multifunktionale sportarenen - Fachbereich Stadt
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multifunktionale sportarenen - Fachbereich Stadt
MULTIFUNKTIONALE SPORTARENEN CHANCEN UND RISKEN FÜR DIE STADTENTWICKLUNG ENDBERICHT Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Projekt 3“ am Institut für Rechtswissenschaften und am Institut für Stadt- und Regionalwirtschaft der Technischen Universität Wien Wien, im März 2004 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen VORWORT Dieser Projektbericht „Multifunktionale Arenen – Chancen und Risken für die Stadtentwicklung“ ist das Produkt einer einjährigen intensiven Zusammenarbeit von zehn Studierenden der Studienrichtung „Raumplanung und Raumordnung“ an der Technischen Universität Wien. Es ist das Ergebnis einer umfangreichen Bestandserhebung und eines integrativen Prozesses unter Einbindung externer Experten sowie verschiedenster Literatur- und Gesetzesquellen. INSTITUTE Institut für Stadt- und Regionalforschung Institut für Rechtswissenschaften BETREUER Ao.Univ.Prof. Dr. Rudolf Giffinger (Institut für Stadt- und Regionalforschung) Ass.Prof. Dr. Arthur Kanonier (Institut für Rechtswissenschaften) Univ.Ass. DI Hans Kramar (Institut für Stadt- und Regionalforschung) STUDENTEN Alexander HAHN Benedikt HAHN Ulrich KORBUT Werner KUBITA Verena MANHART Stefan PECK Markus PERAUER Gregor RAUHS Martin SCHEIFLINGER Georg ZELLER |1 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen AUFGABENSTELLUNG Das Studium „Raumplanung und Raumordnung“ an der Technischen Universität Wien sieht für die Studierenden im Laufe ihrer Ausbildung insgesamt 3 Projekte vor, welche allesamt einen äußerst praxisnahen Bezug aufweisen und jeweils mindestens ein Semester lang dauern. Der vorliegende Bericht ist als Abschlussarbeit des Projektes 3 "Multifunktionale Sportarenen Chancen und Risken für die Stadtentwicklung", welches im Sommersemester 2003 und im Wintersemester 2003/ 04 veranstaltet wurde, zu sehen. Ziel des Projektes war es, zu mehreren Themenschwerpunkten Empfehlungen und Handlungsoptionen für die Planung, die Errichtung und den Betrieb von multifunktionalen Sportarenen aus stadtplanerischer und stadtpolitischer Sicht zu erarbeiten. PROJEKTAUBLAUF Das Projekt gliedert sich im Wesentlichen in zwei Teile. So wurde im Wintersemester eine ausführliche Analyse der Bereiche Standortproblematik Verfahrensabläufe Nutzungskonzepte Sportarenen als Imagefaktor Finanzierungsmodelle und Eigentumsverhältnisse durchgeführt. Diese Analyse wurde jedoch sehr allgemein gehalten und diente dem Zweck, Fragestellungen für den praktischen Teil der Arbeit, welcher im Wintersemester erfolgen sollte, herauszuarbeiten. Im zweiten Semester teilten sich die Studierenden in drei Gruppen auf. Diese hatten die Bearbeitung verschiedener Stadien unterschiedlicher Größenordnung, jedoch gleicher Größe innerhalb der Gruppe, zur Aufgabe. So wurde von den Studenten Ulrich KORBUT und Werner KUBITA der Bereich „SPORTANLAGEN VON LOKALER BEDEUTUNG“ bearbeitet, wobei als Referenzprojekt das Freizeitzentrum Hohe Warte in Wien verwendet wurde. Die zweite Gruppe, bestehend aus Alexander HAHN, Gregor RAUHS, Martin SCHEIFLINGER und Georg ZELLER widmeten sich „STADIEN MITTLERER GRÖSSE“. Analysiert wurden hierbei das 2| Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Stadion Salzburg Wals – Siezenheim, das Arnold Schwarzenegger-Stadion in Graz, der Sankt Jakob – Park in Basel und das Stade Chaban – Delmas in Bordeaux. Benedikt HAHN, Verena MANHART, Stefan PECK und Markus PERAUER widmete sich in der dritten Gruppe den „INTERNATIONALEN FUSSBALLARENEN“ wobei die Multifunktionsarena Düsseldorf, das Westfalenstadion in Dortmund und die Arena AufSchalke in Gelsenkirchen als Untersuchungsobjekte dienten. Alle analysierten Stadien mit den dazugehörenden Städten wurden von uns Studenten persönlich besucht, wir konnten uns also von jedem Projekt ein Bild machen, was die spätere Analysearbeit erheblich erleichterte. HINWEISE ZUM VORLIEGENDEN WERK Der vorliegende Bericht gliedert sich in einen Analyseteil A „KRITERIEN ZUR BEWERTUNG VON SPORTARENEN AUS RAUMPLANERISCHER SICHT“ und einen praktischen Teil B „ANALYSE VON SPORTARENEN UNTERSCHIEDLICHER GRÖßENORDNUNG“. Teil A stellt in gekürzter Form die wesentlichen Erkenntnisse dar, welche im ersten Semester erarbeitet wurden. Der Teil B, auf welchem das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt, liefert neben einer ausführlichen Beschreibung der jeweiligen Stadien und Städte Schlussfolgerungen und Empfehlungen für die jeweilige Größengruppe. Am Ende des Berichts werden diese drei Gruppen von Schlussfolgerungen zu generelle Empfehlungen kombiniert, wobei die Schlussfolgerungen und Empfehlungen die Haupterkenntnisse dieser Arbeit darstellen. DANKSAGUNG Wir möchten uns recht herzlich bei den Professoren für die Betreuung und Unterstützung während der einjährigen Projektarbeit bedanken. Darüber hinaus gebührt unser Dank den Ansprechpartnern der jeweiligen Stadien, Vereine und Planungsbehörden der Städte. Wien, im März 2004 |3 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen 4| Teil A | Grundlagen Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen KRITERIEN ZUR BEWERTUNG VON SPORTARENEN AUS RAUMPLANERISCHER SICHT Teil A |5 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen 6| Teil A | Grundlagen Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen INHALTSVERZEICHNIS 1 EINLEITUNG...................................................... 9 2 STANDORTPROBLEMATIK............................... 10 2.1 AUFGABENSTELLUNG .............................................................................................. 10 2.2 STANDORTTHEORIE UND STANDORTFAKTOREN ...................................................... 10 2.2.1 Standortfaktoren ........................................................................................................10 2.2.2 Standorttheorie nach Wirtschaftsektoren ......................................................................11 2.3 RELEVANTE STANDORTANFORDERUNGEN FÜR MULTIFUNKTIONALE SPORTARENEN . 12 2.3.1 Rahmenbedingungen..................................................................................................12 2.3.2 Fragestellungen .........................................................................................................13 2.3.3 Standortfaktoren, Problemstellungen ...........................................................................14 2.4 EMPFEHLUNGEN BEI DER STANDORTWAHL MULTIFUNKTIONALER SPORTARENEN .... 17 2.4.1 Rahmenbedingungen der Standortproblematik..............................................................17 2.4.2 Empfehlungen ...........................................................................................................18 3 NUTZUNGSKONZEPTE ..................................... 19 3.1 ELEMENTE DER AUSSTATTUNG VERSCHIEDENER MULTIFUNKTIONALER ARENEN...... 19 3.1.1 Kernnutzung ..............................................................................................................20 3.1.2 Mantelnutzungen .......................................................................................................22 3.2 TYPEN, FORMEN UND TRENDS VERSCHIEDENER NUTZUNGSKONZEPTE .................... 24 3.3 DEFINITION MULTIFUNKTIONALITÄT....................................................................... 26 4 VERFAHRENSABLÄUFE .................................... 28 4.1 EINLEITUNG............................................................................................................ 28 4.2 VERFAHRENSRECHTLICHE ASPEKTE......................................................................... 29 4.2.1 Umweltverträglichkeitsprüfung und konzentriertes Genehmigungsverfahren ....................29 4.3 BESONDERE VERWALTUNGSMATERIEN .................................................................... 32 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4 4.3.5 5 Raumordnungsrecht ...................................................................................................32 Baurecht 34 Gewerbliches Betriebsanlagenrecht..............................................................................34 Naturschutzrecht........................................................................................................35 Wasserrecht ..............................................................................................................36 FINANZIERUNG............................................... 38 5.1 INVESTITIONSKOSTEN BEI FUßBALLSTADIEN UND MULTIFUNKTIONALEN SPORTARENEN...................................................................... 38 5.1.1 Entwicklung der Neu- bzw. Umbaukosten.....................................................................38 5.1.2 Vergleich verschiedener Stadiontypen anhand Preis/Sitzplatz .........................................39 5.1.3 Aufgliederung der Gesamtinvestitionskosten nach Kostenkomponenten ..........................40 |7 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen 5.2 FINANZIERUNGSMODELLE BEIM STADIONBAU ......................................................... 41 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 6 Arten der finanziellen Beteiligung.................................................................................41 Herkunft der finanziellen Mittel....................................................................................43 Klassisches Finanzierungsmodell - Modernes Finanzierungsmodell ..................................44 Beteiligte bei der Finanzierung und deren Motivation.....................................................46 Rechtsformen der Besitzgesellschaften.........................................................................47 BETREIBERGESELLSCHAFTEN......................... 49 6.1 DIE RECHTLICHE SITUATION................................................................................... 49 6.1.1 Vereinsgesetz (Vereinsgesetz 2002 VerG BGBl I Nr. 66/2002) ........................................49 6.1.2 Kapitalgesellschaften ..................................................................................................50 6.2 BETREIBERGESELLSCHAFTEN – MODELLE UND FORMEN........................................... 50 6.2.1 Interessengruppen .....................................................................................................51 6.2.2 Betriebsgesellschaften ................................................................................................51 6.3 LAUFENDE EINNAHMEQUELLEN ............................................................................... 52 6.3.1 Einnahmen aus dem Ligasport.....................................................................................52 6.3.2 Einnahmen aus Sport- und Kulturevents.......................................................................53 6.3.3 Einnahmen aus Randnutzungen .................................................................................53 6.4 LAUFENDE AUSGABEN ............................................................................................. 53 7 STADTENTWICKLUNGSPOLITIK, STADTMARKETING ................................................... 54 7.1 STADTMARKETING .................................................................................................. 54 7.1.1 7.1.2 7.1.3 7.1.4 Geschichte des Stadtmarketings ..................................................................................54 Methodik 57 Interkommunale Konkurrenz .......................................................................................59 Multifunktionale Sportarenen als entscheidender Imagefaktor einer Stadt im interkommunalen Wettkampf?........................................................................61 7.1.5 Ein weiterer Aspekt: Festivalisierung ............................................................................63 7.2 WEITERE ASPEKTE DER STADTENTWICKLUNGSPOLITIK ........................................... 66 7.3 FRAGESTELLUNGEN................................................................................................. 67 7.3.1 Welche Effekte werden durch den Stadionbau erwartet .................................................67 7.3.2 Welche Effekte werden durch den Stadionbau tatsächlich induziert? ...............................67 7.3.3 Fragestellungen im Detail ...........................................................................................68 8 ANHANG .......................................................... 69 8.1 QUELLENVERZEICHNIS ............................................................................................ 69 8.2 ABBILDUNGS-UND TABELLENVERZEICHNIS .............................................................. 72 8| Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen 1 EINLEITUNG Der folgende empirische Teil der Arbeit gliedert sich in Themenschwerpunkte, die nach Diskussionen der Professoren gemeinsam mit den Projektteilnehmern erarbeitet wurden. Dabei wurde versucht, einen umfassenden Blick auf die Problematik einerseits und die Chancen andererseits, die multifunktionale Sportarenen mit sich bringen, zu geben. Standortproblematik Für die Stadtplanung stellen die Standortsuche und anschließende Standortwahl wesentliche Faktoren dar. Im Vorhinein ist festzulegen, welche Kriterien herangezogen werden, um einen bestmöglichen Standort zu finden. Diese Kriterien sind sowohl im infrastrukturellen Bereich als auch in den Bereichen Ökologie und Ökonomie zu finden. Nutzungskonzepte Die Darstellung von Trends in den Nutzungskonzepten multifunktionaler Sportarenen ist Gegenstand dieses Themenbereiches. Die neue Generation der multifunktionalen Sportarenen weist komplexe Nutzungsstrukturen auf, die sowohl das Areal des Stadions selbst als auch das Umfeld miteinbeziehen. Verfahrensabläufe Dieser Themenschwerpunkt beschäftigt sich mit den allgemeinen, verfahrensrechtlichen Grundlagen, die zur Errichtung von Großprojekten herangezogen werden. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf Vorschriften gelegt, die bei Multifunktionsarenen relevant werden könnten. Finanzierung Während die finanziellen Mittel früher vorwiegend von der öffentlichen Hand kamen, sind heute aufgrund der angespannten öffentlichen Haushaltssituation andere Finanzierungsquellen notwendig. Dieser Bereich stellt moderne Finanzierungsmodelle und deren potentielle Investoren vor. Betreiberformen Dieser Themenbereich zeigt in erster Linie die Bestandteile, die bei der Betrachtung einer Betriebsgesellschaft wesentlich sind auf. Von essentieller Bedeutung sind dabei die rechtlichen Bestimmungen, welche es einem Verein unmöglich machen, als Eigentümer oder Beteiligter einer Betriebsgesellschaft zu fungieren. Weiters wird untersucht, welche Institutionen Interesse daran haben könnten, sich in diesem Fachbereich zu engagieren. Stadtentwicklungspolitik, Stadtmarketing Durch den wachsenden Konkurrenzkampf der Städte untereinander – mit bedingt durch die zunehmende Globalisierung – gewinnen „Prestigeprojekte“ immer mehr an Bedeutung. Aus dieser Sichtweise stellen Multifunktionsarenen entscheidende Elemente der Stadtentwicklung dar. |9 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen 2 STANDORTPROBLEMATIK 2.1 AUFGABENSTELLUNG Die Aufgabenstellung ist es also einen nachvollziehbaren Entscheidungsprozess für die Standortfindung multifunktionaler Sportstätten zu erarbeiten. Am Anfang dieser Arbeit steht eine Reihe an Forschungsfragen, die die Ausgangslage für den Arbeitsprozess bilden. Aufgrund dieser Fragen werden in einem Kriterienkatalog Standortkriterien zusammengefasst aus denen in weiterer Folge die Standortanforderungen für ein multifunktionales Sportstadion hervorgehen. Nachdem die Standortwahl gefallen ist stellen sich die Fragen der Erschließung und Anbindung dieses Standorts, sowie die von dem Sportstadion ausgehenden externen Effekte. Abschließend sollen diese erarbeiteten Kriterien und Anforderungen anhand aktueller Beispiele dargestellt werden und die Standorte bestehender bzw. geplanter Anlagen kritisch analysiert werden. Zusammengefasst kann die Aufgabenstellung als mit der Frage werden, „Nach welchen Kriterien sollte der Standort für multifunktionale Sportstätten ausgewählt werden?“ 2.2 STANDORTTHEORIE UND STANDORTFAKTOREN Standortfaktoren wurden historisch gesehen in den landwirtschaftlichen (von Thünen), den industriellen (Launhardt, Weber) und den Handelsstandort unterschieden. Später trat die Frage nach dem Standort für öffentliche Einrichtungen, der Haushalte und der Städte hinzu. In diesem Kapitel der Arbeit beschränken wir uns allerdings auf die klassischen Standortansätze, die nach dem Ort der Unternehmen des Primären sekundären und tertiären Sektors fragen. Die Fragestellung hierbei lautet, an welchem Standort sich bei einer gegebenen Raumstruktur der optimale Standort eines Unternehmens befindet? 2.2.1 Standortfaktoren Die Gründe eines Unternehmens einen Standort zu wählen werden als Standortfaktoren bezeichnen, die sich räumlich hinsichtlich ihrer Qualität und Existenz unterschiedlich verteilen. Hierbei unterscheidet man zwischen allgemeinen Standortfaktoren, die für jedes Unternehmen in der Region von Bedeutung sind (z.B.: kommunaler Steuersatz), und speziellen Standortfaktoren, die nur für bestimmte Unternehmen eine Relevanz besitzen (z.B.: Binnenhafen für Schwerindustrie). In weiterer Folge werden die Standortfaktoren nach der Größe ihres Gebietes unterschieden, was eine Unterscheidung in internationale und nationale Standortfaktoren zur Folge hat. 10 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Als international werden all jene Faktoren bezeichnet, die national einheitlich sind: Einkommenssteuer Rechtssystem, Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum politische und wirtschaftliche Stabilität äußere und innere Geldwertstabilität Wirtschaftgesinnung und -verfassung Als nationale werden all jene Faktoren bezeichnet, die für nationale Regionen relevant sind: Wirtschaftgeographische Lage zu anderen Regionen Regionales Arbeitsplatzangebot bezüglich Quantität und Qualität Staatlich zur Verfügung gestellte Infrastruktur (Bildung, Verkehr, Forschung) In weiterer Folge sind für einzelne Orte folgende Faktoren von Bedeutung: Verkehrstechnische Zugänglichkeit Lokale Wirtschaftsförderung Grundstückspreise Umwelt- und Lebensqualität Kommunale Gebühren- und Steuersätze Markt und Konkurrenznähe Positive Agglomerationseffekte Diese Aufzählung zeigt die Abhängigkeit der Standortfaktoren von räumlichen Ebenen und insbesondere in Hinblick auf spezielle Faktoren, dass ihre Aufzählung beliebig ergänzt werden könnte. 2.2.2 Standorttheorie nach Wirtschaftsektoren Landwirtschaftliche Standorttheorie (Primärer Sektor) Im primären Sektor (Rohstoffabbau und Landwirtschaft) stellt die Standortwahl kein raumwirtschaftliches Problem dar- die Lagerstätten bestimmen den Standort. Bei der Landwirtschaft stellt sich hingegen ein raumwirtschaftliches Entscheidungsproblem: Wien kann eine Einheit des zu bearbeitenden Bodens in einer Bestimmten Entfernung von einem Konsumort optimal genutzt werden (von Thünen), wenn (1) die Preise der landwirtschaftlichen Güter im Konsumort als gegeben betrachtet werden, wenn (2) die Faktorpreise für Arbeit und Kapital und (3) die Transportkostenansätze in der gesamten homogenen landwirtschaftlichen Flächen und den Konsumort gleich sind? Anders gefragt, welches landwirtschaftliche Produkt soll mit welcher Intensität in welcher Entfernung zum Verbrauchszentrum angebaut werden? | 11 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Über diese Fragenstellungen kommt man in weiterer Folge zu unterschiedliche Rentengradienten für unterschiedliche Bodennutzungen. Der tatsächliche Renditgrad wird durch die abschnittsweise maximale Rente der einzelnen Bewirtschaftungsarten gebildet und gemäß dieser Rentengradienten über unterschiedliche Bodennutzung hinweg werden die Standorte der unterschiedlichen landwirtschaftlichen Produktionsbetriebe bestimmt. Industrielle Standorttheorie (Sekundärer Sektor) Gegenüber der landwirtschaftlichen gibt es bei der industriellen Standortwahl unterschiedliche Ausgangspunkte. Die industrielle Standortwahl geht vorerst von einem inhomogenen Raum aus (Launhardt, Weber). Es existieren Inputfaktoren, die überall und in gleicher Weise und Qualität verfügbar sind, aber auch mindestens ein Inputfaktor, dessen Existenz an einen Ort (z.B.: Rohstofflager) im Raum gebunden ist. Weiters ist, wie bei der landwirtschaftlichen Standorttheorie ein Konsumort gegeben. Entscheiden für die Standortwahl des Unternehmens ist nun die Höhe der Transportkosten für die Rohstoffmenge, die je Fertigwareneinheit benötigt wird und die Höhe der Transportkosten für eine Mengeneinheit des Fertigproduktes -entscheidet nun über den Standort der Firma. Der optimale Standort ergibt sich damit zwangsläufig aus dem höchsten örtlichen Gewinnmaximum. In weiterer Konsequenz ist anzunehmen, dass ein Standort verlegt wird, wenn der Gewinnzuwachs für den neuen Standort gegenüber dem alten Standort größer ist als die Standortverlegungskosten. Standorttheorie für Handel und Dienstleistungen (Tertiärer Sektor) Die Anwendung der oben genannten Standorttheorien ist für den tertiären Sektor zwar prinzipiell möglich, würde aber den Besonderheiten dieses Sektors nicht gerecht. Dies ist deshalb der Fall, da für diese Unternehmen weder die Nutzung des Faktors Boden, noch ein bestimmter Ort- an dem bestimmte Inputfaktoren verfügbar sind- von standortentscheidender Bedeutung sind. Viel mehr ist im dritten Sektor die Tatsache relevant, dass sich Käufer in vielen Fällen zur Durchführung der Markttransaktionen zu den Firmenstandorten begeben. Die zentrale Frage lautet daher: Welcher Standort lässt das größte Nachfragepotential entstehen? 2.3 RELEVANTE STANDORTANFORDERUNGEN MULTIFUNKTIONALE SPORTARENEN 2.3.1 Rahmenbedingungen FÜR Es stellt sich nun die Frage ob die unternehmerische Standortwahl denn als Vorbild für Standortanforderungen multifunktionaler Sportarenen dienen kann. Unternehmen als offene Systeme sind, wie in Kapitel 4 dargestellt, in vielfältiger Art und Weise mit ihrem ökonomischen, ökologischen und sozialen Umfeld in Beziehung. Diese Beziehungen sind sowohl Inputseitig als 12 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen auch Outputseitig und beeinflussen somit die Region in unterschiedlicher Intensität und Wirkung. Die Wirkung von multifunktionalen Sportarenen stellt sich sehr ähnlich, wenn nicht identisch zu Unternehmen als offenen Systemen dar. Somit ist die Frage ob den die unternehmerische Standortwahl als Vorbild betrachtet werden kann, positiv zu beantworten. Unter besonderer Berücksichtigung von Unternehmen als offene Systeme, lassen sich nun zusammenfassend für Sportarenen folgende relevanten Standortbedingungen aufzählen: Rahmenbedingungen des sozioökonomischen Umfeldes (Rechtsvorschriften, Steuergesetze, soziale und politische Gepflogenheiten, Normen und gesellschaftlich akzeptierte Werte) Berücksichtigung der natürlichen Ressourcen Arbeitskräftepotential Lieferanten von Gütern und Dienstleistungen Informationsdichte und -zugang zu Innovationen Marktzugang nach Transportkosten, Marktpotential, Informationen, Kontakte und Geschäftsbeziehungen 2.3.2 Fragestellungen Die in Kapitel 2.3.1 genannten relevanten Standortbedingen führen nun in weiterer Folge zu unterschiedlichen Fragestellungen bezüglich des Standorts. Diese Fragestellungen ziehen alle auf detaillierte Faktoren der Standortsuche ab und habe alle zusammen das Ziel den optimalen Standort so eng wie möglich einzukreisen. Die Fragestellungen wurden in eine systematische Gliederung gebracht die sich in vier Kapitel teilt: Soziale- und technische Infrastruktur Anforderungen Ökonomische Anforderungen Ökologische Anforderungen Sonstige Anforderungen Diese Gliederung hat sich aus den unterschiedlichen räumlichen Faktoren herauskristallisiert und orientiert sich maßgeblich an den Input und Outputfaktoren von Unternehmen. Soziale- und technische Infrastruktur Anforderungen Wie viele Menschen leben in dieser Region? Wie sieht die Erreichbarkeit bzw. das zu erwartende Einzugsgebiet aus? Wie groß muss die Fläche für solch ein Stadion sein? Stehen für eine mögliche, zukünftige Erweiterung ausreichende Flächen zur Verfügung? Wie sieht die verkehrstechnische Erschließung des Standortes aus (miV, öV, ruhender Verkehr)? Stellt die Erschließung mit technischer Infrastruktur ein Problem dar? Wie sieht die Anbindung und Erschließung des Standorts aus? | 13 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Ökonomische Anforderungen Wem gehört der Standort? Handelt es sich um einen oder mehrere Eigentümer? Steht der Standort überhaupt zum Verkauf? Kann ich, bei mehreren Grundstückseigentümern, alle davon überzeugen ihr Grundstück zu verkaufen? Wenn der Standort zum Verkauf steht, wie hoch sind die Kosten? Ökologische Anforderungen Ist der Standort von der Oberfläche und der Beschaffenheit des Bodens überhaupt für eine Großsportanlage geeignet? Würde es durch den Bau zu Veränderungen im Kleinklima kommen? Gibt es Beeinträchtigungen des Grundwassers? Werden durch die Errichtung und den Betrieb sensible Naturräume oder denkmalgeschützte Objekte beeinträchtigt? Werden durch den Bau und den Betrieb Wohnsiedlungen mit negativen Auswirkungen zu kämpfen haben? Lassen die unmittelbaren Umlandbeziehungen die Erstellung eines Freiraumkonzeptes zu? Sonstige Anforderungen 2.3.3 Besteht der politischer Wille das Großprojekt einer Sportarena umzusetzen? Ist das Projekt bei den politischen Machtverhältnissen machbar? Besteht zu den künftigen Nutzern (meist Fußballvereinen) eine Emotionale Bindung? Passt das Image der Region zu den potentiellen Nutzern (Vereinen)? Standortfaktoren, Problemstellungen Aus den in Kapitel 2.3.2 aufgeworfenen Fragestellungen lasen sich nun konkrete Standortfaktoren ableiten: Soziale- und technische Infrastruktur Anforderungen Eine der zentralen Fragen bei der Errichtung einer Sportarena ist die verkehrstechnische Erschließung sowohl mit dem miV, aber insbesondere mit dem öV. In weiterer Folge müssen Flächen für den ruhenden Verkehr zur Verfügung gestellt werden und die Ausstattung mit Rad und Fußwegen gegeben sein. 14 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Es erscheint zweckmäßig die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs sehr hoch zu gestalten, da Beförderungsaufkommen von 10 000 Personen und mehr in kürzester Zeit (Beginn und Ende der Veranstaltung) meist zum Zusammenbruch des miV Netzes führen. Weiters müssen die Belastungen durch die Erschließung der Sportarena für die Umgebung so gering wie möglich gehalten werden. Mindestens genau so wichtig wie die verkehrstechnische Erschließung des Standorts ist die technische Erschließung mit Strom, Wasser, Kanal usw. Hierbei sollten die Kosten für die Erschließung so gering wie möglich gehalten werden und eine insbesondere bei der Entsorgung eine ökologisch nachhaltige Lösung angestrebt werden. Weiters ist darauf zu achten, dass die technische Versorgung in ausreichendem Umfang bereitgestellt werden kann um die zu erwartenden Versorgungsmengen zu gewährleisten. An die Lage eines Grundstücks für eine multifunktionale Sportarena werden überaus hohe Ansprüche gestellt. So soll es einerseits zentral sein, gut erreichbar, ausreichend Flächen zur Verfügung haben und andererseits keine Beeinträchtigungen für Mensch und Umwelt haben. Alle Anforderungen an die Lage erfüllen zu wollen, wird wohl der Quadratur des Kreises gleichkommen. Um dennoch zu einem Ergebnis zu kommen, müssen einzelne Faktoren unterschiedlich gewichtet werden, also quasi ein „Kompromiss“ zwischen den Standortfaktoren ermittelt werden. Um eine entsprechende Auslastung für eine Sportarena gewährleisten zu können, muss ein entsprechendes Einzugsgebiet in der Region gegeben sein. Dieses Einzugsgebiet wird umso größer, je höher die verkehrliche Erschließung gegeben ist (sowohl öV also auch miV). So kann die Erreichbarkeit beispielsweise im Süden der Region eine völlig andere als im Osten sein. Wie schon in dem Punkt „Erreichbarkeit in der Region“ angedeutet, ist das Einzugsgebiet vom Maß der verkehrlichen Erschließung abhängig. In ländlichen Gegenden wird es sich bei dieser verkehrliche Erschließung vorwiegend um den miV handeln, der städtischen Raum, wird meist mit dem öV besser erschlossen sein. Bei der Auswahl eines Standorts, ist ein möglichst großes Einzugsgebiet entscheidend, um eine hohe Besucherfrequenz zu gewährleisten. Die Baulandverfügbarkeit ist in zwei Punkten entscheidend. 1) Die Besitzverhältnisse sind bei der Verfügbarkeit und Wahl der Fläche oft ein entscheidender Faktor, da es meist mit erheblichen (monetärem) Aufwand verbunden ist, die Flächen zu erwerben. 2) Die Größe der geplanten Arena wirkt sich direkt auf die benötigte Baufläche aus, sowie auf mögliche Reserveflächen für eventuelle Erweiterungen des Stadions oder seiner Infrastruktureinrichtungen. Sportarenen stellen meist eine erhebliche Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes dar. Dies ist zwangsläufig der Fall und lässt sich nicht vermeiden. Umso wichtiger ist es die von den Sportarenen ausgehende Beeinträchtigung so gering wie möglich zu halten und sensible in die Bestehende Landschaft und Umgebung einzufügen. So sollten Sportarenen zwar nicht am „grünen Feld“ errichtet werden, aber auch keine bestehenden Siedlungen maßgeblich negativ beeinträchtigen. Entscheidend ist aber auch keine historisch gewachsenen Strukturen, | 15 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen denkmalgeschützte Objekte oder Strukturen von besonderem kulturellem Wert zu beeinträchtigen oder gar zu zerstören. Wie schon aufgezeigt, stellt eine Sportarena jedenfalls eine Beeinträchtigung, in welcher Form auch immer, dar. Es muss beim Bau und in weiterer Folge beim Betrieb darauf geachtet werden, dass die Bewohner der Umgebung durch die Funktionen der Sportarena nicht nachhaltig in ihrem Sozialgefüge gestört werden. Problemfaktoren hierbei sind meist Lärm, Verkehr, Umwelt usw. Ökonomische Anforderungen Einen erheblichen Teil der Errichtungskosten für eine Sportarena stellt meist der Ankauf des Grundstückes dar. Der Preis für den Ankauf oder die Pachtung der Fläche richtet sich hierbei nach Größe, Lage und Verfügbarkeit der Fläche. Bei Flächen im Ausmaß wie sie für die Errichtung einer multifunktionellen Sportanlage benötigt werden, tritt oft das Problem auf, dass es sich um unterschiedliche Besitzer handelt. Die Verhandlungen über den Ankauf des Grundstücks können dadurch sowohl zeitlich, als auch finanziell aufwendig werden. Ökologische Anforderungen Durch die Errichtung und den Betrieb einer multifunktionalen Sportanlage kann es zur Beeinträchtigung des Kleinklimas kommen. Die Auswahl des Standortes ist deshalb unter besonderer Berücksichtigung der kleinklimatischen Faktoren (z.B.: Wind, Sonnenscheindauer, Niederschläge usw.) durchzuführen. Eine nachhaltige negative Beeinflussung oder gar Zerstörung des Kleinklimas ist abzulehnen. Wie für das Kleinklima, gilt auch hier größte Rücksichtnahme bei der Wahl des Standortes auf den Wasserhaushalt bzw. dessen mögliche Verunreinigung. Im besonderen Maße sind mögliche Beeinträchtigung oder Verunreinigungen des Grundwassers zu verhindern. Für den Naturraum gilt ähnliches wie für die anderen ökologischen Faktoren. Die nachhaltige Entwicklung ist zu gewährleisten, sie sind vor Beeinträchtigung oder gar Zerstörung zu schützen und sollten Beeinträchtigungen auftreten, so sind diese so gering wie möglich zu halten (z.B.: Wiederaufforstung nach Rodungen). All diese Faktoren sind bei der Standortwahl zu berücksichtigen. Der geplante Standort ist in weiterer Folge auch auf seine Möglichkeiten der Freiraumgestaltung zu überprüfen. Nach der Errichtung der Sportarena, ist das Gelände nach dem „Stand der Technik“ zu revitalisieren und es sind nachhaltige Freiraumkonzepte für die Umgebung der Sportanlage zu erstellen. 16 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Natürlich sind die möglichen Standorte auch auf ihrer topographischen und geologischen Eignung zu prüfen. Eine nicht Eignung der Standorte in Bezug auf diese Faktoren macht den Standort ungeeignet, da eine Errichtung überhaupt nicht, oder nur mit erheblichen Kosten möglich währe. Die Umlandbeziehungen spielen in die meisten Standortfaktoren hinein. Hierbei gilt auch, dass Beeinträchtigungen der Umgebung zu verhindern oder so gering wie möglich zu halten sind. Sonstige Anforderungen Der politische Wille das Großprojekt umzusetzen ist wohl der entschiedenste Faktor für die Verwirklichung des Sportarena Projektes. Sind sich die politischen Entscheidungsträger über einen Standort einig, so wird es wohl meist wenig geben, dass der Umsetzung im Weg steht. Allerdings spielen in den politischen Willen der Umsetzung eine Vielzahl unberechenbarer Faktoren hinein (z.B.: Wahlen, Postenbesetzungen, Öffentliche Meinung, Profilierung u.s.w.) Meist wird eine Sportarena von einem mehr oder weniger großen Klub regelmäßig benutzt und wird dann seine „Heimstätte“. Dies ist dann einer der großen Identifikationspunkt des Klubs und in weiterer Folge der Sportarena. In Hinblick darauf muss der Standort ebenfalls sorgfältig gewählt werden, denn die Auswahl ist mit vielen Emotionen verbunden. So währe es beispielsweise eher ungeschickt, ein Stadion für Rapid Wien in Favoriten zu errichten. 2.4 EMPFEHLUNGEN BEI DER MULTIFUNKTIONALER SPORTARENEN 2.4.1 Rahmenbedingungen der Standortproblematik STANDORTWAHL Auf Grund des oben geschilderten Kriterienkatalog, wurden Grundaussagen der Standortproblematik für Großsportstätten umrissen. In diesen allgemein gehaltenen Festlegungen wird bereits auf Infrastruktureinrichtungen, mögliche Beeinträchtigungen von Ökologie und Ökonomie u.s.w. eingegangen. Nachfolgend sind nun Aussagen bezüglich der Anforderungen an den konkreten Standort aufgelistet. Errichtung einer öffentlich zugänglichen nutzbaren Infrastruktur für Freizeit, Sport und Erholung Manifestierung der Freizeitnutzungen durch eine Konzentration möglichst vieler Erholungs-, Freizeit und Sportangebote an diesem Ort Zurückhaltende Gestaltung der baulichen Maßnahmen, insbesondere bei der Höhenentwicklung Erhaltung und Aufwertung möglicher Sichtachsen und Sichtbeziehungen | 17 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Gezielte landschaftspflegerische Begleitplanung zur Einbindung der großen Baulichkeiten in die Landschaft Keine zusätzliche Verkehrsbelastung bestehender Siedlungen durch Errichtung und Betrieb Vermeidung optischer Beeinträchtigung und zusätzlicher Lärm- oder Staubbelastung 2.4.2 Empfehlungen Ausgehend von der unternehmerischen Standortwahl als Vorbild und den daraus resultierenden Standortfaktoren für multifunktionale Sportarenen lassen sich bezüglich der Standortfaktoren Empfehlungen aussprechen. Standortfaktoren sind „die Gründe eines Unternehmens einen Standort zu wählen, wobei sich Standortfaktoren sich hinsichtlich ihrer Qualität und Existenz räumlich unterschiedlich verteilen.“ Nach dem Aufzeigen der Rahmenbedingungen lassen sich für die Standortsuche für multifunktionelle Sportarenen folgende Empfehlungen aussprechen: Eine verkehrstechnische Erschließung (ÖV, mIV, Geh- und Radwege) und ausrechende Flächen für den ruhenden Verkehr sollte gegeben sein, sowie die Ver- und Entsorgung des Standorts. Die regionalen Zusammenhänge und Bevölkerungsverteilung, sowie bestehende sensible Nutzungen (Ortsbild, geschützte Objekte, soziale Strukturen) sind zu beachten und zu erhalten. Beim Erwerb der Flächen ist auf eine ökonomisch ausgeglichenes Budget zu achten Den bestehenden ökologischen Verhältnissen ist besonderes Augenmerk zu schenken und auf die Nachhaltigkeit der geplanten Maßnahmen im Besonderen zu achten. Das Gleichgewicht der ansässige Flora und Fauna ist nur im nötigen Ausmaß zu beeinflussen. Die geplante Sportarena hat sich harmonisch in das Landschaftsbild einzufügen. Die politischen Entscheidungsträger sind zweckmäßiger Weise in den Planungs- und Errichtungsprozess zu integrieren und das Projekt auf seine Umsetzbarkeit zu prüfen. Die bestehenden historischen gesellschaftlichen Strukturen sind bei der Wahl des Standortes zu berücksichtigen. Emotionalen Befindlichkeiten der lokalen und regionalen Bevölkerung bezüglich des Standorts ist besonders Rechnung zu tragen und sozial Konflikte zu vermeiden und die Auslastung der Sportstätte zu gewährleisten. 18 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen 3 NUTZUNGSKONZEPTE Wenn heutzutage ein neues Stadion oder eine neue Arena eröffnet wird, werden von Politikern oder Betreibern schnell die Worte „Multifunktionale Sportarena“ oder „Mehrzweckstadion“ in den Mund genommen. Doch was bedeutet eigentlich multifunktional bzw. Multifunktionalität? Diese Frage beschäftigt uns seit dem Beginn der Analyse und stellt einen Kernpunkt unserer Arbeit dar. Ist ein Stadion multifunktional, wenn man Fußball darin spielt und jährlich zwei oder drei Konzerte stattfinden wie z.B. im Ernst-Happel Stadion und wäre dann nicht beinahe jedes Stadion multifunktional? Was ist daran neu? Wird dieses Wort nur zur Vermarktung verwendet oder steckt mehr dahinter? Welche Funktionen muss ein Stadion erfüllen, um es als multifunktionale Arena zu bezeichnen? Eine allgemeine Erklärung lautet: multifunktional = vielen Funktionen gerecht werdend1 Es stellt sich nun die Frage wie man in einem Stadion viele Funktionen vereinigen kann? Wir möchten in den folgenden Punkten der Multifunktionalität auf den Grund gehen und verschiedene Nutzungsmöglichkeiten analysieren und so auf die Vielfältigkeit verschiedener Stadien eingehen. 3.1 ELEMENTE DER AUSSTATTUNG MULTIFUNKTIONALER ARENEN VERSCHIEDENER Basis unserer Analyse waren Internetrecherchen auf diversen Stadienhomepages, einzelne Workshopberichte sowie Interviews und Stadienbesichtigungen, da es sehr wenig gesammelten Informationen gibt. Wir analysierten Stadiennutzungen von Arenen aus Holland, Deutschland, England, Österreich und der Schweiz. Im ersten Punkt wollen wir zuerst die Nutzungen analysieren, die derzeit bereits in Stadien anzufinden sind und zwar getrennt nach Kern- und Mantelnutzungen. Weiters wollen wir auf Nutzungstrends eingehen und die derzeitige Entwicklung darstellen um schlussendlich auch einen Ausblick in die Zukunft geben zu können. Grundsätzlich unterscheidet man bei einem Stadion zwischen Kern – und Mantelnutzung. Die Kernnutzung bezieht sich auf die Aktivfläche (activity area), die Mantelnutzung auf die restliche Fläche des Stadions (spectators viewing area and services area). 1 DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch. | 19 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Abb. 1: Zusammenwirken von Spielfeld, Besucherzonen und Parkplätzen Quelle: FIFA: Technische Empfehlungen und Anforderungen für den Neubau oder die Modernisierung von Fußballstadien 3.1.1 Kernnutzung Für die Kernnutzung stehen neben dem herkömmlichen Rasenplatz noch Ausstattungsmöglichkeiten zur Verfügung, die das Nutzungsspektrum vergrößern. 1. 2. 3. 4. 5. 6. folgende Verschließbares Dach Mobiles Spielfeld Kunstrasen Verlegung von Rasenplatinen Mobile Tribünenteile Rasenheizung ad1) Das verschließbare Dach eröffnet Stadionbetreibern neue Möglichkeiten der Nutzung. Für die bisherigen Nutzungen ist dies nicht von Bedeutung, da Fußball und Football auch im Regen gespielt wird. Doch ist es nun möglich innerhalb kürzester Zeit das Dach zu verschließen und so ohne Risiko andere Veranstaltungen durchzuführen. ad2) Das mobile Spielfeld (Arena auf Schalke oder Gelredome Arnheim) erlaubt es den Betreibern innerhalb von fünf bis sechs Stunden den Belag des Stadions zu wechseln. Da die Rasenplätze nach Konzerten schwer beschädigt sind, sind diese meist nur in der spielfreien Zeit möglich und der Rasen ist nach einer Konzertsaison oft so ramponiert, dass er komplett erneuert werden muss. Was aber mit einem ausfahrbaren Rasen möglich ist, zeigt der diesjährige Veranstaltungskalender der Arena auf Schalke. Besonders zu beachten sind die kurzen Wechselzeiten zwischen den verschiedenen Veranstaltungen, die teilweise vollkommen unterschiedliche Anforderungen aufweisen. 20 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Abb. 2: Veranstaltungskalender Arena Auf Schalke 03.05.2003 08.05.2003 NFL Europe Konzert Paul McCartney 11.05.2003 Bundesliga 22.05.2003 Konzert Bruce Springsteen 24.05.2003 Bundesliga 25.05.2003 NFL Europe 30.05.2003 Konzert Bon Jovi 07.06.2003 NFL Europe 15.+16.06.2003 Konzerte Herbert Grönemeyer 13.+14.07.2003 Konzerte Robbie Williams 06.09.2003 Oper Carmen Quelle: Homepage von Schalke04: www.arena-auf-schalke.de, Stand 04/2003 ad3) Wie das neue Stadion in Salzburg beweist, ist es auch mit einem Kunstrasen möglich mehrere Veranstaltungen durchzuführen. Im Sommer wird es eine Motorrad Veranstaltung geben. ad4) In den USA werden vor Fußballspielen Rasenplatinen verlegt. Dies ist eine Methode, die in Europa derzeit noch nicht angewendet wird, doch eine Alternative bietet auch andere Nutzungen durchzuführen. ad5) Mobile Tribünenteile ermöglichen es, den Innenraum des Stadions zu vergrößern oder zu verkleinern. In Paris (St.Denis) wird die Laufbahn bei Fußballspielen mit mobilen Tribünen überlagert um so den Effekt eines reinen Fußballstadions zu erzeugen und um mehr Zuschauern Platz zu bieten. Weiters kann man Tribünen verschieben um so den Innenraum zu vergrößern um bei Konzerten mehr Platz für die Bühne und die Zuschauer zu schaffen. ad6) Eine Rasenheizung ermöglicht es die Nutzung des Stadions zu verlängern. Gerade für Österreich stellt diese Ausbaumöglichkeit eine Chance die Nutzungen über einen größeren Zeitraum auszuüben. Die angeführten Ausstattungen ermöglichen ein größeres Nutzungsspektrum. Natürlich kann es auch Kombinationen aus zwei oder mehreren geben. In den unten angeführten Punkten sind all jene Nutzungen ersichtlich, die aufgrund der heutigen Stadionstruktur möglich sind und bereits durchgeführt werden. Nutzungen für Sportveranstaltungen Fußball Football Tennis Leichtathletik Boxen | 21 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Motocross Race Snowboard Contest Biathlon Schwimmen Nutzungen für Kultur- und Musikveranstaltungen Rock- und Pop-Konzerte Klassische Konzerte und Opern Musicals Fernsehshows Kino über Videowürfel Disco und Tanzveranstaltungen Blasmusiktreffen Nutzungen für die Wirtschaft Aktionärsversammlungen Firmenseminare Kongresse Konferenzen Messen und Produktpräsentationen Sonstige Nutzungen Partei- und Kirchentage Familienfeiern Hochzeiten 3.1.2 Mantelnutzungen Neben den Kernnutzungen spielt natürlich auch die Mantelnutzung eine große Rolle. Bei der Mantelnutzung unterscheiden wir zwischen einer permanenten nicht permanenten Nutzungen. Permanente Nutzung Mantelnutzung für vereinsinterne Einrichtungen Ausstattung Nutzungen Büros Betrieb und Vermarktung des Vereins Empfangsräume Konferenzen, Präsentationen Fanshop Verkauf von Fanartikeln, Autogrammstunden, Produktpräsentationen Cafe Verpflegung der Fans, Veranstaltungen Hotel Übernachtungen (Fanpakete), Seminare, Konferenzen 22 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen VIP Logen Zuschauerbereich der höheren Preiskategorie, Konferenzen Info-Center Beratung und Information Museum Ausstellungen Kapelle Hochzeiten Teil A | Grundlagen Mantelnutzung für Sporteinrichtungen Ausstattung Nutzungen Sportpark Beach-Soccer, Fußballtennis, Torwandschiessen, Speed Control, Profi-Training Mantelnutzung für soziale Einrichtungen Ausstattung Altersresidenz Kindergarten Mantelnutzung für die Wirtschaft Ausstattung Shoppingcenter Fitnesscenter Hotel VIP Logen Reisebüro Büros | 23 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Mantelnutzung für Gastronomie Ausstattung Restaurant Cafe Bar VIP-Logen mit individuellem Catering-Service Incentive Lounge mit Catering-Service Nicht permanente Nutzung Nutzungen die sich sehr stark auf die Kernnutzung beziehen sind 3.2 VIP Bereich (nur für einzelne Veranstaltungen) Kiosk Polizei-, Rettungs- und Feuerwehreinrichtungen Kassenbereich TYPEN, FORMEN UND NUTZUNGSKONZEPTE TRENDS VERSCHIEDENER Über Zuschauerinteresse, -menge und Zahl der Veranstaltungen lässt sich ein gewisser Druck auf Betreiber und Förderer von Stadien ausüben. Es stellt sich natürlich immer wieder eine Frage: Sind Stadien, in denen Fußball gespielt und Leichtathletik betrieben werden kann, auch eine zukünftig anzustrebende Lösung? Welche Nutzungen werden angestrebt? Bei der Errichtung spielen viele Faktoren mit, auch die Interessen der Fans. Heutzutage sucht der Fußballinteressent hautnahen Kontakt zu seiner Mannschaft, das Feeling und die Stimmung in den Kesseln von Manchester United, AC Mailand oder Dortmund werden als internationale Vorbilder gesehen und er hat Woche für Woche Hunderttausende Mitstreiter in den Stadien. Im Vergleich zu älteren Anlagen sind heute mehr Komfort und Dienstleistungen, eine größere Nähe zum Geschehen (physisch) und eine größere Nähe zum Akteur (psychisch) die bestimmenden Faktoren. 24 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Sieht man von den schon länger als Fußball-Stadien betriebenen Anlagen einmal ab, ist die Antwort auf diese Frage, nämlich das reine Fußball-Stadion, entweder schon Stein geworden (z.B. Hamburg oder Arena auf Schalke) oder es sind, in vielen Städten mit Umrüstungs- und Neubauabsichten, die Würfel in Richtung „Einschränkung auf Fußball“ gefallen, zumeist unter dem Druck der die Anlagen nutzenden Vereinen. Unter Mehrzweck-Stadien ist heute nicht nur die Nutzung durch unterschiedliche Sportarten zu verstehen. Der Begriff ist vielmehr auf ergänzende, nicht sportliche Nutzungen auszudehnen (z.B. auf Openair Konzerte unterschiedlicher Musikrichtungen, konfessionelle und sonstige Massenversammlungen oder Messen und Ausstellungen). Neben Fußballstadien mit überdachten, allseitig angeordneten Zuschauertribünen treten vollüberdachte Anlagen, die je nach Nutzungszweck und Wetterlage offene oder geschlossene Veranstaltungen ermöglichen und fälschlicherweise mit Arena bezeichnet werden, auf. Unter diesem Begriff versteht man größere Sporthallen für kleinräumigere Sportarten, bis zu Sechstagerennen, Hallenleichtathletik oder Reitturniere, mit einem Fassungsvermögen bis ca. 20.000 Zuschauern. Größere Innenräume und höhere Zuschauerzahlen umfassende, schließbare Gebäude werden dagegen als Dome bezeichnet (vgl. Arena Auf Schalke oder Amsterdam Arena). Aus Betreibersicht kommen die bessere Vermarktung der Sportart als Ereignis und der Profit aus den zahlreich möglichen Dienstleistungen hinzu. Diese Aspekte gelten insbesondere bei der Verlagerung der Erstellungskosten eines Stadions von der Kommune auf einen Investor. Die Interessen von Fußball-, Leichtathletikanhängern und Anlagenbetreibern driften auseinander: Beim Fußball sind Zuschauermenge und Veranstaltungszahl national und international weitaus größer. Die Belange der Leichtathletik leiden allgemein unter der geringen Zahl attraktiver Veranstaltungen. Nicht nur, dass Nationale Meisterschaften nur einmal im Jahr stattfinden (mit zumeist größerem Interesse in Mittelstädten oder in weniger Fußball dominierten Städten), auch lassen sich Europameisterschaften, Weltmeisterschaften und Olympische Spiele mit ihrer größeren Publikumsnachfrage nicht garantieren und treten nur in großen Zeitabständen auf. Für die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 werden die Stadien rein auf den Fußball zugeschnitten. Stadien in Mönchengladbach, Frankfurt, Leipzig, München oder Köln werden reine Fußballstadien, in einigen werden im Zuge der Umbauarbeiten die Leichtathletikanlagen zugunsten der Ausrichtung auf den Fußball sogar gänzlich entfernt. Auch in Österreich ist die derzeitige Entwicklung ähnlich. Die Stadien in Graz, Innsbruck, Salzburg und Klagenfurt sind auf den Fußball ausgelegt. Die Entwicklung dürfte auch in den nächsten Jahren noch weiter in die Richtung reiner Fußballstadien laufen, da Stadien wie zum Beispiel die Arena auf Schalke oder Gelredome Arnheim nur die Ausnahmen sind. Es ist für die Betreiber nicht immer einfach aus Musikveranstaltungen Erlöse zu erzielen. Wie uns Herr Voss (Pressechef von Schalke 04) mitgeteilt hat, zieht der Verein ein Bundesligaspiel gegen | 25 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen den letzten der Tabelle jedem Konzert vor. Durch den größeren Aufwand (Umbauarbeiten) und die Fremdorganisation (Konzerte werden meist von Agenturen durchgeführt) sind Konzerte oft kein finanzieller Anreiz. Abschließend wollen wir noch einen kurzen Überblick über die Größe neuer Stadien geben. Als Beispiele haben wir zwei bereits fertig gestellte Arenen (Schalke und Salzburg) und eine noch in Planung befindliche (München). Die cirka 18.500 Zuschauer fassende Arena in Salzburg weißt eine Fläche von insgesamt 12,5 ha auf (inkl. 2.000 Parkplätze). Das Stadion alleine ist rund 3,5 ha groß. Die Arena auf Schalke mit einem Fassungsvermögen von 60.000 Zuschauern verschlang 41 ha inkl. den 14.000 Parkplätze. In München entsteht derzeit ein reines Fußballstadion mit über 60.000 Zuschauerplätzen. Der Gesamtflächenverbrauch wird mit 52 ha angegeben. 3.3 DEFINITION MULTIFUNKTIONALITÄT Doch wie lässt sich Multifunktionalität nun definieren? Nach unserer Analyse sind wir auf folgende Definition gekommen. Generell ist zu sagen, dass bei der Planung eines neuen Stadions schon auf die Multifunktionalität zu achten ist. Wird also schon bei der Planung ein multifunktionales Stadion angestrebt, so wird dieses auch multifunktional genutzt werden. Wie man aber ein bestehendes Stadion definieren kann, wollen wir im Folgenden erläutern. Wir trennen wieder zwischen Kern und Mantelnutzung. Multifunktionale Kernnutzung: Unserer Ansicht nach spricht man von einer multifunktionalen Kernnutzung wenn sportliche und/oder nicht sportliche Nutzungen innerhalb kürzester Zeit (maximal zwei Tage) während des normalen Spielbetriebes (in Europa Fußball) durchführbar sind. Multifunktionale Mantelnutzung: Von einer multifunktionalen Mantelnutzung spricht man dann, wenn auch Nutzungen vorhanden sind, die nicht für den Betrieb der Hauptnutzung und der Erhaltung des Stadions nötig sind. Ein Stadion kann dann als multifunktional bezeichnet werden, wenn eine der beiden Definitionen zutrifft, d.h. besitzt ein Stadion eine multifunktionale Kernnutzungsmöglichkeit aber keine multifunktionale Mantelnutzung, so kann es insgesamt als Multifunktionales Stadion bezeichnet werden. Drei Beispiele sollen diesen Versuch einer Definition erläutern: Arena Auf Schalke: Multifunktionale Kernnutzung (Ausfahrbarer Rasen, verschiebbare Tribüne), keine multifunktionale Mantelnutzung Æ daher Bezeichnung multifunktionales Stadion zulässig. 26 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen St. Jakob-Park Basel: Multifunktionale Mantelnutzung (Einkaufszentrum, Altersheim), keine multifunktionale Kernnutzung Æ daher Bezeichnung Multifunktionales Stadion zulässig. Schwarzenegger-Stadion Graz: Weder Kern- noch Mantelnutzung multifunktional Æ daher Bezeichnung als Multifunktionales Stadion nicht zulässig! Wie schon gesagt werden trotzdem viele Stadien als multifunktional bezeichnet, nur weil sie gerade eröffnet wurden. Meist sind es supermoderne Fußballtempel, doch Tribünen, VIP-Club oder ein Fanshop machen es noch nicht multifunktional. Schlussendlich ist zu sagen, dass die Entwicklung der Stadien unserer Ansicht nach nicht den Weg des multifunktionalen Superdomes gehen wird. In England, Deutschland der Schweiz und Österreich werden bis auf wenige Ausnahmen Fußballstadien gebaut, die teilweise multifunktionale Kern- oder Mantelnutzungen aufweisen. Doch Beispiele wie Schalke werden die Ausnahme bleiben. | 27 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen 4 VERFAHRENSABLÄUFE 4.1 EINLEITUNG Multifunktionale Sportarenen sind Großprojekte, die sowohl in ihrer Planung als auch in der baulichen Ausführung auf eine Vielzahl an Bewilligungen aus unterschiedlichsten Verwaltungskompetenzen angewiesen sind. Sie sind aufgrund ihrer Größe geeignet, öffentliche Interessen in ihrem Umfeld zu berühren, den Natur- und Landschaftsraum nachhaltig zu beeinflussen, die ökonomische Struktur einer Region zu verändern, auf die Lebensbedingungen der Bevölkerung einzuwirken. Diese Bereiche werden nach den Materiengesetzen geprüft. Es ist primär zu klären, ob und in welchem Umfang ein bestimmtes Gesetz zum Tragen kommt Die für die Errichtung und den Betrieb multifunktionaler Sportarenen entscheidenden Abschnitte werden im Anschluss genauer erläutert. Zu den Materiengesetzen, die in jedem Fall bei der Planung bzw. dem Bau einer multifunktionalen Sportarena zur Anwendung kommen, gehören: Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-Gesetz): Eine Umweltverträglichkeitsprüfung mit dem notwendigen Verfahren ist aufgrund der zu erwartenden „erheblichen Umweltauswirkung“ auf jeden Fall durchzuführen. Wobei sich die Auswirkungen auf Lebewesen, Wasser, Luft, Landschaft sowie Sach- und Kulturgüter beziehen. Raumordnungsrecht: Dieses wird mindestens durch die Änderung eines Flächenwidmungsplanes berührt. Mit diesem Verwaltungsakt steht und fällt das gesamte Projekt bereits im Vorfeld der Planungen. Baurecht: Multifunktionale Sportarenen sind als „Bauwerk“ natürlich Regelungsgegenstand der jeweiligen Landesbaugesetze. Dabei wird vor allem die bautechnische Sicherheit im Vordergrund der Untersuchungen stehen. Gewerbliches Betriebsanlagenrecht: Das Betriebsanlagenrecht wird ebenso im Bereich der Sicherheit zu Anwendung kommen. Ein weiterer Punkt der gewerblichen Untersuchungen werden die Auswirkungen auf den Verkehr sein. Beim Projektfall „Sportarena“ werden diese zweifelsohne beträchtlich ausfallen. 28 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Abhängig vom Standort und anderen Einflussfaktoren sind noch folgende Materiengesetze zu erwähnen: Wasserrecht Naturschutzrecht Forstrecht Um positive Effekte am Standort selbst sowie in der gesamten Region erzielen zu können bzw. negative Auswirkungen zu unterbinden ist es notwendig, die einwirkenden Kompetenzbereiche (z.B. Baurecht, Gewerbeordnung, Raumordnung,...) zu koordinieren und zu einer umfassenden Planung zusammenzuführen. Es wird deutlich, dass bei Planung und Bau multifunktionaler Sportarenen eine Vielzahl von Kompetenzen betroffen ist. Die zentrale Kompetenz stellt dabei das UVP-Verfahren dar, bei dem diese angesprochenen Materiengesetze konzentriert angewendet und das Projekt auf seine Durchführbarkeit geprüft werden. 4.2 VERFAHRENSRECHTLICHE ASPEKTE 4.2.1 Umweltverträglichkeitsprüfung und konzentriertes Genehmigungsverfahren2 Ein UVP-Verfahren ist lt. § 3 Abs. 1 UVP-G 2000 dann anzuwenden, wenn es in der taxativen Aufzählung im Anhang 1 zum UVP-Gesetz angeführt ist. Beim UVP-Verfahren wird zwischen dem Normalverfahren (Anhang 1, Spalte 1) und dem vereinfachten Verfahren (Anhang 1, Spalte 2 und 3) unterschieden. Das Normalverfahren betrifft vor allem komplexe Infrastrukturprojekte, die mit erheblichen Landschaftseingriffen verbunden sind (Linienvorhaben, Bergbau, Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft). Dem vereinfachten Verfahren sind dagegen Vorhaben mit weniger komplexen bzw. eindimensionalen Umweltauswirkungen zu unterziehen. Manche dieser „einfacheren“ Vorhaben sind überdies nur dann UVP-pflichtig, wenn sich dies nach einer Prüfung durch die Behörde im Einzelfall ergibt (Einzelfallprüfung für Vorhaben in schutzwürdigen Gebieten).Multifunktionale Sportarenen fallen dabei in die Spalte 2 oder 3 der taxativen Aufzählung des UVP-Gesetzes und sind somit dem vereinfachten Verfahren zu unterziehen: 2 Quelle: M. Holoubek, M. Potacs: Handbuch des öffentlichen Wirtschaftsrechts, Band 2; S. 444-464 | 29 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Tab. 1: UVP-G 2000, Anhang 13 normales Verfahren Spalte 1 vereinfachtes Verfahren Spalte 2 Spalte 3 - das Vorhaben muss in einer besonderen Schutzkategorie liegen - Einzelfallprüfung hat UVP-Pflicht ergeben a) Freizeit und Vergnügungsparks mit einer Flächeninanspruchnahme von mindestens 10 ha oder mindestens 1500 Stellplätzen für Kraftfahrzeuge b) Freizeit oder Vergnügungsparks in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie A oder D mit einer Flächeninanspruchnahme von mindestens 5ha oder mindestens 750 Stellplätzen für Kraftfahrzeuge. Freizeit und Vergnügungsparks sind "dauernde Einrichtungen zur Unterhaltung einer großen Anzahl von Besuchern, gleichgültig, ob sie in einer Zusammenfassung verschiedener Stände, Buden und Spiel bestehen oder unter ein bestimmtes Thema gestellt sind. Erfasst sind insbesondere auch multifunktionale, einem umfassenden Bedürfnis nach Freizeitbeschäftigung dienende Einrichtungskomplexe, die Sport-, Gastronomie- und sonstige Dienstleistungseinrichtungen umfassen und die eine funktionelle Einheit bilden. Zur Berechnung der Flächeninanspruchnahme ist die gesamte Fläche heranzuziehen, die mit dem Vorhaben in einem funktionellen Zusammenhang steht, insbesondere die überdachte Nutzfläche und die Flächen für Kfz-Parkplätze oder Parkgaragen". In erster Linie ist die UVP ein Planungsinstrument für Großprojekte, das drei wichtige Ziele des Umweltschutzes verwirklichen soll: das Vorsorgeprinzip die materien- und behördenübergreifende Zusammenarbeit Mitwirkungsmöglichkeiten für jedermann (Öffentlichkeitsbeteiligung) 4.2.1.1 Ziele und Regelungsanliegen des UVP-Gesetzes Aufgabe der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-Gesetz ist es, die Auswirkungen umweltrelevanter Vorhaben, unter Beteiligung des Projektträgers und der Öffentlichkeit, auf fachlicher Grundlage festzustellen, zu beschreiben und zu bewerten. Mit der UVP sollen die Anforderungen des Umweltschutzes möglichst frühzeitig in die Vorhabensprojektierung Eingang finden: Eine integrative Prüfung soll die Verengung des Blickwinkels auf bestimmte Umweltmedien oder Schutzgüter verhindern und insbesondere auch Wechselbeziehungen zwischen Umweltbelangen Rechnung tragen. Durch die Einbindung der Öffentlichkeit soll die UVP nicht 3 Quelle: Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 – UVP-G 2000; Anhang 1; Z 17. 30 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen zuletzt „Grundlage für einen rationellen Diskurs über Umweltauswirkungen von Projekten“ sein und Konflikte um die Vorhabensrealisierung entschärfen. 4.2.1.2 Verfassungsrechtliche Grundlagen Die Angelegenheit „Umweltverträglichkeitsprüfung“ ist gemäß Art. 11 Abs. 1 Z. 7 erster Halbsatz B-VG Bundessache in Gesetzgebung, Landessache in der Vollziehung. Die kompetenzrechtliche Grundlage für die im UVP-G verwirklichte Verfahrens- und Entscheidungskonzentration wurde im Art. 11 Abs. 1 Z. 7 zweiter Halbsatz B-VG geschaffen. Diese Gesetzgebungskompetenz des Bundes ist an einen Bedarf nach Vereinheitlichung der Rechtslage geknüpft, räumt dem Bund im Ergebnis jedoch weit reichende Gesetzgebungskompetenz, auch zu Lasten der Länder, ein. 4.2.1.3 UVP-Verfahren Das UVP-Verfahren lässt sich in folgende Verfahrensschritte gliedern: Vorverfahren Genehmigungsantrag und Umweltverträglichkeitserklärung Zeitplan Öffentliche Auflage und Kundmachung des Vorhabens Umweltverträglichkeitsgutachten bzw. zusammenfassende Umweltauswirkungen Mündliche Verhandlung Verfahrensgliederung und Mediation Genehmigungsvoraussetzungen und Entscheidung Partei- und Beteiligtenstellung sowie Rechtsmittelbefugnis Abnahmeprüfung und Nachkontrolle Bewertung der 4.2.1.4 Behördenzuständigkeit Zuständig für Sportarenen und somit UVP-Behörde in erster Instanz ist die Landesregierung. Ihre Zuständigkeit umfasst nicht nur das konzentrierte Genehmigungsverfahren einschließlich der UVP im engeren Sinn, die Abnahmeprüfung und das Feststellungsverfahren einschließlich der Einzellfallprüfung. Bis zum Zuständigkeitsübergang ist die Behörde auch für die Entscheidung über Änderungsvorhaben, gleich ob diese UVP-pflichtig sind oder nicht, für die Überwachung der Anlage und für das Verwaltungsstrafverfahren zuständig. Die Landesregierung kann ihre Zuständigkeit an die Bezirksverwaltungsbehörde übertragen. Solange die Zuständigkeit der UVP-Behörde gegeben ist, sind diejenigen Behörden, die für die Genehmigung und/oder Überwachung des Vorhabens zuständig wären, wenn keine UVP-Pflicht bestünde, auf die Funktion einer mitwirkenden Behörde beschränkt. | 31 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Die Zuständigkeit der UVP-Behörde setzt mit dem Antrag auf das Vorverfahren bzw. mit der Einleitung eines Feststellungsverfahrens oder dem die UVP einleitenden Antrag auf Genehmigung des Vorhabens ein. Mit Rechtskraft des Abnahmebescheids löst sich die Genehmigungskonzentration wieder auf und die Zuständigkeit zur Vollziehung geht ex lege von der Landesregierung auf die nach den maßgeblichen Verwaltungsvorschriften zuständigen Fachbehörden über. Im Projektfall „multifunktionale Sportarena“ tritt die Landesregierung als Konzentrationsbehörde auf. Die beiden folgenden Beispiele sollen, entsprechend der Tab. 1 aufzeigen, wann UVP-Pflicht besteht, bzw. welche Auswirkungen dies auf die Behördenzuständigkeit hat: Beispiel 1: Multifunktionale Sportarena mit einer Flächeninanspruchnahme unter 10 ha oder unter 1500 Stellplätzen für Kraftfahrzeuge (UVP-G 2000, Anhang 1, Z 17), benötigt Gewerberechtliche Genehmigung, Baugenehmigung, Wasserrechtsgenehmigung… Beispiel 2: Multifunktionale Sportarena mit einer Flächeninanspruchnahme von mindestens 10 ha oder mindestens 1500 Stellplätzen für Kraftfahrzeuge (UVP-G 2000; Anhang 1; Z 17), ist UVP-pflichtig und benötigt somit die Genehmigung der Landesregierung, nach Durchführung der UVP. Die Landesregierung hat bei ihrer Entscheidung alle anderen anzuwendenden Verwaltungsbestimmungen mit anzuwenden. 4.3 BESONDERE VERWALTUNGSMATERIEN Zu beginn ist anzumerken, dass die erläuterten Verfahren dieser Materiengesetze nicht einzeln durchgeführt werden. Sie werden bei UVP-pflichtigen Großprojekten wie z.B. bei der Errichtung multifunktionaler Sportarenen, zwar inhaltlich angewendet, aber im Rahmen eines konzentrierten Genehmigungsverfahrens durchgeführt. 4.3.1 Raumordnungsrecht4 Nach einer in der Lehre von Rill und Schäffer entwickelten Definition ist "Raumordnung die Gesamtheit staatlicher Akte hoheitlicher und nichthoheitlicher Art, die darauf abzielen, den Staatsraum oder Teile hievon nach den politischen Zielvorstellungen insbesondere im Sinne wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Leitlinien zu gestalten.5 4 Quelle: S. BACHMANN, G. BAUMGARTNER, R. FEIK, K.J. GIESE, D. JAHNEL, M. KOSTAL, G. LIENBACHER (Hrsg.): Besonderes Verwaltungsrecht, Band 4, S 319-341. 5 Quelle: S. BACHMANN, G. BAUMGARTNER, R. FEIK, K.J. GIESE, D. JAHNEL, M. KOSTAL, G. LIENBACHER (Hrsg.): Besonderes Verwaltungsrecht, Band 4, S 321. 32 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Bei den in den einzelnen Landesgesetzen vorgenommenen Definitionen stehen folgende Elemente im Vordergrund: die planmäßige, vorausschauende Gestaltung eines Gebietes, die nachhaltige und bestmögliche Nutzung und Sicherung des Lebensraumes im Interesse des Gemeinwohls, die Bedachtnahme auf die gegebenen Strukturverhältnisse, die natürlichen Gegebenheiten, die Erfordernisse des Umweltschutzes und die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung und die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Um dies verwirklichen zu können, wird eine ganze Reihe von Raumordnungszielen festgelegt. Relevanz für den Bereich der multifunktionalen Sportarenen haben beispielsweise Schutz der Umwelt und der natürlichen Lebensgrundlage sowie Vorsorge für wirtschaftliche, kulturelle und soziale Erfordernisse der Gemeinde. Ergänzend dazu werden Grundsätze zur Verwirklichung dieser Ziele festgelegt, wie z.B. ein sparsamer Umgang mit Grund und Boden und Vorrang öffentlicher Interessen vor Einzelinteressen. Diese Ziele und Grundlagen bilden den Rahmen und Maßstab, an dem die in den ROG vorgesehenen weiteren Planungsakte (z.B. Flächenwidmungsplan) zu messen sind. Verfahren Es ist zwischen hoheitlicher und einen nichthoheitlicher Raumordnung zu unterscheiden. Die hoheitliche Raumordnung wiederum kann auf Ebene des Bundes, der Länder und Gemeinden stattfinden. Hauptaugenmerk soll dabei auf die Raumordnungsvorschriften der Länder gelegt werden. Bei Planungen auf Landesebene (überörtliche Raumplanung) ist die Landesregierung zuständig: Landesentwicklungs- bzw. Raumordnungsprogramm Bei Planungen auf Gemeindeebene (örtliche Raumplanung) ist der Gemeinderat zuständig: Räumliches Entwicklungskonzept Flächenwidmungsplan Bebauungsplan In Bezug auf den Bau multifunktionaler Sportarenen spielt die örtliche Raumplanung hinsichtlich der notwendigen Sonderwidmung eine entscheidende Rolle. In der Praxis dürfen Großprojekte wie Sportarenen, Einkaufszentren und ähnliches nur errichtet werden, wenn im FWP eine | 33 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen entsprechende Widmung ausgewiesen ist. Diese Sonderwidmungen sind in den einzelnen ROG unterschiedlich festgelegt. Damit wird der Einfluss der Gemeinde in Hinblick auf eine mögliche Projektrealisierung multifunktionaler Sportarenen deutlich. Wird von Seiten der Gemeinde keine entsprechende Sonderwidmung festgelegt, ist eine Projektdurchführung nicht möglich. Der Projektwerber hat die Möglichkeit, über Kooperation und Konsensfindung mit der Gemeinde eine entsprechende Widmung für sein Areal zu erhalten, es besteht allerdings in keinster Weise ein Rechtanspruch darauf. 4.3.2 Baurecht Der Einfluss, den das Baurecht auf den Verfahrensablauf bei der Errichtung multifunktionaler Sportarenen nimmt, ergibt sich aus der Definition des Begriffs „Bau“. Nach der Bauordnung für Wien sind bauliche Anlagen solche über und unter der Erde, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine kraftschlüssige Verbindung gebracht werden und wegen ihrer Beschaffenheit (Größe, Auffälligkeit, Gefährlichkeit, Störungsquelle) geeignet sind, öffentliche Rücksichten zu berühren. Multifunktionale Sportarenen sind jedenfalls bewilligungspflichtige Bauführungen und wären damit dem Baubewilligungsverfahren zu unterwerfen. Da jedoch die Bestimmungen des Baurechts im Zuge des konzentrierten Genehmigungsverfahrens der Umweltverträglichkeitsprüfung angewendet werden, wird ein separates Baubewilligungsverfahren nicht durchgeführt. Das Baubewilligungsverfahren kommt jedoch bei multifunktionalen Sportarenen nicht in diese Form zur Anwendung. Die hier angeführten Einreichunterlagen und Bewilligungen sind von Relevanz, werden aber im konzentrierten UVP-Verfahren kontrolliert. Bei multifunktionalen Sportarenen gibt es keine separate Bauverhandlung. Die Anhörung der Parteien mit Möglichkeiten zur Erhebung von Einsprüchen wird im Rahmen der mündlichen Verhandlung des UVP-Verfahrens abgehandelt. 4.3.3 Gewerbliches Betriebsanlagenrecht6 Unter dem Begriff „gewerbliche Betriebsanlage“ ist gemäß § 74 Abs. 1 GewO jede örtliche gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist. Eine Betriebsanlage ist daher eine örtliche gebundene Einrichtung, d.h. die Einrichtung hat grundsätzlich örtlich stabil zu sein. Darüber hinaus muss sie der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit dienen, die regelmäßig von statten geht. 6 Quelle: M. Holoubek, M. Potacs: Handbuch des öffentlichen Wirtschaftsrechts, Band 2; S. 369-419 34 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Aus diesem Grund sind multifunktionale Sportarenen ebenso gewerbliche Betriebsanlagen im Sinne des § 74 Abs. 1 GewO. Gewerbliches Betriebsanlagenrecht und Raumordnung Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Belästigungen werden von der Betriebsanlagenbehörde auch die örtlichen, raumordnungsrechtlichen Widmungen mitberücksichtigt. Das Raumordnungsrecht ist für Betriebsanlagen vor allem deshalb von Bedeutung, weil gewerbliche Betriebsanlagen außer einer Genehmigung nach der GewO auch eine Baubewilligung aufgrund der Bauordnungen der Länder benötigen. Eine solche darf nach diesen Bauordnungen grundsätzlich nur dann erteilt werden, wenn der Standort nach den Raumordnungsgesetzen der Länder eine in einem Flächenwidmungsplan für die Errichtung und den Betrieb der Betriebsanlage entsprechende Widmung enthält. Für gewerbliche Betriebsanlagen kommen vor allem folgende Widmungen in Betracht: Betriebsgebiet Gewerbegebiet Industriegebiet Sportarenen als gewerbliche Flächenwidmungsplan. Betriebsanlangen benötigen eine Sonderwidmung im Bei der Festlegung von Widmungen sind einige Vorschriften zu beachten. Eine Durchmischung von Flächenwidmungen in der Form, dass mitten im Wohngebiet „Inseln“ mit der Widmung Gewerbegebiet zu finden sind, ist unzulässig. Bereits bestehende Betriebe sollen jedoch von heranrückender Wohnbebauung geschützt werden, um nachträgliche Auflagen hinsichtlich des Immissionsschutzes zu vermeiden. 4.3.4 Naturschutzrecht Der Regelungsgegenstand des Naturschutzrechts lässt sich im Wesentlichen in folgende Gruppen zusammenfassen. Allgemeiner Landschaftsschutz Es wird häufig ein Katalog von Maßnahmen angeführt, die von der Naturschutzbehörde zu bewilligen sind, auch wenn sie außerhalb von geschützten Gebieten durchgeführt werden. Dazu gehören unter anderem (NÖ, OÖ, Sbg, Tir, Wien): die Anlage von Schottergruben, Lagerplätzen, großen Parkplätzen oder Sportplätzen. | 35 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Allgemeiner Tier- und Pflanzenschutz Nach den allgemeinen Schutzbestimmungen dürfen wild wachsende Pflanzen nicht mutwillig beschädigt werden. Noch weiter geht der besondere Schutz von wild wachsenden Pflanzen in der freien Natur, die in ihrem Bestand gefährdet sind. Solche Pflanzen können durchwegs durch Verordnung der Landesregierung geschützt werden. Naturdenkmalschutz, Baumschutz Jeder, den Bestand oder das Erscheinungsbild beeinträchtigende Eingriff ist verboten und den Eigentümer trifft eine Erhaltungspflicht. Flächenschutz (Natur- und Landschaftsschutzgebiete, Nationalparke etc.) Der Schutz von bestimmten Lebensräumen (z.B.: Moore, stehende Gewässer, fließende Gewässer) bewirkt, dass Maßnahmen, die Engriffe in diese Lebensräume bewirken können, bewilligungspflichtig sind. Wird durch den Bau oder den Betrieb einer Multifunktionalen Sportarena einer dieser aufgezählten Bereiche berührt, so kommt das jeweilige Landesnaturschutzgesetz oder die betroffenen Sondergesetze (Nationalpark-, Höhlen-, Baumschutz- oder Umweltschutzgesetz) zum tragen. Die dadurch notwendigen gewordenen Bewilligungen werden im Rahmen des konzentrierten Genehmigungsverfahrens der UVP erteilt. Die zuständige Naturschutzbehörde fungiert in diesem Verfahren als mitwirkende Behörde. 4.3.5 Wasserrecht Das Wasserrechtsgesetz unterscheidet drei Arten von Gewässern Öffentliche und private Gewässer Tagwässer und Grundwasser Stehende Gewässer und fließende Gewässer Je nach Intensität der Nutzung dieser Gewässer wird zwischen dem bewilligungsfreien Gemeingebrauch, der bewilligungsfreien Nutzung und der bewilligungspflichtigen Nutzung unterschieden. Bewilligungspflicht besteht auf jeden Fall bei jenen Vorhaben, die den normalen Gemeingebrauch übersteigen, auf fremde Rechte oder auf das Gefälle, auf den Lauf oder auf die Beschaffenheit des Wassers (vor allem in gesundheitlicher Weise) oder auf die Höhe des Wasserstandes Einfluss ausüben. Aber nicht nur die Nutzung des Wassers, sonder vor allem die Einwirkungen auf die Gewässer bzw. auf das Grundwasser wird durch das Wasserrechtsgesetz geregelt. Von großer Bedeutung ist dabei der Bewilligungstatbestand des § 32 (Einwirkungsbewilligung). Demnach bedürfen Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar die Beschaffenheit beeinträchtigen, einer wasserrechtlichen Bewilligung. 36 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Zum Schutz bestimmter Gewässer und Wasservorkommen kann der Landeshauptmann Wasserschutz und Schongebiete festlegen. Diese gelten im Sinne des Anhangs 2 UVP-G als Schutzwürdige Gebiete der Kategorie C. Weiters tritt die Wasserrechtsbehörde bei der Bewilligung von Abwassereinleitungen in Gewässer oder in eine bewilligte Kanalisation auf. Hierbei werden nach dem Stand der Technik mögliche Auflagen erteilt, die zur Begrenzung von Frachten und Konzentration schädlicher Abwasserinhaltsstoffe dienen sollen. | 37 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen 5 FINANZIERUNG Im Rahmen des Projektes „Multifunktionale Sportarenen – Chancen und Risken für die Stadtentwicklung“ beschäftigt sich diese Arbeit insbesondere mit der Frage der Finanzierung von Fußballstadien. Die in diesem Grundlagenbericht erarbeiteten Informationen sollen dazu dienen in einem weiteren Schritt Empfehlungen und Handlungsoptionen für die Planung, Errichtung und Betrieb von multifunktionalen Sportarenen unter stadtplanerischer und stadtpolitischer Berücksichtigung geben zu können. Während die finanziellen Mittel früher vorwiegend von der öffentlichen Hand kamen, sind heute oftmals aufgrund der angespannten öffentlichen Haushaltssituation andere Finanzierungsquellen angesprochen. Im Rahmen dieser Arbeit sollen genau jene Wege aufgezeigt werden, die es ermöglichen neue Finanzierungsquellen erschließen zu können. Die in diesem Bericht aufbereiteten Daten und Fakten beruhen einerseits auf wissenschaftliche Studien und Publikationen und zum anderen auf Artikeln aus Tageszeitungen und Fachjournalen. Aufgrund der sprachlichen Barrieren wurde auf vorwiegend deutschsprachige Literatur (Deutschland, Österreich, Schweiz) zurückgegriffen. Im Folgenden wurden auch realisierte und in Planung befindliche Projekte untersucht um anschließend die gewonnenen Informationen in die Arbeit mit ein zu beziehen. 5.1 INVESTITIONSKOSTEN BEI FUßBALLSTADIEN MULTIFUNKTIONALEN SPORTARENEN 5.1.1 Entwicklung der Neu- bzw. Umbaukosten UND Bei der Entwicklung der Neu- bzw. Umbaukosten von Fußballstadien und multifunktionalen Sportarenen innerhalb der letzten dreißig Jahre kann ein deutlicher Anstieg der Investitionssummen verzeichnet werden. Wurden für die Fußball-WM 1974 noch insgesamt 273 Mio. DM (515 Mill. DM) in Fußballstadien investiert, so wird dieses Investitionsvolumen heute bereits von einzelnen Stadionobjekten, wie dem Berliner Olympiastadion (ca. 470 Mio. DM), dem Schalker Stadion (358 Mio. DM) oder dem neuen Münchener Stadion (350 Mio. DM) übertroffen. Für die Fußball-WM 2006 in Deutschland wird mit einem Investitionsvolumen von rund 4 Mrd. DM für zunächst 16 Spielplätze gerechnet7. 7 Quelle: Dietl,H.M./Pauli,M. (2001): Die private Finanzierung von Fussballstadien – eine rentable Investition? In: Die Bank 2/2001 S, 92 38 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Diese zwar nur punktuell herausgenommenen Zahlen dokumentieren klar und eindeutig, dass es innerhalb der letzten drei Jahrzehnte zu einem deutlichen Anstieg der Investitionsvolumina für Fußballstadien kam. Dieser Anstieg des Investitionsbedarfs für Stadien kann mit den folgenden Entwicklungen begründet werden. Vom Stehplatzstadion zum reinen Sitzplatzstadion mit aufwendiger Überdachung Gestiegene Komfortansprüche (Business-Seats, Logen, Tiefgaragen, Restaurants, etc.) Aufwendige technische Ausstattungen (Videoscreens, Beschallung, Liftanlagen, etc.) Multifunktionalität (verschiebbare Rasenflächen, verschließbares Dach, etc.) Sicherheitstechnische Anforderungen (Fluchtwege, Gangbreiten, etc.) 5.1.2 Vergleich verschiedener Stadiontypen anhand Preis/Sitzplatz Die in der folgenden Grafik dargestellten Bandbreiten zeigen die zu erwartenden Investitionskosten pro Sitzplatz nach der jeweiligen Stadionart. Deutlich zu sehen ist, dass mit zunehmender Multifunktionalität die Bandbreite der zu erwartenden Investitionskosten zunimmt. Abb. 3: Investitionskosten pro Sitzplatz nach Stadionart Baukosten pro Sitzplatz nach Stadionart 4.500 4.000 Kosten in Euro 3.500 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 500 von Konventionelles Stadion bis Multifunktionales Stadion Skydome Quelle: Roland Berger & Partner: Fußballstadien in Deutschland – Situation, Trends und Herausforderungen, (unveröffentlicht), München 1998 In der nachstehenden Tabelle werden einige Zahlenbeispiele bezüglich Kosten pro Sitzplatz und Sitzplätze gesamt für sowohl konventionelle als auch multifunktionale Stadien angeführt. | 39 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Tab. 2: Investitionskosten von Fußballstadien Stadt Kosten pro Sitzplatz Sitzplätze gesamt Invest. Volumen 1.500 € 1.415 € 940 € 1.136 € 50.000 30.000 40.000 22.000 75 Mill. € 35,5 Mill. € 37,5 Mill. € 25 Mill. € 2.083 3.575 2.500 2.475 60.000 42.000 60.000 18.200 175 Mill. € 150 Mill. € 150 Mill. € 45 Mill. € Konventionelles Stadion Dresden Augsburg Hamburg/St. Pauli Münster Multifunktionales Stadion Gelsenkirchen Mönchengladbach Frankfurt Salzburg € € € € Quelle: Eigene Darstellung 5.1.3 Aufgliederung der Gesamtinvestitionskosten nach Kostenkomponenten Zum besseren Verständnis des Begriffes „Gesamtinvestitionskosten“ wird nun im Folgenden versucht die einzelnen Kostenkomponenten systematisch darzustellen. Aufgrund von nicht vorhandenem Datenmaterial ist es jedoch nicht möglich für die einzelnen Kostenkomponenten Preisangaben zu treffen. Tab. 3: Kostenkomponenten der Gesamtinvestitionskosten Grundkosten Nebenkosten Abrisskosten Finanzierungskosten Gesellschaftsgründung Infrastrukturkosten Stadionbaukosten Zufahrtsstrassen Parkplätze Tiefgaragen Techn. Einrichtungen Parkleitsystem Beleuchtung Freiraumgestaltung Planungskosten Baumanagementkosten Rohbaukosten Techn. Einrichtung Videoscreens Beschallung Beleuchtung Sicherheitstechn. Vorkehrungen Sporttechn. Ausstattung Möblierung Quelle: Eigene Darstellung 40 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Grundkosten Unter Grundkosten wird jener Teil der Investitionskosten verstanden, der für ein bestimmtes Grundstück bzw. für das Recht auf einem bestimmten Grundstück bauen zu dürfen bezahlt wird. In vielen Fällen wird jedoch das Grundstück den Besitzgesellschaften entgeldlos bzw. für einen symbolischen Betrag in Erbbaurecht überlassen. Nebenkosten Unter Nebenkosten werden all jene Kosten subsumiert, die nicht unmittelbar das Objekt Fußballstadion selbst betreffen. Die wichtigste Komponente der Nebenkosten stellen in den meisten Fällen die Finanzierungskosten dar, welche zumeist als Kreditzinsen in Erscheinung treten. Weiter mögliche Nebenkostenkomponenten sind Kosten für Abrissarbeiten, sowie Kosten für die Gründung einer Errichtungsgesellschaft. Infrastrukturkosten Unter dem Punkt Infrastrukturkosten werden alle jene Baumassnahmen subsumiert, die nicht unmittelbar dem Stadionkomplex selbst zuordbar sind jedoch für dessen Funktionalität unumgänglich sind. Dazu zählen Kosten für Zufahrtsstrassen, Parkplätze, Tiefgaragen und auch Kosten für die Freiraumgestaltung rund um das Stadion. Stadionbaukosten Den eindeutig größten Teil der Gesamtinvestitionskosten beim Stadionbau stellen die Stadionbaukosten selbst dar. Unter den Stadionbaukosten werden all jene Kosten subsumiert, die für die Errichtung und Einrichtung der Immobilie Fußballstadion notwendig sind. In diesem Bereich sind auch die größten Einsparungspotentiale bei dem Bau von Fußballstadien vorhanden. 5.2 FINANZIERUNGSMODELLE BEIM STADIONBAU 5.2.1 Arten der finanziellen Beteiligung Grundsätzlich lassen sich bei der Finanzierung von Fußballstadien drei unterschiedliche Arten der finanziellen Beteiligung differenzieren. Die zwei klassischen Formen der Finanzierung stellen die Finanzierung durch Eigenkapital sowie die Finanzierung durch Fremdkapital dar. Eine weitere dritte Art der finanziellen Beteiligung stellt die Gewährung von Sicherheiten und Garantien da. Eine Finanzierung mittels Eigenkapital liegt immer dann vor, wenn das für ein Projekt notwendige Kapital durch die Mitglieder der Besitzgesellschaft selbst eingebracht wird. Diese Art der Finanzierung hat zur Folge, dass der Kapitalgeber gleichzeitig Miteigentümer ist und somit das gesamte unternehmerische Risiko auf sich nimmt. In der Regel ist jedoch immer nur ein Teil der Finanzierung durch Eigenkapital gedeckt, was zur Folge hat, dass nur die wenigsten Finanzierungskonzepte ohne Fremdkapital auskommen. Wenn es zu einer Stadionfinanzierung | 41 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen kommt, welche ohne Fremdkapital auskommt, dann handelt es sich zumeist um ein rein öffentlich finanziertes Projekt. Die zweite Form der finanziellen Beteiligung ist wie bereits angesprochen die Beteiligung mittels Fremdkapital. Bei dieser Form der Finanzierung wird der Besitzgesellschaft (Errichtungsgesellschaft) Kapital von außen zugeschossen. Die Besitzgesellschaft ihrerseits verpflichtet sich wiederum das Kapital plus entstanden Zinsen in einem bestimmten Zeitraum dem Kapitalgeber zurück zu zahlen. In der Regel sind solche Kapitalgeber Banken bzw. bei sehr großen Geldbeträgen Bankkonsortien (= mehrere Banken teilen sich die Kreditsumme zur Streuung des Risikos). In manchen Fällen kommt es jedoch auch vor das Kommunen oder andere Gebietskörperschaften, welche ein Interesse am Bau des Fußballstadions haben, zinslose Darlehen gewähren. Bei einigen jüngeren Finanzierungskonzepten sind jedoch auch andere am Bau des Stadions interessierte Gruppierungen als Fremdkapitalgeber in Erscheinung getreten. So sind es beispielsweise Bauunternehmen, Vermarktungsgesellschaften, Energielieferanten oder Caterer, die an der Verwirklichung solcher Projekte ein reges Interesse zeigen und folglich auch bereit sind den Besitzgesellschaften Fremdkapital zur Verfügung zu stellen um im Gegenzug den Bauauftrag zu erhalten (Beispiel: Arena auf Schalke - beauftragtes Bauunternehmen Hbm stellte ein Darlehen von 25 Mio. DM vgl. Abb. 4). Prinzipielle ist diese Art der finanziellen Beteiligung davon gekennzeichnet, dass der Kapitalgeber kein unternehmerisches Risiko auf sich nimmt. Eine dritte und etwas differenzierte Art der finanziellen Beteiligung stellt die Gewährleistung von Sicherheiten und Garantien dar. Diese Form der finanziellen Beteiligung zeichnet sich dadurch aus, dass der an der Finanzierung Beteiligte primär keinen Kapitaleinsatz tätigen muss. Der Beteiligte stellt lediglich Sicherheiten bzw. Garantien für von einer Besitzgesellschaft akquiriertes Fremdkapital. Jedoch im Falle des Konkurses der Besitzgesellschaft verpflichtet sich der an der Finanzierung Beteiligte für offene Forderungen aufzukommen. Für diese Form der finanziellen Beteiligung kommen vor allem Gebietskörperschaften aber auch andere am Bau des Stadions interessierte Gruppierungen in Frage (Beispiel: Hamburg Arena - Fremdkapital ist zum größten Teil durch Bankgarantien eines finnischen Verlagsunternehmen Rautakirja OYJ gedeckt , Arena auf Schalke – Konsortialkredit von 225 Mio. DM ist durch eine 80% Ausfallbürgschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gesichert vgl. Abb. 4). 42 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Abb. 4: Finanzierungsstruktur der Arena Auf Schalke Quelle: Internet, http://arena-auf-schalke.de/finanzierung.htm 5.2.2 Herkunft der finanziellen Mittel Bei der Herkunft der finanziellen Mittel können prinzipiell drei unterschiedliche Quellen genannt werden. Zum einen ist es die öffentliche Sektor (Bund, Land, Kommunen), welche finanzielle Mittel zur Verfügung stellt, zum anderen kommen auch die Fußballvereine selbst in Frage sich mit Kapitaleinsatz am Bau von Fußballstadien zu beteiligen. Als dritter potentieller Kapitalgeber kann der private Sektor genannt werden. Innerhalb des privaten Sektors können vier verschiedene Formen des Kapitalgebers unterschieden werden die sich wie folgt charakterisieren lassen: Spender Als Spender können all jene Kapitalgeber bezeichnet werden, die sich keinen unmittelbaren wirtschaftlich nachvollziehbaren Return ihres zur Verfügung gestellten Kapitals erwarten. Im Rahmen der Fußballstadienfinanzierung hat jedoch diese Art der Kapitalakquirierung eine vernachlässigbare Bedeutung. Sponsor Sponsoren sind all jene Kapitalgeber die sich für die Bereitstellung ihres Kapitals einen Return in Form einer Werbeleistung erwarten. Die Werbeleistung kann in den unterschiedlichsten Formen erfolgen, so werden beispielsweise ganze Fußballstadien nach einzelnen Großsponsoren benannt. Diese Form der Kapitalakquirierung findet gerade in jüngeren Finanzierungskonzepten immer mehr an Bedeutung. Investor Als Investoren werden all jene Kapitalgeber bezeichnet, die sich durch ihr finanzielles Engagement direkt an der Besitzgesellschaft beteiligen. Für dieses Engagement erwartet sich der Investor jedoch eine Rendite in entsprechender Höhe. Zahlen bezüglich der Renditeerwartungen bei dieser | 43 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen speziellen Form von Immobilie sind nicht bekannt, man kann jedoch davon ausgehen, dass sie aufgrund des erhöhten Risikos über jenen von Büroimmobilien (im deutschsprachigen Raum 5 – 7%) liegt. Als Investor ist man durch sein finanzielles Engagement stets am unternehmerischen Risiko beteiligt. Financiers Als Financiers werden all jene Kapitalgeber bezeichnet die der Besitzgesellschaft Fremdkapital zur Verfügung stellen. Der wirtschaftliche Return erfolgt in Form von Zinszahlungen, zudem wird das zur Verfügung gestellte Kapital durch Sicherheiten und Garantien von der Besitzgesellschaft selbst oder durch Dritte abgedeckt, folglich übernimmt der Financiers durch seine Kapitalbreitstellung kein unternehmerisches Risiko. 5.2.3 Klassisches Finanzierungsmodell - Modernes Finanzierungsmodell Im Folgenden wird anhand zweier vereinfachter Schemen dargestellt, wie zum einen in der Vergangenheit und in der Gegenwart die Finanzierung von Fußballstadien organisiert wurde und wird und zum anderen, wie in der Zukunft moderne Finanzierungsmodelle von Sportarenen aussehen können. Aufgrund der Tatsache, dass teilweise heute noch im gesamten deutschsprachigen Raum der Sportstättenbau als eine öffentliche Aufgabe gesehen wird, sind ein Großteil der Stadien von öffentlicher Hand errichtet worden und befinden sich folglich auch in öffentlichem Besitz. In der Regel wurden die Aufgaben der Planung, der Finanzierung, und des Baues in eine Gesellschaft ausgegliedert, welche sich zu 100% in kommunalem Besitz befand. Anschließend waren diese Gesellschaften auch für die Vermietung der Stadien verantwortlich. Noch heute werden in vielen Stadien Mieten verlangt, welche nicht einmal die laufenden Kosten decken können. Dies wird zum einen als eine indirekte Subvention von Fußballvereinen gesehen und zum anderen als ein wesentliches Hemmnis für Private Investoren in neue Stadionprojekte zu investieren. Abb. 5: Klassische Finanzierungsstruktur Quelle: Nord/LB Global Markets Juni 2001 Die Finanzierung von Fußballstadien S. 55 44 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Aufgrund der enormen Zunahme der Investitionskosten beim Stadionbau und der angespannten Lage vieler öffentlicher Haushalte sehen sich jedoch zahlreiche Kommunen nicht mehr in der Lage alleine die Finanzierung solcher Projekte zu übernehmen. Zudem verlangt die Projektentwicklung, die Finanzierung sowie der Bau spezielle Kompetenzen, die häufig in den Kommunen nicht vorhanden sind. In der Konsequenz drängen private Akteure auf dem Markt. Das folgende Modell zeigt eine derartige Finanzierungsstruktur auf, die sich besonders aus ökonomischen Gründen anbietet. Hierbei engagieren sich öffentliche Hand und private Investoren in einer gemeinsamen Gesellschaft (Public-Private-Partnership). In dem dargestellten Modell werden die verschiedenen Beteiligten bei der Finanzierung berücksichtigt, die ein wirtschaftliches Interesse an dem Stadion haben. Auf die individuellen Interessen der an der Finanzierung beteiligten Akteure wird im anschließenden Kapitel noch genauer eingegangen. Prinzipiell kommt es bei einem solchen Public-Private-Partnership zu einer Verbindung von Kapital und Know-how der Privatwirtschaft mit Verwaltungserfahrung und politischer Steuerung durch die öffentliche Hand. So wäre die erfolgreiche Durchführung eines solchen Großprojektes ohne den entsprechenden politischen Willen und Engagement der Standortgemeinde undenkbar. Da bei dem Besitz und dem Betrieb von Stadien unterschiedliche Interessen und Aufgaben bestehen können, ist es üblich geworden, für diese beiden Bereiche eigenständige Gesellschaften zu Gründen. Die Aufgabe der Besitzgesellschaft ist die Planung, die Finanzierung und der Bau des Stadions, dabei haben die Investoren vor allem das Interesse, einen marktgerechten Return on Investment zu erzielen. Die Betriebsgesellschaft ist für die Durchführung eigener Veranstaltungen und die Akquisition fremder Veranstaltungen zuständig. Da sowohl Aufgaben als auch Interessen zwischen den Gesellschaften differieren, können sich auch unterschiedliche Parteien in diesen engagieren. Abb. 6: Schema eines modernen Finanzierungsmodells Quelle: Nord/LB Global Markets Juni 2001 Die Finanzierung von Fußballstadien S. 57 | 45 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen 5.2.4 Teil A | Grundlagen Beteiligte bei der Finanzierung und deren Motivation Um ein besseres Verständnis dafür zu erlangen warum sich unterschiedliche Akteure an der Finanzierung eines solchen Stadions beteiligen, werden im folgenden Schaubild den einzelnen Akteuren die wesentlichen Motivationsgründe zu einer finanziellen Beteiligung gegenübergestellt. Akteur Motivation • • • • Kommune Privater Investor Sportverein • • Stadionbau wird als Aufgabe der öffentlichen Hand gesehen Image- bzw. Werbeeffekte Arbeitsplätze Stärkung der lokalen Wirtschaft, Kaufkraftzufluss Immobilieninvestition Gegengeschäfte Sponsoring Renditeerwartung Mitsprache bei Mitkonditionen Mitsprache bei Gestaltung des Stadions Da bei modernen Finanzierungsmodellen besonders der private Investor immer mehr an Bedeutung gewinnt wird in einer weiteren Darstellung der Bereich dieses Akteurs genauer differenziert. Private Investoren • Umsatzzuwächse durch Beauftragung mit Bauausführung • Umsatzzuwächse als Vertragspartner für Gas, Wasser und Strom • Sicherung von Standorten (Bsp. Schweiz: IKEA, COOP,..) Veranstaltungsund Vermarktungsgesellschaften • • Mitsprache bei der Gestaltung des Stadions Sicherung von Vermarktungsrechten Banken Versicherungen • • Sicherheit bei Kreditvergabe Immobilieninvestition Bauunternehmen Energielieferanten Handelsunternehmen Beispiele für Finanzierungsmodelle bei denen sich private Investoren wie in der vorhergehenden Darstellung veranschaulicht beteiligt haben treten immer häufiger auf. So sind es in der Schweiz vor allem Handelsunternehmen und Banken die sich mit großem Engagement bei der Finanzierung 46 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen von Stadionprojekten beteiligen. So erklärte der Bereichsleiter für Liegenschaften der SUVA Versicherung Peter Pfister “Die Stadt hat uns gratis Land gegeben; dafür haben wir das Stadion, dessen Kosten ungefähr dem Wert des Landes entsprechen, gebaut und am Ende der StadionGenossenschaft geschenkt.“8 Damit die Sache für die Investoren Trotzdem attraktiv bleibt besetzt das eigentliche Stadion nur noch einen Teil eines viel größeren Baukomplexes. Darin sind drei Viertel für kommerzielle Nutzungen reserviert, vom Shopping-Center über Büros bis zu Fitnesscenter oder Alterswohnungen. In Bern und St Gallen sind es zwei international Handelsunternehmen (COOP und IKEA) die sich aus Gründen der Standortsicherung mit einem erheblichen Betrag an der Stadionfinanzierung beteiligen. Bei dem durchaus komplexen Finanzierungsmodell der multifunktionalen Arena Auf Schalke waren sowohl ein Bauunternehmen (Hbm gewährte ein Darlehen von 25 Mio. DM sowie erteilte Zuschüsse in Höhe von rund 7 Mio. DM für Werbeleistungen) als auch der lokale Energielieferant (Stadtwerke Gelsenkirchen GmbH ist als Kommanditist mit 10 Mio. DM Eigenkapital am Stadion beteiligt) bei der Finanzierung involviert. In Leipzig ist es eine Tochtergesellschaft der Kinowelt AG, welche sich mit 50 Mio. DM am Stadionbau beteiligt. Weitere Stadionprojekte mit bedeutendem finanziellem Engagement seitens des Privaten Sektors sind die BayArena in Leverkusen und die Hamburg Arena9. In Österreich ist Stadionfinanzierung bislang noch immer nur der öffentlichen Hand überlassen. So wurde beispielsweise das neue Stadion in Salzburg zu je einem Drittel von Stadt, Land und Bund gezahlt. 5.2.5 Rechtsformen der Besitzgesellschaften Bei der Wahl der Rechtsform der Besitz- bzw. Errichtungsgesellschaft haben sich zwei verschiedene Rechtsformen als üblich erwiesen. Zum einen handelt es sich um die GmbH und zum anderen bei jüngeren Finanzierungskonzepten auch immer öfter um die GmbH & Co KG. Im Folgenden werden die wesentlichsten Charakteristika der beiden Rechtsformen beschrieben. Es wird jedoch darauf hingewiesen das sich die beschriebenen Rechtsformen in den unterschiedlichen Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz) aufgrund unterschiedlicher Gesetze in Detailfragen unterscheiden. GmbH Bei der GmbH handelt es sich um die am häufigsten anzutreffende Rechtsform. Sie wird auch meistens dann gewählt, wenn es sich um ausgegliederte kommunale Gesellschaften handelt. Durch das Einzahlen von Stammkapital begründen die Gesellschafter ihre Gesellschaftsanteile. Die Gesellschaft haftet ab dann für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft nach außen. Die Gesellschafter haften jedoch nicht für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Individuelle Festlegungen betreffend der Rechte und Pflichten der einzelnen Gesellschafter werden im Gesellschaftsvertrag festgehalten. 8 9 Quelle: Schweizer Handelszeitung 02/05/2002 Stadionbau : Der Fussball verkommt zur Nebensache http://www.hamburg.de/Behoerden/Pressestelle/Meldungen/tagesmeldungen/2001/mai/w22/di/wb29.htm | 47 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen GmbH & Co KG Bei der GmbH & CO KG handelt es sich um eine Mischform von GmbH und KG. Diese Rechtsform wird vor allem bei Finanzierungsmodellen gewählt, bei denen sich die unterschiedlichsten Akteure beteiligen. Prinzipiell muss mindestens ein Komplementär in Form einer GmbH, welche die Haftung der Gesellschaft übernimmt, vorhanden sein. Das Kapital wird von den Kommanditisten zur Verfügung gestellt welche aber von der Haftung und auch von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind. Diese Gesellschaftsform ermöglicht es, dass nicht jeder Kapitalgeber automatisch Mitsprachrechte bei Entscheidungen erwirbt. 48 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen 6 BETREIBERGESELLSCHAFTEN Im Folgenden setzt sich dieser Bericht mit einer ersten Grundlagenforschung im Bereich Betreibergesellschaften auseinander. Es wird im Weiteren versucht, grundlegende rechtliche Bestimmungen und Betreibermodelle anzuführen, sowie nötiges Basiswissen für die weiteren Bearbeitungsphasen auszuarbeiten. Ein mit diesem Thema überschneidendes Aufgabengebiet behandelt die Finanzierungsmodelle, kosten, rechtliche Grundlagen und Errichtungsgesellschaften beim Neu- und Umbau von multifunktionalen Sportarenen. Die wichtigsten Aspekte, welche in diesem Bericht näher betrachtet werden sind: Betreibergesellschaften – Modelle und Formen Laufende Einnahmen Laufende Ausgaben Die aufbereiteten Daten beruhen einerseits auf wissenschaftlichen Studien und andererseits auf Informationen bestehender Fußballvereinen und Betreibergesellschaften. 6.1 DIE RECHTLICHE SITUATION 6.1.1 Vereinsgesetz (Vereinsgesetz 2002 VerG BGBl I Nr. 66/2002) Anhand des Vereinsgesetztes, welches die Grundlage für die Lizenzspielerabteilung eines Vereins darstellt, kann man erkennen, weshalb der Verein als Rechtspersönlichkeit nicht als Betreiber auftreten kann. Hierfür können folgende Gründe angeführt werden: Bei der Gründung eines Vereins muss lt. § 3, Abs. 2, Ziffer 3, „eine klare und umfassende Umschreibung des Vereinszwecks“ enthalten sein. Nach § 1, Abs. 1, dient der Verein der Verfolgung eines bestimmten, gemeinsamen, ideellen Zwecks. Diesen – ursprünglichen – Zielen würde eine Neuausrichtung des Vereins durch das Betreiben einer Betriebsgesellschaft zuwiderlaufen. Nach § 1, Abs. 2, darf ein Verein sich nicht gewinnorientiert ausrichten. Dies widerspricht der wirtschaftlichen, nutzenmaximierenden Ausrichtung einer jeglichen Betreibergesellschaft. Weiters wird in § 1, Abs. 2, erwähnt: „das Vereinsvermögen darf nur im Sinn des Vereinszwecks verwendet werden“. Das Einsetzen des Vereinsvermögens in nutzenmaximierende Tätigkeiten ist verboten. Der § 23 sagt aus, dass für Verbindlichkeiten des Vereins, der Verein mit seinem Vermögen haftet. | 49 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen 6.1.2 Teil A | Grundlagen Kapitalgesellschaften Damit ein Verein eine Betreibergesellschaft gründen bzw. sich daran beteiligen kann, muss eine Kapitalgesellschaft gegründet werden. Dies kann zum Beispiel in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH.) oder Aktiengesellschaft (AG) erfolgen. Dies erlaubt dem Verein die gewinnorientierte Ausrichtung des Betriebes. Die GmbH ist eine juristische Person und hat eigene Rechtspersönlichkeit, das heißt sie kann Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden. Bei einer GmbH erlaubt der Gesellschaftsvertrag (Notariatsakt) eine gewisse Gestaltungsfreiheit (in gewisser Weise ähnlich eines ideellen Vereins). Die Organe sind die Generalversammlung und der Geschäftsführer sowie der Aufsichtsrat unter bestimmten Bedingungen. Die Gesellschafter haben die Möglichkeit, ihre Anteile ungeteilt frei zu übertragen und haben umfassende Kontrollrechte. Das MindestStammkapital beträgt 35.000 € und ist durch Stammeinlagen der Gesellschafter aufzubringen. Über die Stammeinlage hinaus haften die Gesellschafter nicht für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Wie die GmbH ist auch die AG juristische Person und hat eigene Rechtspersönlichkeit. Eine AG unterliegt dem Aktienrecht. Die Organe sind die Hauptversammlung, der Aufsichtsrat und der Vorstand. Das Grundkapital der AG beträgt mindestens 70.000 € und ist durch Zeichnung der Aktien durch die Gesellschafter aufzubringen. Die Aktie ist frei übertragbar. Die Aktienbesitzer sind an Gewinn und Vermögen beteiligt, sie können jedoch nicht über die Höhe der Dividende entscheiden. In der Hauptversammlung besteht ein Recht auf Mitbestimmung. Die Aktionäre haften nicht für die Verbindlichkeiten der AG. 6.2 BETREIBERGESELLSCHAFTEN – MODELLE UND FORMEN Die Betriebsgesellschaft ist ein Dienstleistungsunternehmen, das zwischen der Besitzgesellschaft und den potenziellen Mietern angesiedelt ist. Sie zahlt eine Pacht an die Besitzgesellschaft für die Überlassung des Stadions. Weiterhin besteht eine Aufgabe der Betriebsgesellschaft darin, das Stadion und deren Anlagen zu verwalten, um die Voraussetzungen für die Veranstaltungen zu schaffen. Sie dient als Ansprechpartner für die potenziellen Veranstalter und versucht, ausreichend Veranstaltungen für das Stadion zu akquirieren. Ihre Einnahmen erhält die Betriebsgesellschaft durch die Pachtverträge mit den Nutzern des Stadions. Die Nutzer sind: Sportvereine Veranstalter von Kulturevents Mieter in den Randnutzungen 50 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Die Betriebsgesellschaft kann die Aufgabe haben, die VIP-Bereiche zu vermieten, Sponsoren zu finden, Vermarktung des Stadions sowie Verträge mit Lieferanten (z.B.: Energie,...) abzuschließen. 6.2.1 Interessengruppen Es gibt drei Interessentengruppen für die Betreibung von Multifunktionalen Sportarenen: Öffentliche Hand Grund für die öffentliche Hand eine Sportarena zu betreiben ist der Imagegewinn der Kommune, zusätzliche Arbeitsplätze und Steuereinnahmen sowie eine Verbesserung der regionalen Wirtschaft. Andererseits stehen hohe Errichtungs- und Erhaltungskosten sowie die derzeitige meist angespannte kommunale Haushaltssituation diesen Zielen entgegen. Die fortgeschrittene Professionalisierung der Vereine stellt die öffentliche Hand vor noch zusätzliche Probleme. Diese können sowohl gestiegener finanzieller Natur sein, als auch fehlendes Fachwissen der Kommune im Bereich Betrieb und Erhaltung. Im Verhältnis der Einnahmen zu den Ausgaben ist der Anteil der Einnahmen gesunken, die Stadionkosten steigen jedoch stetig an. Sportvereine Die ortsansässigen Sportvereine versuchen in Form von, den Fußballvereinen ausgelagerten, Gesellschaften sämtliche wirtschaftliche Aktivitäten einzubringen und gewinnorientiert, professionell gemanagt sowie mit transparenter Struktur und einem jungen und sportlichen Auftreten als Betreiber aktiv zu werden. Private Es gibt zahlreiche Private, die Interesse am Bau und Betrieb eines Stadions haben. Bauunternehmen, Energielieferanten (Sportarena hat sehr hohe Energiekosten), Caterer sowie Sponsoren. Man unterscheidet zwischen Investoren, die sich mit Kapital beteiligen und finanzielle als auch strategische Unternehmensinteressen verfolgen, und Sponsoren, welche MarketingPartnerschaften eingehen, und sich daraus z.B.: Unterstützung in der Produktentwicklung, gemeinsame Marktbearbeitung und Hilfe bei der Erschließung neuer Märkte erhoffen - Werbung. 6.2.2 Betriebsgesellschaften Die Gesellschaftsstruktur einer Betriebsgesellschaft ist nicht zwingend vorgegeben. Bei bereits bestehenden, älteren Stadien tritt meist die Kommune als Betreiber in Erscheinung. Entscheidet sich die öffentliche Hand bei neueren Stadien als Betreiber aufzutreten, so geschieht dies, ähnlich den Fußballvereinen als Betreiber, mit Hilfe einer ausgelagerten Gesellschaft. | 51 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Jedoch versuchen immer mehr Kommunen und Sportvereine private Investoren einzuladen, sich bei der Betriebsgesellschaft zu beteiligen oder überhaupt alleine zu führen. Mischformen wären die bekannten Public Private Partnerships. 6.3 LAUFENDE EINNAHMEQUELLEN Bei multifunktionalen Sportarenen können Einnahmen aus drei verschiedenen Sparten kommen. 6.3.1 Einnahmen aus dem Ligasport Pachteinnahmen Wenn der Verein nicht gleichzeitig als Betreiber auftritt, stellen die Pachteinnahmen für die Betriebsgesellschaft eine wesentliche, vor allem sichere Einnahmenquelle dar. Zuschauereinnahmen Ein Viertel der Gesamteinnahmen kommt aus den Eintrittskarten (Deutschland); ist jedoch stark Abhängig von der Attraktivität des Vereins und den Gegnern. Mit Hilfe moderner Stadien mit mehr und besseren Sitzplätzen (Überdachung,...) können mehr Besucher angelockt werden sowie qualitativ bessere Eintrittskarten verkauft werden. VIP-Bereich VIP-Bereiche sollen vor allem Businesskunden unter dem Motto: Business – Spiel – Spannung, anlocken. Die hohen Einnahmen durch den VIP-Bereich werden jedoch durch hohe Ausgaben (Catering, Personal, Infrastruktur) belastet und führen dazu, dass das Nettoeinkommen wesentlich niedriger ist als der Bruttoerlös. Werbung Neugebaute Stadien können mithilfe der nötigen technischen Ausstattung (Videoleinwände, elektr. Werbetafeln, Stadionmonitore,...) wesentlich höhere Umsätze erzielen. Unzählige Möglichkeiten: Stadionname, Tribünen, Homepage,... Zur besseren Umsetzung sollten jedoch die Vermarkter bei einem Stadionneubau eingebunden werden. Merchandising Meistens werden die Lizenzrechte an Agenturen verkauft. Teilweise können auch eigene Vermarktungsgesellschaften gegründet werden und werden von der Betreibergesellschaft selbst wahrgenommen. Der Anteil ist jedoch an den Gesamteinnahmen gemessen (mit einigen Ausnahmen) sehr gering. Catering Man unterscheidet zwischen „Würstelstand“ für den Steh- und Sitzplatzgast und den professionellen Cateringfirmen für VIP-Logen / Business-Seats. Beispiele aus Deutschland zeigen, 52 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen dass jeder Besucher während einer Veranstaltung rund 3 € pro Spiel ausgibt, wovon rund 30 % der Betreiber erhält. Weitere Einnahmenquellen Ballsportarten,...) stammen. 6.3.2 können aus anderen Sportsektionen (Leichtathletik, andere Einnahmen aus Sport- und Kulturevents Die zweite Möglichkeit bei multifunktionalen Sportarenen Einnahmen zu erzielen sind Sport- und Kulturevents. Wichtig dabei ist das professionelle Management mit Betriebs- und Marketingkonzept. Der Wettbewerb mit anderen Veranstaltungsräumen (Stadthalle, Park, Hauptplatz,...), die wenigen Konzerte (durchschnittlich 3 Konzerte im Jahr) sowie die Koordination mit den Heimspielen des Vereins führen meistens nicht zu den erhofften Einnahmen und sind außerdem sehr kostenintensiv. Mehr Einnahmen können eigene Veranstaltungen bringen. Das Risiko ist jedoch wesentlich größer als das Verpachten des Stadions an Fremdveranstalter. 6.3.3 Einnahmen aus Randnutzungen Die dritte Möglichkeit sind die Randnutzungen. Hier gibt es zahlreiche Möglichkeiten: Hotels, Gastronomiebetriebe, Shopping Center, Parkhäuser, Konferenzen und Firmenveranstaltungen im VIP-Bereich, Rehabilitations- und Fitnessbereiche. Für die Anbieter der Randnutzungen stellt das Stadiongelände einen attraktiven Standort mit guten Absatzmöglichkeiten dar. Die Betreibergesellschaft reduziert, mit den Randnutzungen, die Abhängigkeit vom sportlichen Erfolg des Ligavereins. 6.4 LAUFENDE AUSGABEN Die Ausgaben für die Betreibergesellschaften werden häufig unterschätzt und steigen mit den Baukosten. Die durchschnittlichen jährlichen Betriebskosten betragen ca. 10 % der Investitionskosten. Stadionpacht an Besitzgesellschaft: Köln 5 Mio. €, Stuttgart 2,6 Mio. €, Salzburg 0,5 Mio. Euro Jährliche Zins- und Tilgungszahlungen: 10 – 15 % des Fremdkapitals Geschäftsführungs- / Betriebskosten Wartung / Instandhaltung Energiekosten | 53 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen 7 STADTENTWICKLUNGSPOLITIK, STADTMARKETING Am Anfang der Überlegungen zu diesem Bericht stand die Frage, warum sich Kommunen bei der Errichtung von multifunktionalen Sportarenen beteiligen/ beteiligen sollten. Neben klassischen Zielen der Stadtentwicklungspolitik, wie die Aufwertung von Stadtteilen mit strukturellen Problemen, oder die Schaffung eines ausreichenden Angebots von Sporteinrichtungen, was vielfach als öffentliche Aufgabe angesehen wird, wurde das Stadtmarketing als für die Städte immer bedeutend werdender Faktor im „Wettkampf der Städte“ festgestellt. Doch das Stadtmarketing ist ein junger, noch nicht eindeutig definierter Begriff, der von den Kommunen unterschiedlich aufgefasst wird. Deswegen soll in diesem Bericht versucht werden, den Begriff Stadtmarketing derart fassbar zu machen, um ihn für die Analyse der Fallbeispiele im zweiten Abschnitt dieses Projektes einsetzen zu können. Die anderen Ziele der Stadtentwicklungspolitik sollen nur exemplarisch erwähnt werden. Eine sinnvolle Auflistung der Ziele und eine Untersuchung der Zielerreichung kann wesentlich besser anhand konkreter Beispiele durchgeführt werden, worauf aber in diesem Bericht bewusst verzichtet wurde, da er nur theoretische Grundlagen enthalten soll. Es wurde aber versucht einen Fragekatalog zu erstellen, der die empirischen Untersuchungen des zweiten Projektabschnitts unterstützen soll. 7.1 STADTMARKETING 7.1.1 Geschichte des Stadtmarketings Stadtmarketing (StM) ist ein neues Instrument der kommunalen Stadtentwicklungsplanung bzw. politik. Teilweise wird Stadtmarketing auch als Ersatz für „klassische“ Stadtentwicklung und Stadtplanung, als eine moderne Form der Stadtentwicklungsplanung gesehen. Stadtentwicklungsplanung ihrerseits stellt den Versuch der Kommunen dar, auf die Entwicklung einer Stadt (als räumlich abgegrenztes, physikalisch-soziales Gebilde) Einfluss zu nehmen. Es geht also um die Steuerung von Entwicklung, um gesteuerten Wandel. Gemäß politischen Vorgaben soll sich eine Stadt entwickeln. Diese Aufgabe gestaltet sich jedoch schwierig: Abgesehen von wechselnden politischen Mehrheiten, die der Stadtentwicklung oder dem Stadtmarketing neue Vorgaben machen können, haben Gemeindestudien, Sozialökologie, New UrbanSociology und der noch relativjunge Ansatz der Rational Choice - orientierten Stadtsoziologie gezeigt, dass zahlreiche überkommunale wie lokale Faktoren und Akteure die Entwicklung einer Stadt beeinflussen. 54 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen In vielen Städten wird Stadtmarketing als ein neuer Weg gesehen, Interessenkonflikte kompromißhaft zu lösen und Stadtentwicklung - unter Einbezug möglichst vieler lokaler Akteure zu koordinieren. StM wird des Weiteren als die neue zeitgemäße Strategie gesehen, lokale Interessen und Entwicklungsziele gegenüber überlokalen „Stellen“ (Land, Bund, Weltökonomie, EU etc.) durchzusetzen. Auch im Wettbewerb der Städte untereinander um Unternehmensansiedlungen, um Standortsicherung und um - kaufkräftige - Bewohner, Besucher und Touristen wird Stadtmarketing als ein besonders wirksames Mittel begriffen. Dafür werden meist folgende Gründe genannt: 1. StM soll koordiniertes Handeln erlauben. Klare, ausformulierte Ziele und festgeschriebene Wege zur Zielerreichung (Maßnahmenkataloge) sollen zu „Synergie-Effekten“ führen. Auf der Kraft der Bündelung lokaler Kräfte liegt die Hoffnung. 2. StM soll möglichst alle lokal relevanten Akteure einbeziehen. Eine große Zahl unterschiedlicher Gruppen soll beteiligt werden, um so ein Handeln „an einem Strang“ zu erlauben. Beim StM geht es also nicht nur um das koordinierte Handeln der verschiedenen Ämter einer Stadtverwaltung im Interesse einer zielgerichteten Stadtentwicklung, sondern um das abgestimmte Agieren von Stadtverwaltung, lokalen Unternehmen und Geschäftsinhabern, Grundstückseigentümern, Bürgern und Verbänden, Vereinen und Initiativen. Im Prinzip soll jede und jeder einbezogen werden (wobei oft zwischen Mitmachenden und Mitentscheidenden unterschieden wird). 3. StM ist in Analogie zum Marketing für private Unternehmen entwickelt worden. Durch die Betonung des betriebswirtschaftlichen .Elements „Marketing“ soll „Untemehmergeist“ in der Stadt aufkommen. Die Stadt als Unternehmen oder Konzern soll effizientes und effektives Handeln lernen. Die Bürger sollen im Rahmen der Entwicklung von „city identity“ wie Mitarbeiter in Unternehmen durch „corporate identity“ '- Konzepte in die Stadt integriert werden. Ihr Handeln soll auf gesamtstädtische Ziele abgestimmt werden bzw. daran orientiert sein. 4. Nicht zuletzt soll StM helfen, Akzeptanz für kommunale Maßnahmen zu schaffen, und - bei manchen Vorhaben - auch die Bürger zur aktiven Mitarbeit bewegen. Partizipation nicht nur als Mitentscheiden, sondern auch (oder vor allem?) als „Hand anlegen“. StM wird also von seinen Befürwortern als ein neuer Weg zu koordiniertem Handeln der gesamten Stadt, als effizientes und effektives „Ziehen an einem Strang“ gesehen. Es fehlt jedoch ein einheitliches Verständnis von StM in den Kommunen. Daher werden nicht alle der oben genannten Aspekte von StM in jeder Stadt gleichermaßen gesehen bzw. berücksichtigt. Insgesamt lassen sich jedoch folgende Definitionen bzw. „Verständnisse" von StM unterscheiden: StM als Vermarktung der Stadt. Die Stadt soll wie ein wirtschaftliches Gut (z.B. ein Stück Seife, Schuhe oder ein Auto) vermarktet werden. | 55 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen StM als Stadtwerbung. StM ist hier als neues Wort für, manchmal auch als neues Verfahren der Stadtimagepflege zu verstehen. Öffentlichkeitsarbeit, PR u. ä. fallen bei diesem Verständnis unter das StM. StM als neues Verfahren integrierter Stadtentwicklungsplanung bzw. -politik. StM wird hierbei als ein neues Instrument, als ein neuer Weg gesehen, kommunale und private stadtentwicklungsrelevante Maßnahmen aufeinander abzustimmen. Public - Private Partnerships sind als gemeinsam von Kommune und privaten Investoren initiierte und finanzierte Projekte nur ein Element dieser Strategie. Auch Bürgerinitiativen, Verbände, Vereine, Bauherren etc. können und sollen nach Möglichkeit in den gesteuerten Stadtentwicklungsprozess einbezogen werden. Noch weiter geht ein viertes Verständnis von StM. Es propagiert ein „ganzheitliches“ Vorgehen in der Stadtentwicklung. StM ist dabei zugleich Handlungsorientierung, „Philosophie“, und Instrument erster Wahl der Zielerreichung. Ausgehend von einem auf diskursivem Weg erzeugten Leitbild für die Stadtentwicklung („so soll die Stadt aller Bürger in Zukunft aussehen“) soll Stadtentwicklung betrieben werden. Die ganze Stadt soll dabei im Blick sein. Dies betrifft sowohl die räumliche (StM bedeutet hier mehr als CityManagement, mehr als Einzelhandelsförderung und mehr als auf städtebauliche Einzelvorhaben begrenzte Projektmanagements im Rahmen von Public - Private Partnerships) als auch die soziale Dimension (StM meint hier mehr als kommunale Wirtschaftsförderung, mehr als Tourismuswerbung/ Fremdenverkehrsförderung, mehr als Bereichspolitik). Das sich „ganzheitlich“ verstehende StM hat also alle Stadtgebiete und alle lokalen Politikbereiche im Blick. Auch stehen Ziele wie Effizienz und Effektivität kommunalen Handelns nicht mehr losgelöst von anderen Zielen wie z. B. Bürgerbeteiligung an städtebaulichen Entscheidungen im Raum. Die Liste unterschiedlicher, sich teilweise überschneidender Verständnisse von StM verdeutlicht zweierlei. Erstens ist erkennbar, dass das Begriffsverständnis zwischen den zwei Polen eines pauschalen Transfers eines betriebswirtschaftlichen Konzepts auf Städte einerseits und einer „politischen Neuinterpretation“ des Konzepts andererseits sich bewegt (vgl. Heibrecht, 1994: 88). Zweitens birgt das politisch reininterpretierte, „ganzheitliche“ StM- Verständnis die Gefahr in sich, dass alles, was eine Kommune tut, sich als StM redefinieren lässt. Hierdurch verliert das Konzept erheblich an Schärfe und konkreten Bezügen. Leicht lässt sich in der letzten, oben genannten Definition von StM auch die Zielsetzung der „klassischen“ Stadtentwicklungsplanung der 1970er und frühen 1980er Jahre wieder erkennen, die u. a. an Aufgabenüberfrachtung und falschen Prognosen über zukünftige, stadtentwicklungsrelevante Parameter gescheitert ist. Neu wäre dann lediglich das Verfahren oder Instrument, nicht jedoch die „hohe“ Zielsetzung und erwartung. Da das Instrument StM die Ziele des StM nur auf der Grundlage von genauen, zuverlässigen Daten über Ist- und Soll-Zustand einer Stadt erreichen kann, liegt hier der wesentliche methodologische „Knackpunkt“ des StM. 56 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Wegen der großen Zahl von kommunalpolitischen Aufgaben, die im StM gebündelt und koordiniert werden sollen, stößt StM in mittleren Städten und (nach deutschem Maßstab) „kleineren" Großstädten auf mehr Anklang als in den Metropolen. In sehr großen Städten wird die Aufgabenstellung der Kommune als zu komplex und zu gegensätzlich aufgefasst, als dass sie von einer zentralen Stelle aus koordiniert werden könnte. Auch die Interessenlage der Bürger, ihre konkrete Lebenssituation, ihr Lebensstil und ihre Bedürfnisse seien zu konträr, als dass man von der Möglichkeit einer konsensualen Stadtentwicklung und Kommunalpolitik ausgehen könne (Müller, 1991: 17). Wenn überhaupt, dann käme für StM- Aktivitäten die kleinräumigere Ebene der Stadtteile in Frage. An dieser Stelle ließe sich eine zweite, aus methodologischer Sicht - und nicht nur aus dieser Perspektive wichtige Frage anschließen: Ist das Instrument StM überhaupt geeignet für ganze Städte? Ist der Vorbehalt großer Städte gegenüber StM- Konzepten nicht auch auf mittlere und kleinere Städte übertragbar bzw. nicht auch für sie gültig? 7.1.2 Methodik Ein zentrales methodisches Problem für Akteure im StM besteht darin, dass sie eine ihrer zentralen Aufgaben, die Verbesserung des Stadtimage, nur auf der Grundlage einer unsicheren Datenbasis wahrnehmen können. Zwar existiert einerseits Detailwissen wie z. B. für Großbritannien, dass dort Unternehmen den High Tech- Branchen („weiße Industrien“) ungern Standorte wählen, denen ein altindustrielles Image anhaftet (Begg/Cameron, 1988). Andererseits hat die wissenschaftliche Diskussion um die Entstehung, Wirkung und Möglichkeit der gezielten Beeinflussung der Stadtbilder noch zu keinen eindeutigen Resultaten geführt (Grabow/ Henckel/Hollbach-Grömig, 1995, Kap. 4; Lüdtke, 1992). Wie schwer es ist, ein einmal geprägtes Image zu verändern, lässt sich gut am Ruhrgebiet illustrieren. Trotz vieler Imagekampagnen und der Tatsache, dass der Höhepunkt der Deindustrialisierung im Bereich von Kohle und Stahl schon in den siebziger Jahren lag, ist das Bild dieser Region als „Kohlenpott“ noch immer in vielen Köpfen präsent. „Die Welt in unseren Köpfen“ (Downs/ Stea, 1982) weist scheinbar eine hohe Eigendynamik bzw. ein Eigenleben auf. Bemerkenswert am Beispiel Ruhrgebiet ist der Umstand, dass mehrere Kampagnen, die als klares Ziel die Generierung eines neuen Images für die Region hatten, den erhofften Erfolg nicht zu 100% erreichen konnten. Dies liegt laut unserer Meinung daran, dass noch immer sehr viele Bewohner des „Ruhrpotts“ gerne das Image eines Bewohners einer Kohlenregion nach außen vertreten. Dieses Phänomen kann vor allem bei Fußballfans bewundert werden. Das Beispiel Ruhrgebiet unterstreicht somit die These, dass die Bevölkerung einer Region unbedingt hinter dem vom Stadtmarketing angepriesenen Image stehen muss, damit sich dieses entsprechend entwickeln und verbreiten kann. Im genannten Zusammenhang erscheint auch die Vermittlung von Auto- und Heterostadtimage als methodisch schwierig. Wird z. B. in Broschüren oder überregional „geschalteten“ Anzeigen | 57 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen „schöner Schein“ erzeugt, um bei auswärtigen, potentiellen Investoren Interesse an einer Stadt hervorzurufen, dann kann dies einmal dazu führen, dass die angesprochene Zielgruppe sich nach der ersten, „klärenden“ Ortsbesichtigung rasch wieder abwendet. Zum anderen kann Verärgerung in der lokalen Bevölkerung über eine nicht ihrer Erfahrung entsprechende Repräsentation ihrer Stadt aufkommen. Letzteres könnte eine - ohnehin vielleicht schon brüchig gewordene Stadtidentität weiter beschädigen. Dies wiederum bedeutete, ein wesentliches Ziel von StM verfehlt zu haben. Versuche, das physikalische Stadtbild den angenommenen Wünschen von Wohn- und Unternehmensstandortsuchenden real anzupassen, etwa durch die Förderung von Gentrifizierungsprozessen, den Bau von Einkaufspassagen des gehobenen Konsums und die großzügige Ausweisung von Gewerbeflächen, führt methodisch wieder zu der Frage, wie bei denjenigen Ortsansässigen, die hierdurch eher Nach- als Vorteile erwarten, Akzeptanz für die Maßnahmen zu schaffen ist, ohne dabei die Gemeinwohlverpflichtung kommunalen Handelns aus den Augen zu verlieren, ohne dabei Bürgerbeteiligungsverfahren zu unterlaufen. Der vorgenannte Punkt führt zu einem weiteren, zentralen methodischen und methodologischen Problem von StM. Es bezieht sich auf die Frage der Erfolgsmessung und -bewertung von StMAktivitäten angesichts einer Vielzahl von lokalen und überlokalen Faktoren und Akteuren, die die Stadtentwicklung beeinflussen. Die Stadtforschung beschreibt die Komplexität der Zusammenhänge, verweist auf die multikausale und z. T. auch nicht-intendierte Verursachung urbaner Phänomene. Für eine Reihe von Fragen liegen auch bewährte Erklärungen vor. Doch für die komplexen Wirkungszusammenhänge, in die das StM eingreift, liegen bisher keine Modelle vor, die eine genaue Vorhersage von StM- Folgen erlaubten. Im Hinblick auf die Sicherstellung des Gemeinwohlziels kommunalen Handelns erscheint die Evaluation von StM jedoch als eine wichtige, wenn auch schwierige Aufgabe. Wenn StM tatsächlich auf „Nullsummenspiele auf Quasimärkten“ hinausläuft, wie Lüdtke und Stratmann (1996) es annehmen, dann stellt sich die Aufgabe der Entwicklung einer Evaluationsstrategie auch in Bezug auf die Frage, welchen Einfluss StM auf die Ausprägung interurbaner Disparitäten nimmt. Löst StM tatsächlich Wanderungsprozesse von Unternehmen und Bewohnern aus, dann bestehen theoretisch zwei Optionen. Erstens: Regionale Disparitäten werden abgebaut, weil StM vor allem Städten mit Entwicklungsproblemen hilft, sich im Städtewettbewerb zu behaupten. Zweitens: StM trägt zur Verstärkung regionaler Ungleichheiten bei, weil gegenwärtig prosperierende Städte beim StM auf mehr personelle und finanzielle Ressourcen sowie auf mehr Ansiedlungsanreize (Branchenstruktur, Kaufkraft, berufliche Qualifikation der Wohnbevölkerung etc.) zurückgreifen können. Methodisch gilt es dabei - wie bereits gesagt -, die schwierige Aufgabe der Trennung von StMEffekten von denen anderer Faktoren auf die Stadtentwicklung zu lösen. Die genannten und andere methodische Fragen stellen nicht nur die Anwender von StM- Konzepten in den Städten 58 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen vor große Probleme, sie bilden auch eine theoretische und methodologische Herausforderung für die empirische Sozialforschung (Lüdtke/Stratmann, 1996). 7.1.3 Interkommunale Konkurrenz Die Gründe, Marketingstrategien auf die Städte zu übertragen, sind im sich verstärkt abzeichnenden Wettkampf der Städte als Wirtschaftsstandorte, als Lebensraum zum Wohnen, Arbeiten, zur Freizeitgestaltung und zur Versorgung zu finden. „In Hinblick auf die wirtschaftsstrukturelle Entwicklung stehen die Städte als Standorte für Unternehmen in Konkurrenz zueinander, was insbesondere auf Kommunen mit ähnlichen strukturellen Voraussetzungen zutrifft. Mit der zunehmenden Tertiärisierung der Wirtschaft geht die Bedeutung der traditionellen Standortfaktoren zurück. Die „klassischen“ Standortbedingungen wie preisgünstiges Bauland, leistungsfähiges Verkehrsnetz, gute Verund Entsorgungsinfrastruktur werden heute als selbstverständlich vorausgesetzt. Mit der „Sensibilität der Unternehmen“ für so genannte weiche Standortfaktoren wie Image, Stadtgestaltung, Wohnqualität, Kultur- und Freizeitangebot bzw. Freizeitqualität, intakte Umwelt, landschaftlich reizvolle Umgebung sind die „Ansprüche an einen guten Geschäftsstandort“ jedoch gestiegen. Angesichts des steigenden Wettbewerbs um qualifizierte Arbeitskräfte, die neben beruflichen Perspektiven auch attraktive Lebensbedingungen an ihrem künftigen Wohn- und Arbeitsstandort erwarten, gewinnen diese Faktoren weiter an Bedeutung.“ (SCHÄFLEIN, 1994) Durch fortschreitende Globalisierungsprozesse, können die mobilen Wirtschaftssubjekte die Städte, die im Konkurrenzkampf um Produktions- und Reproduktionsprozesse stehen, immer mehr gegeneinander ausspielen. RINNER bezeichnete diesen Prozess als neue Wettbewerbsbedingung und beschrieb ihn mit den Begriffen „mobile“ und „immobile“ Produktionsfaktoren. Unter mobilen Produktionsfaktoren sind Unternehmen, Betriebe, qualifizierte Arbeitskräfte und besonders Kapital zu verstehen. Diese mobilen Faktoren bewegen sich bedingt durch die Globalisierung schnell und suchen weltweit nach geeigneten Standorten, wo ihre spezifischen Produktionsbedingungen durch immobile Faktoren die höchstmögliche Rendite oder Produktivität erwirtschaften. Hingegen gehören zu den so genannten immobilen Produktionsfaktoren sesshafte Arbeitskräfte, investiertes Sachkapital, Boden, Infrastruktur, rechtliche, gesellschaftliche oder ethnische Normen, Gesetze, Regulierungen und auch so genannte „weiche Standortfaktoren“. Durch die Wandlung weg von statisch komparativen Vorteilen haben die so genannten dynamischen Vorteile stark an Bedeutung gewonnen. Unter statisch komparativen Vorteilen, die in früheren Zeiten von großer Bedeutung war, sind in erster Linie die Ressourcenallokation (v.a. natürliche Rohstoffe) zu verstehen. Diese Vorteile sind in einer sich im Prozess der Globalisierung wandelnden Wirtschaft nicht aufrecht zu erhalten und werden zu Gunsten der dynamischen Wettbewerbsvorteile, die auch als strukturell/systematische Wettbewerbsfähigkeit bezeichnet werden, in den Hintergrund gedrängt. | 59 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen „In diesem Sinne werden nicht nur rein ökonomische Merkmale, sonder auch außerökonomische soziale Erscheinungen wie Bildung, Humankapital, Unternehmenskultur, Freizeitangebot, Sicherheit, Formen der Goverance, intellektuelles Eigentum usw. in die Wettbewerbsbeziehungen integriert. Pierre VELTZ z.B. nimmt in seiner Arbeit an, „that the „extra-economic“ is (now) at the heart of the real economy” (Veltz 1996: 16). Damit stellt er die so genannten weichen Standortfaktoren in den Mittelpunkt des ökonomischen Wettbewerbes.“ (RINNER 2002: 34f) Die weichen Standortfaktoren können in unternehmensbezogene und personenbezogene Faktoren unterteilt werden. Die folgende Abbildung zeigt eine Übersicht über diese Faktoren. Tab. 4: Weiche Standortfaktoren Unternehmensbezogene Standortfaktoren - Generelle Wirtschaftsfreundlichkeit - Arbeitnehmermentalität, soziales Klima, Sozialpartnerschaften - Verhalten der öffentlichen Verwaltung, Genehmigungs- und Verfahrenstempo - Kommunikative Durchlässigkeit - Image als Wirtschaftsstandort - Generelle Kostenstruktur - Innovationsfreundliches Klima - F&E Einrichtungen - Dichte und Qualität von Wirtschaftsdiensten - Qualität der Arbeitsmarktverwaltung - Qualität der wirtschaftlichen Interessenvertretung - Bodenverfügbarkeit, Bodenpreise und Qualität der Gewerbeflächen Personenbezogene Standortfaktoren - Bildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten - Höherrangige kulturelle Einrichtungen - Sport- Freizeitinfrastruktur, Naherholung - Versorgungsinfrastruktur, Qualität und Dichte des Einzelhandels - Medizinische Versorgung - Verkehrsanbindung und Qualität des ÖV - Stadtbild und Attraktivität der Innenstadt (Urbanität, städtisches Flair) - „Szene“, gesellschaftliches Leben - Image der Stadt oder Region - Verfügbarkeit und Attraktivität von Wohnraum - Lebenshaltungskosten - Ökologisch wie ästhetisch ansprechende und vielfältige Umwelt Multifunktionale Sportarenen können unter Umständen zu einer Vielzahl dieser weichen Standortfaktoren sowohl auf der unternehmensbezogenen Seite als auch auf der personenbezogenen Seite beitragen. Besonders zu nennen sind in diesen Zusammenhang die Bereiche Freizeit- und Erholungseinrichtungen aber auch der Bereich „Image der Stadt oder Region“. Wie stark Sport oder multifunktionale Sportarenen zu Imagebildung einer Stadt beitragen können, muss eine empirische Betrachtung zeigen. Ziel der Städte muss es also sein, die mobilen Faktoren anzulocken und sie an den Standort zu binden, da ihre Mobilität nach einer Standortentscheidung automatisch sinkt (Kosten der Betriebsansiedlung, etc). Die traditionelle Stadtentwicklungspolitik, die ihren Ursprung im Bemühen um soziale Gerechtigkeit und der Reduzierung von Armutsproblemen hatte und diese vor allem über Umverteilung zu erreichen versuchte. In den letzten Jahrzehnten ist aber eine zunehmende Orientierung der Stadtentwicklungspolitik hin zu Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum festzustellen. Dadurch besteht aber auch die Gefahr, wenn man die knappen finanziellen Mittel der Kommunen bedenkt, dass soziale Gerechtigkeit und mögliche negative externe Effekte eine zu geringe Berücksichtigung erfahren. 60 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Falls die empirische Untersuchung einen Einsatz von multifunktionalen Sportarenen als Mittel der Stadtentwicklungspolitik bestätigt, ist auch die Motivation genau zu analysieren. Soll durch einen möglichen Imagegewinn und dergleichen nur die Wettbewerbsfähigkeit der Stadt gesteigert werden, oder werden damit auch soziale Ziele (wie z.B. Sportangebote für sozial schwächere Schichten) verfolgt. Die erheblichen Investitionen in derartige Sportinfrastrukturprojekte ziehen natürlich Geldmittel aus anderen Bereichen der Stadtverwaltung ab, speziell wenn die Sportarenen in Zusammenhang mit Großereignissen errichtet werden. Werden diese Mittel möglicherweise nicht in anderen Bereichen benötigt? SCHÄFLEIN stellt richtigerweise fest, dass die Marketingaktivitäten im interkommunalen Wettkampf nicht in der Anziehung von mobilen Faktoren von außerhalb der Stadt enden können. „Neben der intendierten Außenwirkung der Imagepolitik spielt in jüngerer Zeit auch die sog. „Stadt-Identität“ eine bedeutende Rolle. Hinsichtlich der wachsenden Mobilität der Bevölkerung wird ebenfalls ein Konkurrenzdruck der Städte konstatiert, dem durch kommunale MarketingAktivitäten begegnet werden soll, um insbesondere den Abwanderungstendenzen jüngerer und einkommensstarker Bevölkerungsschichten entgegenzuwirken. Die Beeinflussung der „StadtIdentität“, d.h. die „unverwechselbare Individualität und Persönlichkeit einer Stadt“, verfolgt im Rahmen des Marketings das Ziel, die Identifikation der Bevölkerung mit ihrer Stadt zu stärken. In diesem Zusammenhang gewinnen Maßnahmen zur Erhöhung der Lebensqualität an Bedeutung.“ (SCHÄFLEIN 2000: 151) In diesem Zusammenhang weist CANIBOL darauf hin, dass gerade hinsichtlich der Erhöhung des Freizeitwertes „gute Chancen“ in der Wettbewerbsprofilierung der Stadt bestehen. Die Bedeutung des Freizeitwertes für eine Stadt im interkommunalen Wettbewerb ist in der Fachwelt unbestritten. Durch eine Betrachtung diverser Stadtentwicklungskonzepte und – Programme könnte die Hypothese aufgestellt werden, dass dieser Bereich nur ungenügende Berücksichtigung findet. Herauszufinden, ob und warum dies tatsächlich so ist, ist Aufgabe des empirischen Teils dieser Arbeit. 7.1.4 Multifunktionale Sportarenen als entscheidender Imagefaktor einer Stadt im interkommunalen Wettkampf? Die Notwendigkeit der Schaffung eines Stadtimages wurde durch die Bedingungen im „Wettkampf der Städte“ erzwungen und bereits von einer Vielzahl an Städten erkannt und umgesetzt. Ist aber der Freizeitwert einer Stadt, oder noch eingeschränkter betrachtet eine multifunktionale Sportarena ein geeignetes Mittel, um ein positives Stadtimage zu schaffen, das die entscheidenden Vorteile gegenüber den Mitbewerbern am weltweiten Standortmarkt schafft. VAN DEN BERG kommt nach einer Fallstudie von fünf europäischen Städten (Barcelona, Helsinki, Manchester, Rotterdam und Turin) zwar zur Erkenntnis, dass | 61 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen „Sports venues have brand-marketing power as well, provided a special design, concept or location is involved. The development of innovative sport facilities gets a lot of attention within and outside the word of sports. […] Already at the time of writing, Camp Nou is regarded as one of the city’s top tourist attractions.” (VAN DEN BERG e.a. 2002: 109) Doch zeigen seine Untersuchungen auch, dass für ein Sportimage einer Stadt ein zusammenwirken vieler Faktoren notwendig ist. So stehen neben der Sportinfrastruktur auch die Sportangebote für die Bevölkerung, das Vereinswesen (auch mit erfolgreichen Vereinen im Bereich des Spitzensports) und sportliche Großveranstaltungen (besonders bei den untersuchten Städten) im Mittelpunkt der Kreierung eines Sportimages. VAN DER BERG unterscheidet zwischen drei wesentlichen Säulen für die Entwicklung eines Sportimages in den untersuchten Städten: Events – Venues – Clubs. Er stellte fest, dass ein sportliches Image und eine dementsprechende Identität einer Stadt alleine nicht immer ausreichen, um aus dem Image eine Marke zu machen: „Image and identity are important location factors, but cannot by themselves change the general perception of a city or a region. The brand marketing of a city has emerged as crucial from each of the five case studies. Major sports events are focal points of their brand-marketing strategies. (VAN DER BERG, 2002: 107) Er stellte des weiteren fest: “[…] At the same time, the cities are aware that images are very hard to change and that modification takes a long time. Consequently, the effective use of sports events as a way to establish a positive image demands a long-term strategy, as is confirmed by Barcelona’s Olympic experiences.” (VAN DER BERG, 2002: 108) Barcelona war es gelungen, im Rahmen der Austragung der Olympischen Sommerspiele 2002 ein umfassendes Stadterneuerungsprogramm umzusetzen und auch ein vollkommen neues attraktiveres Stadtimage zu schaffen. Als ein Beleg für diese auf einem sportlichen Großereignis basierende Stadterneuerung können die Nächtigungszahlen in Barcelona gesehen werden, die von 1990 bis 1998 von ca. 3,7 Millionen auf ca. 7,4 Millionen angestiegen sind. Nach dem Vorbild von Barcelona versuchen auch Manchester (Commonwealth Games 2002) und Turin (Olympische Winterspiele 2006) durch ein umfangreiches Konzept, die von einer Großveranstaltung ausgehenden Impulse für die Stadterneuerung und ein neues Stadtimage zu nutzen. Die erhöhte Medienaufmerksamkeit, die durch ein derartiges Großereignis entsteht, bietet die optimale Möglichkeit ein Stadtimage zu kommunizieren. Macht es für die Kommunen nun Sinn, in diesem Zusammenhang, multifunktionale Sportarenen auch außerhalb des Rahmens von sportlichen Großereignissen, die eine derartige Investition leichter durchsetzbar machen, zu errichten? In den untersuchten Städten wurden sämtliche Stadien im Rahmen von Bewerbungen oder Durchführungen von derartigen Großereignissen errichtet. Dies hängt aber auch stark mit der Auswahl der untersuchten Städte zusammen und das Bild kann sich bei der Betrachtung von Städten, die nicht in Zusammenhang mit Großereignissen gesehen werden müssen, vollkommen ändern. 62 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Sportarenen können zu einem sportlichen Image durchaus beitragen und somit, wie auch VAN DEN BERG feststellt, entscheidende Vorteile bei der Bewerbung um sportliche Großereignisse bringen. Wenn man seine Erkenntnisse zu Grunde legt, ist es aber schwieriger und langwieriger ein neues Stadtimage ohne sportliche Großereignisse, mit der einhergehenden internationalen medialen Aufmerksamkeit, zu erreichen. In den betrachteten Städten wird ein sportliches Image für die Entwicklung der Städte aber als durchaus positiv angesehen. So versuchen Manchester und Turin von einem Image als Industriestadt (mit den negativen Assoziationen zur sog. „alten Industrie hin zu einem Image einer modernen Sportstadt zu kommen. Auch Rotterdam versucht durch das Sportimage weg vom Bild der reinen Hafenstadt zu kommen. Alle betrachteten Städte wollen durch die Vermittlung eines modernen sportlichen Bildes attraktiver für Unternehmen, Arbeitskräfte, Touristen und auch die bereits angesiedelte Bevölkerung werden. 7.1.5 Ein weiterer Aspekt: Festivalisierung Die „Festivalisierung“ ist eine weitere kommunale Strategie im Umgang mit gesellschaftlichen Veränderungen und den daraus resultierenden Entwicklungsfragen. Die Diversifizierung von Lebenslagen habe dazu geführt, dass sich die Stadtbevölkerung in immer kleinere Gruppen aufsplittert. Jede dieser Gruppen verfolge unterschiedliche Interessen und habe unterschiedliche Bedürfnisse. Politik für eine dieser Gruppen bedeute also - besonders in Zeiten knapper werdender öffentlicher Ressourcen - Verwendung von Mitteln entweder für eine Minderheit oder für eine andere. Der Interessenkonflikt sei vorprogrammiert, Politik für Minderheiten sei nicht konsensfähig. Weil meist nur Minderheiten von bestimmten Entscheidungen - positiv oder negativ - betroffen seien, gebe es kaum noch Mehrheiten für stadtentwicklungspolitische Maßnahmen, sondern nur noch Mehrheiten gegen sie. Zur Illustration: Ob mehr Plätze in Kindertagesstätten finanziert werden sollen, eine innerstädtische Tiefgarage ausgebaut werden soll oder eine neue Tennishalle finanziell gefördert werden soll, immer handelt es sich um die Förderung partikularer Interessen, die wenn sie nicht auf den offenen Widerstand der Mehrheit der von den jeweiligen Maßnahmen Nichtbetroffenen stoßen - zumindest dem Stadtrat und der Stadtverwaltung keine „Lorbeeren“ (Wählerstimmen bzw. Anerkennung, Zustimmung) bei der jeweiligen Mehrheit der Bewohner einbringen. . „Jeweilige Mehrheit“ muss betont werden, denn die einzelnen Einwohner und Einwohnerinnen einer Stadt gehören mal zur Mehrheit, mal zur Minderheit. Meist jedoch gehören sie zur Mehrheit der von einer jeweils aktuellen stadtentwicklungspolitischen Maßnahme Nichtbetroffenen. Die Folge dessen ist, dass Kommunalpolitik immer schwieriger wird. Der Legitimationsdruck erhöht sich: Warum soll eine bestimmte Summe hierfür ausgegeben werden und nicht dafür? Die jeweilige Mehrheit der Bewohner sieht das Geld immer in Richtung einer jeweiligen Minderheit fließen. Politikverdrossenheit mehrt sich bei den Bürgerinnen und Bürgern, und der Stadtrat und | 63 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen die Stadtverwaltung sehen sich zunehmend blockiert in ihren Handlungsmöglichkeiten, weil jede Entscheidung - egal wie, ob für oder gegen den neuen Autobahnzubringer, die neue Stadthalle, eine neue Sozialarbeiterstelle für Suchtkranke -, jedes Planungsvorhaben mit Sicherheit auf den massiven Widerstand der einen oder anderen lokalen Interessengruppe stößt. Eine Lösung dieses Problems und anderer stadtpolitischer Schwierigkeiten, die sich teils als Krise regulativer Politik beschreiben lassen - so Häußermann und Siebel -, sehen viele Städte in der „Festivalisierung“ von Stadtpolitik. Gemeint ist damit zunächst einmal die Konzentration stadtentwicklungspolitischer Aktivitäten auf die Planung Organisation und Durchführung großer Projekte (Landes- und Bundesgartenschauen, Weltausstellungen, Olympische Spiele etc.). Ziel ist dabei nicht mehr allein, ein großes Ereignis in der eigenen Stadt stattfinden zu lassen, sondern der Versuch, Stadtpolitik durch Großereignisse zu betreiben. Das Großereignis wird als ein Mittel betrachtet, mit dessen Hilfe es möglich sein soll, die eigene Stadt nicht kurzfristig, sondern möglichst über den Termin des Großereignisses hinaus - möglichst international - bekannt zu machen. Durch den gestiegenen Bekanntheitsgrad der Stadt erhofft man, Geld und Leben in die Stadt zu holen. Erhofft werden eine Zunahme des Tourismus, das Anlocken von mehr Investoren und mehr Bewohnern über den Zeitpunkt des Großereignisses hinaus. Das Großereignis soll die Stadt als Standort attraktiver machen, und dadurch sollen gegenwärtige städtische Probleme wie z. B. Arbeitslosigkeit gelöst bzw. wenigstens gemildert werden. Gleichzeitig mit der Werbung für die Stadt nach außen soll das Großereignis auch dem Stadtmarketing nach innen dienen. Den Bewohnern und Bewohnerinnen soll die Bedeutung „ihrer“ Stadt vor Augen geführt werden. Die Identifikationsmöglichkeiten der Bewohner mit der Stadt sollen gefördert, das Image der Stadt nach außen wie nach innen „aufpoliert“ werden. Doch bevor ein Großereignis stattfinden kann, muss die Stadt dafür „hergerichtet" werden: Es müssen Unterkünfte für die zusätzlich erwarteten Touristen geschaffen werden, die Verkehrswege in der und zur Stadtmüssen ausgebaut werden etc. Insgesamt muss die Stadt - bevor die ersten auswärtigen Journalisten zur „Begutachtung“ des Ortes, an dem das Großereignis stattfinden soll, anreisen - „auf Hochglanz poliert" werden. So ermöglicht das Großereignis der politischadministrativen Führung einer Stadt die Durchführung längst geplanter und gewollter Maßnahmen Das Großereignis ist das entscheidende Legitimationsmittel. Alle Einwände gegen bestimmte Planungsvorhaben können dann als „kleinlich“, der Sache zuwider abgetan werden. Die von den Städten eingerichteten Sonderorganisationen, deren einzige Aufgabe die Planung und Durchführung der Großveranstaltung ist, treffen Entscheidungen über die zukünftige Stadtentwicklung vorbei an den oben bereits beschriebenen zähen Entscheidungsfindungsprozessen in der alltäglichen Verwaltungsroutine. In der Stadt kommt, im günstigsten Fall, so etwas wie „Aufbruchstimmung“ auf. Sie kann den Wiederwahlen (von Bürgermeistern und ihren Parteien, Stadtdirektoren) und dem Image der Stadtverwaltung förderlich sein. 64 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen Aufgrund der Analyse nationaler und internationaler Erfahrungen mit städtischen Großereignissen dämpfen Häußermann und Siebel jedoch die in diese Form der Stadtpolitik gesetzten Hoffnungen: 1. Es ist keinesfalls als sicher anzusehen, dass ein Großereignis auch über die Zeit seines Stattfindens hinaus positive Wirkungen auf die wirtschaftliche Situation einer Stadt hat. Der erhoffte „Kick-off“ kann ausbleiben. 2. Die Planung eines Großereignisses verursacht enorme Kosten für die Stadt, die - siehe erstens sich vielleicht gar nicht amortisieren werden. 3. Die mit der Zunahme der Bautätigkeit in Zusammenhang mit einem Großereignis gewachsene wirtschaftliche Aktivität in der Stadt führt zur Erhöhung der Mieten und Immobilienpreise. Dies trifft gerade die sozial schwächeren Bewohner und verdrängt diese vielleicht sogar aus der Stadt bzw. ihren angestammten Stadtteilen. 4. Die soeben beschriebene Problematik bzw. die Antizipation derselben oder ähnlicher Probleme durch die Bürger kann schon im Vorfeld der Planung eines Großereignisses den Zündstoff für Proteste liefern. 5. Fraglich ist auch, ob die Bindung eines Großteils städtischer Ressourcen an ein einziges, großes Projekt vor dem Hintergrund anderer, vielleicht gravierenderer, dringenderer lokaler Probleme zu rechtfertigen ist. 6. Da zur Planung und Durchführung von städtischen Großereignissen meistens die qualifiziertesten Mitarbeiter der .“normalen Linienverwaltung“ an einen neuen Arbeitsplatz im Bereich der Organisation des Großprojektes versetzt werden, fehlen sie in der normalen Verwaltung. Es kommt dort zu einem „brain-drain“. 7. Einerseits wird die Entscheidung für ein städtisches Großereignis ohne Bürgerbeteiligung in weitgehend nichtöffentlicher Absprache der politischadministrativen Führung einer Stadt mit anderen relevanten Akteuren getroffen (die Bürger einer Stadt sind in der Regel sehr überrascht, wenn sie hören, ihre Stadt bewerbe sich für die Olympischen Spiele oder es werde eine Weltausstellung veranstaltet; für sie kommen solche Mitteilungen meist „wie aus heiterem Himmel“),andererseits erfolgt auch die Planung des Großprojekts - einschließlich aller dafür notwendigen städtebaulichen Maßnahmen sowie die Umlenkung kommunaler Finanzmittel - ohne direkte Bürgerbeteiligung. Es kommt somit zu einer Rücknahme von Partizipationschancen für die Bürger und Bürgerinnen, was aus raumplanerischer Sicht eigentlich einen Schritt zurück in der Geschichte der Planung bedeuten würde. Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass die „Festivalisierung der Stadtpolitik“ mit hohen wirtschaftlichen, sozialpolitischen und demokratietheoretischen Risiken verbunden ist. Ulrike Schneider (1993) meint jedoch, dass die Veranstaltung gezielt ausgewählter Großereignisse dann einen Sinn hat (das heißt hier vor allem: der Stadt von ökonomischem Nutzen ist), wenn sie | 65 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen im Rahmen eines gut durchdachten Stadtmarketingkonzepts steht, gut geplant ist und bei der lokalen Bevölkerung auf Akzeptanz stößt. 7.2 WEITERE ASPEKTE DER STADTENTWICKLUNGSPOLITIK Multifunktionale Sportarenen können im Rahmen der Stadtentwicklungspolitik auch als Mittel der Stadtteilaufwertung gesehen werden. So wurden im Rahmen der beiden Olympiabewerbungen Manchesters folgende mögliche Auswirkungen der Sportereignisse und der daraus resultierenden Errichtung von Sportstätten festgestellt: „Some benefits that were identified are: improving and investing in the region’s sporting facilities; creating new jobs and sustaining existing employment; improving the region’s housing and infrastructure; creating new development opportunities; opening up new business opportunities; generating income in the local area; enhancing the environment; promoting the region and it’s image; attracting inward investment; creating new training opportunities; delivering social und cultural benefits to the community; enhancing higher education and community bride.” (VAN DEN BERG, 2002: 54) Aufgrund der Überlegungen zur Aufwertung eines Stadtteils wurden diverse Sporteinrichtungen (City of Manchester Stadium, National Squash Center, an athletics arena, National Cycling Center) in der sogenannten Sportcity im Osten Manchesters errichtet. Dadurch wurden sich Impulse für ein Gebiet mit überdurchschnittlich hoher Arbeitslosigkeit und großen sozialen Missständen erhofft. Um mit der Errichtung von Sportarenen soziale Ziele zu erreichen ist die Zugänglichkeit der Sportanlagen für alle Bevölkerungsgruppen sicherzustellen. Nicht nur als Zuschauer sondern auch als aktive Sportler. Dies sollte mit Programmen begleitet werden, in den Jungendliche aus sozial benachteiligten Familien etc. zur sportlichen Aktivität motiviert werden. Im direkten Zusammenhang mit der Errichtung von Sportstätten ist auch die Verbesserung der sonstigen Infrastruktur in benachteiligten Gebieten zu erwarten. Ausbaumaßnahmen werden vor allem im Bereich der verkehrlichen Erschließung durchgeführt werden. Viel bedeutender für die Entwicklung von Stadtteilen rund um große Sportinfrastruktureinrichtungen sind die indirekten Effekte, die von den Arenen ausgehen. So ist die, speziell bei multifunktionalen Einrichtungen, die Ansiedlung weiterer Betriebe im Umfeld zu erwarten (von Gastronomie über Sporthandel hin zu anderen Gewerbebetrieben). Dadurch sind die Entstehung von neuen Arbeitsplätzen und die daraus resultierende soziale Aufwertung des Gebietes möglich. Sportarenen sollten in der Lage sein, dass innerstädtische Image eines Stadtteiles zu verbessern, und so in Folge zu einer weiteren Aufwertung beitragen. 66 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen 7.3 FRAGESTELLUNGEN 7.3.1 Welche Effekte werden durch den Stadionbau erwartet Teil A | Grundlagen Es wäre nicht zielführend, bei diesem Punkt die Erwartungen des Vereins von jenen der Kommune zu trennen, wenn es darum geht, welche Effekte durch den Stadionbau erwartet werden. Denn zum Einen führt nämlich ein höherer Zuseherschnitt zu Mehreinnahmen, betreffend den Kommunalhaushalt zum Anderen führt die Bereitstellung der Kommune von hochrangiger Infrastruktur wiederum zu einem erhöhten Zuseheraufkommen etc. Auch wenn im Wintersemester an konkreten Beispielen erst zu überprüfen sein wird, welche Effekte sich diverse Städte wirklich von einem Stadionbau erwarten, so dürfen hier zumindest schon einmal einige Punkte angeführt werden, die bei aktuellen Stadionneu- bzw. umbauten häufig genannt werden. Aber auch die genannten Ziele sind natürlich anhand von Fallbeispielen auf ihren Zielerreichungsgrad hin zu untersuchen. So erwarten sich die Vereine immer ein erhöhtes Zuseheraufkommen, welches vor allem durch attraktivere Umfeldgestaltung, Neugestaltung von Tribünenbereichen (VIP Logen etc.) erreicht werden soll. Ebenfalls erwarten sich die Clubs durch den Verkauf von Business Seats und VIP Logen, bzw. auch durch den Verkauf von teureren Sitzplätzen Mehreinnahmen in verschiedenen Höhen. Die meisten Städte erwarten sich hingegen erhöhte Kommunaleinnahmen, einen Anstieg der Wählerstimmen bei den, den Stadionbau befürwortenden Parteien. Ebenfalls hegen Städte des Öfteren die Hoffnung durch den Stadionbau Stadtteile aufzuwerten, bzw. umliegende Grundstücke für Investoren attraktiver zu gestalten. Eventuell spielt es auch eine Rolle, was den Entscheidungsprozess betrifft, ob ein Stadion nun gebaut wird oder nicht, dass sich die Städte sehr wohl, durch internationale Erfolge der jeweiligen Vereine einen Werbeeffekt für die jeweilige Region bzw. Kommune erhoffen. Allerdings macht es wenig Sinn, hier lange über verschiedene Ziele zu philosophieren. Diese müssen an Hand von konkreten Beispielen untersucht werden, da sie von Stadt zu Stadt und vor allem auch zwischen den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich sind. 7.3.2 Welche Effekte werden durch den Stadionbau tatsächlich induziert? Auch bei diesem Punkt gilt das oben Genannte. Die Effekte, die durch den Stadionbau tatsächlich induziert werden, können nicht verallgemeinert werden und auch nur an Hand von konkreten Beispielen untersucht werden. Soviel sei allerdings schon vorweggenommen, dass die Erfahrung zeigt, dass der Zuseherschnitt in den Stadien kurzfristig tatsächlich nach oben schnellt, allerdings nicht in allen Arenen so hoch | 67 Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen gehalten werden kann. Dies hat natürlich auch zur Folge, dass die Kommunaleinnahmen für die Kommunen in die Höhe schnellen. Es sei allerdings hier angeführt, dass ein Stadion, für eine höhere Anzahl an Zusehern auch immer enorme Probleme mit sich bringt, die im Vorfeld einer solchen Planung oft unterschätzt werden. So ist eine Sportarena eine verkehrlich äußerst heikle Angelegenheit. Muss doch die Stadt für eine geringe Anzahl an Ereignissen eine hochrangige Infrastruktur zur Verfügung stellen, die, falls der jeweilige „Sportpalast“ nicht an einer Siedlungsachse liegt, die meiste Zeit nicht genutzt wird. 7.3.3 Fragestellungen im Detail Welche Bedeutung wird den weichen Standortfaktoren durch die Kommunen beigemessen und werden sie im Stadtmarketing eingesetzt? Welche Bedeutung wird der Freizeitqualität/dem Sport im Rahmen der weichen Standortfaktoren beigemessen? Welcher Stellenwert kommt dem Freizeitwert im Bereich der Wettbewerbssteigerung der Kommunen im Vergleich zu anderen Faktoren (Boden, verwaltungsrechtl. Rahmenbedingungen etc.) zu? Wird Imagebildung in den Kommunen als Element der Stadtentwicklungspolitik gesehen? Werden seitens der Städte auch tatsächlich Maßnahmen gesetzt, eine „Stadt-Identität“ zu erzeugen bzw. zu verstärken? Werden Sport und im Besonderen multifunktionale Sportarenen als Mittel zur Imagebildung im Rahmen des Stadtmarketings eingesetzt? Werden Sportinfrastrukturinvestitionen als Mittel für die Erreichung soziale Ziele eingesetzt? Werden Freizeiteinrichtungen als Maßnahme zur Steigerung der „Stadt-Identität“ gesehen und eingesetzt? Werden multifunktionale Sportarenen als Mittel zur Stadtteilaufwertung gesehen? Wie sind die Gebiete in denen Stadien errichtet wurden in ihrer Qualität einzustufen? Welche Auswirkungen wurden nach der Errichtung der Stadien beobachtet? Welche Maßnahmen wurden im Umfeld begleitend zum Stadienbau getroffen? 68 | Projekt 3 | Multifunktionale Sportarenen Teil A | Grundlagen 8 ANHANG 8.1 QUELLENVERZEICHNIS Literatur: BACHMANN S., BAUMGARTNER G., FEIK R., GIESE K.J., JAHNEL D., KOSTAL M.: Besonderes Verwaltungsrecht, 2001 BERG, Leo van den, e. a.: Sports and city marketing in European cities, Rotterdam, 2002 BÖKEMANN, Dieter: Theorie der Raumplanung. München, Wien, 1984 BRÄNDLE, F., KOLLER, Ch.: „Goooal! Kultur- und Sozialgeschichte des modernen Fußballs“, Orell Füssli, Zürich, 2002 DIETL ,H.M./PAULI, M.: Die private Finanzierung von Fußballstadien – eine rentable Investition? In: Die Bank 2/2001 DIETL, H.M./PAULI, M.: Möglichkeiten privater Stadionfinanzierung im deutschen Profifußball vor dem Hintergrund der Fußball WM 2006, erscheint in: Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, 2001 DIETL, H.M./PAULI, M. 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Abb. 1: 2: 3: 4: 5: 6: Zusammenwirken von Spielfeld, Besucherzonen und Parkplätzen........................................20 Veranstaltungskalender Arena Auf Schalke .......................................................................21 Investitionskosten pro Sitzplatz nach Stadionart ................................................................39 Finanzierungsstruktur der Arena Auf Schalke ....................................................................43 Klassische Finanzierungsstruktur......................................................................................44 Schema eines modernen Finanzierungsmodells .................................................................45 Tab. Tab. Tab. Tab. 1: 2: 3: 4: UVP-G 2000, Anhang 1 ...................................................................................................30 Investitionskosten von Fußballstadien ..............................................................................40 Kostenkomponenten der Gesamtinvestitionskosten............................................................40 Weiche Standortfaktoren.................................................................................................60 Wien, im März 2004 72 |