London Erfahrungsbericht

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London Erfahrungsbericht
Lennart Ulf Reber - [email protected]
~ KING’S COLLEGE LONDON - ERFAHRUNGSBERICHT ~
Inhalt
I.
Einführung ...................................................................................................................... 1
II.
Bewerbungsprozess und -voraussetzungen .................................................................... 2
III.
King’s College London .................................................................................................. 5
A.
Allgemeines ............................................................................................................... 5
B.
Certificate in Legal Studies und Module ................................................................... 6
Elements of the Law of Contract .......................................................................... 9
2.
European Law ..................................................................................................... 10
3.
EU Competition Law .......................................................................................... 11
4.
Company Law ..................................................................................................... 11
C.
Studienarbeit im Ausland ........................................................................................ 12
D.
Examen .................................................................................................................... 15
IV.
V.
1.
London .......................................................................................................................... 16
A.
Unterkunft ................................................................................................................ 16
B.
Leben ....................................................................................................................... 18
Fazit .............................................................................................................................. 22
I. EINFÜHRUNG
Gute Gründe für einen Auslandsaufenthalt während des Jurastudiums gibt es genug: Eine
fremde Rechtsordnung kennenlernen, auf aufgeschlossene Menschen aus aller Welt treffen
und neue Freundschaften schließen, eine Stadt erkunden und sie besser kennenlernen als man
es als simpler Tourist je könnte und unzählige neue Eindrücke und Erfahrungen sammeln.
All das bietet ein Studium am King’s College London in beeindruckender Weise!
Das englische Common Law konfrontiert den deutschen Jurastudenten nicht lediglich mit
neuen, unbekannten Rechtsnormen, sondern gleich mit einem gänzlich unterschiedlichen
System und einer ungewohnten Herangehensweise an das Recht. Als eine der
internationalsten Städte der Welt zieht London zudem Menschen aus aller Welt an und bietet
damit eine unvergleichliche Vielfalt. Kulturelle Angebote und ganz allgemein gesprochen
schlicht das Leben in London an sich sorgen dafür, dass es zu keiner Sekunde langweilig
wird. Im Folgenden daher eine Beschreibung meiner Eindrücke und Erfahrungen an diesem
Studienort, den ich, so viel sei bereits gesagt, jedem potentiellen Erasmus-Studenten nur
wärmstens ans Herz legen kann.
Ich selbst durfte mein Auslandsstudium am King’s College London von Mitte September
2014 bis Ende Juni 2015 absolvieren. Während die meisten Studenten wohl nach dem
vierten Semester ins Ausland gehen, hatte ich bereits sechs Semester in Heidelberg studiert,
ehe ich, scheinfrei in Heidelberg, sodann meinen Auslandsaufenthalt angetreten habe. Aus
diesem Grund hatte ich in Heidelberg bereits meinen Schwerpunkt gewählt und habe
schließlich in London auch meine Studienarbeit geschrieben. Da dies auch möglich ist, wenn
man seinen Schwerpunkt noch nicht gewählt hat und manch einer möglicherweise neben dem
eigentlichen in London verliehenen Certificate einen anrechenbaren Leistungsnachweis
erbringen will, werde ich später auf diese Möglichkeit eingehen.
Generell soll der Bericht vor allem zwei Zwecken dienen. Zum einen soll er für potentielle
Bewerber ausreichend Informationen bieten, damit sich diese ein Bild von dem machen
können, was London und das King’s College für sie bereit halten, damit auch etwas Lust auf
diesen Studienort machen und diesen zugleich einen Eindruck vom Bewerbungsprozess und
den Erfolgschancen einer Bewerbung für London vermitteln, was für die meisten wohl ein
nicht zu vernachlässigender Belang darstellen wird. Zum anderen soll der Bericht aber auch
bereits für die zwei Glücklichen, die schließlich ausgewählt werden, einige Tipps bzgl. Leben,
Unterkunft, Studium etc. enthalten.
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II. BEWERBUNGSPROZESS UND -VORAUSSETZUNGEN
Wie in jedem Erfahrungsbericht bezüglich des Studienorts London müssen anfänglich die
Erfolgschancen auf einen Studienplatz am King’s College angesprochen werden, auch wenn
ich im Ergebnis nicht jedwede Unsicherheit bei der Bewerbung eliminieren kann, da eine
Bewerbung für diesen Studienplatz im Ergebnis immer noch zum gewissen Teil
unkalkulierbar bleibt. Es ist kein Geheimnis, dass die zwei angebotenen Plätze am King’s mit
zu den begehrtesten Auslandsplätzen überhaupt gehören, für die man sich in Heidelberg
bewerben kann. Dementsprechend zahlreich und qualitativ gut sind die Bewerbungen, von
denen es sich erfolgreich abzuheben gilt. Auch wenn der Auswahlvorgang im Ergebnis
intransparent erfolgt, versuche ich einen Gesamteindruck von der Bedeutung und Gewichtung
der einzelnen Dokumente und den generellen Erfolgschancen aus meiner Sicht zu vermitteln.
Dass es die Mühen und der Versuch wert sein können, machen schließlich die übrigen
Abschnitte des Erfahrungsberichts hoffentlich deutlich, da ein Auslandsstudium am King’s
College London sowohl in fachlicher als auch persönlicher Hinsicht eine enorme
Bereicherung darstellt.
Das Dilemma, das dafür sorgt, dass man sich eine Bewerbung für London persönlich
ausführlich überlegen sollte, (da wohl größtenteils bekannt) nur kurz zusammengefasst: Bei
einer Erasmusbewerbung gibt man seine Präferenzen für bis zu drei Studienorte ab, die sog.
Erst-, Zweit- und Drittwahl. Bei der Begutachtung und Auswahl der Bewerbungen wird man
mit Priorität zunächst ausschließlich für seine Erstwahl beachtet. Sollte man hierfür nicht
angenommen werden, wird man hinsichtlich der Zweit- und Drittwahl nur (!) beachtet, sollte
dort das Angebot der Plätze die Zahl der Bewerber übersteigen. Da London zu den
begehrtesten Plätzen überhaupt gehört, sind die zwei Plätze traditionell stark umkämpft und
die eingehenden Bewerbungen dementsprechend gut. Das kann dazu führen, dass man
beispielsweise als drittbester Bewerber einen der beiden Londonplätze knapp verpasst, im
Ergebnis bei der Vergabe aber komplett leer ausgeht, da die Zweit- und Drittwahl bereits
besetzt sind. Angesichts der Tatsache, dass es für die meisten Orte mehr Bewerber als Plätze
gibt, ist dies ein nicht zu unterschätzendes Risiko und kann dafür sorgen, dass man in der
Erstwahl knapp gescheitert komplett in Heidelberg bleiben muss, obwohl man unter
Umständen eine bessere Bewerbung für die Zweit- und Drittwahl vorweisen konnte als die
schließlich Ausgewählten, man aber schlicht durchgereicht wurde. Aus diesem Grund ist eine
Bewerbung für London als Erstwahl traditionell zu einem gewissen Grade ein Pokern. Da für
mich wie für die meisten potentiellen Londonbewerber und somit Leser dieses
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Erfahrungsberichts daher gerade die Erfolgschancen und generell die Gewichtung der
Bewerbungsunterlagen etc. ein Hauptanliegen vor der Bewerbung waren bzw. sind und ich
selbst auch einige Zeit überlegen musste, ehe ich mich entschlossen habe, mich für London zu
bewerben, möchte ich diesem Teil etwas Platz in meinem Bericht widmen, um ein Stück weit
Material für die persönliche Entscheidung beizusteuern.
Maßgeblich sind für eine erfolgreiche Bewerbung bekanntermaßen die bisher erzielten
Noten/Punktzahlen, das Motivationsschreiben, der Lebenslauf, ein Englischsprachtest und das
Abiturzeugnis. Auch wenn, wie bereits gesagt, das Auswahlverfahren durch seine
Intransparenz keinen exakten Rückschluss zulässt, warum man letztendlich genommen wurde,
kann ich doch auf Grund meiner Unterlagen und der Erfahrungen der vergangenen
ausgewählten Studenten doch ein paar Leitlinien und Eindrücke weitergeben, die für eine
erfolgreiche Bewerbung ausschlaggebend zu sein scheinen. Die zwei eher untergeordneten
Dokumente meiner Meinung nach sind Abiturzeugnis und Sprachtest. Nicht weil man sich
dort gar großartig Schwächen erlauben sollte, sondern da sich hier die meisten Bewerbungen
wohl nicht maßgeblich voneinander unterscheiden werden. Abgesehen von kleinen
Abweichungen in der Nachkommastelle sind wohl die Abiturdurchschnitte der meisten
Jurastudenten in Heidelberg auf einem vergleichbar hohen Niveau. Auch der Nachweis der
Englischkenntnisse sowohl im Sprachtest als auch in einem potentiellen Abiturleistungskurs
ist wohl bei den meisten Bewerbern, gerade wenn sie sich ohnehin gerade für England
bewerben, auf einem vergleichbaren Mindestlevel. Mit diesen beiden Dokumenten wird man
daher in der Regel nicht dermaßen herausstechen können, es sei denn man kann konstante 15
Punkte im Abitur und C2 im Sprachtest vorweisen, was aber ebenfalls bestenfalls einen
leichten Vorteil gewährt und nicht ausschlaggebend sein wird, wenn beispielsweise das
Motivationsschreiben
nur
Durchschnitt
ist.
Dennoch
bilden
beide
Dokumente
selbstverständlich einen Teil des Gesamtpakets der Bewerbung und sind nicht auf die leichte
Schulter zu nehmen (um Missverständnissen deutlich vorzubeugen: natürlich sind 15 Punkte
und C2 für eine erfolgreiche Bewerbung nicht unabdingbar, aber es schadet selbstverständlich
auch sicherlich nicht). Meiner Meinung nach schon wichtiger ist der Lebenslauf, auf den man
im Motivationsschreiben auch ansprechend Bezug nehmen kann und sollte. Schon aus dem
Lebenslauf sollte in gewisser Weise eine Eignung für das Auslandsstudium zu erkennen sein.
Es muss dabei nicht alles einen London- oder Englandbezug haben, aber da gerade London
eine äußerst internationale Stadt ist, schaden Engagement im internationalen Bereich
(internationale Planspiele und Simulationen wie MUN-Veranstaltungen, Moot Courts oder
einfach die Betreuung von internationalen Studenten in Heidelberg) wohl nicht. Die
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Noten/Punktzahlen im Studium sind, wenn auch nicht alleiniger, doch äußerst
(mit)entscheidender Faktor. Neben den Pflichtfachnoten aus den Übungen kann man
selbstverständlich
auch
jeden
anderen
Leistungsnachweis
-
Grundlagenscheine,
Schlüsselqualifikationen etc. (gerade Scheine aus Vorlesungen zu ausländischem Recht bieten
sich ebenfalls stark an) - einbringen, was ohnehin zu empfehlen ist, da diese Noten meist den
Gesamtschnitt wohl eher verbessern als verschlechtern. Ob aus diesem Grund die
Pflichtfachnoten intern stärker gewichtet werden weiß ich jedoch nicht. Auch wenn man keine
zuverlässigen Mindestpunktzahlen nennen kann, ist wohl doch Jahr für Jahr - vor allem unter
Einbeziehung der oben genannten übrigen Leistungsnachweise - ein zweistelliger
Notendurchschnitt nötig. Aber auch wenn die Noten eine objektive Auswahl der Bewerber am
leichtesten ermöglichen, sind sie dennoch lediglich ein Teil des Gesamtpakets. Ähnlich
wichtig ist meiner Meinung nach das Motivationsschreiben, das neben den Noten das
Dokument ist, in dem man sich am stärksten von anderen Bewerbern abheben kann.
Letztendlich ist die Bewertung des Schreibens zwar ziemlich subjektiv, aber hier kann man
am stärksten die Bewerbung begründen und das Ganze unter Zuhilfenahme des Lebenslauf
sehr individuell und überzeugend aufbauen. Zudem tritt während der Erstellung und
Formulierung des Schreibens auch für einen persönlich deutlich zu Tage, ob man sich voller
Überzeugung und aufrichtigem Interesse für einen Platz am King’s College London bewirbt
und klare Argumente liefern kann oder ob man eigentlich lediglich an einem von der EU
subventionierten, verlängerten Urlaub in der bevölkerungsreichsten Metropole Europas
interessiert ist.
Auch wenn damit zusammenfassend ein gewisser Notenschnitt unabkömmlich ist, kann dieser
zu einen gewissen Teil immer noch durch die Gesamtheit der Bewerbung ausgeglichen
werden, sollte die Bewerbung in sich stimmig sein und gerade das Motivationsschreiben einen
überzeugenden roten Faden erkennen lassen. Dennoch muss man im Ergebnis wohl zur Not
trotzdem in Kauf nehmen, dass man sowohl Erst- als auch sodann Zweit- und Drittwahl nicht
bekommt. Schließlich läuft es daher auf die Frage hinaus, wie sehr man sein Auslandsstudium
wirklich gerade in London verbringen will oder ob man alternativ einfach generell an einem
Auslandsstudium interessiert ist und dies nicht final auf einen bestimmten Ort hinauslaufen
muss. Außerdem hindert einen selbstverständlich keiner daran, sein Glück mit einer
Bewerbung für nach dem vierten Semester zu versuchen und es im Falle einer negativen
Antwort später schlicht nochmals zu versuchen.
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Eine abschließende Information für die Zwei ausgewählten Kandidaten: Sobald man die
Nachricht vom Heidelberger Erasmus-Büro bekommt, dass man genommen wurde, hat man
den Platz definitiv sicher, da Heidelberg die Leute für King’s nominiert und KCL diese dann
auf jeden Fall annimmt. Dennoch muss man sich danach zusätzlich noch online am King’s
einschreiben und dabei kann es - zumindest war es in unserem Jahr und im Jahr zuvor so - zu
Unklarheiten kommen, die ein paar E-Mailwechsel mit den Heidelbergern und den Leuten am
King’s notwendig machen. Zum einen verlangt das King’s etwas überraschend beispielsweise
ein Referenzschreiben eines aktuelle Dozenten. Hierfür sollte man sich aber einfach an unsere
Erasmus-Koordinatorin wenden, die einem ein Musterschreiben zum Hochladen aufsetzt.
Darüber hinaus wird eine offizielle Notenübersicht verlangt, für die man sich am besten beim
Sekretariat des Prüfungsamts ein Formular besorgt. Des Weiteren kann es auch zu Problemen
mit der Wahl des Studiengangs kommen, für den man sich einschreiben soll. Die offizielle (!)
Anleitung zur Einschreibung schlägt hierbei den falschen Kurs vor (Study Abroad and
Exchange und nicht Law). Auch hier am besten kurz mit den zuständigen Stellen,
vorzugsweise mit der King’s-Seite absprechen - in meinem Jahr war dies Alison Jones. Die
eigentliche Bestätigung von King’s, dass man schließlich genommen worden ist, kann
ebenfalls durchaus etwas auf sich warten lassen; dadurch sollte man sich nicht verrückt
machen lassen. Das ist insgesamt etwas ärgerlich und umständlich, aber wenigstens ist man
bereits sicher für den Platz am King’s gesetzt, kann dafür entsprechend planen und dem
Auslandstudium freudig entgegenblicken.
III. KING’S COLLEGE LONDON
A. ALLGEMEINES
King’s College London ist eine der bekanntesten und traditionsreichsten Universitäten
Londons und beherbergt ca. 27.000 Studenten aus der ganzen Welt bei einer acceptance rate
von 13%.
Die Law School wurde 2012 nach einer Spende in zweistelliger Millionenhöhe in Dickson
Poon School of Law umbenannt und befindet sich im Ostflügel des Somerset House am
Strand Campus. Dennoch besucht man Law-Veranstaltungen sowohl am Strand als auch am
Waterloo Campus, die beide direkt an der Themse liegen und von der Waterloo Bridge
verbunden sind und zu Fuß ca. 15min voneinander entfernt liegen. Die Studenten der Law
School sind in ihrer Gesamtheit wie Studenten anderer Fachrichtungen und London selbst
sehr international. Wohl maximal ca. ein Drittel der Studenten sind Britisch, während die
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restlichen Studenten aus aller Welt kommen. Die meisten davon streben einen regulären LLB
oder LLM an, während es auch eine kleine Gruppe französischer und deutscher Studenten
gibt, die ein double degree machen, für das sie sowohl am King’s als auch in Paris bzw.
Berlin zwei Jahre studieren. Als Erasmus-Student belegt man normale LLB-Kurse, es erfolgt
keine Differenzierung zwischen Austauschstudenten und gewöhnlichen LLB-Studenten.
Wer sich abseits des üblichen Websiteauftritts des Colleges und der Law School einen ersten
kleinen Eindruck von der Studienatmosphäre in London verschaffen will, kann dies auch über
die zwei folgenden Videos tun:
https://www.youtube.com/watch?v=uPhpXzE0HJs
https://www.youtube.com/watch?v=tinhErtIj_0
B. CERTIFICATE IN LEGAL STUDIES UND MODULE
Erasmus-Studenten am King’s College erhalten beim erfolgreichen Abschluss des Aufenthalts
(Dauer s.o.: Mitte September-Ende Juni), bestehend aus drei Trimestern (Mitte SeptemberMitte Dezember; Anfang Januar-Ende März; April und Mai), von denen die ersten zwei
reguläre Vorlesungstrimester sind und das letzte vorlesungsfrei der Examensvorbereitung für
die Examen im Mai dient, das hierfür eigens geschaffene UG Certificate in Legal Studies.
Hierfür wählt man vier ganzjährige Module bzw. mehr, falls auch halbjährige Kurse darunter
sind, die die regulären Jurastudenten am King’s, wie bereits angedeutet, ebenso belegen
können und in denen im letzten Trimester schließlich die Prüfungen abgelegt werden. Die
Kurse unterscheiden sich etwas hinsichtlich der gestellten Anforderungen, abhängig davon ab
welchem Semester/Studienjahr sie für die regulären LLB-Studenten angeboten werden - 1st4th year Kurse. Die Module kann man am King’s innerhalb der ersten zwei Wochen ohne
großen Begründungsaufwand noch wechseln, falls man mit seiner Wahl nicht zufrieden sein
sollte. Je nach Modul bestehen die finalen Prüfungsleistungen teils aus Essays und Klausuren
oder lediglich Klausuren. Die zum Gesamtergebnis hinzuzählenden Essays sind in der Regel
lediglich zwischen ca. 4-6 Seiten lang, machen meist ca. 20-30% der Gesamtnote aus und
werden bereits im März/April geschrieben und online eingereicht. Über das Jahr verteilt gibt
es aber bereits von Anfang an immer wieder freiwillige Essays und Klausuren, die von den
Tutoren gestellt und korrigiert werden, was die überwiegende Mehrheit der Studenten auch
wahrnimmt. Der „Notenspiegel“ der einzelnen Module und des Certificates insgesamt reicht
von 0-100%. Ab 40% besteht man, von 50-69% erhält man ein sog. second (unterteil in upper
second 2:1 (60-69%) und lower second 2:2 (50-59%)), ab 70% erhält man ein sog. first,
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wobei mir nicht bekannt ist, dass man mehr als 75% erzielen kann. Das Certificate wird ab
40% ohne Zusatz, ab 60% with merit und ab 70% with distinction verliehen. Theoretisch gibt
es für durchgefallene Studenten einen Wiederholungstermin im August, allerdings ist mir kein
Austauschstudent bekannt, der dies in der Vergangenheit je in Anspruch nehmen musste. Der
gesamte Studienaufbau und das Certificate führt dazu, dass der Erasmusaufenthalt in London
kein ‚Urlaubsaufenthalt‘ ist, wie es in manchen Erasmusplätzen vielleicht eher der Fall ist,
und man je nach Modulwahl durchaus gut beschäftigt ist. Auf der anderen Seite profitiert man
aber auch davon, dass man den Auslandsaufenthalt mit einem Zertifikat abschließt, was einem
selbst, aber auch potentiellen Praktika- und Arbeitsstellen bescheinigt, dass man seine Zeit im
Ausland nicht unnütz vertan hat. Die Beschäftigung mit dem englischen Recht im
Allgemeinen, bestimmten Rechtsgebieten im Besonderen und die gesamte Studiensituation
können zudem sehr hilfreich bei der Entscheidung sein, ob man sich später einen LLM gerade
im englischsprachigen Ausland vorstellen könnte. Nichtsdestotrotz hat man aber mehr als
genug Zeit, London mit allem, was es zu bieten hat, ausreichend zu genießen und sollte dies
auch unbedingt tun, aber hierzu später mehr.
Angenehm im Studienalltag und der -organisation ist, dass alle Veranstaltungsmaterialien
zentral auf KEATS hochgestellt werden und dort verfügbar sind. KEATS ist die
Onlineplattform vergleichbar mit Moodle mit dem Unterschied, dass im Gegensatz zu
letzterem alle Veranstaltungen ihre Materialien zentral hochladen und nicht jeder Dozent
seine Unterlagen auf zahlreichen unterschiedlichen Wegen und Plattformen anbietet und die
eigenen Kurse spezifisch freigeschaltet werden, ohne dass man sich dafür noch mit den
jeweiligen Passwörtern zusätzlich anmelden müsste. Seinen KCL E-Mailaccount sollte man
übrigens ebenfalls regelmäßig checken bzw. eine Weiterleitung einrichten, da immer wieder
informative Nachrichten und Einladungen darüber verschickt werden.
Sehr angenehm als Heidelberger Austauschstudent ist darüber hinaus, dass man komplett frei
in der Wahl der Module ist. Weder muss man Rücksicht auf das angegebene vorgeschriebene
Jahr der Module nehmen noch unbedingt vermeintlich leichte Kurse wählen, da die finalen
Examensnoten im Ergebnis nicht die gleiche Relevanz haben wie für reguläre LLB-Studenten
oder beispielsweise Berliner Humboldt-Studenten, für die die Examen den universitären
Schwerpunkt darstellen. Daher kann und sollte man wirklich nach Interesse auswählen und
Module aussuchen, auf die man vielleicht nicht in Heidelberg trifft. Allein auf die teils
angegebenen vorausgesetzten Module für spätere Aufbaumodule sollte man etwas Rücksicht
nehmen, aber auch diesbezüglich ist ein Vorwissen nicht unbedingt unabkömmlich, was aber
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vom jeweiligen Modul abhängig ist und weswegen man auch gerne den jeweiligen
Modulleiter anschreiben kann. Sollte man mit dem Gedanken spielen, seine Studienarbeit in
London zu schreiben, sollte man vor diesem Hintergrund ein Modul wählen, das mit dem
gewählten Heidelberger Schwerpunkt vergleichbar ist, um sie in diesem Modul schreiben zu
können. Ob einem das Verfassen einer Studienarbeit in einem Modul nämlich auch gestattet
ist, wenn man das Modul selbst nicht in King‘s gewählt hat, weiß ich nicht. Ich hatte ohnehin
bereits Company Law gewählt und dort dann schließlich meine Studienarbeit für den
Heidelberger Schwerpunkt Unternehmensrecht verfasst, weshalb dies im Ergebnis kein
Problem darstellte, aber hierzu später mehr.
Die Module bestehen immer aus Vorlesung und AGs (tutorials) sowie in manchen Fällen
zusätzlich auch noch aus Seminaren. Zwei Mal innerhalb des Studienjahres - Ende Oktober
und Mitte/Ende Februar - gibt es zudem einwöchige sog. reading weeks, d.h. eine kurze
vorlesungsfreie Zeit innerhalb des Trimesters, die an sich für das Verfassen der (freiwilligen)
Probeessays und -klausuren gedacht ist, gerade von Austauschstudenten aber auch gerne für
Reisen genutzt wird. Während man die Vorlesungen unvorbereitet besuchen kann, sollte man
sich für die tutorials und Seminare vorbereiten, um das Maximale aus der Veranstaltung
mitzunehmen. Tutorials sind einstündig und entgegen dem Prinzip der Heidelberger (Fall)AG
eher Wiederholungsstunden für die Vorlesung in Kleingruppen, die den Stoff auf die
Vorlesung abgestimmt nochmal zusammenfassen und eher selten eine klassische Falllösung
einstreuen. Seminare andererseits sind zweistündige Veranstaltungen, die, ebenfalls in kleiner
Runde, mehr in die Tiefe gehen und auch Erörterungen über den Sinn und Zweck der
rechtlichen Lage zulassen. Manche Vorlesungen werden auch mit Ton oder sogar Bild und
Ton mitgeschnitten, so dass man sie über KEATS auch später von zuhause verfolgen kann,
was aber sehr abhängig vom Modul ist. Bei den von mir gewählten Modulen war das nur in
EU Competition Law der Fall und hier auch nur bei dem Dozenten, den wir für das zweite
term bekommen haben. Im folgenden nun also kurze Informationstexte zu den von mir
gewählten Kursen.
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1. Elements of the Law of Contract
- 2x60min Vorlesung/Woche - 1x60min tutorial/Woche - 4x120min Seminar/gesamtes Jahr Examen: Essay (30%) - 2h Klausur (70%)
Contract ist ein 1st year Kurs und eignet sich meiner Meinung nach sehr gut um den Umgang
mit dem Fallrecht im Common Law und den damit einhergehenden Besonderheiten
kennenzulernen. Da es hier naturgemäß von der materiellen rechtlichen Problematik zu
Überschneidungen mit BGB-AT und Schuldrecht-AT kommt, bekommt man hier im
Vorbeigehen zugleich einen Rechtsvergleich geboten, der wie so oft offenbart, dass im
Grunde alle Rechtsordnungen auf dieselben Probleme stoßen, sie aber in Nuancen
unterschiedlich lösen. Der Ansatz des Common Law, der dazu führt, dass man abgesehen von
einzelnen Bereichen keine Statute und Paragraphen hat, sondern das Recht eben von Richtern
mittels Fallrecht weiterentwickelt wird, unterscheidet sich zwar grundlegend von unserem
System. Eine allzu anstrengende Umstellung für die Arbeitsweise während des Studiums stellt
dies
allerdings
grundsätzlich
nicht
dar.
Während
man
im
deutschen
Studium
Gesetzesparagraphen anwendet, die der Ausfüllung mittels auswendig gelernter Definitionen
bedürfen, wendet man in England vereinfacht gesagt Fälle an, deren Anwendungsbereich,
Inhalt und von den Richtern entwickelten Kriterien man auswendig lernen muss. Auch wenn
es insgesamt sehr viele Fälle gibt, die man im Laufe der Trimester lernen muss, ist das Modul
im Ergebnis gerade im Vergleich mit anderen Modulen sehr gut machbar. Mit Professor John
Phillips werden das Modul in der ersten Hälfte und einige Seminare zudem von einem
Dozenten geführt, der die letzten beiden Jahre den Teaching Excellence Award from Law
erhalten hat.
Ein paar Worte zu den Büchern. Wie in allen anderen Kursen auch geben die Modulleiter ein
Buch als Empfehlung aus, auf das der Stoff dann auch abgestimmt ist. Seitenreferenzen in den
Materialien beziehen sich zum Beispiel dann auch immer auf dieses eine Lehrbuch. Langes
Suchen nach einem geeigneten Lehrbuch wie in Heidelberg, wo einem zum Beginn einer
Vorlesung teils eine 1-2 seitige Literaturauswahl vorgelegt wird, erübrigt sich damit. In
Contract werden einem ein klassisches Textbuch und ein Fallbuch (beinhaltet keine
Übungsfälle zum Lösen, sondern eine Übersicht der entschieden berühmten Fälle) empfohlen.
Manche Tutoren haben überdies ein umfangreicheres Lehrbuch empfohlen als Ersatz für das
Vorgeschlagene. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass man auch ohne das
umfangreichere Textbuch und selbst ohne das Fallbuch auch nur einmal benutzt zu haben
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trotzdem ein first im Examen schaffen kann. Wer darüber hinaus trotzdem auch existierende
Übungsfallbücher in der Bibliothek lesen will, kann dies gerne tun, aber das klassische
Lehrbuch (da sich in Contract eher wenig ändert und viele Fälle ohnehin aus dem 19.
Jahrhundert sind, geht auch eine gebrauchte Altauflage aus dem Vorjahr) und die
Vorlesungsmaterialien reichen für eine sehr gute Vorbereitung auf das Examen vollkommen
aus.
2. European Law
- 2x60min Vorlesung/Woche - 1x60min tutorial/Woche - 4x120min Seminar/gesamtes Jahr Examen: Essay (30%) - 2h Klausur (70%)
European Law ist ebenfalls ein 1st year Kurs und wird regelmäßig in großer Zahl von
Austauschstudenten gewählt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Zum einen ist es rein
praktisch
gesehen
eine
gute
Wahl,
falls
man
an
der
Heimatuniversität
die
Europarechtsvorlesungen eher stiefmütterlich bis gar nicht behandelt hat, das nun
nachzuholen gedenkt und dabei gerade im Vergleich zu vielen anderen Kursen etwas lernt,
das auch konkret in der Weise für das eigene Heimatrecht und -studium relevant ist, während
man beispielsweise mit englischem Vertragsrecht meist nicht mehr allzu häufig in Kontakt
kommen wird. Des Weiteren ist es für viele reizvoll, zu sehen wie das Rechtsgebiet gerade in
einem als generell eher EU-kritisch geltenden Land gelehrt wird. Letzteres ist in der Hinsicht
überraschend, dass gerade auf Grund des hohen Maßes an Internationalität sowohl der
Studenten als auch der Dozenten das Rechtsgebiet in einer sehr offenen Weise und teils
beinahe zu unkritisch/unhinterfragt pro-EU gelehrt wird - zumindest, wenn man aus der
deutschen juristischen Literatur und Rechtsprechung (vgl. BVerfG) anderes gewohnt ist. Der
Common Law Ansatz des Studiums und damit die extensive Nutzung von Fallrecht
funktioniert hinsichtlich EU Law sehr gut, da dieses in der Realität eben maßgeblich vom
EuGH geprägt ist und weiterentwickelt wird. Ebenfalls gut fand ich an EU Law, dass es mehr
Möglichkeiten als beispielsweise in Contract als vergleichbarem 1st Kurs gab, auch über Sinn
und Unsinn von Entscheidungen zu diskutieren und es somit über die bloße Anwendung des
Rechts hinausging.
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3. EU Competition Law
- 1x120min Vorlesung/Woche - 120min Seminar/beinahe jede Woche Examen: 3h Klausur
Das 2nd/3rd/4th year Modul EU Competition Law repräsentiert ein Gebiet, auf dem King’s
einen sehr guten Ruf genießt. Ich fand den Kurs aus mehreren Gründen sehr interessant. Zum
einen beschäftigt sich das Wettbewerbsrecht mit praktisch äußerst relevanten Fragen und
Herangehensweisen an einen Bereich, in dem Recht und Wirtschaft in global bedeutender
Weise miteinander verwoben sind und direkte und evidente Auswirkungen auf uns
Konsumenten haben, was das Rechtsgebiet damit praxisbezogen und greifbar macht. Zudem
deckt der konkrete Kurs die thematisch wichtigen und variantenreiche Bereiche des
Wettbewerbsrechts ab: vom kartellrechtlich-horizontalen und vertikalen Zusammenarbeiten
mehrerer Unternehmen über den Missbrauch dominanter Marktpositionen einzelner
Unternehmen - Stichwort Google -, wettbewerbsrechtlichen Fragen in Oligopolen bis hin zu
Auswirkungen von Verschmelzungen mehrerer Unternehmen im Binnenmarkt. Kurz, vor
allem wer ab und an in den Wirtschaftsteil der FAZ hineinschaut und ein Interesse an den
rechtlichen Fragestellungen mitbringt, wird sich hier wohlfühlen. Sollte man bemerken, dass
man sich für diese Materie sogar sehr interessiert, bietet King’s einem genug Veranstaltungen
an, sich damit zu beschäftigen. Allein die beinahe jede Woche stattfindenden zweistündigen
Seminare stellen hierfür eine geeignete Plattform dar. Zusätzlich zu den normalen
Vorlesungen
und
den
Seminaren
gibt
es
zudem
wöchentlich
eine
freiwillige
Donnerstagabendvorlesungen, sollte man von Competition Law immer noch nicht genug
bekommen können. Immer wieder, dies gilt auch für andere Module und Rechtsgebiete, wird
das College zudem für Abendvorträge von Gastredner besucht, die beispielsweise von ihrer
Arbeit bei der Kommission oder dem EuGH berichten.
4. Company Law
- 1x120min Vorlesung/Woche - 1x60min tutorial/Woche Examen: Essay (25%) - 3h Klausur (75%)
Im Gegensatz zu den vorherig genannten Modulen, ist Company Law faktisch ein 3rd/4th year
Kurs und für Austauschstudenten eher ungewöhnlich. Die meisten sind sich nicht einmal
bewusst, dass man es wählen kann, da nach offizieller Modulbeschreibung Contract und
Trusts vorausgesetzt wird. Rückblickend kann ich aber sagen, dass beide Module absolut
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nicht essentiell sind, da Company Law zu 99% autonom ist. Was den Schwierigkeitsgrad
angeht sei gesagt, dass zwar die Arbeitsweise etwas mehr an das von uns gewohnte Civil Law
erinnert, da man mit dem Companies Act 2006 ein Gesetzeswerk zur Hand hat, mit dessen
Normen man primär arbeiten muss bevor man sich dem Case Law zuwendet, welches diese
Normen ausfüllt. Andererseits habe ich mich persönlich auch mit der Materie Company Law
eher weniger schwer getan, da ich bereits zwei Semester Unternehmensrecht im Rahmen
meines Schwerpunkts in Heidelberg gehört habe und generell Interesse an der Materie hatte.
Ohne solche deutsche Vorkenntnis, das einem abermals auch automatisch wieder einen
interessanten Rechtsvergleich erlaubt, ist dem englischen Modul möglicherweise schwerer zu
folgen. Sollte man aber bereits wie ich den Schwerpunktbereich 5b gewählt haben oder mit
dem Gedanken spielen, dies zu tun, ein Interesse an der Materie besitzen und auch an einem
potentiellen, zukünftigen beruflichen Nutzen interessiert sein, kann ich Company Law
durchaus empfehlen. Das erlangte Wissen kann zudem auch in Praktika hilfreich sein, sollte
man diese in Großkanzleien oder ähnlichen Praktikastellen absolvieren, die sich mit
grenzüberschreitenden Mandaten befassen.
Company Law wird im Laufe der Trimester von drei unterschiedlichen Dozenten gelehrt,
Seminare zur Vertiefung wie beispielsweise in Competition Law gibt es leider nicht. Das
Company Law Examen gehört zu den schwereren am King‘s und war von den Modulen, die
ich gewählt habe, mit Abstand das schwerste. Auch hier gibt es wieder ein Essay und ein
dreistündiges Examen. Ungewohnt ist, dass das Examen open book ist, man daher jede
erdenkliche Notiz, jedes Lernmaterial und Lehrbuch sowie ausgedruckte Aufsätze mit in die
Klausur nehmen darf. Was auf den ersten Blick wie eine immense Erleichterung klingt, ist
aber tatsächlich auf Grund der schieren Masse an Stoff unbedingt notwendig und führt
darüber hinaus zu einem deutlich höheren Anspruch und Niveau der Fragestellungen und
Fälle, die dem Examen zugrunde liegen, da es offensichtlich keine Kunst ist, lediglich aus
dem Lehrbuch abzuschreiben.
C. STUDIENARBEIT IM AUSLAND
Seit April 2013 besteht die Möglichkeit, seine Studienarbeit für den universitären
Schwerpunktbereich auch im Ausland zu erstellen und korrigieren zu lassen, ehe man sie
später in Heidelberg zur Anrechnen einreicht. Wer nicht mit diesem Gedanken spielt, kann
diesen Abschnitt des Erfahrungsberichts getrost überspringen. Konkret vor dem Hintergrund
der Studienstruktur des Certificates am King’s sei hier erst einmal gesagt, dass hierfür
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grundsätzlich genug Zeit bereit steht, wenn man es zeitlich richtig einrichtet. Ob man den
Entschluss fällt, vier Wochen größtenteils neben dem normalen Unibetrieb zusätzlich eine
Studienleistung zu erbringen oder lieber etwas mehr Freizeit haben möchte, muss aber jeder
selbst entscheiden und sich besser früher als spät überlegen. Ein Punkt, der für mich stark ins
Gewicht fiel bei der Entscheidung, war, dass ich abseits von all den evidenten und zahlreichen
positiven persönlichen Erfahrungen eines Auslandsstudiums und dem Aneignen von fremden
Rechtsgebieten, das durch das Zertifikat auch schwarz auf weiß dokumentiert ist, trotzdem
auch eine Studienleistung erbringen wollte, die mir für mein Heimatstudium, konkret für mein
Staatsexamen, angerechnet wird und ich somit das Jahr in London auch studiumsbezogen gut
genutzt haben wollte. Es sei an der Stelle gesagt, dass man die Studienarbeit am King’s nicht
einfach locker nebenher ‚runterschreiben‘ kann und einem eine gute Bewertung hinterher
geworfen wird. Der Maßstab nachdem die Arbeit bewertet wird ist durchaus hoch,
andererseits sind auch hier mit ausreichend Mühe eine gute Bewertung machbar. Dennoch
muss man nicht befürchten, dass das Verfassen der Arbeit unverhältnismäßig auf das Erlebnis
London auswirkt; man hat trotzdem auch währenddessen und den ganzen restlichen
Aufenthalt mehr als genug Zeit die Stadt zu erkunden und zu erleben und hat mit ein bisschen
Mehraufwand während des Auslandsstudiums bereits einen Teil zum späteren Examen
beigetragen. Man muss sich jedoch bewusst machen, dass nach der JAPrO das konkrete
Auslandssemester, in dem eine Studienarbeit angefertigt wurde und später angerechnet wurde,
im Gegensatz zu einem normalen Urlaubssemester auf die Studienzeit und somit auf den
Freiversuch und Notenverbesserungsversuch angerechnet wird. Während normalerweise die
zwei KCL-Semester daher nicht für die Berechnung zählen, wird das Semester, in dem die
Studienarbeit verfasst wurde, gleich einem normalen Semester in Heidelberg voll angerechnet.
Sollte man sich für die Studienarbeit entschieden haben, sollte man die Formalitäten so bald
wie möglich klären. Hierfür sollte man den für das Modul zuständigen Professor, seinen Tutor
und die Erasmusbeauftragte an King’s ansprechen und das Konzept der Studienarbeit kurz
umreißen. Da der Tutor der Ersteller der Fragestellung und Erstkorrektor ist und somit den
meisten Aufwand hat, hängt es am ehesten von ihm und seiner Bereitschaft ab, ob einem die
Möglichkeit einer Studienarbeit gewährt wird. Bei mir gab es diesbezüglich keine Probleme,
im Gegenteil waren die Personen bei mir der Idee gegenüber sehr aufgeschlossen. Jedoch
kann ich hier selbstverständlich kein allgemeines Statement über die Bereitschaft für
zusätzliche (Korrektur)Arbeit des Law School Personals abgeben.
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Was den Zeitpunkt angeht, an dem man die Studienarbeit innerhalb von vier Wochen
schreiben will, bietet sich meiner Meinung nach mit Abstand am besten ein Zeitraum im
zweiten Trimester irgendwann innerhalb Mitte Januar - Mitte März an. Das erste Trimester
zwischen September und Dezember bietet sich schon daher weniger an, da man sich zum
Einen in der Stadt und Uni einlebt, Leute kennenlernt, die Formalitäten bezüglich der
Studienarbeit überhaupt erst einmal mit den zuständigen Leuten abklären muss, ab
Oktober/November dann die ersten Probeessays für die Module schreibt, sich mit der
Arbeitsweise generell vertraut macht
und schließlich Ende Dezember in der
(Vor-)Weihnachtszeit eher wenig Lust darauf hat, den Großteil des Tages in der Bibliothek zu
verbringen und sich auch möglicherweise etwas auf die Midsessionals, siehe gleich,
vorbereiten muss. In der Zeit Januar-März hingegen stehen außer den normalen Vorlesungen
und vielleicht einem Probeessay wenig an, im Februar gibt es viel mehr sogar die zweite und
letzte reading week, die man gut für die Studienarbeit nutzen kann. Danach, Mitte/Ende März,
hören zwar die Vorlesungen auf, allerdings bezweifle ich, dass man neben der damit
einsetzenden Examensvorbereitung für vier verschiedene Module die nötige Motivation und
Zeit auftreiben kann, eine ansprechende Studienarbeit zu verfassen. Schließlich bleiben
selbstverständlich noch die verbleibenden vier Wochen nach den Examen im Juni frei für die
Studienarbeit, jedoch kann ich mir nicht vorstellen, nach der anstrengenden Examensphase
noch viel Lust auf eine Studienarbeit zu haben und kann dies nicht empfehlen.
Was schließlich noch ein nicht zu unterschätzender Vorteil einer Studienarbeit im Ausland im
Vergleich zu einer in Heidelberg verfassten darstellt, ist die Möglichkeit, die Studienarbeit
theoretisch nicht einreichen zu müssen: Während in Heidelberg nach der Zuteilung des
Themas, des Verfassens der Studienarbeit und der Korrektur in Heidelberg die Note final ist
und auch im Falle einer unbefriedigenden Note in das Staatsexamen einfließt, muss man bei
einer im Ausland verfassten und am King’s korrigierten Studienarbeit die selbige
anschließend noch extra beim Prüfungsamt zur Anrechnung einreichen. Das erlaubt einem
beim Erhalt einer von King’s vergebenen Note unterhalb der eigenen Ansprüche die Arbeit
einfach nicht in Heidelberg einzureichen und sich so immerhin eine zweite Chance in
Heidelberg zu wahren, was bei einer regulären Studienarbeit hier schlicht nicht möglich wäre.
Sollte man die Arbeit einreichen, akzeptiert Heidelberg üblicherweise die von King’s
vergebene Note und ändert diese nicht mehr im Rahmen des Anrechnungsverfahrens ab.
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D. EXAMEN
Einige Worte zu den Klausuren. Zwar haben diese für den Heidelberger Jurastudenten nicht
die gleiche Bedeutung wie für die Studenten am King’s bzw. beispielsweise Berliner
Studenten der Humboldt Universität, für die die Examensnoten schließlich als kompletter
deutscher Schwerpunkt angerechnet wird. Dennoch sollte man ein paar Dinge beachten, wenn
man für sich und seinen Lebenslauf einen anständigen Abschluss beabsichtigt und damit das
Auslandsstudium auch notentechnisch gebührend beenden will.
Definitiv empfehlen kann ich, die sog. Midsessional-Exams mitzuschreiben. Wie der Name
bereits andeutet wird in einigen, vor allem first year Kursen, eine Probeklausur Anfang Januar
angeboten - sollte man einen halbjährigen Kurs gewählt haben, schreibt man zu diesem
Zeitpunkt bereits gar die finale Klausur, was in diesem Fall die Midsessionals logischerweise
obligatorisch macht. Manche Austauschstudenten bleiben diesen fern, aber der Großteil der
Studenten nutzt diese Chance, was meiner Meinung nach auch sinnvoll ist, sollte man zu
diesem Zeitpunkt kurz vor Vorlesungsbeginn schon wieder in London sein. Zum einen gibt es
einem offensichtlich bereits einen Eindruck des eigenen Leistungsstandes, da die Korrektur
nach dem Maßstab der final exams erfolgt. Ferner schadet es nicht, sich einmal vor dem
Ernstfall die Prüfungssituation und den Prüfungsablauf ‚angetan‘ zu haben, da ungeachtet
dessen, wie viele Klausuren man in Heidelberg geschrieben hat, die Prüfungssituation in
London eine etwas andere ist. Die Prüfungen finden nämlich nicht in den Universitätsräumen
selbst statt, sondern im von King’s extra angemieteten Olympia London Centre, einem
großem, mehrstöckigen, messeartigen Komplex. Da man mit mehreren tausend Studenten
aller Fachrichtungen gleichzeitig schreibt, bekommt man im Voraus bereits eine Platznummer
für den eigenen Tisch zugewiesen, es gibt eigene markierte Bereiche für Taschen etc. und die
Klausuren beginnen und enden auf die Minute genau, nachdem vor Beginn über einen
Lautsprecher ständig Durchsagen getätigt wurden. Will man sich später im Mai etwas Stress
ersparen, ist es daher ganz gut, durch die Midsessionals bereits etwas Routine für dieses ganze
Ambiente bekommen zu haben. Nicht zuletzt sind die Midsessionals auch eine passende
Gelegenheit eine gute Fall- und Stoffübersicht zu erstellen, auf die man später im Mai wieder
zurückgreifen kann. Da man sich später für Klausuren vier verschiedener Rechtsgebiete, die
innerhalb weniger Tage oder Wochen geschrieben werden, gleichzeitig vorbereiten muss, was
man zudem aus dem normalen Heidelberg Klausurenalltag nicht gewohnt ist, ist man über
jede Fallübersicht froh, die man schon im Januar erstellt hat und die den Stoff des ersten terms
abdeckt.
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Für die eigentlichen Klausuren im Mai ein extrem wichtiger Tipp: Auf der Onlineplattform
KEATS gibt es zu allen Fächern die Klausuren der letzten Jahre! Diese Klausuren werden
aber - zumindest nicht für Heidelberger Erasmus-Studenten, soweit ich weiß - nicht
automatisch freigeschaltet. Man sollte daher auf jeden Fall eine Mail an die zuständige Stelle,
in meinem Jahr war das Annette Lee, schreiben und um Freischaltung bitten, was dann auch
innerhalb von 24h geschieht. Das ist daher äußerst hilfreich, weil die alten Klausuren nicht
nur eine gute Übung darstellen, sondern ganz konkret oft alte Fragestellungen bzw. Teile alter
Fälle abgewandelt oder teils beinahe 1:1 wieder im Examen auftauchen! Im Kontrast zu
deutschen Klausuren besteht eine typische Klausur am King’s aus ca. vier Essay- und vier
Fallfragen, von denen man je nach Bearbeitungszeit insgesamt zwei oder drei Fragen
bearbeiten muss. Dabei hängt es vom Modul ab, ob man aus beiden Kategorien mindestens
eine Aufgabe wählen muss oder beispielsweise auch nur Essayfragen wählen kann. Insgesamt
bleibt aber festzuhalten, dass es angenehm ist überhaupt eine Wahlfreiheit zwischen
verschiedenen Aufgabentypen und konkreten Fragen zu haben, falls einem eine
Aufgabenstellung thematisch einmal nicht liegt.
IV. LONDON
A. UNTERKUNFT
Zur Unterkunft sei gesagt, dass, auch wenn man teils liest bzw. hört, dass Erasmus-Studenten
wohl keine Priorität gegenüber anderen Studenten genießen, mir kein Austauschstudent
bekannt ist, der nicht in einer KCL-Residenz untergekommen ist und zumeist sogar gleich die
Erstwahl geklappt hat. Da für Jurastudenten die Veranstaltungen alle am Waterloo Campus
(1st year Kurse) und am Strand (ab 2nd year) stattfinden sind rein lokal gesehen Stamford
Street Apartments aber auch Moonraker Point beliebt. Dabei sollte man allerdings folgendes
beachten. Zum einen sind beide auf Grund der Lage generell sehr beliebt in der Erstwahl Moonraker ist das meist nachgefragte Wohnheim überhaupt. Die Chance der erfolgreichen
Erstwahl sind daher dementsprechend geringer. Zudem ist Moonraker auch preislich deutlich
teurer als manch andere Residenz und über Stamford Street Apartments hört man von der
eigentlichen Einrichtung und den Zimmern nicht nur positives, auch wenn ich mir von
letzterem keinen persönlichen Eindruck verschaffen konnte. Ich persönlich habe meine Zeit in
London in Wolfson House (post code SE1 3RB) verbracht, direkt gegenüber und mit Sicht auf
the Shard und nur wenige Minuten von der Tower Bridge entfernt. Das Wohnheim befindet
sich damit in Zone 1, lediglich zwei Minuten entfernt von der Tube-Station London Bridge.
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Einkaufsmöglichkeiten (ein großer Tesco, ein kleiner Sainsbury, Londons Borough Market)
und ausreichend Möglichkeiten zur abendlichen Freizeitgestaltung befinden sich ebenfalls in
nächster Nähe. Der Medizinerkampus inklusive einer der großen KCL-Bibliotheken
- allerdings ohne Jurabestände -, eines der beiden Universitätsgyms und Boland House, in
dem einige societies (siehe unten) tätig sind befinden sich ebenfalls fünf Minuten entfernt.
Das Rezeptionspersonal in Wolfson ist entspannt, was Besuche von Freunden angeht, die man
in ein Gästebuch einträgt und dann auch problemlos übernachten können. Im
Gemeinschaftsraum finden regelmäßig afternoon teas und Abendveranstaltungen statt, bei
denen man die Bewohner des Wohnheims kennenlernen kann. Bezüglich der Ausstattung ist
Wolfson nichts Besonderes, sondern recht schlicht; kein Vergleich zu Moonraker Point
beispielsweise, aber absolut ausreichend. Die Apartments sind über 15 Stockwerke in
Wohngruppen eingeteilt, in denen jeder sein eigenes Zimmer hat und die Küche, mehrere
Bäder und WCs pro Stockwerkflügel geteilt werden. Im Westflügel gibt es Gruppen für vier
Studenten, während im Ostflügel die Wohngruppen bis zu 14 Studenten umfassen, was für
Heidelberger Verhältnisse zugegebenermaßen verhältnismäßig groß ist. Das fällt aber faktisch
nicht allzu sehr ins Gewicht, da die Anzahl der Bäder ausreichend ist und jeder
unterschiedliche Uniabläufe hat und daher die Küche meist ausreichend frei ist. Ob man
lediglich Zweckgemeinschaft ist oder auch etwas mit den anderen Mitbewohnern unternimmt,
ist wie in jeder Wohngruppe abhängig vom konkreten Fall, aber bei 13 Mitbewohnern und 15
Stockwerken stehen die Chancen gut, genug Leute kennenzulernen, um Dinge in der Stadt zu
unternehmen. Mit ca. £140 pro Woche ist das Wohnheim zudem verhältnismäßig günstig.
Etwas unangenehm in Wolfson und in der Regelmäßigkeit sonst wohl nicht in anderen
Wohnheimen zu finden sind die, wenn ich schätzen müsste, wohl alle sechs Wochen einmal
ausgelösten Feueralarme, die auf Grund der äußerst sensiblen und schnell auslösenden
Rauchmelder nicht etwa wegen ernsthafter Gefahr derart häufig, sondern beispielsweise
wegen der (stümperhaften) Zubereitung von Popcorn auslösen. Während des Tages, wenn
man meist ohnehin nicht da ist, fällt das weniger ins Gewicht. Zwei Mal ist das allerdings
auch um Mitternacht und um 5:00 Uhr morgens passiert, was auch außerhalb der
Klausurenphase eher unangenehm ist, wenn man erst einmal das Haus räumen und sich an der
Sammelstelle draußen vor dem Wohnheim einfinden muss bis die Feuerwehr oder das
Personal das Haus wieder freigibt, um dann wieder die Treppen zu seinem Apartment zu
nehmen, da die Aufzüge deaktiviert sind.
Alles in Allem kann ich Wolfson aber gerade auf Grund der Lage und des Preises empfehlen.
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B. LEBEN
Der Part, über den man wohl endlos schreiben könnte auf Grund der unfassbaren Menge an
Dingen, die man in London erleben und unternehmen kann. Kurz: Eigentlich gibt es in
London nichts, das es nicht gibt, und wirklich jeder kommt auf seine Kosten, solange man
akzeptiert, dass man für das meiste mehr Geld hinblättern muss als in anderen europäischen
Großstädten. Neben zahllosen Pubs mit oder ohne Livemusik für jeden Geschmack gibt es in
London unzählige der weltweit besten Clubs und Bars. Gerade Rooftopbars mit ihrer
grandiosen Aussicht auf die Stadt stechen hierbei hervor. Außerdem gibt es regelmäßig
kulturelle Festivals, outdoor filmscreenings, Unmengen an Ausstellungen, Kunstinstallationen
und und und... Allein während eines schlichten Spaziergangs ohne konkretes Ziel entlang der
Themse wird einem mehr geboten als in so manch anderer Stadt insgesamt. Allein die für eine
Weltmetropole etwas ungewöhnlich frühen Schließzeiten irritieren etwas. Da die Mehrzahl
der Einrichtungen wie Pubs bereits um 11pm schließt, trifft man Londoner meist schon ab
6pm dort an. Selbst, wenn man sich in etwas länger öffnenden Bars bzw. Einrichtungen, die
einem mit etwas Kenntnis irgendwann bekannt sind, aufhält, stößt man auf das Problem, dass
nachts möglicherweise nichts mehr nach Hause fährt, da selbst in London nicht alles 24/7
fährt, sondern wie in der Provinz um 1am die letzte Tube fährt und man froh ist, wenn es an
dem Tag einen Nachtbus in der Nähe gibt. Dieses Problem wird ab diesem Jahr allerdings
etwas entschärft, da ab September 2015 die wichtigsten Tubelinien nun zumindest am
Wochenende 24/7 fahren werden.
Immer für eine Inspiration gut und teils auch wirklich nötig, um nicht vom Angebot komplett
überfordert zu sein und etwas Struktur in die Masse an Möglichkeiten zu bringen, sind
Websites/Facebookseiten wie The Londonist oder Timeout London. Abgesehen von regulären
Londoner Nachrichten und Tipps zu Kulturellem und Eröffnungen neuer Einrichtungen etc.
bieten diese Seiten speziell für jede Woche und zusätzlich jedes Wochenende eine Auflistung
an interessanten Dingen an, die man in der Stadt unternehmen kann. Darunter ist auch eine
eigene Kategorie an Listen nur für kostenlose bzw. günstige (<£10) Events. Wenn man die
Augen offen hält stolpert man so beispielsweise über Geheimtipps wie kostenlose Konzerte
mit anschließendem Weinempfang. Ohnehin gibt es einige sehr empfehlenswerte Orte und
Events in London, die einiges zu bieten haben und kostenlos sind, wenn man sie nur kennt.
Seit Anfang dieses Jahres ist beispielsweise der Sky Garden für die Öffentlichkeit geöffnet,
ein Garten mit Terrasse im 35. Stockwerk eines Hochhauses direkt neben der Tower Bridge,
der einen der besten Überblicke über die Stadt in ganz London gewährt, wenn man ein bis
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zwei Wochen im Voraus kostenlos Tickets bucht. Ein weiteres einmaliges Event ist das Ascot
Pferderennen (konkret gemeint ist hier der British Champions Day), das bereits Mitte Oktober
stattfindet, somit einen netten Einstieg in den Auslandsaufenthalt darstellt und für das es im
Voraus ein begrenztes Kontingent an kostenlosen Tickets für Studenten gibt. Die Rennen an
diesem Tag im Oktober sind die höchstdotierten Rennen des ganzen Jahres und auch wenn
man noch nie auf einer Rennbahn war, ist es einfach etwas typisch Britisches und sehr spaßig
ein bisschen etwas auf ein Pferd zu setzen, mitzufiebern und mit etwas Glück mit einem gar
nicht so unbeträchtlichen Gewinn wieder nach Hause zu gehen. Das sollte man sich meiner
Meinung nach nicht entgehen lassen, ich persönlich empfand den Renntag als eine der besten
Veranstaltungen, die ich während meiner gesamten Zeit in London erleben durfte. Abgesehen
von der einmaligen Erfahrung, sich diese Rennen mal aus nächster Nähe anschauen zu
können, ist es zudem eine besonders gute Gelegenheit der Queen ohne Touristenmassen auf
ein paar Meter näher zu kommen. Ansonsten kann man ihr aber auch mit etwas Glück auf
dem Weg zum Strand Campus über den Weg laufen, wenn sie im königlichen Rolls an einem
vorbeifährt. Durch die erwähnten Websites/Facebookseiten verpasst man zudem auch keine
der ‚großen‘ Events, die man sich nicht entgehen lassen sollte und die zehntausende
Menschen anziehen wie die Paraden zu Chinese New Year, St. Patrick’s Day, Trooping the
Colour oder auch zahlreiche Feuerwerke. Aber auch für Fremde oder Touristen meist
unbekannte Events wie die sog. lates ziehen zu Recht hunderte Besucher an und sind absolut
zu empfehlen. Lates sind grob gesagt üblicherweise kostenlose Abendveranstaltungen, für die
meist einmal im Monat eine Institution über die normalen Öffnungszeiten hinaus in den
späten Abend hinein geöffnet hat, Essen und Trinken und meist sogar ein extra Programm wie
Workshops, Vorträge oder Angebote wie silent discos anbietet. Anbieter dieser lates sind
meist Museen wie das Science Museum, das Natural History Museum, das Tate Modern, aber
aktuell zur Feier des 40jährigen Bestehens des South Kensington office auch das
weltbekannte Auktionshaus Christie’s oder der Londoner Zoo (als einziges late der Genannten
kostenpflichtig). Da all die Möglichkeiten den Bericht bei weitem sprengen würden, empfehle
ich jedem Interessierten wirklich einfach mal auf den genannten Seiten etwas
herumzustöbern, um sich einen groben Eindruck zu verschaffen.
Aber auch am Unicampus selbst werden einige Attraktionen und Möglichkeiten zum
Zeitvertreib angeboten. Da gibt es universitätsfremde Events, wenn zum Beispiel der
Innenhof des Somerset House zwei Mal im Jahr für die London Fashion Week, für Filmdrehs
oder im Dezember für eine große Eislauffläche genutzt wird oder Kunstausstellungen geöffnet
sind.
Abseits
davon
werden
in
der
Uni
zahlreiche
Abendveranstaltungen
wie
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Podiumsdiskussionen
und
Vorträge
mit
oder
ohne
Jurabezug
angeboten.
Beim
anschließendem Weinempfang kann man hierbei hervorragend mit den Sprechern und
anderen Gästen ins Gespräch kommen. Ein bedeutender Teil des universitären
Freizeitangebots spielt sich allerdings in den societies ab. Societies sind Vereinigungen oder
Clubs aller Art, von den Sportteams der Unis über Nationensocieties, debating clubs oder
moot courts bis hin zu Tanz-, Gesangs-, Musical- oder Literaturvereinigungen. Auch hier gilt,
dass wirklich für jeden etwas dabei ist und das Angebot und auch der Elan dahinter, das, was
man vom Angebot deutscher Universitäten kennt, bei weitem übersteigt. Zum Start der Uni in
der freshers‘ week werden an einem Tag alle societies im Barbican Centre, einem
zweistöckigen Messegebäude, an Ständen vorgestellt und man kann sich bereits einen ersten
guten Eindruck von den societies verschaffen. Viele societies haben aber später noch ihre
eigenen Kennenlernveranstaltungen, bevor man ihnen beitritt. Generell kann ich die societies
wirklich empfehlen, da sie eine super Möglichkeit darstellen, neue Leute kennenzulernen und
Dinge neben dem Studium auszuprobieren. Man kann zwar durchaus auch auf Dauer in
verschiedene societies gleichzeitig reinschauen und ihnen angehören, die meisten Studenten
konzentrieren sich aber eher auf wenige bzw. eine und stecken dort viel Zeit hinein. Auch
wenn man als Austauschstudent viel Zeit dort investieren kann, wenn man mag, gibt es je
nach society in gewisser Weise doch faktische Begrenzungen: Ein richtiges Engagement ist
oft in der Hinsicht begrenzt, dass Wahlen für Posten in den Komitees im Vorsemester bereits
stattgefunden haben bis man in London ankommt und dann im Laufe des Studienjahres für
das kommende Jahr wieder vorgenommen werden und dies einen als Austauschstudenten
daher schon einmal ausschließt. Auch eher langfristige Aktivitäten wie Mitarbeit in der
Studentenzeitschrift oder pro bono-Arbeit stellt sich eher als schwierig heraus. Was die
Sportteams angeht, zielen auch sie, da sie meist alle sehr leistungsorientiert sind und sich in
lokalen und nationalen Wettbewerben mit anderen Unis messen, sehr auf einen Aufbau eines
langfristigen Teams, vor allem bestehend aus Erstsemestern, die auch noch die folgenden
Jahre im Team sein können. Dennoch sollte das nicht abschrecken, wenn man etwas Neues
ausprobieren und Leute
kennenlernen will. Die Sportteams beispielsweise richten auch
Clubfahrten zu englischen aber auch internationalen Reisezielen aus. Gerade Sport, der auf
Grund der Leistungsbereitschaft dort sehr ernst genommen wird, kann aber etwas ins Geld
gehen, was die Ausrüstung und Mitgliedsbeiträge geht. Selbst wenn man keinem Sportteam
persönlich beitreten sollte, empfiehlt es sich trotzdem, den Austragungen der Duelle in
zahlreichen Sportarten gegen den traditionellen King’s Rivalen UCL (University College
London) beizuwohnen. Die Nationensocieties sind schlicht eine Ansammlung von Leuten
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dieser Nationalität aber auch generell Interessierten anderer Länder, daher also gerade für
diejenigen interessant, die auch während ihrer Zeit in London ihre Kenntnisse in einer
bestimmten Sprache nicht vernachlässigen oder im Gespräch mit Muttersprachlern weiter
verbessern wollen. Möglichkeiten gibt es genug, da es für zahllose Nationen aus aller Welt
eine dazugehörige society gibt. Ich selbst war in London rudern, was gerade in England, wo
diese urbritische Sportart traditionell sehr stark ausgeübt wird und beispielsweise das älteste
Ruderrennen der Welt und das traditionsreiche Cambridge-Oxford-Rennen stattfinden, eine
einzigartige Erfahrung ist. An Wettkämpfen in Cambridge und auf der Themse in London, auf
Abschnitten, auf denen auch das Cambridge-Oxford-Rennen stattfindet, teilzunehmen, hat
mein Auslandsjahr definitiv um spannende Erfahrungen reicher gemacht.
Die Großstadt allein würde schon genügen, um den ganzen Aufenthalt über beschäftigt zu
bleiben. Dennoch kann ich empfehlen, sich auch mal außerhalb Londons aufzuhalten. Zwar
bietet London auch zahlreiche Plätze mitten im Zentrum, die Ruhe, Grünflächen und
Möglichkeiten zum Abschalten bieten, aber auch außerhalb gibt es interessante Gegenden.
Was sich diesbezüglich zum Einen anbietet, sind Angebote für Eintagestrips per Tourbus von
darauf spezialisierten Anbietern, für die man meist Sonntagmorgen aufbricht, um abends
wieder in der City zu sein. Beliebte Ziele sind hierfür beispielsweise Cambridge, Oxford,
Bath, Stonehenge, Nottingham oder Salisbury. Für private mehrtägige Ausflüge bzw. Reisen
andererseits bieten sich die bereits genannten reading weeks an. Als Reiseziel diesbezüglich
kann ich definitiv Edinburgh empfehlen.
Alles in allem ist es mehr als verständlich, dass viele Austauschstudenten auch noch nach
Ende des eigentlichen Austauschprogramms etwas privat in London bleiben. Nach den
Examen im Mai hat man ohnehin nochmal rund einen Monat zur freien Verfügung in London,
da die Mietverträge mit den KCL-Unterkünften meist erst Ende Juni enden. Manche
Studenten blieben aber sogar bis September in London und absolvieren dort noch ein
Praktikum.
Schließlich noch ein paar wenige Tipps, die das Leben in London etwas erleichtern: Sehr
hilfreich im Alltag ist die CityMapper London App, die zur Standardausstattung Londoner
Studenten gehört und hinsichtlich des öffentlichen Personennahverkehrs keine Wünsche offen
lässt. Generell gibt es bezüglich der Fortbewegung verschiedene Möglichkeiten. Auf jeden
Fall sollte man sich eine (Student)Oyster Card kaufen, die das Tubefahren zwar nicht günstig
aber günstiger macht. Wenn man möchte, kann man sich zudem ein Abonnement für ein
Boris/Santander Bike, vormals Barclays Bike, zulegen. Für die Räder gibt es über die Stadt
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verteilt zahlreiche Stationen und man ist gerade nachts unabhängiger von den Tubezeiten,
sofern man sich das Fahren im Londoner Straßenverkehr generell zutraut. Gerade um nachts
nach Hause zu kommen, ist aber auch Uber eine bei Studenten äußerst beliebte wie gleichsam
zuverlässige und relativ kostengünstige Möglichkeit. Auch wenn London insgesamt eine recht
sichere Stadt ist und ich im Laufe meine Aufenthalts zu jeder erdenklichen Zeit auf teils
menschenleeren Straßen unterwegs war, sollte man sich dennoch eine gewisse Grundvorsicht
bewahren. Gerade im Winter, wenn es früh dunkel wird, sollte man beispielsweise sein Handy
auf der Straße nicht allzu sorglos in der Hand herumtragen während man die schnellste
Tuberoute darauf checkt, da (und das sage ich aus eigener Erfahrung) das Handy schneller
weg ist, als einem lieb ist, wenn jemand auf einem Fahrrad danach greift und Sekunden später
aus dem Blickfeld verschwunden ist.
V. FAZIT
Es sind zwar die typischen Phrasen von Austauschstudenten, aber es ist schlicht korrekt:
Durch einen Auslandsaufenthalt entwickelt man sich sowohl fachlich als auch vor allem
persönlich bedeutend weiter, lernt unzählige interessante Menschen kennen und hat die
Chance, eine Stadt von einer Seite und in einer Tiefe zu erleben, die ein regulärer
Kurzaufenthalt einem
niemals bieten könnte.
Ich persönlich
habe meine Wahl
Auslandsstudium und speziell London zu keiner Zeit bereut, sondern im Gegenteil jede
einzelne
Sekunde davon genossen und würde es jederzeit wieder tun. Wer also den
Studienort London und ein Studium am King’s College London samt all der schier
unbegrenzten Möglichkeiten als äußerst reizvoll empfindet und hierfür auch gewillt ist, ein
gewisses Bewerbungsrisiko in Kauf zu nehmen, sollte sich definitiv bewerben und trifft damit
sicherlich eine der besten Entscheidungen seines gesamten Studiums.
Für Fragen jedweder Art stehe ich gerne über die auf dem Titelblatt angegebene
E-Mailadresse zur Verfügung.
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