Vom Reggae zur Wellnessinsel

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Vom Reggae zur Wellnessinsel
8 ReiseJournal
Rechts-Tipp
von Wolfgang Büser
Fachjournalist für Reise-Recht
Jamaika
Vom Reggae zur Wellnessinsel
Reggae-Pioniere eröffnen Boutique-Hotels, und Bob Marley gibt’s im Museum: Jamaika versucht, sich neu zu erfinden
Hin- und Rückflug
sind kein Rundflug
Zahlreiche Urteile haben
die Richter schon zu sprechen
gehabt, wenn es darum ging,
genervten Urlaubern, deren
Flüge annulliert oder die auf
andere Maschinen „umgebucht” worden waren, die
nach EU-Recht zustehenden
„Ausgleichsbeträge” zukommen zu lassen. Dabei handelt
es sich um Sätze von 250 Euro
bis 600 Euro - je nach Entfernung zum Zielort.
Dabei gibt es jedoch eine
Falle: Wer ins nicht-europäische Ausland geflogen ist und
von dort mit einer Airline zurückkommt, bei der es sich
nicht um ein „Unternehmen
der Gemeinschaft” handelt,
der geht leer aus, wenn der
Heimflug sich (wie in einem
vom Amtsgericht Düsseldorf
zu entscheidenden Fall) um
zwei Tage verschiebt. Je 600
Euro wollten zwei Passagiere
dafür als Ausgleichszahlung
haben, weil die Entfernung
zwischen Abflug- und Zielort
(Bangkok - Düsseldorf) mehr
als 3500 Kilometer betrug. Sie
argumentierten, dass der Hinflug ab Düsseldorf für ihren
Anspruch maßgebend sei, da
komme es auf den RückreiseFlughafen nicht an. Der Düsseldorfer Richter war anderer
Auffassung: Bei einem Hinund Rückflug handele es sich
nicht um einen Rundflug,
sondern um zwei voneinander
unabhängige Flüge. Das Geld
blieb in der Kasse des „nichteuropäischen” Flugunternehmens, das erst zwei Tage nach
dem geplanten Termin abhob.
(AZ: 23 C 14910/07)
Profi-Tipp
von Peter Montag
Busfahrer bei TRD-Reisen
Charme und
Schmäh in Wien
Wien und Paris wetteifern
um den Titel der reizvollsten
Stadt Europas. Für mich hat
Wien die Nase vorn, denn in
der Donaumetropole sind es
neben den obligatorischen
Sightseeing-Punkten gerade
die „Wiener Eigenarten”, die
eine Reise lohnenswert machen. An den Verkaufsständen auf dem Naschmarkt (ein
Muss bei jedem Wien-Besuch) bekommt man den
Schmäh, jene humorige Unehrlichkeit, die Paul Hörbiger
und Hans Moser auch jenseits der Alpen bekannt gemacht haben, gratis dazu.
Wer „hudelt” (sich hetzt),
versäumt oft das Beste auf
diesem Markt, bei dem es alle
Köstlichkeiten Österreichs zu
kaufen gibt, von der Mehlspeise bis zum Wein. Legendär ist der Würstl-Stand an
der Oper. Mein Favorit: „A
Eitrige mit an Bugl mit an
16er Blech” (Käsekrainer mit
Brotendstück und einem Ottakringer Bier in der Dose).
Und dann sind da noch die
Kaffeehäuser. Kaffee trinken
als Lebensart. Nein, nicht
von den amerikanischen Kaffee-Filialen, sondern von den
echten, nostalgischen Kaffeehäusern ist hier die Rede.
Nirgendwo wird die Kaffeetradition besser zelebriert als
in Wien, kombiniert mit der
schwierigsten Frage eines
Wien-Besuchs überhaupt:
Nehme ich eine Sachertorte
oder doch lieber den Apfelstrudel zum großen Braunen?
Samstag, 14. Februar 2009
Verlagssonderveröffentlichung SRS8_X
Foto: Katja Sucker / Fotolia
Blaue Buchten und lange Sandstrände wie hier am Halfmoon Beach - einer der Gründe, warum man Jamaika als Urlaubsziel wählt.
K
okosnusswasser ist gesünder als Orangensaft, nach
Zimt-Tee schläft man besonders gut. Lorna Birns weiß alles
über Früchte und Gewürze. Auf
ihrer „Sun Valley”-Plantage
auf Jamaika weiht die 55-Jährige Besucher in die Geheimnisse der Insel-Rezepturen ein.
Manche der Gewächse sind bei
uns völlig unbekannt: Ackee,
zum Beispiel, so groß wie eine
Avocado, außen rot, innen
gelb. Schmeckt und sieht aus
wie Rührei und wird, zusammen mit Stockfisch, zum jamaikanischen
Nationalgericht. Weil ich über Muskelkater gestöhnt habe, lässt Plantagenchefin Lorna ihren Gärtner
ein dickes Stück der kakteenartigen Tuna-Pflanze abschlagen: „Erhitzen und auflegen”,
sagt sie, „hilft auch bei Rheuma.” Mal schau’n, ob der Zimmerkellner in meinem Strandhotel das hin bekommt!
Jamaika ist ein Abenteuerspielplatz der Natur: Neben
dem Reggae-Image vermarktet
die zweitgrößte Insel der Karibik zunehmend ihre Naturschätze, setzt auf Wellness und
Abenteuer für die ganze Familie. Auf 120 Flüssen kann man
Floß fahren, im Dunn’s Wasserfall bei Ocho Rios sogar entgegen der Wasserrichtung hinauf laufen. Klatschnass werden wir auf 183 Metern - eine
wirklich tropische Fitnessübung! Eine Bobrennbahn rast
im Naturerlebnispark „Mystic
Mountain” durch den Regenwald. Aber keine Bange: Man
kann das Gefährt selbst steuern
und auch bremsen.
Den längsten und schönsten
Clubhotels haben die
Hütten längst verdrängt
Strand hat auf elf Kilometern
das legendäre Negril am Westende, die Rasta-Hochburg der
80er-Jahre. Clubhotels haben
die Hütten der Jungs mit den
schwarzen Dreadlocks längst
verdrängt, aber alternatives
Flair hat der Ort noch immer:
Bei Sonnenuntergang springen besonders Mutige von den
hohen Klippen am „Rick’s Cafe”. Alles, was zum lockeren
Reggae-Karibikurlaub dazu gehört, gibt es in Negril bis heute.
Junior, 29, sieht aus wie ein
Hip-Hopper, ist aber Angestellter der „Craighton”-Kaffeefarm. Zehn Kilometer haben
wir uns von Kingston in Ser-
pentinen den Berg hoch geschlängelt. Das Blue Mountain-Gebirge, das bis auf 2256
Meter reicht, dominiert die Insel. Jamaikas Kaffee ist ein Exportschlager. Junior erklärt,
dass die Bohnen 1728 mit den
Engländern auf die Insel kamen, aber heute 85 Prozent der
Kaffeeernte nach Japan geht.
Aus verborgenen Lautsprechern ertönt der Dauerbeat softer Reggae-Musik. Kolibris surren mit den Flügeln. 13 weiße
Holzbungalows im viktorianischen Stil kleben am Berghang.
Ein Pärchen genießt den Nachmittag hoch auf dem Berg in
einer Hängematte. Die romantische Luxusanlage „Strawberry Hill” in der Nähe der Kaffeefarm ist eine der vielen Ideen
von Chris Blackwell, dem Entdecker Bob Marleys und Gründer von Island Records. Blackwell brachte 1964 „My Boy Lollipop” heraus - der Grundstock
für sein Vermögen war gelegt.
Inzwischen ist der Reggae-Pionier erfolgreich unter die Hoteliers gegangen. Seine „Island
Outpost”-Kette unterhält über
die Insel verstreut ein halbes
Dutzend Boutique-Hotels, einige sogar mit Aufnahme-Stu-
Neben dem Reggae-Image vermarktet die zweitgrößte Insel der Karibik zunehmend ihre Naturschätze und setzt auf Wellness.
Fotos: Andrea Tapper
dio. „Jüngst waren Gwen Stefani und Grace Jones bei uns”,
erzählt eine Mitarbeiterin. Vor
kurzem eröffnete das Boutique-Hotel „Geejam”, mit sieben baumhausartigen Zimmern am Frenchman Cove. Eine echte Nobeladresse.
James-Bond-Fans zieht’s in
die „Golden Eye”-Villa bei Oracabessa, auch ein BlackwellProjekt. Ian Fleming baute das
Haus 1946 und schrieb hier die
Bestseller der Agentenserie.
Simple Bambusmöbel, unverglaste Fenster, aber ein Privatstrand mit kristallklarem Wasser - so funktioniert lässiger Luxus-Urlaub auf Jamaika.
Der gebürtige Engländer
Blackwell versuche zumindest,
„der Insel etwas zurück zu ge-
weht der Wind, es ist 30 Grad
im Februar. Tropischer Strandurlaub im Winter, das lockt
viele an. Aber auch der ReggaeKult ist immer noch ein Markenzeichen Jamaikas. Jugendliche aus Japan streifen mit
spitzen „Ahs” und „Ohs”
durch Bob Marleys Villa an der
Hope Road in Kingston. Sein
Originalbett und sein Fruchtmixer stehen noch in dem
Haus, das heute ein Museum
ist. Marleys Plattenfirma „Tuff
Gong”, ebenfalls in Kingston,
ist nach einer Produktionspause wieder aktiv. Kofferweise
kaufen Fans 45er-Platten für
Dancehall-Parties. Die ReggaeTouren sind populär, ansonsten aber hat Kingston nicht
viel zu bieten.
Von 5000 auf 15 000 Hotelbetten will Jamaika seine Kapazitäten steigern. Eine neue Generation von Mega-Strandhotels mit 2000 Betten lockt an
blauen Buchten und Sandstränden der Nordküste. Der
Service der meisten Hotels ist
erstklassig. Auch Gilbert, mein
18-jähriger
Zimmerkellner
wusste sofort, was zu tun war,
als ich ihm den Kaktus von der
Plantage entgegenhielt. „Hat
meine Mutter auch immer benutzt”, sagte er, ließ den Pflanzenarm in der Küche erhitzen,
aufschneiden und fachmännisch in Folie wickeln. Wenig
später stand er wieder in der
Tür - mit dem „Natur-Rheumakissen” auf einem Silbertablett.
Andrea Tapper
So funktioniert lässiger
Luxus-Urlaub auf Jamaika
ben”, lobt Nachrichtenredakteur Franklin McKnight. Der
54-Jährige ist Moderator von
Radio „Irie FM”, dem einzigen
Sender der Welt, der ausschließlich lokale Musik spielt.
Wenige glaubten an den Erfolg
des vor 13 Jahren gegründeten
Senders, heute ist er der meistgehörte - obwohl oder gerade
weil er ein kritischer Sender ist.
Und zu kritisieren gibt’s auf Jamaika so einiges: Politischer
Zwist, Misswirtschaft und Bandenkriege überschatten das Paradies, auch wenn Urlauber davon wenig mitbekommen. Die
Hälfte der fünf Millionen Einwohner hat die Heimat auf der
Suche nach Arbeit verlassen.
„Wir können nur hoffen, dass
mehr Tourismus mehr Wohlstand für alle bringt”, sagt Reporter McKnight.
Die Hotels setzen mehr und
mehr auf Wellness. „Half
Moon”, eine Luxusanlage bei
Montego Bay etwa, verspricht
Verjüngungswunder mit Ingwer-Massagen. Im „Couples
Sanssouci”, einer Anlage speziell für Paare, genieße ich eine
Fußreflexzonen-Massagen auf
der Terrasse über dem strahlend-türkisen Meer. Warm
Montego Bay
Ocho Rios Oracabessa
Negril
JAMAIKA
USA
Karte
Mittel- Südamerika amerika
Karibisches Meer
Port
Antonio
Kingston
50 km
INFO
Anreise
Direktflug mit Air Berlin ab
Düsseldorf nach Montego Bay.
Ab Frankfurt Direktflüge mit
Condor.
Einreise
Kein Visum, Pass muss noch 6
Monate gültig sein
Reisezeit
Dezember - April. Temperaturen ganzjährig zwischen 25 30 Grad. Zwei Regenzeiten im
Mai und Juni, und September
bis November.
Unterkunft
- ClubHotel Riu Negril**** , 1
Woche/DZ/VP mit Flug ab
1734 Euro pro Person (TUI).
- Boutiquehotel-Kette „Island
Outpost”, ab ca 395$ DZ pro
Nacht, islandoutpost.com.
- „Grand Lido Braco", ab 177 $
pro Person/DZ All-inclusive,
www.superclubs.com/brand
Ausflüge
- Bob Marley Museum, Kingston, Eintritt: 20$.
- Mystic Mountain mit Bobbahn und anderen Attraktionen, Tageskarte 124 $.
- Sun Valley Plantation, 13 $.
- Kaffee-Tour „Blue Mountain”
15 $.
Sprache
Landessprachen sind Englisch
und der Patois Dialekt.
Kontakt
Jamaikanisches Fremdenverkehrsamt, ✆ 02104/83 29 74,
www.visitjamaica.com