Entwicklung von Stromproduktionskosten

Transcription

Entwicklung von Stromproduktionskosten
Expertise
Entwicklung von
Stromproduktionskosten
Die Rolle von Freiflächen-Solarkraftwerken in der Energiewende
Im Auftrag der
BELECTRIC
Solarkraftwerke GmbH
Ansprechpartner
Frank Peter
Mitarbeiter
Leonard Krampe
Inka Ziegenhagen
Berlin, 10. Oktober 2013
Das Unternehmen im Überblick
Geschäftsführer
Christian Böllhoff
Präsident des Verwaltungsrates
Gunter Blickle
Handelsregisternummer
Berlin HRB 87447 B
Rechtsform
Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht
Gründungsjahr
1959
Tätigkeit
Prognos berät europaweit Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik. Auf Basis neutraler Analysen
und fundierter Prognosen werden praxisnahe Entscheidungsgrundlagen und Zukunftsstrategien für
Unternehmen, öffentliche Auftraggeber und internationale Organisationen entwickelt.
Arbeitssprachen
Deutsch, Englisch, Französisch
Hauptsitz
Prognos AG
Henric Petri-Str. 9
CH-4010 Basel
Telefon +41 61 3273-310
Telefax +41 61 3273-300
[email protected]
Weitere Standorte
Prognos AG
Goethestr. 85
D-10623 Berlin
Telefon +49 30 52 00 59-210
Telefax +49 30 52 00 59-201
Prognos AG
Wilhelm-Herbst-Str. 5
D-28359 Bremen
Telefon +49 421 51 70 46-510
Telefax +49 421 51 70 46-528
Prognos AG
Science 14 Atrium; Rue de la Science 14b
B-1040 Brüssel
Telefon +32 2808-7209
Telefax +32 2808-8464
Prognos AG
Schwanenmarkt 21
D-40213 Düsseldorf
Telefon +49 211 91316-110
Telefax +49 211 91316-141
Prognos AG
Nymphenburger Str. 14
D-80335 München
Telefon +49 89 954 1586-710
Telefax +49 89 954 1586 288-710
Prognos AG
Friedrichstr. 15
D-70174 Stuttgart
Telefon +49 711 3209-610
Telefax +49 711 3209-609
Internet
www.prognos.com
Inhalt
Ergebnisüberblick
4
1
Aufgabenstellung und Vorgehensweise
5
1.1
1.2
1.3
5
6
8
2
Kosten der Stromerzeugung für einzelne Erzeugungstechnologien im
regionalen Vergleich
2.1
2.2
2.3
2.4
3
4
13
14
16
19
20
23
26
27
30
32
33
37
40
43
3.1
3.2
3.3
43
45
Die Stromgestehungskosten der Erzeugungstechnologien im Vergleich
Die Wirtschaftlichkeit von Freiflächen-Solarkraftwerken im Jahr 2015
Der Einfluss von Freiflächen-Solarkraftwerken auf die Kosten des
erneuerbaren Strommixes
Wettbewerbsfähigkeit von Freiflächen-Solarkraftwerken in Deutschland im
Vergleich zu Süd-Europa
4.2
6
Photovoltaik
2.1.1
Dachsystem
2.1.2
Freifläche
Windenergie
2.2.1
Onshore
2.2.2
Offshore
Bioenergie
2.3.1
Biogas
2.3.2
Biomasse
Konventionelle Energieträger
2.4.1
Erdgas
2.4.2
Steinkohle
2.4.3
Braunkohle
13
Ergebnisse aus der Analyse der Stromgestehungskosten
4.1
5
Aufgabenstellung
Hintergrund zu Freiflächen-Solarkraftwerken
Vorgehensweise
48
51
Annahmen und Stromgestehungskosten zu Solarkraftwerken in Spanien,
Italien und Griechenland
51
Annahmen und Stromtransportkosten aus Spanien, Italien und Griechenland
nach Deutschland
53
Systemintegration von Freiflächen-Solarkraftwerken
58
5.1
5.2
58
61
Verringerte Netzbelastung
Potenzielle Bereitstellung von Systemdienstleistungen
Fazit und Handlungsoptionen
Exkurs: Einordung der Ergebnisse im Vergleich zur Agora-Studie
„Kostenoptimaler Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland“
64
67
3
Ergebnisüberblick
Die vorliegende Studie hat die Kostenentwicklung von
verschiedenen konventionellen und erneuerbaren
Stromerzeugungstechniken in unterschiedlichen geographischen
Regionen Deutschlands bewertet und miteinander verglichen.
Vertieft wurde die Rolle der Freiflächen-Solarkraftwerke in
Deutschland im Kontext der Energiewende analysiert. Es wird
deutlich, dass Freiflächen-Solarkraftwerke einen kostengünstigen
und technisch wertvollen Beitrag zur Stromerzeugung leisten
können, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen hierzu
geschaffen werden. Die zentralen Ergebnisse der Studie im
Einzelnen sind:

Freiflächen-Solarkraftwerke sind bereits heute in einigen
Regionen Deutschlands und insbesondere in Süddeutschland
die günstigste Erneuerbare-Energien-Technik zur
Stromerzeugung.

Ein höherer Anteil an Freiflächen-Solarkraftwerken wird die
Kosten der erneuerbaren Stromerzeugung insbesondere in
Süddeutschland deutlich senken.

Mittelfristig werden Freiflächen-Solarkraftwerke bezogen auf
die reinen Stromgestehungskosten günstiger sein als
Steinkohle- und Erdgasstromerzeugung.

Die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen sind jedoch
nicht dafür geeignet, Freiflächen-Solarkraftwerke ab 2014 in
Deutschland wirtschaftlich betreiben zu können.

Die deutlich sinkenden Kosten für erneuerbare Energien
insgesamt und Freiflächen-Solarkraftwerke im Speziellen
senken den absoluten Kostenvorteil von ertragreichen
Standorten im Vergleich zu weniger ertragreichen Standorten.
Ein gerichteter Stromtransport aufgrund von
Kostenunterschieden zwischen einzelnen Regionen wird
folglich wirtschaftlich weniger attraktiv.

Freiflächen-Solarkraftwerke bieten neben niedrigen Kosten
auch die Möglichkeit, durch optimierte DC-AC-Faktoren die
Netzbelastung durch verminderte Einspeisespitzen zu senken.

Freiflächen-Solarkraftwerke können technische Systemdienstleistungen für das Stromnetz erbringen. Hierfür müssen
entsprechende Marktbedingungen geschaffen werden.

Bei dem heute absehbaren Kostenniveau von FreiflächenSolarkraftwerken in Deutschland ergeben sich unter der
Berücksichtigung der Transportkosten keine wirtschaftlichen
4
Vorteile für die Alternative, Freiflächen-Solarkraftwerksstrom
aus Südeuropa nach Deutschland zu importieren. Die absolut
sinkenden Kosten für solar erzeugten Strom erhöhen die
Attraktivität der verbrauchsnahen Erzeugung.
1
Aufgabenstellung und Vorgehensweise
1.1 Aufgabenstellung
(1) Die BELECTRIC Solarkraftwerke GmbH hat Prognos im
April 2013 mit der Frage beauftragt, die Rolle der PhotovoltaikFreiflächen-Kraftwerke für die künftige Energieversorgung
Deutschlands und insbesondere Bayerns näher zu beleuchten. Die
aktuell gültigen gesetzlichen Rahmenbedingungen begrenzen die
Förderung von Photovoltaik-Freiflächen-Anlagen auf eine Größe
von 10 MW und definierte Konversionsflächen und auf an
Infrastruktur angrenzende Seitenstreifen. Als Folge dessen steigen
die Kosten für diese Art der Stromerzeugung. In Verbindung mit
erheblich sinkenden EEG-Einspeisevergütungen für Freiflächen
ergeben sich dadurch für die Photovoltaik-Freifläche schwierige
wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Darüber hinaus ermöglichen
nach dem Erreichen des absoluten Deckels von 52 GW
Eigenverbrauchsmodelle nur in absoluten Ausnahmefällen weitere
wirtschaftliche Investitionen. Der Zubau von PhotovoltaikFreiflächen wäre nach aktuell gültiger Rechtslage damit praktisch
beendet.
(2) Ziel dieser Studie ist es, die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit
der Freiflächen-Solarkraftwerke in Deutschland zu untersuchen.
Dafür werden in Kapitel 2 die regionsspezifischen Kosten der
Stromproduktion (Stromgestehungskosten) für konventionelle und
erneuerbare Erzeugungstechnologien ermittelt und zu einander in
Beziehung gesetzt. Für erneuerbare Techniken werden zunächst
Kosten für den Inbetriebnahmezeitpunkt 2015 analysiert und über
20 Jahre betrachtet. Um den Vergleich der Stromgestehungskosten mit den konventionellen Technologien Kohle und Gas
führen zu können, die in der Regel wirtschaftlich technische
Lebensdauern von 40 Jahren und mehr aufweisen, wird für die
erneuerbaren Anlagen ein zweiter Investitionszyklus ab dem Jahr
2035 berücksichtigt. Für die Freiflächen-Solarkraftwerke werden
diesbezüglich Rahmenbedingungen unterstellt, die die aktuellen
Begrenzungen und dadurch entstehenden Mehrkosten
ausklammern. Kapitel 3 fasst die wesentlichen Ergebnisse dieser
Analysen zusammen.
In Kapitel 4 wird die Frage beantwortet, ob die Stromproduktion mit
Solarkraftwerken in Südeuropa unter Berücksichtigung der
Transportkosten einen Vorteil gegenüber der Stromerzeugung in
5
Deutschland hat. In Kapitel 5 wird der Nutzen der FreiflächenSolarkraftwerke hinsichtlich ihrer Wirkung im Netz betrachtet.
Neben dem Aspekt der Vermeidung von Einspeisespitzen werden
auch mögliche Beiträge zur Systemstabilität im Verteilnetz
skizziert.
1.2 Hintergrund zu Freiflächen-Solarkraftwerken
(1) Bei einem Freiflächen-Solarkraftwerk handelt es sich um
eine PV-Anlage großen Maßstabs, die nicht auf Gebäuden,
sondern auf dem Boden errichtet wird. Dafür werden die Module
auf Gestellen befestigt. Die installierte Leistung von FreiflächenSolarkraftwerken reicht je nach verfügbarer Fläche von mehreren
hundert Kilowatt bis zu derzeit über 100 Megawatt.
Generell besteht jedoch keine technische Größenlimitierung eines
solchen Kraftwerkes. Nach den Rahmenbedingungen des derzeit
aktuellen EEG 2012 erhalten nur Anlagen bis zu einer Größe von
10 MW eine Vergütung, die auf bereits versiegelten Flächen,
sogenannten Konversionsflächen, installiert werden. Bei
Konversionsflächen handelt es sich beispielsweise um ehemalige
militärisch genutzte Flächen oder Tagebaugebiete bzw.
Deponieflächen. Desweiteren können auch Flächen neben
Autobahnen und Schienenwegen in einem seitlichen Abstand von
110 Metern genutzt werden. Anlagen, die auf Ackerflächen
installiert werden, erhalten seit dem Jahr 2010 keine Vergütung
mehr. Die Weiterentwicklung des EEG hat seit dem Jahr 2009
somit kontinuierlich zu einer Verschlechterung der
Rahmenbedingungen für Freiflächen-Solarkraftwerke geführt. Die
folgende Abbildung zeigt ein Freiflächen-Solarkraftwerk auf einem
ehemaligen Militärflughafen in Templin mit knapp 130 MW, das
unter den heute geltenden Rahmenbedingungen so nicht mehr
realisiert werden könnte.
6
Abbildung 1:
Freiflächen-Solarkraftwerk in Templin
Quelle: BELECTRIC
(2) Ein Freiflächen-Solarkraftwerk besteht aus einer Vielzahl von
PV-Modulen, die auf einem Unterbau bzw. auf Gestellen montiert
und zur Sonne hin ausgerichtet werden. Die Module werden an
Wechselrichter angeschlossen, um die produzierte
Gleichspannung in Wechselspannung umzuwandeln. Je nach
Anzahl der installierten Module und der Kapazität der einzelnen
Wechselrichter werden mehrere Wechselrichter benötigt. Diese
benötigen wiederum einen Netzanschluss, um den produzierten
Strom ins Netz einspeisen zu können.
Die Gestelle von Freiflächen-Solarkraftwerken werden in der Regel
ohne Fundament oder nur mit punktuellen Fundamenten im
Erdreich verankert. Aus diesem Grund wird trotz der hohen
Flächeninanspruchnahme der Boden kaum versiegelt. Auch die
Wechselrichter stehen in der Regel auf Gestellen. Zwischen den
einzelnen Reihen der Module kann sich somit ungehindert
Vegetation ausbreiten. Diese wird üblicherweise zweimal pro Jahr
gemäht, damit die Module nicht durch den Pflanzenwuchs
verschattet werden.
(3) Von den derzeit rund 32 GW installierten PV-Anlagen in
Deutschland besitzen rund 25 % eine Kapazität von über 1 MW.
Zunehmend werden jedoch auch Dachanlagen in der
Megawattklasse realisiert, so dass erst ab einer Peak-Leistung von
7
mehr als 3 MW mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Freifläche
ausgegangen werden kann. Anlagen mit über 3 MW installierter
Leistung haben einen Anteil von rund 20 % an der insgesamt
installierten PV-Leistung in Deutschland. Durch die starke
Absenkung der Vergütungssätze und die restriktiven
Flächenbeschränkungen wurden in den letzten Monaten jedoch
immer weniger Freiflächen-Anlagen ans Netz angeschlossen.
Zudem führt die monatliche Vergütungsabsenkung bei den
Freiflächen-Solarkraftwerken mit etwa einem Jahr Projektvorlauf
bis zur Inbetriebnahme zu einer Verschlechterung der
Planungssicherheit.
Aktuell sinkt Monat für Monat die in Betrieb genommene Leistung
von Anlagen mit einer Kapazität von mehr als 3 MW.
1.3 Vorgehensweise
(1) Mit Hilfe der spezifischen Stromgestehungskosten (€/MWh)
können die Kosten der Stromerzeugung unterschiedlicher
Erzeugungstechnologien, aber auch innerhalb einer
Erzeugungstechnologie unterschiedliche Projekte verglichen
werden. Dabei handelt es sich um die finanzmathematischen
Durchschnittskosten über den Nutzungszeitraum der
Erzeugungsanlage. Für die Analyse der Stromgestehungskosten
(LCOE) im regionalen Vergleich wird folgender Ansatz verwendet:
𝐿𝐶𝑂𝐸 =
LCOE
I0
At
M el
i
n
t
𝐴𝑡
(1 + 𝑖)𝑡
𝑀𝑒𝑙
∑𝑛𝑡=1
(1 + 𝑖)𝑡
𝐼0 + ∑𝑛𝑡=1
Levelized Cost of Energy/Stromgestehungskosten in
Euro/MWh
Investitionsausgaben in Euro
Jährliche Gesamtkosten in Euro im Jahr t
Produzierte Strommenge im jeweiligen Jahr in MWh
Realer kalkulatorischer Zinssatz in % (hier WACC)
Wirtschaftliche Nutzungsdauer
Jahr der Nutzungsperiode (1, 2, …n)
Die LCOE werden bei dieser Berechnung gebildet aus der Summe
der Barwerte der jährlichen Gesamtkosten und den
Investitionsausgaben dividiert durch den Barwert der gesamten
Stromerzeugung über die Nutzungsdauer. Je nach betrachteter
Erzeugungsart variieren die Eingangsgrößen.
(2) Zu den Investitionsausgaben können sämtliche Kosten
gezählt werden, die im Vorfeld der Investitionsentscheidung –
8
beispielsweise durch Genehmigungen und Zertifizierung – und
während der gesamten Errichtungsphase anfallen. Je nach
Erzeugungstechnologie und Projekt variieren dabei die Anteile
zwischen Genehmigungskosten, Kosten der Technik und
Installationskosten. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die in
dieser Studie dargestellten Investitionskosten sich ausschließlich
auf Neuinvestitionen beziehen. Dieses gilt es bei der Interpretation
der Ergebnisse zu berücksichtigen.
Die jährlichen Gesamtkosten beinhalten sämtliche fixe und
variable Betriebskosten. Fixe Betriebskosten fallen unabhängig
vom Betrieb der Anlage und der Nutzungsdauer an. Dazu zählen
beispielsweise Personalkosten, Versicherungspolicen, Kosten für
Miete und Pacht und Teile der Wartungskosten.
Die variablen Kosten fallen maßgeblich während des Betriebs an
und steigen mit zunehmender Nutzungsdauer der Anlage. Zu den
variablen Betriebskosten werden vor allem die Brennstoffkosten,
aber auch die bei der Nutzung fossiler Brennstoffe anfallenden
CO 2 -Kosten sowie laufzeitabhängige Wartungskosten gezählt.
(3) Die im jeweiligen Jahr produzierte Strommenge wird von
verschiedenen Faktoren beeinflusst: Während
dargebotsabhängige erneuerbare Energien, wie Wind und PV, von
den meteorologischen Gegebenheiten abhängig sind, ist die
Einsatzplanung konventioneller Kraftwerke v.a. bestimmt durch
das Preisniveau auf dem Großhandelsmarkt. Das derzeitige
System im Strommarkt orientiert sich an der sogenannten MeritOrder, der Einsatzreihenfolge der benötigten Kraftwerke. Diese
wird durch die einzelnen Grenzkosten der am Strommarkt
teilnehmenden Kraftwerke bestimmt. Ein Kraftwerk wird
dementsprechend nur eingesetzt, wenn der aktuelle Strompreis an
der Börse mindestens den Grenzkosten dieser Anlage entspricht.
Mit steigendem Anteil grenzkostenfreier erneuerbarer Energien im
Stromsystem ist allerdings davon auszugehen, dass der
Großhandelsstrompreis in Zukunft tendenziell auf einem
niedrigeren Niveau liegen wird als bislang. Dadurch werden
konventionelle Kraftwerke in Zukunft pro Jahr weniger Strom
produzieren als es in den letzten Jahren der Fall gewesen ist.
Darüber hinaus kann bei Photovoltaikanlagen aufgrund der
Degradation der Anlage mit einem leichten Rückgang der
jährlichen produzierten Strommenge gerechnet werden.
(4) Der reale kalkulatorische Zinssatz, mit dem die jährlichen
Betriebskosten und die Stromerzeugung abdiskontiert werden,
wird in der vorliegenden Studie durch den gewichteten
Kapitalkostensatz bzw. WACC (weighted average cost of capital)
dargestellt. Der WACC bildet sich dabei wie folgt aus den Anteilen
und Renditen für Fremdkapital (FK) und Eigenkapital (EK):
9
𝑊𝐴𝐶𝐶 = 𝐹𝐾Anteil*FKRendite + EKAnteil*EKRendite
Je nach Art der Investition und der Erzeugung können die
Bestandteile der WACC-Berechnung stark variieren. Projekte wie
kleine PV-Anlagen im privaten Sektor können zum Teil einen sehr
hohen Anteil an Eigenkapital und damit wenig Fremdkapital
aufweisen. Investitionen in Solar- und Onshore-WindGroßkraftwerke und Offshore-Windparks, bei denen nicht selten
das Investitionsvolumen im Bereich von mehreren Hundert
Millionen Euro liegt, weisen in der Regel einen deutlich niedrigeren
Anteil von Eigenkapital im Bereich von 30 % bis 40 % auf.
Dementsprechend steigt der Fremdkapitalanteil bei solchen
Projekten stark. Ähnlich verhält es sich mit den
Renditeanforderungen. Grundsätzlich gilt: Je risikoreicher ein
Projekt ist, desto höher ist die in der Projektkalkulation
anzusetzende Renditeerwartung.
Die FK-Rendite wird bestimmt durch die marktüblichen
Einstandszinsen und die projektspezifische Risikoaufschläge in
Form der Marktmarge. Die EK-Rendite wird darüber hinaus noch
durch die Renditeerwartungen alternativer Anlageformen
beeinflusst. So muss ein Investor vorab bestimmen, wie hoch die
Verzinsung bzw. der Rückfluss des eingesetzten Kapitals in
möglichen, alternativen Projekten bzw. Investitionen ist. Bei
Investitionen im Bereich der Energieerzeugung liegt wie auch bei
anderen Investitionen die EK-Rendite üblicherweise über der FKRendite. Bei privaten Haushalten mit kleinen PV-Anlagen spielen
diese Opportunitätsberechnungen eine weniger starke Rolle.
Derzeit sind die Zinsen risikoarmer Finanzprodukte auf einem sehr
niedrigen Niveau, so dass eine Eigenkapitalrendite im mittleren
einstelligen Bereich völlig ausreichen dürfte, um eine positive
Investitionsentscheidung zu treffen. Zusammengefasst bedeutet
dies, dass der WACC in unseren Berechnungen je nach
Erzeugungsart und auftretendem Risiko unterschiedlich ausfallen
wird.
(5) Die wirtschaftliche Nutzungsdauer hängt ebenfalls von der
betrachteten Erzeugungsart ab. Fossile Großkraftwerke weisen in
der Regel eine Lebensdauer von rund 40 Jahren auf. Die
Lebensdauer von Erneuerbare-Energien-Anlagen liegt hingegen in
der Regel zwischen 20 und 25 Jahren. In Abhängigkeit von den
Wartungskosten und den zu erzielenden Erträgen können EEAnlagen auch länger als 20 oder 25 Jahre betrieben werden. Die
realen Stromgestehungskosten sind nicht gleichzusetzen mit den
für die Wirtschaftlichkeit von Projekten erforderlichen Vergütungshöhen beispielsweise aus dem EEG. Die Vergütungssätze im EEG
sind nominaler Natur, wohingegen die Stromgestehungskosten
real, d.h. inflationsbereinigt, berechnet werden.
10
(6) Um die unterschiedlichen klimatischen und räumlichen
Rahmenbedingungen – wie Windertrag, radiale Strahlung und
transportabhängige Brennstoffkosten – der einzelnen Regionen in
Deutschland sachgerecht zu berücksichtigen, werden die
Stromgestehungskosten in der vorliegenden Untersuchung für
jeweils vier verschiedene Zonen ausgewiesen. Prinzipiell können
regionale Daten auch noch kleinteiliger aufgelöst werden. Für die
hier angefertigte Studie soll jedoch die Einteilung in vier
wesentliche Zonen genügen (mit Ausnahme von Wind Offshore
und Bioenergie). Die weiter unten ausgewiesenen Daten und
Berechnungsergebnisse sind demzufolge jeweils als Mittelwerte
für eine bestimmte Region zu verstehen.
•
Region 1 ist in unserer Abgrenzung das Gebiet nördlich
von Bremen mit dem höchsten Windenertrag und im
Durchschnitt, mit Ausnahme der Inseln, geringsten
Solarertrag. Mit Ausnahme der Ballungszentren Hamburg
und Bremen existieren in dieser Region tendenziell weniger
große Verbrauchszentren für Strom.
•
In der Region 2, die große Teile Niedersachsens,
Brandenburgs und Sachsen-Anhalts umfasst, herrschen
aufgrund geringer topografischer Höhen auch immer noch
sehr gute Windgeschwindigkeiten. Die Region umfasst
zudem aus energiewirtschaftlicher Sicht die bedeutenden
Braunkohlereviere in Brandenburg, Sachsen, SachsenAnhalt und Nordrhein-Westphalen. In der Region 2 liegt mit
der Rhein-Ruhr-Region das größte Stromverbrauchszentrum in Deutschland.
•
Region 3 liegt zwischen den Linien Köln-Dresden und
Karlsruhe-Regensburg und umfasst die größten Teile von
Hessen, Thüringen, das südliche Sachsen, RheinlandPfalz, Saarland und die nördlichen Teile von BadenWürttemberg und Bayern. Diese Region ist komplett
durchzogen von Mittelgebirgen, weshalb aufgrund der
topografischen Gegebenheiten die mittleren Windgeschwindigkeiten spürbar geringer ausfallen, als in den
Regionen 1 und 2. Darüber hinaus liegen in dieser Region
weitere Braunkohlereviere im Rheinland und in Sachsen.
Mit dem Rhein-Main-Gebiet Ludwigshafen/Mannheim und
dem Großraum Nürnberg existieren in dieser Region einige
größere Verbrauchszentren für Strom.
•
Region 4 liegt südlich der Linie Karlsruhe-Regensburg und
beinhaltet somit die südlichen Teile von Bayern und BadenWürttemberg. In dieser Region herrschen die schlechtesten
mittleren Windgeschwindigkeiten, jedoch können aufgrund
der südlichen Lage die höchsten Solarerträge in
Deutschland erzielt werden. Gleichzeitig befinden sich viele
11
große Stromverbrauchszentren wie beispielsweise
München, Stuttgart und Ingolstadt in dieser Region.
Abbildung 2:
Regionale Einteilung Deutschlands
Region 1
Region 2
Region 3
Region 4
Quelle: Prognos AG
12
2
Kosten der Stromerzeugung für einzelne
Erzeugungstechnologien im regionalen
Vergleich
(1) Um die Stromgestehungskosten der einzelnen
Erzeugungstechnologien berechnen zu können, müssen – wie in
Kapitel 1.3 dargestellt – diverse Annahmen zu Investitions- und
Betriebskosten, zur jährlichen Energieerzeugung, zu
Finanzierungsmodalitäten, Brennstoffpreisen und CO 2 -Emissionen
getroffen werden. Ziel dieses Kapitels ist eine detaillierte
Beschreibung dieser Annahmen und die Berechnung der
regionalen Stromgestehungskosten für die erneuerbaren und die
konventionellen Energieträger. Da die wirtschaftliche Lebensdauer
konventioneller Kraftwerke in der Regel rund 40 Jahre beträgt, die
Lebensdauer der erneuerbaren Energien aber zumeist mit 20
Jahren angegeben wird, werden in dieser Studie die
Stromgestehungskosten der erneuerbaren Energien über 40 Jahre
mittels zweier Investitionszyklen am selben Standort berechnet.
Der erste Investitionszeitpunkt in dieser Berechnung ist im Jahr
2015, der zweite im Jahr 2035. Dadurch können die
Stromgestehungskosten der konventionellen Energieträger mit
denen der erneuerbaren verglichen werden. Aus heutiger Sicht ist
es natürlich möglich, dass einzelne Anlagen eine längere
Anlagenlebensdauer als 20 Jahre aufweisen können. Solange die
Anlage nach 20 Jahren noch genügend Strom erzeugen kann,
ohne dass die Betriebs- und Reparaturkosten die Erträge
übersteigen, ist es oftmals sinnvoll, die Anlage nicht stillzulegen.
2.1 Photovoltaik
(1) In den vergangen 5 Jahren hat vor allem der Ausbau von
PV-Anlagen in Deutschland stark zugenommen. Allein in den
Jahren 2011 und 2012 erhöhte sich die installierte PV-Leistung in
Deutschland jeweils um 7,5 GW auf über 30 GW kumulierter
Leistung. Begleitet (und begünstigt) wurde dieser
Kapazitätszuwachs von einem starken Preisverfall kristalliner PVModule – vor allem auf dem asiatischen Markt. In den
vergangenen zwei Jahren haben sich hier die Modulkosten um
über 50 % reduziert.
Die Preisentwicklung europäischer Module verlief in einer
ähnlichen Größenentwicklung. Allerdings sind insbesondere durch
höhere Faktorkosten diese Module derzeit immer noch rund 30 %
bis 40 % teurer als die asiatischen Modelle. Die kürzlich von der
EU-Kommission eingeführten Strafzölle auf chinesische Module
haben zu einer intensiven Diskussion über den Nutzen dieser
13
Maßnahme zwischen europäischen Herstellern, Zulieferern,
Großhändlern und Installateuren geführt. Da bislang nicht
abschließend damit gerechnet werden kann, dass die Strafzölle
weiterhin bestehen bleiben, werden diese bei der
Kostenberechnung für PV-Anlagen nicht mit betrachtet.
2.1.1
Dachsystem
(1) Für die Berechnung der Stromgestehungskosten werden im
Folgenden die zugrunde liegenden Annahmen für PVDachsysteme erläutert.
Tabelle 1: Annahmenset PV-Dachsystem (jährliche Degradation
von 0,5 %)
Einheit
Investitionskosten
Stromerzeugung
2015
2035
Region Region Region Region Region Region Region Region
1
2
3
4
1
2
3
4
€2012/kW
1.200
1.200
1.200
1.200
850
850
850
850
MWh/MW
850
900
950
1.000
850
900
950
1.000
Fixe
Betriebskosten
% der Invest.kosten
2%
2%
2%
2%
2%
2%
2%
2%
Variable
Betriebskosten
€2012/MWh
0
0
0
0
0
0
0
0
Brennstoffpreis
€2012/MWh
0
0
0
0
0
0
0
0
Wirkungsgrad
CO2-Emissionen
WACC (real)
%
100%
100%
100%
100%
100%
100%
100%
100%
g/kWh
0
0
0
0
0
0
0
0
%
4,5%
4,5%
4,5%
4,5%
4,5%
4,5%
4,5%
4,5%
Quelle: Prognos AG
(2) Für den ersten Investitionszeitpunkt im Jahr 2015 kann
standortunabhängig mit Investitionskosten von 1.200 Euro/kW
gerechnet werden. Diese Kosten beinhalten die Kosten der PVModule, des Wechselrichters sowie der Installation. Die Kosten für
Module werden im Mittel mit 550 Euro/kWp angesetzt. Die NichtModul- oder „Balance-of-System“ (BOS)-Kosten belaufen sich
somit im Durchschnitt auf 650 Euro/kWp. Je nach Region, in der
die PV-Anlage installiert wird, fällt die jährliche Stromerzeugung
unterschiedlich aus. In der Region 1 (Norddeutschland) beträgt die
Netto-Stromerzeugung rund 850 MWh/MWp und steigt, je weiter
man nach Süden kommt, auf bis zu 1.000 MWh/MWp (Region 4).
Die altersbedingte Degradation der Anlage beträgt rund 0,5 % pro
Jahr. Für den zweiten Investitionszeitpunkt im Jahr 2035 gehen wir
in dieser Berechnung davon aus, dass die Investitionskosten rund
850 Euro 2012 /kW betragen werden. Auf Modulkosten entfallen
dann nur noch 350 Euro/kWp. Die BOS-Kosten werden im Mittel
mit 500 Euro/kWp abgeschätzt. Die Volllaststunden verändern sich
14
im Vergleich zum ersten Investitionszeitpunkt nicht. Es wird
weiterhin angenommen, dass die PV-Module auch zukünftig eine
jährliche Degradation von 0,5 % pro Jahr aufweisen.
Für beide Investitionszyklen wird mit jährlichen fixen
Betriebskosten in Höhe von 2 % der Investitionskosten gerechnet.
Zu den fixen Betriebskosten zählt unter anderem die Reinigung
der Anlage, regelmäßige Wartung und das Ablesen der
Zählerstände sowie Versicherungskosten. Bei der Berechnung der
Stromgestehungskosten geht man davon aus, dass eine PVAnlage keine variablen Betriebskosten (z.B. Brennstoffkosten)
aufweist und somit CO 2 -frei Strom erzeugt. 1 Der reale
kalkulatorische Zinssatz (hier WACC) beträgt für beide
Investitionszeitpunkte 4,5 %. Anhand dieser Annahmen ergeben
sich für PV-Dachanlagen über einen Zeitraum von 40 Jahren
folgende Stromgestehungskosten.
Tabelle 2: Stromgestehungskosten PV-Dachanlage, in
Cent 2012 /kWh (Inbetriebnahme 2015/2035)
Einheit
Region
1
Region
2
Region
3
Region
4
20 Jahre
Betriebszeitraum
Cent2012/kWh
14,2
13,4
12,7
12,1
40 Jahre
Betriebszeitraum
Cent2012/kWh
13,0
12,3
11,6
11,1
Quelle: Prognos AG
(3) Bedingt durch die niedrigere globale Sonneneinstrahlung in
Norddeutschland und der sich daraus ergebenden geringeren
Stromerzeugung einer Anlage liegen die Stromgestehungskosten
des ersten Investitionszyklus im Jahr 2015 von Anlagen in der
Region 1 mit 14,2 Cent 2012 /kWh rund zwei Cent über den
Stromgestehungskosten von Anlagen in der Region 4. Die
Stromgestehungskosten über den gesamten Investitionszeitraum
von 40 Jahren liegen bedingt durch die niedrigeren
Investitionskosten des zweiten Investitionszyklus im Jahr 2035
rund 1 Cent 2012 /kWh unter den Stromgestehungskosten des ersten
Investitionszyklus.
(4) Da es sich bei Investoren von PV-Dachsystemen meistens
um Privatpersonen handelt, sind die Renditeerwartungen geringer
als bei kommerziellen Investoren. Darüber hinaus wird zukünftig
1 Es wird keine CO2-Vorkettenbetrachtung einzelner Energieerzeugungstechnologien durchgeführt.
15
der Eigenverbrauch von eigenerzeugtem PV-Strom eine immer
wichtigere Rolle spielen. Bereits heute lohnt es sich für einen
Besitzer einer neuen Anlage, den Strom selber zu verbrauchen
anstatt ihn in das Stromnetz einzuspeisen. Die Vergütungssätze
für PV-Anlagen liegen unter den Strombezugskosten für private
und teilweise gewerbliche Verbraucher. Ein Anlagenbetreiber spart
somit mehr Geld über den vermiedenen Strombezug ein, als er für
die Einspeisung erhalten würde. Diese Tatsache kann dazu
führen, dass PV-Anlagen auf Hausdächern in Zukunft eher auf den
tatsächlichen Stromverbrauch ausgelegt werden, um einen hohen
Anteil von Eigenverbrauch zu erzielen. Das hätte für
Aufdachsysteme zur Folge, dass sich die installierte Leistung pro
Hausdach, im Vergleich zu den in den letzten Jahren installierten
Anlagen, reduzieren würde, die auf die maximale Ausnutzung der
Dachfläche ausgelegt waren. Mit einer kleineren Anlage lassen
sich viel höhere Anteile von eigenerzeugtem Eigenverbrauch
realisieren. Für gewerbliche Nutzer wie Supermärkte, Hotels,
Büros und anderes produzierendes Gewerbe mit einem hohen
konstanten Stromverbrauch während des Tages, ist diese
Auslegung ebenfalls empfehlenswert. Eine breite Nutzung von
Speicherkonzepten wird aufgrund der immer noch sehr hohen
Kosten nicht unterstellt. Hinzu kommt der Aspekt der
Unterdimensionierung des Wechselrichters. Ein PV-System, das
auf einen hohen Anteil Eigenerzeugung mit einem hohen DC/ACFaktor ausgelegt ist, kann in den Sommermonaten bereits ab dem
Vormittag über viele Stunden einen Großteil des Strombedarfs
decken.
2.1.2
Freifläche
(1) Für die Berechnung der Stromgestehungskosten werden im
Folgenden die zugrunde liegenden Annahmen für solare
Freiflächensysteme erläutert.
16
Tabelle 3: Annahmenset Freiflächen-Solarkraftwerke (jährliche
Degradation von 0,5 %)
Einheit
2015
2035
Region Region Region Region Region Region Region Region
1
2
3
4
1
2
3
4
Investitionskosten
€2012/kW
925
925
925
925
450
450
450
450
Stromerzeugung
MWh/MW
900
970
1.020
1.100
900
970
1.020
1.100
Fixe
Betriebskosten
% der Invest.kosten
2%
2%
2%
2%
2%
2%
2%
2%
Variable
Betriebskosten
€2012/MWh
0
0
0
0
0
0
0
0
Brennstoffpreis
€2012/MWh
0
0
0
0
0
0
0
0
Wirkungsgrad
%
100%
100%
100%
100%
100%
100%
100%
100%
CO2-Emissionen
WACC (real)
g/kWh
0
0
0
0
0
0
0
0
%
5%
5%
5%
5%
5%
5%
5%
5%
Quelle: Prognos AG
(2) Bereits heute werden einige große Freiflächen mit Investitionskosten unter 1.000 Euro/kW realisiert. Für den ersten
Investitionszeitpunkt im Jahr 2015 wird daher standortunabhängig
mit 925 Euro 2012 /kW gerechnet. Diese Kosten beinhalten neben
den Modul- und Wechselrichterkosten auch Baukosten zur
Flächenbereitstellung, Kosten der Aufständerung, Netzanbindung,
Kosten für Sicherheitsanlagen wie Zäune und Kosten für evtl.
notwendige Ausgleichsmaßnahmen aufgrund von Umweltvorschriften (Bäume pflanzen oder Rasen sähen). Vor allem aber
beinhalten diese Kosten den Netzanschluss, der bei Freiflächenanlagen eine wichtige Rolle spielt und dementsprechend je nach
Standort der Anlage einen größeren Anteil an den Gesamtkosten
bilden kann. Die Modulkosten in der Freifläche werden aktuell mit
rund 500 Euro/kWp für Siliziummodule angesetzt. Im Vergleich zu
den Dachanlagen sind diese durch die größere abgenommene
Menge und den Wegfall von Zwischenhändlern in der Regel
kostengünstiger. Werden Dünnschichtmodule verbaut, liegen die
Modulkosten noch unterhalb der Marke von 500 Euro/kWp.
Höhere Aufwendungen für Gestelle und die technische Einbindung
führen dann im Mittel zu vergleichbaren Gesamtinvestitionskosten.
Für den zweiten Investitionszeitpunkt im Jahr 2035 fallen einige
dieser Kostenbestandteile weg. Da der Netzanschluss, die
Sicherheitsmaßnahmen, die Gerüste und die Versorgungsinfrastruktur dann bereits bestehen und weiter genutzt werden
können, bedarf es daher nur eines Austauschs der Module und
gegebenenfalls der Wechselrichter. Aus diesem Grund fallen beim
zweiten Investitionszyklus nur noch 450 Euro 2012 /kW als
Investitionskosten an, etwa 325 Euro/kWp entfallen davon allein
auf Modulkosten. Freiflächenanlagen besitzen gegenüber
Aufdachanlagen den Vorteil, dass sie optimal auf den Verlauf der
17
Sonne am jeweiligen Standort ausgelegt werden können. Daher
erzielen sie in den Untersuchungsregionen dieser Studie eine
höhere Stromerzeugung als Aufdachanlagen in der gleichen
Region. In der Region 1 beträgt die Netto-Stromerzeugung einer
Freiflächenanlage rund 900 MWh/MWp und steigt, je weiter man
nach Süden kommt, auf rund 1.100 MWh/MWp (Region 4). Die
Degradation der Module einer Freiflächenanlage beträgt ebenfalls
0,5 % pro Jahr.
Wir gehen davon aus, dass die hier unterstellte Kostenentwicklung
für Freiflächen-Solarkraftwerke insgesamt auch bei der
temporären Einführung von Importzöllen bestehen bleibt. Zum
einen sind Dünnschichtmodule von Importzöllen oder
Mindestpreisen von Importmodulen aus China nicht betroffen und
zum anderen werden Zölle bisher nur auf chinesische
siliziumbasierte Produkte erhoben. Produkte aus Malaysia, Korea
oder Taiwan sind bisher von Zöllen ausgenommen, ebenso wie ein
erheblicher Anteil von chinesischen Modulen, soweit sie unter den
ausgehandelten Kompromiss zwischen der chinesischen
Regierung und der EU fallen. Wir gehen davon aus, dass dies
auch in Zukunft so bleibt.
(3) Für beide Investitionszyklen wird wie bei Aufdachanlagen mit
jährlichen fixen Betriebskosten in Höhe von 2 % der
Investitionskosten gerechnet. Zu den fixen Betriebskosten zählt
unter anderem die Reinigung der Anlage und gegebenenfalls die
Schneebeseitigung, regelmäßige Wartung und das Ablesen der
Zählerstände sowie Versicherungskosten. Darüber hinaus muss
sichergestellt werden, dass der Pflanzenbewuchs um die Anlagen
keine Verschattung zur Folge hat und bei einer Rasenbeflanzung
muss dieser regelmäßig geschnitten werden. Auch bei FreiflächenSolarkraftwerken fallen keine variablen Betriebs- und
Brennstoffkosten an. Der reale kalkulatorische Zinssatz beträgt für
beide Investitionszeitpunkte 5 %. Anhand dieser Annahmen
ergeben sich für Freiflächen-Solarkraftwerke über einen Zeitraum
von 40 Jahren folgende Stromgestehungskosten.
Tabelle 4: Stromgestehungskosten Freiflächen-Solarkraftwerke,
in Cent 2012 /kWh (Inbetriebnahme 2015/2035)
Einheit
Region
1
Region
2
Region
3
Region
4
20 Jahre
Betriebszeitraum
Cent2012/kWh
10,7
9,9
9,4
8,7
40 Jahre
Betriebszeitraum
Cent2012/kWh
9,2
8,5
8,1
7,5
Quelle: Prognos AG
18
(4) Die Stromgestehungskosten des ersten Investitionszyklus im
Jahr 2015 liegen bei einer Freiflächenanlage in den betrachteten
Regionen zwischen 10,7 Cent 2012 /kWh (Region 1) und
8,7 Cent 2012 /kWh (Region 4). Die Stromgestehungskosten über
den gesamten Betrachtungszeitraum von 40 Jahren liegen in allen
Regionen unter 10 Cent 2012 /kWh. Bedingt durch die niedrigeren
Investitionskosten im zweiten Zyklus ab dem Jahr 2035 betragen
die LCOE in der Region 1 9,2 Cent 2012 /kWh und verringern sich bis
auf 7,5 Cent 2012 /kWh in Region 4.
Gerade bei Freiflächen-Solarkraftwerken, bei denen die
Wechselrichter einen hohen Anteil an den Gesamtkosten
ausmachen, ist es sinnvoll, ein hohes DC/AC-Verhältnis zu
realisieren. So können zum einen die zusätzlichen Kosten für
einen weiteren Wechselrichter eingespart werden und zum
anderen kann mit deutlich geringerem finanziellem Einsatz die
Stromerzeugung im Tagesverlauf spürbar verstetigt werden.
Aufgrund der gängigen Größe einer Freiflächenanlage eignet sich
eine solche Investition eher selten zur Eigenstromversorgung. Dies
würde lediglich für sehr große Industriebetriebe z.B. im Bereich
des produzierenden Gewerbes sinnvoll sein, aber hier treten
womöglich Flächennutzungsrestriktionen auf.
2.2 Windenergie
(1) Die Stromerzeugung aus Wind spielt bereits heute eine
wesentliche Rolle in der Energieversorgung. In den letzten Jahren
konnte je nach Windjahr allein durch Wind Onshore bis zu 50 TWh
Strom pro Jahr erzeugt werden. Damit besitzt Wind Onshore unter
den erneuerbaren Energieträgern den größten Anteil an der
Stromversorgung. Durch den geplanten weiteren Ausbau wird sich
an dieser Situation in den kommenden Jahren wenig ändern. Im
Vergleich zu Wind Offshore besitzt die Onshore-Technologie den
Vorteil der einfacheren Installation und Wartung der Anlagen an
Land. Um jedoch nicht zu viele Windanlagen an Land installieren
zu müssen, bietet sich Wind Offshore als Ergänzung zur OnshoreErzeugung an. Die Anlagen die weit vor der Küste installiert
werden, liegen meistens außerhalb der Sichtweite und verändern
somit nicht das allgemeine Landschaftsbild. Darüber hinaus besitzt
Wind Offshore den Vorteil, noch höhere Volllaststunden liefern zu
können. Allerdings sind der Aufbau und die Wartung dieser
Anlagen durch die Wetterverhältnisse, die weite Entfernung von
der Küste und nicht zuletzt durch die Wassertiefe deutlich
kostenintensiver. Aus diesem Grund gibt es derzeit eine
kontroverse Diskussion über den allgemeinen Nutzen der
Energieerzeugung durch Wind Offshore, auf die in diesem
Diskussionspapier jedoch nicht eingegangen werden kann. Die
bereits genannten Vor- und Nachteile sind bekannt und es obliegt
19
jedem einzelnen, den Nutzen von Wind On- und Offshore zu
bewerten.
2.2.1
Onshore
(1) Die Onshore-Technologie hat sich in den vergangenen
Jahren immer weiter entwickelt. Die Turbinenleistung, Nabenhöhe
und Rotordurchmesser sind stark gewachsen, was – je nach
Standort der Anlage – zu unterschiedlichen Betriebskonzepten
geführt hat. Generell kann man zwischen Starkwind- und
Schwachwindstandorten unterscheiden.
Turbinen mit einer Leistung von bis zu 7,5 MW, einer Nabenhöhe
von über 130 m und einem Rotordurchmesser von über 120 m
eignen sich eher für Starkwindstandorte. An solchen Standorten ist
es möglich, mit Turbinen mit einer hohen Leistung eine hohe
Energieerzeugung zu erzielen. Neben dieser Fokussierung auf die
Erhöhung der Turbinenleistung zeigt es sich ebenfalls als
vorteilhaft, an Starkwindstandorten Turbinen mit einer geringeren
Leistung, einer durchschnittlichen Nabenhöhe, aber mit großen
Rotordurchmessern zu installieren. Dieses Konzept zielt auf eine
maximale Energieerzeugung mit hohen Volllaststunden ab. Bei
solchen Konfigurationen spielt das Verhältnis zwischen
Rotordurchmesser und Generatorleistung eine entscheidende
Rolle. Je größer dieses Verhältnis ist, desto höher werden in der
Regel die Volllaststunden der Anlage.
Für Schwachwindstandorte im Binnenland und besonders in
Süddeutschland empfiehlt es sich, Turbinen mit einer sehr hohen
Nabenhöhe (bis zu 150 m) und einem hohen Verhältnis zwischen
Rotordurchmesser und Generatorleistung zu installieren. Aufgrund
der geringeren durchschnittlichen Windgeschwindigkeit an diesen
Standorten, hilft eine solche Anlagenkonfiguration, die
Vollaststunden in einem akzeptablen Bereich zu halten. Die
Berechnung der Stromgestehungskosten basiert auf folgenden
Annahmen, die den Durchschnitt der in den jeweiligen
Inbetriebnahmejahren installierten Anlagen abbilden soll.
20
Tabelle 5: Annahmenset Wind Onshore
Einheit
2015
2035
Region Region Region Region Region Region Region Region
1
2
3
4
1
2
3
4
Investitionskosten
€2012/kW
1.400
1.505
1.680
1.785
1.100
1.180
1.350
1.430
Stromerzeugung
MWh/MW
2.400
2.280
2.160
2.100
3.050
2.900
2.820
2.700
Fixe
Betriebskosten
% der Invest.kosten
3%
3%
3%
3%
3%
3%
3%
3%
Variable
Betriebskosten
€2012/MWh
0
0
0
0
0
0
0
0
Brennstoffpreis
€2012/MWh
0
0
0
0
0
0
0
0
Wirkungsgrad
%
100%
100%
100%
100%
100%
100%
100%
100%
CO2-Emissionen
WACC (real)
g/kWh
0
0
0
0
0
0
0
0
%
5,5%
5,5%
5,5%
5,5%
5,5%
5,5%
5,5%
5,5%
Quelle: Prognos AG
(2) Die Investitionskosten unterscheiden sich je nach
betrachteter Region. An Starkwindstandorten in der Region 1 in
Küstennähe sind aufgrund der Windgeschwindigkeiten bei
Anlagenkonfigurationen mit einem hohen Verhältnis zwischen
Rotordurchmesser und Generatorleistung nicht so hohe
Nabenhöhen notwendig wie in der Region 4. Aus diesem Grund
liegen die Investitionskosten im Jahr 2015 für Anlagen in Region 1
mit 1.400 Euro 2012 /kW rund 20 % unter den Investitionskosten für
Anlagen in der Region 4 mit 1.750 Euro 2012 /kW. Dabei ist der
Kostenunterschied zwischen den Regionen maßgeblich durch die
Nabenhöhe und die höheren Baukosten der Türme beeinflusst. Im
zweiten Investitionszyklus im Jahr 2035 liegen die Investitionskosten für Anlagen in der Region 1 mit 1.200 Euro 2012 /kW
ebenfalls 20 % unter den Kosten für Anlagen in der Region 4 mit
1.500 Euro 2012 /kW. Dabei wird jedoch angenommen, dass die
zukünftigen Nabenhöhen die heutigen Nabenhöhen deutlich
übersteigen werden (bis zu 180 m). Tabelle 6 können die
verwendeten Anlagenkonfigurationen, auf denen die
Berechnungen der Stromgestehungskosten basieren, entnommen
werden. Während im regionalen Mix in der Region 1 über 90 %
Starkwindanlagen unterstellt werden, nimmt dieser Anteil über
Region 2 (60 %) und Region 3 (30 %) bis in die Region 4 auf 10%
ab.
(3) Aufgrund der besseren Windverhältnisse in Region 1 beträgt
die Netto-Stromerzeugung 2.400 MWh/MW und liegt damit mehr
als 12 % über der möglichen Stromerzeugung in Region 4 von
2.100 MWh/MW. Die schlechteren mittleren Windgeschwindigkeiten bei etwa 100 m Nabenhöhen werden in den Regionen 2, 3
und 4 durch höhere Anlagenhöhen und höhere Rotordurchmesser
teilweise kompensiert. Die hier ausgewiesenen Erträge verstehen
21
sich als mittlere Nettoerträge der Anlagen über 20 Betriebsjahre.
Das bedeutet, dass von den Bruttoerträgen bereits
Anlagenverfügbarkeiten, Abschattungsverluste in Windparks und
elektrische Leitungsverluste abgezogen sind. Durch die in Zukunft
weiter wachsenden Nabenhöhen und Rotordurchmesser der
installierten Anlagen erhöht sich mit dem zweiten
Investitionszyklus im Jahr 2035 auch die jährliche Stromerzeugung
der installierten Anlagen nochmals deutlich. Für die Region 1 kann
dabei mit 3.050 MWh/MW gerechnet werden. Damit liegen diese
erneut 10 % über der Stromerzeugung der Anlagen in Region 4
mit rund 2.700 MWh/MW.
Tabelle 6: Anlagenkonfiguration für Wind Onshore
Einheit
ø Leistung pro Anlage
MW
2015
2035
Region Region Region Region Region Region Region Region
1
2
3
4
1
2
3
4
3,0
3,0
2,5
2,5
5,0
5,0
3,5
3,5
ø Nabenhöhe
m
95
105
120
130
130
140
150
160
ø Rotordurchmesser
m
100
100
110
115
130
130
140
150
Quelle: Prognos AG
(4) Für beide Investitionszyklen liegen die jährlichen fixen
Betriebskosten der Anlagen standortunabhängig bei 3 % der
Investitionskosten. Variable Betriebskosten fallen dabei nicht an.
Aufgrund der hohen Stückpreise der Anlagen und der Tatsache,
dass diese in der Regel mit mehreren in Windparks zusammen
gebaut werden, werden diese Investitionssummen meistens von
kommerziellen Investoren oder Projektentwicklern bereitgestellt.
Diese haben eine höhere Renditeerwartung, weshalb der reale
kalkulatorische Zinssatz mit 5,5 % über dem von PV-Anlagen liegt.
Mit diesen Annahmen als Berechnungsgrundlage ergeben sich für
einen Zeitraum von 40 Jahren folgende Stromgestehungskosten
für Wind Onshore.
Tabelle 7: Stromgestehungskosten Wind Onshore, in
Cent 2012 /kWh (Inbetriebnahme 2015/2035)
Einheit
Region
1
Region
2
Region
3
Region
4
20 Jahre
Betriebszeitraum
Cent2012/kWh
6,6
7,4
8,8
9,6
40 Jahre
Betriebszeitraum
Cent2012/kWh
5,9
6,6
7,7
8,4
Quelle: Prognos AG
22
(5) Die Stromgestehungskosten von Wind Onshore liegen im
ersten Investitionszyklus im Jahr 2015 bei 6,9 Cent 2012 /kWh bis
10,3 Cent 2012 /kWh. Mit Stromgestehungskosten über 40 Jahre von
6,2 Cent 2012 /kWh erreicht Wind Onshore in Region 1 auf
absehbare Zeit die niedrigsten Stromgestehungskosten aller
erneuerbarer Energien in Deutschland. Aufgrund der höheren
Investitionskosten und der geringeren Stromerzeugung steigen die
Stromgestehungskosten von Wind Onshore an, je südlicher sich
der Standort der Anlage befindet. Mit 9,3 Cent 2012 /kWh liegen die
Stromgestehungskosten der Anlagen in Region 4 50 % über den
LCOE in Region 1.
2.2.2
Offshore
(1) Die Entwicklung der Offshore-Windtechnologie steht in
Deutschland noch am Anfang. Bislang sind rund 320 MW vor
allem in der Nord- aber auch der Ostsee installiert. Geplant sind
jedoch bis zu 25 GW installierter Leistung im Jahr 2030. Ob dieses
Ziel so erreicht wird, hängt aber von vielen Faktoren ab. Bisherige
Erfahrungen beim Bau und der Installation der Windparks auf
hoher See haben gezeigt, dass sich die Umsetzung der Vorhaben
schwieriger gestaltet, als man es ursprünglich eingeschätzt hat.
Neben zu optimistisch eingeschätzten Kosten u.a. für die
Tragstrukturen und für die Installation bereitet das Wetter auf der
Nordsee den Unternehmen große Probleme. Die Wetterfenster,
die für einen reibungslosen Aufbau der Windanlagen benötigt
werden, sind kleiner als man vor einigen Jahren geplant hat. Die
daraus resultierenden Stillstandskosten für die benötigten
Spezialschiffe sind enorm. Darüber hinaus verunsichern aktuelle
Diskussionen in Politik und Gesellschaft über die weitere
Entwicklung der Kosten der Energiewende viele Investoren,
weshalb die Planungen vieler Windparks verschoben werden. Dies
hat weitere Verzögerungen beim Ausbau zur Folge, weshalb
fraglich bleibt, wie hoch die installierte Leistung auf hoher See sein
wird. Die Annahmen für die Berechnungsgrundlage der
Stromgestehungskosten können der folgenden Abbildung
entnommen werden.
23
Tabelle 8: Annahmenset Wind Offshore
Einheit
Nordsee
2015
2035
Investitionskosten
€2012/kW
4.000
2.700
4.000
2.700
Stromerzeugung
MWh/MW
4.300
4.600
4.100
4.300
Fixe
Betriebskosten
% der Invest.kosten
4%
4%
4%
4%
Variable
Betriebskosten
€2012/MWh
0
0
0
0
Brennstoffpreis
€2012/MWh
0
0
0
0
Wirkungsgrad
%
100%
100%
100%
100%
g/kWh
0
0
0
0
%
7%
7%
7%
7%
CO2-Emissionen
WACC (real)
Ostsee
2015
2035
Quelle: Prognos AG
(2) Für den ersten Investitionszyklus im Jahr 2015 betragen die
Investitionskosten sowohl in der Nord- als auch in der Ostsee
4.000 Euro 2012 /kW. Dabei beziehen sich die Investitionskosten für
die Nordsee auf Windanlagen mit einer durchschnittlichen Leistung
von 4 MW, die in einer Wassertiefe zwischen 30 m und 40 m mit
einer Hafenentfernung zwischen 50 km und 80 km errichtet
werden. Die Investitionskosten für Windenergieanlagen in der
Ostsee beziehen sich auf Windenergieanlagen mit 4 MW Leistung,
die in einer Wassertiefe zwischen 15 m und 30 m errichtet werden.
Obwohl die Wassertiefe damit in der Ostsee wesentlich geringer
ist, bereiten die schlechteren Bodenbeschaffenheiten den
Unternehmen große Probleme bei der Installation. Der
Meeresboden in der Ostsee ist an vielen Standorten mit einer
hohen Schlickschicht bedeckt, die teilweise zwischen 5 m und
15 m mächtig ist. Dies stellt eine besondere Anforderung an die
Tragstrukturen, die deutlich tiefer im festen Boden verankert
werden müssen, als in der Nordsee. Daher ergeben sich kaum
Kostenunterschiede zwischen Projekten in der Nord- und Ostsee.
Für den zweiten Investitionszyklus im Jahr 2035 wird mit
wesentlich geringeren Investitionskosten gerechnet. Aufgrund der
hohen Kostendegressionspotenziale, die sich im Bereich der
Offshore-Technologie ergeben können – ähnlich wie sie in der
Entwicklung der Onshore-Technologie realisiert worden sind –
liegen die Investitionskosten im Jahr 2035 mit 2.700 Euro 2012 /kW
für eine Anlage mit 6 MW bis 8 MW Leistung deutlich unter den
heutigen Kosten. Dabei geht man davon aus, dass nicht nur im
Bereich der Turbinentechnik, sondern auch bei den
Tragstrukturen, den Installationsverfahren und im Bereich der
maritimen Logistik bei einer kontinuierlichen Sammlung von
24
Erfahrung, Kostendegressionspotenziale realisiert werden können.
Anlagen in der Nordsee können im ersten Investitionszyklus
durchschnittlich 4.300 MWh/MW erzeugen und ans Netz
abgegeben werden. Dem zugrunde liegt die Annahme, dass die
Nabenhöhe der Anlagen rund 100 m beträgt, bei einem
Rotordurchmesser von 130 m (siehe Tabelle 9). Die mittlere
Windgeschwindigkeit liegt in Nabenhöhe um 10 m/s. In der
Berechnung sind die Anlagenverfügbarkeit von 95 %,
Abschattungs- und elektrische Verluste bereits berücksichtigt.
Tabelle 9: Anlagenkonfiguration für Wind Offshore
Einheit
ø Leistung pro Anlage
Nordsee
2015
2035
Ostsee
2015
2035
MW
4
8
4
8
ø Nabenhöhe
m
100
120
100
120
ø Rotordurchmesser
m
130
175
130
175
ø Wassertiefe
m
35
35
20
20
Quelle: Prognos AG
(3) Die etwas geringeren durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten in der Ostsee führen zu einer jährlichen Stromerzeugung
von 4.100 MWh/MW. Im zweiten Investitionszyklus steigt die
Nabenhöhe auf 120 m und der Rotordurchmesser kann bis zu
175 m betragen. Dadurch steigt die durchschnittliche jährliche
Energieerzeugung von Anlagen in der Nordsee auf
4.600 MWh/MW und in der Ostsee auf rund 4.300 MWh/MW. Die
jährlichen fixen Betriebskosten betragen für eine Offshore
Windanlage 4 % der Investitionskosten. Dabei gilt es in Zukunft,
die Betriebs- und Wartungskonzepte für Offshore Windparks zu
optimieren. Da für die Wartung einer Anlage auf hoher See
geeignete Wetterbedingungen erforderlich sind, sollten geeignete
Monitoring-Systeme und Fernüberwachung den Einsatz von
Technikern auf See unterstützen. Regelmäßige Wartungsarbeiten
können in Zeiten mit optimalen Wetterbedingungen geplant
werden. Ungeplante Ausfälle der Technik sollten jedoch möglichst
vermieden werden, in dem die in Frage kommenden Bauteile am
besten vor einem Totalausfall ausgetauscht werden. Um das zu
realisieren, müssen die Unternehmen jedoch zunächst mehr
Erfahrungen im Betrieb sammeln. Aufgrund der höheren
Risikostruktur und dem hohen Kapitalbedarf von Offshore
Projekten beträgt der reale kalkulatorische Zinssatz
standortunabhängig für beide Investitionszyklen 7 %. Mit diesen
Annahmen als Berechnungsgrundlage ergeben sich für einen
Zeitraum von 40 Jahren folgende Stromgestehungskosten für
Wind Offshore (vgl. Tabelle 10).
25
Tabelle 10: Stromgestehungskosten Wind Offshore, in
Cent 2012 /kWh (Inbetriebnahme 2015/2035)
Einheit
Nordsee
Ostsee
20 Jahre
Betriebszeitraum
Cent2012/kWh
12,0
12,6
40 Jahre
Betriebszeitraum
Cent2012/kWh
11,0
11,6
Quelle: Prognos AG
(4) Die Stromgestehungskosten des ersten Investitionszyklus
liegen im Jahr 2015 bei 12,0 Cent 2012 /kWh in der Nordsee und
12,6 Cent 2012 /kWh in der Ostsee. Aufgrund der sinkenden Investitionskosten bis zum Jahr 2035 ergeben sich für die Nordsee über
40 Jahre Stromgestehungskosten in Höhe von 11,0 Cent 2012 /kWh.
Durch die geringere jährliche Stromerzeugung in der Ostsee liegen
die Stromgestehungskosten mit 11,6 Cent 2012 /kWh etwas höher.
Grundsätzlich ist bei der vorliegenden Studie zu beachten, dass
die hier berechneten Stromgestehungskosten ausschließlich die
Kosten des Offshore-Windparks und des parkinternen Umspannwerks beinhalten. Es werden jedoch gemäß den regulatorischen
Bestimmungen nicht die Kosten der Anbindung an die landseitigen
Stromnetze berücksichtigt („Netzanbindungskosten“), sondern nur
die reinen Stromgestehungskosten auf dem Meer. Mit den
Kostenangaben aus dem Offshore-Netzentwicklungsplan 2013
(Zweiter Entwurf O-NEP 2013) betragen die Netzanbindungs- bzw.
Stromtransportkosten rund 2,5 bis 3,5 Cent 2012 /kWh.2 Diese
müssten den reinen Stromgestehungskosten hinzugerechnet
werden, um eine komplette Vergleichbarkeit zwischen den
Stromgestehungskosten der restlichen erneuerbaren Energien
herzustellen. Aufgrund besonderer regulatorischer Bestimmungen
werden die Netzanbindungskosten für Offshore Windparks jedoch
über die Netzentgelte finanziert. Aus diesem Grund fallen diese in
der reinen Betrachtung der Stromgestehungskosten dieser Studie
weg.
2.3 Bioenergie
(1) Die Stromproduktion aus biogenen Substraten kann auf
mehreren Wegen erfolgen, von denen zwei hier beschrieben
werden: über die Verfeuerung von holzigen Festbrennstoffen und
2 Offshore-Netzentwicklungsplan 2013 (Zweiter Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber); Szenario B 2033 S. 89 ff.;
http://www.netzentwicklungsplan.de/ONEP_2013_2%20Entwurf_Teil%20I.pdf
26
durch die Verbrennung von Biogas, welches aus der Vergärung
organischer Stoffe gewonnen wurde – v.a. Getreidesilage,
Wirtschaftsdünger, organische Abfälle. In den vergangen Jahren
hat die Stromerzeugung aus holziger Biomasse und aus Biogas
stark an Bedeutung gewonnen. Nach Angaben der Arbeitsgruppe
Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat) wurden 2012
insgesamt 40,9 TWh Strom aus Bioenergie erzeugt. Dieses
entspricht einem Zuwachs von über 600 % im Vergleich zum Jahr
2000.
Knapp über 70 % der gesamten Endenergie aus erneuerbaren
Energiequellen werden durch die verschiedenen energetisch
genutzten Biomassen bereitgestellt. Dabei deckte die Bioenergie
in 2012 (bezogen auf den Endenergieverbrauch) in Deutschland
6,9 % des gesamten Stromverbrauchs, 9,5 % des gesamten
Wärmebedarfs und 5,5 % des gesamten Kraftstoffverbrauchs.
(2) Langfristig wird sich die Zunahme der Stromerzeugung aus
Bioenergie etwas abschwächen. Der Grund dafür ist die
zunehmende Konkurrenz um landwirtschaftliche Flächen, die
steigenden Preise für Nahrungs- und Futtermittel sowie die
Konkurrenz um die stoffliche bzw. energetische Nutzung biogener
Festbrennstoffe.
2.3.1
Biogas
(1) Für die Berechnung der Stromgestehungskosten werden im
Folgenden die zugrunde liegenden Annahmen für die
Stromproduktion aus Biogas dargelegt.
Tabelle 11: Annahmenset Biogas
Einheit
Biogas
2015
2035
Investitionskosten
€2012/kW
3.500
3.100
Stromerzeugung
MWh/MW
7.000
6.000
Fixe
Betriebskosten
% der Invest.kosten
4%
4%
Variable
Betriebskosten
€2012/MWh
1
1
Wirkungsgrad
%
33%
37%
g/kWh
0
0
%
6,5%
6,5%
CO2-Emissionen
WACC (real)
Quelle: Prognos AG
27
(2) In der Praxis werden Biogasanlagen vorwiegend als BHKW
konzipiert und betrieben. Für den ersten der beiden zu
untersuchenden Investitionszeitpunkte betragen die
Investitionskosten rund 3.500 Euro 2012 /kW. Diese Kosten
umfassen sowohl den Fermenter, der für die Gasproduktion
benötigt wird, als auch den Gasmotor und einen Wärmespeicher.
Durch Realisierung von Kostendegressionspotenzialen ist davon
auszugehen, dass die Investitionskosten bis 2035 auf 3.100
Euro 2012 /kW reduziert werden können.
(3) Bislang erfolgte Stromproduktion aus Biogasanlagen
hauptsächlich als Bandlieferung oder mit leichten Schwankungen
entsprechend der Substratumsetzung. Daraus abgeleitet beziffern
sich die jährlichen Volllaststunden für den ersten Investitionszyklus
ab dem Jahr 2015 auf 7.000 MWh/MW. Langfristig bis 2050 ist
jedoch davon auszugehen, dass der Einsatz von Biogasanlagen
stärker bedarfsgerecht erfolgen wird. Darüber hinaus erhöht sich
die spezifische Leistung der Anlage, um im Bedarfsfall mehr
Energie liefern zu können. Dies wird bereits heute mit der im EEG
festgelegten Flexibilitätsprämie für Biogasanlagen zusätzlich
vergütet. Die mittleren Volllaststunden für den zweiten
Investitionszyklus ab 2035 sinken daher auf 6.000 MWh/MW.
(4) Für die laufzeitunabhängige Wartung der Anlage sowie für
die Personal- und Versicherungskosten werden fixe
Betriebskosten in Höhe von 4 % der Investitionskosten
angenommen. Darüber hinaus müssen für die Berechnung der
Stromgestehungskosten aus Biogas variable Betriebskosten von
1,0 Euro 2012 /pro MWh berücksichtigt werden, die für Roh-, Hilfsund Betriebsstoffe entrichtet werden.
In den nächsten Jahren ist eine weitere Leistungsoptimierung der
Anlagen absehbar, welche sich in der Verbesserung des
elektrischen Wirkungsgrades zeigt. Für die Berechnung der
Stromgestehungskosten wird eine Steigerung der Anlageneffizienz
von 33 % in 2015 auf voraussichtlich 37 % in 2035 angenommen.
(5) Im Gegensatz zur Stromerzeugung aus Wind und PV,
müssen bei Biogas zudem die Brennstoffkosten und der
durchschnittliche Wirkungsgrad der Anlagen beachtet werden.
Aufgrund der zunehmenden Flächenkonkurrenz im ländlichen
Raum und steigenden Pachtpreisen ist davon auszugehen, dass
sich die Brennstoffkosten langfristig von 24 Euro 2012/ MWh im Jahr
2015 auf 28 Euro 2012/ MWh im Jahr 2055 leicht erhöhen werden.
Hierbei ist zu beachten, dass die Brennstoffkosten standortbedingt
variieren können – bedingt durch unterschiedlich hohe
Pachtkosten, Bodenqualitäten und Niederschlagsmengen in den
Regionen. In den Lagen im Weststau der Mittelgebirge (in
28
Niedersachsen, Hessen, etc.) mit guten Bodenqualitäten wächst
beispielsweise Mais, eines der Hauptsubstrate der
Biogaserzeugung, mit deutlich höheren Erträgen und damit
spezifisch deutlich niedrigeren Kosten als beispielsweise in
Gebieten mit geringeren Niederschlägen (Brandenburg, BadenWürttemberg, etc.). Da in der hier vorgenommenen Einteilung
jedoch keine regionalen Unterschiede systematisch sichtbar
werden, wird auf eine differenzierte Berechnung nach Regionen
verzichtet.
Tabelle 12: Brennstoffpreisentwicklung Biogas, in Euro 2012 /MWh
Brennstoffpreis
Biogas
Region
Einheit
1-4
€2012/MWh
2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2055
24
25
25
26
26
27
27
28
28
Quelle: Prognos AG, in Anlehnung an die DLR Leitstudie 2011
(6) Im Unterschied zu anderen EE-Anlagen tragen Biogas- und
Biomasseanlagen zusätzlich Unsicherheiten bezüglich der
Brennstoffpreise. Diese Erhöhen das Betreiberrisiko und steigern
somit die Renditeerwartung. Als realer kalkulatorischer Zinssatz für
die Investition wurde daher ein WACC von 6,5 % zu Grunde
gelegt.
(7) Mit diesen Annahmen als Berechnungsgrundlage ergeben
sich für den ersten Investitionszyklus im Jahr 2015 Stromgestehungskosten von 14,7 Cent 2012 /kWh. Die Stromgestehungskosten bleiben für beide Investitionszeitpunkte konstant. Zwar
reduzieren sich die Investitionskosten von 2015 auf 2035 leicht.
Gleichzeitig sinkt jedoch auch die jährliche Stromerzeugung bei
steigenden Brennstoffpreisen der Biogasanlagen in der Zukunft.
Dieser Effekt hebt die Vorteile der niedrigeren Investitionskosten
auf. So liegen die durchschnittlichen Stromgestehungskosten über
einen Zeitraum von 40 Jahren ebenfalls bei 14,7 Cent 2012 /KWh.
29
Tabelle 13: Stromgestehungskosten Biogas, in Cent 2012 /kWh
(Inbetriebnahme 2015/2035)
Einheit
Region
1
Region
2
Region
3
Region
4
20 Jahre
Betriebszeitraum
Cent2012/kWh
14,7
14,7
14,7
14,7
40 Jahre
Betriebszeitraum
Cent2012/kWh
14,7
14,7
14,7
14,7
Quelle: Prognos AG
2.3.2
Biomasse
(1) Neben der Stromerzeugung aus Biogas wird oftmals auch
feste Biomasse für die Stromerzeugung aus biogenen
Energieträgern eingesetzt. Da der Verbrennungsprozess fester
bzw. holziger Biomasse keine großen Unterschiede zur
Verbrennung von Kohle darstellt, kann auf erprobte
Kraftwerkstechnik zurückgegriffen werden. Zudem wird im
Vergleich zur Biogasverstromung kein Fermenter benötigt,
weshalb die Investitionskosten von Biomassekraftwerken unter
denen von Biogas-KW liegen. Für die beiden
Investitionszeitpunkte 2015 und 2030 betragen die
Investitionskosten auf 2.500 bzw. 2.200 Euro 2012 /kW. Die
durchschnittliche Stromerzeugung der Biomasse-Kraftwerke wird
für die Berechnung der Stromgestehungskosten mit
6.500 MWh/MW pro Jahr im Jahr 2015 angesetzt. Ab dem Jahr
2035 wird eine bedarfsgerechtere Einspeisung bei spezifisch
größeren Anlagen unterstellt. Die durchschnittliche
Volllaststundenzahl sinkt auf 5.500 Stunden.
(2) Die jährlichen fixen Betriebskosten wurden mit 3 % der
Investitionssumme veranschlagt. Durch eine Weiterentwicklung
der Anlagentechnik ist mit einem Anstieg der Wirkungsgrade zu
rechnen. Für den ersten Investitionszyklus im Jahr 2015 wird mit
einem Wirkungsgrad von 33 % gerechnet. Dieser erhöht sich beim
zweiten Investitionszyklus im Jahr 2035 auf 37 %. Der reale
kalkulatorische Zinssatz für die Berechnung der LCOE beträgt
aufgrund der zusätzlichen Brennstoffpreisrisiken im Vergleich zu
dargebotsabhängigen Erzeugungsformen und den daraus
resultierenden Renditeerwartungen 6,5 %.
30
Tabelle 14: Annahmenset Biomasse
Einheit
Biomasse
2015
2035
Investitionskosten
€2012/kW
2.500
2.200
Stromerzeugung
MWh/MW
6.500
5.500
Fixe
Betriebskosten
% der Invest.kosten
3%
3%
Variable
Betriebskosten
€2012/MWh
1
1
Wirkungsgrad
%
33%
37%
g/kWh
0
0
%
6,5%
6,5%
CO2-Emissionen
WACC (real)
Quelle: Prognos AG
(3) Wie auch bei Biogas, sind bei der Ermittlung der
Gestehungskosten der Biomasseverstromung die variablen
Brennstoffkosten zu berücksichtigen. Im aktuellen Marktumfeld ist
Biomasse deutlich günstiger als Biogassubstrate, da vor allem
billige Altholzbrennstoffe verfeuert werden. Langfristig bis 2050 ist
davon auszugehen, dass sich die Brennstoffkosten von Biogas
und Biomasse angleichen werden. In Anlehnung an die DLR
Leitstudie 2011 steigen die Kosten für Biomasse-Brennstoffe von
20 Euro 2012 /MWh im Investitionsjahr 2015 auf 28 Euro 2012 /MWh im
Jahr 2055. In der Regel gibt es für Biomasse auch regionale
Unterschiede bei den Brennstoffkosten basierend auf
unterschiedlichen Transportentfernungen und Einzugsgebieten. So
können beispielsweise an der Grenze zu Österreich und
Tschechien Restholzmengen in deutlich größerem Umfang und zu
leicht niedrigeren Preisen bezogen werden als in anderen
Regionen. Diese Unterschiede sind jedoch auch bei der Biomasse
wenig systematischer Natur und entsprechen nicht der von uns
unterstellten Regionssystematik. Daher wird auch hier auf eine
regionale Differenzierung der Brennstoffkosten verzichtet.
Tabelle 15: Brennstoffpreisentwicklung Biomasse, in Euro 2012 /MWh
Brennstoffpreis
Biomasse
Region
Einheit
1-4
€2012/MWh
2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2055
20
21
22
23
24
25
26
27
28
Quelle: Prognos AG, in Anlehnung an die DLR Leitstudie 2011
31
(4) Mit diesen Annahmen als Berechnungsgrundlage ergeben
sich für den ersten Investitionszyklus standortunabhängige
Stromgestehungskosten von 11,2 Cent 2012 /kWh. Trotz leicht
höherer Investitionskosten im Jahr 2015 liegen die LCOE des
ersten Investitionszyklus damit marginal unter den gesamten
Stromgestehungskosten über 40 Jahre. Dies liegt an der höheren
jährlichen Stromerzeugung im Vergleich zum zweiten Investitionszyklus. Gleichzeitig steigen in Zukunft die Brennstoffpreise für
Biomassekraftwerke. Über einen Zeitraum von 40 Jahren liegen
die durchschnittlichen Stromgestehungskosten bei 11,3
Cent 2012 /KWh, welche sich in den Regionen nicht unterscheiden.
Tabelle 16: Stromgestehungskosten Biomasse, in Cent 2012 /kWh
(Inbetriebnahme 2015/2035)
Einheit
Region
1
Region
2
Region
3
Region
4
20 Jahre
Betriebszeitraum
Cent2012/kWh
11,2
11,2
11,2
11,2
40 Jahre
Betriebszeitraum
Cent2012/kWh
11,3
11,3
11,3
11,3
Quelle: Prognos AG
2.4 Konventionelle Energieträger
(1) Im folgenden Kapitel werden die Kostenannahmen für die
Berechnung der Stromgestehungskosten konventioneller
Energieträger erläutert. Sie bieten gegenüber fluktuierenden
Erzeugungsformen den Vorteil der steuerbaren Stromerzeugung,
die sich im Wesentlichen am Bedarf ausrichtet.
(2) Neben den Investitionskosten wirken sich vor allem die
variablen Betriebskosten auf die Höhe der Stromgestehungskosten aus. Die variablen Betriebskosten konventioneller
Energieträger wie Erdgas, Stein- und Braunkohle werden
maßgeblich durch die Preisentwicklung der Energieträger selbst,
aber auch durch die Entwicklung der CO 2 -Preise beeinflusst. Die
Berechnung der Stromgestehungskosten basieren dabei auf der
Annahme, dass der CO 2 -Preis von seinem derzeitigen Tiefststand
durch geeignete politische Maßnahmen im Zuge des
Klimaschutzes in Zukunft wieder steigen wird. Weiterhin ist davon
auszugehen, dass durch den verstärkten Ausbau der
erneuerbaren Energien und die damit steigende erneuerbare
Stromerzeugung die Laufzeiten der konventionellen Kraftwerke
zukünftig sinken werden.
32
2.4.1
Erdgas
(1) Erdgas besitzt unter den konventionellen kohlenstoffbasierten Energieträgern den geringsten CO 2 -Emissionsfaktor.
Darüber hinaus gilt die Stromerzeugung aus Gas als sehr flexibel,
was besonders gut geeignet ist, um die steigende Stromerzeugung
dargebotsabhängiger erneuerbarer Energieträger wie PV und
Wind ausgleichen zu können. Im Zuge dieser Untersuchung
werden zum Einen die Stromgestehungskosten von Gas-undDampfturbinenkraftwerken. Die sogenannten GuD-Anlagen
verbinden einen Gasturbinen- und einen Dampfturbinenteil und
erhöhen somit die Effizienz der Energieträgerausnutzung im
Vergleich zu getrennten Prozessen. Diese Form der Kraftwerke
wird vorrangig zur Deckung der Mittellast eingesetzt. Zum anderen
werden zusätzlich die Stromgestehungskosten von reinen
Gasturbinenkraftwerken berechnet, die als Spitzenlastkraftwerke
eingesetzt werden. Die folgenden Annahmen dienen als
Berechnungsgrundlage der Stromgestehungskosten von ErdgasGUD-Kraftwerken.
Tabelle 17: Annahmenset Erdgas-GUD
Einheit
Investitionskosten
Fixe Betriebskosten
Variable Betriebskosten
Wirkungsgrad
CO2-Emissionen
WACC (real)
2015
Region Region Region Region
2
1
3
4
€2012/kW
1.000
1.000
1.000
1.000
% der Invest.kosten
2%
2%
2%
2%
€2012/MWh
2
2
2
2
%
58%
58%
58%
58%
g/kWh
202
202
202
202
%
7,5%
7,5%
7,5%
7,5%
Quelle: Prognos AG
(2) Die Investitionskosten für ein GUD-Kraftwerk betragen
standortunabhängig im Jahr 2015 rund 1.000 Euro 2012 /kW. Die
jährlichen fixen Betriebskosten betragen im Durchschnitt rund 2 %
der Investitionskosten, die variablen Betriebskosten für Roh-, Hilfsund Betriebsstoffel liegen bei 2,0 Euro 2012 /MWh. Die 500 C bis
600 C heißen Abgase der vorgeschalteten Gasturbine werden
einem Abhitzekessel zur Verdampfung von Wasser genutzt und
anschließend in einer Dampfturbine entspannt. Durch diese
Kombination werden besonders hohe Wirkungsgrade der Gesamtanlage erreicht. Für die Berechnung der Stromgestehungskosten
wird ein Netto-Wirkungsgrad über ein Betriebsjahr von 58 %
angenommen, der deutlich unter den Netto-Nennwirkungsgraden
33
von über rund 62 % im optimalen Anlagenbetriebspunkt liegt. Der
CO 2 -Emissionsfaktor des eingesetzten Kraftwerksgas liegt bei
202 g/kWh. Aufgrund der hohen Investitionskosten in einem immer
volatileren Strommarkt beträgt der reale kalkulatorische Zinssatz
7,5 %. Neben diesen Annahmen beeinflussen besonders die
Brennstoff- und CO 2 -Kosten die variablen Betriebskosten. Tabelle
18 können daher die Kostenbestandteile der verbleibenden
variablen Betriebskosten entnommen werden.
Tabelle 18: Brennstoffpreisentwicklung Erdgas-GUD
Region
Einheit
Brennstoffpreis
1- 4
€2012/MWh
Stromerzeugung
1- 4
MWh/MW 3.500 3.500 3.500 3.100 3.000 2.900 2.750 2.600 2.500
CO2-Preis
1- 4
€2012/t
7,0
20,0
25,0
31,0
36,0
42,0
47,0
51,0
55,0
CO2-Kosten
1- 4
€2012/MWh
2,4
7,0
8,7
10,8
12,5
14,6
16,4
17,8
19,2
2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2055
25,0
27,0
30,5
33,0
35,0
39,0
42,5
45,0
47,0
Quelle: Prognos AG
(3) Der Brennstoffpreis für Kraftwerksgas entwickelt sich in
Zukunft standortunabhängig und steigt von rund 25 Euro 2012 /MWh
auf 47 Euro 2012 /MWh im Jahr 2055. Diese Entwicklung wird zum
Einen durch einen weiterhin weltweiten Anstieg des Gasbedarfs
verursacht. Zum anderen werden in Zukunft die günstigen
Gasfelder erschöpft sein, weshalb die Förderkosten von Gas
steigen werden.
(4) Die durchschnittliche jährliche Stromerzeugung von GUDKraftwerken wird sich in den nächsten Jahren trotz ihrer flexiblen
Einsatzmöglichkeiten reduzieren. Aufgrund der steigenden,
beinahe grenzkostenfreien Stromerzeugung aus erneuerbaren
Energien wird die Stromerzeugung konventioneller Kraftwerke in
Zukunft rückläufig sein. Aus diesem Grund sinkt die
Stromerzeugung von 3.500 MWh/MW im Jahr 2015 auf
2.500 MWh/MW im Jahr 2055.
(5) Die europäische Wirtschaftskrise der letzten Jahre führte
zusammen mit der hohen Zertifikateausstattung der aktuellen
Handelsperiode zu einem Verfall der CO 2 -Preise. Die wirtschaftliche Entwicklung der in den Emissionshandel eingebundenen
Industrien und auch der Strombedarf entwickelten sich weitaus
schwächer als bei der Festlegung der Emissionsionsziele für den
Zeitraum bis 2020 angenommen. Vom Emissionshandel gehen
derzeit kaum noch Impulse zur Senkung der CO 2 -Emissionen aus.
Eine Änderung dieser Situation wäre nur durch die dauerhafte
Herausnahme von CO 2 -Zertifikaten aus dem Markt zu erreichen.
Die in Tabelle 18 dargestellte CO 2 -Preisentwicklung basiert auf
34
der Annahme, dass die EU aus Klimaschutzgesichtspunkten eben
dies durchsetzen wird. Wenn der Klimaschutz dauerhaft
vorangetrieben werden soll, geht dies nur über eine Verteuerung
von CO 2 -Zertifikaten. Aus diesem Grund steigt der Preis für eine
Tonne CO 2 von 7 Euro 2012 im Jahr 2015 auf 55 Euro 2012 im Jahr
2055. Dadurch steigen die Kosten der CO 2 -Emissionen eines
GUD-Kraftwerks von 2,4 Euro 2012 /MWh im Jahr 2015 auf rund
19 Euro 2012 /MWh im Jahr 2055.
Basierend auf den getroffenen Annahmen sind in folgender
Tabelle die Stromgestehungskosten einer GUD-Anlage über den
Zeitraum von 40 Jahren entnommen werden.
Tabelle 19: Stromgestehungskosten Erdgas-GuD, in Cent 2012 /kWh
(Inbetriebnahme 2015)
40 Jahre
Betriebszeitraum
Einheit
Region
1
Region
2
Region
3
Region
4
Cent2012/kWh
9,3
9,3
9,3
9,3
Quelle: Prognos AG
(6) Aufgrund der steigenden Brennstoff- und CO 2 -Preise liegen
die Stromgestehungskosten eines im Jahr 2015 neugebauten
GUD-Kraftwerks bei 9,3 Cent 2012 /kWh. Auch die sinkende jährliche
Stromerzeugung trägt zu der Höhe der Stromgestehungskosten
bei.
Für den Ausgleich der fluktuierenden Einspeisung erneuerbarer
Energien werden neben den GUD-Kraftwerken auch reine
Gasturbinenkraftwerke benötigt. Diese dienen zum Einen zur
Deckung der Spitzenlast; zum anderen sind sie in der Lage,
schnell auf die Erzeugung dargebotsabhängiger Energieträger wie
Wind und PV zu reagieren.
(7) Folgende Annahmen dienen als Berechnungsgrundlage der
Stromgestehungskosten von Erdgas-GT-Kraftwerken.
35
Tabelle 20: Annahmenset Erdgas-GT
Einheit
Investitionskosten
Fixe Betriebskosten
Variable Betriebskosten
€2012/kW
450
450
450
450
% der Invest.kosten
2%
2%
2%
2%
€2012/MWh
1
1
1
1
%
38%
38%
38%
38%
g/kWh
202
202
202
202
%
7,5%
7,5%
7,5%
7,5%
Wirkungsgrad
CO2-Emissionen
2015
Region Region Region Region
1
2
3
4
WACC (real)
Quelle: Prognos AG
(8) Ein Vorteil von Gasturbinenkraftwerken sind die niedrigen
Investitionskosten. Für die Berechnung betragen diese
standortunabhängig 450 Euro 2012 /kW. Die jährlichen fixen
Betriebskosten bei GT-Kraftwerken liegen bei 2 % der
Investitionskosten. Die variablen Betriebskosten einer Gasturbine
umfassen anders als bei anderen Kraftwerken auch einen großen
Teil der Wartungskosten. Gasturbinen müssen nach vordefinierten
Laufzeitintervallen gründlich inspiziert werden. Dabei werden die
Schaufeln des Verdichter- und des Turbinenteils, aber auch die
Brennkammer auf Schäden untersucht. Die variablen
Betriebskosten (ohne Brennstoffkosten) liegen bei rund
1,0 Euro 2012 /MWh. Ein Nachteil von Gasturbinenkraftwerken ist der
im Vergleich zum GuD-Kraftwerk geringere Netto-Wirkungsgrad.
Dieser wird für die Berechnungen der Stromgestehungskosten mit
38 % netto über ein Jahr angesetzt. Da es sich bei dem
eingesetzten Brennstoff um Erdgas handelt, liegt der CO 2 Emissionsfaktor ebenfalls bei 202 g/kWh. Der reale kalkulatorische
Zinssatz beträgt 7,5 %. Die Annahmen für die Bestimmung der
gesamten variablen Kosten einer Gasturbine können folgender
Tabelle entnommen werden.
Tabelle 21: Brennstoffpreisentwicklung Erdgas-GT, in Euro 2012
Region
Einheit
Brennstoffpreis
1- 4
€2012/MWh
27,5
29,7
33,6
36,3
38,5
42,9
46,8
49,5
51,7
Stromerzeugung
1- 4
MWh/MW
800
800
800
800
800
800
800
800
800
CO2-Preis
1- 4
€2012/t
7,0
20,0
25,0
31,0
36,0
42,0
47,0
51,0
55,0
CO2-Kosten
1- 4
€2012/MWh
3,7
10,6
13,3
16,5
19,1
22,3
25,0
27,1
29,2
2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2055
Quelle: Prognos AG
36
(9) Aufgrund der geringeren Abnahmemenge eines
Gasturbinenkraftwerks im Vergleich zu einem GUD-Kraftwerk,
liegen die Brennstoffpreise von Erdgas für Gasturbinen etwas über
den Brennstoffkosten einer GUD-Anlage. Die Entwicklung verläuft
allerdings auf dem gleichen Preissteigerungspfad wie bei den
GUD-Kraftwerken und steigt von rund 28 Euro 2012 /MWh auf fast
52 Euro 2012 /MWh im Jahr 2055.
(10) Die durchschnittliche jährliche Stromerzeugung von GTKraftwerken wird über den gesamten Betrachtungszeitraum mit
800 MWh/MW angesetzt. Gasturbinen werden bei steigenden
Anteilen fluktuierender Energieträger zunehmend zur Deckung von
Residuallastspitzen eingesetzt. Die bereits beschriebene
Preisentwicklung der CO 2 -Zertifikate führt aufgrund des
schlechteren Wirkungsgrads einer Gasturbine zu höheren CO 2 Kosten einer solchen Anlage im Vergleich zu den effizienteren
GUD-Kraftwerken. So steigen die CO 2 -Kosten von knapp
4 Euro/MWh im Jahr 2015 auf rund 29 Euro/MWh im Jahr 2055.
Anhand dieser Annahmen ergeben sich für GT-Kraftwerke über
einen Zeitraum von 40 Jahren folgende Stromgestehungskosten.
Tabelle 22: Stromgestehungskosten Erdgas GT, in Cent 2012 /kWh
(Inbetriebnahme 2015)
40 Jahre
Betriebszeitraum
Einheit
Region
1
Region
2
Region
3
Region
4
Cent2012/kWh
15,6
15,6
15,6
15,6
Quelle: Prognos AG
(11) Die Stromgestehungskosten für ein neugebautes
Gasturbinenkraftwerk liegen bei einer Betriebsdauer von 40
Jahren bei 15,6 Cent 2012 /kWh. Systematische regionale
Preisunterschiede sind aufgrund der vergleichbaren Gaskosten in
den analysierten Regionen nicht zu erwarten.
2.4.2
Steinkohle
(1) Die Nutzung von Steinkohle in Deutschland hat eine lange
Tradition. Die Entwicklung ganzer Regionen wurde maßgeblich
von der Steinkohle beeinflusst. Durch die zeitliche Limitierung der
Steinkohlesubventionen wird in den nächsten Jahren die Förderung in Deutschland mit großer Wahrscheinlichkeit komplett
eingestellt. Allerdings beziehen die Kohlekraftwerke bereits seit
vielen Jahren den Großteil der benötigten Steinkohle aus dem
Ausland. Große Exportländer wie Australien, Indonesien,
Russland, die USA und Südafrika verschiffen hohe Anteile ihrer
37
Produktion. In Deutschland werden derzeit rund 20 % der Bruttostromerzeugung durch Steinkohle bereit gestellt. Im Gegensatz zu
GUD-Kraftwerken werden Steinkohlekraftwerke zur Deckung von
Grund- und Mittellast eingesetzt. Allerdings verursacht Steinkohle
höhere CO 2 -Emissionen. Folgende Annahmen dienen als
Berechnungsgrundlage der Stromgestehungskosten von
Steinkohle-Kraftwerken.
Tabelle 23: Annahmenset Steinkohle
Einheit
Investitionskosten
Fixe Betriebskosten
Variable Betriebskosten
Wirkungsgrad
CO2-Emissionen
WACC (real)
2015
Region Region Region Region
1
2
3
4
€2012/kW
1.500
1.500
1.500
1.500
% der Invest.kosten
3%
3%
3%
3%
€2012/MWh
2
2
2
2
%
46%
46%
46%
46%
g/kWh
337
337
337
337
%
7,5%
7,5%
7,5%
7,5%
Quelle: Prognos AG
(2) Die Investitionskosten für ein Steinkohle-Kraftwerk betragen
regionsunabhängig im Jahr 2015 rund 1.500 Euro 2012 /kW. Damit
liegen die Investitionskosten rund 50 % höher als ein vergleichbares GUD-Kraftwerk. Dies liegt vor allem an der wesentlich
größeren Bauweise und am Einsatz von Rauchgasreinigungsanlagen. Die Abgase bei der Verbrennung von Steinkohle
beinhalten unter anderem Schwefeldioxid und andere Schadstoffe,
die über ein aufwendiges Verfahren zurück gehalten werden
müssen.
Die jährlichen fixen Betriebskosten betragen im Durchschnitt rund
3 % der Investitionskosten, die variablen Betriebskosten für Roh-,
Hilfs- und Betriebsstoffel liegen bei 2,0 Euro 2012 /MWh. Für die
Berechnung der Stromgestehungskosten beträgt der NettoWirkungsgrad 46 %. Damit liegt ein Steinkohlekraftwerk deutlich
unter den Effizienzwerten einer GUD-Anlage. Desweiteren liegt
der CO 2 -Emissionsfaktor mit 337 g/kWh über 60 % höher als bei
Erdgas. Aufgrund der hohen Investitionskosten in einem immer
volatileren Strommarkt beträgt der reale kalkulatorische Zinssatz
7,5 %. Neben diesen Annahmen beeinflussen besonders die
Brennstoff- und CO 2 -Kosten die variablen Betriebskosten. Tabelle
24 können die Kostenbestandteile der verbleibenden variablen
Betriebskosten entnommen werden.
38
Tabelle 24: Brennstoffpreisentwicklung Steinkohle
Region
Brennstoffpreis
Einheit
2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2055
1
12,2
13,2
14,7
16,2
17,2
18,2
19,2
20,2
21,2
2
12,5
13,5
15,0
16,5
17,5
18,5
19,5
20,5
21,5
13,0
14,0
15,5
17,0
18,0
19,0
20,0
21,0
22,0
14,0
15,0
16,5
18,0
19,0
20,0
21,0
22,0
23,0
3
€2012/MWh
4
Stromerzeugung
1- 4
MWh/MW 6.000 5.700 5.700 4.800 4.300 4.100 3.700 3.600 3.300
CO2-Preis
1- 4
€2012/t
7,0
20,0
25,0
31,0
36,0
42,0
47,0
51,0
55,0
CO2-Kosten
1- 4
€2012/MWh
5,1
14,7
18,3
22,7
26,4
30,8
34,4
37,4
40,3
Quelle: Prognos AG
(3) Der Transport von Kohle ist im Vergleich zum leitungsgebundenen Transport von Gas zwar flexibler, jedoch aber mit
regional unterschiedlichen Kosten verbunden. Aus diesem Grund
basiert die Berechnung der Stromgestehungskosten auf
standortabhängigen Brennstoffpreisen von Steinkohle. Generell
wird der Steinkohlepreis am Weltmarkt über den
Untersuchungszeitraum deutlich steigen. Aufgrund der weltweit
steigenden Nachfrage und den steigenden Förderkosten erhöht
sich der Preis von 12,5 Euro 2012 /MWh im Jahr 2015 auf
21,2 Euro 2012 /MWh im Jahr 2055 in Region 1. Da Steinkohle
üblicherweise per Schiff transportiert wird, gelangt ein Großteil der
Steinkohlenimporte über die Region 1 nach Deutschland und wird
von dort mit Hilfe von Binnenschiffen und teilweise auch
Güterzügen an die Abnehmer verteilt. Aus diesem Grund erhöht
sich in dieser Berechnung der Brennstoffpreis, je weiter man nach
Süden kommt.
(4) Auch die Verstromung von Steinkohle wird in den nächsten
Jahren zurück gehen, ähnlich wie die Stromerzeugung aus GUDKraftwerken. Aufgrund der steigenden, beinahe grenzkostenfreien
Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, wird in Zukunft die
Stromerzeugung konventioneller Kraftwerke rückläufig sein.
Deshalb sinkt die Stromerzeugung von 6.000 MWh/MW im Jahr
2015 auf 3.300 MWh/MW im Jahr 2055.
(5) Aufgrund der bereits beschriebenen Entwicklung der Preise
für CO 2 -Zertifikate und den hohen spezifischen CO 2 -Emissionen
steigen die Kosten der CO 2 -Emissionen eines Steinkohlekraftwerks von rund 5 Euro 2012 /MWh im Jahr 2015 auf über
40 Euro 2012 /MWh im Jahr 2055.
Die folgende Tabelle 25 fasst die Ergebnisse der Stromgestehungskosten für Steinkohle zusammen.
39
Tabelle 25: Stromgestehungskosten Steinkohle, in Cent 2012 /kWh
(Inbetriebnahme 2015)
40 Jahre
Betriebszeitraum
Einheit
Region
1
Region
2
Region
3
Region
4
Cent2012/kWh
8,2
8,2
8,4
8,6
Quelle: Prognos AG
(6) Die unterschiedlichen Brennstoffpreise in den
Untersuchungsregionen 1 bis 4 führen zu leichten Differenzen in
den Stromgestehungskosten. Ein im Jahr 2015 neu errichtetes
Steinkohlekraftwerk hat demnach Stromgestehungskosten, die
nach Region zwischen 8,2 Cent 2012 /kWh und 8,6 Cent 2012 /kWh.
2.4.3
Braunkohle
(1) Die heimische Braunkohle deckt derzeit fast 25 % der
Bruttostromversorgung. In den Revieren in West- und
Ostdeutschland ist der Abbau von Braunkohle so hoch, wie bei
keinem anderen konventionellen Energieträger in Deutschland.
Die Verstromung findet dabei in unmittelbarer Umgebung der
Förderstätten statt. Durch den geringeren Energiegehalt ist ein
weiträumiger Transport nicht mehr wirtschaftlich. Die
Braunkohleverstromung ist aufgrund ihrer niedrigen Kosten ein
klassischer Grundlastenergieträger. Jedoch liegt der CO 2 Emissionsfaktor mit 389 g/kWh noch über dem von Steinkohle.
Folglich ist die Braunkohle der klimaschädlichste konventionelle
Energieträger, der im großen Umfang in Deutschland zur
Stromversorgung eingesetzt wird. Die Berechnung der
Stromgestehungskosten eines im Jahr 2015 neugebauten
Braunkohlekraftwerks basieren auf folgenden Annahmen.
40
Tabelle 26: Annahmenset Braunkohle
Investitionskosten
Fixe Betriebskosten
Variable Betriebskosten
Einheit
2015
Region
2-3
€2012/kW
1.700
% der Invest.kosten
3%
€2012/MWh
2,5
%
44%
g/kWh
389
%
7,5%
Wirkungsgrad
CO2-Emissionen
WACC (real)
Quelle: Prognos AG
(2) Die Investitionskosten für ein Braunkohlekraftwerk betragen
in den Regionen 2 und 3 im Jahr 2015 rund 1.700 Euro 2012 /kW.
Die Investitionskosten von Braunkohlekraftwerken liegen über
denen von Steinkohlekraftwerken, da die Kessel und damit das
ganze Kraftwerk nochmals größer sind. Heutzutage werden Kessel
eingesetzt mit einer Höhe von über 170 m.
Desweiteren ist die Rauchgasreinigung bei der Verbrennung von
Braunkohle noch aufwendiger als bei Steinkohle, was ebenfalls
höhere Kosten verursacht. Die jährlichen fixen Betriebskosten
betragen im Durchschnitt rund 3 % der Investitionskosten. Die
variablen Betriebskosten für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe liegen
bei 2,5 Euro 2012 /MWh. Für die Berechnung der Stromgestehungskosten wird der Netto-Wirkungsgrad mit 44 % angesetzt. Der CO 2 Emissionsfaktor liegt mit 389 g/kWh über 90 % höher als bei
Erdgas. Aufgrund der hohen Investitionskosten in einem immer
volatileren Strommarkt beträgt der reale kalkulatorische Zinssatz
7,5 %. Neben diesen Annahmen beeinflussen besonders die
Brennstoffkosten und CO 2 -Kosten die variablen Betriebskosten. In
Tabelle 27 sind die Kostenbestandteile der verbleibenden
variablen Betriebskosten dargestellt.
Tabelle 27: Brennstoffpreisentwicklung Braunkohle
Region
Einheit
Brennstoffpreis
2- 3
€2012/MWh
Stromerzeugung
2- 3
MWh/MW 7.100 6.800 6.500 5.800 5.300 4.900 4.500 4.300 4.000
CO2-Preis
2- 3
€2012/t
7,0
20,0
25,0
31,0
36,0
42,0
47,0
51,0
55,0
CO2-Kosten
2- 3
€2012/MWh
6,2
17,7
22,1
27,4
31,8
37,1
41,6
45,1
48,6
2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2055
1,5
1,5
1,5
1,5
1,5
1,5
1,5
1,5
1,5
Quelle: Prognos AG
41
(3) Die Berechnung der Stromgestehungskosten basiert für die
Regionen 2 und 3 auf einem einheitlichen Braunkohlepreis. Die
Fördersituationen zwischen den westdeutschen und den
ostdeutschen Revieren unterscheiden sich jedoch. In
Westdeutschland liegt die Braunkohle viel tiefer im Boden als in
Ostdeutschland, so dass der Abraum deutlich größer ist. Allerdings
ist die Qualität der Braunkohle, was den Brennwert angeht, in
westdeutschen Revieren höher. Diese beiden Faktoren (höhere
Förderkosten, höherer Brennwert) führen dazu, dass die
Berechnung auf einem einheitlichen Brennstoffpreis basieren
kann. Der Berechnung liegt ein stabiles Preisniveau der
Braunkohle von 1,5 Euro 2012 /MWh zugrunde. Dabei geht man
davon aus, dass die Braunkohle zu ihren Grenzkosten an das
Kraftwerk weitergegeben wird.
(4) Analog zu allen konventionellen Energieträgern wird auch
die Braunkohlenverstromung durch den steigenden Anteil der
erneuerbaren Energien in Zukunft verdrängt. Aus diesem Grund
sinkt die jährliche Stromerzeugung von 7.000 MWh/MW im Jahr
2015 auf 4.000 MWh/MW im Jahr 2055.
(5) Durch die hohen spezifischen CO 2 -Emissionen steigen die
Kosten der CO 2 -Emissionen eines Braunkohlekraftwerks von rund
6 Euro 2012 /MWh im Jahr 2015 auf fast 50 Euro 2012 /MWh im Jahr
2055. Diese Annahmen führen zu folgenden Stromgestehungskosten, die der Tabelle 28 entnommen werden können.
Tabelle 28: Stromgestehungskosten Braunkohle, in Cent 2012 /kWh
(Inbetriebnahme 2015)
40 Jahre
Betriebszeitraum
Einheit
Region
1
Region
2
Region
3
Region
4
Cent2012/kWh
-
5,6
5,6
-
Quelle: Prognos AG
(6) Ein im Jahr 2015 neu errichtetes Braunkohlekraftwerk hat
mit Stromgestehungskosten von 5,6 Cent 2012 /kWh die niedrigsten
Stromgestehungskosten aller betrachteten Energieträger.
Allerdings ist aus Wirtschaftlichkeitsgründen die Verstromung nur
in Region 2 und 3 sinnvoll, so dass ein flächendeckender Einsatz
im gesamten Untersuchungsgebiet nicht realistisch ist. Darüber
hinaus sollte aus Klimaschutzgründen der vermehrte Einsatz von
Braunkohle in der Stromerzeugung gründlich geprüft werden.
42
3
Ergebnisse aus der Analyse der
Stromgestehungskosten
3.1 Die Stromgestehungskosten der
Erzeugungstechnologien im Vergleich
(1) Wie in den voran gegangenen Kapiteln 2.1 bis 2.4 gezeigt,
unterscheiden sich die Stromgestehungskosten je nach
Technologie und betrachteter Region. Die Stromgestehungskosten
der erneuerbaren Energien ab Inbetriebnahme im Jahr 2015
weichen für die ersten 20 Jahre aufgrund der höheren
Investitionskosten im ersten Investitionszyklus von der
Betrachtung über 40 Jahre in der Regel nach oben hin ab. WindOnshore wird nach Süden hin teurer, wohingegen PhotovoltaikAnlagen (Dach und Freifläche) günstiger werden, je weiter man
nach Süden kommt. Das führt dazu, dass Freiflächen-Solarkraftwerke bereits 2015 in der Region 4 die günstigste Erzeugungsform
darstellen. In der Region 3 liegt Wind-Onshore mit
8,8 Cent 2012 /kWh leicht unter den 9,4 Cent 2012 /kWh der
Freiflächen-Solarkraftwerke. Biomasse und Biogas besitzen
aufgrund der beschriebenen Annahmen in jeder Region die
gleichen Stromgestehungskosten von 11,2 bzw.
14,7 Cent 2012 /kWh.
Abbildung 3:
PV- PVWindWindBioBioDach Freifläche Onshore Offshore masse gas
14,2
10,7
6,6
12,0
11,2 14,7
PV- PVWindWindBioBioDach Freifläche Onshore Offshore masse gas
13,4
9,9
7,4
-
11,2 14,7
PV- PVWindWindBioBioDach Freifläche Onshore Offshore masse gas
12,7
9,4
8,8
-
11,2 14,7
PV- PVWindWindBioBioDach Freifläche Onshore Offshore masse gas
12,1
8,7
9,6
-
Mittlere Stromgestehungskosten (LCOE) der
erneuerbaren Erzeugungsarten nach Regionen,
in Cent 2012 /kWh (20 Betriebsjahre ab 2015)
Region 1
Region 2
Region 3
Region 4
11,2 14,7
Quelle: Prognos AG, die LCOE für Wind Offshore beziehen sich nur auf die Nordsee
43
(2) Gleichzeitig wird deutlich, dass die Stromgestehungskosten
von neugebauten konventionellen Kraftwerken über einen
Zeitraum von 40 Jahren betrachtet nicht zwangsläufig mehr
günstiger sind als die von erneuerbaren Energien. Die Erzeugung
aus Wind Onshore ist in den Regionen 1 bis 3 günstiger bzw. auf
demselben Niveau wie die Erzeugung aus Erdgas und Steinkohle.
Die Stromgestehungskosten von Freiflächen-Solarkraftwerken
liegen in den Regionen 2 bis 4 unter den Stromgestehungskosten
von Erdgas und in den Regionen 3 und 4 beginnt der kostenseitige
Vorteil gegenüber der Stromerzeugung aus Steinkohle.
Verantwortlich ist hierfür einerseits die absehbare sinkende
Entwicklung der Systemkosten für PV im zweiten
Investitionszeitpunkt und die andererseits steigende
Kostenentwicklung für CO 2 -Zertifikate und Steinkohle. Gleichzeitig
sind Freiflächen-Solarkraftwerke bei einer Betrachtung des
gesamten Investitionszeitraumes über 40 Jahre in der Region 3
und 4 günstiger als Wind Onshore.
(3) In der Region 4, zu der große Teile Baden-Württembergs
und Bayerns zählen, sind die Freiflächen-Solarkraftwerke mittelund langfristig, wenn die Regelfähigkeit außer Acht gelassen wird,
absolut der günstigste verfügbare Energieträger.
Windenergieanlagen haben mit ihren spezifisch höheren
Investitionskosten an Schwachwindstandorten in Süddeutschland
aufgrund geringerer Erträge eher höhere Stromgestehungskosten.
Der Nachteil der prinzipiell kaum regelbaren Erzeugung bei den
fluktuierenden Energieträgern Wind und Photovoltaik bleibt trotz
Kostenvorsprung natürlich übergeordnet in allen Regionen
bestehen und muss durch weitere Maßnahmen der
Systemintegration ergänzt werden.
44
Abbildung 4:
Mittlere Stromgestehungskosten (LCOE) der
einzelnen Erzeugungsarten nach Regionen, in
Cent 2012 /kWh (über 40 Jahre)
Braun Stein- Erdgas Erdgas PV- PVWindWindBioBio-kohle kohle GUD
GT
Dach Freifläche Onshore Offshore masse gas
-
8,2
9,3
15,6
13,0
9,2
5,9
11,0
11,3 14,7
Braun Stein- Erdgas Erdgas PV- PVWindWindBioBio-kohle kohle GUD
GT
Dach Freifläche Onshore Offshore masse gas
5,6
8,2
9,3
15,6
12,3
8,5
6,6
-
11,3 14,7
Braun Stein- Erdgas Erdgas PV- PVWindWindBioBio-kohle kohle GUD
GT
Dach Freifläche Onshore Offshore masse gas
5,6
8,4
9,3
15,6
11,6
8,1
7,7
-
11,3 14,7
WindBraun Stein- Erdgas Erdgas PV- PVWindBioBio-kohle kohle GUD
GT
Dach Freifläche Onshore Offshore masse gas
-
8,6
9,3
15,6
11,1
7,5
8,7
-
Region 1
Region 2
Region 3
Region 4
11,3 14,7
Quelle: Prognos AG, die LCOE für Wind Offshore beziehen sich nur auf die Nordsee
(4) Aufgrund der sehr niedrigen Brennstoffpreise von
Braunkohle liegen die Stromgestehungskosten unter allen anderen
Erzeugungsarten. Allerdings ist die Nutzung dieses Brennstoffes
mit vergleichsweise hohen CO 2 -Emissionen verbunden. Durch die
bislang geringen Erfahrungen im Bereich Wind Offshore sind die
Stromgestehungskosten über 40 Jahre betrachtet höher als die
von Freiflächen-Solarkraftwerken und Wind Onshore. Im zweiten
Investitionszyklus könnten jedoch bereits deutliche
Kostensenkungspotenziale erzielt werden. Regelbare Bioenergie
eignet sich hervorragend als Ergänzung zu der
Spitzenlasterzeugung aus Gasturbinen. Dabei liegen die
Stromgestehungskosten der Bioenergien sogar unter denen der
herkömmlichen GT-Kraftwerke, solange die Brennstoffpreise für
Bioenergien durch eine moderate Nutzung nicht deutlich steigen.
3.2 Die Wirtschaftlichkeit von FreiflächenSolarkraftwerken im Jahr 2015
(1) Die Wirtschaftlichkeit von Freiflächen-Solarkraftwerken hängt
in der Regel von der Höhe der zu erzielenden Erlöse aus den
Vergütungszahlungen ab. Zusätzliche Erlöse aus dem
Eigenverbrauch von Strom sind anders als bei Dachanlagen selten
möglich. Zu groß ist zumeist die räumliche Entfernung von
45
geeigneten Flächen für Freiflächen-Solarkraftwerke und
geeigneten Stromverbrauchern. Insofern ist die geltende EEGVergütung für Anlagen bis 10 MW-Leistung nach § 32 EEG 2012
die alleinige Einnahmequelle für Investoren in FreiflächenSolarkraftwerken. Diese sinkt jedoch in den kommenden Monaten
in Abhängigkeit von der Gesamtmarktentwicklung deutlich. Bereits
ab Oktober 2013 wird die Vergütung die Grenze von 10 Cent/kWh
unterschreiten (vgl. Abbildung 5). Erfolgt ein weiterer PV-Zubau im
geplanten EEG-Zubau-Korridor von 2,5 GW bis 3,5 GW in zwölf
Monaten (Grüne Line), wäre bereits Mitte 2014 die Marke von
9 Cent/kWh erreicht. Bei einer geringeren Marktdynamik mit
1,5 GW bis 2,0 GW Zubau in zwölf Monaten würde die für
Freiflächen-Solarkraftwerke relevante Vergütung im April 2015 auf
etwa 9 Cent/kWh sinken.
Abbildung 5:
Entwicklung der Vergütungssätze für FreiflächenSolarkraftwerke
Entwicklung der nominalen EEG-Vergütungssätze für Freiflächen-Solarkraftwerke
in Abhängigkeit vom gesamten PV-Marktvolumen in Cent/kWh
11,8
11,0
10,4
9,9
9,7
9,6
9,4
9,2
9,3
8,8
8,6
9,2
8,5
8,1
9,0
8,2
8,9
8,0
7,6
7,1
6,6
6,2
8,8
7,8
5,8
8,6
7,5
5,4
8,5
7,3
5,1
8,4
8,2 8,2
7,1
6,9 6,7
4,7
Bei Zubau zwischen 5,5 und 6,5 GW
Bei Zubau zwischen 4,5 und 5,5 GW
Bei Zubau zwischen 3,5 und 4,5 GW
Bei Zubau zwichen 2,5 und 3,5 GW
Bei Zubau zwichen 2,0 und 2,5 GW
Bei Zubau zwichen 1,5 und 2,0 GW
4,4 4,2
Jan 13 Apr 13 Jul 13 Okt 13 Jan 14 Apr 14 Jul 14 Okt 14 Jan 15 Apr 15 Jul 15 Okt 15 Jan 16 Apr 16 Jul 16 Okt 16
Quelle: Prognos in Anlehnung an das EEG 2012
(2) Die EEG-Vergütungen werden immer nominal für 20
vollständige Betriebsjahre gezahlt. Folglich sinkt ihr inflationsbereinigter Wert pro Jahr in Abhängigkeit von der Inflationsrate.
Dieser Zusammenhang ist bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit
von Freiflächen-Solarkraftwerken zu beachten. Denn wird
beispielsweise ein Freiflächen-Solarkraftwerk im April 2015 gebaut
und erhält 9,0 Cent/kWh Vergütung für 20 Jahre, reduziert sich der
reale Wert der Zahlungen in Abhängigkeit der Inflationsrate
erheblich.
46
Abbildung 6:
Wirkung der Inflation auf den Wert der EEGVergütung
Inflationswirkung auf die EEG-Vergütung, Angaben in Cent/kWh
9,0
9,0
2015
9,0
8,7
9,0
8,5
2017
9,0
8,2
9,0
8,0
9,0
7,8
9,0
7,5
9,0
9,0
9,0
9,0
9,0
9,0
9,0
9,0
9,0
9,0
9,0
9,0
9,0
9,0
8,4
8,3
8,2
8,1
8,1
8,0
7,9
7,8
7,5
7,8
7,7
7,4
7,6
7,5
7,2
7,4
7,4
7,1
7,0
6,8
6,7
6,6
6,4
6,3
6,2
6,1
5,4
5,3
5,1
5,0
7,3
7,1
6,9
6,7
6,5
6,3
6,1
6,0
Nominale EEG-Vergütung
Real, Inflationsrate 2 %
Real, Inflationsrate 1 %
Real, Inflationsrate 3 %
2019
2021
2023
2025
2027
2029
5,8
5,6
2031
2033
2035
Quelle: Prognos AG, eigene Darstellung
(3) Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Investitionen
von Freiflächen-Solarkraftwerken im Jahr 2015 muss also im
Vergleich zu den in Abbildung 3 ausgewiesenen realen Stromgestehungskosten für das Inbetriebnahmejahr 2015 der Unterschied
zu den nominalen Vergütungszahlungen berücksichtigt werden.
Die Wirtschaftlichkeit von Freiflächen-Solarkraftwerken ist nur
dann gegeben, wenn der interne Zinsfuß einer Investitionsrechnung den realen Kapitalkosten (WACC) zuzüglich der
unterstellten Inflationsrate entspricht, die der Berechnung der
realen Stromgestehungskosten zu Grunde liegen. Natürlich
müssen auch alle anderen Kostenparameter gleich angesetzt
werden.
(4) In der Region 4, in der die realen Stromgestehungskosten im
Jahr 2015 bei 8,7 Cent/kWh liegen (vgl. Tabelle 4Abbildung 3)
wäre bei einer Inflationsrate von 2 % eine Vergütung von nominal
9,8 Cent/kWh notwendig, um eine wirtschaftliche Investition
darzustellen. In den Regionen 1, 2 und 3 wären folglich nominale
EEG-Vergütungen von mehr als 10 Cent/kWh notwendig um
wirtschaftliche Investitionen in Freiflächen-Solarkraftwerke
darstellen zu können.
47
(5) Ein Vergleich mit den in Abbildung 5 dargestellten zu
erwartenden Vergütungssätzen für das Jahr 2015 bei den
entsprechenden Gesamtmarktentwicklungen legt somit nahe, dass
Freiflächen-Solarkraftwerke unter den gegebenen Rahmenbedingungen spätestens ab 2015 nicht mehr wirtschaftlich
betrieben werden können. Dementsprechend ist davon
auszugehen, dass die Investitionen in Freiflächen Solarkraftwerke
nicht mehr getätigt werden.
(6) Die aktuelle Entwicklung der Anlagen-Anmeldungen bei der
Bundesnetzagentur unterstreicht die sinkende Wirtschaftlichkeit
der Freiflächenanlagen nahe. Wurden im Jahr 2012 bei Anlagen
mit einer Größe von über 3 MW Peakleistung im Durchschnitt über
150 MW pro Monat installiert, sank im Jahr 2013 im ersten halben
Jahr der Durchschnitt auf rund 50 MW pro Monat. Neben der
durchschnittlichen Anlagenleistung pro Monat sinkt auch der
Marktanteil der Anlagen mit als 3 MW Leistung aktuell wieder auf
deutlich unter 20 %. Ende des Jahres 2012 lag der Anteil der
Anlagen mit über 3 MW Peakleistung an der monatlich installierten
Leistung bei durchschnittlich über 30 %.
(7) Die Entwicklung der Vergütungssätze für FreiflächenSolarkraftwerke hängen vom Zubauvolumen des gesamten PVMarktes ab. Bei einem hohen Zubau von Aufdachanlagen sinken
die Vergütungssätze unabhängig von der Marktentwicklung der
Freiflächen. Der Markt für Freiflächen-Solarkraftwerke kann jedoch
als eigenständiger Markt angesehen werden, der sich losgelöst
vom Markt für Ausdachsysteme entwickelt. Wenn weiterhin
Freiflächen-Solarkraftwerke Teil des Ausbaus der erneuerbaren
Energien sein sollen, empfiehlt sich eine eigenständige
Degressionsentwicklung der Vergütungssätze, die sich
ausschließlich am tatsächlichen Ausbau der FreiflächenSolarkraftwerke orientiert und nicht an der gesamten
Marktentwicklung von PV-Systemen.
3.3 Der Einfluss von FreiflächenSolarkraftwerken auf die Kosten des
erneuerbaren Strommixes
(1) Wird eine Zubauverteilung für das Jahr 2015 in den
entsprechenden vier Regionen unterstellt, lässt sich eine
Verteilung der Stromerzeugungsmengen errechnen, die aus
diesen im Jahr 2015 installierten Anlagen hervorgeht. Die
Verteilung orientiert sich im Wesentlichen am Trendszenario der
48
EEG-Mittelfristprognose 3. Aus der Verteilung können dann über
die ermittelten Stromgestehungskosten die regionsspezifischen
Kosten des EE-Zubaus für das Jahr 2015 berechnet werden.
(2) Freiflächen-Solarkraftwerke spielen aufgrund ihrer geringen
Wirtschaftlichkeit auch in den südlichen Regionen 3 und 4
praktisch keine Rolle mehr in der Verteilung der Stromerzeugung
(vgl. Tabelle 29). Der Zubau an Erneuerbaren-Anlagen wird im
Jahr 2015 durch die Wind Onshore und Offshore sowie PVDachanlagen dominiert. Hierdurch ergeben sich für die Region 1
mittlere Stromgestehungskosten von 9,9 Cent/kWh und in der
Region 4 Stromgestehungskosten von 11,5 Cent/kWh für die im
Jahr 2015 installierten Anlagen.
Tabelle 29: Anteilige Verteilung der Stromerzeugung einzelner
Energieträger der im Jahr 2015 neu installierten EEAnlagen nach Regionen
Einheit
2015
Region 1 Region 2 Region 3 Region 4
PV-Dach
%
8%
15 %
30 %
40 %
Freiflächen
%
0%
0%
0%
0%
Onshore-Wind
%
48 %
61 %
52 %
35 %
Offshore-Wind
%
35 %
0%
0%
0%
Biomasse
%
3%
9%
10 %
15 %
Biogas
%
6%
15 %
8%
10 %
9,7
9,8
11,1
11,3
Ø Stromgestehungskosten
Quelle: Prognos AG in Anlehnung an die MiFri 2012 4
(3) Würde hingegen die Wirtschaftlichkeit von FreiflächenSolarkraftwerken wieder erreicht, könnte ein deutlich höherer
Anteil an Freiflächen-Solarstrom realisiert werden. In allen
Regionen und insbesondere in den Regionen 3 und 4 ließen sich
die Freiflächen-Anteile erhöhen. Andere im Vergleich teurere
Techniken könnten ersetzt werden. Dadurch können die Kosten
der erneuerbaren Energien im Durchschnitt signifikant reduziert
3 Die EEG-Mittelfristprognose ist die von den Übertragungsnetzbetreibern jährlich erstellte Prognose über die Entwicklung
der EEG-Umlage. Dieser liegen umfangreiche Studien zur erwarteten Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu
Grunde. Quelle: MiFri 2012: Gutachten der r2b energy consulting GmbH zur Jahresprognose 2013 und
Mittelfristprognose bis 2017 zur deutschlandweiten Stromerzeugung aus EEG geförderten Kraftwerken unter
http://www.eeg-kwk.net/de/Jahres-Mittelfristprognosen.htm
4 Quelle: siehe ebenda
49
werden. Insbesondere in der Region 4 ließen sich mehr als 10 %
der spezifischen durchschnittlichen Kosten reduzieren.
Zudem würde auch der Unterschied zwischen den Kosten der
Regionen reduziert werden. Die heute viel diskutierte
Notwendigkeit, günstigen erneuerbaren Strom aus dem Norden in
den Süden bringen zu müssen, würde dann ebenfalls reduziert
werden. Eine beispielhafte, alternative Verteilung ist in Tabelle 30
dargestellt. Sie verdeutlicht, dass ein höherer Freiflächen-Anteil in
der Stromerzeugung vor allem in Süddeutschland die Kosten der
erneuerbaren Energien senken kann. Ein im Schnitt um
0,5 Cent/kWh günstigerer Jahrgang erneuerbarer Energien im
Jahr 2015, der etwa 10 TWh pro Jahr Strom liefert, verringert
somit die zu zahlenden Vergütungen und damit Belastung der
Endkunden in Deutschland um 1 Mrd. Euro über 20 Jahre
Vergütungszeitraum.
Tabelle 30: Alternative Verteilung der Stromerzeugung einzelner
Energieträger der im Jahr 2015 neu installierten EEAnlagen nach Regionen
Einheit
2015
Region 1 Region 2 Region 3 Region 4
PV-Dach
%
6%
10 %
20 %
20 %
Freiflächen
%
8%
9%
16 %
40 %
Onshore-Wind
%
48 %
61 %
52 %
25 %
Offshore-Wind
%
35 %
0%
0%
0%
Biomasse
%
3%
8%
7%
9%
Biogas
%
4%
12 %
5%
6%
9,6
9,4
10,1
10,2
Ø Stromgestehungskosten
Quelle: Prognos AG
(4) Grundsätzlich ist jedoch bei der Bewertung zu
berücksichtigen, dass Stromgestehungskosten nur ein erster
Indikator für den Vergleich der verschiedenen Technologien
darstellen. Aufgrund der unterschiedlichen Verfügbarkeiten der
Erzeugungsformen und vor allem der technischen Regelbarkeit
und Flexibilität können nur bedingt Aussagen über optimale
regionale Erzeugungsstrukturen direkt abgeleitet werden. Die
generelle Aussage, dass ein höherer Anteil an FreiflächenSolarkraftwerke eher zu einer Vergünstigung der erneuerbaren
Stromerzeugung führt bleibt jedoch bestehen. Desweiteren ist zu
beachten, dass die hier keine Aussagen über Gesamtmarktkosten
abgeleitet werden können. Die Aussagen sind lediglich als
spezifische Kosten zu verstehen.
50
4
Wettbewerbsfähigkeit von FreiflächenSolarkraftwerken in Deutschland im Vergleich
zu Süd-Europa
(1) In Deutschland wird bereits über einen längeren Zeitraum
diskutiert, wie sich die Wettbewerbsfähigkeit von Solarkraftwerken
im Vergleich zu Südeuropa darstellt. Mit dieser Analyse soll
gezeigt werden, dass im Vergleich zum erwarteten Kostenniveau
der Solarkraftwerke in Deutschland der gerichtete Stromtransport
von solar erzeugtem Strom aus Süd-Europa nicht
wettbewerbsfähig im Vergleich zur Produktion in Deutschland ist.
(2) Hierzu werden die Stromgestehungskosten der FreiflächenSolarkraftwerke für Süd-Spanien, Süd-Italien und Griechenland
zusammen mit den zu erwartenden Transportkosten per
Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) nach
Deutschland ermittelt.
4.1 Annahmen und Stromgestehungskosten zu
Solarkraftwerken in Spanien, Italien und
Griechenland
(1) Für die Berechnung der Stromgestehungskosten aus
Freiflächen-Solarkraftwerken werden in Spanien, Griechenland
und Italien die Investitionskosten für Freiflächen-Solarkraftwerke
im Jahr 2015 in Italien und Spanien mit 1.000 Euro 2012 /kWp (real in
Euro von 2012) angenommen. Sie liegen damit 75 Euro/kWp über
den Kosten in Deutschland. Bei gleichen Modulkosten im
Großhandel von rund 500 Euro/kWp resultiert der
Kostenunterschied aus den Balance-of-System-Kosten (BOS), die
durch deutlich höhere Genehmigungsaufwendungen zu Stande
kommen. In Griechenland sind die BOS-Kosten im Vergleich zu
Deutschland, aber auch im Vergleich zu Italien, nochmals höher.
Daher liegen die Gesamtinvestitionskosten für Griechenland für
2015 mit 1.050 Euro/kWp nochmals über den Kosten für Italien
und Spanien.
(2) Für den Zeitpunkt 2035 werden vereinfachend gleiche
Investitionskosten für alle drei Länder angenommen. Zwar sind die
BOS-Kosten in Griechenland heute noch höher als in Italien oder
Spanien. Für das Jahr 2035 wird jedoch unterstellt, dass die BOSKosten auch in Griechenland durch wachsende praktische
Erfahrungen mit der Photovoltaik an Länder wie Italien und
Spanien angeglichen werden können. Die Investitionskosten
51
belaufen sich somit auf 475 Euro/kWp im Jahr 2035 für den
zweiten Investitionszyklus in allen drei Ländern.
(3) Die jährlichen Betriebskosten werden ebenfalls wie in
Deutschland mit 2 % der Investitionssumme abgeschätzt. Die
mittleren Kapitalkosten für Italien und Spanien werden mit real 6 %
über den Zeitraum von 40 Jahren angesetzt. Für Griechenland
werden 6,5 % real unterstellt. Dies ist zwar eine um 1 %-Punkt
bzw. 1,5 %-Punkte höhere angenommen Verzinsung als in
Deutschland, ist aber im Vergleich zu den aktuellen Unterschieden
bei den Finanzierungskonditionen der drei Länder aufgrund der
Staatsschuldenkrise immer noch eine optimistische Annahme.
(4) Hinsichtlich des Energieertrags unterscheidet sich Spanien
etwas von Italien und Griechenland. Die südlichen Landesteile
Spaniens, die hier in Betracht gezogen werden, liegen noch einmal
auf südlicheren Breitengraden als die entsprechenden Regionen in
Süditalien und auf dem griechischen Festland. Mit 1.700 kWh/kWp
liegen folglich die optimalen Standorte in Südspanien mit ihren
Erträgen im Mittel rund 100 kWh/kWp über den Erträgen in
Süditalien und Griechenland. Die hier angesetzten spezifischen
Energieerträge werden für Dünnschichtmodule berechnet, die
weniger Verluste durch hohe Außentemperaturen nach sich
ziehen. Würden Siliziummodule eingesetzt werden, läge der Ertrag
aufgrund der Wirkungsgradverschlechterung nochmals 7 %-10 %
niedriger. In der folgenden Tabelle 31 sind die Annahmen
zusammengefasst.
Tabelle 31: Annahmenset Freiflächen Solarkraftwerke in
Südeuropa (jährliche Degradation von 0,5%)
2015
2035
Griechen
Spanien
-land
Italien
Griechen
-land
475
475
475
1.600
1.700
1.600
1.600
2%
2%
2%
2%
2%
0
0
0
0
0
0
6%
6%
6,5%
6%
6%
6,5%
Einheit
Spanien
Italien
Investitionskosten
€2012/kW
1.000
1.000
1.050
Stromerzeugung
MWh/MW
1.700
1.600
Fixe
Betriebskosten
% der Invest.kosten
2%
Variable
Betriebskosten
€2012//MWh
%
WACC (real)
Quelle: Prognos AG
(5) Im Ergebnis ergeben sich für Spanien, Italien und
Griechenland geringere Kosten für Freiflächen-Solarstrom als in
Deutschland. In Spanien liegen die Kosten aufgrund der höchsten
52
Solarstrahlung mit 5,7 Cent/kWh etwas unter den Kosten von
Italien mit 6,1 Cent/kWh. Aufgrund der höheren Kapitalkosten und
leicht höheren Anfangsinvestitionen betragen die
Stromgestehungskosten in Griechenland rund 6,6 Cent/kWh.
Tabelle 32: Stromgestehungskosten Freiflächen Solarkraftwerke,
in Cent 2012 /kWh (Inbetriebnahme 2015/2035)
40 Jahre
Betriebszeitraum
Einheit
Spanien
Italien
Griechenland
Cent2012/kWh
5,7
6,1
6,6
Quelle: Prognos AG
(6) Im Vergleich zu den Kosten der Freiflächenanlagen in
Deutschland ist die reine Stromerzeugung in Südeuropa somit
zwischen einem und zwei Cent/kWh günstiger. Allerdings müsste
der Strom, wie einleitend bereits dargestellt, aus dem Süden nach
Deutschland transportiert werden.
4.2 Annahmen und Stromtransportkosten aus
Spanien, Italien und Griechenland nach
Deutschland
(1) Eine konventionelle Übertragung des Stroms per Wechselstrom ist angesichts der hohen zu erwartenden Übertragungsverluste nicht wirtschaftlich darstellbar. Aus diesem Grund wird für
die folgende Berechnung eine HGÜ-Übertragung in Betracht
gezogen, um den erzeugten Strom aus den südeuropäischen
Ländern nach Deutschland zu transportieren. Diese Technik
ermöglicht es, den Strom über weite Entfernungen mit sehr
geringen elektrischen Verlusten von weniger als 1% pro 100 km
Transport zu übertragen. Die Transportkosten werden in dieser
Berechnung mit der identischen Methodik ermittelt, wie auch die
Stromgestehungskosten. Hierzu werden Investitionskosten für die
HGÜ-Trassen (als Freileitung ausgeführt), die Gleichstromkonverterstationen sowie die jährlichen Betriebskosten benötigt.
Desweiteren müssen Annahmen zu den jährlichen Vollbenutzungsstunden und den Kapitalkosten getroffen werden.
53
(2) Der aktuelle Netzentwicklungsplan Strom 2012 (NEP 2012 5)
der Übertragungsnetzbetreiber rechnet für Deutschland mit
durchschnittlichen Kosten für eine neugebaute DC-Freileitung mit
2 GW Kapazität von 1,4 Mio. Euro/km. Für die Berechnung der
Transportkosten aus Spanien bzw. Italien werden mit real 1,3 Mio.
Euro 2012 /km leicht geringere Kosten angesetzt. Gerade in Bezug
auf die Tatsache, dass bei einem Leitungsbau von Spanien bzw.
Italien jeweils mindestens drei Staaten betroffen sind, kann diese
Annahme als sehr optimistisch eingeschätzt werden. Ein im
Vergleich zu rein innerdeutschen Projekten erhöhter Planungsund Genehmigungsaufwand ist demnach nicht mit einkalkuliert.
Dabei wurde zusätzlich außer Acht gelassen, dass beim Transport
aus Südeuropa nach Deutschland topografisch sehr
anspruchsvolle Gebiete durchquert werden müssten. Aus Spanien
kommend müssen zum Einen die Pyrenäen überquert, bzw. über
den dicht besiedelten Küstenstreifen in Nordspanien geleitet
werden, zum Anderen stellen die Alpen aus allen drei betrachteten
Regionen kommend ein großes Hindernis dar.
Bei einem möglichen Freileitungsbau von Griechenland nach
Deutschland müssen sogar mindestens sieben Staaten mit in die
Planung einbezogen werden. Dieser erhöhte Planungsaufwand
führt zu der Annahme, dass man bei der Berechnung mindestens
1,5 Mio. Euro/km ansetzen sollte. Alternativ gibt es mit der
Verlegung eines HGÜ-Seekabels von Griechenland nach
Norditalien eine Alternative zu der Freileitung durch die
südosteuropäischen Staaten. Die spezifischen Kosten lägen pro
km zumindest auf ähnlichem Niveau.
(3) Bei der Nutzung der HGÜ-Technik muss der Strom
üblicherweise vor der Einspeisung in die HGÜ-Leitung von
Wechselstrom auf Gleichstrom und vor der Ausspeisung aus der
Leitung wieder zurück in Wechselstrom konvertiert werden. Die
Kosten der dafür pro Leitung benötigten zwei Konverterstationen
werden im NEP 2012 mit 0,13 Mio. Euro 2012 /MW angegeben. Die
Länge der Leitungen betragen in der Berechnung rund 2.100 km
aus Spanien, 1.400 km aus Italien und 1.500 km aus
Griechenland. Berechnet man anhand dieser Kostenangaben und
den angenommenen Entfernungen die Investitionskosten für eine
2 GW HGÜ-Leitung aus Südeuropa nach Deutschland, so erhält
man für die Leitung aus Spanien Investitionskosten von rund real
1.625 Euro/kW. Die deutlich kürzere Leitung aus Italien kostet
demnach rund real 1.170 Euro/kW. Aufgrund des höheren
Planungsaufwands für eine HGÜ-Freileitung aus Griechenland
liegen die Investitionskosten mit real 1.235 Euro/kW etwas über
den Kosten für eine Trasse aus Italien. Folgender Tabelle 33
5 Die Kosten der HGÜ-Trassen können dem jeweils aktuellen Netzentwicklungsplan entnommen werden. Quelle:
http://www.netzentwicklungsplan.de/
54
können die getroffenen Annahmen entnommen werden.
Tabelle 33: Annahmenset für die Berechnung des
Stromtransportkosten
2015
Italien Griechenland
Einheit
Spanien
km
2.100
1.400
1.500
€2012//kW
1.625
1.170
1.235
% der Invest.kosten
3%
3%
3%
€2012//MWh
0,5
0,5
0,5
Vollbenutzungsstunden
h
4.000
4.000
4.000
WACC (real)
%
5,3%
5,3%
5,3%
Entfernung
Investitionskosten
Fixe Betriebskosten
Variable
Betriebskosten
Quelle: Prognos AG
(3) Als jährliche Betriebskosten werden für alle drei Fälle 3 %
der Investitionskosten angesetzt. Damit werden alle zum Betrieb
notwendigen Kosten wie Personal- und Reparaturkosten
abgedeckt. Als variable Betriebskosten werden 0,5 Euro/MWh
angenommen, die als kostenseitige Bewertung des zu
erwartenden Stromverlusts zu interpretieren sind.
(4) Ähnlich wie bei der Berechnung der Stromgestehungskosten
müssen bei der Berechnung von Stromtransportkosten die
jährlichen durchschnittlichen Vollbenutzungsstunden einer Leitung
betrachtet werden. Für die Berechnung der Stromtransportkosten
aus Südeuropa werden in diesem Fall rund 4.000 Vollbenutzungsstunden (2.000 Vollbenutzungsstunden gerichteter Transport in
beide Richtungen) angesetzt. Dies stellt in Anbetracht des
Stromertrags aus Freiflächen-Solarkraftwerken in Südeuropa
ebenfalls eine sehr optimistische Annahme dar. Der reale
kalkulatorische Zinssatz wird bei einer Lebensdauer der Freileitung
von 40 Jahren mit 5,3 % angesetzt. Folgender Tabelle 34 können
die resultierenden Stromtransportkosten entnommen werden.
55
Tabelle 34: Stromtransportkosten aus Südeuropa, in Cent 2012 /kWh
(HGÜ-Freileitung)
40 Jahre
Betriebszeitraum
Einheit
Spanien
Italien
Griechenland
Cent2012/kWh
3,7
2,7
3,1
Quelle: Prognos AG
(5) Aufgrund der langen Übertragungsdistanz von Spanien nach
Deutschland liegen die Transportkosten mit 3,7 Cent/kWh rund
1 Cent/kWh über den Transportkosten aus Italien nach Deutschland. Die Kosten für den Stromtransport aus Griechenland sind
angesichts des höheren Planungsaufwandes mit 3,1 Cent/kWh
etwas höher als aus Italien. Dabei sollte betont werden, dass
sämtliche Annahmen und damit auch die Ergebnisse als sehr
ambitioniert bzw. sehr optimistisch betrachtet werden müssen. Bei
einer detaillierteren Betrachtung der Thematik können die
Stromtransportkosten durchaus höher liegen.
Fasst man in einem dritten Schritt die Stromgestehungs- und
Transportkosten zusammen, kommt man zu dem Ergebnis, dass
sich trotz deutlich niedrigerer Stromgestehungskosten von
Freiflächen Solarkraftwerken im Vergleich zu Süddeutschland der
Transport nach Deutschland wirtschaftlich nicht lohnt.
56
Abbildung 7:
Solar-Stromkosten frei deutsche Grenze aus
Südeuropa bestehend aus Erzeugung und
Transport im Vergleich zu den LCOE von
Freiflächen-Solarkraftwerken in Deutschland in
Cent 2012 /kWh
9,2
9,4
Region 1
8,5
Region 2
8,1
Region 3
7,5
8,8
Region 4
9,7
3,7
Gesamtkosten
3,1
Transportkosten
2,7
5,7
6,1
6,6
Erzeugungskosten
Quelle: Prognos AG
(6) Mit 8,8 Cent/kWh bis 9,7 Cent/kWh liegen die resultierenden
Kosten für Strom aus südeuropäischen FreiflächenSolarkraftwerken zwischen einem und zwei Cent/kWh über den
Stromgestehungskosten von süddeutschen Freiflächen
Solarkraftwerken in der Region 4. Ein absoluter Kostenvorteil vor
allen drei südeuropäischen Erzeugungsstandorten bleibt in
Deutschland bis in Region 2 bestehen. Selbst in Region 1, also in
Norddeutschland wäre eine Stromerzeugung mit
Freiflächenanlagen gleich günstig bzw. günstiger im Vergleich zu
Spanien und Griechenland. Eine europäische Fokussierung für
Freiflächen Solarkraftwerke auf südeuropäische Standorte ist
daher kritisch zu betrachten. Die erhöhten Transportkosten können
den erzeugungsseitigen Vorteil oftmals aufheben. FreiflächenSolarkraftwerke haben also absolut mittlerweile ein so niedriges
Kostenniveau erreicht, dass die relativen Kostenunterschiede
südlicher Regionen durch den Transport mehr als kompensiert
werden.
57
5
Systemintegration von FreiflächenSolarkraftwerken
5.1 Verringerte Netzbelastung
(1) Auf eine weitere Entwicklung im Bereich der PV-Anlagen
muss ebenfalls hingewiesen werden. Durch den starken
Preisverfall bei PV-Modulen wird der Anteil der Modulkosten am
gesamten PV-System immer geringer. Andere Kostenkomponenten wie Wechselrichter, aber auch die Installationskosten
gewinnen dadurch an Bedeutung. Das führt dazu, dass eine
Unterdimensionierung des Wechselrichters vor allem auch immer
attraktiver wird um Kosten einzusparen. Das wiederum bedeutet,
dass die installierte Peakleistung (Wp) der PV-Module deutlich
über der Wirkleistung des Wechselrichters liegt. Hierdurch werden
Einspeisespitzen systematisch verringert und die Einspeisung
deutlich vergleichmäßigt.
(2) Im Folgenden wird diese Unterdimensionierung mit dem
DC/AC-Faktor angegeben. Dabei bezieht sich die DC-Leistung
(direct current – Gleichstrom) auf die installierte Peak-Leistung der
Module, die AC-Leistung (alternating current – Wechselstrom) auf
die Wirkleistung des Wechselrichters. Je größer der DC/AC-Faktor
ist, desto höher ist die Leistung der installierten PV-Module im
Vergleich zur Leistung des Wechselrichters. Mit einer solchen
Unterdimensionierung des Wechselrichters können, gemessen am
Wechselrichter, wesentlich höhere Volllaststunden der PV-Anlage
erreicht werden. Folgende Abbildung 8 soll die Wirkungsweise
einer Unterdimensionierung des Wechselrichters schematisch
visualisieren.
58
Abbildung 8:
Einfluss eines höheren DC/AC-Faktors auf den
Tagesgang einer PV-Anlage im Sommer
Einfluss eines höheren DC/AC-Faktors auf den Tagesgang einer PV-Anlage am 20. Juni,
gemessen am Wechselrichter
Tagesgang (normaler DC/AC-Faktor von 1,2)
Tagesgang (hoher DC/AC-Faktor von 1,7)
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24
Quelle: Prognos AG; Beide Kurven beziehen sich auf die gleiche Wechselrichterleistung
(3) Durch die im Vergleich zum Wechselrichter wesentlich
höhere installierte Leistung von PV-Modulen wird die volle
Leistung des Wechselrichters während des Tagesverlaufs viel
schneller erreicht und auch länger gehalten (vgl. Abbildung 8). Je
nach Ausrichtung und Standort der Anlage sowie der Höhe des
DC/AC-Faktors können, bezogen auf den Wechselrichter, deutlich
höhere Volllaststunden erzielt werden, als man sie üblicherweise
von PV-Anlagen kennt. Eine Freiflächenanlage in Süddeutschland,
bei der man normalerweise mit rund 1.000 Volllaststunden
(bezogen auf die Peak-Leistung) rechnen kann, erreicht
wechselrichterseitig bei einem DC/AC-Faktor von 1,7 nahezu
1.700 Volllaststunden.
(4) Bei einer Unterdimensionierung des Wechselrichters geht
allerdings auch ein kleiner Teil der Jahresarbeit verloren. So
ergeben sich aus aktuellen Messreihen mit verschiedenen PVModulen, unterschiedlichen Ausrichtungen und verschiedenen
DC/AC-Faktoren bis zu 1,80 Verluste von maximal 5 % der
Jahresarbeit bezogen auf die Peak-Leistung. Das heißt, dass sich
der Energieertrag und die Volllaststunden pro installiertem kW
Peak-Leistung von 993 kWh/kWp auf rund 945 kWh/kWp
reduzieren. Der in Abbildung 9 dargestellten Entwicklung liegen
59
jeweils eine Anlagenkonfiguration mit niedrigem Neigungswinkel
von 5 Grad und 20°Grad in Südausrichtung in Nordbayern, also
Region 3, zu Grunde. Bei steileren Anlageausrichtungen von
20°Grad in Südausrichtung erhöhen sich zwar die spezifischen
Energieerträge auf über 1.000 kWh pro kW-Peakleistung aber die
Verluste bei erhöhten DC/AC-Faktoren fallen ebenfalls leicht höher
aus.
Abbildung 9:
Einfluss eines höheren DC/AC-Faktors auf den
absoluten Anlagenertrag
Einfluss des DC/AC-Faktors auf den Stromertrag von FreiflächenSolarkraftwerken in kWh/kWp
1.038
993
1.035
991
1.030
989
1.026
987
1.020
983
1.015
979
1.009
975
1.001
969
995
964
987
979
970
957
951
945
1,70
1,75
1,80
20°Grad Neigung Süd
5°Grad Neigung Süd
1,25
1,30
1,35
1,40
1,45
1,50
1,55
1,60
1,65
DC/AC-Faktor
Quelle: Darstellung Prognos AG nach der Berechnung des IBB
(5) Die Verluste an Stromerzeugung werden jedoch von einem
Investor in Kauf genommen, wenn sich im Tagesverlauf wie in
Abbildung 8 eine gleichmäßigere Erzeugung realisieren lässt und
deutliche Ersparnisse bei den Wechselrichterkosten anfallen. Die
spezifische Anlagenkonfiguration und den der DC/AC-Faktor ist
letztlich immer das Resultat einer standortspezifischen
Optimierung der Wirtschaftlichkeit. Die im Jahr 2012 realisierten
Anlagen weisen in der Regel DC/AC-Faktoren zwischen 1,3 und
1,5 auf. In der Zukunft ist durch den weiteren Preisverfall der
Module mit einer weiteren Erhöhung des Faktors zu rechnen, was
die Netzbelastung durch Einspeisespitzen weiter reduziert.
60
5.2 Potenzielle Bereitstellung von
Systemdienstleistungen
(1) Mit steigenden Anteilen erneuerbarer Energien wachsen
auch die Anforderungen an die regenerativen Techniken
Systemdienstleistungen bereitzustellen. Neben den bekannten
Produkten der Regelleistung (Primär-, Sekundär-, Tertiärregelleistung) gewinnen auch die weiteren technischen Systemdienstleistungen für die Systemstabilität an Bedeutung.
(2) War das Stromnetz in der Vergangenheit dafür ausgelegt
den zentral auf den oberen Netzebenen (Hoch- und
Höchstspannung) erzeugten Strom zu den Endverbrauchern zu
verteilen, ändert sich mit der zunehmenden Zahl an fluktuierenden
Erzeugern auf den unteren Netzebenen die Netzcharakteristik. Die
steigende Zahl an fluktuierenden Erzeugern auf den unteren
Netzebenen vergrößert die Spannungsschwankungen auf diesen
Netzebenen erheblich. Die Aufwendungen dafür die Spannung
zum Schutz der angeschlossenen Verbraucher in einer
vorgegeben Bandbreite zu halten steigen erheblich an.
(3) Photovoltaikanlagen und insbesondere größere
Freiflächenanlagen bieten durch ihre Wechselrichter die
Möglichkeit, in den Verteilnetzen Funktionen wie die
Blindleistungsbereitstellung oder -kompensation zu übernehmen.
Der Wechselrichter, der im Wesentlichen ein leistungselektronisches Bauteil darstellt, kann durch die notwendige
Phasenverschiebung Wirkleistung in Blindleistung oder umgekehrt
umwandeln und somit zu Spannungsregelung beitragen. Für
Verteilnetzbetreiber können dadurch die Kosten für
Blindleistungsbezug oder Kompensation aus der vorgelagerten
Netzebene deutlich gesenkt werden.
Die folgende Abbildung 10 verdeutlicht die Einbindung und
mögliche Wirkung eines Freiflächen-Solarkraftwerks im Netz.
Wirkungsweise der PV-Anlage im Netz.
(4) Mit entsprechenden Sensoren zur Überwachung
ausgestattet können hauptsächlich auf der Mittelspannungsebene
angebundene Freiflächen-Solarkraftwerke Abweichungen der
Spannung erkennen und über die Bereitstellung oder die
Kompensation von Blindleistung die Schwankungen ausgleichen.
Dabei ist es unerheblich, ob die Anlage gerade Strom produziert
oder nicht. Die Blindleistungssteuerung aus dem vorgelagerten
Netz kann somit minimiert werden. Der Mittelspannungsnetzbetreiber kann zudem darauf verzichten zusätzlich in
blindleistungsregelnde Elektronik investieren zu müssen.
61
Abbildung 10:
Netzeinbindung eines und Steuerungselemente
eines Freiflächen-Solarkraftwerks zur
Blindleistungsregelung
Quelle: Belectric GmbH
(5) Freiflächen-Solarkraftwerke tragen mit ihrer
Blindleistungsregelung maßgeblich zu Verbesserung der
Spannungshaltung bei. Wie in Abbildung 11 dargestellt verläuft die
Spannung mit Blindleistungsregelung (rote Linie) in deutlich
kleineren Schwankungsbreiten als ohne diese Regelung (graue
Linie). Dadurch kann eine deutlich höhere Qualität der Versorgung
sicher gestellt werden.
(6) Während jedoch für die Regelleistungsbereitstellung und
deren Abruf bereits heute ein transparenter Markt besteht, werden
technische Systemdienstleistungen in bilateralen Verträgen
zwischen Anbietern und Netzbetreibern gehandelt. Der Wert der
Bereitstellung technischer Systemdienstleistungen ist daher
derzeit schwer zu ermitteln. In Verbindung mit den fehlenden
praktischen Erfahrungen in der Einbindung von Freiflächenanlagen
in die technische Systemsteuerung werden diese Optionen und
damit auch verbundene zusätzliche Erlösoptionen für Betreiber
bisher kaum ausgeschöpft.
62
Abbildung 11:
Wirkung der Blindleistungsregelung durch
Freiflächen-Solarkraftwerke
Quelle: Belectric GmbH, x-Achse: Uhrzeit, y-Achse Spannung in Volt
(7) In Verbindung mit Batterien können FreiflächenSolarkraftwerke zusätzlich auch für einen möglichen Inselbetrieb
oder die Schwarzstartfähigkeit ausgelegt werden. Auch diese
Dienstleistungen haben einen potenziellen Wert für das
Gesamtsystem, der heute noch nicht verifiziert und entsprechend
auch nicht erschlossen ist. Im Bereich der Umsetzung technischer
Lösungen für Freiflächen-Solarkraftwerke besteht weiterhin
erheblicher Forschungsbedarf.
63
6
Fazit und Handlungsoptionen
(1) Die Ergebnisse der regionalen Kostenanalyse für
erneuerbare Energien verdeutlichen, dass die Photovoltaik
insgesamt und die Freiflächen-Solarkraftwerke im Speziellen in
Deutschland eine wettbewerbsfähige erneuerbare Energiequelle
darstellt. Insbesondere in Süddeutschland sind FreiflächenSolarkraftwerke langfristig sogar die günstigste erneuerbare
Energietechnik.
(2) Im Rahmen der politischen Entscheidungen zur
Energiewende sollte daher die Photovoltaik-Freifläche auch unter
regionalen Kostengesichtspunkt neu bewertet werden. Insgesamt
ist, vor dem Hintergrund der zeitnah zu erwartenden
Kostenreduktion, die absolute Deckelung des unterstützen PVZubaus auf 52 GW zu prüfen. Während durch
Eigenverbrauchsmodelle bei privaten oder gewerblichen
Dachanlagen die weg fallende EEG-Vergütung nach heutiger
Rechtsauslegung kompensiert werden kann und damit
Dachanlagen weiterhin wirtschaftlich betrieben werden können,
sollte insbesondere für die Freifläche die Fortführung von
Fördermodellen in Erwägung gezogen werden. Dabei könnte eine
Differenzierung des jährlichen zugebauten Marktvolumens nach
Aufdach- und Freiflächen-Solarkraftwerken helfen. Bei einer
Unterscheidung zwischen dem Zubau von Aufdachanlagen und
Freiflächen-Solarkraftwerken können die Vergütungssätze für
Freiflächen-Solarkraftwerken unabhängig von der Entwicklung des
Marktvolumens von Aufdachanlagen längerfristig in einem
wirtschaftlich sinnvollen Korridor gehalten werden.
(3) Freiflächen-Solarkraftwerke sind bei der aktuell geltenden
rechtlichen Grundlage ab dem Jahr 2014 nicht mehr wirtschaftlich
zu betreiben. Zusätzlich beschränken die Maximalleistung von
10 MW und die Standortfestlegung auf Konversionsflächen und
angrenzende Infrastrukturflächen die Ausnutzung des gesamten
Kostensenkungspotenzials.
(4) Ein höherer Anteil an Freiflächen-Solarkraftwerken kann vor
allem in den Regionen 3 und 4 dazu beitragen, die Kosten des
erneuerbaren Strommixes deutlich zu reduzieren. Insbesondere
für Bayern und Baden-Württemberg sinken somit die Kostendifferenzen zu den zu den mittleren Stromgestehungskosten in
den nördlichen Bundesländern.
(5) Die hier vorgelegte vergleichende Studie zeigt ebenso
deutlich, dass erneuerbare Technologien in der mittelfristigen
64
Perspektive bezogen auf die reinen Gestehungskosten
wettbewerbsfähig im Vergleich zum Neubau konventioneller
Techniken werden, wenn deren Stromgestehungskosten unter der
Berücksichtigung von CO 2 -Kosten simuliert werden. Die
absehbaren Kostenentwicklungen insbesondere bei Windenergie
und Photovoltaik haben sich dabei in den letzten Jahren nochmals
deutlich beschleunigt und werden bereits vor dem Jahr 2020 dazu
führen, dass deren Stromgestehungskosten unterhalb der
Gestehungskosten von beispielsweise Erdgas- und SteinkohleKraftwerken liegen. Unzureichend gelöst sind jedoch weiterhin die
Fragen der Regelbarkeit, Systemintegration und Speicherbarkeit
der Erzeugung. Die Entwicklungen in diesem Bereich der
Energiewende verlaufen derzeit deutlich langsamer, als die
dynamische Kostenentwicklung und der damit verbundenen
Mengenentwicklung der erneuerbaren Energien im deutschen
Stromsystem.
(6) Der Fokus der politischen Diskussion muss daher zwingend,
neben der reinen Kostendegression bei den erneuerbaren
Technologien, verstärkt auch auf systemische Aspekte gelegt
werden.
Zentrale Fragen der Diskussion müssen sein:
•
Wie können hohe Anteile erneuerbarer Energieträger auf
unterschiedlichen Ebenen des Gesamtsystems integriert
werden?
•
Wie können die erneuerbaren Energieträger über Portfoliooder Speicherentwicklungen die Regelfähigkeit und
Speicherbarkeit der konventionellen Technologien
nachbilden?
(7) Speziell für diese Fragestellungen müssen erneuerbare
Energien zukünftig technische Antworten liefern. Erste positive
Tendenzen sind bereits erkennbar. So sind beispielsweise
Freiflächen-Solarkraftwerke technisch in der Lage, Systemdienstleistungen (Blindleistungsbereitstellung, bzw. Kompensation,
Schwarzstartfähigkeit, etc.) für das Gesamtsystem zu erbringen.
Die Weiterentwicklung der Fördersysteme für erneubare Energien
im Allgemeinen und die Photovoltaik-Freifläche im Speziellen
sollte unter den Gesichtspunkten der Systemintegration und
Abbildung hoher Verfügbarkeiten weiter entwickelt werden.
(8) Im Vergleich zu Südeuropa wird deutlich, dass durch das
signifikant gesunkene Kostenniveau der PV-Technik,
insbesondere im Bereich der Freiflächen-Solarkraftwerke, keine
wirtschaftlichen Vorteile darin bestehen Solarstrom in Südeuropa
65
zu erzeugen und nach Deutschland zu transportieren. Hierfür sind
die Kosten für den gerichteten Stromtransport über
Hochspannungsgleichstromtrassen mit mindestens 2,5 Cent/kWh
bis 4 Cent/kWh deutlich zu hoch. Diese Analyse bestätigt somit auf
europäischer Ebene das, was in Deutschland ebenfalls gilt: Strom
aus Photovoltaikanlagen und insbesondere FreiflächenSolarkraftwerken ist mittlerweile so kostengünstig verfügbar, dass
ein weiträumiger Transport kaum wirtschaftlich sinnvoll ist. Die
verbrauchsnahe Stromerzeugung muss auch bei FreiflächenSolarkraftwerken im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Natürlich
muss der verbrauchsnahe Ausbau der Freiflächen-Solarkraftwerke
im Verhältnis zum regionalen Strombedarf stehen. Hierzu wäre es
wünschenswert wenn die Genehmigung der FreiflächenSolarkraftwerke ähnlich wie andere Stromerzeugungsanlagen im
Konsens zwischen Investor und regionalen Planungsbehörden
ohne globale politische Vorgaben erfolgen würde. Dadurch könnte
der Ausbau anhand regionaler Netzkapazitäten und
Verbrauchsstrukturen durch kommunale Instanzen gesteuert
werden.
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Exkurs: Einordung der Ergebnisse im Vergleich
zur Agora-Studie „Kostenoptimaler Ausbau
erneuerbarer Energien in Deutschland“
(1) Ein Vergleich der technologiespezifischen
Stromgestehungskosten – und daraus abgeleitet die Frage,
welcher regionale Technologiemix volkswirtschaftlich am
kosteneffizientesten ist – wird im Wesentlichen von der Güte der
zugrunde liegenden Prämissen bestimmt. Abweichungen, wie z.B.
bei den anzusetzenden Investitionskosten, lassen die Ergebnisse
stark variieren.
(2) In der im Mai 2013 von der Agora Energiewende
veröffentlichten Studie „Kostenoptimaler Ausbau der Erneuerbaren
Energien in Deutschland“ wurden erstmalig in ausführlicher Weise
die Kostenunterschiede zwischen der verbrauchsnahen und der
erzeugungsoptimalen Ausgestaltung des zukünftigen deutschen
Kraftwerksparks untersucht. Ausgangspunkt der Studie sind die im
Netzentwicklungsplan Strom 2013 angesetzten Energiemengen,
die durch erneuerbare Energie bereitgestellt werden. In der AgoraStudie wurden sowohl die Kosten für den Ausbau der
erneuerbaren Energien berücksichtigt als auch der Ausbau der
Übertragungs- und Verteilnetze sowie der Einsatz der fossilthermischen Kraftwerke zur Absicherung der fluktuierenden
Einspeisung. Die Agora-Studie kam zu dem Ergebnis, dass zwar
der Zubau von erneuerbaren Energien an den besten Standorten
zu 0,6 Milliarden Euro pro Jahr geringeren Erzeugungskosten führt
als der verbrauchsnahe Zubau von erneuerbaren Energien. Dieser
Effekt wird jedoch abgemildert durch die im Vergleich zur
verbrauchsnahen Erzeugung höheren Kosten von 0,5 Milliarden
Euro pro Jahr, welche durch den veränderten Einsatz der fossilthermischen Kraftwerke entstehen.
(3) Bei der Interpretation dieser Ergebnisse ist zu beachten,
dass die Berechnungen beide Szenarien auf Kostenannahmen zu
den erneuerbaren Technologien beruhen, die im Wesentlichen
eine Weiterentwicklung der Annahmen zur Leitstudie 2011
darstellen. Die Annahmen zur Entwicklung der Kosten für
erneubare Technologien unterscheiden sich jedoch teilweise
signifikant zu den Annahmen in dieser Studie, die auf aktuellen
Markteinschätzungen beruhen und für deren reale Entwicklung bis
zum zweiten Investitionszeitpunkt 2035 ebenfalls aktuelle
Experteneinschätzungen die Grundlage bilden. Für Photovoltaik
zeigen die aktuellen Kostenentwicklungen in Deutschland
beispielsweise niedrigere Werte, für die Windtechnologien jedoch
höhere Werte.
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(4) Die absoluten Kostenannahmen bilden jedoch unserer
Einschätzung nach eine sehr sensitive Eingangsgröße für die in
der Studie gezeigten Aussagen ab. Unterschiedliche
Investitionskostenannahmen spiegeln sich direkt in veränderten
regionalen Stromgestehungskosten wider. Dies wiederum hat
unmittelbaren Einfluss auf die Tatsache wie viel Stromtransport
und Systemintegration für ein vergleichbares Gesamtkostenniveau
zusätzlich kosten dürfen.
(5) Die folgende schematische Darstellung zum Einfluss der
absoluten Kostenannahmen zeigt diesen Unterschied
schematisch. Angenommen, wie im linken Abschnitt der
Darstellung gezeigt, ein Energieträger wie die Photovoltaik kostet
in Norden in der Region 1 in der Erzeugung 10 Cent/kWh, im
Süden, in Region 4 jedoch lediglich 8 Cent/kWh, also 20 %
weniger, dann besteht eine wirtschaftliche Differenz zwischen den
beiden Erzeugungsregionen von 2 Cent/kWh.
(6) Diese 2 Cent/kWh dürften aus gesamtwirtschaftlicher
Perspektive ausgegeben werden um den Transport des
Energieträgers von Süd nach Nord und die Systemintegration und
–absicherung zu finanzieren. Unterstellt man jährlich ein
Transportvolumen von 20 TWh und eine Verzinsung der
Investitionen im Mittel von 7%, dann dürften gerechnet über einen
Zeitraum von 40 Jahren 5,7 Mrd. Euro investiert werden. Dies
entspricht dem Netto-Barwert der Differenz über 40 Jahre. Würde
das Kostenniveau der Photovoltaik jedoch nur halb so hoch sein,
beträgt, wie auf der rechten Seite dargestellt, die relative
Kostendifferenz weiterhin 20 %. Die absolute Kostendifferenz
halbiert sich jedoch im Vergleich zu den vorherigen Annahmen.
Dadurch reduziert sich folglich auch der Nettobarwert der
tolerierbaren Mehrinvestitionen für Transport, konventionellen
Back-up und Systemintegration, um das Ergebnis der AgoraStudie zu halten.
Als Verifikation der ausgeführten Arbeiten in der Agora-Studie
wäre eine Prüfung der Sensitivität der Ergebnisse bezüglich
unterschiedlicher Kostenentwicklungspfade einzelner EETechniken folglich wünschenswert.
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Abbildung 12:
Schematische Analyse der Zusammenhänge
zwischen absoluten Kostenniveaus der
erneuerbaren Energien und sinnvollen
Investitionen in das Transportsystem
Fiktive Kosten EE-Technik Region 1
10 Cent/kWh
5 Cent/kWh
Volkswirtschaftlicher Kostenspielraum für
gerichteten Transport
2 Cent/kWh
1 Cent/kWh
Netto-Barwert einer volkswirtschaftlich
sinnvollen Investition
5,70 Mrd. Euro
2,85 Mrd. Euro
8 Cent/kWh
4 Cent/kWh
Fiktive Kosten EE-Technik Region 4
Quelle: Prognos AG, eigene schematische Darstellung
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