Erfahrungsbericht zum Erasmusjahr an der University of Warwick

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Erfahrungsbericht zum Erasmusjahr an der University of Warwick
Verf.: Linda Gratz
Erfahrungsbericht zum Erasmusjahr an der University of Warwick
Rückblickend auf mein Erasmusjahr an der University of Warwick möchte ich euch
zu einer Bewerbung für England bewegen und natürlich all denen, die ihr
Erasmusjahr vor sich haben, ein paar Tipps bezüglich Vorbereitung, Unterkunft
und Kurswahl geben.
I. Vorbereitung
Bevor ihr nach Warwick fliegt ist es wichtig, dass ihr euch über die Website des
Accommodation Office (http://www2.warwick.ac.uk/services/accommodation/)
für eine Unterkunft bewerbt. Eine Wohnung selbst zu organisieren, würde ich euch
abraten. Ein Bankkonto eröffnen und Bettdecke, Geschirr bzw. weitere
überlebenswichtige Dinge einkaufen, könnt ihr dann nach Ankunft während der
Orientation Week. Die Orientation Week findet eine Woche vor Termbeginn statt
und ist zur Einführung der ausländischen Studenten gedacht. Es hat mir sehr viel
Spaß gemacht und auch geholfen daran teilzunehmen, doch man kann genauso gut
auf eigene Faust eine Woche früher anreisen. Fragt einfach beim Accommodation
Office nach, ob ihr schon Unterkunft bekommen könnt.
Wenn der erste Term beginnt habt ihr zwei Wochen Zeit euch alle Kurse
anzuschauen. Erst dann müsst ihr eure vorläufige Kurswahl beim International
Office abgeben. Aber auch danach stellen Änderungen in der Regel kein Problem
dar.
II. Unterkunft
Als Erasmus-Studenten, die ein ganzes Jahr in Warwick studieren, werdet ihr „offcampus“ wohnen, i.e. außerhalb des Universitätsgeschehens. Ihr könnt euch nur
aussuchen, ob ihr lieber in Leamington oder Coventry wohnen möchtet.
Leamington ist vom Stadtbild her sehr viel schöner, aber die meisten Partys finden
in Coventry statt und der Weg zur Uni ist weiter. Die Fahrt von Leamington zur
Universität kann locker 45min in Anspruch nehmen, von Coventry aus lediglich
10-30min.
Ihr werdet mit drei anderen Erasmusstudenten gemischter Nationalitäten
zusammenwohnen. Die Häuser sind auch recht schön und von der Ausstattung zu
den angebotenen Zimmern auf dem Campus gleichwertig. Erwartet jedoch nicht zu
viel!
Internetanschluss gibt’s überall, also wenn ihr einen Laptop besitzt, nehmt ihn
unbedingt mit, schließlich muss man in England auch sehr viele Aufsätze
schreiben.
Off-Campus wohnen ansonsten nur noch Studenten im zweiten Studiumsjahr.
Daher kann ich euch empfehlen gleich am Anfang in sogenannte Societies
und/oder Sport Clubs einzutreten. Ansonsten kann es passieren, dass man zwar
Studenten aller Nationalitäten jedoch nicht englischer kennen lernt.
III. Societies
Ich bin unter anderem in die Erasmus Society eingetreten. Diese organisiert in
Zusammenarbeit mit dem International Office neben dem wöchentlichen
Stammtisch viele Ausflüge. Wenn ihr euch rechtzeitig informiert (über die Website
vom International Office: (http://www2.warwick.ac.uk/services/ international/)
und früh beim Ticketverkauf ansteht, könnt ihr beispielsweise nach Edinburgh
reisen oder das Feuerwerk bei Kenilworth Castle anschauen.
Darüber hinaus war ich begeistertes Mitglied der Economics Society. Hier werden
neben den allgemeinen Socials viele Informationsveranstaltungen und Workshops
mit einzelnen Firmen angeboten. Auf diese Weise könnt ihr euch ausführlich über
viele interessante Jobs informieren. Aus meiner Sicht ist dies eine große
Unterstützung Praktika etc. zu planen.
Von der Economics Society wird auch jedes Jahr der sogenannte Economics
Summit organisiert; eine Art Kongress für Studenten zu dem berühmte
Professoren eingeladen werden. Vorheriges Jahr kam beispielsweise John Nash,
dieses Jahr Charles Bean (Chief Economist of the Bank of England), Prof. Norbert
Walter (Chief Economist Deutsche Bank), Professor Paul de Grauwe und viele
mehr. Manche Studenten reisen extra für den Summit von weit her an. Meistens
wird viel diskutiert und abends gefeiert.
Außerdem bringt die Economics Society zwei Mal jährlich ein Magazin heraus das
Assumptions genannt wird. Für Assumptions schreiben mittlerweile Studenten aus
aller Welt. Neben Beiträgen zu aktuellen ökonomischen Fragestellungen gibt es
unter „Dear Assumption Uncle“ auch praktische Tipps wenn man, wie ich, mit
Milchdieben zu kämpfen hat oder (das Problem hatte ich weniger) wenn man einen
Auftragsmord plant.... Exemplare von Assumptions liegen im Social Studies
Gebäude beim Pförtner aus. Also unbedingt mal reinschauen und selbst einen
Artikel verfassen!
Ansonsten gibt es noch zahlreiche Angebote, die von German Society bis Cheese
and Chocolate Society reichen und über die Ihr euch ausführlich auf der Society
Fair in einer der ersten Wochen oder über das Internet informieren könnt.
IV. Sport
Besonders empfehlen kann ich euch die Sports Club Card für 30 Pfund, mit der ihr
das ganze Jahr Zugang zum weit gefächerten Sportangebot erhaltet. Ich habe zum
Beispiel mit sehr viel Spaß Golf gelernt...selbst Regen und Schnee hat uns nicht
mehr vom Training abgehalten. Meine Rugbyversuche waren dagegen kurz und
schmerzvoll. Ich durfte mir zwar als Anfänger ein Polster vor den Bauch schnallen,
aber der viele Schlamm und die Umgangsformen waren dann doch nichts für mich.
Es lohnt sich jedoch sehr alles einmal auszuprobieren!
V. Kurse
An Kursen habe ich von der VWL Fakultät „International Economics“, „Topics in
Financial Economics“ und „Industrial Economics 2“ gewählt, von der Business
School „International Business Strategy“ und „Investment Management“.
Grundsätzlich war das ein bisschen viel. Man sollte wie die Engländer maximal vier
ganzjahres Kurse wählen. Vom Anspruch her waren zwar alle Kurse zu meistern,
aber forderten durch die immens langen Literaturlisten einen hohen Zeitaufwand
und Disziplin. Im Vergleich zum Aufwand ist die Punktezahl, die man in München
anerkannt bekommt, sehr gering (maximal 24). Jedoch könntet ihr durch das
frühzeitige Ende der Klausurenzeit (gegen Ende Mai) in München auch noch
mitschreiben. Dadurch kann das Erasmusjahr an der University of Warwick
allerdings vergleichsweise zäh werden.
Die Art und Weise des Studiums unterscheidet sich abgesehen von den kleineren
Gruppen, den lässig auftretenden Dozenten und dem viel zu kurzen 45min Takt
von der Münchner hauptsächlich in zwei Dingen. Zum einen werdet ihr pro Fach
und pro Term mindestens einen Aufsatz a circa 1500 Wörter schreiben müssen.
Für mich, die ich erst ein Hauptstudiumssemester hinter mir hatte, war das zwar
anfangs gewöhnungsbedürftig, aber im Nachhinein fand ich die Methode sehr
wirkungsvoll und eine gute Übung für nun anstehende Seminararbeiten. Zum
anderen verwenden die englischen Dozenten im Vergleich weitaus weniger
mathematische Herleitungen und theoretische Grundlagen, erwarten jedoch, dass
man unheimlich viel Sekundärliteratur liest. Gern prüfen sie auch mal die geistige
Anwesenheit durch Fragen. Diskussionen sind willkommen und durch die kleinen
Gruppen möglich.
In den Klausuren werden fast ausschließlich Aufsätze geschrieben. Etwas
mathematischere Kurse wie „Industrial Economics 2“ sind daher für den LMUler
einfacher, sehr politische oder geschichtliche Kurse wie „Policy in the U.K“ oder
„The British Economy in the 20th Century“ außerordentlich lehrreich.
VI. Die Universität im Allgemeinen
Die Universität ist grundsätzlich sehr modern und gut ausgestattet. Dies gilt jedoch
nicht für die Bibliothek. Leider muss man sich fast alle wichtigen Bücher kaufen.
Des Weiteren macht die Internationalität der Studenten, der Campus und die vielen
studentischen Initiativen und Gemeinschaften Warwick zu einer besonderen
Universität. Die Internationalität wird im Januar in einer sogenannten „One World
Week“ gefeiert. Hier solltet ihr unbedingt mitmachen, sei es nur im Dirndl bei der
Modenschau aufzutreten.
London ist in zwei bis drei Stunden mit dem Nationalexpress ab Campus ganz
einfach zu erreichen. Das Warwick Art Centre, welches nach London das
zweitgrößte in England ist, bietet ein vielseitiges kulturelles Programm. Zum
Einkaufen und Kaffeetrinken eignen sich Leamington und Birmingham. Coventry
zur Not auch.
Bleibt nur noch zu erwähnen, dass das eigene Alter und die Zahl der Semester
entscheidend zum Erfolg eures Erasmusjahres an der University of Warwick
beitragen können. Es ist sicher von Vorteil, wenn Ihr gleich im Anschluss an das
Grundstudium nach England geht, da nur drittjahres Kurse problemlos belegt
werden können. Für Masterkurse bräuchtet ihr Ausnahmegenehmigungen.
Außerdem beginnen die Engländer schon früher mit dem Studium und sind
dadurch im dritten Jahr gerade erst 20 Jahre alt; andere Erasmusstudenten sind
jedoch auch meist älter.
VII. To put it in a nutshell....
Insgesamt lässt sich sagen, ein Erasmusjahr in Warwick ist sehr lohnenswert und
spannend zum einen wegen des guten Bildungssystems, der vielen Societies und
Sport Clubs und zum anderen natürlich wegen der sympathischen, überaus
humorvollen Engländer.
Also los geht’s, ran an die Bewerbung!