kommen, die ein paar E-Mailwechsel mit den Heidelbergern und den Leuten am King’s notwendig machen. Zum einen verlangt das King’s etwas überraschend beispielsweise ein Referenzschreiben eines aktuelle Dozenten. Hierfür sollte man sich aber einfach an unsere Erasmus-Koordinatorin wenden, die einem ein Musterschreiben zum Hochladen aufsetzt. Darüber hinaus wird eine offizielle Notenübersicht verlangt, für die man sich am besten beim Sekretariat des Prüfungsamts ein Formular besorgt. Des Weiteren kann es auch zu Problemen mit der Wahl des Studiengangs kommen, für den man sich einschreiben soll. Die offizielle (!) Anleitung zur Einschreibung schlägt hierbei den falschen Kurs vor (Study Abroad and Exchange und nicht Law). Auch hier am besten kurz mit den zuständigen Stellen, vorzugsweise mit der King’s-Seite absprechen - in meinem Jahr war dies Alison Jones. Die eigentliche Bestätigung von King’s, dass man schließlich genommen worden ist, kann ebenfalls durchaus etwas auf sich warten lassen; dadurch sollte man sich nicht verrückt machen lassen. Das ist insgesamt etwas ärgerlich und umständlich, aber wenigstens ist man bereits sicher für den Platz am King’s gesetzt, kann dafür entsprechend planen und dem Auslandstudium freudig entgegenblicken. III. KING’S COLLEGE LONDON A. ALLGEMEINES King’s College London ist eine der bekanntesten und traditionsreichsten Universitäten Londons und beherbergt ca. 27.000 Studenten aus der ganzen Welt bei einer acceptance rate von 13%. Die Law School wurde 2012 nach einer Spende in zweistelliger Millionenhöhe in Dickson Poon School of Law umbenannt und befindet sich im Ostflügel des Somerset House am Strand Campus. Dennoch besucht man Law-Veranstaltungen sowohl am Strand als auch am Waterloo Campus, die beide direkt an der Themse liegen und von der Waterloo Bridge verbunden sind und zu Fuß ca. 15min voneinander entfernt liegen. Die Studenten der Law School sind in ihrer Gesamtheit wie Studenten anderer Fachrichtungen und London selbst sehr international. Wohl maximal ca. ein Drittel der Studenten sind Britisch, während die 5 restlichen Studenten aus aller Welt kommen. Die meisten davon streben einen regulären LLB oder LLM an, während es auch eine kleine Gruppe französischer und deutscher Studenten gibt, die ein double degree machen, für das sie sowohl am King’s als auch in Paris bzw. Berlin zwei Jahre studieren. Als Erasmus-Student belegt man normale LLB-Kurse, es erfolgt keine Differenzierung zwischen Austauschstudenten und gewöhnlichen LLB-Studenten. Wer sich abseits des üblichen Websiteauftritts des Colleges und der Law School einen ersten kleinen Eindruck von der Studienatmosphäre in London verschaffen will, kann dies auch über die zwei folgenden Videos tun: https://www.youtube.com/watch?v=uPhpXzE0HJs https://www.youtube.com/watch?v=tinhErtIj_0 B. CERTIFICATE IN LEGAL STUDIES UND MODULE Erasmus-Studenten am King’s College erhalten beim erfolgreichen Abschluss des Aufenthalts (Dauer s.o.: Mitte September-Ende Juni), bestehend aus drei Trimestern (Mitte SeptemberMitte Dezember; Anfang Januar-Ende März; April und Mai), von denen die ersten zwei reguläre Vorlesungstrimester sind und das letzte vorlesungsfrei der Examensvorbereitung für die Examen im Mai dient, das hierfür eigens geschaffene UG Certificate in Legal Studies. Hierfür wählt man vier ganzjährige Module bzw. mehr, falls auch halbjährige Kurse darunter sind, die die regulären Jurastudenten am King’s, wie bereits angedeutet, ebenso belegen können und in denen im letzten Trimester schließlich die Prüfungen abgelegt werden. Die Kurse unterscheiden sich etwas hinsichtlich der gestellten Anforderungen, abhängig davon ab welchem Semester/Studienjahr sie für die regulären LLB-Studenten angeboten werden - 1st4th year Kurse. Die Module kann man am King’s innerhalb der ersten zwei Wochen ohne großen Begründungsaufwand noch wechseln, falls man mit seiner Wahl nicht zufrieden sein sollte. Je nach Modul bestehen die finalen Prüfungsleistungen teils aus Essays und Klausuren oder lediglich Klausuren. Die zum Gesamtergebnis hinzuzählenden Essays sind in der Regel lediglich zwischen ca. 4-6 Seiten lang, machen meist ca. 20-30% der Gesamtnote aus und werden bereits im März/April geschrieben und online eingereicht. Über das Jahr verteilt gibt es aber bereits von Anfang an immer wieder freiwillige Essays und Klausuren, die von den Tutoren gestellt und korrigiert werden, was die überwiegende Mehrheit der Studenten auch wahrnimmt. Der „Notenspiegel“ der einzelnen Module und des Certificates insgesamt reicht von 0-100%. Ab 40% besteht man, von 50-69% erhält man ein sog. second (unterteil in upper second 2:1 (60-69%) und lower second 2:2 (50-59%)), ab 70% erhält man ein sog. first, 6 wobei mir nicht bekannt ist, dass man mehr als 75% erzielen kann. Das Certificate wird ab 40% ohne Zusatz, ab 60% with merit und ab 70% with distinction verliehen. Theoretisch gibt es für durchgefallene Studenten einen Wiederholungstermin im August, allerdings ist mir kein Austauschstudent bekannt, der dies in der Vergangenheit je in Anspruch nehmen musste. Der gesamte Studienaufbau und das Certificate führt dazu, dass der Erasmusaufenthalt in London kein ‚Urlaubsaufenthalt‘ ist, wie es in manchen Erasmusplätzen vielleicht eher der Fall ist, und man je nach Modulwahl durchaus gut beschäftigt ist. Auf der anderen Seite profitiert man aber auch davon, dass man den Auslandsaufenthalt mit einem Zertifikat abschließt, was einem selbst, aber auch potentiellen Praktika- und Arbeitsstellen bescheinigt, dass man seine Zeit im Ausland nicht unnütz vertan hat. Die Beschäftigung mit dem englischen Recht im Allgemeinen, bestimmten Rechtsgebieten im Besonderen und die gesamte Studiensituation können zudem sehr hilfreich bei der Entscheidung sein, ob man sich später einen LLM gerade im englischsprachigen Ausland vorstellen könnte. Nichtsdestotrotz hat man aber mehr als genug Zeit, London mit allem, was es zu bieten hat, ausreichend zu genießen und sollte dies auch unbedingt tun, aber hierzu später mehr. Angenehm im Studienalltag und der -organisation ist, dass alle Veranstaltungsmaterialien zentral auf KEATS hochgestellt werden und dort verfügbar sind. KEATS ist die Onlineplattform vergleichbar mit Moodle mit dem Unterschied, dass im Gegensatz zu letzterem alle Veranstaltungen ihre Materialien zentral hochladen und nicht jeder Dozent seine Unterlagen auf zahlreichen unterschiedlichen Wegen und Plattformen anbietet und die eigenen Kurse spezifisch freigeschaltet werden, ohne dass man sich dafür noch mit den jeweiligen Passwörtern zusätzlich anmelden müsste. Seinen KCL E-Mailaccount sollte man übrigens ebenfalls regelmäßig checken bzw. eine Weiterleitung einrichten, da immer wieder informative Nachrichten und Einladungen darüber verschickt werden. Sehr angenehm als Heidelberger Austauschstudent ist darüber hinaus, dass man komplett frei in der Wahl der Module ist. Weder muss man Rücksicht auf das angegebene vorgeschriebene Jahr der Module nehmen noch unbedingt vermeintlich leichte Kurse wählen, da die finalen Examensnoten im Ergebnis nicht die gleiche Relevanz haben wie für reguläre LLB-Studenten oder beispielsweise Berliner Humboldt-Studenten, für die die Examen den universitären Schwerpunkt darstellen. Daher kann und sollte man wirklich nach Interesse auswählen und Module aussuchen, auf die man vielleicht nicht in Heidelberg trifft. Allein auf die teils angegebenen vorausgesetzten Module für spätere Aufbaumodule sollte man etwas Rücksicht nehmen, aber auch diesbezüglich ist ein Vorwissen nicht unbedingt unabkömmlich, was aber 7 vom jeweiligen Modul abhängig ist und weswegen man auch gerne den jeweiligen Modulleiter anschreiben kann. Sollte man mit dem Gedanken spielen, seine Studienarbeit in London zu schreiben, sollte man vor diesem Hintergrund ein Modul wählen, das mit dem gewählten Heidelberger Schwerpunkt vergleichbar ist, um sie in diesem Modul schreiben zu können. Ob einem das Verfassen einer Studienarbeit in einem Modul nämlich auch gestattet ist, wenn man das Modul selbst nicht in King‘s gewählt hat, weiß ich nicht. Ich hatte ohnehin bereits Company Law gewählt und dort dann schließlich meine Studienarbeit für den Heidelberger Schwerpunkt Unternehmensrecht verfasst, weshalb dies im Ergebnis kein Problem darstellte, aber hierzu später mehr. Die Module bestehen immer aus Vorlesung und AGs (tutorials) sowie in manchen Fällen zusätzlich auch noch aus Seminaren. Zwei Mal innerhalb des Studienjahres - Ende Oktober und Mitte/Ende Februar - gibt es zudem einwöchige sog. reading weeks, d.h. eine kurze vorlesungsfreie Zeit innerhalb des Trimesters, die an sich für das Verfassen der (freiwilligen) Probeessays und -klausuren gedacht ist, gerade von Austauschstudenten aber auch gerne für Reisen genutzt wird. Während man die Vorlesungen unvorbereitet besuchen kann, sollte man sich für die tutorials und Seminare vorbereiten, um das Maximale aus der Veranstaltung mitzunehmen. Tutorials sind einstündig und entgegen dem Prinzip der Heidelberger (Fall)AG eher Wiederholungsstunden für die Vorlesung in Kleingruppen, die den Stoff auf die Vorlesung abgestimmt nochmal zusammenfassen und eher selten eine klassische Falllösung einstreuen. Seminare andererseits sind zweistündige Veranstaltungen, die, ebenfalls in kleiner Runde, mehr in die Tiefe gehen und auch Erörterungen über den Sinn und Zweck der rechtlichen Lage zulassen. Manche Vorlesungen werden auch mit Ton oder sogar Bild und Ton mitgeschnitten, so dass man sie über KEATS auch später von zuhause verfolgen kann, was aber sehr abhängig vom Modul ist. Bei den von mir gewählten Modulen war das nur in EU Competition Law der Fall und hier auch nur bei dem Dozenten, den wir für das zweite term bekommen haben. Im folgenden nun also kurze Informationstexte zu den von mir gewählten Kursen. 8 1. Elements of the Law of Contract - 2x60min Vorlesung/Woche - 1x60min tutorial/Woche - 4x120min Seminar/gesamtes Jahr Examen: Essay (30%) - 2h Klausur (70%) Contract ist ein 1st year Kurs und eignet sich meiner Meinung nach sehr gut um den Umgang mit dem Fallrecht im Common Law und den damit einhergehenden Besonderheiten kennenzulernen. Da es hier naturgemäß von der materiellen rechtlichen Problematik zu Überschneidungen mit BGB-AT und Schuldrecht-AT kommt, bekommt man hier im Vorbeigehen zugleich einen Rechtsvergleich geboten, der wie so oft offenbart, dass im Grunde alle Rechtsordnungen auf dieselben Probleme stoßen, sie aber in Nuancen unterschiedlich lösen. Der Ansatz des Common Law, der dazu führt, dass man abgesehen von einzelnen Bereichen keine Statute und Paragraphen hat, sondern das Recht eben von Richtern mittels Fallrecht weiterentwickelt wird, unterscheidet sich zwar grundlegend von unserem System. Eine allzu anstrengende Umstellung für die Arbeitsweise während des Studiums stellt dies allerdings grundsätzlich nicht dar. Während man im deutschen Studium Gesetzesparagraphen anwendet, die der Ausfüllung mittels auswendig gelernter Definitionen bedürfen, wendet man in England vereinfacht gesagt Fälle an, deren Anwendungsbereich, Inhalt und von den Richtern entwickelten Kriterien man auswendig lernen muss. Auch wenn es insgesamt sehr viele Fälle gibt, die man im Laufe der Trimester lernen muss, ist das Modul im Ergebnis gerade im Vergleich mit anderen Modulen sehr gut machbar. Mit Professor John Phillips werden das Modul in der ersten Hälfte und einige Seminare zudem von einem Dozenten geführt, der die letzten beiden Jahre den Teaching Excellence Award from Law erhalten hat. Ein paar Worte zu den Büchern. Wie in allen anderen Kursen auch geben die Modulleiter ein Buch als Empfehlung aus, auf das der Stoff dann auch abgestimmt ist. Seitenreferenzen in den Materialien beziehen sich zum Beispiel dann auch immer auf dieses eine Lehrbuch. Langes Suchen nach einem geeigneten Lehrbuch wie in Heidelberg, wo einem zum Beginn einer Vorlesung teils eine 1-2 seitige Literaturauswahl vorgelegt wird, erübrigt sich damit. In Contract werden einem ein klassisches Textbuch und ein Fallbuch (beinhaltet keine Übungsfälle zum Lösen, sondern eine Übersicht der entschieden berühmten Fälle) empfohlen. Manche Tutoren haben überdies ein umfangreicheres Lehrbuch empfohlen als Ersatz für das Vorgeschlagene. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass man auch ohne das umfangreichere Textbuch und selbst ohne das Fallbuch auch nur einmal benutzt zu haben 9 trotzdem ein first im Examen schaffen kann. Wer darüber hinaus trotzdem auch existierende Übungsfallbücher in der Bibliothek lesen will, kann dies gerne tun, aber das klassische Lehrbuch (da sich in Contract eher wenig ändert und viele Fälle ohnehin aus dem 19. Jahrhundert sind, geht auch eine gebrauchte Altauflage aus dem Vorjahr) und die Vorlesungsmaterialien reichen für eine sehr gute Vorbereitung auf das Examen vollkommen aus. 2. European Law - 2x60min Vorlesung/Woche - 1x60min tutorial/Woche - 4x120min Seminar/gesamtes Jahr Examen: Essay (30%) - 2h Klausur (70%) European Law ist ebenfalls ein 1st year Kurs und wird regelmäßig in großer Zahl von Austauschstudenten gewählt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Zum einen ist es rein praktisch gesehen eine gute Wahl, falls man an der Heimatuniversität die Europarechtsvorlesungen eher stiefmütterlich bis gar nicht behandelt hat, das nun nachzuholen gedenkt und dabei gerade im Vergleich zu vielen anderen Kursen etwas lernt, das auch konkret in der Weise für das eigene Heimatrecht und -studium relevant ist, während man beispielsweise mit englischem Vertragsrecht meist nicht mehr allzu häufig in Kontakt kommen wird. Des Weiteren ist es für viele reizvoll, zu sehen wie das Rechtsgebiet gerade in einem als generell eher EU-kritisch geltenden Land gelehrt wird. Letzteres ist in der Hinsicht überraschend, dass gerade auf Grund des hohen Maßes an Internationalität sowohl der Studenten als auch der Dozenten das Rechtsgebiet in einer sehr offenen Weise und teils beinahe zu unkritisch/unhinterfragt pro-EU gelehrt wird - zumindest, wenn man aus der deutschen juristischen Literatur und Rechtsprechung (vgl. BVerfG) anderes gewohnt ist. Der Common Law Ansatz des Studiums und damit die extensive Nutzung von Fallrecht funktioniert hinsichtlich EU Law sehr gut, da dieses in der Realität eben maßgeblich vom EuGH geprägt ist und weiterentwickelt wird. Ebenfalls gut fand ich an EU Law, dass es mehr Möglichkeiten als beispielsweise in Contract als vergleichbarem 1st Kurs gab, auch über Sinn und Unsinn von Entscheidungen zu diskutieren und es somit über die bloße Anwendung des Rechts hinausging. 10 3. EU Competition Law - 1x120min Vorlesung/Woche - 120min Seminar/beinahe jede Woche Examen: 3h Klausur Das 2nd/3rd/4th year Modul EU Competition Law repräsentiert ein Gebiet, auf dem King’s einen sehr guten Ruf genießt. Ich fand den Kurs aus mehreren Gründen sehr interessant. Zum einen beschäftigt sich das Wettbewerbsrecht mit praktisch äußerst relevanten Fragen und Herangehensweisen an einen Bereich, in dem Recht und Wirtschaft in global bedeutender Weise miteinander verwoben sind und direkte und evidente Auswirkungen auf uns Konsumenten haben, was das Rechtsgebiet damit praxisbezogen und greifbar macht. Zudem deckt der konkrete Kurs die thematisch wichtigen und variantenreiche Bereiche des Wettbewerbsrechts ab: vom kartellrechtlich-horizontalen und vertikalen Zusammenarbeiten mehrerer Unternehmen über den Missbrauch dominanter Marktpositionen einzelner Unternehmen - Stichwort Google -, wettbewerbsrechtlichen Fragen in Oligopolen bis hin zu Auswirkungen von Verschmelzungen mehrerer Unternehmen im Binnenmarkt. Kurz, vor allem wer ab und an in den Wirtschaftsteil der FAZ hineinschaut und ein Interesse an den rechtlichen Fragestellungen mitbringt, wird sich hier wohlfühlen. Sollte man bemerken, dass man sich für diese Materie sogar sehr interessiert, bietet King’s einem genug Veranstaltungen an, sich damit zu beschäftigen. Allein die beinahe jede Woche stattfindenden zweistündigen Seminare stellen hierfür eine geeignete Plattform dar. Zusätzlich zu den normalen Vorlesungen und den Seminaren gibt es zudem wöchentlich eine freiwillige Donnerstagabendvorlesungen, sollte man von Competition Law immer noch nicht genug bekommen können. Immer wieder, dies gilt auch für andere Module und Rechtsgebiete, wird das College zudem für Abendvorträge von Gastredner besucht, die beispielsweise von ihrer Arbeit bei der Kommission oder dem EuGH berichten. 4. Company Law - 1x120min Vorlesung/Woche - 1x60min tutorial/Woche Examen: Essay (25%) - 3h Klausur (75%) Im Gegensatz zu den vorherig genannten Modulen, ist Company Law faktisch ein 3rd/4th year Kurs und für Austauschstudenten eher ungewöhnlich. Die meisten sind sich nicht einmal bewusst, dass man es wählen kann, da nach offizieller Modulbeschreibung Contract und Trusts vorausgesetzt wird. Rückblickend kann ich aber sagen, dass beide Module absolut 11 nicht essentiell sind, da Company Law zu 99% autonom ist. Was den Schwierigkeitsgrad angeht sei gesagt, dass zwar die Arbeitsweise etwas mehr an das von uns gewohnte Civil Law erinnert, da man mit dem Companies Act 2006 ein Gesetzeswerk zur Hand hat, mit dessen Normen man primär arbeiten muss bevor man sich dem Case Law zuwendet, welches diese Normen ausfüllt. Andererseits habe ich mich persönlich auch mit der Materie Company Law eher weniger schwer getan, da ich bereits zwei Semester Unternehmensrecht im Rahmen meines Schwerpunkts in Heidelberg gehört habe und generell Interesse an der Materie hatte. Ohne solche deutsche Vorkenntnis, das einem abermals auch automatisch wieder einen interessanten Rechtsvergleich erlaubt, ist dem englischen Modul möglicherweise schwerer zu folgen. Sollte man aber bereits wie ich den Schwerpunktbereich 5b gewählt haben oder mit dem Gedanken spielen, dies zu tun, ein Interesse an der Materie besitzen und auch an einem potentiellen, zukünftigen beruflichen Nutzen interessiert sein, kann ich Company Law durchaus empfehlen. Das erlangte Wissen kann zudem auch in Praktika hilfreich sein, sollte man diese in Großkanzleien oder ähnlichen Praktikastellen absolvieren, die sich mit grenzüberschreitenden Mandaten befassen. Company Law wird im Laufe der Trimester von drei unterschiedlichen Dozenten gelehrt, Seminare zur Vertiefung wie beispielsweise in Competition Law gibt es leider nicht. Das Company Law Examen gehört zu den schwereren am King‘s und war von den Modulen, die ich gewählt habe, mit Abstand das schwerste. Auch hier gibt es wieder ein Essay und ein dreistündiges Examen. Ungewohnt ist, dass das Examen open book ist, man daher jede erdenkliche Notiz, jedes Lernmaterial und Lehrbuch sowie ausgedruckte Aufsätze mit in die Klausur nehmen darf. Was auf den ersten Blick wie eine immense Erleichterung klingt, ist aber tatsächlich auf Grund der schieren Masse an Stoff unbedingt notwendig und führt darüber hinaus zu einem deutlich höheren Anspruch und Niveau der Fragestellungen und Fälle, die dem Examen zugrunde liegen, da es offensichtlich keine Kunst ist, lediglich aus dem Lehrbuch abzuschreiben. C. STUDIENARBEIT IM AUSLAND Seit April 2013 besteht die Möglichkeit, seine Studienarbeit für den universitären Schwerpunktbereich auch im Ausland zu erstellen und korrigieren zu lassen, ehe man sie später in Heidelberg zur Anrechnen einreicht. Wer nicht mit diesem Gedanken spielt, kann diesen Abschnitt des Erfahrungsberichts getrost überspringen. Konkret vor dem Hintergrund der Studienstruktur des Certificates am King’s sei hier erst einmal gesagt, dass hierfür 12 grundsätzlich genug Zeit bereit steht, wenn man es zeitlich richtig einrichtet. Ob man den Entschluss fällt, vier Wochen größtenteils neben dem normalen Unibetrieb zusätzlich eine Studienleistung zu erbringen oder lieber etwas mehr Freizeit haben möchte, muss aber jeder selbst entscheiden und sich besser früher als spät überlegen. Ein Punkt, der für mich stark ins Gewicht fiel bei der Entscheidung, war, dass ich abseits von all den evidenten und zahlreichen positiven persönlichen Erfahrungen eines Auslandsstudiums und dem Aneignen von fremden Rechtsgebieten, das durch das Zertifikat auch schwarz auf weiß dokumentiert ist, trotzdem auch eine Studienleistung erbringen wollte, die mir für mein Heimatstudium, konkret für mein Staatsexamen, angerechnet wird und ich somit das Jahr in London auch studiumsbezogen gut genutzt haben wollte. Es sei an der Stelle gesagt, dass man die Studienarbeit am King’s nicht einfach locker nebenher ‚runterschreiben‘ kann und einem eine gute Bewertung hinterher geworfen wird. Der Maßstab nachdem die Arbeit bewertet wird ist durchaus hoch, andererseits sind auch hier mit ausreichend Mühe eine gute Bewertung machbar. Dennoch muss man nicht befürchten, dass das Verfassen der Arbeit unverhältnismäßig auf das Erlebnis London auswirkt; man hat trotzdem auch währenddessen und den ganzen restlichen Aufenthalt mehr als genug Zeit die Stadt zu erkunden und zu erleben und hat mit ein bisschen Mehraufwand während des Auslandsstudiums bereits einen Teil zum späteren Examen beigetragen. Man muss sich jedoch bewusst machen, dass nach der JAPrO das konkrete Auslandssemester, in dem eine Studienarbeit angefertigt wurde und später angerechnet wurde, im Gegensatz zu einem normalen Urlaubssemester auf die Studienzeit und somit auf den Freiversuch und Notenverbesserungsversuch angerechnet wird. Während normalerweise die zwei KCL-Semester daher nicht für die Berechnung zählen, wird das Semester, in dem die Studienarbeit verfasst wurde, gleich einem normalen Semester in Heidelberg voll angerechnet. Sollte man sich für die Studienarbeit entschieden haben, sollte man die Formalitäten so bald wie möglich klären. Hierfür sollte man den für das Modul zuständigen Professor, seinen Tutor und die Erasmusbeauftragte an King’s ansprechen und das Konzept der Studienarbeit kurz umreißen. Da der Tutor der Ersteller der Fragestellung und Erstkorrektor ist und somit den meisten Aufwand hat, hängt es am ehesten von ihm und seiner Bereitschaft ab, ob einem die Möglichkeit einer Studienarbeit gewährt wird. Bei mir gab es diesbezüglich keine Probleme, im Gegenteil waren die Personen bei mir der Idee gegenüber sehr aufgeschlossen. Jedoch kann ich hier selbstverständlich kein allgemeines Statement über die Bereitschaft für zusätzliche (Korrektur)Arbeit des Law School Personals abgeben. 13 Was den Zeitpunkt angeht, an dem man die Studienarbeit innerhalb von vier Wochen schreiben will, bietet sich meiner Meinung nach mit Abstand am besten ein Zeitraum im zweiten Trimester irgendwann innerhalb Mitte Januar - Mitte März an. Das erste Trimester zwischen September und Dezember bietet sich schon daher weniger an, da man sich zum Einen in der Stadt und Uni einlebt, Leute kennenlernt, die Formalitäten bezüglich der Studienarbeit überhaupt erst einmal mit den zuständigen Leuten abklären muss, ab Oktober/November dann die ersten Probeessays für die Module schreibt, sich mit der Arbeitsweise generell vertraut macht und schließlich Ende Dezember in der (Vor-)Weihnachtszeit eher wenig Lust darauf hat, den Großteil des Tages in der Bibliothek zu verbringen und sich auch möglicherweise etwas auf die Midsessionals, siehe gleich, vorbereiten muss. In der Zeit Januar-März hingegen stehen außer den normalen Vorlesungen und vielleicht einem Probeessay wenig an, im Februar gibt es viel mehr sogar die zweite und letzte reading week, die man gut für die Studienarbeit nutzen kann. Danach, Mitte/Ende März, hören zwar die Vorlesungen auf, allerdings bezweifle ich, dass man neben der damit einsetzenden Examensvorbereitung für vier verschiedene Module die nötige Motivation und Zeit auftreiben kann, eine ansprechende Studienarbeit zu verfassen. Schließlich bleiben selbstverständlich noch die verbleibenden vier Wochen nach den Examen im Juni frei für die Studienarbeit, jedoch kann ich mir nicht vorstellen, nach der anstrengenden Examensphase noch viel Lust auf eine Studienarbeit zu haben und kann dies nicht empfehlen. Was schließlich noch ein nicht zu unterschätzender Vorteil einer Studienarbeit im Ausland im Vergleich zu einer in Heidelberg verfassten darstellt, ist die Möglichkeit, die Studienarbeit theoretisch nicht einreichen zu müssen: Während in Heidelberg nach der Zuteilung des Themas, des Verfassens der Studienarbeit und der Korrektur in Heidelberg die Note final ist und auch im Falle einer unbefriedigenden Note in das Staatsexamen einfließt, muss man bei einer im Ausland verfassten und am King’s korrigierten Studienarbeit die selbige anschließend noch extra beim Prüfungsamt zur Anrechnung einreichen. Das erlaubt einem beim Erhalt einer von King’s vergebenen Note unterhalb der eigenen Ansprüche die Arbeit einfach nicht in Heidelberg einzureichen und sich so immerhin eine zweite Chance in Heidelberg zu wahren, was bei einer regulären Studienarbeit hier schlicht nicht möglich wäre. Sollte man die Arbeit einreichen, akzeptiert Heidelberg üblicherweise die von King’s vergebene Note und ändert diese nicht mehr im Rahmen des Anrechnungsverfahrens ab. 14 D. EXAMEN Einige Worte zu den Klausuren. Zwar haben diese für den Heidelberger Jurastudenten nicht die gleiche Bedeutung wie für die Studenten am King’s bzw. beispielsweise Berliner Studenten der Humboldt Universität, für die die Examensnoten schließlich als kompletter deutscher Schwerpunkt angerechnet wird. Dennoch sollte man ein paar Dinge beachten, wenn man für sich und seinen Lebenslauf einen anständigen Abschluss beabsichtigt und damit das Auslandsstudium auch notentechnisch gebührend beenden will. Definitiv empfehlen kann ich, die sog. Midsessional-Exams mitzuschreiben. Wie der Name bereits andeutet wird in einigen, vor allem first year Kursen, eine Probeklausur Anfang Januar angeboten - sollte man einen halbjährigen Kurs gewählt haben, schreibt man zu diesem Zeitpunkt bereits gar die finale Klausur, was in diesem Fall die Midsessionals logischerweise obligatorisch macht. Manche Austauschstudenten bleiben diesen fern, aber der Großteil der Studenten nutzt diese Chance, was meiner Meinung nach auch sinnvoll ist, sollte man zu diesem Zeitpunkt kurz vor Vorlesungsbeginn schon wieder in London sein. Zum einen gibt es einem offensichtlich bereits einen Eindruck des eigenen Leistungsstandes, da die Korrektur nach dem Maßstab der final exams erfolgt. Ferner schadet es nicht, sich einmal vor dem Ernstfall die Prüfungssituation und den Prüfungsablauf ‚angetan‘ zu haben, da ungeachtet dessen, wie viele Klausuren man in Heidelberg geschrieben hat, die Prüfungssituation in London eine etwas andere ist. Die Prüfungen finden nämlich nicht in den Universitätsräumen selbst statt, sondern im von King’s extra angemieteten Olympia London Centre, einem großem, mehrstöckigen, messeartigen Komplex. Da man mit mehreren tausend Studenten aller Fachrichtungen gleichzeitig schreibt, bekommt man im Voraus bereits eine Platznummer für den eigenen Tisch zugewiesen, es gibt eigene markierte Bereiche für Taschen etc. und die Klausuren beginnen und enden auf die Minute genau, nachdem vor Beginn über einen Lautsprecher ständig Durchsagen getätigt wurden. Will man sich später im Mai etwas Stress ersparen, ist es daher ganz gut, durch die Midsessionals bereits etwas Routine für dieses ganze Ambiente bekommen zu haben. Nicht zuletzt sind die Midsessionals auch eine passende Gelegenheit eine gute Fall- und Stoffübersicht zu erstellen, auf die man später im Mai wieder zurückgreifen kann. Da man sich später für Klausuren vier verschiedener Rechtsgebiete, die innerhalb weniger Tage oder Wochen geschrieben werden, gleichzeitig vorbereiten muss, was man zudem aus dem normalen Heidelberg Klausurenalltag nicht gewohnt ist, ist man über jede Fallübersicht froh, die man schon im Januar erstellt hat und die den Stoff des ersten terms abdeckt. 15 Für die eigentlichen Klausuren im Mai ein extrem wichtiger Tipp: Auf der Onlineplattform KEATS gibt es zu allen Fächern die Klausuren der letzten Jahre! Diese Klausuren werden aber - zumindest nicht für Heidelberger Erasmus-Studenten, soweit ich weiß - nicht automatisch freigeschaltet. Man sollte daher auf jeden Fall eine Mail an die zuständige Stelle, in meinem Jahr war das Annette Lee, schreiben und um Freischaltung bitten, was dann auch innerhalb von 24h geschieht. Das ist daher äußerst hilfreich, weil die alten Klausuren nicht nur eine gute Übung darstellen, sondern ganz konkret oft alte Fragestellungen bzw. Teile alter Fälle abgewandelt oder teils beinahe 1:1 wieder im Examen auftauchen! Im Kontrast zu deutschen Klausuren besteht eine typische Klausur am King’s aus ca. vier Essay- und vier Fallfragen, von denen man je nach Bearbeitungszeit insgesamt zwei oder drei Fragen bearbeiten muss. Dabei hängt es vom Modul ab, ob man aus beiden Kategorien mindestens eine Aufgabe wählen muss oder beispielsweise auch nur Essayfragen wählen kann. Insgesamt bleibt aber festzuhalten, dass es angenehm ist überhaupt eine Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Aufgabentypen und konkreten Fragen zu haben, falls einem eine Aufgabenstellung thematisch einmal nicht liegt. IV. LONDON A. UNTERKUNFT Zur Unterkunft sei gesagt, dass, auch wenn man teils liest bzw. hört, dass Erasmus-Studenten wohl keine Priorität gegenüber anderen Studenten genießen, mir kein Austauschstudent bekannt ist, der nicht in einer KCL-Residenz untergekommen ist und zumeist sogar gleich die Erstwahl geklappt hat. Da für Jurastudenten die Veranstaltungen alle am Waterloo Campus (1st year Kurse) und am Strand (ab 2nd year) stattfinden sind rein lokal gesehen Stamford Street Apartments aber auch Moonraker Point beliebt. Dabei sollte man allerdings folgendes beachten. Zum einen sind beide auf Grund der Lage generell sehr beliebt in der Erstwahl Moonraker ist das meist nachgefragte Wohnheim überhaupt. Die Chance der erfolgreichen Erstwahl sind daher dementsprechend geringer. Zudem ist Moonraker auch preislich deutlich teurer als manch andere Residenz und über Stamford Street Apartments hört man von der eigentlichen Einrichtung und den Zimmern nicht nur positives, auch wenn ich mir von letzterem keinen persönlichen Eindruck verschaffen konnte. Ich persönlich habe meine Zeit in London in Wolfson House (post code SE1 3RB) verbracht, direkt gegenüber und mit Sicht auf the Shard und nur wenige Minuten von der Tower Bridge entfernt. Das Wohnheim befindet sich damit in Zone 1, lediglich zwei Minuten entfernt von der Tube-Station London Bridge. 16 Einkaufsmöglichkeiten (ein großer Tesco, ein kleiner Sainsbury, Londons Borough Market) und ausreichend Möglichkeiten zur abendlichen Freizeitgestaltung befinden sich ebenfalls in nächster Nähe. Der Medizinerkampus inklusive einer der großen KCL-Bibliotheken - allerdings ohne Jurabestände -, eines der beiden Universitätsgyms und Boland House, in dem einige societies (siehe unten) tätig sind befinden sich ebenfalls fünf Minuten entfernt. Das Rezeptionspersonal in Wolfson ist entspannt, was Besuche von Freunden angeht, die man in ein Gästebuch einträgt und dann auch problemlos übernachten können. Im Gemeinschaftsraum finden regelmäßig afternoon teas und Abendveranstaltungen statt, bei denen man die Bewohner des Wohnheims kennenlernen kann. Bezüglich der Ausstattung ist Wolfson nichts Besonderes, sondern recht schlicht; kein Vergleich zu Moonraker Point beispielsweise, aber absolut ausreichend. Die Apartments sind über 15 Stockwerke in Wohngruppen eingeteilt, in denen jeder sein eigenes Zimmer hat und die Küche, mehrere Bäder und WCs pro Stockwerkflügel geteilt werden. Im Westflügel gibt es Gruppen für vier Studenten, während im Ostflügel die Wohngruppen bis zu 14 Studenten umfassen, was für Heidelberger Verhältnisse zugegebenermaßen verhältnismäßig groß ist. Das fällt aber faktisch nicht allzu sehr ins Gewicht, da die Anzahl der Bäder ausreichend ist und jeder unterschiedliche Uniabläufe hat und daher die Küche meist ausreichend frei ist. Ob man lediglich Zweckgemeinschaft ist oder auch etwas mit den anderen Mitbewohnern unternimmt, ist wie in jeder Wohngruppe abhängig vom konkreten Fall, aber bei 13 Mitbewohnern und 15 Stockwerken stehen die Chancen gut, genug Leute kennenzulernen, um Dinge in der Stadt zu unternehmen. Mit ca. £140 pro Woche ist das Wohnheim zudem verhältnismäßig günstig. Etwas unangenehm in Wolfson und in der Regelmäßigkeit sonst wohl nicht in anderen Wohnheimen zu finden sind die, wenn ich schätzen müsste, wohl alle sechs Wochen einmal ausgelösten Feueralarme, die auf Grund der äußerst sensiblen und schnell auslösenden Rauchmelder nicht etwa wegen ernsthafter Gefahr derart häufig, sondern beispielsweise wegen der (stümperhaften) Zubereitung von Popcorn auslösen. Während des Tages, wenn man meist ohnehin nicht da ist, fällt das weniger ins Gewicht. Zwei Mal ist das allerdings auch um Mitternacht und um 5:00 Uhr morgens passiert, was auch außerhalb der Klausurenphase eher unangenehm ist, wenn man erst einmal das Haus räumen und sich an der Sammelstelle draußen vor dem Wohnheim einfinden muss bis die Feuerwehr oder das Personal das Haus wieder freigibt, um dann wieder die Treppen zu seinem Apartment zu nehmen, da die Aufzüge deaktiviert sind. Alles in Allem kann ich Wolfson aber gerade auf Grund der Lage und des Preises empfehlen. 17 B. LEBEN Der Part, über den man wohl endlos schreiben könnte auf Grund der unfassbaren Menge an Dingen, die man in London erleben und unternehmen kann. Kurz: Eigentlich gibt es in London nichts, das es nicht gibt, und wirklich jeder kommt auf seine Kosten, solange man akzeptiert, dass man für das meiste mehr Geld hinblättern muss als in anderen europäischen Großstädten. Neben zahllosen Pubs mit oder ohne Livemusik für jeden Geschmack gibt es in London unzählige der weltweit besten Clubs und Bars. Gerade Rooftopbars mit ihrer grandiosen Aussicht auf die Stadt stechen hierbei hervor. Außerdem gibt es regelmäßig kulturelle Festivals, outdoor filmscreenings, Unmengen an Ausstellungen, Kunstinstallationen und und und... Allein während eines schlichten Spaziergangs ohne konkretes Ziel entlang der Themse wird einem mehr geboten als in so manch anderer Stadt insgesamt. Allein die für eine Weltmetropole etwas ungewöhnlich frühen Schließzeiten irritieren etwas. Da die Mehrzahl der Einrichtungen wie Pubs bereits um 11pm schließt, trifft man Londoner meist schon ab 6pm dort an. Selbst, wenn man sich in etwas länger öffnenden Bars bzw. Einrichtungen, die einem mit etwas Kenntnis irgendwann bekannt sind, aufhält, stößt man auf das Problem, dass nachts möglicherweise nichts mehr nach Hause fährt, da selbst in London nicht alles 24/7 fährt, sondern wie in der Provinz um 1am die letzte Tube fährt und man froh ist, wenn es an dem Tag einen Nachtbus in der Nähe gibt. Dieses Problem wird ab diesem Jahr allerdings etwas entschärft, da ab September 2015 die wichtigsten Tubelinien nun zumindest am Wochenende 24/7 fahren werden. Immer für eine Inspiration gut und teils auch wirklich nötig, um nicht vom Angebot komplett überfordert zu sein und etwas Struktur in die Masse an Möglichkeiten zu bringen, sind Websites/Facebookseiten wie The Londonist oder Timeout London. Abgesehen von regulären Londoner Nachrichten und Tipps zu Kulturellem und Eröffnungen neuer Einrichtungen etc. bieten diese Seiten speziell für jede Woche und zusätzlich jedes Wochenende eine Auflistung an interessanten Dingen an, die man in der Stadt unternehmen kann. Darunter ist auch eine eigene Kategorie an Listen nur für kostenlose bzw. günstige (<£10) Events. Wenn man die Augen offen hält stolpert man so beispielsweise über Geheimtipps wie kostenlose Konzerte mit anschließendem Weinempfang. Ohnehin gibt es einige sehr empfehlenswerte Orte und Events in London, die einiges zu bieten haben und kostenlos sind, wenn man sie nur kennt. Seit Anfang dieses Jahres ist beispielsweise der Sky Garden für die Öffentlichkeit geöffnet, ein Garten mit Terrasse im 35. Stockwerk eines Hochhauses direkt neben der Tower Bridge, der einen der besten Überblicke über die Stadt in ganz London gewährt, wenn man ein bis 18 zwei Wochen im Voraus kostenlos Tickets bucht. Ein weiteres einmaliges Event ist das Ascot Pferderennen (konkret gemeint ist hier der British Champions Day), das bereits Mitte Oktober stattfindet, somit einen netten Einstieg in den Auslandsaufenthalt darstellt und für das es im Voraus ein begrenztes Kontingent an kostenlosen Tickets für Studenten gibt. Die Rennen an diesem Tag im Oktober sind die höchstdotierten Rennen des ganzen Jahres und auch wenn man noch nie auf einer Rennbahn war, ist es einfach etwas typisch Britisches und sehr spaßig ein bisschen etwas auf ein Pferd zu setzen, mitzufiebern und mit etwas Glück mit einem gar nicht so unbeträchtlichen Gewinn wieder nach Hause zu gehen. Das sollte man sich meiner Meinung nach nicht entgehen lassen, ich persönlich empfand den Renntag als eine der besten Veranstaltungen, die ich während meiner gesamten Zeit in London erleben durfte. Abgesehen von der einmaligen Erfahrung, sich diese Rennen mal aus nächster Nähe anschauen zu können, ist es zudem eine besonders gute Gelegenheit der Queen ohne Touristenmassen auf ein paar Meter näher zu kommen. Ansonsten kann man ihr aber auch mit etwas Glück auf dem Weg zum Strand Campus über den Weg laufen, wenn sie im königlichen Rolls an einem vorbeifährt. Durch die erwähnten Websites/Facebookseiten verpasst man zudem auch keine der ‚großen‘ Events, die man sich nicht entgehen lassen sollte und die zehntausende Menschen anziehen wie die Paraden zu Chinese New Year, St. Patrick’s Day, Trooping the Colour oder auch zahlreiche Feuerwerke. Aber auch für Fremde oder Touristen meist unbekannte Events wie die sog. lates ziehen zu Recht hunderte Besucher an und sind absolut zu empfehlen. Lates sind grob gesagt üblicherweise kostenlose Abendveranstaltungen, für die meist einmal im Monat eine Institution über die normalen Öffnungszeiten hinaus in den späten Abend hinein geöffnet hat, Essen und Trinken und meist sogar ein extra Programm wie Workshops, Vorträge oder Angebote wie silent discos anbietet. Anbieter dieser lates sind meist Museen wie das Science Museum, das Natural History Museum, das Tate Modern, aber aktuell zur Feier des 40jährigen Bestehens des South Kensington office auch das weltbekannte Auktionshaus Christie’s oder der Londoner Zoo (als einziges late der Genannten kostenpflichtig). Da all die Möglichkeiten den Bericht bei weitem sprengen würden, empfehle ich jedem Interessierten wirklich einfach mal auf den genannten Seiten etwas herumzustöbern, um sich einen groben Eindruck zu verschaffen. Aber auch am Unicampus selbst werden einige Attraktionen und Möglichkeiten zum Zeitvertreib angeboten. Da gibt es universitätsfremde Events, wenn zum Beispiel der Innenhof des Somerset House zwei Mal im Jahr für die London Fashion Week, für Filmdrehs oder im Dezember für eine große Eislauffläche genutzt wird oder Kunstausstellungen geöffnet sind. Abseits davon werden in der Uni zahlreiche Abendveranstaltungen wie 19 Podiumsdiskussionen und Vorträge mit oder ohne Jurabezug angeboten. Beim anschließendem Weinempfang kann man hierbei hervorragend mit den Sprechern und anderen Gästen ins Gespräch kommen. Ein bedeutender Teil des universitären Freizeitangebots spielt sich allerdings in den societies ab. Societies sind Vereinigungen oder Clubs aller Art, von den Sportteams der Unis über Nationensocieties, debating clubs oder moot courts bis hin zu Tanz-, Gesangs-, Musical- oder Literaturvereinigungen. Auch hier gilt, dass wirklich für jeden etwas dabei ist und das Angebot und auch der Elan dahinter, das, was man vom Angebot deutscher Universitäten kennt, bei weitem übersteigt. Zum Start der Uni in der freshers‘ week werden an einem Tag alle societies im Barbican Centre, einem zweistöckigen Messegebäude, an Ständen vorgestellt und man kann sich bereits einen ersten guten Eindruck von den societies verschaffen. Viele societies haben aber später noch ihre eigenen Kennenlernveranstaltungen, bevor man ihnen beitritt. Generell kann ich die societies wirklich empfehlen, da sie eine super Möglichkeit darstellen, neue Leute kennenzulernen und Dinge neben dem Studium auszuprobieren. Man kann zwar durchaus auch auf Dauer in verschiedene societies gleichzeitig reinschauen und ihnen angehören, die meisten Studenten konzentrieren sich aber eher auf wenige bzw. eine und stecken dort viel Zeit hinein. Auch wenn man als Austauschstudent viel Zeit dort investieren kann, wenn man mag, gibt es je nach society in gewisser Weise doch faktische Begrenzungen: Ein richtiges Engagement ist oft in der Hinsicht begrenzt, dass Wahlen für Posten in den Komitees im Vorsemester bereits stattgefunden haben bis man in London ankommt und dann im Laufe des Studienjahres für das kommende Jahr wieder vorgenommen werden und dies einen als Austauschstudenten daher schon einmal ausschließt. Auch eher langfristige Aktivitäten wie Mitarbeit in der Studentenzeitschrift oder pro bono-Arbeit stellt sich eher als schwierig heraus. Was die Sportteams angeht, zielen auch sie, da sie meist alle sehr leistungsorientiert sind und sich in lokalen und nationalen Wettbewerben mit anderen Unis messen, sehr auf einen Aufbau eines langfristigen Teams, vor allem bestehend aus Erstsemestern, die auch noch die folgenden Jahre im Team sein können. Dennoch sollte das nicht abschrecken, wenn man etwas Neues ausprobieren und Leute kennenlernen will. Die Sportteams beispielsweise richten auch Clubfahrten zu englischen aber auch internationalen Reisezielen aus. Gerade Sport, der auf Grund der Leistungsbereitschaft dort sehr ernst genommen wird, kann aber etwas ins Geld gehen, was die Ausrüstung und Mitgliedsbeiträge geht. Selbst wenn man keinem Sportteam persönlich beitreten sollte, empfiehlt es sich trotzdem, den Austragungen der Duelle in zahlreichen Sportarten gegen den traditionellen King’s Rivalen UCL (University College London) beizuwohnen. Die Nationensocieties sind schlicht eine Ansammlung von Leuten 20 dieser Nationalität aber auch generell Interessierten anderer Länder, daher also gerade für diejenigen interessant, die auch während ihrer Zeit in London ihre Kenntnisse in einer bestimmten Sprache nicht vernachlässigen oder im Gespräch mit Muttersprachlern weiter verbessern wollen. Möglichkeiten gibt es genug, da es für zahllose Nationen aus aller Welt eine dazugehörige society gibt. Ich selbst war in London rudern, was gerade in England, wo diese urbritische Sportart traditionell sehr stark ausgeübt wird und beispielsweise das älteste Ruderrennen der Welt und das traditionsreiche Cambridge-Oxford-Rennen stattfinden, eine einzigartige Erfahrung ist. An Wettkämpfen in Cambridge und auf der Themse in London, auf Abschnitten, auf denen auch das Cambridge-Oxford-Rennen stattfindet, teilzunehmen, hat mein Auslandsjahr definitiv um spannende Erfahrungen reicher gemacht. Die Großstadt allein würde schon genügen, um den ganzen Aufenthalt über beschäftigt zu bleiben. Dennoch kann ich empfehlen, sich auch mal außerhalb Londons aufzuhalten. Zwar bietet London auch zahlreiche Plätze mitten im Zentrum, die Ruhe, Grünflächen und Möglichkeiten zum Abschalten bieten, aber auch außerhalb gibt es interessante Gegenden. Was sich diesbezüglich zum Einen anbietet, sind Angebote für Eintagestrips per Tourbus von darauf spezialisierten Anbietern, für die man meist Sonntagmorgen aufbricht, um abends wieder in der City zu sein. Beliebte Ziele sind hierfür beispielsweise Cambridge, Oxford, Bath, Stonehenge, Nottingham oder Salisbury. Für private mehrtägige Ausflüge bzw. Reisen andererseits bieten sich die bereits genannten reading weeks an. Als Reiseziel diesbezüglich kann ich definitiv Edinburgh empfehlen. Alles in allem ist es mehr als verständlich, dass viele Austauschstudenten auch noch nach Ende des eigentlichen Austauschprogramms etwas privat in London bleiben. Nach den Examen im Mai hat man ohnehin nochmal rund einen Monat zur freien Verfügung in London, da die Mietverträge mit den KCL-Unterkünften meist erst Ende Juni enden. Manche Studenten blieben aber sogar bis September in London und absolvieren dort noch ein Praktikum. Schließlich noch ein paar wenige Tipps, die das Leben in London etwas erleichtern: Sehr hilfreich im Alltag ist die CityMapper London App, die zur Standardausstattung Londoner Studenten gehört und hinsichtlich des öffentlichen Personennahverkehrs keine Wünsche offen lässt. Generell gibt es bezüglich der Fortbewegung verschiedene Möglichkeiten. Auf jeden Fall sollte man sich eine (Student)Oyster Card kaufen, die das Tubefahren zwar nicht günstig aber günstiger macht. Wenn man möchte, kann man sich zudem ein Abonnement für ein Boris/Santander Bike, vormals Barclays Bike, zulegen. Für die Räder gibt es über die Stadt 21 verteilt zahlreiche Stationen und man ist gerade nachts unabhängiger von den Tubezeiten, sofern man sich das Fahren im Londoner Straßenverkehr generell zutraut. Gerade um nachts nach Hause zu kommen, ist aber auch Uber eine bei Studenten äußerst beliebte wie gleichsam zuverlässige und relativ kostengünstige Möglichkeit. Auch wenn London insgesamt eine recht sichere Stadt ist und ich im Laufe meine Aufenthalts zu jeder erdenklichen Zeit auf teils menschenleeren Straßen unterwegs war, sollte man sich dennoch eine gewisse Grundvorsicht bewahren. Gerade im Winter, wenn es früh dunkel wird, sollte man beispielsweise sein Handy auf der Straße nicht allzu sorglos in der Hand herumtragen während man die schnellste Tuberoute darauf checkt, da (und das sage ich aus eigener Erfahrung) das Handy schneller weg ist, als einem lieb ist, wenn jemand auf einem Fahrrad danach greift und Sekunden später aus dem Blickfeld verschwunden ist. V. FAZIT Es sind zwar die typischen Phrasen von Austauschstudenten, aber es ist schlicht korrekt: Durch einen Auslandsaufenthalt entwickelt man sich sowohl fachlich als auch vor allem persönlich bedeutend weiter, lernt unzählige interessante Menschen kennen und hat die Chance, eine Stadt von einer Seite und in einer Tiefe zu erleben, die ein regulärer Kurzaufenthalt einem niemals bieten könnte. Ich persönlich habe meine Wahl Auslandsstudium und speziell London zu keiner Zeit bereut, sondern im Gegenteil jede einzelne Sekunde davon genossen und würde es jederzeit wieder tun. Wer also den Studienort London und ein Studium am King’s College London samt all der schier unbegrenzten Möglichkeiten als äußerst reizvoll empfindet und hierfür auch gewillt ist, ein gewisses Bewerbungsrisiko in Kauf zu nehmen, sollte sich definitiv bewerben und trifft damit sicherlich eine der besten Entscheidungen seines gesamten Studiums. Für Fragen jedweder Art stehe ich gerne über die auf dem Titelblatt angegebene E-Mailadresse zur Verfügung. 22