Entwicklung von Stromproduktionskosten
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Entwicklung von Stromproduktionskosten
Expertise Entwicklung von Stromproduktionskosten Die Rolle von Freiflächen-Solarkraftwerken in der Energiewende Im Auftrag der BELECTRIC Solarkraftwerke GmbH Ansprechpartner Frank Peter Mitarbeiter Leonard Krampe Inka Ziegenhagen Berlin, 10. Oktober 2013 Das Unternehmen im Überblick Geschäftsführer Christian Böllhoff Präsident des Verwaltungsrates Gunter Blickle Handelsregisternummer Berlin HRB 87447 B Rechtsform Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht Gründungsjahr 1959 Tätigkeit Prognos berät europaweit Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik. Auf Basis neutraler Analysen und fundierter Prognosen werden praxisnahe Entscheidungsgrundlagen und Zukunftsstrategien für Unternehmen, öffentliche Auftraggeber und internationale Organisationen entwickelt. Arbeitssprachen Deutsch, Englisch, Französisch Hauptsitz Prognos AG Henric Petri-Str. 9 CH-4010 Basel Telefon +41 61 3273-310 Telefax +41 61 3273-300 [email protected] Weitere Standorte Prognos AG Goethestr. 85 D-10623 Berlin Telefon +49 30 52 00 59-210 Telefax +49 30 52 00 59-201 Prognos AG Wilhelm-Herbst-Str. 5 D-28359 Bremen Telefon +49 421 51 70 46-510 Telefax +49 421 51 70 46-528 Prognos AG Science 14 Atrium; Rue de la Science 14b B-1040 Brüssel Telefon +32 2808-7209 Telefax +32 2808-8464 Prognos AG Schwanenmarkt 21 D-40213 Düsseldorf Telefon +49 211 91316-110 Telefax +49 211 91316-141 Prognos AG Nymphenburger Str. 14 D-80335 München Telefon +49 89 954 1586-710 Telefax +49 89 954 1586 288-710 Prognos AG Friedrichstr. 15 D-70174 Stuttgart Telefon +49 711 3209-610 Telefax +49 711 3209-609 Internet www.prognos.com Inhalt Ergebnisüberblick 4 1 Aufgabenstellung und Vorgehensweise 5 1.1 1.2 1.3 5 6 8 2 Kosten der Stromerzeugung für einzelne Erzeugungstechnologien im regionalen Vergleich 2.1 2.2 2.3 2.4 3 4 13 14 16 19 20 23 26 27 30 32 33 37 40 43 3.1 3.2 3.3 43 45 Die Stromgestehungskosten der Erzeugungstechnologien im Vergleich Die Wirtschaftlichkeit von Freiflächen-Solarkraftwerken im Jahr 2015 Der Einfluss von Freiflächen-Solarkraftwerken auf die Kosten des erneuerbaren Strommixes Wettbewerbsfähigkeit von Freiflächen-Solarkraftwerken in Deutschland im Vergleich zu Süd-Europa 4.2 6 Photovoltaik 2.1.1 Dachsystem 2.1.2 Freifläche Windenergie 2.2.1 Onshore 2.2.2 Offshore Bioenergie 2.3.1 Biogas 2.3.2 Biomasse Konventionelle Energieträger 2.4.1 Erdgas 2.4.2 Steinkohle 2.4.3 Braunkohle 13 Ergebnisse aus der Analyse der Stromgestehungskosten 4.1 5 Aufgabenstellung Hintergrund zu Freiflächen-Solarkraftwerken Vorgehensweise 48 51 Annahmen und Stromgestehungskosten zu Solarkraftwerken in Spanien, Italien und Griechenland 51 Annahmen und Stromtransportkosten aus Spanien, Italien und Griechenland nach Deutschland 53 Systemintegration von Freiflächen-Solarkraftwerken 58 5.1 5.2 58 61 Verringerte Netzbelastung Potenzielle Bereitstellung von Systemdienstleistungen Fazit und Handlungsoptionen Exkurs: Einordung der Ergebnisse im Vergleich zur Agora-Studie „Kostenoptimaler Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland“ 64 67 3 Ergebnisüberblick Die vorliegende Studie hat die Kostenentwicklung von verschiedenen konventionellen und erneuerbaren Stromerzeugungstechniken in unterschiedlichen geographischen Regionen Deutschlands bewertet und miteinander verglichen. Vertieft wurde die Rolle der Freiflächen-Solarkraftwerke in Deutschland im Kontext der Energiewende analysiert. Es wird deutlich, dass Freiflächen-Solarkraftwerke einen kostengünstigen und technisch wertvollen Beitrag zur Stromerzeugung leisten können, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen hierzu geschaffen werden. Die zentralen Ergebnisse der Studie im Einzelnen sind: Freiflächen-Solarkraftwerke sind bereits heute in einigen Regionen Deutschlands und insbesondere in Süddeutschland die günstigste Erneuerbare-Energien-Technik zur Stromerzeugung. Ein höherer Anteil an Freiflächen-Solarkraftwerken wird die Kosten der erneuerbaren Stromerzeugung insbesondere in Süddeutschland deutlich senken. Mittelfristig werden Freiflächen-Solarkraftwerke bezogen auf die reinen Stromgestehungskosten günstiger sein als Steinkohle- und Erdgasstromerzeugung. Die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen sind jedoch nicht dafür geeignet, Freiflächen-Solarkraftwerke ab 2014 in Deutschland wirtschaftlich betreiben zu können. Die deutlich sinkenden Kosten für erneuerbare Energien insgesamt und Freiflächen-Solarkraftwerke im Speziellen senken den absoluten Kostenvorteil von ertragreichen Standorten im Vergleich zu weniger ertragreichen Standorten. Ein gerichteter Stromtransport aufgrund von Kostenunterschieden zwischen einzelnen Regionen wird folglich wirtschaftlich weniger attraktiv. Freiflächen-Solarkraftwerke bieten neben niedrigen Kosten auch die Möglichkeit, durch optimierte DC-AC-Faktoren die Netzbelastung durch verminderte Einspeisespitzen zu senken. Freiflächen-Solarkraftwerke können technische Systemdienstleistungen für das Stromnetz erbringen. Hierfür müssen entsprechende Marktbedingungen geschaffen werden. Bei dem heute absehbaren Kostenniveau von FreiflächenSolarkraftwerken in Deutschland ergeben sich unter der Berücksichtigung der Transportkosten keine wirtschaftlichen 4 Vorteile für die Alternative, Freiflächen-Solarkraftwerksstrom aus Südeuropa nach Deutschland zu importieren. Die absolut sinkenden Kosten für solar erzeugten Strom erhöhen die Attraktivität der verbrauchsnahen Erzeugung. 1 Aufgabenstellung und Vorgehensweise 1.1 Aufgabenstellung (1) Die BELECTRIC Solarkraftwerke GmbH hat Prognos im April 2013 mit der Frage beauftragt, die Rolle der PhotovoltaikFreiflächen-Kraftwerke für die künftige Energieversorgung Deutschlands und insbesondere Bayerns näher zu beleuchten. Die aktuell gültigen gesetzlichen Rahmenbedingungen begrenzen die Förderung von Photovoltaik-Freiflächen-Anlagen auf eine Größe von 10 MW und definierte Konversionsflächen und auf an Infrastruktur angrenzende Seitenstreifen. Als Folge dessen steigen die Kosten für diese Art der Stromerzeugung. In Verbindung mit erheblich sinkenden EEG-Einspeisevergütungen für Freiflächen ergeben sich dadurch für die Photovoltaik-Freifläche schwierige wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Darüber hinaus ermöglichen nach dem Erreichen des absoluten Deckels von 52 GW Eigenverbrauchsmodelle nur in absoluten Ausnahmefällen weitere wirtschaftliche Investitionen. Der Zubau von PhotovoltaikFreiflächen wäre nach aktuell gültiger Rechtslage damit praktisch beendet. (2) Ziel dieser Studie ist es, die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der Freiflächen-Solarkraftwerke in Deutschland zu untersuchen. Dafür werden in Kapitel 2 die regionsspezifischen Kosten der Stromproduktion (Stromgestehungskosten) für konventionelle und erneuerbare Erzeugungstechnologien ermittelt und zu einander in Beziehung gesetzt. Für erneuerbare Techniken werden zunächst Kosten für den Inbetriebnahmezeitpunkt 2015 analysiert und über 20 Jahre betrachtet. Um den Vergleich der Stromgestehungskosten mit den konventionellen Technologien Kohle und Gas führen zu können, die in der Regel wirtschaftlich technische Lebensdauern von 40 Jahren und mehr aufweisen, wird für die erneuerbaren Anlagen ein zweiter Investitionszyklus ab dem Jahr 2035 berücksichtigt. Für die Freiflächen-Solarkraftwerke werden diesbezüglich Rahmenbedingungen unterstellt, die die aktuellen Begrenzungen und dadurch entstehenden Mehrkosten ausklammern. Kapitel 3 fasst die wesentlichen Ergebnisse dieser Analysen zusammen. In Kapitel 4 wird die Frage beantwortet, ob die Stromproduktion mit Solarkraftwerken in Südeuropa unter Berücksichtigung der Transportkosten einen Vorteil gegenüber der Stromerzeugung in 5 Deutschland hat. In Kapitel 5 wird der Nutzen der FreiflächenSolarkraftwerke hinsichtlich ihrer Wirkung im Netz betrachtet. Neben dem Aspekt der Vermeidung von Einspeisespitzen werden auch mögliche Beiträge zur Systemstabilität im Verteilnetz skizziert. 1.2 Hintergrund zu Freiflächen-Solarkraftwerken (1) Bei einem Freiflächen-Solarkraftwerk handelt es sich um eine PV-Anlage großen Maßstabs, die nicht auf Gebäuden, sondern auf dem Boden errichtet wird. Dafür werden die Module auf Gestellen befestigt. Die installierte Leistung von FreiflächenSolarkraftwerken reicht je nach verfügbarer Fläche von mehreren hundert Kilowatt bis zu derzeit über 100 Megawatt. Generell besteht jedoch keine technische Größenlimitierung eines solchen Kraftwerkes. Nach den Rahmenbedingungen des derzeit aktuellen EEG 2012 erhalten nur Anlagen bis zu einer Größe von 10 MW eine Vergütung, die auf bereits versiegelten Flächen, sogenannten Konversionsflächen, installiert werden. Bei Konversionsflächen handelt es sich beispielsweise um ehemalige militärisch genutzte Flächen oder Tagebaugebiete bzw. Deponieflächen. Desweiteren können auch Flächen neben Autobahnen und Schienenwegen in einem seitlichen Abstand von 110 Metern genutzt werden. Anlagen, die auf Ackerflächen installiert werden, erhalten seit dem Jahr 2010 keine Vergütung mehr. Die Weiterentwicklung des EEG hat seit dem Jahr 2009 somit kontinuierlich zu einer Verschlechterung der Rahmenbedingungen für Freiflächen-Solarkraftwerke geführt. Die folgende Abbildung zeigt ein Freiflächen-Solarkraftwerk auf einem ehemaligen Militärflughafen in Templin mit knapp 130 MW, das unter den heute geltenden Rahmenbedingungen so nicht mehr realisiert werden könnte. 6 Abbildung 1: Freiflächen-Solarkraftwerk in Templin Quelle: BELECTRIC (2) Ein Freiflächen-Solarkraftwerk besteht aus einer Vielzahl von PV-Modulen, die auf einem Unterbau bzw. auf Gestellen montiert und zur Sonne hin ausgerichtet werden. Die Module werden an Wechselrichter angeschlossen, um die produzierte Gleichspannung in Wechselspannung umzuwandeln. Je nach Anzahl der installierten Module und der Kapazität der einzelnen Wechselrichter werden mehrere Wechselrichter benötigt. Diese benötigen wiederum einen Netzanschluss, um den produzierten Strom ins Netz einspeisen zu können. Die Gestelle von Freiflächen-Solarkraftwerken werden in der Regel ohne Fundament oder nur mit punktuellen Fundamenten im Erdreich verankert. Aus diesem Grund wird trotz der hohen Flächeninanspruchnahme der Boden kaum versiegelt. Auch die Wechselrichter stehen in der Regel auf Gestellen. Zwischen den einzelnen Reihen der Module kann sich somit ungehindert Vegetation ausbreiten. Diese wird üblicherweise zweimal pro Jahr gemäht, damit die Module nicht durch den Pflanzenwuchs verschattet werden. (3) Von den derzeit rund 32 GW installierten PV-Anlagen in Deutschland besitzen rund 25 % eine Kapazität von über 1 MW. Zunehmend werden jedoch auch Dachanlagen in der Megawattklasse realisiert, so dass erst ab einer Peak-Leistung von 7 mehr als 3 MW mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Freifläche ausgegangen werden kann. Anlagen mit über 3 MW installierter Leistung haben einen Anteil von rund 20 % an der insgesamt installierten PV-Leistung in Deutschland. Durch die starke Absenkung der Vergütungssätze und die restriktiven Flächenbeschränkungen wurden in den letzten Monaten jedoch immer weniger Freiflächen-Anlagen ans Netz angeschlossen. Zudem führt die monatliche Vergütungsabsenkung bei den Freiflächen-Solarkraftwerken mit etwa einem Jahr Projektvorlauf bis zur Inbetriebnahme zu einer Verschlechterung der Planungssicherheit. Aktuell sinkt Monat für Monat die in Betrieb genommene Leistung von Anlagen mit einer Kapazität von mehr als 3 MW. 1.3 Vorgehensweise (1) Mit Hilfe der spezifischen Stromgestehungskosten (€/MWh) können die Kosten der Stromerzeugung unterschiedlicher Erzeugungstechnologien, aber auch innerhalb einer Erzeugungstechnologie unterschiedliche Projekte verglichen werden. Dabei handelt es sich um die finanzmathematischen Durchschnittskosten über den Nutzungszeitraum der Erzeugungsanlage. Für die Analyse der Stromgestehungskosten (LCOE) im regionalen Vergleich wird folgender Ansatz verwendet: 𝐿𝐶𝑂𝐸 = LCOE I0 At M el i n t 𝐴𝑡 (1 + 𝑖)𝑡 𝑀𝑒𝑙 ∑𝑛𝑡=1 (1 + 𝑖)𝑡 𝐼0 + ∑𝑛𝑡=1 Levelized Cost of Energy/Stromgestehungskosten in Euro/MWh Investitionsausgaben in Euro Jährliche Gesamtkosten in Euro im Jahr t Produzierte Strommenge im jeweiligen Jahr in MWh Realer kalkulatorischer Zinssatz in % (hier WACC) Wirtschaftliche Nutzungsdauer Jahr der Nutzungsperiode (1, 2, …n) Die LCOE werden bei dieser Berechnung gebildet aus der Summe der Barwerte der jährlichen Gesamtkosten und den Investitionsausgaben dividiert durch den Barwert der gesamten Stromerzeugung über die Nutzungsdauer. Je nach betrachteter Erzeugungsart variieren die Eingangsgrößen. (2) Zu den Investitionsausgaben können sämtliche Kosten gezählt werden, die im Vorfeld der Investitionsentscheidung – 8 beispielsweise durch Genehmigungen und Zertifizierung – und während der gesamten Errichtungsphase anfallen. Je nach Erzeugungstechnologie und Projekt variieren dabei die Anteile zwischen Genehmigungskosten, Kosten der Technik und Installationskosten. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die in dieser Studie dargestellten Investitionskosten sich ausschließlich auf Neuinvestitionen beziehen. Dieses gilt es bei der Interpretation der Ergebnisse zu berücksichtigen. Die jährlichen Gesamtkosten beinhalten sämtliche fixe und variable Betriebskosten. Fixe Betriebskosten fallen unabhängig vom Betrieb der Anlage und der Nutzungsdauer an. Dazu zählen beispielsweise Personalkosten, Versicherungspolicen, Kosten für Miete und Pacht und Teile der Wartungskosten. Die variablen Kosten fallen maßgeblich während des Betriebs an und steigen mit zunehmender Nutzungsdauer der Anlage. Zu den variablen Betriebskosten werden vor allem die Brennstoffkosten, aber auch die bei der Nutzung fossiler Brennstoffe anfallenden CO 2 -Kosten sowie laufzeitabhängige Wartungskosten gezählt. (3) Die im jeweiligen Jahr produzierte Strommenge wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst: Während dargebotsabhängige erneuerbare Energien, wie Wind und PV, von den meteorologischen Gegebenheiten abhängig sind, ist die Einsatzplanung konventioneller Kraftwerke v.a. bestimmt durch das Preisniveau auf dem Großhandelsmarkt. Das derzeitige System im Strommarkt orientiert sich an der sogenannten MeritOrder, der Einsatzreihenfolge der benötigten Kraftwerke. Diese wird durch die einzelnen Grenzkosten der am Strommarkt teilnehmenden Kraftwerke bestimmt. Ein Kraftwerk wird dementsprechend nur eingesetzt, wenn der aktuelle Strompreis an der Börse mindestens den Grenzkosten dieser Anlage entspricht. Mit steigendem Anteil grenzkostenfreier erneuerbarer Energien im Stromsystem ist allerdings davon auszugehen, dass der Großhandelsstrompreis in Zukunft tendenziell auf einem niedrigeren Niveau liegen wird als bislang. Dadurch werden konventionelle Kraftwerke in Zukunft pro Jahr weniger Strom produzieren als es in den letzten Jahren der Fall gewesen ist. Darüber hinaus kann bei Photovoltaikanlagen aufgrund der Degradation der Anlage mit einem leichten Rückgang der jährlichen produzierten Strommenge gerechnet werden. (4) Der reale kalkulatorische Zinssatz, mit dem die jährlichen Betriebskosten und die Stromerzeugung abdiskontiert werden, wird in der vorliegenden Studie durch den gewichteten Kapitalkostensatz bzw. WACC (weighted average cost of capital) dargestellt. Der WACC bildet sich dabei wie folgt aus den Anteilen und Renditen für Fremdkapital (FK) und Eigenkapital (EK): 9 𝑊𝐴𝐶𝐶 = 𝐹𝐾Anteil*FKRendite + EKAnteil*EKRendite Je nach Art der Investition und der Erzeugung können die Bestandteile der WACC-Berechnung stark variieren. Projekte wie kleine PV-Anlagen im privaten Sektor können zum Teil einen sehr hohen Anteil an Eigenkapital und damit wenig Fremdkapital aufweisen. Investitionen in Solar- und Onshore-WindGroßkraftwerke und Offshore-Windparks, bei denen nicht selten das Investitionsvolumen im Bereich von mehreren Hundert Millionen Euro liegt, weisen in der Regel einen deutlich niedrigeren Anteil von Eigenkapital im Bereich von 30 % bis 40 % auf. Dementsprechend steigt der Fremdkapitalanteil bei solchen Projekten stark. Ähnlich verhält es sich mit den Renditeanforderungen. Grundsätzlich gilt: Je risikoreicher ein Projekt ist, desto höher ist die in der Projektkalkulation anzusetzende Renditeerwartung. Die FK-Rendite wird bestimmt durch die marktüblichen Einstandszinsen und die projektspezifische Risikoaufschläge in Form der Marktmarge. Die EK-Rendite wird darüber hinaus noch durch die Renditeerwartungen alternativer Anlageformen beeinflusst. So muss ein Investor vorab bestimmen, wie hoch die Verzinsung bzw. der Rückfluss des eingesetzten Kapitals in möglichen, alternativen Projekten bzw. Investitionen ist. Bei Investitionen im Bereich der Energieerzeugung liegt wie auch bei anderen Investitionen die EK-Rendite üblicherweise über der FKRendite. Bei privaten Haushalten mit kleinen PV-Anlagen spielen diese Opportunitätsberechnungen eine weniger starke Rolle. Derzeit sind die Zinsen risikoarmer Finanzprodukte auf einem sehr niedrigen Niveau, so dass eine Eigenkapitalrendite im mittleren einstelligen Bereich völlig ausreichen dürfte, um eine positive Investitionsentscheidung zu treffen. Zusammengefasst bedeutet dies, dass der WACC in unseren Berechnungen je nach Erzeugungsart und auftretendem Risiko unterschiedlich ausfallen wird. (5) Die wirtschaftliche Nutzungsdauer hängt ebenfalls von der betrachteten Erzeugungsart ab. Fossile Großkraftwerke weisen in der Regel eine Lebensdauer von rund 40 Jahren auf. Die Lebensdauer von Erneuerbare-Energien-Anlagen liegt hingegen in der Regel zwischen 20 und 25 Jahren. In Abhängigkeit von den Wartungskosten und den zu erzielenden Erträgen können EEAnlagen auch länger als 20 oder 25 Jahre betrieben werden. Die realen Stromgestehungskosten sind nicht gleichzusetzen mit den für die Wirtschaftlichkeit von Projekten erforderlichen Vergütungshöhen beispielsweise aus dem EEG. Die Vergütungssätze im EEG sind nominaler Natur, wohingegen die Stromgestehungskosten real, d.h. inflationsbereinigt, berechnet werden. 10 (6) Um die unterschiedlichen klimatischen und räumlichen Rahmenbedingungen – wie Windertrag, radiale Strahlung und transportabhängige Brennstoffkosten – der einzelnen Regionen in Deutschland sachgerecht zu berücksichtigen, werden die Stromgestehungskosten in der vorliegenden Untersuchung für jeweils vier verschiedene Zonen ausgewiesen. Prinzipiell können regionale Daten auch noch kleinteiliger aufgelöst werden. Für die hier angefertigte Studie soll jedoch die Einteilung in vier wesentliche Zonen genügen (mit Ausnahme von Wind Offshore und Bioenergie). Die weiter unten ausgewiesenen Daten und Berechnungsergebnisse sind demzufolge jeweils als Mittelwerte für eine bestimmte Region zu verstehen. • Region 1 ist in unserer Abgrenzung das Gebiet nördlich von Bremen mit dem höchsten Windenertrag und im Durchschnitt, mit Ausnahme der Inseln, geringsten Solarertrag. Mit Ausnahme der Ballungszentren Hamburg und Bremen existieren in dieser Region tendenziell weniger große Verbrauchszentren für Strom. • In der Region 2, die große Teile Niedersachsens, Brandenburgs und Sachsen-Anhalts umfasst, herrschen aufgrund geringer topografischer Höhen auch immer noch sehr gute Windgeschwindigkeiten. Die Region umfasst zudem aus energiewirtschaftlicher Sicht die bedeutenden Braunkohlereviere in Brandenburg, Sachsen, SachsenAnhalt und Nordrhein-Westphalen. In der Region 2 liegt mit der Rhein-Ruhr-Region das größte Stromverbrauchszentrum in Deutschland. • Region 3 liegt zwischen den Linien Köln-Dresden und Karlsruhe-Regensburg und umfasst die größten Teile von Hessen, Thüringen, das südliche Sachsen, RheinlandPfalz, Saarland und die nördlichen Teile von BadenWürttemberg und Bayern. Diese Region ist komplett durchzogen von Mittelgebirgen, weshalb aufgrund der topografischen Gegebenheiten die mittleren Windgeschwindigkeiten spürbar geringer ausfallen, als in den Regionen 1 und 2. Darüber hinaus liegen in dieser Region weitere Braunkohlereviere im Rheinland und in Sachsen. Mit dem Rhein-Main-Gebiet Ludwigshafen/Mannheim und dem Großraum Nürnberg existieren in dieser Region einige größere Verbrauchszentren für Strom. • Region 4 liegt südlich der Linie Karlsruhe-Regensburg und beinhaltet somit die südlichen Teile von Bayern und BadenWürttemberg. In dieser Region herrschen die schlechtesten mittleren Windgeschwindigkeiten, jedoch können aufgrund der südlichen Lage die höchsten Solarerträge in Deutschland erzielt werden. Gleichzeitig befinden sich viele 11 große Stromverbrauchszentren wie beispielsweise München, Stuttgart und Ingolstadt in dieser Region. Abbildung 2: Regionale Einteilung Deutschlands Region 1 Region 2 Region 3 Region 4 Quelle: Prognos AG 12 2 Kosten der Stromerzeugung für einzelne Erzeugungstechnologien im regionalen Vergleich (1) Um die Stromgestehungskosten der einzelnen Erzeugungstechnologien berechnen zu können, müssen – wie in Kapitel 1.3 dargestellt – diverse Annahmen zu Investitions- und Betriebskosten, zur jährlichen Energieerzeugung, zu Finanzierungsmodalitäten, Brennstoffpreisen und CO 2 -Emissionen getroffen werden. Ziel dieses Kapitels ist eine detaillierte Beschreibung dieser Annahmen und die Berechnung der regionalen Stromgestehungskosten für die erneuerbaren und die konventionellen Energieträger. Da die wirtschaftliche Lebensdauer konventioneller Kraftwerke in der Regel rund 40 Jahre beträgt, die Lebensdauer der erneuerbaren Energien aber zumeist mit 20 Jahren angegeben wird, werden in dieser Studie die Stromgestehungskosten der erneuerbaren Energien über 40 Jahre mittels zweier Investitionszyklen am selben Standort berechnet. Der erste Investitionszeitpunkt in dieser Berechnung ist im Jahr 2015, der zweite im Jahr 2035. Dadurch können die Stromgestehungskosten der konventionellen Energieträger mit denen der erneuerbaren verglichen werden. Aus heutiger Sicht ist es natürlich möglich, dass einzelne Anlagen eine längere Anlagenlebensdauer als 20 Jahre aufweisen können. Solange die Anlage nach 20 Jahren noch genügend Strom erzeugen kann, ohne dass die Betriebs- und Reparaturkosten die Erträge übersteigen, ist es oftmals sinnvoll, die Anlage nicht stillzulegen. 2.1 Photovoltaik (1) In den vergangen 5 Jahren hat vor allem der Ausbau von PV-Anlagen in Deutschland stark zugenommen. Allein in den Jahren 2011 und 2012 erhöhte sich die installierte PV-Leistung in Deutschland jeweils um 7,5 GW auf über 30 GW kumulierter Leistung. Begleitet (und begünstigt) wurde dieser Kapazitätszuwachs von einem starken Preisverfall kristalliner PVModule – vor allem auf dem asiatischen Markt. In den vergangenen zwei Jahren haben sich hier die Modulkosten um über 50 % reduziert. Die Preisentwicklung europäischer Module verlief in einer ähnlichen Größenentwicklung. Allerdings sind insbesondere durch höhere Faktorkosten diese Module derzeit immer noch rund 30 % bis 40 % teurer als die asiatischen Modelle. Die kürzlich von der EU-Kommission eingeführten Strafzölle auf chinesische Module haben zu einer intensiven Diskussion über den Nutzen dieser 13 Maßnahme zwischen europäischen Herstellern, Zulieferern, Großhändlern und Installateuren geführt. Da bislang nicht abschließend damit gerechnet werden kann, dass die Strafzölle weiterhin bestehen bleiben, werden diese bei der Kostenberechnung für PV-Anlagen nicht mit betrachtet. 2.1.1 Dachsystem (1) Für die Berechnung der Stromgestehungskosten werden im Folgenden die zugrunde liegenden Annahmen für PVDachsysteme erläutert. Tabelle 1: Annahmenset PV-Dachsystem (jährliche Degradation von 0,5 %) Einheit Investitionskosten Stromerzeugung 2015 2035 Region Region Region Region Region Region Region Region 1 2 3 4 1 2 3 4 €2012/kW 1.200 1.200 1.200 1.200 850 850 850 850 MWh/MW 850 900 950 1.000 850 900 950 1.000 Fixe Betriebskosten % der Invest.kosten 2% 2% 2% 2% 2% 2% 2% 2% Variable Betriebskosten €2012/MWh 0 0 0 0 0 0 0 0 Brennstoffpreis €2012/MWh 0 0 0 0 0 0 0 0 Wirkungsgrad CO2-Emissionen WACC (real) % 100% 100% 100% 100% 100% 100% 100% 100% g/kWh 0 0 0 0 0 0 0 0 % 4,5% 4,5% 4,5% 4,5% 4,5% 4,5% 4,5% 4,5% Quelle: Prognos AG (2) Für den ersten Investitionszeitpunkt im Jahr 2015 kann standortunabhängig mit Investitionskosten von 1.200 Euro/kW gerechnet werden. Diese Kosten beinhalten die Kosten der PVModule, des Wechselrichters sowie der Installation. Die Kosten für Module werden im Mittel mit 550 Euro/kWp angesetzt. Die NichtModul- oder „Balance-of-System“ (BOS)-Kosten belaufen sich somit im Durchschnitt auf 650 Euro/kWp. Je nach Region, in der die PV-Anlage installiert wird, fällt die jährliche Stromerzeugung unterschiedlich aus. In der Region 1 (Norddeutschland) beträgt die Netto-Stromerzeugung rund 850 MWh/MWp und steigt, je weiter man nach Süden kommt, auf bis zu 1.000 MWh/MWp (Region 4). Die altersbedingte Degradation der Anlage beträgt rund 0,5 % pro Jahr. Für den zweiten Investitionszeitpunkt im Jahr 2035 gehen wir in dieser Berechnung davon aus, dass die Investitionskosten rund 850 Euro 2012 /kW betragen werden. Auf Modulkosten entfallen dann nur noch 350 Euro/kWp. Die BOS-Kosten werden im Mittel mit 500 Euro/kWp abgeschätzt. Die Volllaststunden verändern sich 14 im Vergleich zum ersten Investitionszeitpunkt nicht. Es wird weiterhin angenommen, dass die PV-Module auch zukünftig eine jährliche Degradation von 0,5 % pro Jahr aufweisen. Für beide Investitionszyklen wird mit jährlichen fixen Betriebskosten in Höhe von 2 % der Investitionskosten gerechnet. Zu den fixen Betriebskosten zählt unter anderem die Reinigung der Anlage, regelmäßige Wartung und das Ablesen der Zählerstände sowie Versicherungskosten. Bei der Berechnung der Stromgestehungskosten geht man davon aus, dass eine PVAnlage keine variablen Betriebskosten (z.B. Brennstoffkosten) aufweist und somit CO 2 -frei Strom erzeugt. 1 Der reale kalkulatorische Zinssatz (hier WACC) beträgt für beide Investitionszeitpunkte 4,5 %. Anhand dieser Annahmen ergeben sich für PV-Dachanlagen über einen Zeitraum von 40 Jahren folgende Stromgestehungskosten. Tabelle 2: Stromgestehungskosten PV-Dachanlage, in Cent 2012 /kWh (Inbetriebnahme 2015/2035) Einheit Region 1 Region 2 Region 3 Region 4 20 Jahre Betriebszeitraum Cent2012/kWh 14,2 13,4 12,7 12,1 40 Jahre Betriebszeitraum Cent2012/kWh 13,0 12,3 11,6 11,1 Quelle: Prognos AG (3) Bedingt durch die niedrigere globale Sonneneinstrahlung in Norddeutschland und der sich daraus ergebenden geringeren Stromerzeugung einer Anlage liegen die Stromgestehungskosten des ersten Investitionszyklus im Jahr 2015 von Anlagen in der Region 1 mit 14,2 Cent 2012 /kWh rund zwei Cent über den Stromgestehungskosten von Anlagen in der Region 4. Die Stromgestehungskosten über den gesamten Investitionszeitraum von 40 Jahren liegen bedingt durch die niedrigeren Investitionskosten des zweiten Investitionszyklus im Jahr 2035 rund 1 Cent 2012 /kWh unter den Stromgestehungskosten des ersten Investitionszyklus. (4) Da es sich bei Investoren von PV-Dachsystemen meistens um Privatpersonen handelt, sind die Renditeerwartungen geringer als bei kommerziellen Investoren. Darüber hinaus wird zukünftig 1 Es wird keine CO2-Vorkettenbetrachtung einzelner Energieerzeugungstechnologien durchgeführt. 15 der Eigenverbrauch von eigenerzeugtem PV-Strom eine immer wichtigere Rolle spielen. Bereits heute lohnt es sich für einen Besitzer einer neuen Anlage, den Strom selber zu verbrauchen anstatt ihn in das Stromnetz einzuspeisen. Die Vergütungssätze für PV-Anlagen liegen unter den Strombezugskosten für private und teilweise gewerbliche Verbraucher. Ein Anlagenbetreiber spart somit mehr Geld über den vermiedenen Strombezug ein, als er für die Einspeisung erhalten würde. Diese Tatsache kann dazu führen, dass PV-Anlagen auf Hausdächern in Zukunft eher auf den tatsächlichen Stromverbrauch ausgelegt werden, um einen hohen Anteil von Eigenverbrauch zu erzielen. Das hätte für Aufdachsysteme zur Folge, dass sich die installierte Leistung pro Hausdach, im Vergleich zu den in den letzten Jahren installierten Anlagen, reduzieren würde, die auf die maximale Ausnutzung der Dachfläche ausgelegt waren. Mit einer kleineren Anlage lassen sich viel höhere Anteile von eigenerzeugtem Eigenverbrauch realisieren. Für gewerbliche Nutzer wie Supermärkte, Hotels, Büros und anderes produzierendes Gewerbe mit einem hohen konstanten Stromverbrauch während des Tages, ist diese Auslegung ebenfalls empfehlenswert. Eine breite Nutzung von Speicherkonzepten wird aufgrund der immer noch sehr hohen Kosten nicht unterstellt. Hinzu kommt der Aspekt der Unterdimensionierung des Wechselrichters. Ein PV-System, das auf einen hohen Anteil Eigenerzeugung mit einem hohen DC/ACFaktor ausgelegt ist, kann in den Sommermonaten bereits ab dem Vormittag über viele Stunden einen Großteil des Strombedarfs decken. 2.1.2 Freifläche (1) Für die Berechnung der Stromgestehungskosten werden im Folgenden die zugrunde liegenden Annahmen für solare Freiflächensysteme erläutert. 16 Tabelle 3: Annahmenset Freiflächen-Solarkraftwerke (jährliche Degradation von 0,5 %) Einheit 2015 2035 Region Region Region Region Region Region Region Region 1 2 3 4 1 2 3 4 Investitionskosten €2012/kW 925 925 925 925 450 450 450 450 Stromerzeugung MWh/MW 900 970 1.020 1.100 900 970 1.020 1.100 Fixe Betriebskosten % der Invest.kosten 2% 2% 2% 2% 2% 2% 2% 2% Variable Betriebskosten €2012/MWh 0 0 0 0 0 0 0 0 Brennstoffpreis €2012/MWh 0 0 0 0 0 0 0 0 Wirkungsgrad % 100% 100% 100% 100% 100% 100% 100% 100% CO2-Emissionen WACC (real) g/kWh 0 0 0 0 0 0 0 0 % 5% 5% 5% 5% 5% 5% 5% 5% Quelle: Prognos AG (2) Bereits heute werden einige große Freiflächen mit Investitionskosten unter 1.000 Euro/kW realisiert. Für den ersten Investitionszeitpunkt im Jahr 2015 wird daher standortunabhängig mit 925 Euro 2012 /kW gerechnet. Diese Kosten beinhalten neben den Modul- und Wechselrichterkosten auch Baukosten zur Flächenbereitstellung, Kosten der Aufständerung, Netzanbindung, Kosten für Sicherheitsanlagen wie Zäune und Kosten für evtl. notwendige Ausgleichsmaßnahmen aufgrund von Umweltvorschriften (Bäume pflanzen oder Rasen sähen). Vor allem aber beinhalten diese Kosten den Netzanschluss, der bei Freiflächenanlagen eine wichtige Rolle spielt und dementsprechend je nach Standort der Anlage einen größeren Anteil an den Gesamtkosten bilden kann. Die Modulkosten in der Freifläche werden aktuell mit rund 500 Euro/kWp für Siliziummodule angesetzt. Im Vergleich zu den Dachanlagen sind diese durch die größere abgenommene Menge und den Wegfall von Zwischenhändlern in der Regel kostengünstiger. Werden Dünnschichtmodule verbaut, liegen die Modulkosten noch unterhalb der Marke von 500 Euro/kWp. Höhere Aufwendungen für Gestelle und die technische Einbindung führen dann im Mittel zu vergleichbaren Gesamtinvestitionskosten. Für den zweiten Investitionszeitpunkt im Jahr 2035 fallen einige dieser Kostenbestandteile weg. Da der Netzanschluss, die Sicherheitsmaßnahmen, die Gerüste und die Versorgungsinfrastruktur dann bereits bestehen und weiter genutzt werden können, bedarf es daher nur eines Austauschs der Module und gegebenenfalls der Wechselrichter. Aus diesem Grund fallen beim zweiten Investitionszyklus nur noch 450 Euro 2012 /kW als Investitionskosten an, etwa 325 Euro/kWp entfallen davon allein auf Modulkosten. Freiflächenanlagen besitzen gegenüber Aufdachanlagen den Vorteil, dass sie optimal auf den Verlauf der 17 Sonne am jeweiligen Standort ausgelegt werden können. Daher erzielen sie in den Untersuchungsregionen dieser Studie eine höhere Stromerzeugung als Aufdachanlagen in der gleichen Region. In der Region 1 beträgt die Netto-Stromerzeugung einer Freiflächenanlage rund 900 MWh/MWp und steigt, je weiter man nach Süden kommt, auf rund 1.100 MWh/MWp (Region 4). Die Degradation der Module einer Freiflächenanlage beträgt ebenfalls 0,5 % pro Jahr. Wir gehen davon aus, dass die hier unterstellte Kostenentwicklung für Freiflächen-Solarkraftwerke insgesamt auch bei der temporären Einführung von Importzöllen bestehen bleibt. Zum einen sind Dünnschichtmodule von Importzöllen oder Mindestpreisen von Importmodulen aus China nicht betroffen und zum anderen werden Zölle bisher nur auf chinesische siliziumbasierte Produkte erhoben. Produkte aus Malaysia, Korea oder Taiwan sind bisher von Zöllen ausgenommen, ebenso wie ein erheblicher Anteil von chinesischen Modulen, soweit sie unter den ausgehandelten Kompromiss zwischen der chinesischen Regierung und der EU fallen. Wir gehen davon aus, dass dies auch in Zukunft so bleibt. (3) Für beide Investitionszyklen wird wie bei Aufdachanlagen mit jährlichen fixen Betriebskosten in Höhe von 2 % der Investitionskosten gerechnet. Zu den fixen Betriebskosten zählt unter anderem die Reinigung der Anlage und gegebenenfalls die Schneebeseitigung, regelmäßige Wartung und das Ablesen der Zählerstände sowie Versicherungskosten. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass der Pflanzenbewuchs um die Anlagen keine Verschattung zur Folge hat und bei einer Rasenbeflanzung muss dieser regelmäßig geschnitten werden. Auch bei FreiflächenSolarkraftwerken fallen keine variablen Betriebs- und Brennstoffkosten an. Der reale kalkulatorische Zinssatz beträgt für beide Investitionszeitpunkte 5 %. Anhand dieser Annahmen ergeben sich für Freiflächen-Solarkraftwerke über einen Zeitraum von 40 Jahren folgende Stromgestehungskosten. Tabelle 4: Stromgestehungskosten Freiflächen-Solarkraftwerke, in Cent 2012 /kWh (Inbetriebnahme 2015/2035) Einheit Region 1 Region 2 Region 3 Region 4 20 Jahre Betriebszeitraum Cent2012/kWh 10,7 9,9 9,4 8,7 40 Jahre Betriebszeitraum Cent2012/kWh 9,2 8,5 8,1 7,5 Quelle: Prognos AG 18 (4) Die Stromgestehungskosten des ersten Investitionszyklus im Jahr 2015 liegen bei einer Freiflächenanlage in den betrachteten Regionen zwischen 10,7 Cent 2012 /kWh (Region 1) und 8,7 Cent 2012 /kWh (Region 4). Die Stromgestehungskosten über den gesamten Betrachtungszeitraum von 40 Jahren liegen in allen Regionen unter 10 Cent 2012 /kWh. Bedingt durch die niedrigeren Investitionskosten im zweiten Zyklus ab dem Jahr 2035 betragen die LCOE in der Region 1 9,2 Cent 2012 /kWh und verringern sich bis auf 7,5 Cent 2012 /kWh in Region 4. Gerade bei Freiflächen-Solarkraftwerken, bei denen die Wechselrichter einen hohen Anteil an den Gesamtkosten ausmachen, ist es sinnvoll, ein hohes DC/AC-Verhältnis zu realisieren. So können zum einen die zusätzlichen Kosten für einen weiteren Wechselrichter eingespart werden und zum anderen kann mit deutlich geringerem finanziellem Einsatz die Stromerzeugung im Tagesverlauf spürbar verstetigt werden. Aufgrund der gängigen Größe einer Freiflächenanlage eignet sich eine solche Investition eher selten zur Eigenstromversorgung. Dies würde lediglich für sehr große Industriebetriebe z.B. im Bereich des produzierenden Gewerbes sinnvoll sein, aber hier treten womöglich Flächennutzungsrestriktionen auf. 2.2 Windenergie (1) Die Stromerzeugung aus Wind spielt bereits heute eine wesentliche Rolle in der Energieversorgung. In den letzten Jahren konnte je nach Windjahr allein durch Wind Onshore bis zu 50 TWh Strom pro Jahr erzeugt werden. Damit besitzt Wind Onshore unter den erneuerbaren Energieträgern den größten Anteil an der Stromversorgung. Durch den geplanten weiteren Ausbau wird sich an dieser Situation in den kommenden Jahren wenig ändern. Im Vergleich zu Wind Offshore besitzt die Onshore-Technologie den Vorteil der einfacheren Installation und Wartung der Anlagen an Land. Um jedoch nicht zu viele Windanlagen an Land installieren zu müssen, bietet sich Wind Offshore als Ergänzung zur OnshoreErzeugung an. Die Anlagen die weit vor der Küste installiert werden, liegen meistens außerhalb der Sichtweite und verändern somit nicht das allgemeine Landschaftsbild. Darüber hinaus besitzt Wind Offshore den Vorteil, noch höhere Volllaststunden liefern zu können. Allerdings sind der Aufbau und die Wartung dieser Anlagen durch die Wetterverhältnisse, die weite Entfernung von der Küste und nicht zuletzt durch die Wassertiefe deutlich kostenintensiver. Aus diesem Grund gibt es derzeit eine kontroverse Diskussion über den allgemeinen Nutzen der Energieerzeugung durch Wind Offshore, auf die in diesem Diskussionspapier jedoch nicht eingegangen werden kann. Die bereits genannten Vor- und Nachteile sind bekannt und es obliegt 19 jedem einzelnen, den Nutzen von Wind On- und Offshore zu bewerten. 2.2.1 Onshore (1) Die Onshore-Technologie hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter entwickelt. Die Turbinenleistung, Nabenhöhe und Rotordurchmesser sind stark gewachsen, was – je nach Standort der Anlage – zu unterschiedlichen Betriebskonzepten geführt hat. Generell kann man zwischen Starkwind- und Schwachwindstandorten unterscheiden. Turbinen mit einer Leistung von bis zu 7,5 MW, einer Nabenhöhe von über 130 m und einem Rotordurchmesser von über 120 m eignen sich eher für Starkwindstandorte. An solchen Standorten ist es möglich, mit Turbinen mit einer hohen Leistung eine hohe Energieerzeugung zu erzielen. Neben dieser Fokussierung auf die Erhöhung der Turbinenleistung zeigt es sich ebenfalls als vorteilhaft, an Starkwindstandorten Turbinen mit einer geringeren Leistung, einer durchschnittlichen Nabenhöhe, aber mit großen Rotordurchmessern zu installieren. Dieses Konzept zielt auf eine maximale Energieerzeugung mit hohen Volllaststunden ab. Bei solchen Konfigurationen spielt das Verhältnis zwischen Rotordurchmesser und Generatorleistung eine entscheidende Rolle. Je größer dieses Verhältnis ist, desto höher werden in der Regel die Volllaststunden der Anlage. Für Schwachwindstandorte im Binnenland und besonders in Süddeutschland empfiehlt es sich, Turbinen mit einer sehr hohen Nabenhöhe (bis zu 150 m) und einem hohen Verhältnis zwischen Rotordurchmesser und Generatorleistung zu installieren. Aufgrund der geringeren durchschnittlichen Windgeschwindigkeit an diesen Standorten, hilft eine solche Anlagenkonfiguration, die Vollaststunden in einem akzeptablen Bereich zu halten. Die Berechnung der Stromgestehungskosten basiert auf folgenden Annahmen, die den Durchschnitt der in den jeweiligen Inbetriebnahmejahren installierten Anlagen abbilden soll. 20 Tabelle 5: Annahmenset Wind Onshore Einheit 2015 2035 Region Region Region Region Region Region Region Region 1 2 3 4 1 2 3 4 Investitionskosten €2012/kW 1.400 1.505 1.680 1.785 1.100 1.180 1.350 1.430 Stromerzeugung MWh/MW 2.400 2.280 2.160 2.100 3.050 2.900 2.820 2.700 Fixe Betriebskosten % der Invest.kosten 3% 3% 3% 3% 3% 3% 3% 3% Variable Betriebskosten €2012/MWh 0 0 0 0 0 0 0 0 Brennstoffpreis €2012/MWh 0 0 0 0 0 0 0 0 Wirkungsgrad % 100% 100% 100% 100% 100% 100% 100% 100% CO2-Emissionen WACC (real) g/kWh 0 0 0 0 0 0 0 0 % 5,5% 5,5% 5,5% 5,5% 5,5% 5,5% 5,5% 5,5% Quelle: Prognos AG (2) Die Investitionskosten unterscheiden sich je nach betrachteter Region. An Starkwindstandorten in der Region 1 in Küstennähe sind aufgrund der Windgeschwindigkeiten bei Anlagenkonfigurationen mit einem hohen Verhältnis zwischen Rotordurchmesser und Generatorleistung nicht so hohe Nabenhöhen notwendig wie in der Region 4. Aus diesem Grund liegen die Investitionskosten im Jahr 2015 für Anlagen in Region 1 mit 1.400 Euro 2012 /kW rund 20 % unter den Investitionskosten für Anlagen in der Region 4 mit 1.750 Euro 2012 /kW. Dabei ist der Kostenunterschied zwischen den Regionen maßgeblich durch die Nabenhöhe und die höheren Baukosten der Türme beeinflusst. Im zweiten Investitionszyklus im Jahr 2035 liegen die Investitionskosten für Anlagen in der Region 1 mit 1.200 Euro 2012 /kW ebenfalls 20 % unter den Kosten für Anlagen in der Region 4 mit 1.500 Euro 2012 /kW. Dabei wird jedoch angenommen, dass die zukünftigen Nabenhöhen die heutigen Nabenhöhen deutlich übersteigen werden (bis zu 180 m). Tabelle 6 können die verwendeten Anlagenkonfigurationen, auf denen die Berechnungen der Stromgestehungskosten basieren, entnommen werden. Während im regionalen Mix in der Region 1 über 90 % Starkwindanlagen unterstellt werden, nimmt dieser Anteil über Region 2 (60 %) und Region 3 (30 %) bis in die Region 4 auf 10% ab. (3) Aufgrund der besseren Windverhältnisse in Region 1 beträgt die Netto-Stromerzeugung 2.400 MWh/MW und liegt damit mehr als 12 % über der möglichen Stromerzeugung in Region 4 von 2.100 MWh/MW. Die schlechteren mittleren Windgeschwindigkeiten bei etwa 100 m Nabenhöhen werden in den Regionen 2, 3 und 4 durch höhere Anlagenhöhen und höhere Rotordurchmesser teilweise kompensiert. Die hier ausgewiesenen Erträge verstehen 21 sich als mittlere Nettoerträge der Anlagen über 20 Betriebsjahre. Das bedeutet, dass von den Bruttoerträgen bereits Anlagenverfügbarkeiten, Abschattungsverluste in Windparks und elektrische Leitungsverluste abgezogen sind. Durch die in Zukunft weiter wachsenden Nabenhöhen und Rotordurchmesser der installierten Anlagen erhöht sich mit dem zweiten Investitionszyklus im Jahr 2035 auch die jährliche Stromerzeugung der installierten Anlagen nochmals deutlich. Für die Region 1 kann dabei mit 3.050 MWh/MW gerechnet werden. Damit liegen diese erneut 10 % über der Stromerzeugung der Anlagen in Region 4 mit rund 2.700 MWh/MW. Tabelle 6: Anlagenkonfiguration für Wind Onshore Einheit ø Leistung pro Anlage MW 2015 2035 Region Region Region Region Region Region Region Region 1 2 3 4 1 2 3 4 3,0 3,0 2,5 2,5 5,0 5,0 3,5 3,5 ø Nabenhöhe m 95 105 120 130 130 140 150 160 ø Rotordurchmesser m 100 100 110 115 130 130 140 150 Quelle: Prognos AG (4) Für beide Investitionszyklen liegen die jährlichen fixen Betriebskosten der Anlagen standortunabhängig bei 3 % der Investitionskosten. Variable Betriebskosten fallen dabei nicht an. Aufgrund der hohen Stückpreise der Anlagen und der Tatsache, dass diese in der Regel mit mehreren in Windparks zusammen gebaut werden, werden diese Investitionssummen meistens von kommerziellen Investoren oder Projektentwicklern bereitgestellt. Diese haben eine höhere Renditeerwartung, weshalb der reale kalkulatorische Zinssatz mit 5,5 % über dem von PV-Anlagen liegt. Mit diesen Annahmen als Berechnungsgrundlage ergeben sich für einen Zeitraum von 40 Jahren folgende Stromgestehungskosten für Wind Onshore. Tabelle 7: Stromgestehungskosten Wind Onshore, in Cent 2012 /kWh (Inbetriebnahme 2015/2035) Einheit Region 1 Region 2 Region 3 Region 4 20 Jahre Betriebszeitraum Cent2012/kWh 6,6 7,4 8,8 9,6 40 Jahre Betriebszeitraum Cent2012/kWh 5,9 6,6 7,7 8,4 Quelle: Prognos AG 22 (5) Die Stromgestehungskosten von Wind Onshore liegen im ersten Investitionszyklus im Jahr 2015 bei 6,9 Cent 2012 /kWh bis 10,3 Cent 2012 /kWh. Mit Stromgestehungskosten über 40 Jahre von 6,2 Cent 2012 /kWh erreicht Wind Onshore in Region 1 auf absehbare Zeit die niedrigsten Stromgestehungskosten aller erneuerbarer Energien in Deutschland. Aufgrund der höheren Investitionskosten und der geringeren Stromerzeugung steigen die Stromgestehungskosten von Wind Onshore an, je südlicher sich der Standort der Anlage befindet. Mit 9,3 Cent 2012 /kWh liegen die Stromgestehungskosten der Anlagen in Region 4 50 % über den LCOE in Region 1. 2.2.2 Offshore (1) Die Entwicklung der Offshore-Windtechnologie steht in Deutschland noch am Anfang. Bislang sind rund 320 MW vor allem in der Nord- aber auch der Ostsee installiert. Geplant sind jedoch bis zu 25 GW installierter Leistung im Jahr 2030. Ob dieses Ziel so erreicht wird, hängt aber von vielen Faktoren ab. Bisherige Erfahrungen beim Bau und der Installation der Windparks auf hoher See haben gezeigt, dass sich die Umsetzung der Vorhaben schwieriger gestaltet, als man es ursprünglich eingeschätzt hat. Neben zu optimistisch eingeschätzten Kosten u.a. für die Tragstrukturen und für die Installation bereitet das Wetter auf der Nordsee den Unternehmen große Probleme. Die Wetterfenster, die für einen reibungslosen Aufbau der Windanlagen benötigt werden, sind kleiner als man vor einigen Jahren geplant hat. Die daraus resultierenden Stillstandskosten für die benötigten Spezialschiffe sind enorm. Darüber hinaus verunsichern aktuelle Diskussionen in Politik und Gesellschaft über die weitere Entwicklung der Kosten der Energiewende viele Investoren, weshalb die Planungen vieler Windparks verschoben werden. Dies hat weitere Verzögerungen beim Ausbau zur Folge, weshalb fraglich bleibt, wie hoch die installierte Leistung auf hoher See sein wird. Die Annahmen für die Berechnungsgrundlage der Stromgestehungskosten können der folgenden Abbildung entnommen werden. 23 Tabelle 8: Annahmenset Wind Offshore Einheit Nordsee 2015 2035 Investitionskosten €2012/kW 4.000 2.700 4.000 2.700 Stromerzeugung MWh/MW 4.300 4.600 4.100 4.300 Fixe Betriebskosten % der Invest.kosten 4% 4% 4% 4% Variable Betriebskosten €2012/MWh 0 0 0 0 Brennstoffpreis €2012/MWh 0 0 0 0 Wirkungsgrad % 100% 100% 100% 100% g/kWh 0 0 0 0 % 7% 7% 7% 7% CO2-Emissionen WACC (real) Ostsee 2015 2035 Quelle: Prognos AG (2) Für den ersten Investitionszyklus im Jahr 2015 betragen die Investitionskosten sowohl in der Nord- als auch in der Ostsee 4.000 Euro 2012 /kW. Dabei beziehen sich die Investitionskosten für die Nordsee auf Windanlagen mit einer durchschnittlichen Leistung von 4 MW, die in einer Wassertiefe zwischen 30 m und 40 m mit einer Hafenentfernung zwischen 50 km und 80 km errichtet werden. Die Investitionskosten für Windenergieanlagen in der Ostsee beziehen sich auf Windenergieanlagen mit 4 MW Leistung, die in einer Wassertiefe zwischen 15 m und 30 m errichtet werden. Obwohl die Wassertiefe damit in der Ostsee wesentlich geringer ist, bereiten die schlechteren Bodenbeschaffenheiten den Unternehmen große Probleme bei der Installation. Der Meeresboden in der Ostsee ist an vielen Standorten mit einer hohen Schlickschicht bedeckt, die teilweise zwischen 5 m und 15 m mächtig ist. Dies stellt eine besondere Anforderung an die Tragstrukturen, die deutlich tiefer im festen Boden verankert werden müssen, als in der Nordsee. Daher ergeben sich kaum Kostenunterschiede zwischen Projekten in der Nord- und Ostsee. Für den zweiten Investitionszyklus im Jahr 2035 wird mit wesentlich geringeren Investitionskosten gerechnet. Aufgrund der hohen Kostendegressionspotenziale, die sich im Bereich der Offshore-Technologie ergeben können – ähnlich wie sie in der Entwicklung der Onshore-Technologie realisiert worden sind – liegen die Investitionskosten im Jahr 2035 mit 2.700 Euro 2012 /kW für eine Anlage mit 6 MW bis 8 MW Leistung deutlich unter den heutigen Kosten. Dabei geht man davon aus, dass nicht nur im Bereich der Turbinentechnik, sondern auch bei den Tragstrukturen, den Installationsverfahren und im Bereich der maritimen Logistik bei einer kontinuierlichen Sammlung von 24 Erfahrung, Kostendegressionspotenziale realisiert werden können. Anlagen in der Nordsee können im ersten Investitionszyklus durchschnittlich 4.300 MWh/MW erzeugen und ans Netz abgegeben werden. Dem zugrunde liegt die Annahme, dass die Nabenhöhe der Anlagen rund 100 m beträgt, bei einem Rotordurchmesser von 130 m (siehe Tabelle 9). Die mittlere Windgeschwindigkeit liegt in Nabenhöhe um 10 m/s. In der Berechnung sind die Anlagenverfügbarkeit von 95 %, Abschattungs- und elektrische Verluste bereits berücksichtigt. Tabelle 9: Anlagenkonfiguration für Wind Offshore Einheit ø Leistung pro Anlage Nordsee 2015 2035 Ostsee 2015 2035 MW 4 8 4 8 ø Nabenhöhe m 100 120 100 120 ø Rotordurchmesser m 130 175 130 175 ø Wassertiefe m 35 35 20 20 Quelle: Prognos AG (3) Die etwas geringeren durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten in der Ostsee führen zu einer jährlichen Stromerzeugung von 4.100 MWh/MW. Im zweiten Investitionszyklus steigt die Nabenhöhe auf 120 m und der Rotordurchmesser kann bis zu 175 m betragen. Dadurch steigt die durchschnittliche jährliche Energieerzeugung von Anlagen in der Nordsee auf 4.600 MWh/MW und in der Ostsee auf rund 4.300 MWh/MW. Die jährlichen fixen Betriebskosten betragen für eine Offshore Windanlage 4 % der Investitionskosten. Dabei gilt es in Zukunft, die Betriebs- und Wartungskonzepte für Offshore Windparks zu optimieren. Da für die Wartung einer Anlage auf hoher See geeignete Wetterbedingungen erforderlich sind, sollten geeignete Monitoring-Systeme und Fernüberwachung den Einsatz von Technikern auf See unterstützen. Regelmäßige Wartungsarbeiten können in Zeiten mit optimalen Wetterbedingungen geplant werden. Ungeplante Ausfälle der Technik sollten jedoch möglichst vermieden werden, in dem die in Frage kommenden Bauteile am besten vor einem Totalausfall ausgetauscht werden. Um das zu realisieren, müssen die Unternehmen jedoch zunächst mehr Erfahrungen im Betrieb sammeln. Aufgrund der höheren Risikostruktur und dem hohen Kapitalbedarf von Offshore Projekten beträgt der reale kalkulatorische Zinssatz standortunabhängig für beide Investitionszyklen 7 %. Mit diesen Annahmen als Berechnungsgrundlage ergeben sich für einen Zeitraum von 40 Jahren folgende Stromgestehungskosten für Wind Offshore (vgl. Tabelle 10). 25 Tabelle 10: Stromgestehungskosten Wind Offshore, in Cent 2012 /kWh (Inbetriebnahme 2015/2035) Einheit Nordsee Ostsee 20 Jahre Betriebszeitraum Cent2012/kWh 12,0 12,6 40 Jahre Betriebszeitraum Cent2012/kWh 11,0 11,6 Quelle: Prognos AG (4) Die Stromgestehungskosten des ersten Investitionszyklus liegen im Jahr 2015 bei 12,0 Cent 2012 /kWh in der Nordsee und 12,6 Cent 2012 /kWh in der Ostsee. Aufgrund der sinkenden Investitionskosten bis zum Jahr 2035 ergeben sich für die Nordsee über 40 Jahre Stromgestehungskosten in Höhe von 11,0 Cent 2012 /kWh. Durch die geringere jährliche Stromerzeugung in der Ostsee liegen die Stromgestehungskosten mit 11,6 Cent 2012 /kWh etwas höher. Grundsätzlich ist bei der vorliegenden Studie zu beachten, dass die hier berechneten Stromgestehungskosten ausschließlich die Kosten des Offshore-Windparks und des parkinternen Umspannwerks beinhalten. Es werden jedoch gemäß den regulatorischen Bestimmungen nicht die Kosten der Anbindung an die landseitigen Stromnetze berücksichtigt („Netzanbindungskosten“), sondern nur die reinen Stromgestehungskosten auf dem Meer. Mit den Kostenangaben aus dem Offshore-Netzentwicklungsplan 2013 (Zweiter Entwurf O-NEP 2013) betragen die Netzanbindungs- bzw. Stromtransportkosten rund 2,5 bis 3,5 Cent 2012 /kWh.2 Diese müssten den reinen Stromgestehungskosten hinzugerechnet werden, um eine komplette Vergleichbarkeit zwischen den Stromgestehungskosten der restlichen erneuerbaren Energien herzustellen. Aufgrund besonderer regulatorischer Bestimmungen werden die Netzanbindungskosten für Offshore Windparks jedoch über die Netzentgelte finanziert. Aus diesem Grund fallen diese in der reinen Betrachtung der Stromgestehungskosten dieser Studie weg. 2.3 Bioenergie (1) Die Stromproduktion aus biogenen Substraten kann auf mehreren Wegen erfolgen, von denen zwei hier beschrieben werden: über die Verfeuerung von holzigen Festbrennstoffen und 2 Offshore-Netzentwicklungsplan 2013 (Zweiter Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber); Szenario B 2033 S. 89 ff.; http://www.netzentwicklungsplan.de/ONEP_2013_2%20Entwurf_Teil%20I.pdf 26 durch die Verbrennung von Biogas, welches aus der Vergärung organischer Stoffe gewonnen wurde – v.a. Getreidesilage, Wirtschaftsdünger, organische Abfälle. In den vergangen Jahren hat die Stromerzeugung aus holziger Biomasse und aus Biogas stark an Bedeutung gewonnen. Nach Angaben der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat) wurden 2012 insgesamt 40,9 TWh Strom aus Bioenergie erzeugt. Dieses entspricht einem Zuwachs von über 600 % im Vergleich zum Jahr 2000. Knapp über 70 % der gesamten Endenergie aus erneuerbaren Energiequellen werden durch die verschiedenen energetisch genutzten Biomassen bereitgestellt. Dabei deckte die Bioenergie in 2012 (bezogen auf den Endenergieverbrauch) in Deutschland 6,9 % des gesamten Stromverbrauchs, 9,5 % des gesamten Wärmebedarfs und 5,5 % des gesamten Kraftstoffverbrauchs. (2) Langfristig wird sich die Zunahme der Stromerzeugung aus Bioenergie etwas abschwächen. Der Grund dafür ist die zunehmende Konkurrenz um landwirtschaftliche Flächen, die steigenden Preise für Nahrungs- und Futtermittel sowie die Konkurrenz um die stoffliche bzw. energetische Nutzung biogener Festbrennstoffe. 2.3.1 Biogas (1) Für die Berechnung der Stromgestehungskosten werden im Folgenden die zugrunde liegenden Annahmen für die Stromproduktion aus Biogas dargelegt. Tabelle 11: Annahmenset Biogas Einheit Biogas 2015 2035 Investitionskosten €2012/kW 3.500 3.100 Stromerzeugung MWh/MW 7.000 6.000 Fixe Betriebskosten % der Invest.kosten 4% 4% Variable Betriebskosten €2012/MWh 1 1 Wirkungsgrad % 33% 37% g/kWh 0 0 % 6,5% 6,5% CO2-Emissionen WACC (real) Quelle: Prognos AG 27 (2) In der Praxis werden Biogasanlagen vorwiegend als BHKW konzipiert und betrieben. Für den ersten der beiden zu untersuchenden Investitionszeitpunkte betragen die Investitionskosten rund 3.500 Euro 2012 /kW. Diese Kosten umfassen sowohl den Fermenter, der für die Gasproduktion benötigt wird, als auch den Gasmotor und einen Wärmespeicher. Durch Realisierung von Kostendegressionspotenzialen ist davon auszugehen, dass die Investitionskosten bis 2035 auf 3.100 Euro 2012 /kW reduziert werden können. (3) Bislang erfolgte Stromproduktion aus Biogasanlagen hauptsächlich als Bandlieferung oder mit leichten Schwankungen entsprechend der Substratumsetzung. Daraus abgeleitet beziffern sich die jährlichen Volllaststunden für den ersten Investitionszyklus ab dem Jahr 2015 auf 7.000 MWh/MW. Langfristig bis 2050 ist jedoch davon auszugehen, dass der Einsatz von Biogasanlagen stärker bedarfsgerecht erfolgen wird. Darüber hinaus erhöht sich die spezifische Leistung der Anlage, um im Bedarfsfall mehr Energie liefern zu können. Dies wird bereits heute mit der im EEG festgelegten Flexibilitätsprämie für Biogasanlagen zusätzlich vergütet. Die mittleren Volllaststunden für den zweiten Investitionszyklus ab 2035 sinken daher auf 6.000 MWh/MW. (4) Für die laufzeitunabhängige Wartung der Anlage sowie für die Personal- und Versicherungskosten werden fixe Betriebskosten in Höhe von 4 % der Investitionskosten angenommen. Darüber hinaus müssen für die Berechnung der Stromgestehungskosten aus Biogas variable Betriebskosten von 1,0 Euro 2012 /pro MWh berücksichtigt werden, die für Roh-, Hilfsund Betriebsstoffe entrichtet werden. In den nächsten Jahren ist eine weitere Leistungsoptimierung der Anlagen absehbar, welche sich in der Verbesserung des elektrischen Wirkungsgrades zeigt. Für die Berechnung der Stromgestehungskosten wird eine Steigerung der Anlageneffizienz von 33 % in 2015 auf voraussichtlich 37 % in 2035 angenommen. (5) Im Gegensatz zur Stromerzeugung aus Wind und PV, müssen bei Biogas zudem die Brennstoffkosten und der durchschnittliche Wirkungsgrad der Anlagen beachtet werden. Aufgrund der zunehmenden Flächenkonkurrenz im ländlichen Raum und steigenden Pachtpreisen ist davon auszugehen, dass sich die Brennstoffkosten langfristig von 24 Euro 2012/ MWh im Jahr 2015 auf 28 Euro 2012/ MWh im Jahr 2055 leicht erhöhen werden. Hierbei ist zu beachten, dass die Brennstoffkosten standortbedingt variieren können – bedingt durch unterschiedlich hohe Pachtkosten, Bodenqualitäten und Niederschlagsmengen in den Regionen. In den Lagen im Weststau der Mittelgebirge (in 28 Niedersachsen, Hessen, etc.) mit guten Bodenqualitäten wächst beispielsweise Mais, eines der Hauptsubstrate der Biogaserzeugung, mit deutlich höheren Erträgen und damit spezifisch deutlich niedrigeren Kosten als beispielsweise in Gebieten mit geringeren Niederschlägen (Brandenburg, BadenWürttemberg, etc.). Da in der hier vorgenommenen Einteilung jedoch keine regionalen Unterschiede systematisch sichtbar werden, wird auf eine differenzierte Berechnung nach Regionen verzichtet. Tabelle 12: Brennstoffpreisentwicklung Biogas, in Euro 2012 /MWh Brennstoffpreis Biogas Region Einheit 1-4 €2012/MWh 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2055 24 25 25 26 26 27 27 28 28 Quelle: Prognos AG, in Anlehnung an die DLR Leitstudie 2011 (6) Im Unterschied zu anderen EE-Anlagen tragen Biogas- und Biomasseanlagen zusätzlich Unsicherheiten bezüglich der Brennstoffpreise. Diese Erhöhen das Betreiberrisiko und steigern somit die Renditeerwartung. Als realer kalkulatorischer Zinssatz für die Investition wurde daher ein WACC von 6,5 % zu Grunde gelegt. (7) Mit diesen Annahmen als Berechnungsgrundlage ergeben sich für den ersten Investitionszyklus im Jahr 2015 Stromgestehungskosten von 14,7 Cent 2012 /kWh. Die Stromgestehungskosten bleiben für beide Investitionszeitpunkte konstant. Zwar reduzieren sich die Investitionskosten von 2015 auf 2035 leicht. Gleichzeitig sinkt jedoch auch die jährliche Stromerzeugung bei steigenden Brennstoffpreisen der Biogasanlagen in der Zukunft. Dieser Effekt hebt die Vorteile der niedrigeren Investitionskosten auf. So liegen die durchschnittlichen Stromgestehungskosten über einen Zeitraum von 40 Jahren ebenfalls bei 14,7 Cent 2012 /KWh. 29 Tabelle 13: Stromgestehungskosten Biogas, in Cent 2012 /kWh (Inbetriebnahme 2015/2035) Einheit Region 1 Region 2 Region 3 Region 4 20 Jahre Betriebszeitraum Cent2012/kWh 14,7 14,7 14,7 14,7 40 Jahre Betriebszeitraum Cent2012/kWh 14,7 14,7 14,7 14,7 Quelle: Prognos AG 2.3.2 Biomasse (1) Neben der Stromerzeugung aus Biogas wird oftmals auch feste Biomasse für die Stromerzeugung aus biogenen Energieträgern eingesetzt. Da der Verbrennungsprozess fester bzw. holziger Biomasse keine großen Unterschiede zur Verbrennung von Kohle darstellt, kann auf erprobte Kraftwerkstechnik zurückgegriffen werden. Zudem wird im Vergleich zur Biogasverstromung kein Fermenter benötigt, weshalb die Investitionskosten von Biomassekraftwerken unter denen von Biogas-KW liegen. Für die beiden Investitionszeitpunkte 2015 und 2030 betragen die Investitionskosten auf 2.500 bzw. 2.200 Euro 2012 /kW. Die durchschnittliche Stromerzeugung der Biomasse-Kraftwerke wird für die Berechnung der Stromgestehungskosten mit 6.500 MWh/MW pro Jahr im Jahr 2015 angesetzt. Ab dem Jahr 2035 wird eine bedarfsgerechtere Einspeisung bei spezifisch größeren Anlagen unterstellt. Die durchschnittliche Volllaststundenzahl sinkt auf 5.500 Stunden. (2) Die jährlichen fixen Betriebskosten wurden mit 3 % der Investitionssumme veranschlagt. Durch eine Weiterentwicklung der Anlagentechnik ist mit einem Anstieg der Wirkungsgrade zu rechnen. Für den ersten Investitionszyklus im Jahr 2015 wird mit einem Wirkungsgrad von 33 % gerechnet. Dieser erhöht sich beim zweiten Investitionszyklus im Jahr 2035 auf 37 %. Der reale kalkulatorische Zinssatz für die Berechnung der LCOE beträgt aufgrund der zusätzlichen Brennstoffpreisrisiken im Vergleich zu dargebotsabhängigen Erzeugungsformen und den daraus resultierenden Renditeerwartungen 6,5 %. 30 Tabelle 14: Annahmenset Biomasse Einheit Biomasse 2015 2035 Investitionskosten €2012/kW 2.500 2.200 Stromerzeugung MWh/MW 6.500 5.500 Fixe Betriebskosten % der Invest.kosten 3% 3% Variable Betriebskosten €2012/MWh 1 1 Wirkungsgrad % 33% 37% g/kWh 0 0 % 6,5% 6,5% CO2-Emissionen WACC (real) Quelle: Prognos AG (3) Wie auch bei Biogas, sind bei der Ermittlung der Gestehungskosten der Biomasseverstromung die variablen Brennstoffkosten zu berücksichtigen. Im aktuellen Marktumfeld ist Biomasse deutlich günstiger als Biogassubstrate, da vor allem billige Altholzbrennstoffe verfeuert werden. Langfristig bis 2050 ist davon auszugehen, dass sich die Brennstoffkosten von Biogas und Biomasse angleichen werden. In Anlehnung an die DLR Leitstudie 2011 steigen die Kosten für Biomasse-Brennstoffe von 20 Euro 2012 /MWh im Investitionsjahr 2015 auf 28 Euro 2012 /MWh im Jahr 2055. In der Regel gibt es für Biomasse auch regionale Unterschiede bei den Brennstoffkosten basierend auf unterschiedlichen Transportentfernungen und Einzugsgebieten. So können beispielsweise an der Grenze zu Österreich und Tschechien Restholzmengen in deutlich größerem Umfang und zu leicht niedrigeren Preisen bezogen werden als in anderen Regionen. Diese Unterschiede sind jedoch auch bei der Biomasse wenig systematischer Natur und entsprechen nicht der von uns unterstellten Regionssystematik. Daher wird auch hier auf eine regionale Differenzierung der Brennstoffkosten verzichtet. Tabelle 15: Brennstoffpreisentwicklung Biomasse, in Euro 2012 /MWh Brennstoffpreis Biomasse Region Einheit 1-4 €2012/MWh 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2055 20 21 22 23 24 25 26 27 28 Quelle: Prognos AG, in Anlehnung an die DLR Leitstudie 2011 31 (4) Mit diesen Annahmen als Berechnungsgrundlage ergeben sich für den ersten Investitionszyklus standortunabhängige Stromgestehungskosten von 11,2 Cent 2012 /kWh. Trotz leicht höherer Investitionskosten im Jahr 2015 liegen die LCOE des ersten Investitionszyklus damit marginal unter den gesamten Stromgestehungskosten über 40 Jahre. Dies liegt an der höheren jährlichen Stromerzeugung im Vergleich zum zweiten Investitionszyklus. Gleichzeitig steigen in Zukunft die Brennstoffpreise für Biomassekraftwerke. Über einen Zeitraum von 40 Jahren liegen die durchschnittlichen Stromgestehungskosten bei 11,3 Cent 2012 /KWh, welche sich in den Regionen nicht unterscheiden. Tabelle 16: Stromgestehungskosten Biomasse, in Cent 2012 /kWh (Inbetriebnahme 2015/2035) Einheit Region 1 Region 2 Region 3 Region 4 20 Jahre Betriebszeitraum Cent2012/kWh 11,2 11,2 11,2 11,2 40 Jahre Betriebszeitraum Cent2012/kWh 11,3 11,3 11,3 11,3 Quelle: Prognos AG 2.4 Konventionelle Energieträger (1) Im folgenden Kapitel werden die Kostenannahmen für die Berechnung der Stromgestehungskosten konventioneller Energieträger erläutert. Sie bieten gegenüber fluktuierenden Erzeugungsformen den Vorteil der steuerbaren Stromerzeugung, die sich im Wesentlichen am Bedarf ausrichtet. (2) Neben den Investitionskosten wirken sich vor allem die variablen Betriebskosten auf die Höhe der Stromgestehungskosten aus. Die variablen Betriebskosten konventioneller Energieträger wie Erdgas, Stein- und Braunkohle werden maßgeblich durch die Preisentwicklung der Energieträger selbst, aber auch durch die Entwicklung der CO 2 -Preise beeinflusst. Die Berechnung der Stromgestehungskosten basieren dabei auf der Annahme, dass der CO 2 -Preis von seinem derzeitigen Tiefststand durch geeignete politische Maßnahmen im Zuge des Klimaschutzes in Zukunft wieder steigen wird. Weiterhin ist davon auszugehen, dass durch den verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien und die damit steigende erneuerbare Stromerzeugung die Laufzeiten der konventionellen Kraftwerke zukünftig sinken werden. 32 2.4.1 Erdgas (1) Erdgas besitzt unter den konventionellen kohlenstoffbasierten Energieträgern den geringsten CO 2 -Emissionsfaktor. Darüber hinaus gilt die Stromerzeugung aus Gas als sehr flexibel, was besonders gut geeignet ist, um die steigende Stromerzeugung dargebotsabhängiger erneuerbarer Energieträger wie PV und Wind ausgleichen zu können. Im Zuge dieser Untersuchung werden zum Einen die Stromgestehungskosten von Gas-undDampfturbinenkraftwerken. Die sogenannten GuD-Anlagen verbinden einen Gasturbinen- und einen Dampfturbinenteil und erhöhen somit die Effizienz der Energieträgerausnutzung im Vergleich zu getrennten Prozessen. Diese Form der Kraftwerke wird vorrangig zur Deckung der Mittellast eingesetzt. Zum anderen werden zusätzlich die Stromgestehungskosten von reinen Gasturbinenkraftwerken berechnet, die als Spitzenlastkraftwerke eingesetzt werden. Die folgenden Annahmen dienen als Berechnungsgrundlage der Stromgestehungskosten von ErdgasGUD-Kraftwerken. Tabelle 17: Annahmenset Erdgas-GUD Einheit Investitionskosten Fixe Betriebskosten Variable Betriebskosten Wirkungsgrad CO2-Emissionen WACC (real) 2015 Region Region Region Region 2 1 3 4 €2012/kW 1.000 1.000 1.000 1.000 % der Invest.kosten 2% 2% 2% 2% €2012/MWh 2 2 2 2 % 58% 58% 58% 58% g/kWh 202 202 202 202 % 7,5% 7,5% 7,5% 7,5% Quelle: Prognos AG (2) Die Investitionskosten für ein GUD-Kraftwerk betragen standortunabhängig im Jahr 2015 rund 1.000 Euro 2012 /kW. Die jährlichen fixen Betriebskosten betragen im Durchschnitt rund 2 % der Investitionskosten, die variablen Betriebskosten für Roh-, Hilfsund Betriebsstoffel liegen bei 2,0 Euro 2012 /MWh. Die 500 C bis 600 C heißen Abgase der vorgeschalteten Gasturbine werden einem Abhitzekessel zur Verdampfung von Wasser genutzt und anschließend in einer Dampfturbine entspannt. Durch diese Kombination werden besonders hohe Wirkungsgrade der Gesamtanlage erreicht. Für die Berechnung der Stromgestehungskosten wird ein Netto-Wirkungsgrad über ein Betriebsjahr von 58 % angenommen, der deutlich unter den Netto-Nennwirkungsgraden 33 von über rund 62 % im optimalen Anlagenbetriebspunkt liegt. Der CO 2 -Emissionsfaktor des eingesetzten Kraftwerksgas liegt bei 202 g/kWh. Aufgrund der hohen Investitionskosten in einem immer volatileren Strommarkt beträgt der reale kalkulatorische Zinssatz 7,5 %. Neben diesen Annahmen beeinflussen besonders die Brennstoff- und CO 2 -Kosten die variablen Betriebskosten. Tabelle 18 können daher die Kostenbestandteile der verbleibenden variablen Betriebskosten entnommen werden. Tabelle 18: Brennstoffpreisentwicklung Erdgas-GUD Region Einheit Brennstoffpreis 1- 4 €2012/MWh Stromerzeugung 1- 4 MWh/MW 3.500 3.500 3.500 3.100 3.000 2.900 2.750 2.600 2.500 CO2-Preis 1- 4 €2012/t 7,0 20,0 25,0 31,0 36,0 42,0 47,0 51,0 55,0 CO2-Kosten 1- 4 €2012/MWh 2,4 7,0 8,7 10,8 12,5 14,6 16,4 17,8 19,2 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2055 25,0 27,0 30,5 33,0 35,0 39,0 42,5 45,0 47,0 Quelle: Prognos AG (3) Der Brennstoffpreis für Kraftwerksgas entwickelt sich in Zukunft standortunabhängig und steigt von rund 25 Euro 2012 /MWh auf 47 Euro 2012 /MWh im Jahr 2055. Diese Entwicklung wird zum Einen durch einen weiterhin weltweiten Anstieg des Gasbedarfs verursacht. Zum anderen werden in Zukunft die günstigen Gasfelder erschöpft sein, weshalb die Förderkosten von Gas steigen werden. (4) Die durchschnittliche jährliche Stromerzeugung von GUDKraftwerken wird sich in den nächsten Jahren trotz ihrer flexiblen Einsatzmöglichkeiten reduzieren. Aufgrund der steigenden, beinahe grenzkostenfreien Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wird die Stromerzeugung konventioneller Kraftwerke in Zukunft rückläufig sein. Aus diesem Grund sinkt die Stromerzeugung von 3.500 MWh/MW im Jahr 2015 auf 2.500 MWh/MW im Jahr 2055. (5) Die europäische Wirtschaftskrise der letzten Jahre führte zusammen mit der hohen Zertifikateausstattung der aktuellen Handelsperiode zu einem Verfall der CO 2 -Preise. Die wirtschaftliche Entwicklung der in den Emissionshandel eingebundenen Industrien und auch der Strombedarf entwickelten sich weitaus schwächer als bei der Festlegung der Emissionsionsziele für den Zeitraum bis 2020 angenommen. Vom Emissionshandel gehen derzeit kaum noch Impulse zur Senkung der CO 2 -Emissionen aus. Eine Änderung dieser Situation wäre nur durch die dauerhafte Herausnahme von CO 2 -Zertifikaten aus dem Markt zu erreichen. Die in Tabelle 18 dargestellte CO 2 -Preisentwicklung basiert auf 34 der Annahme, dass die EU aus Klimaschutzgesichtspunkten eben dies durchsetzen wird. Wenn der Klimaschutz dauerhaft vorangetrieben werden soll, geht dies nur über eine Verteuerung von CO 2 -Zertifikaten. Aus diesem Grund steigt der Preis für eine Tonne CO 2 von 7 Euro 2012 im Jahr 2015 auf 55 Euro 2012 im Jahr 2055. Dadurch steigen die Kosten der CO 2 -Emissionen eines GUD-Kraftwerks von 2,4 Euro 2012 /MWh im Jahr 2015 auf rund 19 Euro 2012 /MWh im Jahr 2055. Basierend auf den getroffenen Annahmen sind in folgender Tabelle die Stromgestehungskosten einer GUD-Anlage über den Zeitraum von 40 Jahren entnommen werden. Tabelle 19: Stromgestehungskosten Erdgas-GuD, in Cent 2012 /kWh (Inbetriebnahme 2015) 40 Jahre Betriebszeitraum Einheit Region 1 Region 2 Region 3 Region 4 Cent2012/kWh 9,3 9,3 9,3 9,3 Quelle: Prognos AG (6) Aufgrund der steigenden Brennstoff- und CO 2 -Preise liegen die Stromgestehungskosten eines im Jahr 2015 neugebauten GUD-Kraftwerks bei 9,3 Cent 2012 /kWh. Auch die sinkende jährliche Stromerzeugung trägt zu der Höhe der Stromgestehungskosten bei. Für den Ausgleich der fluktuierenden Einspeisung erneuerbarer Energien werden neben den GUD-Kraftwerken auch reine Gasturbinenkraftwerke benötigt. Diese dienen zum Einen zur Deckung der Spitzenlast; zum anderen sind sie in der Lage, schnell auf die Erzeugung dargebotsabhängiger Energieträger wie Wind und PV zu reagieren. (7) Folgende Annahmen dienen als Berechnungsgrundlage der Stromgestehungskosten von Erdgas-GT-Kraftwerken. 35 Tabelle 20: Annahmenset Erdgas-GT Einheit Investitionskosten Fixe Betriebskosten Variable Betriebskosten €2012/kW 450 450 450 450 % der Invest.kosten 2% 2% 2% 2% €2012/MWh 1 1 1 1 % 38% 38% 38% 38% g/kWh 202 202 202 202 % 7,5% 7,5% 7,5% 7,5% Wirkungsgrad CO2-Emissionen 2015 Region Region Region Region 1 2 3 4 WACC (real) Quelle: Prognos AG (8) Ein Vorteil von Gasturbinenkraftwerken sind die niedrigen Investitionskosten. Für die Berechnung betragen diese standortunabhängig 450 Euro 2012 /kW. Die jährlichen fixen Betriebskosten bei GT-Kraftwerken liegen bei 2 % der Investitionskosten. Die variablen Betriebskosten einer Gasturbine umfassen anders als bei anderen Kraftwerken auch einen großen Teil der Wartungskosten. Gasturbinen müssen nach vordefinierten Laufzeitintervallen gründlich inspiziert werden. Dabei werden die Schaufeln des Verdichter- und des Turbinenteils, aber auch die Brennkammer auf Schäden untersucht. Die variablen Betriebskosten (ohne Brennstoffkosten) liegen bei rund 1,0 Euro 2012 /MWh. Ein Nachteil von Gasturbinenkraftwerken ist der im Vergleich zum GuD-Kraftwerk geringere Netto-Wirkungsgrad. Dieser wird für die Berechnungen der Stromgestehungskosten mit 38 % netto über ein Jahr angesetzt. Da es sich bei dem eingesetzten Brennstoff um Erdgas handelt, liegt der CO 2 Emissionsfaktor ebenfalls bei 202 g/kWh. Der reale kalkulatorische Zinssatz beträgt 7,5 %. Die Annahmen für die Bestimmung der gesamten variablen Kosten einer Gasturbine können folgender Tabelle entnommen werden. Tabelle 21: Brennstoffpreisentwicklung Erdgas-GT, in Euro 2012 Region Einheit Brennstoffpreis 1- 4 €2012/MWh 27,5 29,7 33,6 36,3 38,5 42,9 46,8 49,5 51,7 Stromerzeugung 1- 4 MWh/MW 800 800 800 800 800 800 800 800 800 CO2-Preis 1- 4 €2012/t 7,0 20,0 25,0 31,0 36,0 42,0 47,0 51,0 55,0 CO2-Kosten 1- 4 €2012/MWh 3,7 10,6 13,3 16,5 19,1 22,3 25,0 27,1 29,2 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2055 Quelle: Prognos AG 36 (9) Aufgrund der geringeren Abnahmemenge eines Gasturbinenkraftwerks im Vergleich zu einem GUD-Kraftwerk, liegen die Brennstoffpreise von Erdgas für Gasturbinen etwas über den Brennstoffkosten einer GUD-Anlage. Die Entwicklung verläuft allerdings auf dem gleichen Preissteigerungspfad wie bei den GUD-Kraftwerken und steigt von rund 28 Euro 2012 /MWh auf fast 52 Euro 2012 /MWh im Jahr 2055. (10) Die durchschnittliche jährliche Stromerzeugung von GTKraftwerken wird über den gesamten Betrachtungszeitraum mit 800 MWh/MW angesetzt. Gasturbinen werden bei steigenden Anteilen fluktuierender Energieträger zunehmend zur Deckung von Residuallastspitzen eingesetzt. Die bereits beschriebene Preisentwicklung der CO 2 -Zertifikate führt aufgrund des schlechteren Wirkungsgrads einer Gasturbine zu höheren CO 2 Kosten einer solchen Anlage im Vergleich zu den effizienteren GUD-Kraftwerken. So steigen die CO 2 -Kosten von knapp 4 Euro/MWh im Jahr 2015 auf rund 29 Euro/MWh im Jahr 2055. Anhand dieser Annahmen ergeben sich für GT-Kraftwerke über einen Zeitraum von 40 Jahren folgende Stromgestehungskosten. Tabelle 22: Stromgestehungskosten Erdgas GT, in Cent 2012 /kWh (Inbetriebnahme 2015) 40 Jahre Betriebszeitraum Einheit Region 1 Region 2 Region 3 Region 4 Cent2012/kWh 15,6 15,6 15,6 15,6 Quelle: Prognos AG (11) Die Stromgestehungskosten für ein neugebautes Gasturbinenkraftwerk liegen bei einer Betriebsdauer von 40 Jahren bei 15,6 Cent 2012 /kWh. Systematische regionale Preisunterschiede sind aufgrund der vergleichbaren Gaskosten in den analysierten Regionen nicht zu erwarten. 2.4.2 Steinkohle (1) Die Nutzung von Steinkohle in Deutschland hat eine lange Tradition. Die Entwicklung ganzer Regionen wurde maßgeblich von der Steinkohle beeinflusst. Durch die zeitliche Limitierung der Steinkohlesubventionen wird in den nächsten Jahren die Förderung in Deutschland mit großer Wahrscheinlichkeit komplett eingestellt. Allerdings beziehen die Kohlekraftwerke bereits seit vielen Jahren den Großteil der benötigten Steinkohle aus dem Ausland. Große Exportländer wie Australien, Indonesien, Russland, die USA und Südafrika verschiffen hohe Anteile ihrer 37 Produktion. In Deutschland werden derzeit rund 20 % der Bruttostromerzeugung durch Steinkohle bereit gestellt. Im Gegensatz zu GUD-Kraftwerken werden Steinkohlekraftwerke zur Deckung von Grund- und Mittellast eingesetzt. Allerdings verursacht Steinkohle höhere CO 2 -Emissionen. Folgende Annahmen dienen als Berechnungsgrundlage der Stromgestehungskosten von Steinkohle-Kraftwerken. Tabelle 23: Annahmenset Steinkohle Einheit Investitionskosten Fixe Betriebskosten Variable Betriebskosten Wirkungsgrad CO2-Emissionen WACC (real) 2015 Region Region Region Region 1 2 3 4 €2012/kW 1.500 1.500 1.500 1.500 % der Invest.kosten 3% 3% 3% 3% €2012/MWh 2 2 2 2 % 46% 46% 46% 46% g/kWh 337 337 337 337 % 7,5% 7,5% 7,5% 7,5% Quelle: Prognos AG (2) Die Investitionskosten für ein Steinkohle-Kraftwerk betragen regionsunabhängig im Jahr 2015 rund 1.500 Euro 2012 /kW. Damit liegen die Investitionskosten rund 50 % höher als ein vergleichbares GUD-Kraftwerk. Dies liegt vor allem an der wesentlich größeren Bauweise und am Einsatz von Rauchgasreinigungsanlagen. Die Abgase bei der Verbrennung von Steinkohle beinhalten unter anderem Schwefeldioxid und andere Schadstoffe, die über ein aufwendiges Verfahren zurück gehalten werden müssen. Die jährlichen fixen Betriebskosten betragen im Durchschnitt rund 3 % der Investitionskosten, die variablen Betriebskosten für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffel liegen bei 2,0 Euro 2012 /MWh. Für die Berechnung der Stromgestehungskosten beträgt der NettoWirkungsgrad 46 %. Damit liegt ein Steinkohlekraftwerk deutlich unter den Effizienzwerten einer GUD-Anlage. Desweiteren liegt der CO 2 -Emissionsfaktor mit 337 g/kWh über 60 % höher als bei Erdgas. Aufgrund der hohen Investitionskosten in einem immer volatileren Strommarkt beträgt der reale kalkulatorische Zinssatz 7,5 %. Neben diesen Annahmen beeinflussen besonders die Brennstoff- und CO 2 -Kosten die variablen Betriebskosten. Tabelle 24 können die Kostenbestandteile der verbleibenden variablen Betriebskosten entnommen werden. 38 Tabelle 24: Brennstoffpreisentwicklung Steinkohle Region Brennstoffpreis Einheit 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2055 1 12,2 13,2 14,7 16,2 17,2 18,2 19,2 20,2 21,2 2 12,5 13,5 15,0 16,5 17,5 18,5 19,5 20,5 21,5 13,0 14,0 15,5 17,0 18,0 19,0 20,0 21,0 22,0 14,0 15,0 16,5 18,0 19,0 20,0 21,0 22,0 23,0 3 €2012/MWh 4 Stromerzeugung 1- 4 MWh/MW 6.000 5.700 5.700 4.800 4.300 4.100 3.700 3.600 3.300 CO2-Preis 1- 4 €2012/t 7,0 20,0 25,0 31,0 36,0 42,0 47,0 51,0 55,0 CO2-Kosten 1- 4 €2012/MWh 5,1 14,7 18,3 22,7 26,4 30,8 34,4 37,4 40,3 Quelle: Prognos AG (3) Der Transport von Kohle ist im Vergleich zum leitungsgebundenen Transport von Gas zwar flexibler, jedoch aber mit regional unterschiedlichen Kosten verbunden. Aus diesem Grund basiert die Berechnung der Stromgestehungskosten auf standortabhängigen Brennstoffpreisen von Steinkohle. Generell wird der Steinkohlepreis am Weltmarkt über den Untersuchungszeitraum deutlich steigen. Aufgrund der weltweit steigenden Nachfrage und den steigenden Förderkosten erhöht sich der Preis von 12,5 Euro 2012 /MWh im Jahr 2015 auf 21,2 Euro 2012 /MWh im Jahr 2055 in Region 1. Da Steinkohle üblicherweise per Schiff transportiert wird, gelangt ein Großteil der Steinkohlenimporte über die Region 1 nach Deutschland und wird von dort mit Hilfe von Binnenschiffen und teilweise auch Güterzügen an die Abnehmer verteilt. Aus diesem Grund erhöht sich in dieser Berechnung der Brennstoffpreis, je weiter man nach Süden kommt. (4) Auch die Verstromung von Steinkohle wird in den nächsten Jahren zurück gehen, ähnlich wie die Stromerzeugung aus GUDKraftwerken. Aufgrund der steigenden, beinahe grenzkostenfreien Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, wird in Zukunft die Stromerzeugung konventioneller Kraftwerke rückläufig sein. Deshalb sinkt die Stromerzeugung von 6.000 MWh/MW im Jahr 2015 auf 3.300 MWh/MW im Jahr 2055. (5) Aufgrund der bereits beschriebenen Entwicklung der Preise für CO 2 -Zertifikate und den hohen spezifischen CO 2 -Emissionen steigen die Kosten der CO 2 -Emissionen eines Steinkohlekraftwerks von rund 5 Euro 2012 /MWh im Jahr 2015 auf über 40 Euro 2012 /MWh im Jahr 2055. Die folgende Tabelle 25 fasst die Ergebnisse der Stromgestehungskosten für Steinkohle zusammen. 39 Tabelle 25: Stromgestehungskosten Steinkohle, in Cent 2012 /kWh (Inbetriebnahme 2015) 40 Jahre Betriebszeitraum Einheit Region 1 Region 2 Region 3 Region 4 Cent2012/kWh 8,2 8,2 8,4 8,6 Quelle: Prognos AG (6) Die unterschiedlichen Brennstoffpreise in den Untersuchungsregionen 1 bis 4 führen zu leichten Differenzen in den Stromgestehungskosten. Ein im Jahr 2015 neu errichtetes Steinkohlekraftwerk hat demnach Stromgestehungskosten, die nach Region zwischen 8,2 Cent 2012 /kWh und 8,6 Cent 2012 /kWh. 2.4.3 Braunkohle (1) Die heimische Braunkohle deckt derzeit fast 25 % der Bruttostromversorgung. In den Revieren in West- und Ostdeutschland ist der Abbau von Braunkohle so hoch, wie bei keinem anderen konventionellen Energieträger in Deutschland. Die Verstromung findet dabei in unmittelbarer Umgebung der Förderstätten statt. Durch den geringeren Energiegehalt ist ein weiträumiger Transport nicht mehr wirtschaftlich. Die Braunkohleverstromung ist aufgrund ihrer niedrigen Kosten ein klassischer Grundlastenergieträger. Jedoch liegt der CO 2 Emissionsfaktor mit 389 g/kWh noch über dem von Steinkohle. Folglich ist die Braunkohle der klimaschädlichste konventionelle Energieträger, der im großen Umfang in Deutschland zur Stromversorgung eingesetzt wird. Die Berechnung der Stromgestehungskosten eines im Jahr 2015 neugebauten Braunkohlekraftwerks basieren auf folgenden Annahmen. 40 Tabelle 26: Annahmenset Braunkohle Investitionskosten Fixe Betriebskosten Variable Betriebskosten Einheit 2015 Region 2-3 €2012/kW 1.700 % der Invest.kosten 3% €2012/MWh 2,5 % 44% g/kWh 389 % 7,5% Wirkungsgrad CO2-Emissionen WACC (real) Quelle: Prognos AG (2) Die Investitionskosten für ein Braunkohlekraftwerk betragen in den Regionen 2 und 3 im Jahr 2015 rund 1.700 Euro 2012 /kW. Die Investitionskosten von Braunkohlekraftwerken liegen über denen von Steinkohlekraftwerken, da die Kessel und damit das ganze Kraftwerk nochmals größer sind. Heutzutage werden Kessel eingesetzt mit einer Höhe von über 170 m. Desweiteren ist die Rauchgasreinigung bei der Verbrennung von Braunkohle noch aufwendiger als bei Steinkohle, was ebenfalls höhere Kosten verursacht. Die jährlichen fixen Betriebskosten betragen im Durchschnitt rund 3 % der Investitionskosten. Die variablen Betriebskosten für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe liegen bei 2,5 Euro 2012 /MWh. Für die Berechnung der Stromgestehungskosten wird der Netto-Wirkungsgrad mit 44 % angesetzt. Der CO 2 Emissionsfaktor liegt mit 389 g/kWh über 90 % höher als bei Erdgas. Aufgrund der hohen Investitionskosten in einem immer volatileren Strommarkt beträgt der reale kalkulatorische Zinssatz 7,5 %. Neben diesen Annahmen beeinflussen besonders die Brennstoffkosten und CO 2 -Kosten die variablen Betriebskosten. In Tabelle 27 sind die Kostenbestandteile der verbleibenden variablen Betriebskosten dargestellt. Tabelle 27: Brennstoffpreisentwicklung Braunkohle Region Einheit Brennstoffpreis 2- 3 €2012/MWh Stromerzeugung 2- 3 MWh/MW 7.100 6.800 6.500 5.800 5.300 4.900 4.500 4.300 4.000 CO2-Preis 2- 3 €2012/t 7,0 20,0 25,0 31,0 36,0 42,0 47,0 51,0 55,0 CO2-Kosten 2- 3 €2012/MWh 6,2 17,7 22,1 27,4 31,8 37,1 41,6 45,1 48,6 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2055 1,5 1,5 1,5 1,5 1,5 1,5 1,5 1,5 1,5 Quelle: Prognos AG 41 (3) Die Berechnung der Stromgestehungskosten basiert für die Regionen 2 und 3 auf einem einheitlichen Braunkohlepreis. Die Fördersituationen zwischen den westdeutschen und den ostdeutschen Revieren unterscheiden sich jedoch. In Westdeutschland liegt die Braunkohle viel tiefer im Boden als in Ostdeutschland, so dass der Abraum deutlich größer ist. Allerdings ist die Qualität der Braunkohle, was den Brennwert angeht, in westdeutschen Revieren höher. Diese beiden Faktoren (höhere Förderkosten, höherer Brennwert) führen dazu, dass die Berechnung auf einem einheitlichen Brennstoffpreis basieren kann. Der Berechnung liegt ein stabiles Preisniveau der Braunkohle von 1,5 Euro 2012 /MWh zugrunde. Dabei geht man davon aus, dass die Braunkohle zu ihren Grenzkosten an das Kraftwerk weitergegeben wird. (4) Analog zu allen konventionellen Energieträgern wird auch die Braunkohlenverstromung durch den steigenden Anteil der erneuerbaren Energien in Zukunft verdrängt. Aus diesem Grund sinkt die jährliche Stromerzeugung von 7.000 MWh/MW im Jahr 2015 auf 4.000 MWh/MW im Jahr 2055. (5) Durch die hohen spezifischen CO 2 -Emissionen steigen die Kosten der CO 2 -Emissionen eines Braunkohlekraftwerks von rund 6 Euro 2012 /MWh im Jahr 2015 auf fast 50 Euro 2012 /MWh im Jahr 2055. Diese Annahmen führen zu folgenden Stromgestehungskosten, die der Tabelle 28 entnommen werden können. Tabelle 28: Stromgestehungskosten Braunkohle, in Cent 2012 /kWh (Inbetriebnahme 2015) 40 Jahre Betriebszeitraum Einheit Region 1 Region 2 Region 3 Region 4 Cent2012/kWh - 5,6 5,6 - Quelle: Prognos AG (6) Ein im Jahr 2015 neu errichtetes Braunkohlekraftwerk hat mit Stromgestehungskosten von 5,6 Cent 2012 /kWh die niedrigsten Stromgestehungskosten aller betrachteten Energieträger. Allerdings ist aus Wirtschaftlichkeitsgründen die Verstromung nur in Region 2 und 3 sinnvoll, so dass ein flächendeckender Einsatz im gesamten Untersuchungsgebiet nicht realistisch ist. Darüber hinaus sollte aus Klimaschutzgründen der vermehrte Einsatz von Braunkohle in der Stromerzeugung gründlich geprüft werden. 42 3 Ergebnisse aus der Analyse der Stromgestehungskosten 3.1 Die Stromgestehungskosten der Erzeugungstechnologien im Vergleich (1) Wie in den voran gegangenen Kapiteln 2.1 bis 2.4 gezeigt, unterscheiden sich die Stromgestehungskosten je nach Technologie und betrachteter Region. Die Stromgestehungskosten der erneuerbaren Energien ab Inbetriebnahme im Jahr 2015 weichen für die ersten 20 Jahre aufgrund der höheren Investitionskosten im ersten Investitionszyklus von der Betrachtung über 40 Jahre in der Regel nach oben hin ab. WindOnshore wird nach Süden hin teurer, wohingegen PhotovoltaikAnlagen (Dach und Freifläche) günstiger werden, je weiter man nach Süden kommt. Das führt dazu, dass Freiflächen-Solarkraftwerke bereits 2015 in der Region 4 die günstigste Erzeugungsform darstellen. In der Region 3 liegt Wind-Onshore mit 8,8 Cent 2012 /kWh leicht unter den 9,4 Cent 2012 /kWh der Freiflächen-Solarkraftwerke. Biomasse und Biogas besitzen aufgrund der beschriebenen Annahmen in jeder Region die gleichen Stromgestehungskosten von 11,2 bzw. 14,7 Cent 2012 /kWh. Abbildung 3: PV- PVWindWindBioBioDach Freifläche Onshore Offshore masse gas 14,2 10,7 6,6 12,0 11,2 14,7 PV- PVWindWindBioBioDach Freifläche Onshore Offshore masse gas 13,4 9,9 7,4 - 11,2 14,7 PV- PVWindWindBioBioDach Freifläche Onshore Offshore masse gas 12,7 9,4 8,8 - 11,2 14,7 PV- PVWindWindBioBioDach Freifläche Onshore Offshore masse gas 12,1 8,7 9,6 - Mittlere Stromgestehungskosten (LCOE) der erneuerbaren Erzeugungsarten nach Regionen, in Cent 2012 /kWh (20 Betriebsjahre ab 2015) Region 1 Region 2 Region 3 Region 4 11,2 14,7 Quelle: Prognos AG, die LCOE für Wind Offshore beziehen sich nur auf die Nordsee 43 (2) Gleichzeitig wird deutlich, dass die Stromgestehungskosten von neugebauten konventionellen Kraftwerken über einen Zeitraum von 40 Jahren betrachtet nicht zwangsläufig mehr günstiger sind als die von erneuerbaren Energien. Die Erzeugung aus Wind Onshore ist in den Regionen 1 bis 3 günstiger bzw. auf demselben Niveau wie die Erzeugung aus Erdgas und Steinkohle. Die Stromgestehungskosten von Freiflächen-Solarkraftwerken liegen in den Regionen 2 bis 4 unter den Stromgestehungskosten von Erdgas und in den Regionen 3 und 4 beginnt der kostenseitige Vorteil gegenüber der Stromerzeugung aus Steinkohle. Verantwortlich ist hierfür einerseits die absehbare sinkende Entwicklung der Systemkosten für PV im zweiten Investitionszeitpunkt und die andererseits steigende Kostenentwicklung für CO 2 -Zertifikate und Steinkohle. Gleichzeitig sind Freiflächen-Solarkraftwerke bei einer Betrachtung des gesamten Investitionszeitraumes über 40 Jahre in der Region 3 und 4 günstiger als Wind Onshore. (3) In der Region 4, zu der große Teile Baden-Württembergs und Bayerns zählen, sind die Freiflächen-Solarkraftwerke mittelund langfristig, wenn die Regelfähigkeit außer Acht gelassen wird, absolut der günstigste verfügbare Energieträger. Windenergieanlagen haben mit ihren spezifisch höheren Investitionskosten an Schwachwindstandorten in Süddeutschland aufgrund geringerer Erträge eher höhere Stromgestehungskosten. Der Nachteil der prinzipiell kaum regelbaren Erzeugung bei den fluktuierenden Energieträgern Wind und Photovoltaik bleibt trotz Kostenvorsprung natürlich übergeordnet in allen Regionen bestehen und muss durch weitere Maßnahmen der Systemintegration ergänzt werden. 44 Abbildung 4: Mittlere Stromgestehungskosten (LCOE) der einzelnen Erzeugungsarten nach Regionen, in Cent 2012 /kWh (über 40 Jahre) Braun Stein- Erdgas Erdgas PV- PVWindWindBioBio-kohle kohle GUD GT Dach Freifläche Onshore Offshore masse gas - 8,2 9,3 15,6 13,0 9,2 5,9 11,0 11,3 14,7 Braun Stein- Erdgas Erdgas PV- PVWindWindBioBio-kohle kohle GUD GT Dach Freifläche Onshore Offshore masse gas 5,6 8,2 9,3 15,6 12,3 8,5 6,6 - 11,3 14,7 Braun Stein- Erdgas Erdgas PV- PVWindWindBioBio-kohle kohle GUD GT Dach Freifläche Onshore Offshore masse gas 5,6 8,4 9,3 15,6 11,6 8,1 7,7 - 11,3 14,7 WindBraun Stein- Erdgas Erdgas PV- PVWindBioBio-kohle kohle GUD GT Dach Freifläche Onshore Offshore masse gas - 8,6 9,3 15,6 11,1 7,5 8,7 - Region 1 Region 2 Region 3 Region 4 11,3 14,7 Quelle: Prognos AG, die LCOE für Wind Offshore beziehen sich nur auf die Nordsee (4) Aufgrund der sehr niedrigen Brennstoffpreise von Braunkohle liegen die Stromgestehungskosten unter allen anderen Erzeugungsarten. Allerdings ist die Nutzung dieses Brennstoffes mit vergleichsweise hohen CO 2 -Emissionen verbunden. Durch die bislang geringen Erfahrungen im Bereich Wind Offshore sind die Stromgestehungskosten über 40 Jahre betrachtet höher als die von Freiflächen-Solarkraftwerken und Wind Onshore. Im zweiten Investitionszyklus könnten jedoch bereits deutliche Kostensenkungspotenziale erzielt werden. Regelbare Bioenergie eignet sich hervorragend als Ergänzung zu der Spitzenlasterzeugung aus Gasturbinen. Dabei liegen die Stromgestehungskosten der Bioenergien sogar unter denen der herkömmlichen GT-Kraftwerke, solange die Brennstoffpreise für Bioenergien durch eine moderate Nutzung nicht deutlich steigen. 3.2 Die Wirtschaftlichkeit von FreiflächenSolarkraftwerken im Jahr 2015 (1) Die Wirtschaftlichkeit von Freiflächen-Solarkraftwerken hängt in der Regel von der Höhe der zu erzielenden Erlöse aus den Vergütungszahlungen ab. Zusätzliche Erlöse aus dem Eigenverbrauch von Strom sind anders als bei Dachanlagen selten möglich. Zu groß ist zumeist die räumliche Entfernung von 45 geeigneten Flächen für Freiflächen-Solarkraftwerke und geeigneten Stromverbrauchern. Insofern ist die geltende EEGVergütung für Anlagen bis 10 MW-Leistung nach § 32 EEG 2012 die alleinige Einnahmequelle für Investoren in FreiflächenSolarkraftwerken. Diese sinkt jedoch in den kommenden Monaten in Abhängigkeit von der Gesamtmarktentwicklung deutlich. Bereits ab Oktober 2013 wird die Vergütung die Grenze von 10 Cent/kWh unterschreiten (vgl. Abbildung 5). Erfolgt ein weiterer PV-Zubau im geplanten EEG-Zubau-Korridor von 2,5 GW bis 3,5 GW in zwölf Monaten (Grüne Line), wäre bereits Mitte 2014 die Marke von 9 Cent/kWh erreicht. Bei einer geringeren Marktdynamik mit 1,5 GW bis 2,0 GW Zubau in zwölf Monaten würde die für Freiflächen-Solarkraftwerke relevante Vergütung im April 2015 auf etwa 9 Cent/kWh sinken. Abbildung 5: Entwicklung der Vergütungssätze für FreiflächenSolarkraftwerke Entwicklung der nominalen EEG-Vergütungssätze für Freiflächen-Solarkraftwerke in Abhängigkeit vom gesamten PV-Marktvolumen in Cent/kWh 11,8 11,0 10,4 9,9 9,7 9,6 9,4 9,2 9,3 8,8 8,6 9,2 8,5 8,1 9,0 8,2 8,9 8,0 7,6 7,1 6,6 6,2 8,8 7,8 5,8 8,6 7,5 5,4 8,5 7,3 5,1 8,4 8,2 8,2 7,1 6,9 6,7 4,7 Bei Zubau zwischen 5,5 und 6,5 GW Bei Zubau zwischen 4,5 und 5,5 GW Bei Zubau zwischen 3,5 und 4,5 GW Bei Zubau zwichen 2,5 und 3,5 GW Bei Zubau zwichen 2,0 und 2,5 GW Bei Zubau zwichen 1,5 und 2,0 GW 4,4 4,2 Jan 13 Apr 13 Jul 13 Okt 13 Jan 14 Apr 14 Jul 14 Okt 14 Jan 15 Apr 15 Jul 15 Okt 15 Jan 16 Apr 16 Jul 16 Okt 16 Quelle: Prognos in Anlehnung an das EEG 2012 (2) Die EEG-Vergütungen werden immer nominal für 20 vollständige Betriebsjahre gezahlt. Folglich sinkt ihr inflationsbereinigter Wert pro Jahr in Abhängigkeit von der Inflationsrate. Dieser Zusammenhang ist bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Freiflächen-Solarkraftwerken zu beachten. Denn wird beispielsweise ein Freiflächen-Solarkraftwerk im April 2015 gebaut und erhält 9,0 Cent/kWh Vergütung für 20 Jahre, reduziert sich der reale Wert der Zahlungen in Abhängigkeit der Inflationsrate erheblich. 46 Abbildung 6: Wirkung der Inflation auf den Wert der EEGVergütung Inflationswirkung auf die EEG-Vergütung, Angaben in Cent/kWh 9,0 9,0 2015 9,0 8,7 9,0 8,5 2017 9,0 8,2 9,0 8,0 9,0 7,8 9,0 7,5 9,0 9,0 9,0 9,0 9,0 9,0 9,0 9,0 9,0 9,0 9,0 9,0 9,0 9,0 8,4 8,3 8,2 8,1 8,1 8,0 7,9 7,8 7,5 7,8 7,7 7,4 7,6 7,5 7,2 7,4 7,4 7,1 7,0 6,8 6,7 6,6 6,4 6,3 6,2 6,1 5,4 5,3 5,1 5,0 7,3 7,1 6,9 6,7 6,5 6,3 6,1 6,0 Nominale EEG-Vergütung Real, Inflationsrate 2 % Real, Inflationsrate 1 % Real, Inflationsrate 3 % 2019 2021 2023 2025 2027 2029 5,8 5,6 2031 2033 2035 Quelle: Prognos AG, eigene Darstellung (3) Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Investitionen von Freiflächen-Solarkraftwerken im Jahr 2015 muss also im Vergleich zu den in Abbildung 3 ausgewiesenen realen Stromgestehungskosten für das Inbetriebnahmejahr 2015 der Unterschied zu den nominalen Vergütungszahlungen berücksichtigt werden. Die Wirtschaftlichkeit von Freiflächen-Solarkraftwerken ist nur dann gegeben, wenn der interne Zinsfuß einer Investitionsrechnung den realen Kapitalkosten (WACC) zuzüglich der unterstellten Inflationsrate entspricht, die der Berechnung der realen Stromgestehungskosten zu Grunde liegen. Natürlich müssen auch alle anderen Kostenparameter gleich angesetzt werden. (4) In der Region 4, in der die realen Stromgestehungskosten im Jahr 2015 bei 8,7 Cent/kWh liegen (vgl. Tabelle 4Abbildung 3) wäre bei einer Inflationsrate von 2 % eine Vergütung von nominal 9,8 Cent/kWh notwendig, um eine wirtschaftliche Investition darzustellen. In den Regionen 1, 2 und 3 wären folglich nominale EEG-Vergütungen von mehr als 10 Cent/kWh notwendig um wirtschaftliche Investitionen in Freiflächen-Solarkraftwerke darstellen zu können. 47 (5) Ein Vergleich mit den in Abbildung 5 dargestellten zu erwartenden Vergütungssätzen für das Jahr 2015 bei den entsprechenden Gesamtmarktentwicklungen legt somit nahe, dass Freiflächen-Solarkraftwerke unter den gegebenen Rahmenbedingungen spätestens ab 2015 nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Investitionen in Freiflächen Solarkraftwerke nicht mehr getätigt werden. (6) Die aktuelle Entwicklung der Anlagen-Anmeldungen bei der Bundesnetzagentur unterstreicht die sinkende Wirtschaftlichkeit der Freiflächenanlagen nahe. Wurden im Jahr 2012 bei Anlagen mit einer Größe von über 3 MW Peakleistung im Durchschnitt über 150 MW pro Monat installiert, sank im Jahr 2013 im ersten halben Jahr der Durchschnitt auf rund 50 MW pro Monat. Neben der durchschnittlichen Anlagenleistung pro Monat sinkt auch der Marktanteil der Anlagen mit als 3 MW Leistung aktuell wieder auf deutlich unter 20 %. Ende des Jahres 2012 lag der Anteil der Anlagen mit über 3 MW Peakleistung an der monatlich installierten Leistung bei durchschnittlich über 30 %. (7) Die Entwicklung der Vergütungssätze für FreiflächenSolarkraftwerke hängen vom Zubauvolumen des gesamten PVMarktes ab. Bei einem hohen Zubau von Aufdachanlagen sinken die Vergütungssätze unabhängig von der Marktentwicklung der Freiflächen. Der Markt für Freiflächen-Solarkraftwerke kann jedoch als eigenständiger Markt angesehen werden, der sich losgelöst vom Markt für Ausdachsysteme entwickelt. Wenn weiterhin Freiflächen-Solarkraftwerke Teil des Ausbaus der erneuerbaren Energien sein sollen, empfiehlt sich eine eigenständige Degressionsentwicklung der Vergütungssätze, die sich ausschließlich am tatsächlichen Ausbau der FreiflächenSolarkraftwerke orientiert und nicht an der gesamten Marktentwicklung von PV-Systemen. 3.3 Der Einfluss von FreiflächenSolarkraftwerken auf die Kosten des erneuerbaren Strommixes (1) Wird eine Zubauverteilung für das Jahr 2015 in den entsprechenden vier Regionen unterstellt, lässt sich eine Verteilung der Stromerzeugungsmengen errechnen, die aus diesen im Jahr 2015 installierten Anlagen hervorgeht. Die Verteilung orientiert sich im Wesentlichen am Trendszenario der 48 EEG-Mittelfristprognose 3. Aus der Verteilung können dann über die ermittelten Stromgestehungskosten die regionsspezifischen Kosten des EE-Zubaus für das Jahr 2015 berechnet werden. (2) Freiflächen-Solarkraftwerke spielen aufgrund ihrer geringen Wirtschaftlichkeit auch in den südlichen Regionen 3 und 4 praktisch keine Rolle mehr in der Verteilung der Stromerzeugung (vgl. Tabelle 29). Der Zubau an Erneuerbaren-Anlagen wird im Jahr 2015 durch die Wind Onshore und Offshore sowie PVDachanlagen dominiert. Hierdurch ergeben sich für die Region 1 mittlere Stromgestehungskosten von 9,9 Cent/kWh und in der Region 4 Stromgestehungskosten von 11,5 Cent/kWh für die im Jahr 2015 installierten Anlagen. Tabelle 29: Anteilige Verteilung der Stromerzeugung einzelner Energieträger der im Jahr 2015 neu installierten EEAnlagen nach Regionen Einheit 2015 Region 1 Region 2 Region 3 Region 4 PV-Dach % 8% 15 % 30 % 40 % Freiflächen % 0% 0% 0% 0% Onshore-Wind % 48 % 61 % 52 % 35 % Offshore-Wind % 35 % 0% 0% 0% Biomasse % 3% 9% 10 % 15 % Biogas % 6% 15 % 8% 10 % 9,7 9,8 11,1 11,3 Ø Stromgestehungskosten Quelle: Prognos AG in Anlehnung an die MiFri 2012 4 (3) Würde hingegen die Wirtschaftlichkeit von FreiflächenSolarkraftwerken wieder erreicht, könnte ein deutlich höherer Anteil an Freiflächen-Solarstrom realisiert werden. In allen Regionen und insbesondere in den Regionen 3 und 4 ließen sich die Freiflächen-Anteile erhöhen. Andere im Vergleich teurere Techniken könnten ersetzt werden. Dadurch können die Kosten der erneuerbaren Energien im Durchschnitt signifikant reduziert 3 Die EEG-Mittelfristprognose ist die von den Übertragungsnetzbetreibern jährlich erstellte Prognose über die Entwicklung der EEG-Umlage. Dieser liegen umfangreiche Studien zur erwarteten Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu Grunde. Quelle: MiFri 2012: Gutachten der r2b energy consulting GmbH zur Jahresprognose 2013 und Mittelfristprognose bis 2017 zur deutschlandweiten Stromerzeugung aus EEG geförderten Kraftwerken unter http://www.eeg-kwk.net/de/Jahres-Mittelfristprognosen.htm 4 Quelle: siehe ebenda 49 werden. Insbesondere in der Region 4 ließen sich mehr als 10 % der spezifischen durchschnittlichen Kosten reduzieren. Zudem würde auch der Unterschied zwischen den Kosten der Regionen reduziert werden. Die heute viel diskutierte Notwendigkeit, günstigen erneuerbaren Strom aus dem Norden in den Süden bringen zu müssen, würde dann ebenfalls reduziert werden. Eine beispielhafte, alternative Verteilung ist in Tabelle 30 dargestellt. Sie verdeutlicht, dass ein höherer Freiflächen-Anteil in der Stromerzeugung vor allem in Süddeutschland die Kosten der erneuerbaren Energien senken kann. Ein im Schnitt um 0,5 Cent/kWh günstigerer Jahrgang erneuerbarer Energien im Jahr 2015, der etwa 10 TWh pro Jahr Strom liefert, verringert somit die zu zahlenden Vergütungen und damit Belastung der Endkunden in Deutschland um 1 Mrd. Euro über 20 Jahre Vergütungszeitraum. Tabelle 30: Alternative Verteilung der Stromerzeugung einzelner Energieträger der im Jahr 2015 neu installierten EEAnlagen nach Regionen Einheit 2015 Region 1 Region 2 Region 3 Region 4 PV-Dach % 6% 10 % 20 % 20 % Freiflächen % 8% 9% 16 % 40 % Onshore-Wind % 48 % 61 % 52 % 25 % Offshore-Wind % 35 % 0% 0% 0% Biomasse % 3% 8% 7% 9% Biogas % 4% 12 % 5% 6% 9,6 9,4 10,1 10,2 Ø Stromgestehungskosten Quelle: Prognos AG (4) Grundsätzlich ist jedoch bei der Bewertung zu berücksichtigen, dass Stromgestehungskosten nur ein erster Indikator für den Vergleich der verschiedenen Technologien darstellen. Aufgrund der unterschiedlichen Verfügbarkeiten der Erzeugungsformen und vor allem der technischen Regelbarkeit und Flexibilität können nur bedingt Aussagen über optimale regionale Erzeugungsstrukturen direkt abgeleitet werden. Die generelle Aussage, dass ein höherer Anteil an FreiflächenSolarkraftwerke eher zu einer Vergünstigung der erneuerbaren Stromerzeugung führt bleibt jedoch bestehen. Desweiteren ist zu beachten, dass die hier keine Aussagen über Gesamtmarktkosten abgeleitet werden können. Die Aussagen sind lediglich als spezifische Kosten zu verstehen. 50 4 Wettbewerbsfähigkeit von FreiflächenSolarkraftwerken in Deutschland im Vergleich zu Süd-Europa (1) In Deutschland wird bereits über einen längeren Zeitraum diskutiert, wie sich die Wettbewerbsfähigkeit von Solarkraftwerken im Vergleich zu Südeuropa darstellt. Mit dieser Analyse soll gezeigt werden, dass im Vergleich zum erwarteten Kostenniveau der Solarkraftwerke in Deutschland der gerichtete Stromtransport von solar erzeugtem Strom aus Süd-Europa nicht wettbewerbsfähig im Vergleich zur Produktion in Deutschland ist. (2) Hierzu werden die Stromgestehungskosten der FreiflächenSolarkraftwerke für Süd-Spanien, Süd-Italien und Griechenland zusammen mit den zu erwartenden Transportkosten per Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) nach Deutschland ermittelt. 4.1 Annahmen und Stromgestehungskosten zu Solarkraftwerken in Spanien, Italien und Griechenland (1) Für die Berechnung der Stromgestehungskosten aus Freiflächen-Solarkraftwerken werden in Spanien, Griechenland und Italien die Investitionskosten für Freiflächen-Solarkraftwerke im Jahr 2015 in Italien und Spanien mit 1.000 Euro 2012 /kWp (real in Euro von 2012) angenommen. Sie liegen damit 75 Euro/kWp über den Kosten in Deutschland. Bei gleichen Modulkosten im Großhandel von rund 500 Euro/kWp resultiert der Kostenunterschied aus den Balance-of-System-Kosten (BOS), die durch deutlich höhere Genehmigungsaufwendungen zu Stande kommen. In Griechenland sind die BOS-Kosten im Vergleich zu Deutschland, aber auch im Vergleich zu Italien, nochmals höher. Daher liegen die Gesamtinvestitionskosten für Griechenland für 2015 mit 1.050 Euro/kWp nochmals über den Kosten für Italien und Spanien. (2) Für den Zeitpunkt 2035 werden vereinfachend gleiche Investitionskosten für alle drei Länder angenommen. Zwar sind die BOS-Kosten in Griechenland heute noch höher als in Italien oder Spanien. Für das Jahr 2035 wird jedoch unterstellt, dass die BOSKosten auch in Griechenland durch wachsende praktische Erfahrungen mit der Photovoltaik an Länder wie Italien und Spanien angeglichen werden können. Die Investitionskosten 51 belaufen sich somit auf 475 Euro/kWp im Jahr 2035 für den zweiten Investitionszyklus in allen drei Ländern. (3) Die jährlichen Betriebskosten werden ebenfalls wie in Deutschland mit 2 % der Investitionssumme abgeschätzt. Die mittleren Kapitalkosten für Italien und Spanien werden mit real 6 % über den Zeitraum von 40 Jahren angesetzt. Für Griechenland werden 6,5 % real unterstellt. Dies ist zwar eine um 1 %-Punkt bzw. 1,5 %-Punkte höhere angenommen Verzinsung als in Deutschland, ist aber im Vergleich zu den aktuellen Unterschieden bei den Finanzierungskonditionen der drei Länder aufgrund der Staatsschuldenkrise immer noch eine optimistische Annahme. (4) Hinsichtlich des Energieertrags unterscheidet sich Spanien etwas von Italien und Griechenland. Die südlichen Landesteile Spaniens, die hier in Betracht gezogen werden, liegen noch einmal auf südlicheren Breitengraden als die entsprechenden Regionen in Süditalien und auf dem griechischen Festland. Mit 1.700 kWh/kWp liegen folglich die optimalen Standorte in Südspanien mit ihren Erträgen im Mittel rund 100 kWh/kWp über den Erträgen in Süditalien und Griechenland. Die hier angesetzten spezifischen Energieerträge werden für Dünnschichtmodule berechnet, die weniger Verluste durch hohe Außentemperaturen nach sich ziehen. Würden Siliziummodule eingesetzt werden, läge der Ertrag aufgrund der Wirkungsgradverschlechterung nochmals 7 %-10 % niedriger. In der folgenden Tabelle 31 sind die Annahmen zusammengefasst. Tabelle 31: Annahmenset Freiflächen Solarkraftwerke in Südeuropa (jährliche Degradation von 0,5%) 2015 2035 Griechen Spanien -land Italien Griechen -land 475 475 475 1.600 1.700 1.600 1.600 2% 2% 2% 2% 2% 0 0 0 0 0 0 6% 6% 6,5% 6% 6% 6,5% Einheit Spanien Italien Investitionskosten €2012/kW 1.000 1.000 1.050 Stromerzeugung MWh/MW 1.700 1.600 Fixe Betriebskosten % der Invest.kosten 2% Variable Betriebskosten €2012//MWh % WACC (real) Quelle: Prognos AG (5) Im Ergebnis ergeben sich für Spanien, Italien und Griechenland geringere Kosten für Freiflächen-Solarstrom als in Deutschland. In Spanien liegen die Kosten aufgrund der höchsten 52 Solarstrahlung mit 5,7 Cent/kWh etwas unter den Kosten von Italien mit 6,1 Cent/kWh. Aufgrund der höheren Kapitalkosten und leicht höheren Anfangsinvestitionen betragen die Stromgestehungskosten in Griechenland rund 6,6 Cent/kWh. Tabelle 32: Stromgestehungskosten Freiflächen Solarkraftwerke, in Cent 2012 /kWh (Inbetriebnahme 2015/2035) 40 Jahre Betriebszeitraum Einheit Spanien Italien Griechenland Cent2012/kWh 5,7 6,1 6,6 Quelle: Prognos AG (6) Im Vergleich zu den Kosten der Freiflächenanlagen in Deutschland ist die reine Stromerzeugung in Südeuropa somit zwischen einem und zwei Cent/kWh günstiger. Allerdings müsste der Strom, wie einleitend bereits dargestellt, aus dem Süden nach Deutschland transportiert werden. 4.2 Annahmen und Stromtransportkosten aus Spanien, Italien und Griechenland nach Deutschland (1) Eine konventionelle Übertragung des Stroms per Wechselstrom ist angesichts der hohen zu erwartenden Übertragungsverluste nicht wirtschaftlich darstellbar. Aus diesem Grund wird für die folgende Berechnung eine HGÜ-Übertragung in Betracht gezogen, um den erzeugten Strom aus den südeuropäischen Ländern nach Deutschland zu transportieren. Diese Technik ermöglicht es, den Strom über weite Entfernungen mit sehr geringen elektrischen Verlusten von weniger als 1% pro 100 km Transport zu übertragen. Die Transportkosten werden in dieser Berechnung mit der identischen Methodik ermittelt, wie auch die Stromgestehungskosten. Hierzu werden Investitionskosten für die HGÜ-Trassen (als Freileitung ausgeführt), die Gleichstromkonverterstationen sowie die jährlichen Betriebskosten benötigt. Desweiteren müssen Annahmen zu den jährlichen Vollbenutzungsstunden und den Kapitalkosten getroffen werden. 53 (2) Der aktuelle Netzentwicklungsplan Strom 2012 (NEP 2012 5) der Übertragungsnetzbetreiber rechnet für Deutschland mit durchschnittlichen Kosten für eine neugebaute DC-Freileitung mit 2 GW Kapazität von 1,4 Mio. Euro/km. Für die Berechnung der Transportkosten aus Spanien bzw. Italien werden mit real 1,3 Mio. Euro 2012 /km leicht geringere Kosten angesetzt. Gerade in Bezug auf die Tatsache, dass bei einem Leitungsbau von Spanien bzw. Italien jeweils mindestens drei Staaten betroffen sind, kann diese Annahme als sehr optimistisch eingeschätzt werden. Ein im Vergleich zu rein innerdeutschen Projekten erhöhter Planungsund Genehmigungsaufwand ist demnach nicht mit einkalkuliert. Dabei wurde zusätzlich außer Acht gelassen, dass beim Transport aus Südeuropa nach Deutschland topografisch sehr anspruchsvolle Gebiete durchquert werden müssten. Aus Spanien kommend müssen zum Einen die Pyrenäen überquert, bzw. über den dicht besiedelten Küstenstreifen in Nordspanien geleitet werden, zum Anderen stellen die Alpen aus allen drei betrachteten Regionen kommend ein großes Hindernis dar. Bei einem möglichen Freileitungsbau von Griechenland nach Deutschland müssen sogar mindestens sieben Staaten mit in die Planung einbezogen werden. Dieser erhöhte Planungsaufwand führt zu der Annahme, dass man bei der Berechnung mindestens 1,5 Mio. Euro/km ansetzen sollte. Alternativ gibt es mit der Verlegung eines HGÜ-Seekabels von Griechenland nach Norditalien eine Alternative zu der Freileitung durch die südosteuropäischen Staaten. Die spezifischen Kosten lägen pro km zumindest auf ähnlichem Niveau. (3) Bei der Nutzung der HGÜ-Technik muss der Strom üblicherweise vor der Einspeisung in die HGÜ-Leitung von Wechselstrom auf Gleichstrom und vor der Ausspeisung aus der Leitung wieder zurück in Wechselstrom konvertiert werden. Die Kosten der dafür pro Leitung benötigten zwei Konverterstationen werden im NEP 2012 mit 0,13 Mio. Euro 2012 /MW angegeben. Die Länge der Leitungen betragen in der Berechnung rund 2.100 km aus Spanien, 1.400 km aus Italien und 1.500 km aus Griechenland. Berechnet man anhand dieser Kostenangaben und den angenommenen Entfernungen die Investitionskosten für eine 2 GW HGÜ-Leitung aus Südeuropa nach Deutschland, so erhält man für die Leitung aus Spanien Investitionskosten von rund real 1.625 Euro/kW. Die deutlich kürzere Leitung aus Italien kostet demnach rund real 1.170 Euro/kW. Aufgrund des höheren Planungsaufwands für eine HGÜ-Freileitung aus Griechenland liegen die Investitionskosten mit real 1.235 Euro/kW etwas über den Kosten für eine Trasse aus Italien. Folgender Tabelle 33 5 Die Kosten der HGÜ-Trassen können dem jeweils aktuellen Netzentwicklungsplan entnommen werden. Quelle: http://www.netzentwicklungsplan.de/ 54 können die getroffenen Annahmen entnommen werden. Tabelle 33: Annahmenset für die Berechnung des Stromtransportkosten 2015 Italien Griechenland Einheit Spanien km 2.100 1.400 1.500 €2012//kW 1.625 1.170 1.235 % der Invest.kosten 3% 3% 3% €2012//MWh 0,5 0,5 0,5 Vollbenutzungsstunden h 4.000 4.000 4.000 WACC (real) % 5,3% 5,3% 5,3% Entfernung Investitionskosten Fixe Betriebskosten Variable Betriebskosten Quelle: Prognos AG (3) Als jährliche Betriebskosten werden für alle drei Fälle 3 % der Investitionskosten angesetzt. Damit werden alle zum Betrieb notwendigen Kosten wie Personal- und Reparaturkosten abgedeckt. Als variable Betriebskosten werden 0,5 Euro/MWh angenommen, die als kostenseitige Bewertung des zu erwartenden Stromverlusts zu interpretieren sind. (4) Ähnlich wie bei der Berechnung der Stromgestehungskosten müssen bei der Berechnung von Stromtransportkosten die jährlichen durchschnittlichen Vollbenutzungsstunden einer Leitung betrachtet werden. Für die Berechnung der Stromtransportkosten aus Südeuropa werden in diesem Fall rund 4.000 Vollbenutzungsstunden (2.000 Vollbenutzungsstunden gerichteter Transport in beide Richtungen) angesetzt. Dies stellt in Anbetracht des Stromertrags aus Freiflächen-Solarkraftwerken in Südeuropa ebenfalls eine sehr optimistische Annahme dar. Der reale kalkulatorische Zinssatz wird bei einer Lebensdauer der Freileitung von 40 Jahren mit 5,3 % angesetzt. Folgender Tabelle 34 können die resultierenden Stromtransportkosten entnommen werden. 55 Tabelle 34: Stromtransportkosten aus Südeuropa, in Cent 2012 /kWh (HGÜ-Freileitung) 40 Jahre Betriebszeitraum Einheit Spanien Italien Griechenland Cent2012/kWh 3,7 2,7 3,1 Quelle: Prognos AG (5) Aufgrund der langen Übertragungsdistanz von Spanien nach Deutschland liegen die Transportkosten mit 3,7 Cent/kWh rund 1 Cent/kWh über den Transportkosten aus Italien nach Deutschland. Die Kosten für den Stromtransport aus Griechenland sind angesichts des höheren Planungsaufwandes mit 3,1 Cent/kWh etwas höher als aus Italien. Dabei sollte betont werden, dass sämtliche Annahmen und damit auch die Ergebnisse als sehr ambitioniert bzw. sehr optimistisch betrachtet werden müssen. Bei einer detaillierteren Betrachtung der Thematik können die Stromtransportkosten durchaus höher liegen. Fasst man in einem dritten Schritt die Stromgestehungs- und Transportkosten zusammen, kommt man zu dem Ergebnis, dass sich trotz deutlich niedrigerer Stromgestehungskosten von Freiflächen Solarkraftwerken im Vergleich zu Süddeutschland der Transport nach Deutschland wirtschaftlich nicht lohnt. 56 Abbildung 7: Solar-Stromkosten frei deutsche Grenze aus Südeuropa bestehend aus Erzeugung und Transport im Vergleich zu den LCOE von Freiflächen-Solarkraftwerken in Deutschland in Cent 2012 /kWh 9,2 9,4 Region 1 8,5 Region 2 8,1 Region 3 7,5 8,8 Region 4 9,7 3,7 Gesamtkosten 3,1 Transportkosten 2,7 5,7 6,1 6,6 Erzeugungskosten Quelle: Prognos AG (6) Mit 8,8 Cent/kWh bis 9,7 Cent/kWh liegen die resultierenden Kosten für Strom aus südeuropäischen FreiflächenSolarkraftwerken zwischen einem und zwei Cent/kWh über den Stromgestehungskosten von süddeutschen Freiflächen Solarkraftwerken in der Region 4. Ein absoluter Kostenvorteil vor allen drei südeuropäischen Erzeugungsstandorten bleibt in Deutschland bis in Region 2 bestehen. Selbst in Region 1, also in Norddeutschland wäre eine Stromerzeugung mit Freiflächenanlagen gleich günstig bzw. günstiger im Vergleich zu Spanien und Griechenland. Eine europäische Fokussierung für Freiflächen Solarkraftwerke auf südeuropäische Standorte ist daher kritisch zu betrachten. Die erhöhten Transportkosten können den erzeugungsseitigen Vorteil oftmals aufheben. FreiflächenSolarkraftwerke haben also absolut mittlerweile ein so niedriges Kostenniveau erreicht, dass die relativen Kostenunterschiede südlicher Regionen durch den Transport mehr als kompensiert werden. 57 5 Systemintegration von FreiflächenSolarkraftwerken 5.1 Verringerte Netzbelastung (1) Auf eine weitere Entwicklung im Bereich der PV-Anlagen muss ebenfalls hingewiesen werden. Durch den starken Preisverfall bei PV-Modulen wird der Anteil der Modulkosten am gesamten PV-System immer geringer. Andere Kostenkomponenten wie Wechselrichter, aber auch die Installationskosten gewinnen dadurch an Bedeutung. Das führt dazu, dass eine Unterdimensionierung des Wechselrichters vor allem auch immer attraktiver wird um Kosten einzusparen. Das wiederum bedeutet, dass die installierte Peakleistung (Wp) der PV-Module deutlich über der Wirkleistung des Wechselrichters liegt. Hierdurch werden Einspeisespitzen systematisch verringert und die Einspeisung deutlich vergleichmäßigt. (2) Im Folgenden wird diese Unterdimensionierung mit dem DC/AC-Faktor angegeben. Dabei bezieht sich die DC-Leistung (direct current – Gleichstrom) auf die installierte Peak-Leistung der Module, die AC-Leistung (alternating current – Wechselstrom) auf die Wirkleistung des Wechselrichters. Je größer der DC/AC-Faktor ist, desto höher ist die Leistung der installierten PV-Module im Vergleich zur Leistung des Wechselrichters. Mit einer solchen Unterdimensionierung des Wechselrichters können, gemessen am Wechselrichter, wesentlich höhere Volllaststunden der PV-Anlage erreicht werden. Folgende Abbildung 8 soll die Wirkungsweise einer Unterdimensionierung des Wechselrichters schematisch visualisieren. 58 Abbildung 8: Einfluss eines höheren DC/AC-Faktors auf den Tagesgang einer PV-Anlage im Sommer Einfluss eines höheren DC/AC-Faktors auf den Tagesgang einer PV-Anlage am 20. Juni, gemessen am Wechselrichter Tagesgang (normaler DC/AC-Faktor von 1,2) Tagesgang (hoher DC/AC-Faktor von 1,7) 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 Quelle: Prognos AG; Beide Kurven beziehen sich auf die gleiche Wechselrichterleistung (3) Durch die im Vergleich zum Wechselrichter wesentlich höhere installierte Leistung von PV-Modulen wird die volle Leistung des Wechselrichters während des Tagesverlaufs viel schneller erreicht und auch länger gehalten (vgl. Abbildung 8). Je nach Ausrichtung und Standort der Anlage sowie der Höhe des DC/AC-Faktors können, bezogen auf den Wechselrichter, deutlich höhere Volllaststunden erzielt werden, als man sie üblicherweise von PV-Anlagen kennt. Eine Freiflächenanlage in Süddeutschland, bei der man normalerweise mit rund 1.000 Volllaststunden (bezogen auf die Peak-Leistung) rechnen kann, erreicht wechselrichterseitig bei einem DC/AC-Faktor von 1,7 nahezu 1.700 Volllaststunden. (4) Bei einer Unterdimensionierung des Wechselrichters geht allerdings auch ein kleiner Teil der Jahresarbeit verloren. So ergeben sich aus aktuellen Messreihen mit verschiedenen PVModulen, unterschiedlichen Ausrichtungen und verschiedenen DC/AC-Faktoren bis zu 1,80 Verluste von maximal 5 % der Jahresarbeit bezogen auf die Peak-Leistung. Das heißt, dass sich der Energieertrag und die Volllaststunden pro installiertem kW Peak-Leistung von 993 kWh/kWp auf rund 945 kWh/kWp reduzieren. Der in Abbildung 9 dargestellten Entwicklung liegen 59 jeweils eine Anlagenkonfiguration mit niedrigem Neigungswinkel von 5 Grad und 20°Grad in Südausrichtung in Nordbayern, also Region 3, zu Grunde. Bei steileren Anlageausrichtungen von 20°Grad in Südausrichtung erhöhen sich zwar die spezifischen Energieerträge auf über 1.000 kWh pro kW-Peakleistung aber die Verluste bei erhöhten DC/AC-Faktoren fallen ebenfalls leicht höher aus. Abbildung 9: Einfluss eines höheren DC/AC-Faktors auf den absoluten Anlagenertrag Einfluss des DC/AC-Faktors auf den Stromertrag von FreiflächenSolarkraftwerken in kWh/kWp 1.038 993 1.035 991 1.030 989 1.026 987 1.020 983 1.015 979 1.009 975 1.001 969 995 964 987 979 970 957 951 945 1,70 1,75 1,80 20°Grad Neigung Süd 5°Grad Neigung Süd 1,25 1,30 1,35 1,40 1,45 1,50 1,55 1,60 1,65 DC/AC-Faktor Quelle: Darstellung Prognos AG nach der Berechnung des IBB (5) Die Verluste an Stromerzeugung werden jedoch von einem Investor in Kauf genommen, wenn sich im Tagesverlauf wie in Abbildung 8 eine gleichmäßigere Erzeugung realisieren lässt und deutliche Ersparnisse bei den Wechselrichterkosten anfallen. Die spezifische Anlagenkonfiguration und den der DC/AC-Faktor ist letztlich immer das Resultat einer standortspezifischen Optimierung der Wirtschaftlichkeit. Die im Jahr 2012 realisierten Anlagen weisen in der Regel DC/AC-Faktoren zwischen 1,3 und 1,5 auf. In der Zukunft ist durch den weiteren Preisverfall der Module mit einer weiteren Erhöhung des Faktors zu rechnen, was die Netzbelastung durch Einspeisespitzen weiter reduziert. 60 5.2 Potenzielle Bereitstellung von Systemdienstleistungen (1) Mit steigenden Anteilen erneuerbarer Energien wachsen auch die Anforderungen an die regenerativen Techniken Systemdienstleistungen bereitzustellen. Neben den bekannten Produkten der Regelleistung (Primär-, Sekundär-, Tertiärregelleistung) gewinnen auch die weiteren technischen Systemdienstleistungen für die Systemstabilität an Bedeutung. (2) War das Stromnetz in der Vergangenheit dafür ausgelegt den zentral auf den oberen Netzebenen (Hoch- und Höchstspannung) erzeugten Strom zu den Endverbrauchern zu verteilen, ändert sich mit der zunehmenden Zahl an fluktuierenden Erzeugern auf den unteren Netzebenen die Netzcharakteristik. Die steigende Zahl an fluktuierenden Erzeugern auf den unteren Netzebenen vergrößert die Spannungsschwankungen auf diesen Netzebenen erheblich. Die Aufwendungen dafür die Spannung zum Schutz der angeschlossenen Verbraucher in einer vorgegeben Bandbreite zu halten steigen erheblich an. (3) Photovoltaikanlagen und insbesondere größere Freiflächenanlagen bieten durch ihre Wechselrichter die Möglichkeit, in den Verteilnetzen Funktionen wie die Blindleistungsbereitstellung oder -kompensation zu übernehmen. Der Wechselrichter, der im Wesentlichen ein leistungselektronisches Bauteil darstellt, kann durch die notwendige Phasenverschiebung Wirkleistung in Blindleistung oder umgekehrt umwandeln und somit zu Spannungsregelung beitragen. Für Verteilnetzbetreiber können dadurch die Kosten für Blindleistungsbezug oder Kompensation aus der vorgelagerten Netzebene deutlich gesenkt werden. Die folgende Abbildung 10 verdeutlicht die Einbindung und mögliche Wirkung eines Freiflächen-Solarkraftwerks im Netz. Wirkungsweise der PV-Anlage im Netz. (4) Mit entsprechenden Sensoren zur Überwachung ausgestattet können hauptsächlich auf der Mittelspannungsebene angebundene Freiflächen-Solarkraftwerke Abweichungen der Spannung erkennen und über die Bereitstellung oder die Kompensation von Blindleistung die Schwankungen ausgleichen. Dabei ist es unerheblich, ob die Anlage gerade Strom produziert oder nicht. Die Blindleistungssteuerung aus dem vorgelagerten Netz kann somit minimiert werden. Der Mittelspannungsnetzbetreiber kann zudem darauf verzichten zusätzlich in blindleistungsregelnde Elektronik investieren zu müssen. 61 Abbildung 10: Netzeinbindung eines und Steuerungselemente eines Freiflächen-Solarkraftwerks zur Blindleistungsregelung Quelle: Belectric GmbH (5) Freiflächen-Solarkraftwerke tragen mit ihrer Blindleistungsregelung maßgeblich zu Verbesserung der Spannungshaltung bei. Wie in Abbildung 11 dargestellt verläuft die Spannung mit Blindleistungsregelung (rote Linie) in deutlich kleineren Schwankungsbreiten als ohne diese Regelung (graue Linie). Dadurch kann eine deutlich höhere Qualität der Versorgung sicher gestellt werden. (6) Während jedoch für die Regelleistungsbereitstellung und deren Abruf bereits heute ein transparenter Markt besteht, werden technische Systemdienstleistungen in bilateralen Verträgen zwischen Anbietern und Netzbetreibern gehandelt. Der Wert der Bereitstellung technischer Systemdienstleistungen ist daher derzeit schwer zu ermitteln. In Verbindung mit den fehlenden praktischen Erfahrungen in der Einbindung von Freiflächenanlagen in die technische Systemsteuerung werden diese Optionen und damit auch verbundene zusätzliche Erlösoptionen für Betreiber bisher kaum ausgeschöpft. 62 Abbildung 11: Wirkung der Blindleistungsregelung durch Freiflächen-Solarkraftwerke Quelle: Belectric GmbH, x-Achse: Uhrzeit, y-Achse Spannung in Volt (7) In Verbindung mit Batterien können FreiflächenSolarkraftwerke zusätzlich auch für einen möglichen Inselbetrieb oder die Schwarzstartfähigkeit ausgelegt werden. Auch diese Dienstleistungen haben einen potenziellen Wert für das Gesamtsystem, der heute noch nicht verifiziert und entsprechend auch nicht erschlossen ist. Im Bereich der Umsetzung technischer Lösungen für Freiflächen-Solarkraftwerke besteht weiterhin erheblicher Forschungsbedarf. 63 6 Fazit und Handlungsoptionen (1) Die Ergebnisse der regionalen Kostenanalyse für erneuerbare Energien verdeutlichen, dass die Photovoltaik insgesamt und die Freiflächen-Solarkraftwerke im Speziellen in Deutschland eine wettbewerbsfähige erneuerbare Energiequelle darstellt. Insbesondere in Süddeutschland sind FreiflächenSolarkraftwerke langfristig sogar die günstigste erneuerbare Energietechnik. (2) Im Rahmen der politischen Entscheidungen zur Energiewende sollte daher die Photovoltaik-Freifläche auch unter regionalen Kostengesichtspunkt neu bewertet werden. Insgesamt ist, vor dem Hintergrund der zeitnah zu erwartenden Kostenreduktion, die absolute Deckelung des unterstützen PVZubaus auf 52 GW zu prüfen. Während durch Eigenverbrauchsmodelle bei privaten oder gewerblichen Dachanlagen die weg fallende EEG-Vergütung nach heutiger Rechtsauslegung kompensiert werden kann und damit Dachanlagen weiterhin wirtschaftlich betrieben werden können, sollte insbesondere für die Freifläche die Fortführung von Fördermodellen in Erwägung gezogen werden. Dabei könnte eine Differenzierung des jährlichen zugebauten Marktvolumens nach Aufdach- und Freiflächen-Solarkraftwerken helfen. Bei einer Unterscheidung zwischen dem Zubau von Aufdachanlagen und Freiflächen-Solarkraftwerken können die Vergütungssätze für Freiflächen-Solarkraftwerken unabhängig von der Entwicklung des Marktvolumens von Aufdachanlagen längerfristig in einem wirtschaftlich sinnvollen Korridor gehalten werden. (3) Freiflächen-Solarkraftwerke sind bei der aktuell geltenden rechtlichen Grundlage ab dem Jahr 2014 nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Zusätzlich beschränken die Maximalleistung von 10 MW und die Standortfestlegung auf Konversionsflächen und angrenzende Infrastrukturflächen die Ausnutzung des gesamten Kostensenkungspotenzials. (4) Ein höherer Anteil an Freiflächen-Solarkraftwerken kann vor allem in den Regionen 3 und 4 dazu beitragen, die Kosten des erneuerbaren Strommixes deutlich zu reduzieren. Insbesondere für Bayern und Baden-Württemberg sinken somit die Kostendifferenzen zu den zu den mittleren Stromgestehungskosten in den nördlichen Bundesländern. (5) Die hier vorgelegte vergleichende Studie zeigt ebenso deutlich, dass erneuerbare Technologien in der mittelfristigen 64 Perspektive bezogen auf die reinen Gestehungskosten wettbewerbsfähig im Vergleich zum Neubau konventioneller Techniken werden, wenn deren Stromgestehungskosten unter der Berücksichtigung von CO 2 -Kosten simuliert werden. Die absehbaren Kostenentwicklungen insbesondere bei Windenergie und Photovoltaik haben sich dabei in den letzten Jahren nochmals deutlich beschleunigt und werden bereits vor dem Jahr 2020 dazu führen, dass deren Stromgestehungskosten unterhalb der Gestehungskosten von beispielsweise Erdgas- und SteinkohleKraftwerken liegen. Unzureichend gelöst sind jedoch weiterhin die Fragen der Regelbarkeit, Systemintegration und Speicherbarkeit der Erzeugung. Die Entwicklungen in diesem Bereich der Energiewende verlaufen derzeit deutlich langsamer, als die dynamische Kostenentwicklung und der damit verbundenen Mengenentwicklung der erneuerbaren Energien im deutschen Stromsystem. (6) Der Fokus der politischen Diskussion muss daher zwingend, neben der reinen Kostendegression bei den erneuerbaren Technologien, verstärkt auch auf systemische Aspekte gelegt werden. Zentrale Fragen der Diskussion müssen sein: • Wie können hohe Anteile erneuerbarer Energieträger auf unterschiedlichen Ebenen des Gesamtsystems integriert werden? • Wie können die erneuerbaren Energieträger über Portfoliooder Speicherentwicklungen die Regelfähigkeit und Speicherbarkeit der konventionellen Technologien nachbilden? (7) Speziell für diese Fragestellungen müssen erneuerbare Energien zukünftig technische Antworten liefern. Erste positive Tendenzen sind bereits erkennbar. So sind beispielsweise Freiflächen-Solarkraftwerke technisch in der Lage, Systemdienstleistungen (Blindleistungsbereitstellung, bzw. Kompensation, Schwarzstartfähigkeit, etc.) für das Gesamtsystem zu erbringen. Die Weiterentwicklung der Fördersysteme für erneubare Energien im Allgemeinen und die Photovoltaik-Freifläche im Speziellen sollte unter den Gesichtspunkten der Systemintegration und Abbildung hoher Verfügbarkeiten weiter entwickelt werden. (8) Im Vergleich zu Südeuropa wird deutlich, dass durch das signifikant gesunkene Kostenniveau der PV-Technik, insbesondere im Bereich der Freiflächen-Solarkraftwerke, keine wirtschaftlichen Vorteile darin bestehen Solarstrom in Südeuropa 65 zu erzeugen und nach Deutschland zu transportieren. Hierfür sind die Kosten für den gerichteten Stromtransport über Hochspannungsgleichstromtrassen mit mindestens 2,5 Cent/kWh bis 4 Cent/kWh deutlich zu hoch. Diese Analyse bestätigt somit auf europäischer Ebene das, was in Deutschland ebenfalls gilt: Strom aus Photovoltaikanlagen und insbesondere FreiflächenSolarkraftwerken ist mittlerweile so kostengünstig verfügbar, dass ein weiträumiger Transport kaum wirtschaftlich sinnvoll ist. Die verbrauchsnahe Stromerzeugung muss auch bei FreiflächenSolarkraftwerken im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Natürlich muss der verbrauchsnahe Ausbau der Freiflächen-Solarkraftwerke im Verhältnis zum regionalen Strombedarf stehen. Hierzu wäre es wünschenswert wenn die Genehmigung der FreiflächenSolarkraftwerke ähnlich wie andere Stromerzeugungsanlagen im Konsens zwischen Investor und regionalen Planungsbehörden ohne globale politische Vorgaben erfolgen würde. Dadurch könnte der Ausbau anhand regionaler Netzkapazitäten und Verbrauchsstrukturen durch kommunale Instanzen gesteuert werden. 66 Exkurs: Einordung der Ergebnisse im Vergleich zur Agora-Studie „Kostenoptimaler Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland“ (1) Ein Vergleich der technologiespezifischen Stromgestehungskosten – und daraus abgeleitet die Frage, welcher regionale Technologiemix volkswirtschaftlich am kosteneffizientesten ist – wird im Wesentlichen von der Güte der zugrunde liegenden Prämissen bestimmt. Abweichungen, wie z.B. bei den anzusetzenden Investitionskosten, lassen die Ergebnisse stark variieren. (2) In der im Mai 2013 von der Agora Energiewende veröffentlichten Studie „Kostenoptimaler Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland“ wurden erstmalig in ausführlicher Weise die Kostenunterschiede zwischen der verbrauchsnahen und der erzeugungsoptimalen Ausgestaltung des zukünftigen deutschen Kraftwerksparks untersucht. Ausgangspunkt der Studie sind die im Netzentwicklungsplan Strom 2013 angesetzten Energiemengen, die durch erneuerbare Energie bereitgestellt werden. In der AgoraStudie wurden sowohl die Kosten für den Ausbau der erneuerbaren Energien berücksichtigt als auch der Ausbau der Übertragungs- und Verteilnetze sowie der Einsatz der fossilthermischen Kraftwerke zur Absicherung der fluktuierenden Einspeisung. Die Agora-Studie kam zu dem Ergebnis, dass zwar der Zubau von erneuerbaren Energien an den besten Standorten zu 0,6 Milliarden Euro pro Jahr geringeren Erzeugungskosten führt als der verbrauchsnahe Zubau von erneuerbaren Energien. Dieser Effekt wird jedoch abgemildert durch die im Vergleich zur verbrauchsnahen Erzeugung höheren Kosten von 0,5 Milliarden Euro pro Jahr, welche durch den veränderten Einsatz der fossilthermischen Kraftwerke entstehen. (3) Bei der Interpretation dieser Ergebnisse ist zu beachten, dass die Berechnungen beide Szenarien auf Kostenannahmen zu den erneuerbaren Technologien beruhen, die im Wesentlichen eine Weiterentwicklung der Annahmen zur Leitstudie 2011 darstellen. Die Annahmen zur Entwicklung der Kosten für erneubare Technologien unterscheiden sich jedoch teilweise signifikant zu den Annahmen in dieser Studie, die auf aktuellen Markteinschätzungen beruhen und für deren reale Entwicklung bis zum zweiten Investitionszeitpunkt 2035 ebenfalls aktuelle Experteneinschätzungen die Grundlage bilden. Für Photovoltaik zeigen die aktuellen Kostenentwicklungen in Deutschland beispielsweise niedrigere Werte, für die Windtechnologien jedoch höhere Werte. 67 (4) Die absoluten Kostenannahmen bilden jedoch unserer Einschätzung nach eine sehr sensitive Eingangsgröße für die in der Studie gezeigten Aussagen ab. Unterschiedliche Investitionskostenannahmen spiegeln sich direkt in veränderten regionalen Stromgestehungskosten wider. Dies wiederum hat unmittelbaren Einfluss auf die Tatsache wie viel Stromtransport und Systemintegration für ein vergleichbares Gesamtkostenniveau zusätzlich kosten dürfen. (5) Die folgende schematische Darstellung zum Einfluss der absoluten Kostenannahmen zeigt diesen Unterschied schematisch. Angenommen, wie im linken Abschnitt der Darstellung gezeigt, ein Energieträger wie die Photovoltaik kostet in Norden in der Region 1 in der Erzeugung 10 Cent/kWh, im Süden, in Region 4 jedoch lediglich 8 Cent/kWh, also 20 % weniger, dann besteht eine wirtschaftliche Differenz zwischen den beiden Erzeugungsregionen von 2 Cent/kWh. (6) Diese 2 Cent/kWh dürften aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive ausgegeben werden um den Transport des Energieträgers von Süd nach Nord und die Systemintegration und –absicherung zu finanzieren. Unterstellt man jährlich ein Transportvolumen von 20 TWh und eine Verzinsung der Investitionen im Mittel von 7%, dann dürften gerechnet über einen Zeitraum von 40 Jahren 5,7 Mrd. Euro investiert werden. Dies entspricht dem Netto-Barwert der Differenz über 40 Jahre. Würde das Kostenniveau der Photovoltaik jedoch nur halb so hoch sein, beträgt, wie auf der rechten Seite dargestellt, die relative Kostendifferenz weiterhin 20 %. Die absolute Kostendifferenz halbiert sich jedoch im Vergleich zu den vorherigen Annahmen. Dadurch reduziert sich folglich auch der Nettobarwert der tolerierbaren Mehrinvestitionen für Transport, konventionellen Back-up und Systemintegration, um das Ergebnis der AgoraStudie zu halten. Als Verifikation der ausgeführten Arbeiten in der Agora-Studie wäre eine Prüfung der Sensitivität der Ergebnisse bezüglich unterschiedlicher Kostenentwicklungspfade einzelner EETechniken folglich wünschenswert. 68 Abbildung 12: Schematische Analyse der Zusammenhänge zwischen absoluten Kostenniveaus der erneuerbaren Energien und sinnvollen Investitionen in das Transportsystem Fiktive Kosten EE-Technik Region 1 10 Cent/kWh 5 Cent/kWh Volkswirtschaftlicher Kostenspielraum für gerichteten Transport 2 Cent/kWh 1 Cent/kWh Netto-Barwert einer volkswirtschaftlich sinnvollen Investition 5,70 Mrd. Euro 2,85 Mrd. Euro 8 Cent/kWh 4 Cent/kWh Fiktive Kosten EE-Technik Region 4 Quelle: Prognos AG, eigene schematische Darstellung 69