Reise Reise „La Petite Camargue“ - + Text plus Konzept + Ursula

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Reise Reise „La Petite Camargue“ - + Text plus Konzept + Ursula
Reise
Reise
Pferde, Strand & Gladiatoren
„La Petite Camargue“,
die kleine Camargue, liegt
im westlichen Teil des
Rhonedeltas und hat von
der Küste bis ins Hinterland
einiges für Familien zu
bieten: Badestrände,
mittelalterliche und antike
Monumente, Spaß – und
Natur pur...
Picknick am Strand
Die Schranke geht hoch.Wir bekommen einen
Parkschein. „Mama, wo ist das Meer?“ Unsere
Kinder, Violeta (8) und Bogdan (10), sind
schon ganz ungeduldig.Aber nach Strand sieht
das alles noch nicht aus. Eher nach Parkplatz.
Autos müssen draußen vor den Dünen warten.
Das ist auch gut so, denn der wunderschöne
naturbelassene Strand von l’Espiguette, südöstlich der bekannten Ferien- und Fischerorte
Le Grau du Roi und Port Camargue gelegen,
kommt fast ohne jede Infrastruktur aus.
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spielen und lernen 07/09
Die berühmten
Camargue-Pferde
beim Ausreiten am
Meer. Bei einer
„Balade à cheval“
mit pferdebegeisterten Kindern
geht es natürlich
gemütlicher zu
Mit unseren Bade- und Picknicktaschen laufen wir die wenigen Schritte durch den heißen Sand auf das kühle Wasser zu.
Als wir Erwachsenen am Meer ankommen, sind die Kinder
schon da: springen in die Brandung, quietschen vor Vergnügen, wälzen sich im Sand trocken. Was will man mehr? So
oder so – wir sind alle in unserem Element. Wir lassen uns die
salzige Brise um die Nase wehen und die mitgebrachten Sandwiches schmecken. Diesen Platz merken wir uns. Und auch,
dass gegen Nachmittag immer weniger Badegäste kommen.
In Sichtweite steht der 27 Meter hohe Leuchtturm, Phare de
l’Espiguette. Als er 1869 gebaut wurde, war er nur 150 Meter
vom Meer entfernt, heute steht er fast einen Kilometer landeinwärts in den Dünen. Durch die Meeresströmung ist die
Küste versandet und ein großräumiges Dünengebiet von fast
200 Hektar entstanden. Das Areal wird von der französischen
Küstenschutz-Agentur als Naturschutzgebiet klassifiziert.
Fotos: Corbis/Jim Zuckermann; textpluskonzept.com
G
ib meinen Kindern Wasser und Sand,
und sie sind glücklich! Aber deswegen
im Hochsommer gleich nach Südfrankreich fahren? Und dann noch ausgerechnet in die Kleine Camargue, wo um einiges
mehr Stechmücken leben als Menschen? Im
Grunde war es Zufall, dass wir diese Gegend
entdeckt haben: Unsere französischen Freunde haben uns für eine Woche in ihr Ferienhäuschen in das Dörfchen Aigues-Vives eingeladen.
Und wir genießen die französische Art, große
Ferien zu machen: Man wohnt in der Nähe der
Küste – in unserem Fall 25 km entfernt. Die
heißen Phasen des Tages verbringt man spielend, lesend und essend auf der schattigen Terrasse; wenn es kühler wird,fährt man nach Lust
und Laune mal an den Strand oder unternimmt Ausflüge in die Umgebung.
Wie schön für uns – und der Strand wächst ganz von alleine
weiter. In den Abendstunden sehen wir eine Reiterkarawane
ans Meer ziehen. So eine „Balade à cheval“ mit den berühmten Camargue-Pferden haben wir uns auch vorgenommen.
Am liebsten würden wir gleich mitreiten.
Was für ein Theater!
Die ovale Form lässt sich aus 10000 Metern Höhe sogar mit
bloßem Auge erkennen. Aber so weit wollen wir gar nicht gehen. Im Gegenteil: Wir stehen mittendrin, im Amphitheater
von Nîmes. Es ist die am besten erhaltene Arena der römischen Welt und stammt aus einer Zeit, als Nîmes die fünftgrößte Stadt des römischen Imperiums war und auf den lustigen Namen Nemausus hörte. Mit Audioführern und
Rätselheften ausgestattet,steigen wir durch die 34 hohen Sitz-
Sand, so weit
das Auge reicht.
Gewaltige
200 Hektar ist das
Naturschutzgebiet
um den Strand von
l’Espiguette groß.
Bogdan und
Violeta reicht fürs
Burgenbauen
schon ein kleines
Stückchen davon …
reihen aus Stein nach oben und stöhnen …
Denn nicht nur die Kulisse ist unglaublich, es
ist auch unglaublich steil. „Die waren aber
sportlich damals!“, ruft Violeta und hört gebannt dem Audioführer zu.
Wir befinden uns im ersten Jahrhundert
nach Christus.Trompeten schmettern,das Publikum ruft und jubelt. Denn gleich kämpfen
die Gladiatoren in den klassischen Kombinationen: ein Murmillo gegen einen Thraex und
ein Retiarius gegen einen Secutor.Bis zu 24000
Menschen konnten sich hier versammeln.
Auch wir nehmen Platz – auf einer sonnengewärmten,rund 1900 Jahre alten Steinreihe und
schauen in die Runde. „Stell dir vor …“, sagt
Bogdan, der an der zweiten Station seiner >
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Reise
La Petite Camargue
Anreise
■ Zum Beispiel nach Aigues-Mortes. Auto: von Norden
über Lyon nach Nîmes, Ausfahrt Gallargues, weiter
nach Aigues-Mortes (25 km); Flugzeug: Direktflug
von Frankfurt/Hahn nach Montpellier-Méditerranée;
Bahn: z.B. über Basel–Genf–Nîmes bis Aigues-Mortes.
Auf Tauchstation
„Mama, baden die alle mit uns im Meer?“, will
Bogdan wissen. Es geht um kleine Seepferdchen,gestreifte Knurrhähne und majestätische
Zackenbarsche. Wir tauchen gerade in die >
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Farbenprächtig
geschmückt:
Am letzten
Wochenende im
August ist
Aigues-Mortes
Schauplatz eines
mittelalterlichen
Stadtfestes
Zünftig gekleidete
Handwerker und
schwer gerüstete
Ritter verleihen
Aigues-Mortes ein
mittelalterliches
Ambiente
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Sehenswertes
■ Amphitheater von Nîmes: Juni–August, 9–19 Uhr
geöffnet, Eintritt: 7,70/5,90 G, Kinder bis 7 J. frei.
Kostenfreie Extras: interaktive Audioführer. Für Kinder:
deutschsprachiges Rätselheft/Schatzsuche (7–12 J.).
Kontakt: [email protected].
■ Seaquarium, le Grau du Roi: Juni–August, 10–19 Uhr
geöffnet, Eintritt: 10,30/7,30 G, Kinder bis 5 J. frei.
Für Kinder: pädagogischer Parcours. Mehr Infos unter:
www.seaquarium.fr
■ Fête de la Saint-Louis in Aigues-Mortes:
Mittelalterliches Stadtfest am letzten Augustwochenende. Frei zugänglicher Straßenmarkt (Kostümverleih
vor Ort) mit Animationen und Umzügen, Ritterschule
für Kinder. Ritterturnier am Abend gegen Eintritt.
Fotos: textpluskonzept.com
Schatzsuche angekommen ist,und liest aus seinem Rätselheft,das er an der Kasse bekommen
hat, vor:„Die Gitter der Arenen gehen auf und
lassen die Tiere frei. Jetzt beginnen die Jagdspiele: In einem künstlichen Wald werden
Hirsche von Jägern mit Hunden gejagt. Finde
heraus, gegen welche Tiere gekämpft wurde.“
Bogdan verkündet gleich: Neron, der Bär, Caligula, der Auerochse, und Titus, der Eber, waren Gegner. Nur der Hase Vespasien passt hier
nicht rein – war ja klar.
In den Arkaden des Amphitheaters entdecken wir dann die Galerie der Gladiatoren.Die
riesigen „Charakterstudien“ der damaligen
Kämpfer wirken inspirierend. Unsere Kinder
haben ihren Spaß, die einzelnen Gladiatoren
in Aktion nachzustellen und ebenso gefährlich
und entschlossen dreinzuschauen. Kaum zu
glauben, dass zur Zeit der Völkerwanderung
auf diesen Gängen gewohnt und gelebt wurde.Das Amphitheater verwandelte sich damals
in eine Festung mit zwei Kirchen, Hunderten
von Häusern und einer kleinen Burganlage.
Heute finden in den Arènes de Nîmes Veranstaltungen, insbesondere Stierkämpfe statt.
Nicht mehr so blutig und brutal wie früher,
denn bei der Course Camarguaise haben es die
heutigen „Gladiatoren“ nur auf den Kopfschmuck, nicht auf das Leben des Stiers abgesehen. Ob das der Stier weiß? Bogdan und Violeta geben im Museumsshop ihre ausgefüllten
Rätselhefte ab; dafür gibt es eine kleine Überraschung. Weitere Sehenswürdigkeiten erwarten uns beim Stadtbummel durch Nîmes. Wir
trinken eine Limo in einem Straßencafé zwischen dem 2000 Jahre alten Tempel „Maison
Carrée“ und dem 15 Jahre alten „Carrée d’Art“
von Norman Foster – und sind beeindruckt.
Unterkünfte
■ Hotel Aigues-Mortes: Hostellerie des Remparts,
Place Anatole France; historisches Dreisternehotel
mit Restaurant in einer ehemaligen Garnison aus dem
18. Jh., Familienzimmer/Nacht ca. 110 G, Kontakt:
[email protected].
■ Camping: La Petite Camargue à Aigues-Mortes,
Campingdorf ca. 3 km vom Meer entfernt, mit
Schwimmbad und Kinderbetreuung. 1 Woche für
4 Personen z.B. im Mobilhome je nach Buchungszeitraum ab 500 G. Infos: www.homair.com. Angrenzend
kleiner Reiterhof.
■ Ferienhäuser/-wohnungen: Tourismusführer
Camargue, Herbergement/Accomodation:
www.camargue.fr (franz./engl. Textversionen);
IHA.com, Webportal für Angebote von privat an privat:
www.iha.com/de/
Satzspiegel
175 x 245
Anschnitt
205 x 280
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Reise
Wasserwelt des Mittelmeers ein, diesmal aber nicht in der Badehose. Das Seaquarium in Grau du Roi ist das drittgrößte
Aquarium Europas – für uns ist es das aufregendste. Hier hat
man sich speziell für Kinder etwas einfallen lassen. Kein dröges Ablaufen dunkler Räume, keine traurige Delfin-DressurShow. Im Gegenteil: Auf einem pädagogischen KinderParcours werden die jungen Forscherinnen und Forscher
eingeladen, die Meereswelt selbst zu erfassen.
Wir starten im Mittelmeerraum und entdecken unsere „Mitschwimmer“. An interaktiven Säulen und Wänden leuchten
gelbe Fragezeichen. Wessen Maul versteckt sich hier? Violeta
greift vorsichtig in die Öffnung. „Das ist kein Fisch, das ist eine Schildkröte“, erklärt sie. Im tropischen Aquarium treffen
wir Clownfische, die von den Kindern freudig mit „Nemo!“
begrüßt werden.Weiter geht es zum Wellensimulationsbecken,
vorbei an urtümlichen Medusenschwärmen, die durchsichtig im Wasser zu leuchten scheinen.Im Haitunnel wird es richtig spannend; denn jetzt werden wir beobachtet – von Dorn-,
Hammer- und Zitronenhaien. Einige prächtige Exemplare
schwimmen über uns hinweg,so dicht,dass wir bis in die zweite Zahnreihe sehen können.Haiexpertin Violeta entdeckt auch
ein paar Rochen: „Das sind die Verwandten, die haben auch
ein Knorpelskelett.“ Wie gut, dass die Haie nicht wissen, was
sich in der benachbarten Wasserarena abspielt – hier tummelt sich nämlich ihr Lieblingsessen: Robben und Seehunde.
Elegant tauchen die an Land watschelnden Tiere ihrem Futter hinterher. Wir folgen ihren verspielten Tauchgängen auf
die Unterwasserterrasse. „Ich will auch schwimmen!“, sagt
Bogdan plötzlich. Ja, wir alle wollen jetzt baden gehen…
Mitten im Mittelalter
Bauklötze staunen
Der Pont du Gard, das 7. Wunder der römischen Welt,
ist schon 2000 Jahre alt. Das Ludo-Kindermuseum ist
um einiges jünger – und didaktisch wunderbar!
25 km nordöstlich von Nîmes entfernt, ist der Pont du
Gard einen Tagesausflug wert. Teilweise über 2 m3
große Steinquader türmen sich hier meisterhaft in
49 Bögen über das Flüsschen Gardon. Die Geschichte
des Aquädukts wird im Multi-Media-Museum und
Ludo-Kindermuseum erzählt. Kinder von 5–12 Jahren
werden gallo-römische Schüler und experimentieren
mit Wasser, setzen Fliesenmuster oder alte Krüge
zusammen; alle Anleitungen und Hörbeiträge auch in
deutscher Sprache. Ein wunderbarer Abschluss: baden
und picknicken am kühlen Gardon.
Eintritt: freier Zugang zum Pont du Gard, MuseumsFamilienkarte 24 G (2 Erwachsene mit 2–4 Kindern).
Öffnungszeiten Museen: tägl., außer Montagvormittag,
9:30–17:30 Uhr, Mai–September bis 19 Uhr.
Fotos: textpluskonzept.com; privat
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Schmuddelwetter?
Kein Problem am
Meer. Es gibt immer
etwas zu spielen
und zu entdecken
„Deux pains aux chocolat et deux croissants.“ Unsere Kinder
sind schon Profis im Frühstückbesorgen. Und professionell ist
auch die Infrastruktur des Campingdorfes,in dem wir die zweite Woche verbringen – denn es ist mit vielen kinder- und erwachsenenfreundlichen Annehmlichkeiten ausgestattet.Angrenzend
liegt ein kleiner, gepflegter Reiterhof, der stundenweise Ausritte
anbietet. Etwa 15 Pferde sind hier zu Hause. In der Mittagshitze stecken sie ihre Köpfe unter den schattigen Bäumen zusammen und machen gemütlich Siesta. Ihnen geht es sichtlich gut,
anders als manchen ihrer Artgenossen,die teilweise direkt an den
staubigen Straßen als Aushängeschild missbraucht werden.
Doch bevor wir ins Campingdorf einzogen, kehrten wir für
zwei Tage in die Stadt Aigues-Mortes ein, deren Wurzeln bis ins
13. Jahrhundert zurückreichen. Denn hier wird immer am letzten Wochenende im August ein mittelalterliches Stadtfest gefeiert – zu Ehren des Gründers König Ludwig, dem Heiligen, der
von hier aus seine Kreuzzüge in das Heilige Land unternahm.
Als der Hafen später versandete,schwand auch die politische Bedeutung des Ortes. Zum Glück, denn so sieht Aigues-Mortes
bis zum heutigen Tag wie ein spätmittelalterliches Städtchen aus.
Auf der elf Meter hohen Festungsmauer umwandern wir das
bunte Treiben und stürzen uns dann selbst ins mittelalterliche
Vergnügen. Farbenprächtige Wappen schmücken die Straßen
und zünftig gekleidete Ritters-, Handwerks- und Edelleute sind
unterwegs.Es herrscht Aufbruchstimmung in der ganzen Stadt,
als ob es morgen wieder ins Morgenland ginge.Hier Marktstände mit Waffen, Kleidung, Lederwaren. Dort Zelte mit orientalischen Liegen und einladend duftendem Tee. Da stolziert ein
Schütze mit Armbrust, dort hämmert ein Schmied auf sein glühendes Schwert. Es wird geschwatzt, gegessen, musiziert. Und
gekämpft: Große, schwer gerüstete Ritter fordern auf dem Turnierplatz mutige Mädchen und Jungen zum Duell heraus und
schlagen sie schließlich – zum Ritter.
Und nachdem wir am Abend vor den Mauern der Stadt den
Ritterspielen zugeschaut haben, sind Bogdan und Violeta endgültig überzeugt: Unsere Ferien sind auch eine Zeitreise. Von
der wir übrigens nicht nur klüger, sondern auch gut erholt nach
Hause zurückkehren.Die meisten Stechmücken waren wohl vor
der trockenen Sommerhitze geflohen…
Ursula Thomas-Stein schreibt als freie Autorin über Reiseund Sportthemen. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern
in Freiburg.
1/2 hoch
Satzspiegel
87,5 x 245
Anschnitt 105,5 x 280