Bozen gestaltet seine Zukunft Ideen für einen neuen Bauleitplan
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Bozen gestaltet seine Zukunft Ideen für einen neuen Bauleitplan
Bozen gestaltet seine Zukunft Francesco Sbetti Carlo Azzolini Helene Hölzl Claudio Lucchin Elena Mezzanotte Lia Nadalet Wolfgang Piller Peter Plattner Alessia Politi Luigi Scolari Ideen für einen neuen Bauleitplan GEMEINDE BOZEN Silvano Bassetti, Assessor für Urbanistik Bozen gestaltet seine Zukunft Ideen für einen neuen Bauleitplan Arbeitsgruppe: Francesco Sbetti, Koordinator Carlo Azzolini Helene Hölzl Claudio Lucchin Elena Mezzanotte Lia Nadalet Wolfgang Piller Peter Plattner Alessia Politi Luigi Scolari Ausgabe Mai 2007 Übersetzungen: Armin Benedikter Helene Hölzl Wolfgang Piller Peter Plattner Luigi Scolari Bozen gestaltet seine Zukunft Ideen für einen neuen Bauleitplan 2 DIE PLANUNGSWERKSTATT 3 4 5 6 7 8 Ein zukünftiges Szenario Das Gefüge der Stadt Ein Ausblick, drei Ziele Wachstum, wohin? Die wesentlichen Themen Schritt für Schritt im Konsens 9 NATUR und Landschaft 10 11 12 13 14 Die Landschaft breitet ihre Arme um die Stadt Grünräume durchwachsen sie Frischluft-Alleen Dem Wasser entlang: Ein Uferpark Die Hänge als Erholungsraum 16 DIE STADT und ihre Zentren 17 18 19 20 21 22 23 24 Aufwertung der Stadtviertel Treffpunkt Talferbrücke Neue Impulse für die Altstadt Gries und der Lagrein Chaussee Reschenstraße Don Bosco: Musik im Park Alt und Jung am Matteottiplatz Kreatives in Oberau 26 MOBILITÄT und Verkehr 27 28 29 30 31 32 Galilei wird untergraben Durch den Berg: Die Autobahn Eine Umfahrung im Nordosten Güterverkehr: Ein Durchstich für die Schiene Das öffentliche Verkehrsnetz Aus der Stadt und in die Höhen 33 HANDEL und Gewerbe 34 35 36 37 Produktion: Standort Bozen Im Stadion: Uni und Forschung Ein Park für neue Energien Strategien für den Handel 38 STADTTEILE im Wandel 39 40 41 42 Kommt der Zug rechtzeitig am Bahnhof an? Neues aus der „Zone“ Sigmundskron: Leben am Fluss Stadterweiterung: Wie und wo sonst noch? 43 EIN VERBINDLICHES Regelwerk 44 44 Inhalte des Planes Urbanistik: Normen, Gesetze Häuser, Flüsse, Autobahn, Eisackuferstraße, Eisenbahn, Industrie, Berghänge: Und morgen? (links). Ein Herz für Bozen (rechts) DIE PLANUNGSWERKSTATT ie Urbanistik wird des Öfteren als ein Hindernis betrachtet, als ein überflüssiges Planungsinstrument, welches durch seine Behäbigkeit mit der Dynamik der Erneuerung auf urbaner Ebene nicht Schritt halten und auf die Bedürfnisse einer raschen Umsetzung städtebaulicher Entwicklungen und Veränderungen nicht unmittelbar antworten kann. Auch aus technischer Sicht scheint ein Bauleitplan, der die Anforderungen einer gezielten Stadtentwicklung zu bewältigen hat, in dieser Form nicht mehr das effektivste Planungsinstrument zu sein, um die aktuellen urbanistischen Probleme einer Stadt zu lösen. Das vorliegende Do- D 2 – Die Planungswerkstatt kument versucht eine Antwort auf diese Schwierigkeiten zu geben und versteht sich als innovative Planungswerkstatt, welche jene Erneuerungstendenzen aufzeigen soll, die derzeit auf urbanistischem Gebiet auch auf gesamtstaatlicher Ebene zu erkennen sind: Erneuerung in der Form, in der Umsetzung und in den Projektinhalten. Mit dem neuen Plan und einem entsprechenden Umsetzungspotenzial der darin vorgesehenen Maßnahmen soll die Stadt mit gezielten Strategien neu strukturiert werden. Wesentliche Bereiche der Stadt sind in ihrer Funktionstüchtigkeit nachhaltig aufzuwerten, wie z.B. das Bahnhofsareal und die Industriezone. Ein zukünftiges SZENARIO iese Vorstudie ermöglicht neue Zukunftsvisionen für Bozen zu erarbeiten, gleichzeitig jedoch die Chance wahrzunehmen, in absoluter Planungsfreiheit ein zukünftiges Bild der Stadt anzudenken und zu gestalten, ohne dabei an ein starres urbanistisches Regelwerk gebunden zu sein. Zwei wichtige Ziele verfolgt dieses Dokument: Als erstes sollen die wesentlichen übergeordneten Themen zusammengefasst werden. Spezifische Einzelaspekte werden dabei ausgeklammert, das Augenmerk wird auf eine Gesamtvision D Die Häuser in der Sparkassenstraße (oben). Bozner Puzzle: Die Stadtteile werden zusammengefügt (unten) 3 – Die Planungswerkstatt ausgerichtet, was einen methodologischen Bruch mit der herkömmlichen Bauleitplanung darstellt, die sich sofort ins Detail begibt, um anschließend aus den Einzelteilen ein Gesamtbild und ein einheitliches Ziel für die Planung festzulegen. Zweites Ziel ist es, mit den verschiedenen Interessensgruppen von Beginn an über die Inhalte zu diskutieren, auch um gewisse Schwerpunkte festzulegen. Die verdichtete (oben) und die durchgrünte Stadt(unten) DAS GEFÜGE der Stadt lle Stadtplanungsmodelle für Bozen haben bisher ihren Schwerpunkt auf den Mangel an potenziellem Bauland gelegt. Diese Einschränkung konnte die Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt nur einseitig erfassen, da die Teile der Stadt nicht miteinander in Beziehung gesetzt wurden. Die Planung muss sich auf das gesamte Stadtgefüge beziehen unter vorgreifender Miteinbeziehung der bebauten Flächen, der Freiflächen und der Hänge. Bozen soll ein neues Erscheinungsbild erhalten, das sich innerhalb der Grenzen der Stadt und auch darüber hinaus festsetzen kann. Dieser Ansatz soll vorangegangene urbanistische Planungskonzepte nicht in Frage stellen, die immerhin imstande waren, den Verbrauch an Grund und Boden einzuschränken und eine kompakte Stadt ohne Ausuferung in die Peripherien entstehen zu lassen. Wert gelegt wurde besonders auf die Beziehung der Stadt zum umliegenden Agrarland als klimatische und landschaftliche Ressource für Bozen. A 4 – Die Planungswerkstatt Luftbild von Südtirol (oben) und des Gemeindegebietes von Bozen (unten) EIN AUSBLICK. Drei Ziele ie Identität der Stadt und die Herausforderung durch die Globalisierung bewirken, dass die zukünftige Rolle der Stadt Bozen in ökonomischer und kultureller Hinsicht nicht nur auf das Gemeindegebiet beschränkt betrachtet werden kann, sondern auch auf Landesebene und darüber hinaus definiert und aufgewertet werden muss. Die zukünftige Lebensqualität der Stadt und der daraus resultierende Baulandbedarf sind auf folgende drei Szenarien abzustimmen: 1. Ein internationaler Horizont, der der Stadt Bozen die Rolle einer kleinen Hauptstadt zu verleihen imstande ist aufgrund ihrer Position entlang des europäischen Korridors Nr. 1, und zwar als Stadt der Kul- D 5 – Die Planungswerkstatt tur und der Begegnung zwischen Kulturen, als Stadt mit ökonomischen und vor allem innovativen Funktionen, die mit der Umwelt, mit dem Tourismus und mit den Bergen zu tun haben. 2. Die Bedeutung in territorialer Hinsicht: Bozen ist die Hauptstadt des Landes, und diese Rolle ist und bleibt auf das ganze Südtirol bezogen eine zentrale, vor allem was öffentliche Dienstleistungen und Verwaltung angeht. 3. Die Bedeutung auf städtischer Ebene: Die Stadt muss mit den umliegenden Gemeinden zusammenarbeiten und die Bedürfnisse der eigenen Einwohner auf den Gebieten des Wohnungsbaus, der Mobilität, der Dienstleistungen, der Umwelt und des Grüns berücksichtigen. Einwohneranzahl nach Stadtteilen 4.676 12.340 2.062 7.247 8.696 3.737 10.232 5.918 1.546 10.334 7.478 5.877 8.381 2.918 WACHSTUM, wohin? as Thema der Größenordnung und des Ausmaßes ist ein komplexes und kann nicht nur statistisch gelöst werden. Bozen wird so groß, wie es werden will oder wie es sein will, und das bedeutet, dass das Festlegen auf eine Größenordnung auch mit Perspektiven zu tun hat und nicht nur mit dem natürlichen Wachstum der Bevölkerung. Welche Rolle als Hauptstadt, als Handelsstadt und als Stadt der Begegnung der Kulturen Bozen einnehmen wird, hängt auch davon ab, wie in dieser Perspektive Angebot und Nachfrage an Wohnraum, an Handelsflächen und an Kultur abgedeckt werden. Es erscheint unerlässlich, diese Probleme einer politischen oder ideologischen Diskus- S sionen zu entziehen, um auf die effektiven Bedürfnisse und auf die Zukunft der Stadt eingehen zu können, ohne dabei eine Aufwertung in urbanistischer und funktionaler Hinsicht aus den Augen zu verlieren. Laut Untersuchungen des Amtes für Urbanistik besteht derzeit eine Nachfrage von 2000 bis 3000 Wohnungen. Diese Größenordnung ist sozusagen der Bezugspunkt, um Strategien festzulegen, wobei man sich die Wiedergewinnung und Aufwertung bestehender Flächen zum Ziel gesetzt hat und weniger die Bebauung noch nicht urbanisierter Flächen. DIE BEVÖLKERUNGSVERTEILUNG In Bozen leben fast 100.000 Einwohner in über 45.000 Haushalten. Bezogen auf die einzelnen Stadtviertel, ist die höchste Einwohnerzahl in Gries-Quirein zu verzeichnen und in der Zone zwischen Romstraße, Drususstraße und Eisack, wo etwa die Hälfte der Bevölkerung Bozens lebt. EINWOHNERZAHLEN NACH STADTVIERTELN 2005 Zentrum-Bozner Oberau Boden-Rentsch Haslach Europaviertel Neustift Don Bosco Gries Quirein Total Einwohner 17.369 13.443 16.170 22.477 29.593 99.052 Haushalte 8.376 5.952 7.869 9.193 13.880 45.270 6 – Die Planungswerkstatt Übersichtsplan der wesentlichen Themen (oben). Virgl, Altstadt, Autobahn, Gewerbegebiet (unten) Die wesentlichen THEMEN ieses Dokument bezieht sich auf urbanistisch konsolidierte Erfahrungswerte aus dem italienischen und europäischen Städtebau und soll eine Grundlage sein, welche unter Berücksichtigung und Bewertung der vorhandenen urbanen und territorialen Vorgaben eine Strategie für eine nachhaltige Entwicklung der Stadt Bozen vorbestimmt. Es ist ein programmatisches Dokument, das einen starken Kommunikationsinhalt hat und das eine Entwicklung für die Zukunft der Stadt vermitteln soll. Es ist unterteilt in sechs Kapitel und zwar: NATUR UND LANDSCHAFT: Natur- und Stadtraum werden in Relation gesetzt. DIE STADT UND IHRE ZENTREN: Die Wertigkeit der einzelnen Stadtviertel. MOBILITÄT UND VERKEHR: Die Hierarchien des Verkehrs und ihre wechselseitige Beziehung. HANDEL UND GEWERBE: Möglichkeiten zu einer nachhaltigen Entwicklung. STADT IM WANDEL: Mögliche Entwicklungschancen. Und schließlich EIN VERBINDLICHES REGELWERK: Normen und juridische Verfahren. D 7 – Die Planungswerkstatt Schritt für Schritt IM KONSENS n Folge mehrerer Zusammenkünfte mit den Stadtviertelräten, mit Vertretern diverser Verbände, mit Kulturvereinen, mit verschiedenen Institutionen und Ämtern, wurden in einem partezipativen Verfahren alle Interessensgruppen angehört und im Vorfeld eingebunden, im Gegensatz zur üblichen Praxis, welche die Planungsbeteiligung erst am Ende des Instanzenweges in Form von Bemerkungen oder Rekursen vorsieht. Ein Bauleitplan soll nicht nur die unmittelbar anstehenden Probleme lösen, er muss auch in die Zukunft wirken und aufzeigen, wie neue städtebauliche Szenarien umsetzbar sind. Gerade deshalb ist eine fortschreitende Planungsbeteiligung im öffentlichen und privaten Interesse unbedingt erforderlich. I 8 – Die Planungswerkstatt NATUR und Landschaft ie natürliche Landschaft der Hänge und Anhöhen, die Kulturlandschaft der Obst- und Rebanlagen, die Flussläufe und das innerstädtische Grün definieren und strukturieren in ihrem Zusammenspiel das landschaftliche System der Stadt, welches als tragendes Element die Gesamtheit aller natürlichen, landschaftlichen und historischen Freiräume umfasst und aufwertet. D 9 – Natur und Landschaft Die Obstwiesen im Etschtal, der Guntschnaberg und Gries, Weinberge ober Kampill (von oben). Ein optimales Verhältnis zwischen bebauter und freier Landschaft (unten rechts) DIE LANDSCHAFT breitet ihre Arme um die Stadt wei Drittel der Grundfläche Bozens bestehen aus landwirtschaftlich genutztem und naturnahem Grün. Durch sorgfältigen Landschaftsschutz und kompakte Siedlungsentwicklung sind in Bozen bis heute die landschaftlich wertvollsten Gebiete an den Hängen und auf den Anhöhen, wie St. Magdalena, St. Peter, Guntschna, Virgl, Kohlern sowie große Teile von Moritzing vorwiegend landwirtschaftlich genutzt oder naturbelassen geblieben. Was sich nach außen hin so außerordentlich positiv zeigt, hatte im Stadtgebiet selbst eine Reihe von negativen Auswirkungen: Fehlende übergeordnete Planung bei der Gestaltung des öffentlichen Raumes und des städtischen Z 10 – Natur und Landschaft Grüns führte vor allem in den westlichen und südlichen Stadtteilen Bozens zu einer immer stärkeren und zusammenhangsloseren Verdichtung, sodass sich die Zwischenräume nur noch auf reine Verkehrsflächen beschränkten. Um einer derartigen Weiterentwicklung entgegen zu wirken braucht es einen neuen städtebaulichen Ansatz: Nicht die Stadt vereinnahmt die Landschaft, sondern die Landschaft eignet sich die Stadt an. Fünf Grünkeile (Gries, Guntschna, St. Magdalena, Virgl und Kohlern, Grutzen) statt nur einem, wie bisher, sollen langfristig von weiterer Bebauung freigehalten werden, um die landschaftlichen Werte der Stadt auch in Zukunft zu sichern. Das städtische Grün (oben). Die Runkelsteinerstraße, ein vorbildliches Beispiel (unten) GRÜNRÄUME durchwachsen sie n den letzten Jahrzehnten hat sich gezeigt, dass Investitionen in ein gut funktionierendes System von öffentlichen Freiräumen und Grün städtebaulich äußerst wirkungsvoll sind. Die positiven Auswirkungen auf die Zufriedenheit der Bevölkerung, auf das Mikroklima, auf das Bild und die Identität einer Stadt haben die Grünraumplanung I 11 – Natur und Landschaft zu einer Trumpfkarte der Kommunen in ganz Europa gemacht. Die Frei- und Grünflächen einer Stadt sollen mit der umliegenden Landschaft als Ganzes in Beziehung gestellt und verbunden werden. Die unterschiedliche Durchgrünung einzelner Stadtgebiete und eventuelle Defizite werden so kompensiert und in ein harmonisches System integriert. Frischluftkorridore (oben). Prinz-Eugen-Allee und Wassermauerpromenade (unten) FRISCHLUFT-Alleen in angenehmes Stadtklima ist von ausreichender Frischluftzufuhr abhängig. Frischluft fließt wie Wasser immer von der Quelle nach unten, im Fall von Bozen entlang der Hänge und Flussläufe. Die Verteilung erfolgt über das städtische Grün, das zu einem zusammenhängenden Luftkorridor von Uferparks, Alleen, öffentlichen und privaten Grünflächen vernetzt wird. Dieses System gestattet eine sanfte Erschließung der Stadtviertel über ein begrüntes E 12 – Natur und Landschaft Fuß- und Fahrradwegenetz und bietet gleichzeitig Bereiche von hohem Naherholungswert an. Auch Tiere und Pflanzen brauchen in der Stadt zusammenhängende Grünflächen, zur Fortpflanzung, als Nahrungsquelle und als Lebensraum. Einige kleine naturnahe Biotope als Rückzugsgebiete für die Lebewesen und als Naturbeobachtungsstellen für die Einwohner sollten deshalb, auf das verdichtete Stadtgebiet verteilt, zur Aufwertung der Stadtökologie beitragen. Magdalena und Guntschna in alten Ansichten (oben). Schloss Sigmundskron, historisches Wegenetz rund um Bozen in einer Skizze von G. Innerebner 1955 (unten) DIE HÄNGE als Erholungsraum ie Hänge um Bozen bilden seit jeher das Naherholungsgebiet der Stadt. Hier findet man eine Reihe historischer Baudenkmäler, Burgen, Kirchen und archäologische Fundstätten vor. Eine zusammenhängende fußläufige Verbindung markanter Punkte rund um den Bozner Talkessel (St. Jakob, Haselburg, St.Vigil am Virgl, St. Martin in Kampill, St.Magdalena, St. Peter, St. Georgen und Moritzing) mit Einbeziehung der Promenaden erscheint gerade in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung. Die sanfte Aufwertung dieser Orte soll weiterhin deren Benutzbarkeit gewährleisten, da sie direkt von der Stadt über Spazierwege erreichbar sind. Eine forcierte Erschließung durch so genannte Attraktionen oder Themenparks ist unserer Ansicht nach hier nicht förderlich und würde die heutige Idylle langfristig ruinieren. D 13 – Natur und Landschaft Der Uferpark als „aufgefädelte Perlenkette“(oben). Eine mögliche Ufergestaltung (unten). Auf S.15: Das Eisackufer mit OBERSCHULZENTRUM und ohne Autobahn SCHLOSS MARETSCH TALFERBRÜCKE ARCHÄOLOGIEMUSEUM MUSEUM FÜR MODERNE UND ZEITGENÖSSISCHE KUNST SPORTANLAGEN UNIVERSITÄT UND FORSCHUNG DON BOSCO PARK FÜR JUNG UND ALT VIRGL MUSIK IM PARK GALILEISTRASSE SIGMUNDSKRON ENERGIEPARK OBERAU Dem Wasser entlang: EIN UFERPARK er Zusammenfluss von Talfer und Eisack ist mehr als nur orographische Mitte Bozens: Deren Verlauf berührt alle Stadtteile, ihr Ufer wird das lebensspendende Rückgrat der Stadt. Die Uferbereiche müssen von undurchlässigen Barrieren, die ihre Erreichbarkeit behindern, befreit werden. Neue Brücken als zusätzliche Fußgängerverbindungen zwischen den verschiedenen Stadtteilen werden entstehen. Neue Implantate, Perlen von öffentlicher Bedeutung, werden das Flussufer punktuell beleben. In ihnen sollen übergeordnete Funktionen angesiedelt sein, wo sich besondere städtische Momente und Ereignisse ergeben und abspielen können. Die Stadt wendet sich dem Wasser zu, sie erhält eine neue Front und prominente Ausschnitte am Fluss. D 14 – Natur und Landschaft Die zentralen Orte und ihre Verknüpfung mit dem Uferpark 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Waltherplatz Siegespatz Mazziniplatz Grieserplatz Oberschulen Gerichtsplatz Hadriansplatz Romstraße Drususstadion Rosenbach 5 4 3 2 24 15 1 6 21 7 12 16 8 22 23 9 13 14 17 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 Kirche Hl. Rosenkranz Kirche Regina Pacis Matteottiplatz Don-Bosco-Platz Krankenhaus Stadthalle Kirche Hl. Pius X Metro Messe Bozen St. Jakob Theaterplatz Bahnhof Bozner Boden Rentsch 10 11 18 19 20 DIE STADT und ihre Zentren ozen ist eine polyzentrische Stadt, zumindest seit Anfang des 20.Jahrhunderts, als jene Gemeinden und Orte einverleibt wurden, die es heute begrenzen. Trotz dieser Beschaffenheit hat sich im Laufe der Zeit das alte und neue Zentrum wegen seiner primären Verwaltungs-, Kultur- und Handelsfunktion fortschreitend konsolidiert. Die übrigen Stadtviertel sind im Wesentlichen periphäre Wohngebiete geblieben. Es braucht neben den bereits bestehenden, mit starken Identifikationsmerkmalen behafteten und ob ihrer besonderen Funktion anerkannten Zentren zusätzlich Mittelpunkte mit neuer Funktion und herausragendem Symbolcharakter. Urbane Zentren sind jene Orte, an denen Funktionen und Dienstleistungen für ein größeres B 16 – Die Stadt und ihre Zentren Einzugsgebiet und viele Nutzer angesiedelt sind. Mehrere dieser zentralen Orte mit unterschiedlicher Rangordnung und Bedeutung müssen ermittelt, geplant und untereinander vernetzt werden. Lokalisierung, Zugänglichkeit und Ausstattung derselben müssen den jeweils zugedachten Rollen angemessen sein. Diese neuen Subzentren sind über das ganze Stadtgebiet verstreut und an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden. Sie sind vorwiegend entlang des Uferparks aufgefädelt, der grünen Arterie Bozens, welche die Stadtteile miteinander verbindet. Auf diese Weise ergibt sich ein neues urbanes Modell, das durch integrierte Planungsmethoden Synergien für verschiedene Funktionen und Akteure freisetzen und bündeln kann. Europaallee (links) und Runkelsteinerstraße (rechts). Wichtige Stadtbereiche mit zentraler Funktion (unten) AUFWERTUNG der Stadtviertel ie einzelnen Stadtviertel sollen durch einige neue und bedeutende öffentliche Einrichtungen bereichert werden, zusätzlich zum bereits vorhandenen Dienstleistungsangebot für die Anrainerschaft. Nur mit flankierenden Maßnahmen wie der Reduzierung des Individualverkehrs zugunsten des öffentlichen Verkehrs, der Ausweitung der Fußgängerzonen, der Verdichtung des Baum- und Alleenbestandes und der intensiven Begrünung der öffentlichen Bereiche kann eine effektive Verflechtung der Handels-, Arbeits-, Kultur- und Freizeitaktivitäten erfolgen. Unter Heranziehung von Freiflächen und urbanen Leerräumen können somit kleinmaschige Identitätsmomente von hoher architektonischer Qualität entstehen. Die Qualität des städtischen Raumes wird dadurch verstärkt wahrgenommen und verinnerlicht, da er den Bedürfnissen und dem Lebensrhythmus der Stadtbewohner gerecht wird. Gehwege, auch abseits bestehender Straßenzüge, werden die Stadtteile fußläufig sicher und rasch verbinden. Vertiefende Untersuchungen werden für die Bedarfsermittlung und Bemessung der öffentlichen Einrichtungen vor allem im sozialen, schulischen und sportlichen Bereich notwendig sein, sind diese doch heute schon räumlich eingeengt und ausgelastet. D 17 – Die Stadt und ihre Zentren Die Talferbrücke und ihre Umgebung. Blick von Norden (unten) und Westen (oben) Treffpunkt TALFERBRÜCKE ine erste strategische Maßnahme besteht in der Schaffung eines neuen Schwerpunktes rund um die Talferbrücke. So können durch gezielte ökologische und architektonische Maßnahmen Alt- und Neustadt, die zwei symbolischen Kernzonen der deutschen und italienischen Sprachgruppe, an dieser Stelle durch Neugestaltung und Aufwertung der Freiräume an den beiden Brückenköpfen einander näher gebracht werden, indem der Zugang zur Brücke auf der Seite der E 18 – Die Stadt und ihre Zentren Museumstraße weiträumig zur Talfer hin geöffnet, der spontane Uferbewuchs gärtnerisch aufgewertet und parkähnlich bepflanzt wird, und der Bereich um das Siegesdenkmal vom fließenden und ruhenden Verkehr weitgehend befreit wird, um einen „städtischen“ Platz zu erhalten. Der Abschnitt entlang der Freiheitsstraße muss mit attraktiveren Nutzungen für Fußgänger ausgestattet werden. Altstadt, Garibaldistraße, Bozner Boden sowie der Stadtplan von 1858 (von oben nach unten) NEUE IMPULSE für die Altstadt in Schwerpunkt ist die Überarbeitung bestehender bzw. die Erstellung neuer Wiedergewinnungspläne, da sie, sofern überhaupt vorhanden, nicht mehr der Zeit angemessen sind oder sich als nicht umsetzbar erwiesen haben. Ein weiterer Schwerpunkt betrifft das übermäßige Verkehrsaufkommen in der Altstadt. Durch die Verwirklichung der Nordost-Umfahrung und der Untertunnelung der Galileistraße mit Durchstich bis zur Virglbrücke gelänge es, den Durchzugsverkehr zu verringern, so dass die Marconiund Garibaldistraße nur mehr den Erschließungsverkehr zu bewältigen hätten. Die städtebauliche Qualität des Altstadtkerns sollte sich bis in seine Randbereiche ausdehnen. Die Wassermauerpromenade muss in derselben gestalterischen Qualität bis zum Zusammenfluss mit dem Eisack weitergeführt werden. Gilmpark, Marconistraße, Verdiplatz, die Garibaldistraße und der Bahnhofspark verdienen eine städtebauliche Aufwertung. In diesem Kontext muss auch die Diskussion um die Beibehaltung oder Verlegung des Eisenbahntrasse und die Aufwertung der gesamten Zone zwischen Zentrum und Bozner Bozen reifen. Ein begrüntes Flussufer am Eisack könnte im Abschnitt bis zur Kampiller Brücke auch für punktuelle Sport- und Freizeiteinrichtungen für die Einwohner des Stadtzentrums herangezogen werden. E 19 – Die Stadt und ihre Zentren Der Grieser Platz (oben) und der Grünkeil (unten). Stadtplanausschnitt von 1858 (rechts) GRIES und der Lagrein ries ist eine hochwertige Wohngegend und ist in seinen Randbereichen durch weitläufige Anbauflächen bodenständiger Weinsorten, hauptsächlich Lagrein, gekennzeichnet. Gerade deshalb ist das Erscheinungsbild und das kulturelle Erbe dieses „Weindorfes“ zu schützen, zu pflegen und aufzuwerten. Ein neues Verkehrsrkonzept könnte vor allem den Durchzugsverkehr Richtung Meran und Überetsch beseitigen. Um den Grieser Platz herum, einem der interessantesten Ensembles der Stadt mit seinen Baudenkmälern wie dem Benediktinerkloster, der Stiftskirche, der Alten Pfarrkirche und den zwischen der Bebauung noch erhalten gebliebenen Weingärten, sollte sich, durch nachhaltige Maßnah- G 20 – Die Stadt und ihre Zentren men zur Verkehrsberuhigung und durch Wiederherstellung der ursprünglichen Platzgestalt, wieder ein Dorfzentrum für eine gewachsene Gemeinschaft, die mit dem Weinbau eng verbunden ist, bilden. Der Petrarca-Park an der Grieser Wassermauer muss für die Schüler, die täglich zuhauf den schmalen Gehsteig der Cadornastraße benutzen, der natürliche Zugang zu den Oberschulen werden, wobei am Siegesplatz eine entsprechende Haltestelle für die öffentlichen Verkehsmittel vorzusehen ist. Das Talferufer kann als gestaltete Grünzone durch neue Baumbestände, welche die invadenten Sporteinrichtungen verdecken, bis zum Schloss Runkelstein, dem Endpunkt des Uferparks, weitergeführt werden. CHAUSSEE Reschenstraße ie Zone um die Reschenstraße bündelt zwar viele urbane Funktionen, entbehrt jedoch, vor allem in der Wahrnehmung und im Selbstverständnis der Bewohner, jener besonderen Konnotation, die „Stadt“ ausmacht. Um aus der Reschenstraße eine „Chaussee“ zu machen, muss urbane Dichte, durch eine bessere Nutzung und Aufwertung des öffentlichen Raumes, in städtische Qualität umgewandelt werden. Vorzusehen ist die Neugestaltung der Verkehrsflächen, der Straßenräume, Grünanlagen, Baumbestände und aller der Kommunikation dienenden Treffpunkte, um die verschiedenen Funktionen untereinander und mit dem Rest der Stadt zu verbinden. D 21 – Die Stadt und ihre Zentren Der zentrale Bereich an der Reschenstraße (unten). Die Kirche Pius X und Umgebung und das Wohnviertel Firmian von Südwesten (oben) DON BOSCO: Musik im Park urch Don Bosco wurde eine neue städtische Achse gelegt, eine Fußgängerverbindung, die vom Neubruchweg ausgehend die Montecassinostraße durchläuft und am neu gestalteten Don-Bosco-Platz, der mit wichtigen Funktionen bereichert sein wird, zwischen Kirche und Bürgerzentrum mündet, anschließend dem Semirurali-Park entlang läuft und am Eisackufer in einem Park der Musik endet, einer Einrichtung in Gebäuden und im Freien, wo Musik, Tanz und Schauspiel unterrichtet und experimentiert werden kann, kein Auditorium zum Zuhören, sondern eine Struktur, offen für alle, die lernen und mitspielen wollen. D 22 – Die Stadt und ihre Zentren Die ex-Semirurali-Zone im Bereich des Eisackufers (oben). Ein Vorschlag für den Park der Musik (unten) ALT UND JUNG am Matteottiplatz on der Regina-Pacis-Kirche über den Matteottiplatz zur Eisackuferpromenade spazierend gelangt man zum Park für Senioren und Kinder, wo ein neues Brückengebäude zur Begegnungs- und Sozialisierungsstätte für verschiedene Altersstufen werden kann. Die neue Einrichtung dient auch als Bindeglied zum gegenüber liegenden Stadterneuerungsgebiet in der Galileistraße und soll im Sinne einer städtebaulichen Vernetzung bis nach Oberau überleiten. V 23 – Die Stadt und ihre Zentren Blick auf die Kirche Regina Pacis Richtung Eisack und die Grünanlagen südlich des Matteottiplatzes (oben). Ein Vorschlag für den Kinder- und Seniorenpark (unten) Das Viertel Rosenbach (oben links). Die Kirche zum hl. Rosenkranz und Umgebung (oben rechts). Ein Vorschlag für die Durchgrünung von Oberau (unten). Nächste Seite: Luftbild von Bozen KREATIVES in Oberau m Bereich um die Kirche und den Tambosi-Park und vom Schießstandplatz bis ins Rosenbach-Viertel ist an ein System von Einrichtungen für Jugendliche gedacht, an einen Park für die Kreativität. Das Projekt stützt sich auf vier Schwerpunkte: Wiederbelebung der historischen Einkaufs- und Fußgängerachse der Claudia-Augusta-Straße durch Errichtung einer Allee, welche den Rosenbach- und Schießstandplatz mit einem neu zu gestaltenden Platz vor der Rosenkranzkirche verbindet; Schaffung eines Parks der Kreativität für die gesamte Stadt, mit Räumlichkeiten für verschiedene Vereine. Diese Einrichtung soll so angeordnet sein, I 24 – Die Stadt und ihre Zentren dass der zukünftige Platz beim Wendehammer am Ende der Weinegg-Straße die Ebene des Kindergartens anbinden kann und so neue Freiräume entstehen, die die Strukturen des Kreativitätsparks aufzunehmen imstande sind. Die Sportanlagen, die derzeit alle verstreut sind, könnten jenseits der Bahnlinie vorgesehen werden. Sie wären durch Unterführungen erreichbar und könnten das Bindeglied zur neuen Gewerbezone sein. Die weiträumigen Grünanlagen von Rosenbach sind durch baumgesäumte Wege mit dem Mignone-Park verbunden. Schematische Darstellung des übergeordneten Verkehrsnetzes San Genesio Jenesien Sarentino Sarnthein Renon Ritten BOLZANO NORD BOZEN NORD Merano Meran Val D’Ega Bressanone Eggental Brixen Appiano Eppan BOLZANO SUD BOZEN SÜD Laives Leifers MOBILITÄT und Verkehr ie in vielen Städten Italiens hat auch in Bozen die städtische Qualität durch die Invasion des Individualverkehrs ständig abgenommen. Diese Art des Personen- und Gütertransports steht in krassem Gegensatz zur Struktur der Altstadt, zur Umwelt und zur begrenzten Kapazität des städtischen Straßennetzes. Dadurch wird nicht nur die Erreichbarkeit des Zentrums, sondern auch der Zugang zu den restlichen Stadtteilen erschwert. Der Schwerpunkt des Mobilitätsangebotes muss auf den öffentlichen Verkehr verlagert werden, der durch Effizienz, Konkurrenzfähigkeit und Nachhaltigkeit wesentlich zur Verbesserung der Umweltqualität und der städtischen Funktionsabläufe beitragen kann. Unter Berücksichtigung städtebaulicher und verkehrstechnischer Kriterien müssen die Erschließungssysteme für Ziel- und Quellverkehr neuen Mustern folgen. Der W 26 – Mobilität und Verkehr öffentliche Nahverkehr muss ausgebaut, das Fuß- und Radwegenetz besser genutzt werden können. Die Autobahntrasse und die Eisackuferstraße durchschneiden die Stadt und bilden eine Barriere zwischen den verschiedenen Stadtteilen. Neue Infrastrukturen bieten auch neue Chancen zur Aufwertung der gesamten Stadt ebenso wie deren Erschließung und Vernetzung durch ein integriertes öffentliches Verkehrsystem (Schnellbahn, Straßenbahn, Buslinien und Seilbahnen). Über den Flugplatz wird derzeit heftig diskutiert. Bewertungen und Untersuchungen sind im Gange, die zu einer Entscheidung führen sollen, wie sich die Stadt zur „großen weiten Welt“ in Beziehung stellen will und kann. Flugplätze erfordern mehr noch als Platzbedarf höchste technische Ausstattung. Entscheidend ist deshalb die Frage, ob der Flugplatz ausgebaut oder zurückgestuft werden soll. Appiano Eppan BOLZANO SUD BOZEN SÜD GALILEI wird untergraben ie Eisackuferstraße und das Projekt zu ihrer Verdopplung stellen einen Einschnitt in das städtische Gefüge dar, auch als Verursacher erheblicher Luftverschmutzung, akustischer Belästigung und erhöhter Feinstaubwerte. Die Maßnahme ist nicht geeignet, die Verkehrsflüsse zu entflechten. Die angestrebte Verkehrsreduzierung in der Industriezone, die beschränkte Durchlässigkeit der Brücken und die erhebliche Umweltbelastung erfordern ein neues Verkehrskonzept. Eine unterirdische Trassenführung für den Erschließungs- und Durchzugsverkehr führt zu einer nachhaltigen Entlastung, welche den Straßen an der Oberfläche ihre innerstädtische Verteilerrolle zurückzugibt. Anstelle der Einbahnen in der Galilei- und Eisackuferstraße wird eine unterirdische und doppelspurige Trassierung vorgeschlagen. Diese würde den aus dem Umland ins Zentrum strömenden Verkehr sammeln und das Verkehrsaufkommen auf der Galileistraße verringern. Konfliktsituationen an den Ein- und Ausfahrten hier bestehender Betriebe könnten somit entschärft werden. Durch eine zweite Tunnelröhre unterm Virgl könnte die gesamte Zone rund um die Trientstraße für die Stadt wiedergewonnen werden. Die Landesverwaltung ihrerseits hat eine Verlängerung der Staatsstraße 12 im Tunnel zwischen der Ausfahrt St. Jakob und der Virglbrücke ins Auge gefasst. Diese Variante, sofern an die Rombrücke angebunden, stellt eine weitere mögliche Lösung dar. Die urbanistische und verkehrstechnische Machbarkeit der jeweiligen Lösungen ist gegeneinander abzuwägen. D 27 – Mobilität und Verkehr Die Achsen der Galilei- und Siemensstraße (oben links). Die Trassenführung für die Unterflurverbindung (oben rechts). Der Vorschlag der Landesverwaltung (unten) Das Eisackufer mit und ohne Autobahn Durch den Berg: DIE AUTOBAHN ie Autobahn mit ihrer von täglich 30.000 Verkehrsteilnehmern verursachten Schadstoffemission, muss verlegt werden, um der Stadt ihre angestrebte Rolle als umweltbewusstes Vorzeigemodell im Herzen der Alpen zu verleihen. Eine Trassenführung, die im Bereich des Siedlungsgebietes von St. Jakob unterirdisch verläuft und im Anschluss als Tunnel bis Kardaun weitergeführt wird, würde die einschneidendste Barriere durch Bozen beseitigen, in Kampill den Zufahrtsbereich nach Kohlern aufschließen und die St.-Martin-Kirche freispielen. D 28 – Mobilität und Verkehr TAGESVERKEHRSAUFKOMMEN 2005 San Genesio Jenesien Zählstelle Bozen Süd TOTAL 12.737 17.904 7.857 21.553 5.410 4.612 70.073 26.297 96.370 Sarnthein Auswertung Daten ASTAT – INFOMOB Steinmannwald Kardaun Nord Schwefelbad Sigmundskroner Brücke Eggental Sarntal Sarentino Renon Ritten BOLZANO NORD BOZEN NORD Val D’Ega Bressanone Eggental Brixen EINE UMFAHRUNG im Nordosten otwendig erscheint auch eine Nordostumfahrung, um den Verkehr von Jenesien, aus dem Sarntal und vom Ritten zu sammeln. Ausgehend vom E-Werk in St. Anton würde der Verkehr im Tunnel durch den Hörtenberg geführt und am Rande von Rentsch beim Sitz der MILA in die Virglvariante einmünden. Dadurch würde einerseits der durch Cadorna- und Weggensteinstraße fließende Schwerverkehr verlegt, andererseits auch der Durchzugsverkehr durch Rentsch über den Bahnhofsplatz bis zum Verdiplatz reduziert. N 29 – Mobilität und Verkehr Die Trasse der Nord-OstUmfahrung (oben) und der Anbindungsbereich des östlichen Tunneltors (unten) Die Tunneltrasse für den Güterverkehr (oben). Der Bahnhof heute (unten) Eisenbahnnetz Straßennetz Tunneltrasse für den Güterverkehr GÜTERVERKEHR: Ein Durchstich für die Schiene er Gütertransitverkehr wird voraussichtlich in kurzer Zeit stark zunehmen. Eine Lösung dieses Problems kann der geplante 17 km lange Durchstich zwischen Branzoll und Kardaun sein. Dieses Bauvorhaben ist von der Europäischen Union vorgesehen und Bestandteil des strategischen Planes der Staatsbahnen zur Vervierfachung der Brennerbahnlinie. Diese Güterbahnlinie kann auch unab- D 30 – Mobilität und Verkehr hängig von der Realisierung des Brennerbasistunnels in Betrieb gehen und gestattet eine Nutzung des Bozner Bahnhofs für den reinen Personenverkehr. Daraus folgend reduziert sich die Anzahl der Durchgangszüge mit erheblicher Verminderung der Lärmimmission. Außerdem werden mit dieser Maßnahme neue Flächen zur städtischen Nutzung am Bozner Bodens verfügbar. Das öffentliche VERKEHRSNETZ ntlang der Brennerbahn könnte durch den Bau eines dritten Geleises zwischen Friedhof und Bahnhof eine Stadtbahnlinie gelegt werden. Dies ermöglicht eine höhere Frequenz der Züge und die Errichtung zweier zusätzlicher Haltestellen beim Friedhof und in Oberau. Die Bahnlinie Bozen-Meran erhält eine neue Haltestelle am CasanovaViertel, jene von Sigmundskron soll neugestaltet werden, um diese Stadtteile besser an die Schiene anzubinden. Wichtig für die Effizienz der Stadtbahn ist die Vernetzung mit städtischen und außerstädtischen Verkehrsmitteln und die Anbindung an ein Park & Ride-System. Schwerpunkt für ein neues öffentliches Verkehrsnetz ist eine Schnellverbindung zwischen Alt- und Neustadt mittels Citybussen oder einer Straßenbahn. Mit dieser Maßnahme würde die Frequenz der örtlichen und überörtlichen Buslinien, die heute zwischen Bahnhof und Talferbrücke das Stadtzentrum durchqueren, reduziert. Die Stadtteile mit hoher Arbeitsplatzdichte, die städtischen Museen, Theater, Plätze und Grünanlagen wären so unmittelbar angebunden. Die Bozner Fußgängerzone könnte somit erweitert werden, da sie im Vergleich zu anderen Städten unterdimensioniert ist. Das öffentliche Verkehrsnetz wird durch zwei weitere Verbindungen ergänzt: Eine Straßenbahnlinie von St.Jakob bis zum Hadriansplatz dient der Erschließung der Industriezone. Eine Buslinie vom Krankenhaus über die Reschen- und Voltastraße bis nach Oberau und von dort ins Stadtzentrum verbindet das Krankenhaus mit den dicht bewohnten Stadtvierteln. E 31 – Mobilität und Verkehr S. Antonio St. Anton Piazza Mazzini Mazziniplatz Rencio Rentsch Ospedale Krankenhaus Piazza Adriano Hadrianplatz Stazione Bahnhof Campiglio Kampill Ponte Adige Sigmundskron Oltrisarco Oberau Casanova Casello A22 Mautstelle A22 Fiera Messe Cimitero Friedhof Aeroporto Flughafen Die Brennerbahnlinie zwischen Industriezone und Oberau (oben). Ein Ringsystem für zwei Zentren (unten) AUS DER STADT und in die Höhen ine wesentliche Rolle im öffentlichen Verkehr spielt auch der Ausbau der bestehenden Seilbahnen (Jenesien und Ritten) sowie eine Wiederherstellung bzw. Reaktivierung aufgelassener Anlagen (Guntschna und Virgl), sei es zur Aufnahme des Pendlerverkehrs als auch zur touristischen Nutzung der Wanderwege an den Berghängen. Eine bequeme Erreichbarkeit derselben würde Stätten von geschichtlichem und naturkundlichem Wert mit der Stadt besser verbinden. Ein historisches Wegenetz, das von alters her Kapellen mit Gehöften und Burganlagen im Bozner Talkessel verband, kann so wiederhergetellt werden. Das System der Aufstiegsanlagen sollte auch durch kleine, aber strategische Maßnahmen (Fahrtreppen, Aufzüge) ergänzt werden. Beispielsweise könnte das Ortteilzentrum an der Claudia Augusta-Straße in Oberau mit den höher gelegenen Wohnanlagen, welche nur zu Fuß oder mit dem Auto erreichbar sind, verbunden werden. E 32 – Mobilität und Verkehr Die ehemaligen Standseilbahnen nach Guntschna und auf den Virgl. Seite 33: Die Bozner Industrie- und Gewerbezone HANDEL und Gewerbe üdtirol besitzt eine traditionell solide und stabile Wirtschaftsstruktur. Die Herausforderung der Zukunft besteht vor allem darin, die eingeschränkten Umwelt- und Raumressourcen noch wirkungsvoller zu verwalten. In diesem Zusammenhang hat Bozen eine bedeutende Rolle. Die Industrie bestand ursprünglich aus Großunternehmen, die mit der heimischen Wirtschaftsund Produktionswelt wenig gemein hatte. Mit der Zeit glichen sich jedoch die Produktionstypologie und die Betriebsgröße immer mehr der wirtschaftlichen Struktur des Landes an. Die Gewerbegebiete Bozen-Süd und Bozner Boden werden mehr und mehr von heimischen Großhandels-, Handwerks- und Industriebetrieben geprägt, die sich deshalb hier ansiedeln, weil qualifizierte Arbeitskräfte S 33 – Handel und Gewerbe und Produktionsflächen dieser Größenordnung in anderen Teilen des Landes nicht zur Verfügung stehen. 2001 beschäftigte der Tertiärsektor im Handel und Fremdenverkehr zusammen 18% der berufstätigen Bevölkerung, die anderen Dienstleistungsbereiche 61,0%. Auf Landesebene beträgt das Verhältnis 17% zu 54%. Der Stellenwert des Handels ist klar ersichtlich, umfasst doch dieser Sektor ein Viertel der örtlichen Einheiten samt Beschäftigten. Die öffentliche Verwaltung beschäftigt auf Landesebene in Bozen mehr als die Hälfte der Bediensteten, während private Dienstleistungsunternehmen 5% bzw. 19%, auf Landesebene hingegen 4% und 12% ausmachen. Der Fremdenverkehr schließlich fällt in der Stadt nur mit 6% ins Gewicht, während er auf Landesebene 19% beträgt. PRODUKTION: Standort Bozen ie Produktionsflächen in der Industriezone und am Bozner Boden umfassen zusammen 260 ha, davon fallen allein 230 ha auf die Industriezone. 2001 beschäftigten 1800 örtliche Produktionsbetriebe zirka 13.000 Personen. Die Bedeutung dieses Sektors ist somit evident und erfordert auch für die Zukunft produktionsadäquate Flächen, um einer steigenden Nachfrage gerecht werden zu können. Die Industriezone macht ungefähr ein Drittel des gesamten Stadtgebietes aus und hat sich aufgrund von Umwandlungs- und Auflassungsprozessen, wovon einige Großunternehmen betroffen waren, nach und nach dahingehend umgewandelt, dass sich vor allem im nördlichen stadtnahen Teil Dienstleistungs- und Handelsstrukturen entwickeln konnten. Im zentralen Bereich der Industriezone hingegen geht eine verstärkte Tendenz in Richtung Technologie und Forschung, waren doch hier Produktionsprozesse stets mit Innovation verbunden. Da durch Umwandlungs- und Auflassungsprozesse von Industriebetrieben eine Art „urbanistisches Chaos“ entstand, ist auch ein Mangel an Verfügbarkeit von geeigneten, zusammenhängenden Produktionsflächen zu verzeichnen. Diese Studie weist im Besonderen darauf hin, ein planerisches Instrument zur strukturellen Gliede- D 34 – Handel und Gewerbe rung der Industriezone bereit zu stellen. Hierbei sollen vor allem angemessene Flächen für einen erforderlichen Produktionszuwachs, für die Ansiedlung von Einrichtungen für Forschung und Technologie zur Unterstützung von Unternehmen und für logistische Infrastrukturen geschaffen werden. Bebauungsplan der Industriezone mit den ersten Anlagen Das Areal rund um das Drusus-Stadion (oben). Vorschlag für einen Campus für Bildung und Forschung (unten) IM STADION: Uni und Forschung as Drususstadion belegt derzeit eine ausgedehnte und städtebaulich privilegierte Fläche an einer zentralen Stelle der Stadt. Eine Verlegung desselben auf das durch die neuen öffentlichen Verkehrslinien erschlossene Areal im Bereich der Autobahnausfahrt Bozen-Süd würde einen für Universität und Forschung idealen Standort freispielen. Hier, in der Nähe von Uni und EURAC, könnten sich auf Umweltthemen, Energiesparmaßnahmen, alternative Energien und nachhaltiges Bauen spezialisierte Institute und Forschungseinrichtungen ansiedeln. D 35 – Handel und Gewerbe EIN PARK für neue Energien urz vor dem Zusammenfluss von Etsch und Eisack befinden sich in Ufernähe mehrere städtische Verund Entsorgungsanlagen wie der Müllverbrennungsofen, die Kläranlage, und das Fernheizwerk. Ein Zentrum zur Energiegewinnung mit nachhaltigen und innovativen Technologien hätte an dieser Stelle eine Standortberechtigung. Die Kläranlage könnte z.B. durch eine Pergolastruktur mit Photovoltaikzellen bedeckt und mit einem besonderen Luftfiltersystem ausgestattet werden. Auch eine Staustufe am Eisack zwischen der Reschenbrücke und dem Zusammenfluss mit der Etsch würde sich unter Ausnutzung des Höhenunterschiedes der beiden Flüsse für die Errichtung eines E-Werks, welches die Stadt mit Strom versorgt, anbieten. Durch eine Rückführung und extensive Bewirtschaftung nicht bebauter Flächen und Zwischenräume in den Naturzustand könnten diese Infrastrukturen zudem ökologisch ergänzt und aufgewertet werden. Auf diese Weise hätte auch die ursprünglich in den Flussauen endemische Flora und Fauna wieder ein geeignetes Habitat. Eine Fußgängerbrücke über die Etsch könnte den Uferpark mittels einer kleinen Aufstiegsanlage oder eines Spazierwegs mit Schloss Sigmundskron verbinden. K 36 – Handel und Gewerbe Der Park für neuen Energien: Ein Vorschlag (oben links). Die Kläranlage (oben rechts). Eine Fotovoltaikanlage in Barcelona und eine mögliche Ufergestaltung (unten) Seite 37: Der Obstmarkt, das Herz der Handelstadt Bozen STRATEGIEN für den Handel ie natürliche Marktentwicklung hat den herkömmlichen Kleinhandel stark zurückgedrängt, sodass nach und nach die „Tante Emma“-Läden für die Nahversorgung (Brot, Milch, Obst und Gemüse) verschwinden, während der No-food-Sektor nur bei hoher Spezialisierung und vorwiegend innerhalb hochwertig ausgestatteter Bereiche in Einkaufsstraßen oder Einkaufszentren zu überleben vermag. Diese an und für sich irreversiblen Prozesse führen zu einer Monofunktionalität und nachhaltigen Verarmung der Wohnqualität ganzer Stadtviertel und erschweren die tägliche Versorgung der ansässigen Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern. Auch in Bozen sind Maßnahmen für eine neue Entwicklungsstrategie im Handel dringend geboten und zwar auf einer „Mikroebene“: Wirksamer Schutz des über die Stadtviertel verteilten Kleinhandels, vorzugsweise im hochqualifizierten Bereich; Erhaltung und Aufwertung historisch gewachsener Standorte und Einkaufsstraßen. Auf D 37 – Handel und Gewerbe einer „mittleren“ Ebene der Nahversorgung: Ausgeglichene Verteilung der Warensegmente im innerstädtischen Angebot mit besonderem Augenmerk auf den Lebensmittelsektor; Berücksichtigung des Attraktivitätswertes von Standorten zur Warenverteilung mit besonderem Augenmerk auf Verkehrsbelastung und Luftverschmutzung; Garantien für die Erreichbarkeit durch entsprechendes Parkplatzangebot. Auf einer „Makroebene“ des Großhandels, der Einkaufszentren und der Markthallen: Revision der gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Standortbestimmung am Stadtrand und sorgfältige Auswahl dieser Standorte; strategische Maßnahmen zum Ausbau und zur Ergänzung der Infrastrukturen; Erarbeitung unterschiedlicher und alternativer Modelle zu den herkömmlichen Einkaufszentren für integrierte Handelsstrukturen mit dem Ziel der Wiedergewinnung und Aufwertung bestehender und attraktiver Standorte. Bereiche städtischer Umstrukturierung STADTTEILE im Wandel ie Stadterneuerung betrifft vor allem Flächen, welche brachliegen und deren Kubaturpotenzial nicht optimal ausgenutzt ist. In einigen Fällen sind es Bereiche mit zufällig entstandener Bebauung, fehlender urbaner Infrastruktur und unzulänglicher Erreichbarkeit. In anderen wiederum ist ein Verfall der Gebäudestrukturen erkennbar, unterschiedlichste Bautypologien lassen jegliche städtebauliche Identität vermissen. Des Weiteren sind Zonen betroffen, welche durch vereinzelte, nicht koordinierte Baumaßnahmen ohne ordnende Vorgaben und Mindeststandards entstanden sind. Hier bedarf es für die Zukunft dringend einer städtebaulichen und funktionellen Aufwertung, um den Bedarf an neuer Wohnkubatur und Produktionsflächen zu decken. Auf diese Weise könnte der bisherige Trend zur Stadterweiterung Richtung Sigmundskron gestoppt werden, so dass die wertvollen landwirtschaftlichen Flächen in diesem Bereich erhalten werden können. Besonders drei Zonen bieten sich für eine grundlegende städtebauliche Umgestaltung an: das gesamte Bahnhofsareal, der nördliche Teil der Industriezone D 38 – Stadtteile im Wandel und der noch eher dünn besiedelte Nahbereich um die Sigmundskroner Brücke. Hinzukommen einige ähnlich strukturierte Flächen geringeren Ausmaßes sowie mehrere Areale, welche derzeit noch vom Militär als Kasernen genutzt werden. Vor allem die ersten beiden Areale bilden ein enormes städtebauliches Potenzial, sind jedoch kurzfristig nicht verwertbar und stehen dehalb für eine unmittelbare Bedarfsabdeckung an Wohn-, Dienstleistungs- und Produktionsflächen nicht zur Verfügung. Zur Deckung des Wohnraumbedarfes dürfen die noch verbliebenen unbebauten Flächen im innerstädtischen Gebiet nicht herangezogen werden, ebenso wenig wie die Bereiche westlich der Reschenstraße. Die Hauptgrundsätze des Bauleitplans sollen weiterhin sein: Weiterbauen und Verdichten ohne zusätzlichen Flächenverbrauch; Berücksichtung landschaftlicher und ökologischer Kriterien bei der zukünftigen Stadtentwicklungsplanung; künftige Stadterweiterung in drei Richtungen mit Reduzierung der urbanistischen Dichte im Vergleich zu den in jüngster Zeit ausgeführten Bauvorhaben. Rechts: Das Bahnhofsareal. Links: Die Beibehaltung der Trasse und des Bahnhofs (oben) oder deren Verschiebung nach Osten unten) KOMMT DER ZUG rechtzeitig am Bahnhof an? as in Zukunft freiwerdende Bahnhofsgelände stellt ein enormes Flächenpotential dar, sobald durch den Güterverkehrsdurchstich und die Eliminierung der Rangiergeleise jene Areale zur Verfügung stehen, welche für den Bahnbetrieb dann nicht mehr erforderlich sind. Es handelt sich dabei um eine Fläche von ca. 30 ha, zu der bei Verlegung der Bahntrasse noch 6 ha hinzukommen könnten. Der Flächenbedarf einer neuen Bahnhofsanlage dürfte ca. 10 ha betragen, so dass ca. 20 ha für Produktion, Handel, Wohnen, öffentliche Einrichtungen und Dienstleistungen verfügbar wären. Zur Diskussion stehen derzeit zwei Positionen: Eine D 39 – Stadtteile im Wandel steht für die Beibehaltung des bisherigen Bahnhofstandortes mit daraus folgender städtebaulicher Neugestaltung der Zone am Bozner Boden, die andere befürwortet die Verlegung des Bahnhofs nach Osten, so dass das gesamte Areal des derzeitigen Bahnhofes an das Stadtzentrum angebunden wäre. In jedem Fall ist es notwendig, das Gelände für die Stadt wieder zu gewinnen. Dies kann durch Mischnutzung mittels eines PPP-Modells (PublicPrivatProject) geschehen, geregelt durch ein einheitliches urbanistisches Planungs- und Rechtsinstrument , welches im Stande ist, ein zukunftorientiertes städtebauliches Leitbild umzusetzen. Städtebauliches Schema für eine mögliche Gestaltung (oben). Der nördliche Bereich der Industriezone (links und unten) Neues aus der „ZONE“ er nördlichste Teil der Industriezone an der Galileistraße bildet eine Art Puffer zwischen den Stadtvierteln Neustift und Oberau. Das Areal ist geprägt von einer zum Teil unkontrolliert gestalteten Bebauungsstruktur, deren Zweckbestimmung nicht nur der Produktion vorbehalten ist. Die Zone läuft Gefahr, mit baulichen Eingriffen, die dem öffentlichen Raum, der notwendigen Durchgrünung und den Dienstleistungseinrichtungen nicht die nötige Bedeutung zukommen lassen, in städtebauliche Fragmente zu zerfallen und die Trennung zur Stadt zu verstärken. Eine städtebauliche Lösung für dieses weitläufige Gelände kann nur durch eine tief greifende verkehrstechnische Umgestaltung (Untertunnelung der Galileistraße und Straßenbahnlinie) erfolgen, unter Beibehaltung der Nutzung als Produktionszone und durch die Ausweisung von Flächen für öffentliche Einrichtungen und Wohnen. D 40 – Stadtteile im Wandel Die Siedlungsstruktur um die Sigmundskroner Brücke SIGMUNDSKRON: Leben am Fluss er Bereich um die Sigmundskroner Brücke besteht aus einem historisch-ländlichen Siedlungskern mit lockerer Bebauung am Fuße des Schlosses entlang der Etsch. Die Siedlung befindet sich in unmittelbarer Nähe der Bahnlinie Bozen-Meran, ist mit einer Haltestelle ausgestattet und somit aus allen Richtungen leicht erreichbar. Ihre Lage zwischen der Erweiterungszone Firmian, der Etsch und dem Ortskern von Frangart macht sie zu einem idealen Standort für das Wohnen im Grünen und am D 41 – Stadtteile im Wandel Wasser. Sigmundkron besitzt beste Verkehrsverbindungen zu Bozen, nämlich Bahn, Radwege und potentielle “Fußgängerkorridore” zur Drusustraße hin, und bietet sich auch deshalb für eine Wohnbebauung mit geringer Dichte an. Bauliche Eingriffe und Maßnahmen zur weiteren Urbanisierung müssen auf die Aufwertung des Gebietes hin zielen und dabei einigen bereits bestehenden Strukturen wie Mebocenter, Gleisanlagen und Bahnhof, Rechnung tragen. Moritzing (oben). Die Drususallee (unten links). Rentsch (unten rechts) STADTERWEITERUNG: Wie und wo sonst noch? ernpunkte dieses Maßnahmenkatalogs sind die Eingriffe im konsolidierten Stadtgefüge und in den Stadterneuerungsgebieten. Zusätzliche Bebauungen müssen auf den effektiven Bedarf, auf die zeitliche Umsetzung aller geplanten Maßnahmen sowie auf eine rigorose Beschränkung des Flächenverbrauchs abgestimmt sein. Die Leitlinien zur städtebaulichen Entwicklung richten sich danach, Zonen und Flächen, welche gerade in den letzten Jahren verdichtet wurden, nicht noch weiter zu verbauen. Kleinere Eingriffe können auf die verschiedenen Stadtviertel entlang der Hauptachsen der Stadt verteilt werden mit entsprechender Anbindung an die Grünkeile und deren Richtungslinien. Zum Beispiel: Die Drususstraße, das Tor zur Stadt: eine auch hohe Bebauung als urbane Verdichtung rund um die Meraner Kreuzung; Moritzing, Grenzsteine am Stadtrand: ein berg- K 42 – Stadtteile im Wandel seitiger Streifen entlang der Vittorio-Veneto-Straße mit geringer Dichte und mit dreigeschossigen Stadtvillen punktuell bebaut, auch um den Grünkeil frei zu halten; Rentsch bleibt Rentsch: eine leichte Verbauung mit niederer Baudichte um den Ortskern; die Handwerkerzone an der Drususstraße und die Zone Pfarrhof mit einem Potential zur Nutzungsänderung und städtebaulichen Aufwertung auch durch ein Angebot an Wohnnutzung. Da diese Zonen bereits ein stark verdichtetes Gefüge aufweisen, müssen sie mit öffentlichem Grün hinreichend ausgestattet sein ohne bis zum Sättigungsgrad verbaut zu werden. Die Kasernenareale fallen in den Zuständigkeitsbereich von Staat und Land. Auch wenn deren Auflassung in der Agenda noch nicht vorgesehen ist, sind sie als potentielle Flächen für Wohnnutzung und Dienstleistungen auch im zukünftigen Bauleitplan zu berücksichtigen. Ein verbindliches REGELWERK ie Strukturplanung ist ein “Rahmen”, innerhalb dessen Richtlinien und methodische Umsetzungsprozesse zu entwickeln sind. Sie soll ein System von Objektiven und Zielen aufzeigen, die in enger Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Verwaltung und privaten Akteuren erarbeitet und erreicht werden können. Der Strukturplan hat den Zweck, Leitlinien für die Entwicklung eines Gebietes aufzustellen und jene besonderen Maßnahmen, welche für deren Umsetzung nötig sind, zu definieren. Dadurch wird ein Planungsprozess in Gang gebracht, der geeignet ist, Prioritäten zu setzen und gleichzeitig konkrete Bedingungen für die technischen Verfahren, Fristen, Inhalte und Rollen zu schaffen. Ein „Strukturplan“ erfordert eine neue methodologische Herangehensweise und andere urbanistische Instrumente als die herkömmlichen. Dazu bedarf es integrierter Maßnahmen auf allen Ebenen, bei denen die raumplanerischen Veränderungen – und somit auch die entsprechenden Projekte – in ihrer Durchführung durch geeignete Verfahren abgedeckt sind. D 43 – Ein verbindliches Regelwerk INHALTE des Planes ie Planungsinstrumente des Bauleitplanes gliederen sich in Masterplan, Durchführungspläne, Übereinstimmung von Zeitprogramm und konkreter Umsetzung der Pläne und Projekte, in die Rolle der urbanistischen „Bindungen“ und in die entsprechenden Ausgleichsmaßnahmen. Prozesse sind in Gang zu setzen: zur Novellierung des Regelwerkes (wie z.B. beim Ensembleschutz); zur Erneuerung der Verfahren (in Zusammenarbeit mit dem Land); zu einer Neudefinition der Beziehungen mit den angrenzenden Gemeinden. Inhaltliche Maßnahmen sind abzuklären und zu erproben wie: Trennung zwischen Struktur- und Einsatzplan, auch unter Einbringung der Master- D plan-Erfahrungen; Ausgleichsverfahren als Instrument zur Steuerung von städtebaulichen Prozessen wie Wachstum, Eingrenzung und Umstrukturierung; Gleichzeitigkeit bei der Ausarbeitung der Planungsinstrumente (neuer Plan, Anpassungsvarianten, städtebauliche Projekte, punktuelle Eingriffe, einzelne Bauprojekte); verschiedene Maßstabsebenen der Projektierung. Zwischen der Form und den entsprechenden Schritten zur Erstellung des Plans sind alle operativen Maßnahmen und Prozesse zu berücksichtigen – die bereits begonnenen, die geplanten oder auch nur die angedachten. Dies muss zeitlich parallel zur Ausarbeitung und in Abhängigkeit zu den Strategien des Planes erfolgen. URBANISTIK: Normen, Gesetze o wie bei den Inhalten und bei der Form eher auf Erneuerung als auf Kontinuität gegenüber der geltenden Bauleitplanung gesetzt wurde, besteht auch in der Erstellungsmethode und in der potentiellen Akzeptanz des Planes die Notwendigkeit, andere Verfahren und Wege als in der Vergangenheit einzuschlagen. Das Beziehungsnetz zwischen den einzelnen Körperschaften, zwischen Bürgern und Körperschaften, zwischen öffentlichen und privaten Interessen muss neu geknüpft und verwoben werden. Auch unsere herkömmlichen Durchführungspläne sind ungeeignet, mittlerweile in Europa übliche Qualitätsstandards der Stadtplanung zu berücksichtigen und weit davon entfernt, jene komplexen Eingriffe voraus zu planen, die nötig sind, um zwischen öffentlichem Raum, Straßen und reinen Dienstleistungen zu unterscheiden. Dazu braucht es komplexe Instrumente wie integrierte Programme zur städtebaulichen Aufwertung. Verfahren der strategischen Planung können somit konzertiert eingeleitet, private Ressourcen miteinbezogen und Ordnungsmuster an die Kontextbedingungen und an die verfügbaren Ressourcen angepasst werden. „Gemeinsames Planen” kann neue Regeln hervorbringen und erfordert Freiwilligkeit und Verantwortungsbewusstsein aller lokal Beteiligten. Es beruht nicht mehr auf dem hierarchischen System von Autorität und Kontrolle, das in der Vergangenheit die Genehmigung der Bauleitpläne gekennzeichnet hat. Nur unter Miteinbeziehung der politischen und technischen Struktur des Landes kann schließlich ein neues urbanistisches Regelwerk entstehen. Information und Bürgerbeteiligung müssen das qualifizierende Kennzeichen des neuen Bauleitplanes sein. Bereits mit dieser Vorstudie wurde ein Verfahrensprozess eingeleitet, wo die Beteiligung (derzeit reduziert auf die Formulierung so genannter „Bemerkungen zum BLP“) S 44 – Ein verbindliches Regelwerk nicht mehr einen Schlussakt bildet, um getroffene Entscheidungen demokratisch zu legitimieren, sondern wo die Allgemeinheit statt dessen im Vorfeld angehört und miteinbezogen wurde. Beteiligung und Kommunikation müssen in organisierten Rahmenverhältnissen durch einen speziellen Verfahrensweg gestaltet und strukturiert werden, um das Heranreifen von inhaltlichen Entscheidungen zu begleiten. Der Bauleitplan kann schließlich nicht von der Umweltbilanz absehen, auf deren Einhaltung und Verbesserung alle Planungsentscheidungen nachweislich ausgerichtet sein müssen. Es ist sinnvoll und zweckmäßig, den gesamten Planungsprozess mit einer strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung zu begleiten, welche gemäß EURichtlinie bei der Abfassung eines städtebaulichen Planes dieser Größenordnung durchgeführt werden muss mit dem Ziel, die Angemessenheit der urbanistischen Entscheidungen anhand ihrer Nachhaltigkeit zu beurteilen, die Umweltbelastungen aufzuzeigen und eventuell fällige Reduzierungs- und Ausgleichsmaßnahmen zu setzen.