- XING spielraum

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- XING spielraum
KARRIERE: Mein Leben, mein Job
Network
APRIL 2016
ERST
GEMEINSAM
IN DER WG –
JETZT CHEF
DIE GRÜNDER DES
LUXUSUHRENPORTALS CHRONEXT
ROBOTIK,
BIG DATA & CO
DIE LOGISTIKBRANCHE WIRD
DIGITAL – WER
PROFITIERT?
STEFAN SCHÄFER, 30
WIRTSCHAFTSINFORMATIKER
VW FINANCIAL SERVICES
JOB &
FREIHEIT
ARBEITEN MAL GANZ ZWANGLOS
MITARBEITER UND UNTERNEHMEN
BRECHEN MIT ETABLIERTEN REGELN
IN KOOPERATION MIT
„Some call it work.
I call it: networking.“
Ilka Bewerunge, Betriebsleiterin Audi City. Sie versorgt die Audi Händler weltweit
mit Software-Updates für deren digitale Schauraum-Elemente. So können Kunden
vor Ort ihre individuell konfigurierten Wunschautos in 3D-Optik und in 360 Grad erleben.
Nur ein Beispiel von vielen, wie Vorsprung entsteht, wenn Arbeiten sich nicht
wie Arbeit anfühlt. Weitere grenzüberschreitende Jobs unter vorsprung-bei-audi.de
Aus Visionen Vorsprung machen.
In Kooperation mit
Inhalt
Titel: Foto: Murat Aslan für FOCUS-Magazin. Inhalt: Fotos: Dominik Asbach, Sven Sindt, Stefan Thomas Kröger/alle für für FOCUS-Magazin. Illustration: Ellakookoo für FOCUS-Magazin
32
16
36
Am Puls der Zeit: Chronext-Gründer
Philipp Man und Ludwig Wurlitzer
Hightech für den Schuh: Die Speedfactory
von Adidas
Designer mit Visionen: Szene-Star
Maurice Schadowske
4
Chatroom
Bewerbungsgespräche mit mehreren
Personalern versprechen mehr Erfolg
16
28
„Jede Woche ein Kurzurlaub“
6
Die besten Fänge aus dem Netz
Blogs und Portale für alles, was in der
heutigen Arbeitswelt wirklich zählt
Digitale Uhrmacher
Zwei Gründer beherrschen
das Geschäft mit Luxuszeitmessern im Netz perfekt
20
Coach to go
Genetiker Markus Hengstschläger über
vererbte Talente und lebenslanges Lernen
24
8
T I T E LT H E M A
Die große Freiheit
Wie Mitarbeiter ihre
Idealvorstellungen vom
Job realisieren und
warum die Firmenkultur
dafür wichtig ist
14
Zoom
Netzwerke helfen Deutschen, die im
Ausland arbeiten wollen, und Flüchtlingen,
die nach Deutschland kommen
FOCUS 14/2016
Erlaubt ist, was gefällt
Dem Leben und der Arbeit
Sinn geben – Network zeigt,
wie es geht
Mit Teilzeit für alle steigert ein Gründer die
Kreativität im Mitarbeiterteam
324
Unterwegs auf neuen
Routen
Die Logistikbranche wird
digital – und lässt neue
spannende Jobs entstehen
36
Ladenhüter aus
Leidenschaft
Hipster entdecken den
Einzelhandel für sich
40
MentoringCorner
Tipps von alten Hasen für junge Hüpfer:
So klappt es mit dem Berufseinstieg
42
Moodboard
Frühlingsgefühle: Wichtige
Treffpunkte für Karriere-Macher und
(Design-)Verliebte
3
Chatroom
Neues für Netzwerker
Wer sich bewirbt
und auf ein Trio
trifft, braucht viel
Überzeugungsvermögen
Network-Knigge
Das 6-Augen-Prinzip
Der Grund: Sitzt dem Bewerber nur ein Personalverantwortlicher
gegenüber, lässt sich dieser oft von Vorurteilen leiten oder trifft seine
Entscheidung impulsiv. Jeder Unternehmensvertreter verbindet
Aussehen, Sprache und Werdegang des Kandidaten mit gewissen
Eigenschaften. In einer Gruppe von drei Menschen gleichen sich die
Vorurteile der einzelnen meist aus. Dank der gemeinsamen Auswahl
finden Unternehmen so häufiger den Bewerber, der am besten zu
ihnen passt. Wie die BIT-Studie weiter ergab, wählen Einzelpersonen
bei klar erkennbaren Qualitätsunterschieden zwischen den Kandidaten in 16 Prozent der Fälle die geringer qualifizierte Person.
Übernimmt ein Trio mit unterschiedlichem Fachwissen, Erfahrungen
und Persönlichkeiten die Aufgabe, passiert das nur bei sechs von
100 Personalentscheidungen.
Harte Nüsse
Personaler und potenzielle Vorgesetzte überraschen Bewerber in Gesprächen gern mit unerwarteten Fragen. Die Job-Plattform Glassdoor hat
jüngst die fünf härtesten Fragen unter mehr als 1000 Posts ausgesucht.
Wer gut vorbereitet sein will, sollte sich passende Antworten zurechtlegen.
Was ist Ihr persönliches Geheimnis?
Wie nennt man möglichst schnell alle Primzahlen bis n?
„Welche Informationen gehören in eine
Kontaktanfrage? “
Stellen Sie sich vor, es klingelt an
Ihrer Haustür. Sie öffnen, und vor
Ihnen steht ein Mann, der Ihnen
noch nie begegnet ist: „Ich habe
Ihr Haus gesehen und dachte, wir
sollten Kontakt haben“, erklärt er
Ihnen. Eine solche Kontaktanfrage,
wie sie im persönlichen Miteinander
wohl kaum vorkommt, ist in (beruflichen) sozialen Netzwerken gang
und gäbe: „Hallo, ich habe mir mal
Ihre Seite angeschaut und wollte
Sie kontaktieren.“
Warum aber sollten Sie diesen Kontakt bestätigen? Im Internet ist
Höflichkeit genauso wichtig wie
im persönlichen Miteinander. Also
gehört es zum guten Ton, dass Sie
sich kurz vorstellen. Der andere
will doch wissen, wer Sie sind und
was Sie von ihm wollen.
Die Möglichkeit „Der soll sich halt
mein Profil ansehen“ reicht dazu
bei Weitem nicht aus. Nennen Sie
deshalb Ihren Namen, eventuell
auch Ihre berufliche Position und
Firma, und stellen Sie kurz dar, was
Sie brauchen, sich erhoffen oder
Ihrem Wunschkontakt bieten können. Geben Sie insgesamt einen
guten Grund, Ihre Kontaktanfrage
zu bestätigen.
Bitte versuchen Sie, den jährlichen Verbrauch von Clearasil in Deutschland zu schätzen?
Nennen Sie sieben Dinge, die Sie mit diesem Stift machen können?
Eine Maschine produziert die Milch für Starbucks – wie viele Läden gibt es weltweit?
Wie viele Kühe brauche ich? Wie schnell müssen sie durch die Maschine gehen?
4
Alexandra Sievers aus München ist Chefredakteurin von „Der große Knigge“
(www.stil.de) und Beraterin für überzeugendes Auftreten und wirkungsvolle Rhetorik.
FOCUS 14/2016
F otos: plainpicture, privat Illustrationen: Axel Pfaender für FOCUS-Magazin
Rekrutieren Unternehmen neue Bewerber, wählen sie idealerweise ein
dreiköpfiges Team aus, das über den Kandidaten entscheidet. Das ergab eine
Studie des britischen Behavioural Insights Team (BIT).
In Kooperation mit
M O N TAG
Eine
Network-Woche
im Leben von
Riccardo
Simonetti
INPUT FÜR DIE FANS
Die Woche startet an einem Set für ein
Musikvideo. In erster Linie geht es
darum, der bestmögliche Darsteller zu
sein. Zeitgleich wollen wir aber auch
mehr als 50 000 Menschen über Instagram und Snapchat mit Making-ofBildern und Infos hinter den Kulissen
versorgen.
D I E N STAG
MARKETING-SHOOTING IN MÜNCHEN
Ich schreibe meinen „Anti Homophobie“-Beitrag auf meinem Blog fertig.
Danach fliege ich nach München. Dort
steht ein Shooting für den Blumenlieferanten Fleurop an, mit dem ich
mich selbst unter meinen Fans zum
Valentinstag verlose.
MITTWOCH
Riccardo Simonetti zählt zu
den bekanntesten Bloggern
Deutschlands. Der 23-jährige
Bayer gründete den Blog
„The Fabulous Life of Ricci“,
um seinen Spaß an Mode, sein
Leben als Model und Schauspieler zu dokumentieren.
Er gilt mittlerweile als Impulsgeber in Sachen Mode.
ACHTERBAHNFAHRT IN PARIS
Heute werde ich für gleich drei verschiedene Magazine – und natürlich
meinen Blog – im Disneyland Paris
fotografiert. Zwischen den OutfitWechseln muss genug Zeit sein für
Backstage-Material, Snapchat und
natürlich auch fürs Achterbahnfahren.
BE|GRIFFS|KLÄRUNG
Augmented Reality
Der englische Begriff umschreibt laut gängigen Online-Lexika „die computergestützte Erweiterung der Realitätswahrnehmung“. Sie ergänzt die Situation, in der
sich Menschen tatsächlich befinden, und kann alle Sinnesorgane ansprechen. Wer
ein Fußballspiel im Fernsehen verfolgt, sieht das Spielfeld, die Mannschaften, erhält
im Fall eines Freistoßes aber oft auch computergenerierte Zusatzinformationen. Zum
Beispiel einen Kreis, der zeigt, wie weit der Freistoßpunkt vom Tor entfernt ist. Forscher testen derzeit Navigationsgeräte für Datenbrillen, die Menschen an
Bahnhöfen per eingeblendeter Linie anzeigen, wie
sie von der U-Bahn zum
Bahnsteig kommen. Infos,
ob der Zug pünktlich ist,
soll die Datenbrille gleich
mitliefern wie auch die
Adressen nahe gelegener
Cafés, falls die Bahn auf
sich warten lässt.
FOCUS 14/2016
D O N N E R STAG
ACTION IN PARIS UND BERLIN
Ein neues Foto-Shooting in Paris. Parallel begutachte ich Pressebilder, die
wir für ein Format auf E! Entertainment
gemacht haben. Das war ein Highlight
für mich, weil in der Sendung die tollsten Oscar-Outfits Thema waren. Direkt
im Anschluss geht es zur Berlinale, wo
ein Event den nächsten jagt.
F R E I TAG
AUSTAUSCH VIA BLOG UND MAIL
Heute habe ich frei – eigentlich. Mir
steht aber eine 10-Stunden-Schicht
am PC bevor. Ich will in meinem Blog
die Woche Revue passieren lassen. Ich
muss Hunderte E-Mails beantworten.
Ich könnte nicht glücklicher sein, denn
mein Job besteht darin, ich selbst zu
sein. Ein Privileg, das ich sehr schätze.
82
PROZENT DER BEWERBER
IN DEUTSCHLAND FINDEN
DAS KRITERIUM FREIZEIT
BEI DER WAHL IHRES
ZUKÜNFTIGEN ARBEITGEBERS SEHR WICHTIG
BEZIEHUNGSWEISE
WICHTIG. DAS ERGAB EINE
UMFRAGE DES HAMBURGER
DATENDIENSTLEISTERS
STATISTA.
5
In Kooperation mit
Chatroom
Die XING-Kolumne
Die besten Fänge aus dem Netz
Job mit Zukunft:
Unternehmen
umwerben Ingenieure intensiv
Thomas
Vollmoeller
Website I
Entscheidungshilfe
www.gehalt.de Auf dem Vergleichsportal finden Schulabgänger und Bewerber Informationen zu zehn Berufen, für die Unternehmen künftig besonders viele Bewerber suchen.
Demnach hält die Wirtschaft vor allem Ausschau nach IT-Experten und Ingenieuren, die
das intelligente Auto planen. IT-Sicherheitsexperten und Mathematiker brauchen sie,
um neue Verschlüsselungsmethoden gegen die Kriminalität im Netz zu entwickeln. Auch
Logistiker und Experten für Suchmaschinen – sogenannte SEO-Experten – haben als Berufseinsteiger beste Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Wer noch mehr über einzelne Berufe, Branchen und Gehalt wissen will, findet auf gehalt.de weiterführende Informationen.
App
KammEntGo. Die schlichte App nützt allen Berufstätigen, die ihre Arbeitszeit erfassen
müssen oder wollen. Per Klick können sie ihr Kommen und Gehen bei ihren Auftraggebern
eintragen und verwalten. Die gebuchten Zeiten lassen sich später auf Konten verwalten
und in Listen exportieren, die dann bei Bedarf die anfallenden Kosten der jeweiligen Kostenstelle, dem Projekt und Auftrag zuordnen.
Blog
www.secretsites.de/joblog/ Auf dem Jobbörsen- und Karriereblog findet sich Wissenswertes über Karrierewege, neue Berufsbilder oder Führungsthemen, beispielsweise
was ein Team erfolgreich macht. Auch wer Informationen über Jobs im Ausland sucht,
eine Promotion überlegt oder gerade eine Bewerbung schreibt, bekommt hier gute Tipps.
Website II
www.frankfurt-university.de/fra-uas-hilft Die Frankfurter University of Applied
Sciences (UAS) unterstützt Flüchtlinge. Dafür richtete sie im Herbst 2015 die Koordinierungsstelle „FRA-UAS-hilft“ ein, die bei Studierenden und Lehrenden Unterstützungsangebote sammelt und veröffentlicht. Menschen, die in ihrem Heimatland ein Studium
begonnen haben, sollen die Chance haben weiterzustudieren: Die UAS will ihnen unter
anderem den Hochschulzugang erleichtern – durch Sprachkurse oder Partnerschaften.
6
„Freiheit ist das Einzige, was
zählt“, singt Marius MüllerWesternhagen. Auch wenn
diese Songzeile einen anderen Kontext hat, lässt sie sich
auf die Arbeitswelt übertragen. Freiheit ist der zentrale
Punkt in der Diskussion um
die Arbeitswelt von morgen.
Freiheit im Sinne von Selbstbestimmung oder der Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen. Freiheit, seine Arbeit
so zu gestalten, dass sie zur
Lebenssituation passt – denn
Arbeitszeit ist Lebenszeit.
Lebensqualität und Vereinbarkeit von Freizeit und Job
sind heute vielen Menschen
wichtiger als hohe Gehälter.
Wir sollten die veränderten
Wertmaßstäbe als Chance begreifen. Wir brauchen neue
Formen der Arbeitsorganisation, die dem Wunsch nach
mehr Freiheit gerecht werden.
Das ist gut für die Menschen
– und für die Innovationsfähigkeit von Unternehmen.
Das belegen Studien. Wie
kann diese Freiheit aussehen?
Virtuelle Teams, die weltweit
verstreut und asynchron arbeiten, eine 4-Tage-Woche für
das komplette Unternehmen
oder auf die Betreuung der
Kinder abgestimmte Arbeitszeiten in der Produktion –
die Ansätze sind unterschiedlich. Es gibt kein Richtig
oder Falsch, keine Schablone.
Jedes Unternehmen muss
seinen Weg finden. Ihn herauszufinden ist anstrengend.
Aber es lohnt sich – für Firma
und Mitarbeiter!
FOCUS 14/2016
Foto: plainpicture Illustration: Bernd Schifferdecker
XING-Vorstandschef
Anja gibt
ihr Bestes
Vodafone heißt für mich vor allem mehr
Möglichkeiten. Ein Unternehmen,
das Engagement und Einsatz – besonders
auch von Frauen – zu schätzen weiß
und entsprechend fördert.
Das ist „The Vodafone Way“.
We’re at our best when you’re at yours.
Besuch uns auf vodafone.de/jobs
Vodafone
Power to you
7
DIE
GROSSE
FREIHEIT
8
FOCUS 14/2016
In Kooperation mit
Viele Mitarbeiter fordern
heute mehr Entscheidungsspielraum, sie wollen
eigene Impulse setzen
und verantwortlich mitgestalten. Das kann gelingen,
wenn Mitarbeiter und
Vorgesetzte mitziehen. Vor
allem aber ist es eine Frage
der Unternehmenskultur
Kann nach Laune
planen: Volkswagen
Financial Services
lässt Projektleiter
Stefan Schäfer jede
Menge Freiheiten
FOCUS 14/2016
F oto: Stefan Thomas Kröger für FOCUS-Magazin
S
tefan Schäfer ist ein
Fan von Agilität. Und
als solcher hat er bei
seinem Arbeitgeber
Volkswagen Financial Services
einiges auf den Kopf gestellt.
Der 30-jährige Wirtschaftsinformatiker ist für die Entwicklung des Web-Auftritts, des
Online-Bankings und der Apps
verantwortlich. Als Großprojekt liegt die Überarbeitung der
Web-Seiten auf seinem Tisch.
Der Internet-Auftritt soll für die
Kunden noch besser und komfortabler werden. Als Erstes
entwickelten Schäfer und sein
Team eine neue digitale Antragsstrecke für das Tagesgeldkonto. „Ich wollte mich aber
nicht, wie sonst üblich, ein halbes Jahr einschließen und die
Ergebnisse erst dann, wenn sie
alle abgenickt haben, testen“,
erzählt der Braunschweiger. Er
konnte seine Chefin Barbara
Rosner von einem agilen Vorgehen überzeugen. Ein Team,
zusammengesetzt aus Mit9
arbeitern der Abteilungen,
die an und später mit der Antragsstrecke zu tun haben, erarbeitet gemeinsam mit Testkunden in einem geschützten
Raum per Trial and Error die
Verbesserungen. Alle 14 Tage
trifft sich die Gruppe, um den
Projektstand zu bewerten und
neue Aufgaben festzulegen.
Nicht nur die Ergebnisse
überzeugen. Schäfer merkt,
dass er selbst auch engagierter bei der Sache ist. „Ich sehe
direkt die Auswirkungen der
eigenen Arbeit. Das motiviert
und macht mich zufriedener.“
Dass auch abends noch die eine
oder andere Mail reinkommt,
störe ihn daher nicht. „Ich bin
ja stolz auf die Sache, die wir
da machen – es ist mein Baby.“
Inzwischen hat der Konzern
beschlossen, 50 Prozent seiner
Projekte bis 2020 agil anzugehen. „Wir wollen Verantwor10
tung schrittweise dahin delegieren, wo die Expertise liegt,
und Entscheidungen nicht
mehr starr in der Linie treffen“,
sagt Personalvorstand Christiane Hesse. Die Abteilungen,
die am Ende mit einer Entscheidung arbeiten müssen,
sollen an einen Tisch.
Ganz im Sinne der heutigen Arbeitnehmerschaft: flache Hierarchien, mehr
Einfluss auf das große
Ganze, Gestalter statt
Befehlsempfänger. So
sieht heute für viele das Bild von der
schönen neuen Arbeitswelt aus. Umfragen zeigen, dass
die Übernahme von
Verantwortung, flexibles Arbeiten und ein
kreatives Umfeld für
Mitarbeiter den gleichen Stellenwert bei
Gemeinsam statt
einsam: Stefan
Schäfer hat seine
Vision des interdisziplinären Teams
verwirklicht
Chefin mit Urvertrauen: Barbara
Rosner schätzt
neue Ideen – auch
bei Großprojekten
der Jobsuche haben wie Karrierechancen oder Vergütung.
Der Bergisch Gladbacher Recruiting-Coach Henrik Zaborowski erklärt: „Unternehmen
können auf Grund der heutigen
Wirtschaftssituation nicht mehr
verlässlich versprechen: In den
nächsten 20 Jahren machst du
hier definitiv Karriere. Wenn
es aber eine solche Sicherheit
nicht mehr gibt, dann
wenigstens Freiheit
und Entfaltung, denken sich die Arbeitnehmer.“ Auch Personaler im Unternehmen
merken den Wandel:
Ging es vor 20 Jahren
in Vorstellungsgesprächen vornehmlich um
Jobinhalte und Gehalt, fragen die Bewerber heute verstärkt
nach der Unternehmenskultur.
FOCUS 14/2016
In Kooperation mit
F otos: Stefan Thomas Kröger (2), Sven Sindt/beide für FOCUS-Magazin
„FREIHEIT IST EINE
TYPSACHE“
Viele Firmen reagieren darauf. In Jobanzeigen betonen
sie Eigenverantwortlichkeit,
sie trainieren ihre Führungskräfte in Sachen freiheitliches
Arbeiten und stellen gemeinsam mit ihnen neue Führungsgrundsätze auf. „Dabei ist freiheitliches Arbeiten weniger
ein Generations-, sondern ein
Kulturthema“, glaubt Christiane Grunwald, Personalleiterin
bei dem Ditzinger Maschinenbauer Trumpf. „Es geht darum,
wie wir gemeinsam an einem
Produkt arbeiten, sodass Arbeit
sinnstiftend ist, aber auch Leistung und Ergebnis stimmen.“
Dass Unternehmen, die sich für
mehr
Mitbestimmung entschieden
haben, oft nachhaltig
erfolgreich
sind, kann Andreas
Zeuch bezeugen.
Der Unternehmensberater hat für sein
Buch „Alle Macht
für niemand“ Firmen aufgespürt, die
konsequent Unternehmensdemokratie
leben. Die Volksbank Heilbronn etwa, die alle Hierarchieebenen abgeschafft hat, die
Farbenwerke Wunsiedel, die ihre Mitarbeiter entscheiden lassen, welche
Aufgaben sie – unabhängig von der
Stellenbeschreibung
– erledigen wollen,
oder Hoppmann Autowelt, die ihre Angestellten an allen Entscheidungen unmittelbar beteiligt.
„Bei allen konnte ich sehen,
dass ein positives Sinnerleben
die Mitarbeiter glücklicher
macht und sich positiv auf ihre
Leistung auswirkt“, resümiert
Zeuch.
Ähnlich hat es Florian Weigmann erlebt. Der 45-JähriFOCUS 14/2016
ge kam zu Maschinenbauer
Trumpf, um Neues zu erdenken. Anfang 2015 engagierte
ihn das Familienunternehmen
als Abteilungsleiter Cloud. Sein
Auftrag: Schaffen Sie eine Lösung, die den nächsten Schritt
in Richtung Industrie 4.0 geht
– eine Plattform, die die Kunden von Trumpf nutzen können, um via kluger Vernetzung
Produktionsprozesse effizienter
Genießt viele
zu machen. „Ein
Freiheiten im Job:
MaschinenbauAlexander Bellin,
er entwickelt eiChef des Onlinene Software-PlattMarketings beim
form – das war
Mode-Start-up
About You
für uns alle eine neue Reise“,
betont der BWLer. Für ihn
stand von vornherein fest: Er
braucht Freiraum, um eigene
und vielleicht ungewöhnliche
Entscheidungen zu treffen.
Sein Chef gewährte ihm diesen Vertrauensvorschuss. „Natürlich habe ich an ihn berichtet“, sagt Weigmann, „aber
Die Hamburger Karriereberaterin Svenja
Hofert erklärt, warum Mitarbeiter im Job
auch Grenzen brauchen.
Freiheit im Job, selbstbestimmtes
Arbeiten: Das klingt gut. Aber ist das
wirklich für jeden etwas?
Ob man mit dieser Arbeitsweise klarkommt, ist
Typsache. Ich kenne viele, die die große Freiheit im
Job gar nicht unbedingt wollen. Sie sind sozusagen
der Typ Dienstleister: Gebt mir klare Vorgaben, ich
setze sie perfekt um.
Freiheitliches Arbeiten setzt voraus, dass man
selbstbewusst Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen möchte. Dabei muss
man auch aushalten können, dass etwas einmal
nicht ganz klar geregelt ist und man selbst ausprobieren muss.
Welche Folgen kann es haben,
wenn man damit am Arbeitsplatz
nicht umgehen kann?
Das kann zu Überforderung und Stress führen.
Einige Mitarbeiter fühlen sich ohne Regeln, an
denen sie sich orientieren können, schlichtweg
unwohl. Sie haben stets das Gefühl, ihren Aufgaben nicht gerecht zu werden.
Hinzu kommt die immer komplexer werdende Arbeitswelt. Es gilt, immer mehr Wissen und
Aspekte bei Entscheidungen zu berücksichtigen – was oft zu viel ist. Also fängt man an, sich einfach durchzuwurschteln, und wird seinen eigenen
Ansprüchen vielleicht nicht mehr gerecht.
Aber auch die Freiheitsliebenden laufen Gefahr,
in die Stressfalle zu tappen. Nämlich dann, wenn
sie das selbst angestoßene Hamsterrad nicht mehr
aus eigener Kraft stoppen können.
Und was ist mit den Vorgesetzten?
Da treffen in der Tat derzeit oft zwei Welten aufeinander. Auch Führungskräfte, die jahrelang eine
bestimmte Art des Führens verinnerlicht haben,
können sich nicht von einem Tag auf den anderen
ändern. Wenn Unternehmen nun aber von oben
plötzlich eine andere Maxime vorgeben, führt das
oft zu verrückten Neuinterpretationen von Freiheit – und zu noch weniger Orientierung für alle.
Freiheitliches Arbeiten und das Fördern von freiheitlichem Arbeiten muss in der inneren Einstellung
verankert sein und nicht gemacht werden, weil man
meint, dass man das jetzt tun müsse.
Wie können sich Mitarbeiter schützen?
Wer merkt, dass er mit allzu viel Freiheit am
Arbeitsplatz nicht zurechtkommt, muss das ernst
nehmen. Das ist kein Versagen. Hat er herausgefunden, was ihn stresst, kann er dort ansetzen
und ein Gegengewicht aufbauen. Vielleicht hilft es
schon, die eigenen Ansprüche herunterzuschrauben. Andere müssen lernen, Arbeit und Privates
besser voneinander abzugrenzen.
11
12
Bürohaus. Mitte 2016 soll die
erste Version von Axoom auf
den Markt kommen.
Als Chef versteht sich Weigmann als Coach, der seine
Leute dort einsetzen muss,
wo sie gut spielen können
und wollen. „Ich sehe durch-
MITTENDRIN IM WANDEL
Mitbestimmen, eigenständig entscheiden und – falls
nötig – sogar den Chef selbst auswählen: Das Medienund Software-Haus Haufe schreibt den aktuellen Wandel
der Arbeitswelt groß. Als Unternehmen, das innerhalb
der Gruppe viel Wert legt auf Grundwerte wie Demokratie
und Mitbestimmung für alle seine Mitarbeiter. Die Beschäftigten von Haufe-umantis beispielsweise wählen
ihren Chef selbst. Aber auch als Anbieter von Seminaren
und Lernsoftware rund um die Themen Arbeitswelt von
morgen, Weiterbildung und Beratung. Schließlich, so die
Philosophie der Unternehmensgruppe, sind es immer
die Mitarbeiter, die ein Unternehmen erfolgreich machen.
FOCUS 14/2016
F oto: Dominik Pietsch für FOCUS-Magazin
mehr im Sinne eines 4-AugenGesprächs. Er war mein Sparringspartner.“ Aus früheren
Jobs kennt der Karlsruher das
anders. „Weil alles kontrolliert
werden soll, reportet man sich
tot und kommt in der Sache
nicht weiter.“
Die Idee, die schließlich entstand, war unerwartet: Für die
Kunden mache es nur Sinn,
eine offene Plattform zu entwickeln. Eine, die Kunden
auch unabhängig von TrumpfMaschinen nutzen können. Es
galt also, ein großes Netz an
Partnern zu knüpfen, zu denen
auch andere Maschinenbauer
gehören. „Dafür mussten wir
uns aber ein Stück weit von
Trumpf herauslösen.“ So kam
es zur Gründung des TrumpfStart-ups Axoom – mit Weigmann als Geschäftsführer. Sein
inzwischen 28-köpfiges Team
residiert in einem Karlsruher
Kann jederzeit
Neues entwickeln: Florian
Weigmann
schätzt seine
Möglichkeiten
bei Trumpf
aus, dass bei Weitem nicht
jeder Verantwortung übernehmen möchte. Wer aber frei
spielen will, den lasse ich – im
Rahmen unserer Ziele – auch
laufen.“
Für Alexander Bellin ist anderes Arbeiten gar nicht denkbar.
Er leitet das Online-Marketing
bei dem Hamburger ModeStart-up About You. Für den
27-Jährigen bedeutet freiheitliches Arbeiten, dass er selbstständig entscheiden kann, wie
er die Zielvorgaben der Geschäftsführung erreicht. „Wer
eine gute Idee hat, wie wir unsere Produkte auf Web-Seiten
besser präsentieren können,
bekommt Budget dafür und
kann sie eigenständig oder
mit dem Team umsetzen – sei
es als Praktikant oder Teamleiter“, sagt der Hamburger.
Mit anderen Worten: Wer
Leistung bringt, kann auch
schnell Verantwortung übernehmen. Eine Tatsache, mit der
Start-ups generell im Kampf
um junge Talente punkten.
„Das setzt viel Motivation voraus“, schränkt Bellin ein. „Wir
fühlen uns hier aber alle ernst
genommen, so kommt der Antrieb von allein.“
Wichtige Voraussetzung sei
zudem die Fehlerkultur in einem Unternehmen. „Wir probieren viel aus. Dabei sind
Fehler willkommen, denn nur
aus ihnen können wir lernen“,
erklärt der Manager. Seine
Aufgabe als Vorgesetzter sei
es, seinem 40-köpfigen Team
zu zeigen, dass Schnelligkeit
im Online-Marketing wichtiger ist als Perfektionismus.
Dazu gehören laut Marketingexperte Bellin auch Fehler, solange sie nur einmal gemacht
werden.
Bei Start-ups wie About
You scheint freiheitliches Arbeiten bereits genetisch verankert zu sein. „In Konzernen ist ein Wandel mitunter
schwieriger“, beobachtet Autor Zeuch.
In Kooperation mit
„Sowohl Mitarbeiter als auch
Vorgesetzte müssen mit Freiheit
umgehen können und wollen,
andernfalls kann die Arbeitsweise auch belastend sein“, sagt
Karriereberaterin Svenja Hofert
(s. Kasten S. 11). Es gebe immer
Mitarbeiter, die klare Vorgaben
bevorzugen, und Vorgesetzte,
die Kontrollverlust fürchten.
Auch in Traditionsfirmen wie
Trumpf oder VW Financial Services arbeiten noch Kollegen,
die Führung – generationsbedingt – anders gelernt haben.
Um sie abzuholen, setzen die
Firmen auf offene Kommunikation und vorsichtiges Antesten.
Damit das Modell Freiheit
funktioniert, müssen Mitarbei-
ter nach Ansicht von Personalern innerlich unabhängig genug sein, um Entscheidungen
treffen zu wollen. „Sie müssen
zudem das große Ganze im
Unternehmen sehen und die
eigene Arbeit einordnen können“, sagt Recruiting-Coach
Zaborowski. Die Führungskraft dagegen muss weniger
Bestimmer, sondern Beobachter und Moderator sein. Wichtige Soft Skills für beide Seiten sind Kommunikationsstärke, Fehlertoleranz und
Kritikfähigkeit.
So wäre etwa auch AgilitätsFan Schäfers Vorstoß ohne die
Unterstützung seiner Chefin
nicht möglich gewesen. Kei-
„Weil
alles kontrolliert
werden
soll,
reportet
man sich
tot und
kommt in
der Sache
nicht
weiter“
Florian Weigmann
Geschäftsführer
Axoom
ne klassische Meilensteinplanung, keine Entscheidungsgremien, ein interdisziplinäres
Team einfach mal über einen
bestimmten Zeitraum hinweg
ergebnisoffen arbeiten lassen –
beinahe revolutionär für einen
Konzern. Weil die 45-Jährige
ihrem Personal aber schon
immer viel Vertrauen entgegenbrachte, hat sie sich von
der Idee ihres Mitarbeiters
schnell anstecken lassen. „Im
Rahmen des Projekts fungiere ich selbst eher als Tippgeberin und Beraterin und
greife nur ein, wenn es wirklich erforderlich ist.“
MELANIE RÜBARTSCH
www. her-CAREER.com
„Die Welt der (Banken-) IT war lange Zeit eine reine
Männerdomäne. Aber das ist vorbei! Mein Ziel ist es,
diese innovative und sich schnell wandelnde Branche
noch vielfältiger und für Frauen attraktiver zu
gestalten. Die Teilnahme an der herCAREER bietet
den perfekten Rahmen für einen intensiven Austausch
und ich freue mich auf spannende Gespräche und
Diskussionen mit Ihnen.“
Jörg Staff, Vorstand und Arbeitsdirektor, Fiducia & GAD IT AG
und Table Captain der herCAREER@Night
CAREER
Die Karrieremesse für Absolventinnen,
Frauen in Fach- und Führungspositionen
und Existenzgründerinnen
Jetzt
Aussteller werden
! 13. - 14. OKTOBER 2016
Aussteller-Anmeldung und Informationen:
+49 89 124 14 63 - 0,
[email protected]
MTC, MÜNCHEN
Hauptmedienpartner
Zoom
Interessante Netzwerke und wem sie nutzen
Campusleben im
Ausland: Das akademische Leben
wird international
D
A
D
A
Hochschulvertreter und Wissenschaftler aus der ganzen Welt treffen sich
alle zwei Jahre in Bonn
zur Netzwerkkonferenz des
Deutschen Akademischen
Austauschdienstes (DAAD).
2016 findet der Termin am
7. und 8. Juli statt. Lehrpersonal, Wissenschaftler und
Graduierte mit internationalen Ambitionen können
sich hier über die Möglichkeiten eines Auslandsein14
satzes informieren. Auf dem
Programm stehen zahlreiche Fachvorträge, die einen Überblick über die
Hochschul- und Bildungslandschaft ausgewählter
Länder geben. Überdies
legen die Veranstalter großen Wert auf den individuellen Austausch zwischen
den Teilnehmern: Wer vorab ein Einzelgespräch
bucht, kann sich persönlich
mit den Leitern von mehr
als 70 DAAD-Vertretungen
weltweit zu länderspezifischen Themen austauschen
oder erstmals internationale Kontakte knüpfen.
An diversen Länder- und
Sondertischen haben die
Besucher zudem die Möglichkeit, den Kollegen des
weltweiten DAAD-Netzwerks sowie der Bonner
Zentrale ihre Fragen zum
akademischen Leben im internationalen Kontext sowie
zur Organisation eines Auslandsaufenthalts zu stellen.
Die Teilnahme kostet 360
Euro. Mehr Informationen
finden Interessierte im Internet.
http://bit.ly/1psrZco
FOCUS 14/2016
F otos: Getty Images (3), DG Fotografie/Doreen Giese
PFLICHTTERMIN
In Kooperation mit
Musik verbindet:
Das Netzwerk
CreAid hilft
Flüchtlingen bei
der Integration in
Deutschland
MUSIKALISCHE
WILLKOMMENSKULTUR
Flüchtlinge, die in ihrem Herkunftsland als Berufsmusiker gearbeitet haben,
sollen in Deutschland leichter Fuß fassen können: Dieses Ziel hat sich das
Berliner Netzwerk CreAid gesetzt. Die Initiatoren wollen geflüchteten in
Berlin registrierten professionellen Musikern, Tontechnikern oder Musiklehrern einen Einstieg in die hiesige Musik-Szene ermöglichen. Gleiches
gilt für Migranten, die nicht als Flüchtlinge nach Berlin gekommen sind.
Im Jahr 2014 verdienten etwa 127 000 Selbstständige und Arbeitnehmer
deutschlandweit in diesem Bereich ihren Lebensunterhalt. Laut der Studie
„Musikwirtschaft in Deutschland“ sind das mehr Menschen als in jeder
anderen Medienbranche. Musik ist damit mehr als nur ein Mittel zur Völkerverständigung ohne Worte.
http://bit.ly/1TTHerL
MÄDELS IN DEN
MEDIEN
Webgrrls.de ist ein bundesweites BusinessNetzwerk für Frauen, „die in, für oder mit
neuen Medien arbeiten“ oder einen solchen Job
anstreben. Dabei verfolgt der Verein das Motto
„First give, then take“ – erst geben, dann nehmen. 600 weibliche Fach- und Führungskräfte
aus dem Bereich Web-Design, Informatik, aber
auch Beraterinnen, Journalistinnen und Datenbank-Expertinnen profitieren bereits vom
Austausch und der Unterstützung durch ihre Netzwerk-Kolleginnen. Zudem engagiert sich
der Verein politisch: Er setzt sich unter anderem für die Verbesserung der Arbeits- und
Aufstiegsmöglichkeiten von Frauen ein. Regionale Bündnisse wie zum Beispiel Hessen-IT,
der Unternehmerinnentag NRW oder Stadtbund der Münchner Frauenverbände ergänzen
die bundesweite Arbeit der Initiative.
HEIMAT
FÜR MBAs
Die MBA-Association of Germany
(MBA-A) will den internationalen
Wissensaustausch unter jenen
fördern, die den Titel eines Master
of Business Administration (MBA)
erworben haben. Der 2000 gegründete Berufsverband mit Sitz
in Hamburg verfolgt das Ziel, ein
möglichst großes ManagementNetzwerk von MBA-Absolventen
aufzubauen. Studenten, die den
MBA erst angehen, dürfen an
dem Netzwerk ebenfalls partizipieren. Die Mitglieder der MBA-A
kommen aus der ganzen Welt
und treffen sich regelmäßig, um
Kontakte zu knüpfen oder sich
über Know-how zu Managementthemen auszutauschen.
www.mba-a.de
LIZENZ FÜR
EINEN FITNESSCLUB
Angelina Schmidt überzeugte alle: Die
22-jährige Studentin für Sportmanagement gewann beim Wettbewerb „Gemeinsam durchstarten“, den NETWORK und
das Franchise-Unternehmen Mrs.Sporty
im Herbst 2015 ausgelobt hatten. Schmidt
ließ knapp 80 weitere Bewerber hinter
sich und sicherte sich das Startkapital von
17 900 Euro für die Eröffnung eines
Mrs.Sporty-Fitness-Studios. Die Hessin,
die schon als Trainerin bei Mrs.Sporty tätig
ist, will mit dem Geld noch diesen Herbst
ihren ersten eigenen Club eröffnen.
www.webgrrls.de
FOCUS 14/2016
15
Philipp Man und
Ludwig Wurlitzer
studierten beide in
London und gründeten
das erfolgreiche
Uhrenportal Chronext
16
FOCUS 14/2016
In Kooperation mit
Die Gründer des Luxusuhren-Portals
Chronext nehmen sich die Freiheit,
ihr Unternehmen ganz nach eigenen
Vorstellungen zu führen – selbst
auf die Gefahr hin, Fehler zu machen
DIGITALE
UHRMACHER
F otos: Dominik Asbach für FOCUS-Magazin
S
o klingt die Geschichte des Luxusuhren-Portals Chronext als typische
Internet-Start-up-Story: Zwei Studenten bringen à la Facebook-Gründer
Mark Zuckerberg ihr eigenes E-CommerceUnternehmen an den Start. Chronext jedoch
auf die digitale Welt zu beschränken wird
der Firma mit Sitz in Köln und im Schweizer Zug nicht
gerecht. Denn die Geschäftsidee, die Philipp Man und
Ludwig Wurlitzer vor gut drei Jahren in der kleinen Küche ihrer Londoner Studenten-WG hatten, ist mehr als ein
Ebay für Luxusuhren.
Der entscheidende Unterschied – auch zu Konkurrent
Chrono24: Chronext bringt nicht nur Käufer und Verkäufer via Internet zusammen. Die gesamte Kaufabwicklung
läuft über die Kölner Firma. Dort wird jede Uhr, die über
die Plattform ihren Besitzer wechselt, auf Echtheit geprüft,
bei Bedarf repariert und gewartet. Für den Käufer gibt es
ein Zertifikat und eine 24-monatige Garantie. „Wir möch-
FOCUS 14/2016
ten, dass sich unsere Kunden nur auf den
angenehmen Part des Uhrenkaufs konzentrieren, nämlich für welches Modell sie sich
entscheiden“, sagt Unternehmensgründer
Wurlitzer. „Alle Sicherheits- und Logistiksorgen beseitigen wir“, fügt sein Kompagnon Man hinzu.
Und so ist das Herzstück des Unternehmens die Uhrmacherwerkstatt. Hier ist wenig zu spüren von Start-up-Fieber, hier wird klassisches Handwerk betrieben: Mit Lupe,
Pinzette und Schraubenzieher zerlegt Uhrmachermeister
Karl-Heinz Heiß gemeinsam mit zwei Kollegen sorgfältig
edle Zeitmesser von Rolex, Omega & Co. in ihre oft mehr
als 150 Einzelteile. Reinigt, repariert und checkt sie. Der
56-Jährige bringt gut 38 Jahre Berufserfahrung mit, keine
noch so gut gemachte Fälschung entgeht seinem Kennerblick. Nebenan brütet das Vertriebsteam über Internationalisierungsstrategien, kümmern sich die Programmierer
unter Leitung von Unternehmensgründer Wurlitzer um
17
ren an, überwiegend Klassiker
von Rolex, Omega, Breitling, Tag
Heuer und anderen namhaften Uhrenmanufakturen. Daneben auch teure
Sammlerstücke
– sogenannte
Vintage-Uhren,
die älter als 20 Jahre sind, beispielsweise von Patek Philippe.
90 Prozent der Uhren sind
Neuware von Händlern oder
den Herstellern selbst.
Über Preis und Verfügbarkeit will sich Chronext vom
klassischen Uhrenhandel absetzen: Käufer können je nach
Modell und Zustand zwischen
fünf und 30 Prozent sparen.
„Außerdem gibt es viele Liebhaberstücke nur gebraucht,
das macht gerade ihren Wert
aus“, betont Uhrenfreund Wurlitzer, der selbst eine Omega
„Seamaster“ trägt.
Nicht nur die Liebe zu den
Luxusuhren verbindet die
Gründer, sie haben auch ähnliche Vorstellungen davon,
wie sie ihr Unternehmen und
ihre mittlerweile gut 60 Mitarbeiter führen. Chronext
wächst schnell,
so schnell, dass
die bisherigen
Büroräume in einem Backsteinhaus in KölnMülheim längst
aus allen Nähten platzen. Sein
eigenes Büro hat
Geschäftsführer
Man längst aufgegeben, um für neue Mitarbeiter Platz zu machen. Er ist
ohnehin meist unterwegs: zwei
Tage Köln, ein Tag London, ein
bis zwei Tage in der Schweiz.
Eine eigene Wohnung hat der
24-Jährige derzeit nicht, nur
ein Zimmer bei seinen Eltern
in der Schweiz – sonst übernachtet er bei Freunden, lebt
aus dem Koffer – ein moderner
Job-Nomade.
Die große Küche, Aufenthaltsraum der aktuellen Büroräume, erinnert an die Anfänge
in der Studenten-WG. Dort
wird mittags oft gemeinsam
gekocht, Sessel und Sofas laden zum Entspannen ein, und
auch der für Start-ups fast obligatorische Kicker darf nicht
fehlen. Jeden Dienstagmorgen, vor dem Wochen-Meeting, steht gemeinsamer Früh-
F otos: Dominik Asbach für FOCUS-Magazin
die technische Infrastruktur
des Web-Portals.
So gegensätzlich die beiden
Welten, die Chronext verbindet, so grundverschieden sind
auch die Gründer: Man, 24
Jahre, der Extrovertierte, ist
ständig unterwegs, um Geldgeber, Handelspartner und
Hersteller zu überzeugen.
Der gleichaltrige Wurlitzer
ist der Ruhepol und
technische Kopf von
Chronext, der im digitalen Maschinen„WENN BEI
raum des Start-ups
UNS DIE
die Online-Plattform
weiterentwickelt.
HÜTTE BRENNT,
Die Rollenverteilung
ERWARTE ICH,
ist klar, die Gründer
kennen sich gut. Sie
DASS ALLE
haben gemeinsam am
AUCH MAL
renommierten Londoner King’s College
LÄNGER BLEIManagement studiert
BEN, OHNE
und sich drei Jahre
lang eine Wohnung
AUF DIE UHR
geteilt. „Wir ergänZU GUCKEN“
zen uns perfekt – und
haben ein gemeinsames Ziel, Chronext als
die Marke für LuxusPhilipp Man, Chronextuhren zu etablieren“,
Gründer und unkonvensagt Man.
tioneller Chef
Derzeit bietet das
Portal etwa 12 000 Uh-
18
FOCUS 14/2016
In Kooperation mit
sport im geräumigen Flur auf
dem Programm: Reihum darf
jeder Mitarbeiter eine Übung
für seine Kollegen auswählen:
„Da machen sich dann alle –
Chef wie Angestellter – auch
mal zum Hampelmann“, erzählt Man lachend.
Eine klassische Karriere bei
einem Konzern oder in der Unternehmensberatung war für
die Management-Absolventen
nie eine Thema: „Wir wollten uns mit Anfang 20 nicht
in feste Strukturen zwängen
lassen, sondern unser eigenes
Ding aufbauen“, erzählt Wurlitzer. „Selbst auf die Gefahr
hin, Fehler zu machen“, fügt
Man hinzu.
Arbeitgeber zu sein, das war
ein Lernprozess für die Gründer. „Anfangs haben wir eher
unstrukturiert eingestellt und
gedacht, wir kommen ohne
feste Prozesse und Organisation aus“, erinnert sich Man.
Um Struktur in die operativen
Abläufe zu bringen, holte sich
das Gründerteam vor gut einem Jahr Volker Grötsch ins
Management, einen erfahrenen Unternehmensberater.
Das Ruder lassen sich Man
und Wurlitzer aber nicht aus
der Hand nehmen, sie genießen die Freiheit, ihr eigener
Herr zu sein: „So kann ich
auch im Job ganz ich selbst
sein und so arbeiten, wie ich
es für richtig halte“, sagt ITExperte Wurlitzer. Dazu gehört
Transparenz: In jedem Büro
zeigt ein großer Bildschirm an
der Wand die aktuellen Kennzahlen: Tagesumsatz, Kundenanfragen im Callcenter,
durchschnittliche Wartezeiten, Marketingkosten, Besucher der Web-Seite. „Jeder soll
wissen, wo wir gerade stehen“, erklärt Man. Das soll
Vertrauen schaffen, Ehrgeiz
wecken und die Identifikation der Mitarbeiter sichern.
Die ist dem Jungunternehmer,
der selbst rund um die Uhr für
die Firma im Einsatz ist, wichtig: „Wenn bei uns die Hütte
brennt – wie vergangenes Jahr
kurz vor Weihnachten –, erwarte ich, dass alle auch mal
länger bleiben, ohne auf die
Uhr zu gucken.“
FOCUS 14/2016
Qualität und Transparenz sind Chronext wichtig:
Alle Mitarbeiter werden ständig über die Kennzahlen
informiert
PRÄZISIONSARBEIT
Gründung: 2013
Entwicklung der Mitarbeiterzahl:
2014: 12 / aktuell: 65 / geplant bis Ende 2016: 130
Umsatz: ein deutlich zweistelliger Millionenbetrag
für 2015 und 2016
Angebot: 12 000 Uhren
teuerste verkaufte Uhr: 540 000 Euro
für eine Patek Philippe
Durchschnittsverkaufspreis: 6800 Euro
Höhe der Kommission: 10–35 Prozent
www.chronext.de
Da wundert es nicht, dass
in den neuen Kölner Büroräumen, die Chronext im Sommer
beziehen wird, ein separates
Zimmer mit drei Schlafkojen
vorgesehen ist. „Wer will, kann
dort ein kurzes Mittagsschläfchen halten“, erklärt Man und
fügt schmunzelnd hinzu: „Ich
werde das sicher oft nutzen,
weil ich permanent zu wenig
Schlaf bekomme.“ Das glaubt
man ihm sofort, er wirkt müde,
ein wenig gehetzt. Auf seinem
Handy gehen Nachrichten und
Mails im Minutentakt ein.
Der Druck für die Gründer ist
groß. Bereits nach einem Jahr
stand die Firma kurz vor dem
Aus. Die Startfinanzierung von
Business Angels und einem Family-Office war aufgebraucht.
„Damals hatte ich große Angst,
dass wir Chronext vor die Wand
fahren“, erinnert sich Man, der
damals unzählige Gespräche
mit potenziellen Investoren
führte, bis er schließlich unter
anderen Jörg Binnenbrücker,
Geschäftsführer des Kölner
Wagniskapitalfonds Capnamic,
überzeugen konnte.
„Der Markt für Luxusuhren
ist riesig, sehr Old School und
bislang kaum digitalisiert. Diesen verkrusteten Markt aufzubrechen und fürs Internet zu
öffnen – darin liegt das Potenzial von Chronext“, erklärt
der Investor. Auch das Gründungsteam überzeugte Binnenbrücker: „Die beiden sind
sehr gut vernetzt – und mit
Leidenschaft und Umsetzungsstärke bei der Sache. Da habe
ich sofort echtes Unternehmertum gespürt.“
Und Wachstumspotenzial:
Dem ersten Flagship-Store in
der Londoner City, den Chronext im November 2015 eröffnet hat, soll im Herbst ein weiterer in New York folgen. Zudem
arbeiten Man und Wurlitzer an
der Expansion des Online-Portals in Europa: Benelux, Frankreich, Spanien, Skandinavien.
Es gibt viel zu tun. Doch am
Ende haben auch die Tage
von Wurlitzer und Man nur
24 Stunden – egal, welche Uhr
sie tragen.
n
KATJA STRICKER
19
In Kooperation mit
Coach to go
Fünf Tipps, wie Sie Ihr Talent erfolgreich managen, von Bestsellerautor Markus Hengstschläger
1
über sich selbst helfen dabei.
Versuchen Sie laufend, ehrlich
zu sich selbst zu sein.
Egal, ob soziale Kompetenz, Empathie
oder Teamfähigkeit –
wer hierfür kein Talent mitbringt, kann die Herausforderungen nicht meistern. Stellen sich 20 Kinder in einem
Turnsaal auf ein und dieselbe
Stelle, haben sie nur eine geringe Chance, einen Ball zu
fangen, von dem sie nicht wissen, woher er kommt. Wer den
Ball fangen will, muss vorher
plausibel kalkulieren, woher
der Ball kommen könnte.
Wer das tut, kann sich an der
vermeintlich richtigen Stelle
positionieren. Dafür muss jedes Kind seinen Stärken entsprechend woanders stehen,
und jeder gefangene Ball zählt
für das Team. Jeder muss also
die Stärken seines Teams optimal einsetzen – das gilt auch
im Management.
4
Verinnerlichen Sie
das Prinzip „Talent“: Jeder Mensch
kommt mit seinen individuellen genetischen Leistungsvoraussetzungen auf die
Welt. Gene sind aber nur Bleistift und Papier, die Geschichte
schreibt jeder selbst. Daher
sind die genetischen Veranlagungen nur dann etwas wert,
wenn man sie nicht nur entdeckt, sondern auch durch hartes Training fördert. Nur wer
übt, erzielt eine besondere
Leistung beziehungsweise Erfolg. Aber Üben führt nicht bei
allen zum gleichen Erfolg.
2
Verbessern Sie Ihre
Stärken. Wer sich nur
mit seinen Schwächen beschäftigt und
dadurch kaum Zeit findet,
seine Stärken zu fördern,
schlittert in die Durchschnittsfalle. Letztendlich kann er
dann nichts gut. Wichtig ist
vielmehr, sich Raum zu schaffen für besondere Leistungen,
indem man seine Talente umsetzt. Man muss wissen, was
man kann – und was nicht
– und was man will. Ehrliche Eltern, Lehrer, Freunde,
Kollegen und Chefs, aber vor
allem viel Ehrlichkeit gegen-
5
3
20
„Wer einen neuen
Weg gehen will,
muss den alten verlassen.“ Wer seine
Talente nur dafür einsetzt,
etwas gut zu machen, das es
schon gibt, verschwendet seine
Ressourcen. Um für die neuen
Fragen Antworten zu finden,
braucht es Individualität, Kreativität und Flexibilität. Sie
sind die Voraussetzungen für
Innovationen. Löst sich nur ein
Kind aus der Gruppe, die in der
Turnhalle einen Ball fangen
will, verdoppelt es die Wahrscheinlichkeit auf einen erfolgreichen Fang. Ob jeder Einzelne für sich selbst oder der
Manager für sein Team – alle
müssen daran arbeiten, den
Mut aufzubringen, um individuelle Talente umzusetzen.
Markus Hengstschläger
Der Autor leitet das Institut für Medizinische Genetik an der Universität
in Wien. Hengstschläger schrieb den
Bestseller „Die Durchschnittsfalle“
(Ecowin Verlag, 21,90 Euro) und ist
ein international gefragter Redner.
FOCUS 14/2016
Illustration: Aron Vellekoop Leon für FOCUS-Magazin Foto: privat
„Nur ein schön gespitzter
Bleistift
schreibt eine Geschichte“ – schaffen
Sie also ideale Voraussetzungen für sich oder die Menschen
in Ihrem Team: Wer all seine
Talente umsetzen will, sollte
sein privates Leben, aber auch
seine physische und psychische Gesundheit immer im
Auge behalten. Und er muss
konsequent und ständig daran
arbeiten, möglichst immer mit
sich im Reinen zu sein.
„Wer sich
nur mit
seinen
Schwächen
beschäftigt, wird
nie richtig
gut“
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24
FOCUS 14/2016
In Kooperation mit
ERLAUBT
IST,
WAS
GEFÄLLT
Illustration: Ellakookoo für FOCUS-Magazin Foto: Marko Priske für FOCUS-Magazin
S
ich eine Auszeit vom Job
zu nehmen, davon träumen 43 Prozent der Deutschen. Das ergab eine Studie
des Online-Portals Wimdu. Die
wenigsten setzen ihre Wünsche
aber tatsächlich um, sei es aus
finanziellen Gründen, weil der
Arbeitgeber es verhindert oder
weil die familiäre Situation es
nicht zulässt. Auch ein möglicher Karriereknick lässt viele
zögern. Manchen Beschäftigten fehlt auch schlicht der Mut,
das Thema anzugehen.
Dabei haben Pausen vom
Büro oder reduzierte Arbeitszeiten oft einen erkennbaren
Nutzen: „Man kann in der
freien Zeit sein Leben wieder
ins Gleichgewicht bringen,
seine Batterien aufladen und
ist damit motivierter für den
Job“, erklärt Sabine Keiner,
Life-Balance-Coach in Köln.
Sie hat sich vor einigen Jahren
selbst eine Auszeit gegönnt
FOCUS 14/2016
und sich anschließend selbstständig
gemacht. Der Großteil ihrer Klienten
sucht nach leistungsorientierten Jahren im Job
einfach mehr Sinn im Leben.
„Die meisten wollen sich weiterbilden, einen lang gehegten Traum erfüllen oder ein
eigenes Geschäft aufbauen“,
weiß Keiner. „Leider stehen
sich viele selbst im Weg oder
fürchten sich davor, mit ihrem
Wunsch zum Chef zu gehen.“
Zu Unrecht. Viele Firmen sind
offener als vermutet.
Diese Erfahrung hat Robert Kampczyk gemacht. Der
33-Jährige reduzierte 2015
seine Arbeitszeit auf 60 Prozent, ist aber für seine Kunden weiterhin flexibel erreichbar. Der Informatikkaufmann
verantwortet vom Bodensee
aus das Schweizer Geschäft
seines Arbeitgebers Flowfact,
Weniger arbeiten,
um sich selbst zu
verwirklichen –
ein Traum von vielen
Beschäftigten.
NETWORK stellt
Arbeitnehmer vor,
die ihre Pläne
einfach realisieren
und leben
Teilen sich
einen Job, um
sich in der freien
Zeit beruflich
weiterzubilden
beziehungsweise
selbstständig
zu machen:
Svenja Christen
(links) und
Anna Simon
von Coca-Cola
in Berlin
ein Software-Unternehmen für die Immobilienbranche.
„Ich stand kurz vor einem Burn-out und habe
mir zunächst eine dreimonatige Auszeit genommen“,
erzählt Kampczyk. „Anschließend hat es noch ein halbes
Jahr gedauert, bis ich meine
Arbeitszeit dauerhaft reduziert
habe. Mein Arbeitgeber war
sehr entgegenkommend.“
Seitdem widmet sich der leidenschaftliche Läufer verstärkt
seinem Hobby und verknüpft
es mit dem Aufbau einer nebenberuflichen Selbstständigkeit: Er fotografiert Sportler auf
den Lauf-Events und verkauft
seine Bilder und Berichte an
Fachzeitschriften und andere
Kunden. Seine IT-Kenntnisse
nutzt er, um eine Beratung
für Websites sowie Programmierung von Blogs und Internet-Seiten anzubieten. „Ich
25
In Kooperation mit
habe noch mehr Ideen, die mir
Spaß machen und Geld bringen würden“, sagt Kampczyk.
In seiner Firma war er der
Erste, der Teilzeit beantragt
hatte. Inzwischen haben weitere Kollegen nachgezogen.
Den Großteil des Gehaltsverzichts verdient der Fotograf
und Web-Designer mittlerweile mit eigenen Projekten:
„Auf den Rest verzichte ich zu
Gunsten meiner Freiheit gern.“
Auch Svenja Christen von
Coca-Cola in Berlin baut sich
neben ihrer Festanstellung
eine eigene Existenz auf: Die
30-Jährige arbeitet als systemischer Coach und kümmert sich
gemeinsam mit ihrem Partner
um ihren kleinen Sohn. Ihr Arbeitszeitmodell hat sie in Absprache mit ihrer Chefin selbst
entwickelt. Zusammen mit einer Kollegin teilt sich die Psychologin ihren bisherigen Job
in der Personalentwicklung.
Beide arbeiten jeweils 25 Stunden, zwei verkürzte und zwei
volle Tage ist Christen im Büro,
Kollegin Anna Simon arbeitet
drei volle Tage.
Die 22-jährige Veranstaltungskauffrau widmet sich in
der restlichen Zeit dem Studium von Bildungswissenschaften an der Fern-Uni Hagen. „Ich wollte studieren,
aber nicht vom Arbeitsleben
pausieren“, erklärt Simon. Sie
nimmt sich klar definierte Zeit26
räume für die Aufgaben vor,
damit sie beide Lebensbereiche auseinanderhalten kann.
Christen hat mit dem Schritt
zum Job-Sharing zwei Karriereschritte miteinander verbunden: „Durch die Übernahme von Führungsaufgaben
konnte ich meine verkürzte
Arbeitszeit mit einer Beförderung verknüpfen und gleichzeitig meine Selbstständigkeit
starten.“ Ihre Kollegin Simon
plant, nach dem Studienabschluss wieder voll zu arbeiten.
Oliver Stettes wundert es
nicht, dass immer mehr Arbeitgeber ihren Mitarbeitern eine
Auszeit oder eine berufliche
Verwirklichung neben dem
Job ermöglichen. Der Leiter
des Bereichs Arbeitsmarkt und
Arbeitswelt beim Institut der
deutschen Wirtschaft Köln erklärt: „Unternehmen, die sich
für die Bedürfnisse ihrer Beschäftigten interessieren und
sie bei ihren Plänen unterstützen, sammeln Pluspunkte in
der Belegschaft.“ Sie kommen
den Mitarbeitern entgegen
und binden sie so ans Unternehmen. „In Zeiten des drohenden Fachkräftemangels ist
das eine kluge Entscheidung.“
Ein weiterer Nebeneffekt:
Angestellte, die mehr Zeit für
sich haben, sind auch motivierter im Job. „Wenn Mitarbeiter sich in der gewonnenen
Zeit ehrenamtlich engagieren
84,1
Prozent
der Unternehmen in
Deutschland bieten
Teilzeit an
Quelle: Institut der deutschen
Wirtschaft/Köln
wollen, heißen viele Arbeitgeber dies ebenfalls gut“, sagt
Stettes. „Solch ein Engagement passt zu der gesellschaftlichen Verantwortung,
die viele Betriebe mittlerweile
übernehmen.“
Aus diesem Grund hat auch
Joerg Jakobs seine Arbeitszeit
um einen Tag gekürzt: Der gelernte Versicherungskaufmann
arbeitet als Niederlassungsleiter für den Luftfahrtversicherer
Global Aerospace in Köln. Er
leitet ein Büro mit drei Mitarbeitern und ist viel unterwegs.
„Die Grenze zwischen Arbeit
und Privatem verschmolz bei
mir immer mehr“, erinnert sich
der 49-Jährige. „Ich war ständig erreichbar und hatte keine
echte Freizeit mehr.“
Irgendwann litt seine Lebensqualität so unter der Situation, dass er sein Pensum
reduzierte. Inzwischen kann
er unter der Woche einen Tag
Pause einlegen. An seinem
freien Mittwoch und an den
Wochenenden widmet er sich
nun privaten Interessen und
der Familie – und engagiert
sich ehrenamtlich. „Ich war
schon länger in der Flüchtlingsarbeit aktiv und habe jetzt
ein Team aufgebaut, das Fußballspiele organisiert, Deutschkurse und Kinderbetreuung
anbietet.“ Der Umgang mit
Menschen, die existenzielle
Probleme haben, sei für ihn
ein guter Kontrast zur Arbeit.
„Ich gehe jetzt ausgeglichener
ins Büro und leiste dadurch
mehr“, sagt Jakobs.
Seine Vorgesetzten fanden
sein Anliegen ungewöhnlich,
hielten es aber dank der Unterstützung des Niederlassungsteams für machbar. Für
die Mitarbeiter ist es kein Problem, dass ihr Chef nicht täglich
vor Ort ist. Jakobs weiß, warum: „Sie arbeiten schließlich
fast alle selbst in Teilzeit und
machen einen super Job.“ n
SABINE OLSCHNER
FOCUS 14/2016
Illustration: Ellakookoo für FOCUS-Magazin
Firmen, die ihren Mitarbeitern Freiräume für
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steuern
Wege zum
Glück
Wissenschaftler erklären, was unsere Seele
stärkt und das Leben reicher macht
Keine Angst vor Anderen.
Sozialphobie macht einsam. Psychologen
schlagen drastische Mittel vor, um die
Angst und Scham im Kontakt mit andern
Menschen zu überwinden.
Mehr Zeit für Ideen:
Freie Freitage sind für
die Mitarbeiter des
Start-ups Bike Citizens
ein regelmäßiger Luxus
28
FOCUS 14/2016
In Kooperation mit
INTERVIEW
Jede
Woche
ein
Kurzurlaub
F oto: Murat Aslan für FOCUS-Magazin
Herr Stückl, die Navigationshilfen
Ihres Unternehmens bringen
Fahrradfahrer auf der ganzen
Welt entspannt und sicher ans
Ziel. Wie kamen Sie auf die
Idee, spezielle Routenplaner
für Radfahrer zu entwickeln?
Mit 1500 Euro Budget haben wir
2011 binnen vier Monaten den
Prototyp der App gebaut.
Inzwischen beschäftigen Sie 25
Mitarbeiter – doch kein Mitglied
des Teams arbeitet Vollzeit . . .
Der Gedanke entstand aus
eigenen Erfahrungen heraus.
Als Fahrradkurier in Wien bin
ich bis zu 10 000 Kilometer im
Jahr durch die Stadt gefahren. Im Jahr 2010, nach meiner Teilnahme an den Fahrradkurier-Weltmeisterschaften in
Budapest, reifte die Idee, geografisches Wissen für einen touristischen Guide zu nutzen.
In Österreich arbeitet man
normalerweise an fünf Tagen
38,5 Stunden. Wir haben 2014
für das ganze Unternehmen die
Arbeitszeit auf vier Tage mit 36
Stunden ohne Lohnausgleich
verkürzt. Die Gehaltslücke
wird 2016 durch Lohnerhöhungen geschlossen. Freitags nimmt
bei uns niemand das Telefon ab.
E-Mails bleiben bis Montag unbeantwortet.
Sehr schnell. Mein Partner
war Daniel Kofler, unser heutiger Geschäftsführer in Graz.
Zum Chefentwickler haben wir
einen WG-Mitbewohner meiner damaligen Freundin erkoren, der gerade seinen Master in
Software-Entwicklung machte.
Ein Mitarbeiter hatte von
diesem Arbeitszeitmodell bei
einem US-Unternehmen gehört,
und uns Gründer hat das neugierig gemacht. Also haben
wir die Idee mit jedem Mitarbeiter besprochen und etwa
acht Wochen lang ausprobiert.
Einige Kollegen hatten Sorge,
Wie schnell haben Sie
diese Idee umgesetzt?
FOCUS 14/2016
Wie kam es dazu?
Andreas Stückl, 33,
will seine Firma
Bike Citizens
kreativer machen –
und ordnet für
alle im Team die
4-Tage-Woche an
„Anfangs
wussten
manche
Mitarbeiter
nicht, was
sie mit so
viel Freizeit
anfangen
sollten“
Andreas Stückl,
Gründer und CEO
von Bike Citizens
dass sie ihre Arbeit nicht schaffen. Andere wussten zunächst
nicht, was sie mit so viel Freizeit anfangen sollten. Wenn nur
das Wochenende frei ist, beträgt
das Verhältnis von Freizeit zu
Arbeitszeit 1 : 2,5. Bei drei freien
Tagen verbessert es sich schon
auf 1 : 1,3. In jeder Woche haben
unsere Mitarbeiter jetzt 50 Prozent mehr frei als vorher.
Start-ups sind eher dafür
bekannt, dass sich deren Mitarbeiter überdurchschnittlich
für ihren Job engagieren.
Ganz am Anfang haben auch
wir 60 Stunden pro Woche und
länger gearbeitet. Heute wissen wir: Wer jede Woche einen
Kurzurlaub genießen kann,
landet montags meist deutlich
entspannter und ausgeruhter
wieder am Schreibtisch. Leidenschaftliche Partygänger können
theoretisch Donnerstagabend in
die Clubszene abtauchen und
müssen erst Montagfrüh wieder
an Bord sein. Dann sollten
29
In Kooperation mit
Wie wollen Sie das anstellen?
Wir überlegen gerade, wie
man das Radfahren in eine
Community einbinden und mit
Bonuspunkten belohnen kann.
Ideen dafür entstehen eher mit
größeren Freiräumen als in den
Arbeitszeitkorridoren des Industriezeitalters.
Und Ihren Kunden reicht das?
sie aber physisch und mental
in der Lage sein, sich während
unserer Kernarbeitszeit – Montag bis Donnerstag von neun bis
15 Uhr – intensiv um ihre Kunden zu kümmern.
Von Profis
inspiriert: Apps
erleichtern auch
Hobby-Radfahrern
die Navigation in
Stadt und Land
Aber ja. Wir haben uns ja
auch eher deren Bedürfnissen
und Gewohnheiten angepasst
als umgekehrt. Unsere Vertriebsleute zum Beispiel erreichen freitagnachmittags ohnehin niemanden. Im Umgang
mit Behörden, denen wir etwa
Mobilitätsdaten für ihre Radwegeplanung anbieten, sind die
Zustände vielfach noch krasser:
In den meisten Amtsstuben
hebt freitags nach elf Uhr vormittags kaum noch jemand den
Hörer ab.
Geht das Konzept auf?
Durchaus. In der Gründerzeit
waren wir ein ziemlich chaotischer Haufen. Wer seinen Job in
vier statt an fünf Tagen erledigen muss, arbeitet strukturierter.
Wie nutzen Sie persönlich
Ihren freien Freitag?
Ich feiere gern und nutze
die langen Wochenenden häufig für Städtereisen. Besonders
den Freitagvormittag erlebe ich
als echt cool. Ich habe frei, und
um mich herum müssen meine Mitmenschen malochen. Da
schmeckt das Frühstück noch
besser, und die gemütliche Zeitungslektüre gerät zum exklusiven Event.
Sie wollen die Deutschen zu
einem Volk von Radfahrern
erziehen. Erfordert das nicht
eher mehr Arbeit als weniger?
Am Donnerstagabend schalte
ich zwar den Laptop aus, aber
das Gehirn bleibt online. Neue
Ideen entstehen doch eher unter
der Dusche und beim Radfah30
ERFOLGREICH MIT EINER
NAVIGATIONS-APP
Das Start-up Bike Citizens bietet durchdachte
Produkte für Radfahrer und Dienstleistungen
für Stadtplaner.
Die Geschäftsidee des 2011 gegründeten
Unternehmens ist innovativ und profitabel: Eine
Handy-Fahrradhalterung namens Finn, eine
Navigations-App für mehr als 250 Städte in
etwa 35 Ländern und Einnahmen aus Verträgen
mit Mobilfunkern, Versicherern und Markenartiklern zur Vermarktung ihrer Produkte sollen
das Radfahren revolutionieren. Auch Datensätze für Stadtplaner helfen dabei. 2016 will das
Unternehmen so erstmals zum Umsatz-Millionär werden. Ein eigenes Online-Magazin informiert über aktuelle Trends rund ums Radfahren.
Die erfolgreich umgesetzte 4-Tage-Woche
beschert dem jungen Unternehmen viel Aufmerksamkeit. Inzwischen gibt es ein weiteres
Büro in Berlin. Aktuell beschäftigt Bike Citizens
25 Mitarbeiter.
Also gibt es keinerlei Beschwerden, wenn auch Bike Citizens am
Freitag nicht erreichbar ist?
Es gibt natürlich immer AppUser, die in den App-Stores eine
negative Bewertung schreiben,
weil sie nicht innerhalb von 30
Sekunden ein Feedback auf
ihre Anfragen erhalten. Davor
schützt die 5-Tage-Woche aber
auch nicht, wie wir an ähnlichen
Reaktionen am Sonntagabend
sehen. Die meisten Kunden
sind unserem Arbeitszeitmodell
wohlgesonnen.
Wollen Sie mit der 4-Tage-Woche
neue Mitarbeiter ködern?
Potenzielle Mitarbeiter interessieren sich für die Ziele der
Firma, Aufstiegschancen, Entscheidungsstrukturen und die
Unternehmenskultur. Sie wollen
eine spannende oder wenigstens interessante Arbeit ausüben und selbstbestimmt eigene
Projekte leiten. Da bildet eine
4-Tage-Woche für Interessenten
allenfalls das i-Tüpfelchen.
Finden Sie Nachahmer für
Ihr Arbeitszeitmodell?
Es erkundigen sich zwar nicht
ständig Human-Resources-Verantwortliche anderer Unternehmen, wie wir das schaffen.
Aber auf Tagungen und Messen
werden wir angesprochen und
bekommen positive Rückmeldungen.
Vor einem halben Jahr haben
Sie auch Zeiten für stille Arbeit
eingeführt. Was bringt das?
Bis zum Mittagessen sollen
sich unsere Mitarbeiter auf
ihre Projekte fokussieren – also
etwa Vertriebskontakte pflegen.
Jeder kann in diesem klar definierten Zeitraum seine To-doListe abarbeiten, obwohl noch
fünf andere Leute im Raum
sitzen. Wir verbieten es nicht,
mit Kollegen zu sprechen. Aber
es schadet der Konzentration,
wenn alle durcheinanderreden.
Deshalb sollen sich Mitarbeiter für Besprechungen auf die
Couch im Foyer zurückziehen.
Dadurch verringern wir für einige Stunden den Lautstärkepegel. Zu Meetings treffen wir uns
nachmittags. Wer vorher schon
tratschen will, kann das in der
Küche oder auf dem Balkon.
INTERVIEW: THOMAS GLÖCKNER
FOCUS 14/2016
F oto: Murat Aslan für FOCUS-Magazin
ren als am Schreibtisch. Wir
produzieren keine Fahrradrahmen, für die eine Belegschaft
eine bestimmte Zeit am Fließband stehen muss. Wir leben
von Ideen. Fast jeder weiß, wie
man Fahrrad fährt, viele tun es
aber nicht. Es geht also darum,
eingefahrene Gewohnheiten zu
verstehen und aufzubrechen.
ERFOLG MACHT
APPETIT AUF MEHR.
TAG
SA M S
IST
�TAG
FO C U S
DIE EINFLUSSREICHEN IM
Hightech-Gerät für den
Schuh, Roboter statt
Mensch: Sportartikelhersteller Adidas fertigt
im fränkischen Ansbach
seit Kurzem in einer
eigenen Schuhfabrik
LOGISTIK
32
FOCUS 14/2016
In Kooperation mit
E
UNTERWEGS
AUF
NEUEN
ROUTEN
F oto: Presse
Robotik, Big Data und
Digitalisierung stellen die
Logistikbranche vor große
Herausforderungen. Weil
die Unternehmen zögern,
sehen sich die Hochschulen
in der Pflicht, den Sektor zu
modernisieren
FOCUS 14/2016
inmal Asien und zurück.
30 Jahre lang ist Adidas
von einem Billiglohnland in Fernost zum nächsten
gezogen. Sobald in Korea und
China die Löhne stiegen, wanderte der Sportartikelkonzern
weiter nach Vietnam und Myanmar, wo Arbeiter für 60 Dollar im Monat Trikots nähen und
Schuhe fertigen. Jetzt hat Adidas einen neuen Produktionsstandort gefunden, der noch
kostengünstiger ist:
Ansbach in der fränkischen Heimat.
In der Kleinstadt
hat das Unternehmen aus Herzogenaurach zum ersten
Mal seit drei Jahrzehnten wieder eine
Schuhfabrik gebaut.
Im Rahmen des Pilotprojekts „Speedfactory“ will Adidas hier
im zweiten Halbjahr
2016 seinen „Boost“Laufschuh in automatisierter Serienfertigung herstellen.
Während in Fernost 300 Leute
an einem Schuh arbeiten, sind
im nahen Mittelfranken nur
noch ein gutes Dutzend Menschen plus ein paar miteinander vernetzte Roboter nötig.
Das Bundeswirtschaftsministerium fördert die Fabrik, um
„Transaktionen über die Kontinente hinweg zu vermindern“
und die Produktion von Modeund Sportartikeln „wieder verstärkt in Europa“ anzusiedeln.
2017 soll eine weitere „Speedfactory“ in den USA entstehen.
Weil die Standorte in Asien
teurer werden, investieren
deutsche Unternehmen zunehmend in die Automatisierung ihrer Fertigung, in Robotik und neue Technologien
wie den 3-D-Drucker. Mit den
Hightech-Geräten lassen sich
Produkte in einem Stück nahe
der Kundschaft herstellen,
statt sie aus Einzelteilen
33
34
ger auf einem Containerschiff
transportieren.“
Weltweit wächst die Wirtschaft derzeit nur noch schleppend um jährlich drei Prozent,
früher waren es oft sieben Prozent. Vor fünf Jahren legte die
Containerschifffahrt noch doppelt so schnell zu wie die globale Wirtschaft, heute liegen
die Zahlen ungefähr gleichauf. Die China-Krise und die
Rezession in den Schwellen-
In stürmischen
Gewässern: Rolf
Habben Jansen,
Vorstandschef
von Hapag-Lloyd,
muss sehr flexibel
auf Veränderungen
in der Branche
reagieren
ländern ließen das Fernostgeschäft der Reeder einbrechen. „Es ist
schlimmer als in der
Wirtschaftskrise 2008“,
klagte
Maersk-Chef
Nils Andersen im Februar 2016 und kündigte an, 4000 Stellen
zu streichen.
Dass Hapag-Lloyd,
Deutschlands größte
Reederei, nach vier
Jahren Verlust 2015
erstmals wieder einen
Gewinn erwirtschaftet hat, liegt an Synergieeffekten, Sparprogrammen, dem billigen
Treibstoff und dem starken
Dollar: „Die Amerikaner können sich günstiger in Europa
mit Waren eindecken, deshalb
sind die Containertransporte
nach Nordamerika branchenweit um sieben Prozent gestiegen“, erklärt Hapag-LloydMitarbeiter Horn. Wenn die
Nachfrage in einem Fahrtgebiet sinkt, „fahren unsere eigenen Schiffe in anderen Regionen, wo gerade Wachstum
ÜPPIGES STUDIENANGEBOT MIT NEUEN INHALTEN
Deutschlands Universitäten, Fachhochschulen und Akademien bieten mehr als
90 Logistik-Studiengänge an. Auf dem Portal logistik-studieren.de finden Interessenten eine Datenbank mit allen Angeboten (Bachelor, Master, MBA und Weiterbildungen), eine Gehaltsübersicht und eine Jobbörse. Die Autoren des Portals
raten, die Informationen der Hochschulen im Internet sorgfältig zu studieren, denn
derzeit brechen 30 Prozent der Studenten hierzulande ihr Logistikstudium ab.
Logistik ist ein weites Feld, entsprechend aufgefächert sind die Ausbildungsmöglichkeiten: Manche Studiengänge haben einen betriebswirtschaftlichen
Schwerpunkt, andere sind technisch oder mathematisch ausgerichtet. An Führungsnachwuchs mit Bachelor-Abschluss richten sich gebührenpflichtige,
berufsbegleitende Master-Studiengänge, die teilweise mehr als 25 000 Euro
kosten. Viele Hochschulen haben ihre Lehrpläne 2015 inhaltlich erweitert, um
Entwicklungen hin zu Industrie und Logistik 4.0 aufzugreifen. „Grundsätzlich
erleben wir eine Professionalisierung der Branche“, sagt Thomas Strothotte,
Präsident der Kühne Logistics University in Hamburg. „Die Positionen in der
Logistik werden zunehmend aufgewertet: Der neue Porsche-Chef Oliver Blume
beispielsweise ist Logistiker.“
FOCUS 14/2016
F otos: Arne Weychardt/WirtschaftsWoche, Oliver Tjaden/laif
zusammenzubauen, die
wochenlang in Containern über die Weltmeere
schippern. Solche Entwicklungen treffen die
Logistikbranche hart.
Von einer „Zeitenwende“ spricht Jan
Runau, Kommunikationschef bei Adidas, obwohl „der Großteil unserer 301 Millionen Paar
Schuhe pro Jahr in den
nächsten fünf Jahren
noch traditionell gefertigt wird“. Die wachsende lokale Produktion
erlaube es, schneller auf
Modetrends zu reagieren und häufiger die Modelle
zu wechseln. Noch in diesem
Jahr will der Konzern mit den
drei Streifen Miniaturausgaben seiner Fabriken in großen
Läden aufstellen und den Kunden Maßanfertigungen verkaufen – aus Läden entstehen
so kleine Fabriken.
Sind solche Innovationen
eine ernste Bedrohung für
die Containerschifffahrt, die
den globalen Handel überhaupt erst ermöglicht hat? In
Hamburg an der Binnenalster
verweist Hapag-Lloyd-Mitarbeiter Rainer Horn auf Zahlen
aus dem Oktober 2015: „Die
größte Ladungsgruppe in der
Containerschifffahrt sind Chemikalien mit 25 Prozent. Auf
Platz zwei folgen Lebensmittel
mit 17 Prozent. Die können Sie
schlecht ausdrucken“, erklärt
er trocken.
Nur ein Zehntel der Container transportierten überhaupt Textilien und Schuhe.
„So lange es nicht einmal einen Cent kostet, ein T-Shirt
von Asien nach Europa zu
transportieren, werden die
Unternehmen solche Massenprodukte weiter in Fernost fertigen“, ist Horn überzeugt. Die
enorme Stückzahl macht den
Transport pro Stück so günstig: „Vom Gewicht her könnten
Sie alle 1,7 Millionen Hambur-
In Kooperation mit
LOGISTIK &
VERKEHR
Die beliebtesten
Arbeitgeber
1 ARTS
Deutschland
herrscht – unsere Flottenkapazität atmet mit der Nachfrage“.
Mit einem Umsatz von 240
Milliarden Euro im Jahr 2015
und drei Millionen Beschäftigten ist die Logistikbranche der
drittgrößte Wirtschaftsbereich
Deutschlands. Veränderungen
gegenüber ist die Branche bisher wenig aufgeschlossen: So
verzichten die Speditionen beispielsweise mehrheitlich auf
IT-Lösungen, die ihnen hohe
Einsparungen und bessere Renditen bringen könnten. Durch
Datenanalysen und algorithmische Modelle ließen sich
Transport- und Streckennetzplanung optimieren, Wartezeiten der Fahrer reduzieren,
ideale Betankungsintervalle
festlegen, Laderäume
besser nutzen und Leerfahrten vermeiden. Im
neuen Digital Process
Index (DPI), der den Digitalisierungsgrad der
zehn größten Branchen
untersucht, nimmt der
Logistiksektor den letzten Platz ein.
„Das muss sich ändern“, fordert Professor Thomas Strothotte,
Präsident der privaten
Kühne Logistics University in Hamburg. „Die
Unternehmen müssen
schneller
reagieren.“
Dazu bräuchten sie entsprechend ausgebildete Fachkräfte. „Das ist
unser Auftrag“, hebt
Strothotte hervor. Um
die Studenten optimal
auf die Herausforderungen vorzubereiten, hat
die Hochschule die Lehr-
angebote spürbar weiterentwickelt. Zu den beiden Kernzielen Professionalisierung und
Internationalisierung komme
jetzt noch die Digitalisierung
hinzu, erklärt Strothotte. „Wir
haben dieses Jahr eine erste
Professur für IT-Logistics eingerichtet, in ein hochmodernes
IT-Lab für unsere Studierenden
investiert, und 2016 berufen wir
noch zwei Professuren zu Data
Law und Business Intelligence
– Letzteres in Kooperation mit
der Bucerius Law School und
dem Hasso-Plattner-Institut.“
Andere Universitäten bieten
gezielte Weiterbildungen an,
um die Modernisierungslücke
in der Branche zu schließen.
„Langfristige Trends sind die
2 Flughafen
München
3 DFS Deutsche
Flugsicherung
4 Toll Collect
5 Flughafen
Stuttgart
6 Thales
Deutschland
7 Lufthansa Group
8 FlixBus
9 4flow
10 Chep
Deutschland
Quelle: Kununu;
Stand: März 2016
Vernetzung von Produktionsund Logistikprozessen und die
Automatisierung im Sinne von
Industrie 4.0“, sagt Grit Walther. Die Professorin leitet den
Studiengang „Logistik und
Supply Chain Management“
an der Hochschule in Aachen.
Weil für die Automatisierung
und Vernetzung Algorithmen
entwickelt werden müssen,
seien „zunehmend informationstechnische
Kenntnisse
notwendig“. Ihr Fach stelle
sehr hohe Anforderungen an
die Studierenden, denn ohne
Mathematik kommt man in
der modernen Logistik nicht
mehr weit.
n
HELMUT MONKENBUSCH
Gut beladen: HapagLloyd verschiebt seine
Fahrtgebiete je nach
Nachfrage und Wachstum der Regionen
FOCUS 14/2016
35
HANDEL & E-COMMERCE
36
FOCUS 14/2016
In Kooperation mit
Nur das Genie beherrscht das Chaos:
Schmuckdesigner
und Jungunternehmer
Maurice Schadowske in seinem
Hamburger Atelier
FOCUS 14/2016
F oto: Sven Sindt für FOCUS-Magazin
LADENHÜTER
AUS
LEIDENSCHAFT
Kaum ein Wirtschaftszweig bietet jungen
Berufstätigen so
viele Möglichkeiten
wie der Einzelhandel.
Neben klassischen
Verkäufern sucht
die Branche vor allem
Individualisten
mit eigenen Ideen
37
V
38
stützen diese These. Mit 3,1
Prozent legte der hiesige Einzelhandel vergangenes Jahr
das stärkste Umsatzwachstum
seit 20 Jahren hin: 300 000
Unternehmen erwirtschafteten rund 470 Milliarden Euro
Umsatz. Damit ist der Einzelhandel die drittgrößte Branche
in der Bundesrepublik. Vor al-
VIEL LUFT NACH OBEN
Mobiles Internet ist nicht nur im Online-Handel elementar, auch stationäre Geschäfte können Kunden mit kostenlosem WLAN länger in den Läden halten. Es gibt jedoch ein Problem: die sogenannte Störerhaftung. Sie
besagt, dass Anbieter von WLAN-Verbindungen dafür
geradestehen, wenn ein Nutzer die Regeln bricht und zum
Beispiel illegal Daten herunterlädt. Ein Störfaktor, finden
Branchenvertreter. „Ohne Störerhaftung könnte sich das
WLAN-Angebot deutscher Einzelhändler verdoppeln
oder verdreifachen“, sagt etwa Stephan Tromp, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des HDE. Eine aktuelle
Umfrage des Verbands zeigt, dass die Hälfte der Händler
rechtliche Risiken als Haupthindernis bei der Installation
öffentlicher WLAN-Angebote sieht. Die Politik hat sich
dieses Problems nun angenommen. In Berlin arbeitet
man derzeit an einer Reform des Telemediengesetzes.
Sie soll es erleichtern, öffentliche Hotspots einzurichten.
lem im Online-Segment laufen
die Geschäfte blendend: Hier
lag das Umsatzplus bei satten
zwölf Prozent.
Auch das laufende Jahr verspricht gut zu werden. Zwei
Prozent Umsatzwachstum sind
nach Meinung des HDE gut zu
machen. Im Online-Handel erwarten die Experten sogar ein
Plus von elf Prozent. Damit
läge der E-Commerce-Umsatz
in Deutschland 2016 bei stolzen 46,3 Milliarden Euro.
Etwa drei Millionen Menschen verdienen ihr Geld im
Einzelhandel, weitere 160 000
absolvieren hier eine Ausbildung. Entsprechend vielfältig sind die Karrierechancen:
Neben verschiedenen Ausbildungsberufen bietet die
Branche auch Hochschulabsolventen interessante Einstiegsmöglichkeiten und Jobs.
Klassische Verkäufer sind
ebenso gefragt wie Werbetexter und Logistiker, IT-Fachkräfte oder Betriebswirte.
„In kaum einem Wirtschaftsbereich gibt es derzeit so unterschiedliche und interessante
Auf- und Umstiegsmöglichkeiten wie im Einzelhandel“,
FOCUS 14/2016
F otos: Sven Sindt, Dominik Asbach/beide für FOCUS-Magazin
eresterte Zellulose,
Essigsäure und ein
Hauch von Halfpipe.
Die Kombination ist
gewagt.
Maurice
Schadowske hat sie
aber so gut gefallen, dass er darauf
sein Geschäftsmodell stützte. Seit gut
einem Jahr verkauft
der gelernte Optiker handgemachten Schmuck aus Zellulose-Acetat – und gebrauchten
Skateboards.
Der Mut wurde belohnt. Das
Geschäft entwickelt sich rasant. „Meine ersten Schmuckstücke habe ich in Läden im
Kiez verkauft“, erzählt der
32-Jährige. Heute beliefert er
mit seinem Label Paulibird
einen wachsenden Kreis von
Stammkunden, betreibt einen
eigenen Online-Versand und
beschäftigt 18 Mitarbeiter. Der
schnelle Erfolg überrascht den
Hamburger manchmal selbst:
„Ich habe nur gemacht, worauf
ich Lust hatte. Aber ich habe
mir dafür wohl den richtigen
Zeitpunkt ausgesucht.“
Aktuelle Zahlen des Handelsverbands Deutschland (HDE)
Die Mitarbeiterzahl
von Paulibird
wuchs innerhalb
eines Jahres von
null auf 18. Das
Schmucklabel
bietet ihnen eine
entspannte Arbeitsatmosphäre
In Kooperation mit
HANDEL &
E-COMMERCE
Die beliebtesten
Arbeitgeber
betont Pascal Skropke. Der
33-jährige Betriebswirt arbeitete nach seinem Hochschulabschluss zunächst als Anlageberater für einen renommierten
Immobilienmakler. „In diesem
Geschäftsbereich habe ich
viel gelernt“, erinnert er sich.
Irgendwann war dann aber
die Sehnsucht nach etwas
Neuem da. Skropke wechselte
zu Navabi.
Das Portal hat sich auf den
Verkauf hochwertiger Damenmode ab Größe 42 spezialisiert.
Umsteiger Skropke ist nun seit
knapp vier Jahren als OnlineMarketing-Manager an Bord.
Routine oder gar Langeweile
ist in dieser Zeit nicht aufgekommen.
Im Gegenteil: „Bei einem
E-Commerce-Start-up ist die
Lernkurve extrem hoch“, sagt
Skropke. Gerade in seinem
Bereich gebe es kaum feste
Regeln, an denen er sich orientieren könne. „Neues auszuprobieren ist daher noch
immer ein wichtiger Teil meines Jobs – auch auf die
Gefahr hin, dass nicht
immer alles auf Anhieb
funktioniert.“
Diese Experimentierfreude ist typisch
für den Bereich des
E-Commerce, aber keineswegs ein Privileg
dieses Handelszweigs.
Auch bei vielen etablierten Unternehmen
der Branche tut sich
eine Menge. Die Digitalisierung bringt hier
ebenfalls große Veränderungen. Anders als
vielfach angenommen
bringen die für die
klassischen Ladengeschäfte durchaus Vorteile.
„Zu Zeiten, als ein
feststehender PC im
Arbeitszimmer
das
einzige
Zugangstor
zum Internet war,
glaubte man, online
FOCUS 14/2016
bringe uns um“, erinnert sich
Pieter Haas, Geschäftsführer
der Media-Saturn-Holding.
„Heute weiß man es besser.“
Natürlich könne es passieren,
dass ein Kunde sich im Markt
beraten lasse, um dann doch
online zu kaufen.
Dieses sogenannte Showrooming hält Haas jedoch für
unproblematisch – zumal es
auch das entgegengesetzte
Phänomen gibt. „Viele Kunden informieren sich zunächst
im Netz und kaufen dann im
Markt“, sagt der Experte. „Das
zeigt, wie wichtig das physische Einkaufserlebnis ist.“
Die Verknüpfung von onund offline, das sogenannte
Multi-Channeling, rückt zunehmend ins Visier der Unternehmen. Immer mehr Handelsfirmen bieten Kunden
daher beides: Märkte und Läden in den Städten, OnlineShops im Netz.
Für eine neue Regalwand
etwa muss heute niemand
mehr zu Ikea fahren: Die
1 Heco
2 CombiVerbrauchermarkt
3 Wulf Gaertner
Autoparts
4 Peter Spies
5 Stahlgruber
6 Lesara
7 Witt-Gruppe
8 LE Health &
Beauty Systems
9 Vorwerk Gruppe
10 Kfzteile 24
Quelle: Kununu;
Stand: März 2016
Früher verkaufte er
Luxusvillen, heute
vermarktet Pascal
Skropke exklusive
Damenmode –
in großen Größen
meisten Produkte lassen sich
bequem im Online-Shop ordern. Auch Modebewusste
haben die Wahl: Sie können
zum Shoppen entweder in die
Fußgängerzone pilgern oder
sich bei H&M, Zara & Co. im
Internet eindecken. Selbst Supermarktketten wie Rewe präsentieren ihre Ware inzwischen
nicht mehr nur in stationären
Läden, sondern liefern Käse,
Gemüse und Wurst auch nach
Hause. Alternativ können Eilige online ihre Bestellung abgeben und den fertigen Einkauf zum Wunschtermin in der
nächsten Filiale abholen.
Von den neuen Möglichkeiten lassen sich junge Berufstätige inspirieren: Gründer Schadowske etwa plant
bereits, sein Sortiment zu erweitern. Die neuen Produkte
will er online und offline verkaufen. Marketing-Fachmann
Skropke kann sich gut vorstellen, neben dem OnlineVertrieb „irgendwann auch
einmal stationäre Navabi-Boutiquen“ zu bewerben.
Bei Media-Saturn hat man
auch weiterhin Großes vor:
Das Unternehmen möchte zur
weltweiten Nummer eins im
Elektrofachhandel aufsteigen,
stationär und im Netz.
Dafür allerdings braucht
es qualifizierte Nachwuchskräfte, idealerweise aus den
eigenen Reihen. „Neben der
klassischen Ausbildung in den
Bereichen Verkauf, Beratung,
Service und IT investieren
wir gezielt in innovative Neugründungen“, erklärt Haas.
Die Gründer erhielten nicht
nur finanzielles Investment,
sondern auch Zugriff auf die
Ressourcen und das Netzwerk
von Media-Saturn. Umgekehrt
komme aber auch das Unternehmen auf seine Kosten. „Wir
profitieren von den neuen kreativen Ideen der Gründer“,
sagt Haas.
n
CATRIN GESELLENSETTER
39
In Kooperation mit
MentoringCorner
Studenten holen sich von erfahrenen Führungskräften Tipps für den Berufseinstieg
Ob Fachgebiet, Praktika oder
Auswahl des künftigen
Arbeitgebers – Studentin
Samantha Kellner setzt auf die
Ratschläge einer erfahrenen
Führungskraft. So will sie
sich für die Herausforderungen
im Beruf rüsten
Herr Ganslmeier, was war damals
der Grund für Sie, Elektrotechnik zu
studieren?
Ich war als Kind von den Elektronikbaukästen angetan. Später bekam ich ein Buch mit elektronischen Schaltkreisen zum
Nachbauen geschenkt. Weil
ich Transistoren aus der Schule
nicht kannte, besuchte ich einen
Elektronik-Bastelkurs, den ein
Elektrohaus angeboten hatte.
Insofern war der Studienweg
vorgezeichnet. Wurde das Studium zu theoretisch und standen
Prüfungen an, bekam ich Zweifel. Ich habe mich aber durchgekämpft und es nicht bereut.
Was sehen Sie als zukunftsträchtige Branche im Bereich BWL/
Maschinenbau?
Ich denke, dass alle Teilgebiete des Maschinenbaus künftig
Bedeutung haben werden von
40
„Jeder
Student
muss sich
das Fachgebiet heraussuchen,
das er
persönlich
interessant
findet“
Georg
Ganslmeier
Georg Ganslmeier
A wie Antriebstechnik bis W
wie Werkstoffwissenschaften:
Maschinenbau, Elektrotechnik
und Informationstechnologie –
auch interdisziplinär wird alles
immer enger verwoben. Der
Automobilbau steht vor einem
faszinierenden Umbruch: vernetzte Fahrzeuge, autonomes
Fahren, alternative Antriebstechniken . . . Auch bei der Pro-
Tandem zum
Erfolg
Georg Ganslmeier nimmt
als Mentor am Mentoring-Programm der TU München für
Studentinnen teil. Der Elektroingenieur arbeitet seit vielen
Jahren im Bereich SoftwareEntwicklung und ist derzeit
für das Unternehmen ESolve
als Berater im Bereich Automotive tätig.
Samantha Kellner studiert
seit Oktober 2014 an der
TU München Technologie- und
Managementorientierte BWL.
Die 19-Jährige hat ihr Abitur
bereits mit 17 Jahren gemacht.
Wie kann ich mich während des
Studiums am besten auf das spätere Arbeitsleben vorbereiten?
Sicherlich durch möglichst
viele Praktika. Es ist sinnvoll,
einen Eindruck von großen
Unternehmen zu bekommen,
aber auch von mittelständischen
Betrieben und Dienstleistern.
Wie haben Sie nach dem Studium
den Karriereeinstieg gemeistert?
Die Praktika haben den Praxisschock gemildert. Man muss bei
der Einstellung darauf achten,
wie gut einen der Arbeitgeber
unterstützt – durch Vorgesetzte,
die Zeit für einen haben, oder
durch Kollegen, die einem als
Coach helfen. Bietet ein Arbeitgeber Traineeprogramme, ist das
ein Hinweis darauf, dass er
Möglichkeiten zur beruflichen
Weiterbildung bietet und fördert.
Wo liegen für Uni-Absolventen die
größten Herausforderungen?
Im Moment ist der Arbeitsmarkt aufnahmewillig. Absolventen sollten sich die Zeit
nehmen, bis ihnen auch ihr
Bauchgefühl sagt, welche Stelle
sie antreten sollen. Eine Orientierung zum Arbeitsklima bieten Bewertungsportale. Seien
Sie offen für Chancen, die sich
bieten. Wagen Sie nach angemessener Überlegung aber auch
Brüche, wenn Sie in einer Sackgasse stecken.
FOCUS 14/2016
F otos: privat
Samantha Kellner
duktions- und Fertigungstechnik
werden wir durch die Digitalisierung, neue Werkstoffe und Technologien einen Wandel erleben,
der berufliche Herausforderungen bieten wird. Jeder muss sich
aber das Gebiet aussuchen, das
er persönlich interessant findet.
Es macht keinen Sinn, sich auf
ein Gebiet zu spezialisieren, das
zukunftsträchtig ist, einen aber
langweilt.
In Kooperation mit
Moodboard
Die wichtigsten Tipps, Trends und Termine – für Sie ausgewählt
JOBMESSE KÖLN
Connecticum
Informatiker, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaftler sowie Studenten dieser Fachrichtungen treffen sich in diesem Jahr in der
Hauptstadt zum Experten-Austausch und um
neue Karrierechancen auszuloten.
Berlin, Arena, 26.–28.4.2016
Mehr Infos unter http://bit.ly/1NTb7Ru
„Karrierechancen für alle Qualifikationen und alle Generationen“ verspricht
die Jobmesse Köln – und lockt Besucher mit einem vielfältigen Rahmenprogramm. Kostenlose Checks von
Bewerbungsmappen, Vorträge zu
Karrierethemen und die Möglichkeit
zur ausgiebigen Kontaktpflege runden
das Angebot ab.
Köln, XPost, 16.–17.4.2016
Mehr Infos unter http://bit.ly/1LeSNa7
Die LoveLetter Convention ist die
vielleicht wichtigste Konferenz für
Liebesromanleser und -autoren.
Große Gefühle sind nicht nur beim
Meet&Greet mit den Stars der
Branche garantiert.
Berlin, GLS Sprachenschule,
23.–24.4.2016
Blickfang
Mehr Infos unter http://bit.ly/1QfXBfL
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Erfolgsfrauen,
Karriereformeln
In dem aktuellen
Ratgeber verraten
erfahrene Managerinnen aus der
Pharma-Branche
ihre persönliche
Erfolgsformel. Sie
schreiben offen
über alle Stolpersteine und Hürden auf ihrem Karriereweg – und sie zeigen, wie man es als
Frau nach oben schafft.
Profiler’s Publishing, 29,90 Euro
Impressum
FOCUS Magazin Verlag GmbH, Arabellastraße 23,
81925 München, Postfach 81 03 07
Herausgeber: Helmut Markwort, Uli Baur
Chefredakteur: Robert Schneider
Stellvertretende Chefredakteure:
Markus Krischer, Wolfgang Reuter
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COMIC UND MANGA
CONVENTION
Liebhaber klassischer Bildgeschichten kommen in der
Rheinmetropole ebenso auf
ihre Kosten wie MangaFans: Die Comic und
Manga Convention ist für jeden
Fan ein Muss.
Düsseldorf,
Weiterbildungszentrum VHS,
10.4.2016
Mehr Infos unter
http://bit.ly/1UmDaPM
Art Direction: Susanne Achterkamp
Chef vom Dienst: Sonja Wiggermann
Redaktionsleitung: Steffi Sammet (frei)
Mitarbeiter dieser Ausgabe:
Catrin Gesellensetter, Thomas Glöckner,
Helmut Monkenbusch, Sabine Olschner,
Melanie Rübartsch, Katja Stricker
Grafik: Manfred Brey Bildredaktion: Andrea Ritter
„Neu Gedachtes und gut Gestaltetes,
Möbel, Mode und Schmuck, die
niemand hat, aber jeder gern hätte“:
Solche Schätze präsentiert die internationale Design-Messe Blickfang.
München, Postpalast
8.–10.4.2016
Mehr Infos unter http://bit.ly/1XOnll0
Die nächste Ausgabe von FOCUS Network
erscheint am 25. Juni 2016 unter anderem
mit folgenden Themen:
Wie Sie mit Hilfe von Coachs Ihre Karriere
voranbringen
Für wen sich ein MBA lohnt
Was sich in der Automobil- und IT-Branche
derzeit tut
FOCUS Network 3 kommt am 8. Oktober,
FOCUS Network 4 am 26. November 2016.
Dokumentation/Herstellung:
FOCUS Magazin Verlag GmbH
Schlussredaktion: Die Lektorey
Kreuzer – Madl – Ruschmann, München
Verantwortlich für den Anzeigenteil:
Kai Sahlfeld, Arabellastraße 23, 81925 München
Geschäftsführer: Burkhard Graßmann, Andreas Mayer
Verleger: Dr. Hubert Burda
FOCUS 14/2016
F otos: mauritius images, Shutterstock, plainpicture, Getty Images, Presse
BUCHTIPP
Großer Auftritt kostet Geld.
Wissen ist Geld.
R E I N S C L A S S E N
Alles
mach’
Wichtige
ich selbst!
Erst recht, wenn es um meine Finanzen geht.
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