Lohnzuwächse jetzt! - Fachbereich Verkehr

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Lohnzuwächse jetzt! - Fachbereich Verkehr
Magazin des
erkehr
wir bewegen was
Zurückhaltung war gestern –
Lohnzuwächse jetzt!
Titelthema Seiten 4 bis 5
Fachbereichs
Verkehr
1/2008
ver.di re p o r t
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MELDUNGEN
Abfertigungsgesellschaft GlobeGround
in Berlin verkauft
Personalien: Verstärkung für den Fachbereich
Drei Kolleginnen verstärken seit Anfang 2008 die Kompetenz im ver.diBundesfachbereich. Sie bringen Wissen und Erfahrung an wichtigen Stellen ein, die zum Teil seit längerem nicht
besetzt waren:
Susanne Senica betreut seit Januar die Fachbereichsjugend und ist
Ansprechpartnerin für die Europa-Politik. Internationales ist für die Juristin,
die sich auf Arbeits- und Unternehmensrecht spezialisiert hat, nicht Neues. Bevor sie das Fachgebiet Bund/Länder beim ver.di-Bezirk Berlin betreute,
war sie für die europäische Branchenund Ordnungspolitik zuständig –
damals allerdings
für das Ressort
Postdienste, Speditionen und Logistik. Nun kümmert
sie sich wieder um
Europapolitik. Neben Verkehrsthe- Susanne Senica
men beschäftigt
sie besonders die eigentumsrechtliche
Entflechtung der Energieversorger. Insgesamt wird es darum gehen, „die Folgen für die Beschäftigten sozial abzufedern“, meint die Gewerkschaftssekretärin. In der Jugendarbeit will sie
sich vor allem für die Übernahme von
Azubis engagieren.
Seit März ist Kora Siebert als Koordinatorin der Fachbereiche Ver- und
Entsorgung sowie Verkehr tätig. Bekanntlich stehen beide Fachbereiche
seit dem ver.di-Kongress im Herbst
2007 unter der gemeinsamen Leitung
von Erhard Ott. Kora Siebert soll dazu
beitragen, dass Synergieeffekte zwischen beiden Fachbereichen stärker
zum Tragen kommen. Sie hat auch die
konzeptionelle und organisatorische
Koordination des Verkehrsmagazins
übernommen.
Kora Siebert arbeitet seit Mitte
der 1980er Jahre
hauptamtlich bei
Gewerkschaften,
zunächst bei der
Postgewerkschaft, dann bei
der
ÖTV.
Seit Kora Siebert
ver.di-Gründung
hat sie sich um die betriebliche Altersvorsorge der ver.di-Beschäftigten gekümmert.
Heidi Riedel-Ciesla arbeitet seit
März als Fachgruppenleiterin Luftverkehr. Dieses Aufgabengebiet ist inhaltlich nicht neu für sie, da sie bisher
schon für die Bundesfachgruppe Luftverkehr tätig war. Heidi Riedel-Ciesla
kann auf eine über 20-jährige hauptamtliche Gewerkschaftsarbeit in verschiedenen Ebenen und Funktionen
zurückblicken. So
war sie Betreuungssekretärin,
Tarifsekretärin,
stellv. Bezirksleiterin der ÖTV Hessen und Personalleiterin bei ver.di
Hessen. „Die Turbulenzen im Luft- Heidi Riedel-Ciesla
verkehr sind eine
große Herausforderung. Ich nehme sie
an und bin entschlossen, gemeinsam
mit den Kolleginnen und Kollegen
mehr für die Beschäftigten zu erreichen“, so Heidi Riedel-Ciesla in ihrer
neuen Funktion.
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Fotos: FB
Drei Kolleginnen in neuen Funktionen
Auch ein letzter Protest auf einer zeitgleichen Betriebsversammlung änderte nichts: Gegen den Willen der Beschäftigten, von ver.di und den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat hat
die Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH
(FBS) am 11. April 2008 die Abfertigungsgesellschaft GlobeGround Berlin
(GGB) an den Gebäudedienstleister
WISAG zum „Schnäppchenpreis“ von
7,7 Millionen Euro verkauft. Die FBS
nimmt als Hauptanteilseigener gerade
mal 3,9 Millionen ein. ver.di kritisiert
den Verkauf nicht nur als wirtschaftliche Fehlentscheidung – GlobeGround
schloss das Jahr 2007 mit einem 2,1Mio-Gewinn ab – sondern auch als verkehrs- und arbeitsmarktpolitisch unsinnig. Er habe zudem zur Demontage
der paritätischen Unternehmensmitbestimmung im Flughafenkonzern geführt.
Die Beschäftigten hatten mit zwei
Sanierungstarifverträgen in den letzten drei Jahren wesentlich zur Konsolidierung der Firma beigetragen, die
wettbewerbsfähig als flughafeneigener Bodenverkehrsdienstleister in eine Zukunft am neuen Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI)
hätte durchstarten können. Nun drohen vielmehr Arbeitsplatzabbau und
Lohndumping.
ver.di Berlin-Brandenburg weist
darauf hin, dass alle Mitglieder einen
Rechtsanspruch auf die vorher gültigen Tarifverträge besitzen. Die Gewerkschaft will erreichen, dass Zusagen der bisherigen Geschäftsführung
bis 2012 eingehalten werden und
dass die WISAG ihre Pläne für GGB offenlegt.
❏
ver.di fordert 9,8 Prozent für alle Mitglieder beim Lufthansa-Konzern
Einstimmig hat die Konzerntarifkommission Lufthansa Ende April ihre Forderung für die am 4. Juni 2008
beginnende Tarifrunde im Lufthansa-Konzern beschlossen.
Kernpunkte der ver.di-Forderung
sind eine linearere Gehaltserhöhung
um 9,8 Prozent bei einer Laufzeit von
zwölf Monaten sowie eine Weiter-
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entwicklung des Gewinnbeteiligungsmodells. Diese von der Konzerntarifkommission formulierte Forderung beruht neben einer gesamtwirtschaftlichen und konzernspezifischen Bewertung der Daten und Fakten auch auf der Auswertung der
Stimmung an der Basis. Die Beteiligung der ver.di-Mitglieder am Mei-
nungsbildungsprozess war außergewöhnlich rege.
Lufthansa hatte das historisch
beste Konzernergebnis von 2006 im
Jahr 2007 noch einmal steigern können. Die Auswertung der Geschäftsergebnisse des ersten Quartals 2008
bestätigt einen weiteren Steigflug
der größten deutschen Airline.
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KOMMENTAR
Tarifrunde 2008
L
iebe Kolleginnen und Kollegen,
selten wurden Tarifkonflikte im öffentlichen Dienst, aber auch in anderen Branchen so massiv mit Warnstreiks begleitet wie in diesem Jahr. Die
große Beteiligung zeigt: Die Kolleginnen und Kollegen brauchen eine deutliche Verbesserung ihrer Einkommen,
sie haben genug von Maßhalteappellen und Lohnzurückhaltung. Nicht nur,
weil die Steuereinnahmen sprudeln
und die Wirtschaft floriert, sondern
auch weil die Inflationsrate den Beschäftigten Reallohnverluste bescherte. Und die Teuerung hält unvermindert an. Klar war aber auch im Vorfeld
der Tarifauseinandersetzungen, dass
weder die öffentlichen Arbeitgeber
noch die Wirtschaft freiwillig mehr
Geld zahlen.
Deshalb war es gerade in dieser Tarifrunde des öffentlichen Dienstes
wichtig, dass die Kolleginnen und Kollegen gezeigt haben, wie stark wir
sind, wie stark unsere Gewerkschaft
ist. Sie waren überall bereit zum Arbeitskampf. Nicht zuletzt die erfolgreichen Warnstreiks der Beschäftigten
der Flughäfen haben die Arbeitgeber
des öffentlichen Dienstes zum Einlenken gezwungen und zu dem positiven
Abschluss beigetragen. As Ergebnis
kann sich meiner Ansicht nach sehen
lassen. Die Einkommen werden 2008
um durchschnittlich 5,1 Prozent und
für 2009 um 2,8 Prozent angehoben,
hinzu kommt eine einmalige Sonderzahlung von 225 Euro am 1. Januar
2009 für alle Beschäftigten. Mit dem
Sockelbetrag von 50 Euro ist es uns gelungen, die unteren Entgeltgruppen
höher anzuheben und damit dauerhaft, weil tabellenwirksam, eine soziale Komponente in das Tarifergebnis
einzubauen.
Dieser Tarifabschluss liegt in beiden
Jahren deutlich über der Inflationsrate.
Damit erhalten die Beschäftigten seit
IMPRESSUM
langer Zeit wieder einen Reallohnzuwachs. Gelungen ist uns darüber hinaus zu vereinbaren, dass die Arbeitgeber der Nahverkehrsbetriebe mit ver.di
noch in diesem Jahr Tarifgespräche zur
demographischen Entwicklung aufnehmen müssen und zwar zu den Zukunftsfragen: Personalgewinnung und
-entwicklung, Aus- und Weiterbildung
sowie Gesundheitsmanagement und
Abbau von Belastungen (Fahrdienstuntauglichkeit).
Ich will bei aller Freude über dieses
Ergebnis dennoch die Kröte nicht verschweigen, die es zu schlucken gab:
Im Gegenzug zu der Einkommenserhöhung musste ver.di einer wöchentlichen Arbeitszeitverlängerung von
38,5 auf 39 Stunden im Tarifgebiet
West ab 1. Juli 2008 und der Beibehaltung der 40-Stunden-Woche (Ost) zustimmen. Entscheidend aber ist, dass
das Gesamtergebnis stimmt.
Der Abschluss lässt uns auch für die
weiteren Tarifauseinandersetzungen in
diesem Jahr hoffen. Im Fachbereich
Verkehr wird es in Kürze u. a. bei der
Lufthansa und den Hafenbetrieben
„zur Sache gehen“. Auch hier gilt,
dass nur das geschlossene Auftreten
der Beschäftigten zu erfolgreichen Abschlüssen führen wird.
Ebenfalls erfreulich: Wir werden
wieder mehr. Vor allem in den Fachbereichen Verkehr sowie Ver- und Entsorgung. Beide gehören zu den Spitzenreitern bei den Mitgliederzuwächsen. Für uns heißt das: Wir dürfen
nicht nachlassen. Wir müssen die Kolleginnen und Kollegen gezielt ansprechen. Wir müssen Mitglieder werben
und sie als Mitglieder halten. Denn
nur eine Belegschaft mit einem hohen
Organisationsgrad ist eine starke Belegschaft. Und nur, wenn wir stark
sind, können wir unsere Forderungen
durchsetzen. Es geht voran.
Erhard Ott
Verkehr Nr. 1, Mai 2008
Herausgeber: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di)
Bundesvorstand: Frank Bsirske (V.i.S.d.P.), Erhard Ott
Bearbeitung: Rainer Koch
Verantwortliche Redakteurinnen:
Helma Nehrlich, (transit berlin.pro media)
Redaktionsanschrift: ver.di-Bundesverwaltung,
Fachbereich Verkehr, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin
Foto: FB
Seit langem wieder Reallohnzuwachs
Erhard Ott, Leiter des ver.diBundesfachbereichs Verkehr
INHALT
TITEL
4
Warnstreiks auf elf
Flughäfen
INTERNATIONALES
6
Mansour Osanloo:
Signal der Solidarität
7
Billigflaggen: Die ITF tut was
9
Qualifizierungsoffensive
in den Seehäfen
10
ver.di-Tarifforderung 2008
beschlossen
11
Etappensieg gegen
Lübecker Hafenverkauf
HÄFEN
LUFTVERKEHR
12
Perspektive für
Lufthansa CityLine
ÖPNV
13
Tariftreue bei der Saarbahn
14
Kein Ende abzusehen:
Streik bei der BVG
HAFENARBEITER
16
Kämpfe damals und heute
Herstellung+Druck: apm AG Darmstadt,
Kleyerstraße 3, 65295 Darmstadt
www.alpha-print-medien.de
Gestaltung: alpha print medien AG
Der ver.di-Fachbereich Verkehr
ist auch im Internet zu finden:
www.verdi.de/verkehr
Titelfoto: ver.di Hessen
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TITELTHEMA
Nur Fliegen ist schöner
Warnstreiks auf elf Flughäfen gaben Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst Schub
Am 5. März beteiligten sich Mitarbeiter des Bodenpersonals auf elf Flughäfen an einem dreistündigen
Warnstreik. Sie gaben mit der Aktion den Tarifauseinandersetzungen im öffentlichen Dienst zusätzliche
Power. Denn die Betriebsabläufe – hier der Flugverkehr – wurden zwar zeitlich eng befristet, aber recht
erheblich gestört. 18 500 Fluggäste waren betroffen.
Allein 300 Lufthansa-Flüge wurden an diesem Tag
gestrichen.
A
m Flughafen Frankfurt/Main
begann der Ausstand pünktlich
5.30 Uhr. Die Fraport-Beschäftigten formierten sich zu Demonstrationszügen, denen sich auch die
Flughafenfeuerwehrleute anschlossen.
Auch an den Flughäfen Düsseldorf,
Köln-Bonn, Dortmund und MünsterOsnabrück beteiligten sich insgesamt
rund 700 Beschäftigte von Feuerwehr,
Personen- und Gepäckkontrollen sowie aus dem technischen Bereich an
den von ver.di ausgerufenen Warnstreiks.
In Hamburg gab es an diesem Morgen ebenfalls kein Take-Off. Die Geschäftsführung der Flughafen Ham-
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burg GmbH (FHG) reagierte gar nicht
norddeutsch-gelassen: In ihrer Mitarbeiterpublikation behauptete sie später, dass sich an den Warnstreikaktionen am 5. März „nur eine Handvoll
Mitarbeiter“ beteiligt hätten, zugleich
beschwerte man sich über die „kurze
Vorwarnzeit“ für die Aktion und die
vermeintliche Ungerechtigkeit, dass
die Hamburger Flughafenfeuerwehr
„als einzige Feuerwehr Deutschlands“
gestreikt und den gesamten Flugbetrieb lahmgelegt hätte. Um die Folgen
des dreistündigen Ausstands zu überwinden und den Normalbetrieb
wiederherzustellen, so hieß es weiter,
sei das gesamte Führungspersonal der
FHG im Einsatz gewesen und hätte
deshalb auch nicht bei einer zeitgleich
angesetzten Betriebsversammlung Rede und Antwort stehen können.
Alarm beim Management
Für die Hamburger ver.di-Kollegen
„dumm Tüch“, lauter Unsinn und
Ausreden. Tatsache ist: In Hamburg
startete oder landete in der Warnstreikzeit zwischen 6 und 9 Uhr keine
einzige Maschine. Dafür sorgte allerdings nicht nur eine Handvoll Feuerwehrleute, sondern es legten auch
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
Flughafenverwaltung, einige Ange-
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TITELTHEMA
stellte der Bundespolizei sowie solidarisch etliche Kollegen der Instandhaltung befristet die Arbeit nieder. Lediglich zwei Rettungseinsätze fuhren
die Flughafen-Feuerwehrleute trotz
Warnstreiks. Die Hamburger ver.diVertrauensleute reagierten gegenüber
ihrer aufgescheuchten Geschäftsführung übrigens gelassen: Dass die Führungskräfte bei ihrem akuten Versuch,
„praktisch und operativ“ in den laufenden Betreib einzugreifen, die nicht
am Streik beteiligten Beschäftigten
wenigstens „nicht gestört“ haben,
hoffte man in einem ver.di-Flugblatt.
Die von den Chefs boykottierte Betriebsversammlung sei dennoch gut
besucht worden, wurde außerdem
festgestellt.
Eine einzige Ausnahmeaktion gab
es während des Warnstreiks auch auf
dem Flughafen Hannover: Der Krankentransport eines Kindes wurde trotz
Arbeitsniederlegung abgefertigt. Ansonsten blieben die Startbahnen leer.
Fünfzig Flüge wurden gecancelt. 250
Flughafenbeschäftigte in Gepäckabfertigung, bei Technik, Sicherheitsdienst und Feuerwehr hatten die
Streikwesten übergezogen.
Doppelter Zündstoff
Fotos: FB
Am Flughafen München folgten etwa
90 Prozent der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter der Frühschicht dem
Streikaufruf. Hauptsächlich Beschäftigte der Bodendienste legten zwischen 5 und 12 Uhr die Arbeit nieder
und sorgten für starke Beeinträchtigungen. Von Annullierungen waren
nach Auskunft der Flughafengesellschaft vorrangig innerdeutsche Verbindungen betroffen. Neben den Lohnforderungen standen in München
auch die Ausgliederungspläne im
Mittelpunkt der Proteste. Die Flughafengesellschaft FMG plant die Gründung einer Tochtergesellschaft für die
In Hamburg (oben rechts), Frankfurt am
Main (oben links und unten rechts), in
München und auf acht weiteren Flughäfen beteiligten sich Bodenbeschäftigte an wirkungsvollen Warnstreiks.
Bodendienste. Der Bereich, in dem
mehr als 2000 Beschäftigte tätig sind,
schreibt rote Zahlen. Im Juli 2006 vereinbarten ver.di und der Kommunale
Arbeitgeberverband Bayern einen Sanierungstarifvertrag bis 2011 mit beträchtlichen Einschnitten für die Beschäftigten (siehe Verkehrsmagazin
3/2006). Das Sanierungsziel sei damit
nicht zu erreichen, hieß es kürzlich bei
der FMG. Die Zeichen stehen deshalb
auf Outsourcing. Das würde eine neue
Unternehmensstruktur mit Abkoppelung vom Öffentlichen Dienst bedeuten. ver.di hat mit einem Offenen Brief
an die Aufsichtsräte gegen die Ausgründung protestiert. „Die Rechnung
mit einer Tochtergesellschaft basiert
darauf, dass die Löhne drastisch gesenkt werden. Auf ein Niveau, von dem
man in der Flughafenregion eine Familie schlichtweg nicht mehr ernähren
kann“, prognostizierte Ralf Krüger von
ver.di, ehemals FMG Betriebsratsvorsitzender, während der Warnstreikaktionen. Doppelter Zündstoff in München
also.
Insgesamt gelang an diesem Vormittag im März ein wirkungsvoller
Schuss vor den Bug der Arbeitgeber:
eine Warnung, nicht mehr und nicht
weniger. Doch sie zeigte Wirkung. Die
Warnstreiks auf den Flughäfen dürften bundesweit ein wichtiger Beitrag
zum Tarifabschluss für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes am
31.März 2008 gewesen sein. Und das
Ergebnis kann sich bekanntlich sehen
lassen.
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INTERNATIONALES
Signal der Solidarität
Aktionstag für die Freilassung Mansour
Osanloos aus iranischer Gefängnishaft
V
or neun Monaten wurde er entführt und sitzt seit 20. Juli 2007
dauerhaft im Gefängnis. In der
Haft ist er schweren Misshandlungen
ausgesetzt und droht nach einer ernsten Verletzung, auf einem Auge zu erblinden. Amnesty International sieht
Mansour Osanloo als politischen Gefangenen und unterstützt die Forderung
nach seiner sofortigen Freilassung.
Die Internationale Transportarbeiter Föderation und der Internationale
Gewerkschaftsbund kämpfen für
die Freilassung des iranischen Gewerkschaftsführers und seiner
mitinhaftierten Kollegen, etwa
des ebenfalls schwer misshandelten Vorsitzenden der Gewerkschaft der Bäckereiarbeiter Mahmoud Salehi.
Der 6. März 2008 war zum
internationalen Aktionstag aus-
gerufen und weltweit fanden Aktionen des Protestes gegen die Willkür
des iranischen Regimes statt. ver.di
und die ITF organisierten am Vormittag eine Aktion zur Freilassung der Gewerkschafter vor der Iranischen Botschaft in Berlin-Steglitz. Daran beteiligten sich vor allem im Streik befindliche Kolleginnen und Kollegen der Berliner Verkehrsbetriebe BVG, die sich
für ihren iranischen Gewerkschaftskollegen einsetzten, ITF-Inspektoren
Die Tore der Botschaft blieben geschlossen (oben).
Doch gegenüber formierte sich unübersehbar der Protest
(unten).
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Fotos: FB
Der Einsatz für die Rechte seiner iranischen
Busfahrerkollegen und für die Gründung
einer freien Gewerkschaft beim Teheraner
Busunternehmen Sherkat-e Vahed vor
drei Jahren haben Mansour Osanloo bereits
mehrfach ins Gefängnis gebracht.
und Fachgruppenmitglieder aus dem
ver.di-Landesbezirk Berlin-Brandenburg. Jan Kahmann sprach als Vertreter der ITF zu den Teilnehmern. Er verlas auch eine Protestnote, die die Organisatoren anschließend einem Botschaftsvertreter übergeben wollten.
Leider wurden die Überbringer, Jan
Kahmann, Susanne Senica vom ver.diBundesfachbereich sowie Frank Bäsler
vom Landesbezirk Berlin-Brandenburg, nicht eingelassen. Das Papier
konnte lediglich im Briefkasten landen.
Zum Aktionstag wurde
außerdem ein Solidaritätsschreiben von ver.di-Chef
Frank Bsirske und Bundesfachbereichsleiter Erhard Ott
an Außenminister Frank
Steinmeier übergeben. Darin
wird betont, dass die weltweite Aktion „ein Signal der
Solidarität für die Anerkennung fundamentaler Bürgerrechte aller Iranerinnen, Iraner und tausender Kollegen
weltweit“ darstellt, die „für
ihre
Gewerkschaftsarbeit
verfolgt und inhaftiert wurden“. Der
Bundesminister und die Bundesregierung werden aufgefordert, „sich dieser wichtigen Angelegenheit anzunehmen und sich für die Freilassung Monsour Osanloos, Mahmoud Salehis und
aller wegen ihres gewerkschaftlichen
Engagements Inhaftierten bei der iranischen Regierung einzusetzen“.
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INTERNATIONALES
T
gungen und eine angemessene Bezahlung garantieren. Auf mehr als 5000
Schiffen haben über 90 000 Seeleute
bereits den Schutz eines ITF-Vertrages.
Millionen Dollar Heuernachzahlungen
werden Jahr für Jahr durchgesetzt. In
Deutschland fühlen drei ITF-Inspektoren den Reedern auf den Zahn. Der Er-
ge, bis die Reederei ihre Bereitschaft
zum Vertragsabschluss erklärt. Ein bemerkenswertes Beispiel von Solidarität.
Im Laufe der letzten Jahre haben sich
neue Strategien auch in den Ländern
entwickelt, die aus rechtlichen Gründen
nicht boykottieren können: Verzögerungen durch intensive Schiffskontrol-
Billigflaggen kommt
oft teuer zu stehen
Alle reden von Globalisierung – die ITF tut was!
Foto: FB
urnschuhe aus China, T-Shirt aus
Indien, guter Rotwein aus Südafrika und Autos aus Südamerika.
Weltweiter Warenaustausch findet statt.
Die Branchen, die die Waren überwiegend transportieren, boomen. Seeleute
allerdings haben von dieser Art Globalisierung bisher nicht profitiert, im Gegenteil. Auf Schiffen wird unter erbärmlichen Bedingungen und zu Hungerlöhnen gearbeitet. Reeder flaggen ihre
Schiffe aus, besetzen sie mit Seeleuten
aus armen Regionen. Mit Widerstand sei
nicht zu rechnen – dachten sie. Doch die
Internationale Transportarbeiter Föderation (ITF), Dachorganisation von über
500 Gewerkschaften aus 130 Ländern
mit mehr als sechs Millionen Mitgliedern, hat schon vor 60 Jahren die Billigflaggenkampagne ins Leben gerufen.
Was sind Billigflaggen? Jeder Staat
legt fest, unter welchen Bedingungen
ein Schiff seine Flagge führen darf. Mit
der Flagge erhält das Schiff die Staatsangehörigkeit und fällt damit unter die
Regelungen des Landes. Jeder kann
sich vorstellen, dass gesetzliche Bestimmungen in Liberia anders sind als in
Deutschland. Günstige Steuerregelungen machen es Reedern zusätzlich
schmackhaft, ihre Schiffe dort anzumelden. Die ITF hat 32 Staaten zu Billigflaggenländern erklärt. An der Spitze
liegen Panama, Liberia, Zypern und
Antigua. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, werden in Deutschland 2009
rund 3520 ausgeflaggten Schiffen lediglich 750 Schiffe unter deutscher
Flagge gegenüberstehen. Weil auf Billigflaggenschiffen ohne ITF-Tarifvertrag
zumeist Ausländer beschäftigt werden,
kümmern sich die Flaggenstaaten
kaum um die Situation an Bord. Mangelnde Sicherheit, gekaufte Patente,
unregelmäßige Arbeitszeiten, Hungerlöhne und ein Kontaktverbot zu Gewerkschaften sind an der Tagesordnung. Kurz gesagt: Rechtlose Seeleute.
Mit der Billigflaggenkampagne will
die ITF einen weltweit gültigen Ordnungsrahmen schaffen, der annehmbare Bedingen auf allen Schiffen gewährleistet. Für die Kampagne gibt es
weltweit über 100 ITF-Inspektoren, die
bei ihren Schiffsbesuchen die Situation
an Bord und die Einhaltung von Verträgen kontrollieren. Ausstehende Heuern werden eingetrieben sowie Streiks
und Boykotts organisiert. Die ITF
schließt Tarifverträge für Schiffe ab, die
vernünftige Arbeits- und Sozialbedin-
folg lässt sich sehen: 1995 wurden 420
Verträge, 2007 schon 1765 für Schiffe
unter billiger Flagge abgeschlossen.
Wirksames Mittel: Boykott
durch Hafenarbeiter
Streik als Druckmittel wird in der Schifffahrt kaum noch angewandt. Viele Seeleute wurden nach Streiks in ihren Heimatländern auf „schwarze Listen“ gesetzt, verloren damit ihren Arbeitsplatz
oder landeten im Gefängnis. Zusätzlich
haben Gerichte entschieden, dass Schiffe mit Streikbrechercrews auslaufen
dürfen. In Deutschland hat sich dagegen der Boykott der Hafenarbeiter als
wirksames Druckmittel gegenüber Reedern bewährt. ver.di ruft die Hafenarbeiter auf, ein Schiff zu boykottieren,
das keinen Vertrag hat. Die Hafenarbeiter stellen sämtliche Be- und Entladearbeiten ein. Meistens dauert es nicht lan-
len der ITF-Inspektoren. Wenn ein Schiff
in Le Havre, Rotterdam und Hamburg
jeweils vier Stunden aufgehalten wird,
reicht der Druck meistens auch aus.
Neben der täglichen Arbeit nimmt
die ITF sich immer wieder gezielte Kampagnen vor. In den letzten Jahren musste so auch der Vorsitzende des deutschen Reederverbandes Leonhard Abschied von der Vorstellung nehmen,
niemals ein Schiff unter ITF-Vertrag zu
stellen: Dank des solidarischen Einsatz
der ITF-Inspektoren in Australien, Japan
und Korea sind jetzt mehr als die Hälfte
seiner 52 Schiffe unter Vertrag. Das
konnte nur durch gute Zusammenarbeit
in der weltweiten ITF-Familie gelingen.
Auf der Liste der neuen Kampagnen steht wieder eine große deutsche
Reederei: Rickmers. Die Planungen laufen, die Hafenarbeiter stehen bereit,
ein weiteres Kapitel weltweiter Solidarität wird vorbereitet...
B. R.
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VERABSCHIEDET
Foto: Kay Herschelmann
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Der Kapitän außenbord: Jan Kahmann im
Oktober 2007 bei seiner Verabschiedung –
gefeiert in der Abteilung Schifffahrt des
Berliner Technikmuseums.
Ein kluger Lenker
geht leise von Bord
Nach dreißig Jahren hauptamtlicher
Gewerkschaftsarbeit hat Jan Kahmann
den Platz auf der Brücke freigemacht.
S
ekretär bei der ÖTV in Hamburg,
Stuttgart und Bremen, erst stellvertretender Vorsitzender, dann
Vorsitzender der ÖTV Weser Ems und
seit 1999 bei ÖTV und ver.di im
Bundesvorstand – das sind die Stationen seines Werdegangs. Davor: Matrose in der Handelsschifffahrt, Patent
„Kapitän auf Großer Fahrt“, Fahrenszeit auf hoher See.
Mit dem ver.di-Kongress im Herbst
letzten Jahres schied Jan Kahmann aus
dem Bundesvorstand aus. Er war Mitgestalter des Gründungsprozesses von
ver.di, seit 2001 Bundesfachbereichsleiter Verkehr und Mitglied im Bundesvorstand, Vertreter von ver.di im Vorstand von ITF und ETF.
Tariftreuegesetz, Port Package,
schwierige Tarifrunden und Umstrukturierungen in Luftfahrtunternehmen,
Maritimes Bündnis, Abgrenzungen zur
Transnet – das ist nur eine kurze Aufzählung der vielen Themen und Herausforderungen, denen er sich in den
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letzten Jahren gestellt hat. Er verstand
sich immer als Teamplayer – zusammen
mit den haupt- und ehrenamtlichen
Kolleginnen und Kollegen. Jan hat seit
der Gründung von ver.di der Kooperation der Fachbereiche einen hohen
Stellenwert beigemessen, hat nach gemeinsamen Handlungsfeldern mit weiteren Fachbereichen gesucht. Es war
ihm ein besonderes Anliegen, arbeitsfähige Strukturen zu schaffen und das
verkehrspolitische Profil von ver.di zu
schärfen. Er hat für seine Vorstellungen gestritten und manchmal harsche
Kritik dafür eingefangen. Aus der
Überlegung zur Fusion der Fachbereiche ist nichts geworden, die Notwendigkeit insbesondere in der Logistikbranche ein gewerkschaftliches Pendant zu entwickeln, hat sich dadurch
aber nicht erledigt.
Jan Kahmann steht für Kooperation,
Kompromisse, Partnerschaft, Vernunft
und Abwägen. Hitzköpfigkeit ist ihm
fremd. Er hat sich oft gefragt, ob die
echten Erfolge der Gewerkschaft nur
Streiks und Kämpfe seien oder ob nicht
vielmehr die Ergebnisse schwerer wiegen, die im mühsamen Ringen und in
Akzeptanz der Stärke und der Vernunft
erreicht wurden. Er kann, wenn es sein
muss, auch laut werden, mehr liegen
ihm aber die leisen Töne. Seine Loyalität
gegenüber der Gewerkschaftsbewegung, den Gremien und gegenüber seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
war immer sehr hoch. Manchmal war
Jan dies wichtiger, als an sich selbst zu
denken, und nicht alle haben sein
Selbstverständnis mitgetragen.
Der Kapitän, der Gitarre spielt und
singt (passt), als Hobbykoch die Familie
mit Gaumenfreuden verwöhnt, daneben aber gerne einer Bratwurst zuspricht (ungewöhnlich), der Fahrten
auf der Spree nicht mochte (als Kapitän?), im Büro manchmal den „lonely
Cowboy“ darstellte (der Mann und das
Meer…) kann jetzt mit mehr Kraft
Werder im Stadion anfeuern (brauchen
die das?). Mehr, als früher möglich
war, Bücher lesen, Rad fahren, mitarbeiten an der Dokumentation der Geschichte deutscher Seeschifffahrt, Spanisch lernen und Zeit mit seiner Frau
und den beiden erwachsenen Kindern
verbringen. Das alles steht im Fahrplan
der Zukunft. Oder er kann einfach, wie
sein langjähriger Weggefährte Uwe
Dorn bei der Verabschiedung gesagt
hat, stundenlang aus dem Fenster auf
das Wasser gucken und scheinbar
nichts denken. Barbara Ruthmann
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HÄFEN
Deutsche Seehäfen rüsten
sich für die Zukunft
Maritimes competenzzentrum ma-co startet Qualifizierungsoffensive
Bis zu 27 Jahre alt sollen die Langzeitarbeitslosen sein, die an der Qualifikationsoffensive teilnehmen. Aber
auch Arbeitssuchende zwischen 40
und 50 Jahre sind willkommen. Am Ende einer erfolgreich abgeschlossenen
Ausbildung steht die garantierte Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis
beim jeweils für das Qualifikationsverhältnis verantwortlich zeichnenden
Hafenbetrieb.
Von Profis für Profis
verspricht Erfolg
„Das ma-co trägt seinen Namen als
maritimes Kompetenzzentrum zu
Recht“, bekräftigt Andreas Bergemann, ver.di-Fachgruppenleiter Häfen.
„Schließlich wird es die Einrichtung zur
Aus-, Fort- und Weiterbildung für
Beschäftige der Hafenwirtschaft in
Deutschland sein. Damit wird gesichert, dass bei erheblich steigendem
Arbeitskräftebedarf in den deutschen
Seehäfen die bisherigen hohen Qualifikationsstandards gesichert werden.“
Mit dem bewährten betriebsnahen
Prinzip „Bildung von Profis für Profis“
sei das ma-co für alle Anforderungen
gerüstet. Dabei ergänzt ma-co die bis-
herigen Angebote der einzelnen Hafenfachschulen und macht sie nicht
überflüssig. Brauchen doch die Hafenbetriebe nach wie vor die vielen Speziallehrgänge, etwa für Gefahrgut usw.
Neue Kooperationen ergeben sich. Für
den künftigen Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven wird beispielsweise Eurogate als künftiger Betreiber des neuen
Tiefwasser-Containerhafens die Beschäftigten auf den Bremerhavener
Containerterminals ausbilden.
Beispielhaft für andere
Wirtschaftszweige
Fachkräfte auszubilden und gleichzeitig Menschen wieder in Arbeit zu bringen, wie es mit ma-co geschieht, ist
ein zukunftsweisender Weg. Wie hier,
wo die Gewerkschaft ver.di gemeinsam mit den Unternehmen eine Vorreiterrolle übernommen hat, kann das
auch für andere Wirtschaftszweige
möglich werden. Denn auszubilden,
statt den Bedarf an Fachkräften aus
anderen Betrieben abzuwerben und
der regionalen Wirtschaft zu schaden,
ist ein weiteres Zeichen für die Übernahme gesellschaftlicher und unternehmerischer Verantwortung. HaBe
Für neue Anforderung qualifizieren,
statt Fachkräfte abzuwerben, das zeugt
von gesellschaftlicher und
wirtschaftlicher Verantwortung.
Foto: BLG
B
is 2010 benötigen die Seehafenbetriebe an Nord- und Ostsee etwa
2800 zusätzliche Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter. ver.di, Arbeitgeber und
Politik stellen sich der Schaffung neuer
Arbeitsplätze und handeln gemeinsam.
Eine umfassende Qualifikationsoffensive wird den Arbeitskräftebedarf bei der
Hafenlogistik in den kommenden Jahren
decken helfen. Bereits im Dezember
2006 verkündeten die Seehafenbetriebe
auf der 5. Maritimen Konferenz, verstärkt in neue Arbeitsplätze zu investieren. Dabei sollen vorrangig Langzeitarbeitslose wieder Arbeit finden. Der Bund
und die Bundesagentur für Arbeit stellen weitere 80 Millionen Euro bis zum
Jahr 2012 zur Verfügung. Um diese Förderung effektiv zu nutzen, mussten
Qualitätsstandards geschaffen werden.
Die gemeinsamen Bildungseinrichtungen der Unternehmensverbände und
von ver.di in Bremen und Hamburg sowie die Fortbildungseinrichtung der
Hamburger Hafen und Logistik AG
(HHLA) haben diese Verantwortung
übernommen. Sie begründeten mit maco, dem aus der Bremer Hafenfachschule hfs, dem Fortbildungszentrum Hamburg FZH und der HHLA-Kaifachschule
entstandenen maritimen competenzzentrum für Hafenlogistik, ein neues
Qualifizierungszentrum.
Damit ist an den Standorten Hamburg, Bremen und Bremerhaven ein
überregionaler Bildungsträger für Logistik, den Hafen und die Schifffahrt
entstanden. Die Ausbilderinnen und
Ausbilder – zahlreiche neue Trainer
wurden gesucht - kommen vorzugsweise aus den Hafenbetrieben, die
auch den praktischen Teil der Ausbildung auf den Terminals vermitteln.
Das gemeinsame Ziel von ver.di und
den Arbeitgebern ist es, die Fort-und
Weiterbildung für die Hafenwirtschaft
dauerhaft zu sichern. 2800 Langzeitarbeitslose innerhalb von fünf Jahren zu
qualifizieren, ist eine große Herausforderung. Die Einführung eines bundesweiten Ausbildungsstandards für Hafenlogistik ist dabei der richtige Weg.
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HÄFEN
Hafenarbeiter beschließen Tarifforderung 2008
9,5 Prozent mehr Lohn und Vorteilsregelung für ver.di-Mitglieder
D
iese Tarifforderung, natürlich
bei einer Laufzeit von 12 Monaten, wurde von den Mitgliedern
der Bundestarifkommission Seehäfen
auf deren Sitzung am 14. April 2008
einstimmig beschlossen. Das macht
die Entschlossenheit der Tarifkommission deutlich, ein Verhandlungsergebnis nahe an der Forderung durchzusetzen.
In den vorausgegangenen Mitgliederdiskussionen hatte die so genannte
gewerkschaftliche Vorteilsregelung eine besondere Rolle gespielt. In mehreren Lohntarifrunden diskutiert, war sie
bisher nie durchgesetzt worden. Gerade weil sich mittlerweile 90 Prozent der
Hafenarbeiter bei ver.di organisiert haben, war sich die Bundestarifkommission jetzt einig, dass, den wenigen
Trittbrettfahrern endlich die Rote Karte
gezeigt werden muss. Welche tariflichen Leistungen genau künftig nur
ver.di-Mitgliedern zugute kommen sollen, wird in den Verhandlungen selbst
zu entscheiden sein.
Obwohl die Branche insgesamt
nach wie vor boomt und als Globalisierungsgewinnerin gelten kann, stellen
sich die Ergebnisse der einzelnen Umschlagsbetriebe äußerst heterogen dar.
Während am einen Ende der Skala vor
allem die Containerbetriebe Jahresüberschüsse in dreistelliger Millionenhöhe verzeichnen, gibt es insbesondere im Stückgutumschlag auch Unternehmen, die Mühe haben, eine
„Schwarze Null“ zu schreiben.
Wie kann vor diesem Hintergrund
der bestehende Flächentarifvertrag erhalten, Tarifflucht verhindert und
gleichzeitig sichergestellt werden, dass
die Hafenarbeiter an der gesamtwirtschaftlichen und Branchenentwikklung mit entsprechenden Lohnsteigerungen beteiligt werden? Seit Jahren
besteht ein Beschäftigungssicherungstarifvertrag für Umschlagsunternehmen in wirtschaftlicher Schieflage.
Außerdem war es in den vergangenen
beiden Lohnrunden notwendig geworden, sowohl wiederkehrende als auch
Einmalbeträge als zusätzliche Differenzierungsinstrumente einzuführen. Solche Elemente können nicht zu einer
Dauereinrichtung werden. Ziel der
diesjährigen Lohntarifrunde ist es daher, eine Lohntarifstruktur auf den
Weg zu bringen, die die beschriebenen
Probleme nachhaltig im Sinne unserer
Mitglieder löst. Das bedeutet: Lohnerhöhung + ver.di-Vorteilsregelung +
Strukturanpassung.
A.B.
Foto: BLG
Im Bremer Hafen angenommen
K
ooperative Zusammenarbeit mit
der Belegschaft und ihren Interessenvertretern ist ein Standortvorteil.“ Mit diesen Worten unterstrich
Detthold Aden, Präsident des Zentralverbandes deutscher Seehafenbetriebe und Vorstandsvorsitzender der BLG
Logistics Group AG & Co.KG, bei einem Gespräch mit Erhard Ott am 6. Februar 2008 in Bremen die Bedeutung
der deutschen Mitbestimmung und einer konstruktiven Unternehmenskultur für den Erfolg privatwirtschaftlich
organisierter Unternehmen.
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VERKEHR
Erhard Ott, zum neuen ver.diBundesfachbereichsleiter Verkehr gewählt, wollte sich den „Hafen von innen“ ansehen. Die Einladung war nicht
zufällig aus Bremen gekommen: Die
global operierende BLG Logistics Group
(als Geschäftsführerin verbirgt sich dahinter die altehrwürdige Bremer Lagerhaus Gesellschaft –Aktiengesellschaft
von 1877) als, so Aden „städtische Gesellschaft mit privatwirtschaftlich ausgerichteten Führungsstrukturen“, hat
in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte aufzuweisen.
Die Umsatzerlöse stiegen allein zwischen 2005 und 2006 von um 8,3 Prozent auf 759 Millionen Euro, das operative Ergebnis (EBIT) sogar um 10,9 Prozent auf 69,3 Millionen Euro. Für die
nächsten Jahre werden weiterhin stabile Wachstumsraten zwischen sechs und
acht Prozent erwartet.
Die Zahl der Mitarbeiter der BLG
wuchs im Jahr 2006 um 12,2 Prozent
auf 6890. Dabei sind mehr als 90 Prozent der Beschäftigten gewerkschaftlich
organisiert. Was andernorts noch immer
als Hemmnis für den Unternehmenserfolg angesehen wird, sehen die Verantwortlichen in der boomenden Hafenstadt an der Weser gerade als solide Basis des Erfolgs: den hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad und die
so selbstbewusste wie konstruktive Arbeit von Betriebsrat und gewerkschaftlichen Vertrauensleuten. Darüber waren
sich Ott und Aden schnell einig.
Auf einer mehrstündigen Führung
durch die unterschiedlichen Terminals
der Häfen in Bremen und Bremerhaven
vertiefte Erhard Ott seine Eindrücke
vom „Hafengeschäft“: Das Arbeitsspektrum reicht vom Löschen der Containerschiffe über das Lagern und Konfektionieren verschiedener Umschlagsgüter, das Veredeln von Autoteilen bis
hin zum Beladen der riesigen PKWCarrier. Am Ende fasste BLG-Konzernbetriebsratsvorsitzender Jürgen Rohlappe zusammen: „Erhard Ott als neuer Fachbereichsleiter ist im Hafen angekommen – und angenommen.“ ❏
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SCHIFFFAHRT
Offen vertragsbrüchig
In den folgenden Monaten wurde das
Verfahren zu Ausschreibung und Verkauf der LHG-Anteile von der Verwaltung vorangetrieben. Parallel fanden
neunzehn Verhandlungsrunden zur
Vereinbarung eines Arbeitnehmersicherungsvertrags statt. Je länger diese Verhandlungen dauerten, desto deutlicher
wurde: Sowohl Bürgermeister und
CDU-Fraktion als auch die Geschäftsführung der LHG hatten kein echtes
Interesse an der Sicherung der Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen der im
Lübecker Hafen Beschäftigten. Auch,
dass ver.di am 14. Januar 2008 die Forderungen zur Arbeitnehmersicherung
als Tarifforderung auf den Weg brachte,
änderte die Hinhaltetaktik nicht. Des-
Foto: Tim Jelonnek
S
ie sind stolz und sie können es
auch sein: In nur sechs Wochen
haben die Beschäftigten des Lübecker Hafens 21 654 Unterschriften
gegen den Hafenverkauf gesammelt!
Damit haben sie die Vorgabe der Gemeindeordnung
Schleswig-Holstein
weit übertroffen, wonach mindestens
10 Prozent der Wahlberechtigten – in
Lübeck waren das 17 142 – ein Bürgerbegehren unterstützen müssen.
Um dieses eindrucksvolle Ergebnis
zu erzielen, zogen die Hafenarbeiter
nach Feierabend, vor der Schicht, an
den Wochenenden unermüdlich durch
die Hansestadt und überzeugten die
Lübecker Bürgerinnen und Bürger von
der Unsinnigkeit der geplanten Privatisierung. Die Früchte ihrer Bemühungen überreichten sie am 15. April an
den Bürgermeister, der sich nur mäßig
erfreut zeigte.
Damit ist das vorerst letzte Kapitel
im nunmehr zwei Jahre andauernden
Kampf der Lübecker Hafenarbeiter gegen den Ausverkauf ihres Hafens aufgeschlagen. Erstmalig zugespitzt hatte
er sich im Juni letzten Jahres, als es die
Hafenarbeiter nach fünfwöchiger Verweigerung von Mehrarbeit und einem
24-stündigen Warnstreik geschafft
hatten, den von CDU und Verwaltung
geplanten Verkauf von 90 Prozent der
städtischen Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG) zu stoppen. ver.di und die
Betriebsräte akzeptierten den Verkauf
von lediglich 25,1 Prozent der LHG unter der Bedingung, dass zuvor ein Arbeitnehmersicherungsvertrag
abgeschlossen würde.
Geschafft!
Über 21 000 Unterschriften gegen geplante
Hafenprivatisierung in Lübeck gesammelt
halb traten die Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer des Lübecker Hafens am
21. Februar 2008 in einen einschichtigen Warnstreik, am 23. und 25. Februar
folgten zwei 24stündige Arbeitsniederlegungen. Die Beteiligung war überwältigend: Von den Angestellten über die
Arbeiter bis zu den Azubis, von der LHG
über deren Tochtergesellschaften bis
zum Hafenbetriebsverein – alle legten
die Arbeit nieder. Von einer Minute auf
die andere verstummte der Arbeitslärm
in den fünf Terminals, der Lübecker Hafen „stand“.
Die Geschäftsführung der LHG beantragte daraufhin eine Einstweilige
Verfügung zur Untersagung von
Streikmaßnahmen und hatte in der ersten Instanz Erfolg. Eine Entscheidung
des Landesarbeitsgerichtes über die
eingelegte Berufung steht noch aus.
Es wurde weiter verhandelt, Ergebnisse konnten aber nicht erzielt werden. Daraufhin hätte die für den 4.
März geplante Beschlussfassung in der
Bürgerschaft über den Verkauf vertagt
werden müssen. Diese Bürgerschaftssitzung war jedoch die letzte vor der
Kommunalwahl, die mit hoher Wahrscheinlichkeit andere Mehrheitsverhältnissen bringen wird. Deshalb nahmen es CDU und Verwaltung in Kauf,
offen vertragsbrüchig zu werden und
dennoch abzustimmen.
Etwa 80 Hafenarbeiter erzwangen
sich zu Sitzungsbeginn spontan Einlass
in den Saal der Lübecker Bürgerschaft.
Sie forderten, dass dem ver.di-Vertreter
zum Thema Privatisierung der Lübecker
Hafen-Gesellschaft das Wort erteilt
werde. Abgeordneten von SPD und
Grünen applaudierten. Die entsetzten
Mitglieder der
CDU-Fraktion verschwanden durch einen Nebenausgang. Der Stadtpräsident forderte die
Polizei auf, den Saal zu räumen.
Schließlich konnte ver.di-Sekretär Andreas Bergemann – zwar ohne Mikrofon, das der Stadtpräsident abgedreht
hatte – doch gut vernehmlich den verbliebenen Abgeordneten und dem Bürgermeister Ängste und Wut der Hafenarbeiter deutlich machen und vor den
Folgen für den Lübecker Hafen warnen.
Diese spektakuläre Aktion fand ein
positives Echo in den Medien und bei
der Bevölkerung und war hilfreich für
das folgende Bürgerbegehren. Die gesammelten Unterschriften werden
gegenwärtig beim Schleswig-Holsteinischen Innenministerium geprüft.
Fällt das Ergebnis positiv aus, folgt entweder ein Bürgerentscheid oder die
Bürgerschaft übernimmt den Inhalt
des Bürgerbegehrens und macht die
Privatisierungspläne rückgängig. Letzteres ist nicht gar so unwahrscheinlich.
Am 25. Mai 2008 finden in Lübeck
Kommunalwahlen statt. Bereits vorab
haben sich SPD, Grüne, Die Linke und
eine Wählergemeinschaft festgelegt:
Sie werden umgehend die Privatisierung der LHG stoppen. Wir werden sie
beim Wort nehmen!
A.B.
VERKEHR
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LUFTVERKEHR
Foto: Wikipedia
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Perspektive für die
LH CityLine sichern!
Überleben der Lufthansa-Regionaltochter
hängt an Einsatz mittelgroßer Jets
E
s scheint immer unwahrscheinlicher, dass mittelgroße Flugzeuge
wie die Embraer oder CRJ
900/1000 mit über 70 Sitzen bei der
Lufthansa CityLine eingesetzt werden.
Die Konzernleitung und die Vereinigung
Cockpit (VC) streiten seit längerem, wo
diese neuen Jets als Ersatz für kleinere,
nicht mehr konkurrenzfähige Flugzeuge
in Dienst gestellt werden. Nun hat die
Geschäftsführung der LH CityLine informiert, dass die Embraer nicht bei der Regionalfluggesellschaft eingesetzt werden sollen. Trotzdem werde ab 2009 das
bisher genutzte Fluggerät – AVRO und
CRJ 200-Maschinen – abgegeben.
ver.di geht davon aus, dass Interessengruppen innerhalb des Konzerns,
speziell aber in der VC-Konzerntarifkommission, die Position durchsetzen
wollen, dass die Embraer nicht bei der
Regionaltochter CityLine, sondern im
Unternehmensbereich Lufthansa Passage in Dienst gestellt werden sollen.
Das würde bedeuten, dass sie von Passage-Piloten geflogen werden. Diese
Haltung nennt ver.di-Luftverkehrsexperte Ingo Kronsfoth „gruppenegoistisch“. Sie sei selbst mit Blick auf die
LH Passage unverständlich, weil dort
Cockpitpersonal fehlt, keine Arbeitsplatz- und Aufstiegsschwierigkeiten
Hilft nur: Sich wehren
Bundesfachbereichsleiter Erhard Ott antwortet
auf Fragen zur Situation bei LH CityLine
Die Vereinigung Cockpit und der Konzernvorstand haben sich im März erneut nicht über die Bereederung der
Embraer bei LH CityLine geeinigt. Was
bedeutet das?
Erhard Ott: Der worst case ist eingetreten. Wir müssen wohl befürchten,
dass die Embraer bei einer anderen Gesellschaft eingesetzt werden. Das wird
schon kurzfristig Auswirkungen auf
die Arbeitsplätze bei der CityLine haben, langfristig droht ein Bedeutungsverlust der Gesellschaft. Die CityLine
wird verstärkt Kostennachteile haben,
Ergebniserwartungen des Konzerns
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werden nicht erfüllbar sein. Schon jetzt
hat der Lufthansa-Vorstand massive
Einsparungen gefordert, auch im Personalbereich.
Wer verantwortet die Situation?
Erhard Ott: Wir waren bei den Gesprächen nicht dabei, wissen also
nicht, wer sich dabei wie verhalten hat.
Klar scheint, dass beide Seiten mehr
die LH Passage im Blick haben als die
schwierige Situation bei der CityLine.
Wenn man sich die massiven Unterschiede bei den Arbeitsbedingungen
im Cockpit von CLH und Passage ansieht, dann ist die Vereinigung Cockpit
für das Personal bestehen und die
neuen ohnehin nur im Austausch gegen bisherige Maschinen gereedert
werden sollen. Für die CityLine allerdings werde eine Blockade des Einsatzes der neuen Embraer einen akuten
Flugzeugmangel bedeuten. „Das Sterben des Lufthansa-CityLine-Flugbetriebes und der Verlust der Arbeitsplätze am Boden, in der Kabinen und
im Cockpit wird damit eingeleitet“,
warnt der Gewerkschafter. Er spricht
von einem bewusst einkalkulierten
„Untergangsszenario“. Vielen Beschäftigten – zuerst in der Kabine,
aber auch am Boden – drohe dadurch
Arbeitsplatzverlust. Das sei umso
mehr zu kritisieren, da die Beschäftigten der CityLine bisher maßgeblich
zum Erfolg der Lufthansa beigetragen
haben. Sie erwarteten keine Vorzugsbehandlung, könnten aber nicht tatenlos zusehen, wie die Ergebnisse ihrer bisherigen Arbeit zunichte gemacht würden. Deshalb müssten sie
sich verstärkt für ihre Interessen einsetzen.
❏
Nachtrag Meldung Aktion Frankfurt
am Main
ganz offenbar bei der LangstreckenFluggesellschaft durchaus erfolgreich
gewesen. Bei CityLine dagegen gar
nicht.
Wann wird ver.di aktiv, um einen besseren Manteltarifvertrag, eine lost-oflicence Absicherung und eine Übergangsversorgung bei der CityLine zu
erreichen?
Erhard Ott: Wir haben schon dreimal
Warnstreiks durchgeführt, gerade auch
für eine massive Vergütungsanhebung.
Wir mussten aber auch erleben, dass
VC zu Streikbrecherarbeit aufgerufen
hat. Und trotz allem sind Piloten in der
Vereinigung Cockpit organisiert. Solange dies so bleibt, lehnt sich die Arbeitgeberseite zurück und verhandelt weiter mit VC. Wenn wir den Auftrag der
CityLine-Piloten bekommen, dann werden wir die Arbeitgeber auch an den
Verhandlungstisch zwingen.
❏
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ÖPNV
Nicht ins Abseits manövrieren
ver.di Saar fordert Dialog zur Zukunft des Völklinger Nahverkehrs
men. Überdies käme auf den Verkehrsbetrieb die Millionenklage der Zusatzversorgungskasse zu und spätestens bei
der Neuvergabe der Konzession in Völklingen müsste die Verkehrsleistung europaweit ausgeschrieben werden.
Deshalb forderte auch der zuständige Fachbereichsleiter Verkehr im
Saarland Bernd Oleynik die Verantwortlichen von Völklingen auf, das Dialogangebot im Sinne der Bürgerinnen
und Bürger von Völklingen aufzugrei-
fen. Für den Fall, dass die Verantwortlichen nach dem Prinzip „Koste es was
es wolle“ weiter auf ihrem Privatisierungsmodell beharren, kündigte Oleynik an, den Druck zu erhöhen. Wie das
aussieht, hätten die Beschäftigten der
Völklinger Verkehrsbetriebe GmbH
schon bei Streiks im Tarifkonflikt des
öffentlichen Dienst im Saarland überzeugend bewiesen. Ziel bleibe es, die
„Verbrennung öffentlicher Gelder“
mit allen Mitteln zu verhindern.
Bol
Foto: ver.di Saar
D
er ver.di-Landesleiter Saar Alfred
Staudt fordert den Völklinger
Oberbürgermeister Klaus Lorig
(CDU) und die gesamte CDU-Stadtratsfraktion zum Dialog mit den Beschäftigten, dem Betriebsrat und der Gewerkschaft zur Zukunft des Völklinger ÖPNV
auf. Hintergrund ist das derzeit von der
CDU forcierte private Managementmodell für die Völklinger Verkehrsbetriebe,
das aus ver.di-Sicht ins verkehrspolitische Abseits führen werde.
In diesem Zusammenhang warnte
ver.di auch vor finanziellen Gefahren
durch eine drohende Millionenklage der
Zusatzversorgungskasse des Saarlandes
für die Stadt. Das Managementmodell
sei zum Vorteil eines Großrosselner privaten Busunternehmens gestaltet und
enthalte Nachteile für die Bürgerinnen
und Bürger sowie die Beschäftigten.
Der Betriebsrat der Völklinger Verkehrsbetriebe hat – zusammen mit den
Beschäftigten und der Gewerkschaft –
Alternativmodelle gegenüber dem privaten Managementmodell vorgeschlagen. Die meisten Einsparungen brächte
die Kooperation mit den kommunalen
Saarlouiser Verkehrsbetrieben. Es gäbe
aber auch die Möglichkeit, die Völklinger Verkehrsbetriebe selbst in ein wettbewerbsfähiges Fahrwasser zu bringen.
Bei diesem Modell würden dennoch
mindestens 35 000 Euro pro Jahr mehr
eingespart, als die CDU für ihr privates
Managementmodell vorrechnet.
Neben dem Kostenvorteil sichert das
Arbeitnehmermodell weiter den vollen
kommunalen Einfluss, wendet die ansonsten drohende Klage der Zusatzversorgungskasse in Höhe von ca. 8 Millionen Euro ab, sichert auch künftig die Direktvergabemöglichkeit der Stadt an seinen Verkehrsbetrieb, ermöglicht, dass
perspektivisch höhere Ersparnisse der
öffentlichen Hand zu Gute kommen
oder zur Verbesserung des ÖPNV-Angebots verwendet werden können, sichert
die Eigenkompetenz im Unternehmen
und wird von der Belegschaft unterstützt. Kurz: Es wäre zum Vorteil der
Völklinger Bürger und der öffentlichen
Hand insgesamt. Das private Managementmodell bietet dagegen nur Einnahmesicherung bei einem Privatunterneh-
Während der Tarifauseinandersetzungen im öffentlichen Dienst demonstrierten
am 6. März vor dem Busdepot der Völklinger Verkehrsbetriebe etwa 1000 Streikende
ihren Kampfeswillen.
Teilerfolg im Kampf gegen Lohndumping
ver.di begrüßt Tariftreueerklärungen bei der Saarbahn GmbH
Die Saarbahn GmbH hat ver.di Mitte
April 2008 darüber informiert, dass
alle ihre ÖPNV-Auftragsunternehmen eine Tariftreueerklärung unterzeichnet haben. Für ver.di-Landesleiter Alfred Staudt ist dies ein erster
wichtiger Teilerfolg ge-gen Lohndumping im ÖPNV. ver.di hatte vor
fünf Jahren eine Kampagne für mehr
Tariftreue in privaten saarländischen
Omnibusunternehmen gestartet.
Nach der aktuellen Erklärung müssten über 100 Busfahrer eine ordentliche Lohnerhöhung erhalten. Der
ver.di-Landeschef sagte, nun müssen
die ÖPNV-Unternehmen in Völklingen, Saarlouis und Neunkirchen dem
Saarbrücker Beispiel folgen. Man
werde an die Unternehmen und die
Vertreter der Anteilseigener, den
Völklinger Oberbürgermeister Klaus
Lorig, den Saarlouiser Oberbürgermeister Roland Henz, die Saarlouiser
Landrätin Monika Bachmann, den
Neunkircher Oberbürgermeister Friedrich Decker und den Neunkircher
Landrat Dr. Rudolf Hinsberger, herantreten und sie auffordern, dem Saarbrücker Beispiel zu folgen. Dann fehle
nur noch die bundeseigene RSW, um
alle ca. 80 privaten Omnibusunternehmen im Saarland an die Zahlung
von Tariflöhnen zu binden.
ver.di-Landeschef Staudt bekräftigte gegenüber der saarländischen
Landesregierung zugleich die Forderung nach einem Tariftreuegesetz, um
im Interesse der seriösen mittelständischen privaten Omnibusunternehmen
einem schmutzigen Wettbewerb um
den billigsten Busfahrer im Saarland
endgültig Einhalt zu gebieten. B.O.
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ÖPNV
Es geht auch um die Würde
Kein Ende abzusehen: Beispiellose Tarifauseinandersetzung bei der BVG
Fotos: v. Polentz/transitfoto
D
ie Tarifverhandlungen für die
Beschäftigten der BVG und von
Berlin Transport (BT) sind um 6
Uhr am Morgen des 19. April 2008
nach 14 Stunden abgebrochen worden. Die Tarifkommission hat sich
weiterhin für Arbeitskampfmaßnahmen ausgesprochen...“ Momentaufnahme des Tarifstreites, der bei den
Berliner Verkehrsbetrieben seit 17. Januar mit vielen Unterbrechungen am
Verhandlungstisch geführt wird. Bisheriger Höhepunkt: Zwölf Tage Dauerstreik der BVGler ab 5. März. Berlin im
Ausnahmezustand – alle U- und Straßenbahnen sowie die BVG-Busse blieben in den Depots. Anfang April schien
zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) und ver.di ein tragfähiger Kompromiss gefunden. Doch die
Politik lehnt ihn ab. Zwar erhöht der
rot-rote Berliner Senat den Finanzrahmen für Tariferhöhungen von 20 auf
24 Millionen Euro für die nächsten
zwei Jahre. Doch ein Modell mit einem
Volumen von 23 Millionen scheitert
schließlich daran, dass Finanzsenator
und
BVG-Aufsichtsratsvorsitzender
Sarrazin nicht erreichbar ist, um zuzustimmen. So sind der Ausgang des Tarifkampfes und Lohn- und Gehaltserhöhungen für die 12 200 Beschäftigten weiter ungewiss.
Es ist ein hartnäckiger und in vieler
Hinsicht bemerkenswerter Tarifkonflikt, den die täglich 2,4 Millionen
Fahrgäste der hauptstädtischen Nahverkehrsgesellschaft zudem im Alltag
hautnah zu spüren bekommen.
Fakt ist zunächst: Die BVG hat 800
Millionen Euro Schulden. Dennoch ver-
gräbt man Unsummen in Prestigeobjekten wie der Kanzler-U-Bahn. Einsparungen soll vor allem das Personalkonzept bringen. 1993 zählte das Unternehmen noch 28 000 Beschäftigte.
Mittlerweile arbeiten bei der BVG und
ihrer ausgegründeten Tochter Berliner
Transport GmbH noch 11 500. Arbeitsverdichtung, Überstunden und ständig
wechselnde Dienstpläne sind die Folge. Die BVGler haben seit fünf Jahren
keine Tariferhöhungen bekommen.
Die Altbeschäftigten verzichteten
2005 sogar auf zwölf Prozent ihres Einkommens, um zur Sanierung des
Unternehmens beizutragen und Neueinstellungen zu ermöglichen. Nachdem sich die Arbeitgeberseite im aktuellen Tarifstreit zunächst völlig verweigerte, sah das erste „Angebot“ für
so genannte Altbeschäftigte der BVG
überhaupt keine Tariferhöhungen vor.
Rund zehn Prozent der Mitarbeiter sind
nach September 2005 eingestellte
„Neubeschäftigte“, die etwa 30 Prozent weniger verdienen
und unstrittig bei Tariferhöhungen bevorzugt
werden sollen. Mit Behauptungen wie der,
Altbeschäftigte würden
mit rund 3000 Euro
brutto so gut bezahlt
wie Assistenzärzte, wurde von der ArbeitgeberStillstand bei der BVG.
Momentan streiken die
Werkstätten und Busse.
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seite jedoch eine Neiddebatte geschürt
und versucht, einen Keil zwischen Altund Neubeschäftigte zu treiben.
Auch in der Öffentlichkeit wird diffamiert. Einige Mitarbeiter seien nicht
einmal das Geld wert, was sie jetzt bekommen, ließ sich der Finanzsenator
vernehmen. Immer wieder mischt sich
die Politik in die Tarifauseinandersetzung.
„Das haben wir in über 20 Jahren
bei der BVG noch nicht erlebt“, fasst
ver.di-Verhandlungsführer Frank Bäsler
die Situation zusammen. Die Gegenseite habe es geschafft, „dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mittlerweile nicht nur um ihren gerechten
Lohn kämpfen“, sondern auch „um ihre Würde im Betrieb. Sie wollen sich
nicht weiter wie Dreck behandeln lassen.“ Dafür spricht, dass 700 Straßenbahnfahrer spontan für einen halben
Tag die Arbeit niederlegten. Dafür
spricht, dass ver.di und die Beschäftigten sich in den Verhandlungen flexibel
und kompromissbereit gezeigt haben –
hinsichtlich der Entgeltforderungen
und der Laufzeit. Dafür spricht auch,
dass verstärkt die Fahrgäste informiert
und die Auswirkungen für sie möglichst gering gehalten werden. „Wir
haben gezeigt, dass wir sehr verantwortungsbewusst sind. Aber wir richten uns auf eine längere Aktion ein mit
flexiblen Streikmaßnahmen. Sie sollen
das Unternehmen vorrangig wirtschaftlich treffen“, sagt Bäsler. Es könne „nicht sein, dass wir die Zeche völlig
allein zahlen sollen.“
❏
ver.di re p o r t
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SCHIFFFAHRT
Zukunft des Güterverkehrs
Entwurf eines Masterplans Güterverkehr und Logistik vorgestellt
stecken bleiben, kommen auch die
Menschen nicht mehr voran. Deswegen geht die Zukunft des Güterverkehrs uns alle an. Mit dem Masterplan
[...] treffen [wir] Vorsorge, dass Verkehr und Mobilität auch in Zukunft zu
einer hohen Lebensqualität und wirtschaftlichem Wohlstand beitragen,
und nicht zu einer Belastung für
Mensch und Umwelt werden.“
Andrea Kocsis, stellvertretende
ver.di-Vorsitzende und Bundesfachbe-
Foto: Behala
N
ach fast zweijähriger Diskussion
stellte Bundesverkehrsminister
Wolfgang Tiefensee am 14.
März 2008 in Berlin den Entwurf des
Masterplans Güterverkehr und Logistik
vor. Der Plan, an dem 700 Experten aus
Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden mitgearbeitet haben, umfasst 39
Maßnahmen, die mit den anderen Ministerien abgestimmt und dann im
Bundeskabinett beschlossen werden
sollen. Die Maßnahmen sollen den Logistikstandort Deutschland attraktiver
gestalten und seine „Drehscheibenfunktion“ fördern. Sie ranken sich um
fünf Schwerpunkte: Die effiziente Nutzung der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur, den Neu- und Ausbau von
Verkehrswegen, die Vermeidung von
Verkehren, den Klima-, Umwelt- und
Lärmschutz und bessere Arbeitsbedingungen in der Logistik.
„Der Güterverkehr wird in den
kommenden Jahren stark anwachsen“, so Minister Tiefensee über den
Entwurf. „Wenn die Güter im Stau
Für bessere soziale Standards
Küsten- Fähr- und Bäderschifffahrt und Weiße Flotte sowie
Schifffahrtsassistenz führten gemeinsames Seminar durch
Zur Analyse der Tarifpolitik im Sektor
der Küsten-, Fähr- und Bäderschiffahrt
sowie der Weißen Flotte führten Vertrauensleute und Betriebsräte Ende Februar in der ver.di-Bildungsstätte Undeloh ein gemeinsames Seminar durch.
Dabei wurden insbesondere die Fragen einer abgestimmten Tarifpolitik
und der Sicherung sozialer Standards
beraten. In Arbeitsgruppen wurden
bestehende tarifliche Regelungen
analysiert und als Datenbank aufbereitet. Gleichzeitig sind die Möglichkeiten der tariflichen Entwicklung in
diesem Schifffahrtsbereich beraten
worden. Das Herangehen an regionale Verhandlungen, die Fragen der
Durchsetzbarkeit von Forderungen,
aber auch rechtliche Regelungen aus
dem Seemannsgesetz und Chancen
von Arbeitskampfmaßnahmen sind
intensiv erörtert worden.
Eine besondere Rolle nahm in diesem
Komplex die Tarifpolitik der Internationalen Transportarbeiter Föderation (ITF) ein. Durch den ITF-Inspektor
Udo Beyer wurden die Konzepte der
ITF-Tarifpolitik detailliert erläutert,
besonders wenn es darum geht,
Lohndumping und schlechte soziale
Bedingungen auf Seeschiffen international zu verhindern.
Diskutiert wurde auch, wie überhaupt Forderungen herausgearbeitet
und anschließend im Rahmen von
internationalen Tarifverhandlungen
durchgesetzt werden können. Auch
die Verantwortung von ver.di in diesem Prozess wurde betont. Auf mehr
als 1600 Tarifverträge kann bereits
zurückgegriffen werden für die Entwicklung von sozialen Bedingungen
an Bord und gegen Lohndumping auf
„Billigflaggen“-Schiffen.
reichsleiterin Postdienste, Speditionen
und Logistik, betonte bei der Vorstellung, dass der Masterplan ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sei,
den Logistikstandort Deutschland weiter auszubauen, dadurch Arbeitsplätze
zu sichern sowie die Arbeitsbedingungen und die Qualifikation der Beschäftigten in der Branche dauerhaft zu verbessern.
An der Entwicklung des Masterplans war ver.di in Workshops und Expertenrunden zu Themen wie Ausund Weiterbildung, Infrastruktur und
Vernetzung, Märkte und Marktbedingungen sowie Umweltschutz beteiligt
und hat gewerkschaftliche Positionen
eingebracht. Die abschließende ver.diStellungnahme zum Masterplanentwurf ist im Internet unter www.psl.verdi.de/logistik/nachrichten zu finden.
Der Masterplanentwurf selbst steht
auf der Webseite des Bundesverkehrsministeriums unter www.bmvbs.de/
Verkehr/Gueterverkehr-Logistik-,2829/
Masterplan.htm
❏
Außerdem stand die Entwicklung der
internationalen Sicherung von sozialen Bedingungen für Seeleute durch
das Internationale Abkommen 2006
(ILO Konvention 2006) auf der Tagesordnung. Als Gast legte Dr. Dierk Lindemann – einer der geistigen Väter
dieses Abkommens – inhaltliche Details und vor allem die Umsetzungsschritte in das deutsche Recht dar.
Die Rolle von ver.di und der Bundesfachgruppe Schifffahrt wurde in der
Debatte hervorgehoben. Diskutiert
wurde auch, wie es gelingen kann,
mehr Präsenz vor Ort zu sichern sowie die Arbeit bei den unterschiedlichen Reedereien zu unterstützen.
Das alles diene der Organisation von
mehr Gleichgesinnten. Mitgliederwebeprojekte müssen unbedingt
auch auf diesem Sektor ausgebaut
werden, war die einhellige Meinung
der Teilnehmer.
Die Seminare über eine abgestimmte
Tarifpolitik auf diesem Sektor werden
fortgeführt.
khb
VERKEHR
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HAFENARBEITER
Nur gemeinsam sind wir stark
D
ie NPD orientierte ihre Mitglieder
und Sympathisanten zur Teilnahme an einer Kundgebung zum 1.
Mai 2008 in Hamburg. In dem Aufruf
dazu stellt sie sich auf direkte Weise in
die Folge der NSDAP, deutet die Entstehung des 1. Mai und die Geschichte der
Arbeiterbewegung um und versucht,
sich diese Tradition einzuverleiben.
Engagierter Hafenarbeiter sind empört über die Geschichtsfälschung und
wollen nicht zulassen, dass die Nazis sich
unserer Geschichte und unserer Zukunft
annehmen. Bereits im Rahmen des
Wahlkampfes in Hamburg wurde gegen
Rechts eine eigene Hafenarbeiterdemonstration durchgeführt. Diese vom
Betriebsratsvorsitzenden der Gesamthafenarbeiter angemeldete Aktion wurde
von alle führenden Funktionären im Hafen und den Mitgliedern der ver.diBundestarifkommission unterstützt.
Die Hafenarbeiter wenden sich
aber nicht nur gegen die Hetze der Nazis, sondern auch gegen eine Politik
der sozialen Kälte, die einen Nährboden für Deutschtümelei, Rassismus
und Antisemitismus bietet. Wer politisch verantwortet, dass in einem so
reichen Land wie Deutschland immer
mehr Menschen
arm werden, der
ist auch mitverantwortlich
dafür,
wenn die Faschisten wieder durch
die Straßen marschieren. Wer öffentliches Eigentum verscherbelt,
verkauft gleichzeitig
Mitbestimmungsmöglichkeiten der Bürger.
Wer sich einen Dreck um die Ergebnisse von Volksbefragungen schert,
legt Hand an das demokratische
Selbstverständnis. Wer permanent soziale Einrichtungen abbaut, trägt Verantwortung dafür, dass Menschen entwurzeln und womöglich der Nazipropaganda auf den Leim gehen. Die Hafenarbeiter stehen für eine Politik, die
die Menschen an der Entwicklung beteiligt und der sozialen Ausgrenzung
entgegenwirkt.
Wenn die Hafenarbeiter vergleichsweise gute Arbeitsbedingungen erkämpft haben und in Europa politisch
durchsetzungsfähig sind, dann des-
Neuerscheinung „Kraftproben“
Die Kämpfe der Beschäftigten gegen die Liberalisierung der Hafenarbeit
Der Hamburger VSA-Verlag vermeldet
für eine bessere Arbeitswelt gekämpft.
dieser Tage eine interessante NeuerDafür, dass Schluss damit ist, dass Arbeischeinung. Der großformatige Hardcoter sich morgens versammeln müssen
ver-Band „Kraftproben“ erzählt von
und nicht wissen, ob sie Arbeit kriegen
den Kämpfen der Beschäfoder nicht... Und wir wollen
tigten gegen die Liberalisieund werden nicht zulassen,
Kraftproben
rung der Hafenarbeit. Dadass das Rad der Geschichte
bei wird der Bogen vom
zurückgedreht wird! Denn
Hamburger Hafenarbeiterobwohl es den Hafenarbeistreik von 1896/97 bis zu
tern in ganz Europa durch
den jüngsten Aktionen gesolidarische Aktionen letztgen die Deregulierung des
lich gelungen ist, auch Port
Hafensektors gespannt –
Package II zu verhindern,
ein Brückenschlag über
kann keinesfalls Entwarmehr als 100 Jahre, der Mut
nung gegeben werden. Vielmacht. Im Vorwort von ver.di-Chef
mehr machen die neuerlichen AktivitäFrank Bsirske heißt es: „Die Hafenarbeiten der EU-Kommission überdeutlich:
ter haben mit ihren Gewerkschaften
Die Liberalisierung der Hafendienstleilange gegen die Tagelöhnerarbeit und
stungen in Europa ist noch lange nicht
Foto: FB
Hamburger Hafenarbeiter protestieren gegen Naziaufmarsch am 1. Mai
halb, weil sie seit über 100 Jahren
international zusammenarbeiten. Sie
haben es nie zugelassen, dass irgendjemand einen Keil zwischen sie treibt,
egal aus welchem Land der Welt sie
stammen oder welcher Weltanschauung sie angehören. Wenn die Nazis am
1. Mai dazu aufrufen, Arbeit und soziale Gerechtigkeit „nur“ für Deutsche
zu fordern, dann greifen sie direkt die
Interessen der Hafenarbeiter an. Wer
kann denn ernsthaft glauben, dass
Welthandel verzichtbar sei? Die Hafenarbeiter verstehen sich als Teil eines
breiten antifaschistischen Bündnisses.
Bernt Kamin-Seggewies
zu den Akten gelegt!... Sollte es also
weitere Versuche geben, ihre Interessen
zu missachten, werden die Hafenarbeiter erneut getreu dem Motto ,proud to
be a docker‘ alle Hebel in Bewegung
setzen, dass auch diese Bemühungen
einer Verschlechterung ihrer Lebensund Arbeitsbedingungen scheitern.“
Udo Achten/Bernt Kamin-Seggewies
VS
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16
1/2008
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VERKEHR
Udo Achten/Bernt Kamin-Seggewies:
Kraftproben. Die Kämpfe der Beschäftigten
gegen die Liberalisierung der Hafenarbeit
Mit einer Dokumentation der Broschüre von
Carl Legien „Der Streik der Hafenarbeiter und
Seeleute in Hamburg-Altona“ von 1896/97,
192 Seiten; zahlreiche Fotos, 22,80 Euro,
ISBN 978-3-89965-263-5
ver.di bietet einen Teil der Auflage
für eine Schutzgebühr von 5 Euro an.
Interessenten können sich an die
ver.di-Bezirke wenden.