Vorschau/Download - Wasser

Transcription

Vorschau/Download - Wasser
Nr. 5/2015
B.B. King
• Interviews mit Bill Wyman, Warren Haynes, Jesper Munk
• Randy Chortkoff - Nick Moss Band - Billy Walton Band - Jürgen
Kerth & iNUTERO - Gov’t Mule
• Impressionen vom Bluesfest Eutin
• Album des Monats: Guy Verlinde – Better Days Ahead
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I N H A LT
Wasser-Prawda | Mai 2015
I N H A LT
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INHALT
MAI 2015
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55
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Inhalt
Editorial
Auf Tour
Musik
German Blues Awards 2015: Die Nominierungen
Blues Music Awards 2015
B. B. King (1925-2015)
Randy Chortkoff (1950-2015)
Im Gespräch mit Bill Wyman
Warren Haynes: Südstaatenglanz in München
Gov’t Mule in der Münchner Theaterfabrik
Jesper Munk: Ein Fazit nach 1,5 Jahren
It´s not just a show, not just a concert, we have
a party
Tradition und Moderne in Eutin
Party Jersey Style
Altstar trifft Jungspund
Platten
59 Guy Verlinde – Better Days Ahead
60 Rezensionen A bis Z
72 Blueskalender
77 Literatur ABC: D wie Drama
78 Jürgen Landt: Der Blick in die Leere des Kopfes
81 Die Vestalinnen
88 English Articles
Wasser-Prawda | Mai 2015
4
EDITORIAL
IMPRESSUM
Die Wasser-Prawda ist ein Projekt
des Computerservice Kaufeldt
Greifswald. Das pdf-Magazin
erscheint in der Regel monatlich.
Es wird kostenlos an die registrierten Leser des Online-Magazins
www.wasser-prawda.de verschickt.
Wasser-Prawda Nr. 5/2015
Redaktionsschluss: 25.05.2015
Titelseite: B.B. King
links: Sean Karney (Foto: Raimund
Nitzsche)
REDAKTION:
C he f r e d a k t e u r : R a i mu nd
Nitzsche (V.i.S.d.P.)
Redaktion: Mario Bollinger,
Bernd Kreikmann, Matthias
Schneider, Dave Watkins, Darren
Weale
Mitarbeiter dieser Ausgabe:
Thilo Hornschild, LaRadio,
Guido Molzberger, Iain Patience,
Christophe Rascle, Torsten Rolfs,
Karsten Spehr
Die nächste Ausgabe erscheint am
25. Juni 2015.
Adresse:
Redaktion Wasser-Prawda
c/o wirkstatt
Gützkower Str. 83
17489 Greifswald
Tel.: 03834/535664
[email protected]
Anzeigenabteilung:
[email protected]
Wasser-Prawda | Mai 2015
EDITORIAL
5
EDITORIAL
VON RAIMUND NITZSCHE
Letztens gab es folgende Szene in einer Konzertpause:
Ein Fan spricht den Musiker, der zum ersten Mal in
Deutschland zu erleben ist, an: Ich hab Dich mal im Radio
gehört. Es muss irgendeine Samstagnacht gewesen sein.
Denn im Deutschlandfunk lief Blues. Über viele Jahre
waren der Deutschlandfunk und das Deutschlandradio
Kultur die landesweit zu empfangenden Bastionen für
Blues. Bei der letzten Programmreform verschwand die
nächtliche Bluessendung beim Deutschlandradio. Jetzt
ist auch beim Deutschlandfunk das Ende beschlossen:
Leo Gehl, der langjährige Redakteur ist im Ruhestand.
Und der Kölner Sender nimmt diese Gelegenheit zum
Anlass, den Blues aus dem Programm zu streichen. Viel
lieber wollen sie mehr Geld in den Ausbau des OnlineRadios stecken. Blues ist nach Meinung des Senders
nicht relevant. Und überhaupt kann das ja auch der
Jazzredakteur mit machen. Schließlich gibt es auch dort
Blue Notes.
Für mich waren Sendungen wie die von Leo Gehl oder
auch die Bluesbeiträge von „Live on Stage“ einer der
Gründe, mich für Rundfunkbeiträge auszusprechen.
Auch wenn natürlich über die unmöglichen Sendezeiten
irgendwann kurz vor dem Aufstehen immer gelästert
werden konnte. Jetzt bin ich als Bluesfan wirklich sauer:
Keiner der öffentlich rechtlichen Sender sieht es als seine
Pflicht der Grundversorgung an (vom Bildungsauftrag
ganz zu schweigen), sich der für die Entwicklung der
populären Musik wichtigen Richtung zu widmen. Kein
Platz mehr, wo neue Alben und interessante Künstler
vorgestellt werden. Blues im Radio spielt sich hierzulande bald nur noch im Internet oder bei Lokalsendern
und offenen Kanälen ab. Das ist wirklich eine Schande!
Klar, auch in anderen Ländern hat es Blues im Radio
immer schwerer. Doch die BBC gönnt sich eine Sendung
wie die von Paul Jones. Und im National Public Radio
in den USA werden neue Alben auch aus dem Blues
ausführlich vorgestellt. Das ist nach deren Meinung
öffentlicher Auftrag. Warum gilt das nicht auch in
Deutschland?
Vielleicht liegt das auch daran, dass Musiker, Veranstalter,
Fans und engagierte Journalisten keine wirklich gemeinsame Lobbyarbeit betreiben. Eine Plattform wie die
Bluesfoundation in den USA kann mit ihren Blues
Music Awards etwa ein deutliches Gegengewicht zu den
in Sachen Blues zu vernachlässigenden Grammys setzen.
Da wird die Preisverleihung live im Satelittenradio übertragen. Und die ganze Szene triff t sich in Memphis.
Hierzulande ist man sich nicht mal drüber einig, ob
German Blues Awards überhaupt notwendig sind.
Und man kritisiert regelmäßig deren Vergabe und die
Abstimmungsmodalitäten. Und das nur, weil ein Verein
einfach gesagt hat: wir machen das jetzt.
Ich bin bloß froh, dass bei den vielen Menschen, die
mittlerweile die Wasser-Prawda nicht nur lesen und weiterempfehlen sondern sie auch mit Texten und Bildern
unterstützen solche kleinlichen Gedanken keine Rolle
spielen. Nur so kann man wirklich ein aktuelles und
verlässliches Magazin über die Bluesszene hier und in
aller Welt machen. Dafür an dieser Stelle ein herzliches
Dankeschön!
Euer Raimund Nitzsche
Wasser-Prawda | Mai 2015
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TERMINE
Festivals
Muddy Lives Blues Festival
29./30.05. Lieberose Waldbühne
Johnny Mastro & Mama‘s Boys, Jürgen Kerth
& Band, Nick Moss Band, Kai Strauss Electric
Blues, Mason Rack Band, Footsteps, Carolyn
Wonderland, Chilly Willy und Micke Bjorklof &
Blue Strip.
Blue Wave Festival
11. - 14. Juni Binz
Blues Rudy, Kleinow & Schmidt, Among Lynx,
Virgina & The Skybenders, Mike Greene & Band,
Black Patti, Have Mercy Reunion, Niels von der
Leyen Trio, Minnie Marks, Romek Puchowski,
Abi Wallenstein, Ben Prestage, Crazy Hambones,
Juke Joint Pimps, Sandera & Posch, East Blues
Experience
24. Bluesfest Gaildorf
3. & 4. Juli 2015
Bruce Katz Band, Earl Thomas & Royal Guard,
Robert Cray Band, Mud Morganfield, Samantha
Fish, Mike Zito & The Wheel, Nikki Hill, Sugaray Rayford Band, Tommy Castro & The Painkillers, The Bunch Bluesband, The Özdemirs feat.
Simon Oslender
Blues Open Air Niederlehme
31.07. & 01.08.
Axel Merseburger Trio, Romek Puchowski &
Micha Maass feat Bernd Kleino, Waldi Weiz
Band, Postel & Pötsch, Black Patti, Dietmar und
Klaus Bluesband
26. Bluesfest Ingolstadt
Neue Welt Ingolstadt
01.06. TEE DEE YOUNG & HENRY CARPANETO BAND (USA / EU)
02.06. BABAJACK (UK)
04.06. JON REGEN & BAND (USA)
08.06. CHRIS SMITHER (USA)
Wasser-Prawda | März 2015
11.06. MATHIAS KELLNER (D)
18.06. SOFIA TALVIK (SWE) / THE
GOOD LOVELIES (CAN)
22.06. KILBORN ALLEY BLUES BAND
23.06. BIG DADDY WILSON & BAND (USA)
25.06. BRUCE KATZ BAND (USA)
29.06. THE CASHBOX KINGS (USA/F)
30.06. SUGAR RAY & THE BLUETONES feat.
Monster MIKE WELCH (USA)
02.07. IMPALA RAY (D)
06.07. RICHARD DOBSON & FRIENDS
07.07. GAL HOLIDAY and the Honky Tonk Revue (USA)
09.07. The 44s (USA)
13.07. WES MACKEY & THE BLUES TRAIN
14.07. BLACK KAT AND KITTENS
16.07. NORMAN BEAKER BAND (UK)
20.07. THE ZINGAROS (ARG)
21.07. MITCH KASHMAR BLUESBAND
23.07. TRAINWRECK QUARTET (AUS)
27.07. MAX GREGER jr. & HIS SOULBROTHERS (D)
28.07. WELL BAD (D)
30.07. JEB RAULT BAND (USA)
Auf Tour
3 Dayz Whizkey
21.06. Regensburg, Bürgerfest
18.07. Buchenhain, Waldgasthof
24.07. Pösing, Open Air
08.08. Hamburg, Cotton Club
Bad Temper Joe
31.05. Bielefeld, Santa Maria Strandbar
03.06. Paderborn, AStA Sommerfestival
07.06. Bad Salzufflen, Schlosspark Schöttmar
18.06. Bielefeld, Museum Huelsmann
25.06. Bielefeld, Abendmarkt
B.B. & The Blues Shacks
06.06. Lannach, Steinhalle (A)
TERMINE
26.06. Hildesheim, Tag der Niedersachsen
27.06. Luzern, Luzerner Fest
Beth Hart
26.07. Burg - Wilhelmstein Wurselen Germany
28.07. Zeltspektakel Winterbach. DE Germany
30.07. Burg Herzberg Festival Breitenbach Germany
Big Daddy Wilson
31.05. Koblenz, Cafe Hahn
23.06. Ingolstadt, Neue Welt
03.07. Dülfeld, Gartenfestival
27.07. Hamburg, Ducksteinfestival
08.08. Hohwacht, Boogie & Bluesnight
21.08. Laubach, Blues & Schmus & Appelmus
16.10. Husum, Speicher
24.10. Ellerstadt, Mission in Blues
Blue Note Blues Band
05.06. Greifswald, Sotano
06.06. Bielefeld, Extra Blues Bar
04.07. Gerzen, “Runter vom Sofa - Beschallt den
Wald”
23.07. Berlin, White Trash Fast Food BNaBB
24.07. Heringsdorf, O‘Man River BNaBB
25.07. Greifswald, Eiscafé Eldena
26.07 Krummin, Zur Pferdetränke, BNaBB
09.08. Höslwang, Vivarium
Blues Company
07.06. Münster • Hafenfest
25.06. Paderborn • Kulturwerkstatt/ Jazzclub
04.07. Hattersheim • Blues & Folk Festival
Cologne Blues Club
30.05. Zyfflich, Bluesfestival
16.07. Maggia, Magic Blues Festival (CH)
7
17.07. Feuerthalen, Kulturzentrum
Dolder (CH)
18.07. Winterthur, Music Bar (CH)
05.08. Saarbrücken, Kultur am Schloß
Daniel Puente Encina
03.06. Eckernförde, Spieker
04.06. Hamburg, Knust
05.06. Surendorf, Strandoase
11.08. Bamberg, 9. Tucher Blues & Jazz Festival
East Blues Experience
14.06. Binz, Blue Wave Festival
26.06. Halle, Objekt 5
27.06. Markneukirchen, Framus & Warwick Music Hall
Eb Davis
07.06. Berlin Britz, Brither Mühlenfest
08.06. Berlin Britz, Britzer Mühle
19.06. Berlin, Ratskeller Köpenick
18.07. Grömitz, Hof Klostersee, Bluesnight
29.07. Hamburg, Cotton Club
Engerling
06.06. Lübbenau, Kulturhof
12.06. Glauchau, Schloss
13.06. Perleberg, Perleberg Festival
20.06. Berlin, Schlossinsel Köpenick
04.07. Diensdorf-Radlow, Alte Schulscheune
11.07. Königs Wusterhausen, Inselleuchten
Georg Schroeter & Marc Breitfelder
12.06. Salzwedel, Café Bürgermeisterhof
13.06. Berlin-Kladow, Havel-Blues im Kulturpark
20.06. Husum, Speicher
24.06. Kiel, Rathausbühne
27.06. Wulfen (Fehmarn), Campingplatz Wulfener Hals
03.07. Grebin, Die Hofkneipe Open Air
09.07. Kiel, Forstbaumschule
Wasser-Prawda | März 2015
8
TERMINE
Greyhound George
03.06. Oerlinghausen, m. Big Toe u. Batsman
Joe
12.06. Lemgo, Kesselhaus
13.06. Herford, Hoekerfest
03.07. Greifswald, Sotano - m. Karl Valta
05.07. Ueckermünde, Kulturspeicher - m. Karl
Valta
09.07. Ludwigsburg, Schloß - m. Karl Valta
10.07. Heringsdorf, O Man River - m. Karl Valta
11.07. Pulow, Cafe Schöne - m. Karl Valta
Hans Theessink & Terry Evans
30.05. Baden, Bluesfestival Baden (CH)
01.06. Rovigo Deltablues Festival (I)
Jesper Munk
26.06. Chemnitz Kosmonaut Festival
14.08. Stukenbrock Serengeti Festival
JJ Grey & Mofro
30.07. Breitenbach, Burg Herzberg Festival
Mike Andersen
31.05. Greifswald, Sòtano
05.06. Berlin, Quasimodo
06.06. Köln, Yard Club
Pass Over Blues
27./28.06. Mönchhagen, Rosenfest
The Sugarhills
20.08. Bernkastel, Sommerbühne
22.08. Holzminden, Marktsommer
27.08. Leverkusen, Topos
28.08. Hameln, Pflasterfest
29.08. Monheim, Altstadtklänge
09.09. Hamburg, Music Club Live
10.09. Hannover, Minchens Livemusic Club
11.09. Detmold, Kaiserkeller
12.09. Aerzen, Schrappmühle
Wasser-Prawda | März 2015
13.09. Köln, Backes
Walter Trout
01.12. Hamburg, Fabrik
02.12. Berlin, Kesselhaus in der Kulturbrauerei
03.12. Bochum, RuhrCongress
06.12. München, Freiheiz
Clubs
Barnaby‘s Blues Bar
Braunschweig
29.05. Rob Ryan Roadshow
05.06. Johnny Mastro & the Mamas Boys
13.06. Willi’s Poor Boys
15.06. Mason Rack Band
16.06. Mason Rack Band
25.06. The Revolutionaires
26.06. The Crossryre Band
Bielefelder Jazzclub
04.06. Mixed Society/Balful Seduction
05.06. SteinerTime
12.06. Pepperchiefs/Irieman & The Deep Roots
Band
19.06. B61
Blue Notez
Dortmund
05.06. Dan Patlansky
18.06. Larry Garner & Norman Beaker Band
26.06. The Blues Bones
Blues & More
Eiscafe Temmler, Chemnitz
18.09. Blues Rudy & Kat Baloun im MiO
25.09. Queen Esther Quartet
09.10. Rusty Wright Band
07.11. Eb Davis & The Superband (im „Exil“)
TERMINE
Blues im Bahnhof
Mannheim, Hauptbahnhof
12.06. Tolo Marton
11.09. Morblus & Justina Lee Brown
16.10. Otis Taylor
06.11. Blues Company
Bluesgarage
Hannover Isernhagen
06.06. Micky & The Motorcars
06.06. Oh Yeah! German Blues Festival (Adriano
Batolba, Marius Tilly Band, Michael van Merwyk
& Bluesoul)
11.06. Us Rails
12.06. Klaus „Major“ Heuser Band
13.06. Mason Rack Band
20.06. Larry Garner & Norman Beaker Band
03.07. Dan Patlansky
04.04. The 44s
09.07. Lloyd Jones & Shaky Ground
ChaBah
Kandern
03.06. Josh Smith
Cotton Club Hamburg
31.05. Tommy Schneller Band
01.06. One Way Out Blues Jam
06.06. Top Priroryty
08.06. Jo Bohnsack
12.06. New Orleans Shakers
22.06. Have Mercy
26.06. Hootin The Blues
29.06. Guy Weber
Downtown Bluesclub
Hamburg
30.05. Jimmy Cornett & The Deadmen
31.05. Lucifers Friend
10.06. Ryan McGarvey
12.06. The Double Vision
9
17.06. Larry Garner & Norman
Beaker Band
19.06. Jahn Mohr & The Backscratchers
24.06. Mason Rack Band
26.06. Nine T Nine
Extra Blues Bar
Bielefeld
06.06. Blue Note Blues Band
09.06. Lou Shields/ Lone Wolf One Man Band
20.06 Varmints and Vagrants
27.06. The Verandas/ Alphatrip
30.06. S.S.WEB
Herzog Ernst
Celle
14.06. Mason Rack Band
21.06. Johnny Mastro & The Mamas Boys
Kulturbastion
Torgau
30.05. Joanne Shaw Taylor
19.06. Johnny Mastro & Mama‘s Boys
25.06. Mason Rack Band
Kulturspeicher
(Bergstraße, Ueckermünde)
06.06. Reverend Schulzz
20.06. Cohen-Project
04.07. Greyhound George & Karl Valta
10.07. Roger Tristao Adao
16.07. Strömkarlen
Laboratorium
Stuttgart
30.05. Josh Smith & Band
21.06. Sibel, Akustik Trio & Longa Project
Late Night Blues
Loev Hotel Binz/Rügen
13.06. Sandera & Posch
Wasser-Prawda | März 2015
10
TERMINE
Meisenfrei
Bremen Hankenstr.
02.06. Statesboro Revue
03.06. Dan Patlansky
11.06. Department of Soul
18.06. Mason Rack Band/ Thirsty Mamas
23.06. Boogie Rockets
Music Hall Worpswede
30.05. Caroline Henderson
O‘ Man River
Friedensstraße 27, Heringsdorf
02.06. Tim Eckert
05.06. Peer Orxon
12.06. Pete Gavin
16.06. O‘ Man River Band
19.06. Capt‘n Crab
23.06. Hans Blues & Boogie
26.06. Blue Tales
30.06. Eric Lenz
Quasimodo
Berlin
12.06. TONY HURDLE‘S GUARDIANS OF
THE GROOVE (Funk)
13.06. MO‘ BLOW (Jazz, Funk, Groove)
20.06. DELLA MILES (Soul)
Savoy Bordesholm
04.06. Josh Smith
05.06. Imke & J
12.06. US RAILS
16.06. Hazmat Modine
Sótano
Greifswald, Markt
31.05. Mike Andersen
05.06. Blue Note Blues Band
08.06. Kaurna Cronin
13.06. On A Sunday
03.07. Greyhound George & Karl Valta
Wasser-Prawda | März 2015
Speicher
Schwerin
06.06. British Blues All Stars
Troisdorfer Bluesclub
Realschule Heimbachstrasse
19.06. The Working Blues Band
14.08. Blue George Trio
18.09. Morblus
23.10. Wrecia Ford
20.11. Meena Cryle
Yard Club
Köln
01.06. STATESBORO REVUE
02.06. WELLBAD
06.06. MIKE ANDERSEN
13.06. JACK IS BACK
19.06. KAL DAVID FEAT. MISS LAURI BONO
Yorckschlösschen
Yorckstr. 15, Berlin
31.05. The Fifth Floor Pickers
03.06. Flo Kern
05.06. Jackie Venson & Friends
07.06. Stand-Arts
10.06. Black Kat & Kittens
12.06. Harald Hertel‘s Jass Tigers
13.06. International Blues Duo
14.06. Whatever Rita Wants
17.06. Niels von der Leyen Trio
19.06. Safe Sane & Single
20.06. Lenard Streicher Tribute to Dean Martin
21.06. Lenard Streicher Tribute to Dean Martin
24.06. Have Mercy
26.06. The Goodnight Circus
27.06. Kat Baloun & Friends
28.06. Carlos Santana & Friends
MUSIK
11
GERMAN BLUES AWARDS
2015: DIE NOMINIERUNGEN
VON RAIMUND NITZSCHE
Journalisten, Veranstalter, Musiker
haben wieder ihre Vorauswahl
getroffen. Und zwischen 1. und 31,
Mai darf daher online nicht nur über
die Teilnehmer am Finale der diesjährigen German Blues Challenge
sondern auch über die Preisträger der
German Blues Awards 2015 abgestimmt werden.
Hier sind die Nominierten in den
verschiedenen Kategorien:
German Blues Challenge
•
•
•
•
•
•
•
•
Becker & Keisers
East Blues Experience
Greyhound George
Jürgen Kerth Band
Redfox Bluesband
Tom Vieth Bluesband
Waldi Weiz Band
Wellbad
German Blues Awards:
Drums/Percussion
German Blues Awards:
Fes val
•
•
•
•
•
•
•
•
German Blues Awards: Piano
•
•
•
•
•
B. B. & The Blues Shacks
Dynamite Daze
East Blues Experience
Richie Arndt & The Bluenatics
Tommy Schneller Band
German Blues Award: Solo/
Duo
•
•
•
•
•
Delta Boys
Georg Schroeter & Marc
Breitfelder
Greyhound George
Juke Joint Pimps
Netzer & Scheytt
Christian Bleiming
Christian Rannenberg
Georg Schroeter
Henning Pertiet
Thomas Scheytt
German Blues Award:
Tonträger
•
•
•
German Blues Award: Band
•
•
•
•
•
Andreas Bock
Frank Boestfleisch
Martin Roettger
Michael Maass
Ronny Dehn
•
•
At The End Of The Day Richie Arndt
Business Man - BB & The
Blues Shacks
Cream of the crop - Tommy
Schneller Band
Playground Blues Jam - Tom
Vieth Bluesband
The - Pass Over Blues
German Blues Awards: Club
•
•
•
•
•
Barnabys Blues Bar,
Braunschweig
ChaBa, Kandern
Downtown Blues Club,
Hamburg
Laboratorium, Stuttgart
Meisenfrei, Bremen
•
•
Blue Wave, Binz (Rügen)
Blues in Lehrte, Lehrte
Grolsch Blues Festival,
Schöppingen
Osnabrücker Blueslawine,
Osnabrück
Rother Bluestage, Roth
German Blues Awards:
Medien
•
Deutschlandfunk, Live on
stage
• Ems-Vechte-Welle, Bluestime
• Muddy Lives
• Rockradio.de
• Wasser Prawda
Verliehen werden die German
Blues Awards am 4. Juli in Eutin
im Rahmen der German Blues
Challenge. Diese findet erstmals
im Rahmen eines kleinen Festivals
auf dem Eutiner Marktplatz statt.
Schon am Freitag, 3. Juli werden
zur Eröffnung zwei amerikanische
Bands auftreten. Und für den 4. Juli
wurde als internationaler Gast The
Blues Overdrive aus Dänemark eingeladen. Am 5. Juli wird das Festival
dann mit einer Blues Matinee
abgeschlossen.
Wasser-Prawda | Mai 2015
12
MUSIK
ELVIN BISHOP RÄUMT AB BEI
BLUES MUSIC AWARDS 2015
VON RAIMUND NITZSCHE
Hammond (Acoustic A lbum
& Acoustic Artist) und Bobby
Rush (B.B. King Entertainer of
the Year/Soul Blues Male Artist)
ausgezeichnet.
2015 ist ein besonderes Jahr für die
Blues Foundation. Denn nach einer
mehrjährigen Spendenaktion konnte
am 8. Mai auch die Blues Hall of Fame
eingeweiht werden. Direkt gegenüber vom Museum zur Geschichte
der Bürgerrechtsbewegung kann
man dort ab sofort eintauchen in
die Geschichte des Blues und seiner
Künstler.
Hier komplette Liste der Preisträger:
Bestes Album, beste Band und
Song des Jahres: gleich drei Blues
Music Awards konnte Elvin Bishop
bei den diesjährigen Blues Music
Awards in Memphis in Empfang
nehmen. „Can‘t Even Do Wrong
Right“ setzte sich als Album unter
anderem gegen „Memphis Grease“
von John Nemeth oder „Wrapped
Up and Ready“ von The Mannish
Boys durch, der Titelsong der CD
gewann unter anderem gegen das
gemeinsam von Bobby Rush und Dr.
John gesungene „Another Murder in
New Orleans“ (Carl Gustafson %
Donald Markowitz) oder „Let Me
Breathe“ von Janiva Magness &
Dave Darling.
Mit je zwei Awards wurden John
Wasser-Prawda | Mai 2015
•
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•
•
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•
•
•
•
B.B. King Entertainer: Bobby
Rush
Koko Taylor Award: Ruthie
Foster
Traditional Blues Male Artist:
Lurrie Bell
Contemporary Blues Female
Artist: Janiva Magness
Contemporary Blues Male
Artist: Gary Clark Jr.
Soul Blues Male Artist: Bobby
Rush
Soul Blues Female Artist: Sista
Monica
Acoustic Artist: John Hammond
Band: Elvin Bishop Band
Pinetop Perkins Piano Player:
Marcia Ball
Instrumentalist-Horn: Deanna
•
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•
•
Bogart
Instrumentalist-Bass: Lisa Mann
Instrumentalist-Harmonica:
Charlie Musselwhite
Instrumentalist-Guitar: Joe
Bonamassa
Instrumentalist-Drums: Jimi
Bott
Album: Can’t Even Do Wrong
Right – Elvin Bishop
Contemporary Blues Album:
BluesAmericana – Keb’ Mo’
Acoustic Album: Timeless –
John Hammond
Traditional Blues Album: For
Pops (A Tribute to Muddy
Waters) – Mud Morganfield &
Kim Wilson
Rock Blues Album: Step Back –
Johnny Winter
Soul Blues Album: Memphis
Grease – John Németh
Best New Artist Album: Don’t
Call No Ambulance – Selwyn
Birchwood
Historische Aufnahme: Soul
& Swagger: The Complete “5”
Royales 1951-1967 – The “5”
Royales (Rock Beat)
Song: “Can’t Even Do Wrong
Right” written and performed
by Elvin Bishop
MUSIK
13
Wasser-Prawda | Mai 2015
14
MUSIK
B. B. KING (1925-2015)
In den letzten Jahren
wurden seine Konzerte
immer mehr zu
Geschichtsstunden in
Sachen Blues: B.B. King
saß auf der Bühne,
erzählte vom Blues und
ließ nur noch manchmal
Lucille wirklich lange
Geschichten singen.
Die musikalische Seite
übernahm hauptsächlich
seine großar ge Band.
Doch en äuscht waren
die Menschen nur
selten: Wann ha e
man schon mal die
Chance, einer echten
Legende zu lauschen?
Trotz der immer deutlicher werdenden gesundheitlichen Probleme
schien B.B. King nur ganz unwillig ein wenig kürzer zu treten. Doch
in den letzten Wochen musste er
erst ins Krankenhaus eingeliefert
werden, später entließ man ihn in
die häusliche Pflege. Am 14. Mai ist
B.B. King in Las Vegas gestorben.
Schnell jagte die Nachricht durchs
Netz. Zahllose Nachrufe und
Erinnerungen erschienen. Und
zwei Wochen später beginnt der
Krieg ums Erbe mit Mordvorwürfen
gegen den Manager. Die Beerdigung
Wasser-Prawda | Mai 2015
musste vorerst verschoben werden.
Mit ”Th ree O’Clock Blues“ spielt
Ende 1951 in Memphis ein junger
Musiker die Platte ein, die den
Beginn einer für den Blues einzigartigen Karriere markiert. Anfang
1952 erreicht diese Platte die
Spitzenposition der nationalen R&BHitparade und bleibt dort fünfzehn
Wochen.Riley B. King ist bereits
seit ein paar Jahren Discjockey
in Memphis und als ”Beale Street
Blues Boy“ populär. Davon abgeleitet nennt er sich B. B. King. Was
ist nun das Geheimnis des Erfolges
vom ”Th ree O’Clock Blues“? Der
Text allein kann es nicht sein, denn
er handelt, wie viele Blues, von dem
einsamen Mann, der den Verlust
seiner Liebsten beklagt. B. B. King
hat vor dem ”Three O’Clock Blues“
bereits acht andere Singles eingespielt, die ihm den Ruf eines soliden
Könners eingebracht haben, den
Namen aber außerhalb von Memphis
kaum bekannt werden ließen. Seine
Gitarrenarbeit verrät noch deutlich
das große Vorbild T-Bone Walker,
stimmlich ähnelt er ”sanften“
Sängern wie Charles Brown. Beim
”Three O’Clock Blues“ aber erzeugt
er mit der Gitarre eine eigenartig
gespannte Atmosphäre und singt
dazu wie bei einer Gospelpredigt.
Beide Stilmerkmale perfektioniert
er und faszinierte damit auch im
21. Jahrhundert noch das breiteste
Publikum, das je ein Blueskünstler
erreichte.
Dabei verläuft sein Leben wie das
vieler anderer Kollegen: Geboren
wird er am 16.9. 1925 in der Nähe
von Indianola im Mississippi-Delta.
Die Eltern trennen sich, als er vier
ist. Nach dem Tod der Mutter
kommt er zur Großmutter, die ihm
ihre tiefe Religiosität übermittelt.
Mit zwei Schulfreunden gründet er
eine Gospelgruppe.
Nachdem er als Baumwollpflücker
gearbeitet hat und kurze Zeit
Soldat war (zwei Jahre gehörte er
zur Reserve der Armee), geht er
1946 nach Memphis. Anlaufpunkt
ist Bukka White, ein Cousin seiner
Mutter, von dem er zehn Monate
lang intensiv unterrichtet wird. Geld
verdienen kann er mit der Musik
allerdings nicht, und da ihn auch
das Heimweh plagt, geht er zurück
ins Delta, arbeitet dort als Traktorist
und in der Freizeit als Musiker. 1948
zieht er wieder nordwärts, diesmal
nach West Memphis, auf der Suche
nach Sonny Boy Williamson II,
den er im Delta kennengelernt hat
und der in der Stadt täglich fünfzehn Minuten in einer kleinen
Radiostation als Blues-Discjockey
tätig ist. Nach einigen erfolgreichen
Auftritten in der Radioshow erhält
er erste eigene Engagements in der
Stadt. Seine Zuhörer bekommen
Ungewöhnliches zu hören: Delta
Blues und die Gospelpredigten
der Holiness Church auf der
einen Seite und der Pionier der
MUSIK
elektrisch verstärkten Jazzgitarre
Charlie Christian und dessen Fan
und Freund T-Bone Walker auf
der anderen sind die stilistischen
Grundlagen der Musik des jungen
Riley B. King. Dazu kommen, für
einen jungen Amerikaner dieser Zeit
äußerst ungewöhnlich, Einflüsse
Django Reinhardts.
Die R adiostation W DI A in
Memphis, die, eine Marktlücke
frühzeitig erkennend, Ende der vierziger Jahre beginnt, ein Programm
speziell für schwarze Hörer zu
senden, beschäftigt King zuerst als
Werbeträger für ein Arzneimittel,
dann als Discjockey. Daneben spielt
er unter anderem im Handy Park
unweit der Beale Street. 1949 erhält
der bereits recht populäre Sänger
und Gitarrist die Möglichkeit zu
Plattenaufnahmen. Den ersten Titel
widmet er seiner Frau: “Miss Martha
King“. Nach dem Riesenerfolg des
“Three O’Clock Blues“ reist er mit
einer nach dem Muster des Kansas
City Jazz zusammengestellten Big
Band durch das Land. Gleich zu
Beginn erhält er Engagements in
den drei größten Häusern schwarzer Unterhaltung: im Howard
Theatre in Washington, D. C., im
Royal Theatre in Baltimore und im
berühmten Apollo Theatre im NewYorker Stadtteil Harlem. Für das
Jahr 1956 registriert er 342 Auftritte,
sogenannte One Nighters, das heißt
Auftritte an ständig wechselnden
Orten. Bald ist er der “King of the
One Nighters“. Ein solches Leben
ist hart, aber B. B. King hat damit
Erfolg. Mit Beginn der Rock’n’RollWelle ist er aber weniger gefragt.
In der Mitte der 60er Jahre fallen
auch im Blues die Rassenschranken.
Junge weiße Musiker wie Paul
Butterfield und Mike Bloomfield
spielen den Blues mittlerweile
ebenso kompetent wie ihre afroamerikanischen Vorbilder. Trotzdem
dauert es noch einige Zeit, bis sich
die Erkenntnis allgemein durchsetzt, dass es neben der in Chicago
vorherrschenden Spielweise auch
andere moderne Bluesformen gibt.
Mike Bloomfield kündigt 1966
15
einen Auftritt B. B. Kings in San
Franciscos Fillmore West einem fast
ausschließlich weißen Publikum
damit an, dass gleich der beste
aller lebenden Bluesgitarristen auf
die Bühne komme. Sein aggressiver Vortragsstil, der Reaktionen des
Publikums geradezu herausfordert,
findet begeisterte Aufnahme.
Mit “The Thrill Is Gone“ nimmt King
erstmals eine echte Bluesnummer
ein, die ein Streicherarrangement
Ja, damals die 3 Kings: Albert, Freddy und Riley. B. –Was für ein
Dreigestirn!
Ich glaube Freddy hatte am Anfang die größte Auswirkung auf die
Gitarristen-Gemeinde. Denn er spielte mit Herz, und er war „aufmüpfig“- und er suchte neues. Albert war mehr die zentrale Schule – vielleicht
mehr wie Otis Rush – wenn ich mich richtig erinnere.
B.B. hatte die absolute Kraft in seiner Stimme. Da war er absolut „wehrhaft“. Er konnte dies gerade in seinen späteren Jahren mit seinem fast lieblichen Ton mit dem schönsten Vibrato der Welt wieder einfangen. Also
ein echtes Wechselspiel zwischen Stimme und Instrument. Das machte
ihn wirklich einzigartig, und bei wem sein Spiel und sein Gesang bis ins
Herz vorgedrungen war, der wird es nie wieder vergessen- so wie man
die Beatles und Stones oder Beethoven und Mozart nie vergessen kann.
Jürgen Kerth
Wasser-Prawda | Mai 2015
16
MUSIK
For The King
Ich bin eigentlich kein großer
Freund von Beileidsbekundungen
oder Ruhe in Frieden wünschen, die nach dem Tod etwaiger
Künstler oder Personen des öffentlichen Lebens durchs Internet geistern. Zu oft erlebt man, dass „likegeile“ Trittbrettfahrer Bilder und
Videos posten. In einem 10 Zeilen
Statement wird dann ausgedrückt,
wie traurig sie sind und wie sehr
sie diesen Menschen vermissen
werden. Solche Aussagen scheinen dann manchmal unerträglich,
hat man vielleicht selber im nahen
Umfeld einen Menschen
verloren.
Am Morgen des 15. Mai musste ich
lesen, dass B.B. King im Alter von
89 Jahren gestorben ist. Puh eins
kann ich euch sagen, kein noch so
schriller Weckerklingelton hat mich
schneller erwachen lassen als diese
Nachricht. Ich lag danach noch eine
Stunde im Bett und habe mir auf
meinem Handy YouTube Videos
angeschaut. Ich habe nicht geheult
aber um ehrlich zu sein, ich hatte
die ein oder andere Träne im Auge.
Jetzt, eine Woche danach, kann
ich sagen, dass ich viel über ihn
nachgedacht habe. Für mich als
Mensch, also persönlich, und für
mich als Musiker hat dieser Mann
viel bedeutet. Bin ich der einzige,
der so denkt? Bestimmt nicht und
das zeigt wie toll dieser Mann war.
Leider kannte ich ihn ja nicht persönlich aber trotzdem dachte ich
immer, dass ich keinem anderen
Künstler näher bin. Wenn es mir
mal nicht gut ging, dann hab ich
Wasser-Prawda | Mai 2015
B.B. King gehört. Wenn es mir
mal richtig gut ging, dann hab
ich B.B. King gehört. Aber nicht
nur seine Platten zu hören brachte
mich im näher, auch die Videos,
Interviews und seine Biographie
zu lesen hat mich tief beeinflusst.
Ich glaube B.B. war ein guter
Mensch. In meiner Familie verglichen wir ihn immer mit unserer
Urgroßoma Berta. Sie wurde 100
und strahlte immer diese Wärme
aus, von der ich glaube sie auch bei
B.B. immer gespürt zu haben. Und
beide konnten definitiv eine gute
Geschichte erzählen.
In meiner Geschichte hat B.B. King
einen großen Platz eingenommen.
Ich konnte ihn einmal in Hamburg
live erleben und bin sehr dankbar
für diesen Moment. Bei seinem
Konzert in Frankfurt soll es damals
Pfiffe gegeben haben. Ich bin froh,
dass die Menschen in Hamburg
damals mehr Fingerspitzengefühl
und Respekt vor dieser Legende
gehabt haben. Ich hab kein Plek
gefangen und ich konnte mir kein
Autogramm holen aber ich habe
jede Geschichte genossen, jeden
falschen Ton ignoriert und richtiges
Glück empfunden.
Jetzt, eine Woche nachdem er
gestorben ist, gibt es ein paar
Dinge die anders sind. Ich höre zwar
immer noch jeden Tag B.B. aber
ich glaube jetzt ist es eine andere
Art von Selbstverständlichkeit. Sein
Wunsch war es seine Musik rund
um den Planeten zu tragen
und Menschen zu begeistern.
Das hat er geschaff t. Er hat seine
Geschichte bis letzte Woche selbst
erzählt, stand bis zuletzt auf den
Bühnen dieser Welt und hat den
Blues repräsentiert. Wenn ich nun
‚Blues On Top Of Blues‘, ‚Live At
The Regal‘ oder ‚The Jungle‘ auflege,
dann wird mir bewusst, wie wichtig
ist es, dass die Leute ihn nie vergessen und wir seine Geschichten
und seine Musik weitertragen. Ich
hoffe, dass alle die ihm letzte Woche
die Ruhe im Frieden gewünscht
haben, ihn heute nicht anfangen
zu vergessen.
Danke B.B.
Till Seidel
MUSIK
aufweist. Dieser Titel ist sein bisher
größter Erfolg, er gelangt auch in
die Pop-Hitparaden. In den siebziger Jahren wendet sich King mit
seinen Platten an ein immer breiteres Publikum, was z.T. zu einer
Verflachung seiner Musik führt.
Daneben produziert er jedoch weiterhin ausgezeichnete Bluesplatten,
z. B. die LP “In London“, auf der er
von Musikern der britischen RockBlues-Elite begleitet wird. 1973 sitzt
Stevie Wonder für die Aufnahme
“To Know You Is To Love You“ am
Piano. Ansonsten versucht sich B. B.
King auch mit Philly-Sound und als
Soulsänger, nimmt Werbespots für
Colgate-Palmolive, Pepsi-Cola und
A.T.& T. auf und schreibt die Musik
für Fernsehserien. Nebenbei wurde
B.B. King zum meistbeschäftigten
Globetrotter des Blues, trat bei internationalen Blues- und Jazz-Festivals
auf und stattete im Namen des amerikanischen Außenministeriums
mehreren afrikanischen Staaten
einen Besuch ab. Auf einem
seiner stärksten Alben der letzten
Jahrzehnte versammelte er Mitte der
90er die Creme de la creme des Blues
zu einem Gipfeltreffen. Hier kam es
erstmals zu einem Duett mit dem
anderen der damals größten lebenden Bluesmusiker: John Lee Hooker.
Daneben sind beim „Blues Summit“
auch noch Buddy Guy, Koko Taylor,
Ruth Brown und Albert Collins
dabei. Mit Eric Clapton spielte er
danach noch bei „Riding With The
King“ zusammen. Mit den verschiedensten Produzenten erschienen immer neue Alben, während er
unermüdlich durch die Welt tourte.
Raimund Nitzsche.
17
Why I sing the Blues
Für einen selbst ist es glasklar, sodass man darüber nicht nachdenken
muss. Man muss ja auch nicht darüber nachdenken, dass man essen,
trinken und lieben muss. Es geht erst dann los, wenn man, statt zuhause
auf dem Sofa zu sitzen und zu spielen und erzählen, anfängt es jemand
anderem zu erzählen. Es hat wirklich nichts mit der Idee zu tun dafür
etwas zurück zu bekommen. B.B.King hat gesagt „ich hätte es sowieso
gemacht, aber die Leute geben mir Geld dafür, worüber ich sehr dankbar
bin“.
Musik braucht nicht immer Zuhörer, aber immer jemanden, der sie
macht. Ein Kind kann alleine mit sich selbst spielen, sich eine Phantasie
erschaffen und dabei das Zeitgefühl verlieren. Vielleicht wird deshalb
in den meisten Sprachen auch vom „Spielen“ gesprochen, wenn es
ums Musizieren geht. Welches Kind denkt darüber nach, ob es beim
Abtauchen in die Phantasie von anderen bewundert oder amüsiert beobachtet wird? Man wundert sich, wie ein Kind so schnell von allen Sorgen
abgelenkt wird - sich selbst ohne Nachdenken ablenkt. Und wie es durch
das Spiel seine Erlebnisse verarbeitet. So geht es vielen Musikern. So geht
es allen Bluesspielern.
Ich habe B.B.King vor zehn Jahren in Bonn auf der Museumsmeile erlebt.
Seine Tournee zum 80. Geburtstag. Es war eine Freude ihm beim Spielen
zuzuhören und zuzusehen. Er brauchte keinen Abenteuerspielplatz - nur
seine Spielkameradin Lucille.
Guido Molzberger
Wasser-Prawda | Mai 2015
18
MUSIK
Irgendwie hat er die Welt
verändert
Wie jeder Musiker oder Americanaaffiner Fan traf mich das Ableben
BB Kings zwar nicht aus heiterem
Himmel aber dennoch ließ es mich
ganz sicher nicht kalt. Im Gegenteil.
Denn irgendwie hat es die Welt verändert, und ist natürlich auch ein
weiteres Zeichen einer sich verändernden Welt...
Seit ich auf der Erde bin gab es
BB King. Ich komme nicht aus
einem übermäßig musikalischen
Haushalt, es gab keine elterliche Plattensammlung die mich
sozialisierte. Aber Musik wurde
in meinem Elternhaus mit dem
Respekt begegnet der ihr zusteht,
und jeder in unserer Familie – ob
man nun einen Titel kannte oder
nicht – wusste dass BB King der
King of the Blues ist. Das ist eine
nicht zu unterschätzende Reichweite
für einen Schulabbrecher aus Itha
Bena, jenem Städchen im immer
noch strukturschwächsten Staat der
U.S.A..
Wie hat er das angestellt? Zu allererst eisenharte Arbeit und beeindruckende Ausdauer. Roadwork.
Dies ist zwar ein verhältnismäßig weit hergeholter Vergleich
und Kings nicht würdig, aber als
Teenager stand ich wie so viele
auf Punkrock. Also besorgte ich
mir „Get in The Van – On The
Road With Black Flag“ von Henry
Rollins, sein Tourjournal aus den
frühen 80ern als er der Frontmann
der Band in ihrer erfolgreichsten
Phase war. Im Endeffekt heult er
sich über knapp 300 Seiten über die
Wasser-Prawda | Mai 2015
Beschwerlichkeiten des Tourlebens
und die Menge an Gigs aus die
er mit der Band in knapp fünf
Jahren absolvierte. Das ganze Buch
bekommt im Direktvergleich zu
Kings Stamina eine tragikomische
Note und ist gelinde gesagt völlig
diskreditiert, sieht man sich Kings
Biografie an. Und BB King erledigte
es wie es sich für einen Regenten
gehört in Würde. Gut gekleidet,
bescheiden, eloquent und lächelnd.
Das ist eine Beispielhaftigkeit die
ganz und gar universell ist und
der jeder folgen sollte, ganz gleich
welcher Profession man nachgeht.
Es hat ihn also immer gegeben.
Man selbst geht irgendwo einkaufen, oder sitzt im Zug, woanders auf der Welt spielt BB King
eine Show. Kommt lächelnd auf
die Bretter und spielt DIESEN
EINEN TON. Es ist nicht auszumalen wen er alles hat kommen
und gehen sehen. Jeden. Natürlich
war er verhältnismäßig früh bereits
eine Projektionsfigur geworden, bei
seinem LiveAid Auftritt war er Ende
50, kein Alter für einen Bluesman,
aber bereits Legende. Es ist in seiner
Biografie ein ziemlicher Glücksgriff
dass ihm der Crossover zum weißen
Publikum gelang, seit den späten
Sechzigern wand sich das Gros der
afroamerikanischen Heads anderen
Stilen zu, Blues war Onkel Tom
und King kommentierte geknickt
es sei als wäre man black twice.
In England wurde er dankbar aufgenommen und Live in London
legt ein beeindruckendes Zeugnis
ab. Das war die erste Platte die ich
mir von ihm zulegte, es folgten
einige andere. Bis auf Riding with
the King und Deuces Wild nur
Livealben übrigens. Es ist allgemein bekannt dass BB King auf der
Bühne eine Naturgewalt war, dazu
braucht es nicht einen Kommentar
eines Fans aus dem Rheinland
in Deutschland, das ist common
sense auf jedem Kontinent dieser
Erde. Ja richtig, ich bin zuversichtlich die Wette zu gewinnen dass es
selbst in der Chilenischen Captain
Arturo Prat Base in der antarktischen Eiswüste jemanden gibt der
weiß wer BB King ist. Und er hat
sich die Welt trotz seiner diplomatischen Aura völlig kompromisslos
Untertan gemacht: mit seiner ureigenen Stimme nämlich. En passant
schrieb er dabei das Buch der elektrischen Gitarre. Das Buch der
Performance. Seine Leistungen sind
schlicht off the charts und übersteigen hundertfach was ich an dieser
Stelle schreiben könnte.
Ich tue ich mich ein wenig schwer
mit diesem Nachruf, es hat den
Beigeschmack anmaßend zu sein.
Deswegen möchte ich ihn auch
bald beschließen. Jedem von euch
wird BB King genauso fehlen wie
mir. Aber über einen Umstand
kann man an dieser Stelle einmal
für einige Minuten die Gedanken
kreisen lassen: BB King hat diese
Welt als einen besseren Ort verlassen als er sie vorgefunden hat, und
das ist zu einem nicht unerheblichen Teil sein eigener Verdienst.
Das ist königlich.
Thilo Hornschild
MUSIK
19
IM PR EESS SSII O N E N
VON KARSTEN SPEHR
Wasser-Prawda | Mai 2015
20
MUSIK
RANDY CHORTKOFF (1950-2015)
VON RAIMUND NITZSCHE
Als Produzent, Labelchef und
Konzertpromoter gehörte Randy
Chorkoff seit Jahren zu den wich gsten
Figuren der Bluesszene in Kalifornien.
Auch als Mann hinter der All-Star-Band
The Mannish Boys und als Harpspieler
Wasser-Prawda | Mai 2015
wird er in Erinnerung bleiben. Am 5.
Mai verstarb er in seiner Heimatstadt
Los Angeles im Alter von 65 Jahren.
Wenn man bei Bluesfans bestimmte Plattenlabel nur
nennt, dann haben diese sofort eine klare Vorstellung von
deren Musik vor dem inneren Ohr. In den letzten Jahren
gehörten das 2005 ins Leben gerufene kalifornische
MUSIK
21
Label Delta Groove Productions und das Tochterlabel
Eclecto Groove zu diesen prägenden Plattenfirmen.
Musiker wie Rod Piazza, Lynwood Slim, The Mannish
Boys gehörten ebenso zu dieser Labelfamilie wie Ana
Popovic oder Jason Ricci.
Schon einige Jahre lang hatte der schon als Kind mit
Blues und Jazz aufgewachsene Randy Chrotkoff Alben
mit Musikern wie Billy Boy Arnold, King Ernest oder
Finis Tasby produziert und bei Labels wie Alligaror oder
Evidence veröffentlicht. Doch als er keine Partner für
seine Produktionen mit Kirk Fletcher und Franck „Paris
Slim“ Goldwasser finden konnte, veröffentlichte er sie
selbst und vergab Lizenzen an Cross Cut in Deutschland.
Bald danach kamen Rod Piazza & The Mighty Flyers
und Mitch Kashmar heraus. Und bald danach gründeten sich The Mannish Boys als Supergroup des Labels,
bei denen im Lauf der Jahre Finis Tasby, Johnny Dyer,
Kirk Fletcher und viele weitere Musiker spielten und sich
Gäste wie Paul Oscher, Mickey Champion oder Roy
Gains für Alben und Konzerte einluden. Die Mannish
Boys waren so etwas wie die ultimative Bluesband der
kalifornischen Szene geworden. Und Chortkoff war
nicht nur der Produzent sondern auch der Harpspieler
der Truppe.
Vor Jahren fragte man ihn in einem Interview, wie
seiner Meinung nach die Zukunft der Bluesmusik
aussehen würde. Hier eine Übersetzung seiner Antwort:
Gut hoffe ich, oder ich werde nicht viel
zu essen haben! Aber ernstha : Wenn
so viele junge Menschen den Blues
fühlen konnten, als sich Bluespla en
noch in Millionenzahlen verkau en,
warum können sie das heute nicht?
Ich glaube, das liegt daran, dass man
ihnen den Blues nicht nahebringt. …
Wie Albert King einmal sagte: Wenn Du
diese Musik nicht schätzen kannst, dann
hast Du ein Loch in Deiner Seele! - Wir
brauchen eine weitere Bri sh Invasion!
Wasser-Prawda | Mai 2015
22
INTERVIEW
Wasser-Prawda | Mai 2015
INTERVIEW
23
I M GESPRÄ C H M I T B I LL W YM A N
VON IAIN PATIENCE. FOTOS: KARSTEN SPEHR
Wenn man sich mit
dem früheren StonesBassisten Bill Wyman
unterhalt, beginnt das
natürlich musikalisch.
Doch schon bald wird
man durch und mit Bill
und seinen weiteren
Leidenscha en
Fotografie, Geschichte
und Archäologie
fortgerissen. Insgesamt
ist das ein interessanter
Ri , ein überraschendes
Abenteur, wo er in
einer Minute über
Musiker witzelt und
in der nächsten über
das Finden römischer
Münzen, interna onale
Foto-Ausstellungen und
den ironischen Fakt, dass
er niemals in der Lage
war, die Stones auf der
Bühne zu fotografieren,
weil er mit ihnen auf
derselben stand.
„Aber ich hab all die BackstageFotos. Die interessanteren, wo
sich Mick Jagger die Socken
anzieht“, lacht er.
Da lauert etwas hinter jeder Ecke
bei diesem komplexen Mann, der
sich für so viele Dinge mehr interessiert, dass allein das Zuhören
anstrengen und berauschen kann,
ganz zu schweigen davon, wie er
sich über die vielfältigen Aktivitäten dem diesjährigen Meilenstein
nähert.
Mit der bevorstehenden Veröffentlichung seines ersten Soloalbums seit über 30 Jahren
erklärt er, dass das Material auf
der neuen Platte „Back To Basics“ aus einem Mix von alten
Liedern, die er geschrieben und
als Demos aufgenommen aber
nie veröffentlicht hat und neuen
besteht, die speziell für dieses
Projekt geschrieben wurden. Alle
wurden auf einem Heimrekorder aufgenommen, reduziert bis
auf die Knochen – im wahrsten
Sinne „Back To Basics“ – und die
musikalische Begleitung wurde
auf ähnliche Weise aufgenommen
mit Wyman selbst an Bass und
Gesangsmikrophon, begleitet von
einigen seiner besten Freunde,
von Soulblues-Sängerin Beverlee
Skeet und Gitarrist Terry Taylor,
beide aus der Kernbesetzung
seiner anderen großartigen Band
The Rhythm Kings. Hinzu kommt
noch Mark Knopfler‘s Kumpel
Guy Fletcher als Keyboarder und
Produzent Glyn Johns. So entstand ein einzigartig kraftvolles,
souveränes und selbstbewusstes
Album.
Schon jetzt erhält es positive
Kritiken rund um die Welt, und
Wyman ist sichtbar zufrieden zu
wissen, dass er noch großartige
Songs wie aus dem Hut hervorbringen kann.
„Es ist interessant,“ merkt er an:
„Das Feedback war bisher großartig, wirklich positiv. Einige –
meistens andere Musiker – haben
mir gesagt, einige der Texte seien
ein wenig verschroben.“
Ein Stück, der Opener des Albums mit insgesamt zwölf
Liedern, „What & How & If &
When & Why“ erscheint auch
als Single, ein Lied mit einem
leicht bedrohlichen, fast unheimlichen Unterton. Er sagt, er habe
es urpsprünglich geschrieben,
nachdem er Bob Dylans Video für
„Subterranean Homesick Blues“
gesehen habe, wo er Blätter mit
Wörtern zur Seite wirft. Aber
das herausgekommene Lied ist
überhaupt nicht wie Dylans, fügt
er hinzu. Der Text schildere seine
Sorgen über den Lauf der Dinge
allgemein und das Leben auf den
Straßen heutzutage. „Glyn Johns
und ein Haufen anderer Musikerfreunde haben es angehört
und meinten, es würde einge gute
Single ergeben. So hab ich das
gemacht“, sagt er.
Gefragt, warum so lange Zeit
zwischen seinen Soloalben liegt,
legt er nur klar, was aus seinem
umfangreichen Lebenslauf deutlich wird: Er war einfach zu sehr
damit beschäftigt, sein Leben zu
führen und die Unmenge anderer
Interessen zu verfolgen: FotograWasser-Prawda | Mai 2015
24
INTERVIEW
fie, Geschichte/Archäologie, die
Entwicklung von Metall-Detektoren und The Rhythm Kings. Er
ist auch verdientermaßen stolz
auf sein preisgekröntes Buch
„Bill Wyman‘s Blues Odyssey“,
das 2002 von der amerikanischen
Blues Foundation mit dem „Keeping The Blues Alive Award“ für
Literatur ausgezeichnet wurde.
„Buddy Guy und BB (King) sagten mir, es sei das beste Buch über
die Musik, das sie gelesen hätten.
Das bedeutete mir eine Menge.“
Ein Mann vieler unerwarteter
Seiten ist unser Bill, viel mehr als
nur ein weiterer alter Rock & Roller, soviel ist klar. Eine Karriere
an der Spitze der Musikszene mit
Wasser-Prawda | Mai 2015
den Rolling Stones wäre für die
Meisten mehr als genug gewesen.
Aber er setzte sich nicht einfach
zur Ruhe, nachdem er die weltgrößte Rock & Roll Band 1993
verlassen hatte. Während der 80er
Jahre, als er noch mit den Stones
unterwegs war, begann er eine
neue Karriere in der Musikszene
mit dem großen internationalen
Überraschungshit „Je Suis Un
Rock Star“, den er ursprünglich
als Demo für den verstorbenen
Ian Dury geschrieben hatte.
Aufgenommen wurde der Song
dann mit großem Erfolg von Bill
Wyman. Später gründete er die
band Willie and The Poor Boys,
eine Gruppierung, die ein Vor-
bild, quasi ein Prototyp für sein
gegenwärtiges Vehikel für Touren und Plattenaufnahmen, The
Rhythm Kings.
„Back To Basics“ ist ein Album,
das ohne Anstrengungen Rock
mit Bluesuntertönen mischt
und eine Aura von trügerischer
Lässigkeit mit Songs, die unter
die Haut gehen. Und auch wenn
er jetzt eine Menge Promotion
im Radio und anderen Medien
macht, um das neue Album zu
bewerben: so bald wird er damit nicht auf Tour gehen - wenn
überhaupt. „Ich bin kein offenherziger Mensch. Ich kann das
nicht. Das ist eines der Dinge,
an denen man wirklich arbeiten
INTERVIEW
muss. Aber das bin ich nicht! Ich
find es zu schwer zu versuchen,
gleichzeitig zu singen und Bass
zu spielen! Ich mach das mit den
Rhythm Kings mit unseren alten
Songs, aber wenn ich Bass spiele,
vergesse ich die Worte. Und wenn
ich singe, tendiere ich dazu die
Basslinie zu vergessen. Das ist
also nichts für mich“, spottet er
reumütig. „Ich war normalerweise im Hintergrund mit Charlie
und hielt den Beat kräftig und solide, hielt den Rhythmus und war
nicht im Vordergrund mit Mikro
wie Mick.“
Heutzutage komponiert er mit
der Hilfe einer akustischen
Gitarre, wo er die Melodie zusammenbring mit Bassläufen und
dem Spiel auf einzelnen Saiten.
„Ich mach keine Akkorde“, sagt
er. „Obwohl ich auch ein wenig
Piano gespielt habe.“
Als ich beiliäufig meine eigene
Liebe zur Bluesmusik erwähne,
explodiert er förmlich vor Interesse und erzählt, wie er plötzlich bei
einer seiner Töchter im Teenageralter herausgefunden hat,
dass sie sich für diese Musik zu
interessieren beginnt, ein Musikgenre, das für viele junge Mengen
wenig attraktiv zu sein scheint. So
frage ich ihn: Hast Du ein Lieblingsstück im Blues? Er wird still
und sagt nach paar Sekunden stillem Nachdenken: „Howlin Wolf
mit Goin Down Slow, die Version
mit Willie Dixon. Und Muddy,
das versteht sich ja von selbst.“
Wyman hat natürlich mit Howlin
Wolf aufgenommen und erinnert
sich sehr gut an die Session.
Am Ende kann ich der Versuchung nicht widerstehen und frage ihn, ob er einen Lieblingstrack
von den Stones hat. Wieder denkt
25
er nach, bevor er bestätigt, das
„Parachute Woman“, einer von
deren weniger bekannten Songs
vom 1968er Album „Beggars
Banquet“ sein Favorit ist. Nicht
nur das, der Mann steigt mit
seiner charakteristischen rauhen
Stimme in den Text ein, bevor er
noch anmerkt, dass das eines der
Stücke ist, die selten zu hören sind
oder gespielt werden.
“Das erinnert mich an Bo Carter
und die Doppeldeutigkeit vieler
alter Bluesnummern“, merke ich
an.
“Parachute woman, land on me
tonight,” witzelt er zustimmend
und lacht.
Bill Wymans neues Album „Back
To Basics“ soll am 22. Juni beim
Label Proper Records herauskommen.
Wasser-Prawda | Mai 2015
26
INTERVIEW
S ÜDS TAAT E N G L A N Z
I N M Ü NC HE N
IM GESPRÄCH MIT WARREN HAYNES (GOV’T MULE). TEXT:
MARIO BOLLINGER, FOTOS: CHRISTOPHE RASCLE
Nach der
Veröffentlichung von 4
umfangreichen Livealben
von Gov’t Mule zu
deren 20-jährigen
Bühnenjubiläum und
dem Auss eg von
Warren Haynes aus
Wasser-Prawda | Mai 2015
der Allman Brothers
Band waren wir sehr
gespannt, was Warren
Haynes uns vor dem
Konzert am 8. Mai 2015
in der Theaterfabrik
zu erzählen ha e.
WP: Die letzen 4 Alben wurden
live zwischen 1999 und 2008
aufgenommen und das letzte
Studioalbum war Shout! in 2013.
Warum erschienen die Live CDs
so spät?
Warren Haynes: Die Alben gab es
zum 20-Jährigen Jubiläum von uns.
Wir haben uns entschieden, in die
INTERVIEW
27
Archive zu gehen, um die Shows zu
veröffentlichen, die unsere Fans zu
Ehren des 20-jährigen Geburtstags
gerne von uns hören würden.
W P: Wann gibt es ein neues
Studioalbum?
Warren Haynes: Ich werde im Juli
ein neues Soloalbum veröffentlichen.
WP: Im Rahmen von der Warren
Haynes Band?
Warren Haynes: Nein, es wird ganz
was anders. Es wird mehr “Warren
Haynes featuring Railroad Earth”.
Das ist eine US Band, die komplett akustisch mit Mandoline,
Geigen, akustischer Gitarren und
Kontrabass instrumentiert ist. Das
Ganze kommt aus der Folkrichtung.
WP: Ist es wahr, dass Eure Fans
Songs und Videos von Eurer
Webseite laden können?
Warren Haynes: Keine Videos.
Aber wir haben eine Webseite
muletracks.com und jede Show,
die wir seit 2004 gemacht haben,
ist dort als Aufzeichnung vorhanden. Wir machen dazu einen speziellen Livemix von jeder Show und
selbst heute Abend nehmen wir auf.
Wir haben es unseren Fans immer
erlaubt, selbst die Konzerte aufzunehmen. Aber hier bieten wir die
Songs in besserer Qualität an.
WP: Umsonst?
Warren Haynes: Nein, es ist nicht
umsonst.
WP: Viele Eurer Alben sind mit
Freunden z.B. Gregg Allman und
John Scofield aufgenommen. Was
steckt hinter diesen Einladungen
und supporting acts?
Warren Haynes: Es ist ein Teil vom
dem, wie wir so sind. Wir laden
Freunde auf die Bühne oder sogar ins
Studio ein. Im Fall von den genannten Gregg Allmann, John Scofield,
John Popper oder Toots Hibbert sind
das immer lange Shows. Ein großer
Teil der Show ist mit uns und ein
Teil ist eben mit den Gästen. Wir
möchten damit eine lange Show
einfach immer interessant machen.
oder 4 Jahren davon sprach, sich
aufs Altenteil zurückzuziehen. Wir
waren uns dann alle einig, dass der
45. Geburtstag auch die letzte Tour
darstellt. Und als es dann langsam
näher kam, versuchte eine Person
alle zu überzeugen, das Ganze doch
am Leben zu erhalten.
WP: Die eine Person warst Du?
Warren Haynes: Nein. Ich und Derek
WP: Allman Brothers Band, Gov’t Trucks hatten bereits Zukunftspläne
Mule and Warren Haynes Band! und es gab es kein Weg zurück.
War das eine Band zu viel?
Wir hatten uns wirklich geeinigt,
Warren Haynes: Nein, ich mag es, dass der 45. Geburtstag der richtige
von Einem zum Anderen zu gehen. Zeitpunkt war, aufzuhören.
Ich mag die Herausforderung,
mich in vielen verschiedenen WP: Du spielst Gibson Les Paul
und ES Gitarren. Spielst Du auch
Zusammenhängen auszudrücken.
daneben noch andere Modelle?
WP: Du hast die Allman Brothers
Warren Haynes: Ja, je nach dem,
Band zeitgleich mit Derek Trucks
was die Situation erfordert. Bei
verlassen. Was das offensichtlich,
„Dark Side of the Mule“ habe ich
dass damit die Allman Brothers
eine Fender Stratocaster benutzt,
Band tot war?
um ein bisschen mehr an den Sound
Warren Haynes: Nein, das wurde
von David Gilmore ran zukommen.
es in der Presse missverständlich
Auf dem neuen Album „Ashes and
dargestellt. Die Wahrheit ist, dass
Dust“, die im Juli rauskommt, spiele
die Allman Brothers Band seit 3
ich viel auf einer D’Angelico Hallow
Wasser-Prawda | Mai 2015
28
INTERVIEW
ausverkauft) ?
Warren Haynes: Klar, jeden Tag
entdecken immer mehr Menschen
unsere Musik
WP: Was weist Du von München
und was hast Du am Wochenende
gemacht?
Warren Haynes: Am Wochenende
habe ich geschlafen. Ich war ja schon
ein paar Mal hier und kenne schon
ein bisschen was. Aber ich hatte
nie Gelegenheit, rumzugehen und
Dinge anzuschauen.
Body Jazz Guitar
WP: Wie kontrollierst Du auf der
Bühne verschiedene Sounds und
Lautstärken?
Warren Haynes: Normalerweise verwende ich auf der Bühne 2 Amps,
aber nicht gleichzeitig sondern
alternativ. Einer ist ein bisschen
cleaner als der Andere, aber keiner
von Beiden ist komplett clean. Der
eine basiert mehr auf einen Fender
und der Andere kommt mehr von
Marshall. Aber aus den verschiedenen Sounds von Beiden kann ich
sehr viele meiner Sound generieren.
„Done Got Wise“ eingespielt habe.
WP: In dem Video mit Toots
Hibbert kann man einen Roadie
sehen, der während des Konzerts
permanent auf dem Bühne hinund her marschierte. Stört Dich
sowas?
Warren Haynes: Er hatte wohl was
zu tun und was gemacht werden
muss, muss getan werden
WP: Wann warst Du das letzte
Mal in Europe oder München?
Warren Haynes: Ich war bereits zwei
Mal in München, in Deutschland
war ich schon öfters. Das letzte Mal
WP: Welches Tuning verwendest sogar letzes Jahr. Wir versuchen
Du, wenn Du Bottleneck spielst? aber öfters zu kommen, da das tolle
Warren Haynes: Die meisten Songs Publikum hier es verdient, uns öfters
spiele ich mit standard tuning. Ich zu sehen.
verwende natürlich auch andere W P: Die Konzertstätten hier
Tunings. Wenn ich in USA unter- sind kleiner als Eure Konzertsäle
wegs bin, habe ich viele Gitarren in USA. Wären da nicht größer
dabei. Die habe dann open G tuning Venues möglich, damit Euch mehr
oder 2 verschiedene open C tunings Menschen sehen können (Anm.
oder ein drop D oder manchmal d. Redaktion: Die Theaterfabrik
open A. Durch Zufall habe ich ein war mit ca. 1200 Gästen nahezu
E7 tuning entdeckt, mit dem ich
Wasser-Prawda | Mai 2015
WP: Gibt es einen privaten Warren
Haynes und was macht er dann?
Warren Haynes: Mein Zeitplan
ist sehr dicht. Wenn ich mal nicht
arbeite, verbringe ich meine wenige
Zeit mit der Familie.
WP: Hast Du eine große Familie?
Warren Haynes: Nein, ich bin verheiratet und habe einen dreijährigen Sohn. Daher ist es für mich
wirklich wichtig, meine Zeit dort zu
verbringen.
MUSIK
29
G O V ’ T MULE IN D E R M Ü NCHNE R
T H EATERFA BRIK ( 8. M A I 2015)
TEXT: MARIO BOLLINGER, FOTOS: CHRISTOPHE RASCLE
Wenn man auf ein
Konzert von Warren
Haynes geht, muss man
viel Zeit mitnehmen.
Auch wenn das Ticket
fast 40Euro gekostet hat
und die Theaterfabrik
nicht unbedingt zu den
akus sch besten Hallen
Münchens zählt, war es
jeden Cent wert. Nach
dem Exklusivinterview
mit Warren Haynes
waren wir natürlich
auf das Konzert
gespannt. Die über
1000 Personen fassende
Halle war vermutlich
ausverkau .
Gov’t Mule kam zeitig auf die
Bühne. Ohne Ansage überwältigte
eine gewaltige Einakkordfolge mit
kleiner Improvisation das Publikum.
Die Gewalt des Sounds in den
ersten Reihen war fulminant und
mit „Brand New Angel“ zelebrierte
die Band gleich mal die härtere
Seite der Band. Warren Haynes
Wasser-Prawda | Mai 2015
30
MUSIK
spielte zur Abwechslung mal eine
Gibson Firebird Non Reverse mit
Humbucker Pickups. Nach dem
sich Bassist Jorgen Carlsson mit ein
paar Licks und Solos zu Wort gemeldet hat, wurde auch schnell klar,
dass der Sound nicht optimal war.
Bass und Gesang waren zu diesem
Zeitpunkt schwammig eingestellt.
In typischer Warren Haynes Manier
wurden die Stücke auf die minimalen Gesangsstrophen reduziert und
auf maximale Sololänge gespielt.
Warren Haynes, Jorgen Carlsson
und Keyboader Danny Louis spielten sich sozusagen immer wieder die
Bälle gegenseitig zu, um ihre Solos
nahtlos aneinander zu reihen. Kein
Stück ging hier unter 6-7 Minuten
zu Ende. Erst nach 45 Minuten und
gefühlten 3 Songs kam Gov’t Mule in
ruhigeres Fahrwasser. Überraschend
präsentierten sie den Led Zeppelin
Song „D‘yer Mak‘er“, ebenso stand
plötzlich Keyboarder Danny Louis
zur Unterstützung von Warren
Haynes mit einer Gitarre hinter
seiner Keyboardburg. Mit einem
wortkargen, aber mit Endlossolos
versehenen “Mule“ ging nach 60
Minuten Spielzeit die Band erst mal
in die Pause.
Da mich der Sound im vorderen Teil
der Halle erst mal förmlich erdrück
hat, ging ich in den hinteren Teil
der Halle, wo man andere geneigte
Musiker und Gov’t Mule Fans wie
Rusty Stone samt Bassisten Mr. C.
P. traf.
Der 2. Teil begann wie der erste Teil
geendet hat. Phantastischer, wahwah-geschwängerter Gitarrensound
zum Reggae „Unring the bell“,
Wasser-Prawda | Mai 2015
Warren Haynes toller melodischer
Gesang. Dann ein Drumsolo von
Matt Abts - einem Phänomen, das
die jüngeren Musikhörenden aus
den vorproduzierten Radiosongs
gar nicht mehr kennen. Wen die
Songfolge des Münchner Konzerts
interessiert, kann sie auf muletracks.com nachlesen und auch
das Konzert als Bezahldownload
erwerben. Gottseidank hatte der
Tontechniker ein Einsehen und
optimierte den Sound vor allem um
den Bass von Jorgen Carlsson. Ca.
um 23Uhr15 ging das eigentliche
Konzert zu Ende. Gov’t Mule ließ es
sich aber in seiner Spielbegeisterung
nicht nehmen, nach fast 3 Stunden
Spielzeit noch eine Zugabe zu
spielen. Und jetzt kommt er doch
noch durch - der Blues – meinte
der Musikfan. Weit gefehlt, denn
was als toller Gitarrenblues begann,
endete in Warren Haynes bekanntesten Superstück, nämlich dem
„Soulshine“. Warren Haynes, eher
ein Mann der wenigen Worte,
erklärte zu dem Song sogar, dass der
„Soulshine“ sein Kindheitsnickname
war, den ihm sein Vater gab.
Im zwanzigsten Jahr seines Bestehens
hat also Gov’t Mule nichts von seiner
Attraktivität verloren. Auch wenn es
nicht das typische Bombastkonzert à
la „Dub Side of the Mule“ war, hat
mich doch die Spiellaune, Solos und
Improvisationen von Gov’t Mule
gefallen. Wer es noch mal erleben
will, geht in den nächsten Tagen
auf muletracks.com und geniest
das Konzert noch mal zu Hause.
Vielleicht sogar in besserer Qualität
als in der Theaterfabrik.
Setlist
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
SET ONE
Bad Little Doggie >
Brand New Angel
About To Rage
Larger Than Life >
No Need To Suffer >
Child Of The Earth
Frozen Fear >
D‘yer Mak‘er >
Frozen Fear
Jeep On 35
Mule
SET TWO
•
Far Away
•
Unring The Bell > with
Les Brers In A Minor tease
•
Endless Parade
•
Thelonius Beck >
•
Drums
•
Whisper In Your Soul
•
She Said, She Said >
•
Tomorrow Never Knows
•
ENCORE
Soulshine
MUSIK
31
Wasser-Prawda | Mai 2015
32
INTERVIEW
E IN FAZIT NA C H 1,5 JA HR E N
I M MUSIKGE SC HÄ FT
IM GEPSRÄCH MIT JESPER MUNK BEIM IRSCHENBERG FESTIVAL.
TEXT: MARIO BOLLINGER, FOTOS: CHRISTOPHE RASCLE
Jesper Munks neue
CD ist raus und er
spielt bei mir zu Hause
um die Ecke auf dem
Irschenberg Fes val.
Eine gute Gelegenheit,
mit Jesper nach unserem
ersten Gespräch 2013
Wasser-Prawda | Mai 2015
wieder ein paar Worte
zu wechseln. Jespers
neue CD Claim haben wir
ja schon in der WasserPrawda rezensiert und
nun interessieren uns
natürlich die Details
und vor allem, was seit
dem letzten Mal so
alles passiert ist. Zur
Erinnerung – Jesper
Munks CD sorgte im
Blues- und Jazzlager für
Furore. Es gab Lorbeeren
ohne Ende aber man
wollte wissen, was
danach kommt.
INTERVIEW
Noch heute tun sich die eingefleischten Bluesfans schwer mit Jespers
Stil. Aber das Publikum in den
Konzertsälen ist begeistert. Wenn
einer glaubt, die Halle ist voll kreischender Mädchen, irrt er. Dort
steht vor allem ein erwachsenes und
begeistertes Publikum jenseits der
30.
verschieden sind. Es wäre auch unnatürlich gewesen, ein ganz homogenes
Album abzugeben. So war die Zeit
einfach nicht, es ist nun mal eine
Reflexion von mir selbst.
WP: Was hast Du reflektiert?
Jesper Munk: Erfa hrungen,
Erlebnisse..
W P: Das A lbum hat mehr
Garagenblues wie das erste
WP: Was war der von Dir mar- Album. Ist das die Handschrift
kierte „Claim“ oder Anspruch der von Jon Spencer?
CD?
Jesper Munk: Auf der ersten
Jesper Munk: „Claim“ ist das Fazit Ebene ist es der Sound, den er als
von 1.5 Jahren von was man im Sounddesigner hinterlassen hat und
Groben Musikgeschäft nennen auf der anderen Ebene war das von
darf. Viel ist an mir vorbeigeschos- mir auch so gedacht.
sen, Lehren und Fehler die man so
gemacht hat. Der Anspruch ist da WP: Erinnerst Du Dich an Deinen
mehr an mich selbst gestellt. Es geht Plan B? Ist der mittlerweile in
weite Ferne gerückt?
mehr um ethische Dinge.
Jesper Munk: Gitarrenbauer? Nicht
WP: Zum Beispiel?
Jesper Munk: Rücksichtnahme, wirklich viel weiter als vorher schon.
Ehrlichkeit, konventionsloses oder Wirklich was darüber gelernt habe
ich nie, aber das Berufsbild erscheint
konventionsgeführtes Leben
mir immer noch charmant.
WP: Ordnung?
Jesper Munk: Ja, Ordnung ist auch WP: Die Frage geht eigentlich
in eine andere Richtung. Ist das,
immer so was Schwieriges, gell?
was Du jetzt machst, wesentlich
WP: Deine neue CD unterscheigesetzter als vor einem Jahr?
det sich von Deiner 1. CD vor
Jesper Munk: Ich denke auf jeden
allem im differenzierten Sound.
Fall soweit gesetzt, dass ich mich
War das bedingt durch die
darauf einstellen kann. Wer sich
vielen Produzenten, die Du für
nach über einem Jahr nicht auf sein
das Album eingesetzt hast (Jon
Berufsbild einstellen kann, wird da
Spencer, Mocky, Sepalot, Rainer
nie wirklich ankommen und das
Germann und Jesper Munk)?
habe ich nicht vor.
Jesper Munk: Ich glaube, dass es
WP: Das Album ist immer noch
verschiedene Ebenen gibt und man
sehr dominiert durch Deine
das differenziert betrachten muss.
kleine Band mit Deinem Vater
Es ist natürlich klar, dass verschieam Bass, Clemens Graf Finck von
den Produzenten ihren eigenen
Finckenstein/Drums und geleFingerabdruck hinterlassen haben.
gentlich Louis von Stebut). Gibt
Die Songs sind auch in sich sehr
es einen Plan, den Sound durch
33
mehr Musiker zu erweitern?
Jesper Munk: Wir waren immer zu
Dritt und seit einem Jahr spielt der
Sasseh am Bass. Der Louis ist jetzt
als vierter Mann dabei. Ich selbst
spiele die Gitarre und der Louis
spielt eben die zweite Gitarre und
Keyboard. Damit ist es schon mal
breiter geworden und noch breiter
brauche ich es nicht. Es muss immer
dazu passen, was ausgesagt werden
soll.
WP: In einem Video spielst Du
eine Höfner Strat. Ist das wieder
eine typische Leihgabe an Dich
oder Dein Understatement?
Jesper Munk: Ich habe eine Höfner
Akustikgitarre. Ich so ein paar alter
Gitarren gesammelt. Es war aber
nie das Kriterium, dass sie alt sind.
Aber die alten Gitarren bringen den
Eigencharakter mit und ich suche
danach aus, was passt.
WP: Aber das ist jetzt Deine
eigene Gitarre?
Jesper Munk: Ja, aber meine
Hauptgitarre ist immer noch die
von einem Freund geliehene Fender
Strat, halb Mexico halb Japan.
WP: Erzähl uns doch was zu
Mocky und Sepalot. Welche Rolle
spielen diese Partner für Dich?
Jesper Munk: Bei Mocky war ich
alleine ohne Band in Los Angeles
und habe seine Freunde als Musiker
gehabt. Ich konnte dadurch viel
lernen. Nicht, dass ich dadurch riesig
gewachsten bin, sondern sie haben,
ob sie wollten oder nicht, einfach viel
an mich weiter gegeben. Es war eine
ganz andere Gruppe von Musikern,
mit denen ich bis dahin nicht viel
zu tun hatte.
W P: Wo sind die Musiker
Wasser-Prawda | Mai 2015
34
INTERVIEW
musikalisch zu Hause?
Jesper Munk: Sie sind eigentlich
überall, machen viel Sessions und
jeder hat sein eigenes Projekt am
Start: Studio – Live!
geht, aber von allein kommt‘s natürlich auch nicht. Da muss man halt
schauen, wie weit man sich aus dem
Fenster lehnen kann.
Blues zu machen, sich auszudrücken und auf das Werkzeug, dass sie
Generationen weitergegeben haben.
Das sollte man nicht dadurch, weil
man sich an Genres bindet, verstauWP: Manche Blueslastigen Radios ben lassen.
W P: Der Tourkalender endet haben Schwierigkeiten, Deine CD
am 26. Juni bzw. am 14.8.? Was einzuordnen und deren Hörer zu
kommt danach?
begeistern. Gibt es Reaktionen
Jesper Munk: Es geht live weiter, so von der konservativen Bluesfront
wie ich das überblicke. Ansonsten oder der Bluespolizei?
versuche ich mich auf verschiede- Jesper Munk: Wenig, was ich bisher
nen Ebenen fortzubilden. Ich übe mitbekommen habe. Ich muss auch
am Klavier und auf der Gitarre.
sagen, dass ich das Genre Blues
WP: Ist das Ausland ein Thema? als Einstellung und Intension und
nicht als Genre aufgefasst habe. Die
Jesper Munk: Ins Ausland gehen?
Musik aus dem Genre habe ich nicht
WP: Nein, spielen!
auf das Genre bezogen, sondern auf
Jesper Munk: Hoffentlich so viel wie den Mut der Leute, ohne Gedanken
Wasser-Prawda | Mai 2015
MUSIK
35
I T´S NOT JUST A S HOW, NOT JU S T
A CO N C ERT, WE HAV E A PA R T Y
NICK MOSS BAND IM MEISENFREI IN BREMEN AM 12.05.2015. VON
TORSTEN ROLFS
Mit diesen Worten begrüßte Michael
Ledbetter die Gäste im Meisenfrei
an diesem Abend – und es wurde
eine grandiose Party. Bereits im
Vorjahr reüssierte die Band, wie mir
mit Vorfreude ausgestattete Gäste
am Beginn des Konzertes berichteten. Nach dem Eingangsshuffle
kam sofort ein Stück, dass ich
bereits durch die youtube-Vorbereitung auf das Konzert im Ohr hatte.
Eine wunderbare Version von You
Were Wrong schloss sich nahtlos
an, gesungen vom Meister himself.
Nicht so gitarrenlastig vorgetragen
wie man es von alten Aufnahmen
von Stevie Ray Vaughan mit seinem
Bruder Jimmy z.B. kennt, sondern
schön smoothy-groovy. Und nach
diesem fulminanten Start ging es
mit dem Tempo etwas runter, mit
einer unglaublichen Spannung vorgetragen folgte ein Slow-Blues,
bei dem zunächst die wunderbare
Stimme von Michael Ledbetter
zum Tragen kam, die dann von
Nick Moss´ Gitarre abgelöst wurde.
In mehreren Chorussen hintereinander baute er ein spannungsgeladenes Solo auf, das sich auf einem
Rhythmusbett aus Orgel, Bass und
Schlagzeug gut ausbreiten konnte.
Und wieder wurde es leiser und ohne
Mikrofonunterstützung konnte der
Sänger die letzten beiden Strophen
vortragen. Nach über 10 Minuten
endete der Song in einem fulminanten Crescendo.
Hier präsentierte sich eine Band –
es spielte nicht ein Gitarrengott,
der seine Band braucht, um sich
zu produzieren – eine unglaubliche Dynamik, Spielfreude und
Interaktion prägte die Performance
der Band. So wurde es dann im weiteren Verlauf des ersten Sets ganz
schön rockig. Somebodys Calling
My Name und Time Aint Free vom
letzten Album - Gitarren unisono
oder zweistimmig, die treibenden Läufe der Gitarren verstärkte
zusätzlich noch der Bass. Und hier
stand ein so unscheinbar wirkender
Könner auf der Bühne – Nick Fane.
Patrick Seals am Schlagzeug trieb
diese Stücke mit einer Spielfreude
voran, sodass das Publikum verzückt mitgroovte. Roots-Music
(Gitarrenintro) mit Soulanklängen
(die Stimme von Michael Ledbetter
und die Orgel von Taylor Streiff )
stellten klar, dass hier das Bluesgenre
gekonnt ausgelotet wurde.
Dies setzte sich im zweiten Set
fort. Die Band begann mit einem
schönen swingend-groovenden
Instrumentalstück, bei dem alle
Instrumentalisten ihr Können zeigen
konnten, hier v.a. Tailor Steiff an der
Orgel und auch Michael Ledbetter
an der Gitarre. Es ging ebenso rockig
wie soulig weiter. In einem sehr intensiv vorgetragenen Stück Soulpower
stellte Michael Ledbetter seine
Crooner-Fähigkeiten unter Beweis
– einfach hinreißend. Und diese
Band kann leise spielen – da werden
sogar Bierbestellungen am Tresen
zur störenden Geräuschkulisse- als
dann der Sänger von der Bühne
stieg um im Publikum stehend zu
singen, folgten alle wie gebannt den
Textzeilen. Bevor die Band aber
wieder im klassischen Bluesstil den
Abend beschloss, zeigten sie dass es
auch psychedelisch-bluesrockig geht.
Rückblickend betrachtet war das für
mich das besondere Schmankerl
an diesem Abend – die stilistische
Vielfalt mit klarem Bekenntnis
zum Chicago-Blues. Eine tolle
Band, ein Wahnsinns Sänger und
eine schöne Mischung aus 3-KingsStyle-Gitarre und nicht aufdringlicher Soul-Bluesrock-Fetz-Gitarre.
Mein besonderer Dank gilt auch
dem Mischer im Meisenfrei an
diesem Abend – er hat einen tollen
Job gemacht und die Qualitäten der
Band in ein schönes Soundgewand
gepackt.
Wasser-Prawda | Mai 2015
36
MUSIK
Wasser-Prawda | Mai 2015
MUSIK
37
TTRADITION
R ADITION UND
UN D M
MOODD E R NE IINN EEUU TI
TIN
EIN FOTOBERICHT VOM 26. BLUESFEST BLUES BALTICA VON
RAIMUND NITZSCHE
Wasser-Prawda | Mai 2015
38
MUSIK
Zwischen Folk und Blues liegt die musikaliBluesharp auf das Akkordeon. Ein Konzert der
sche Heimat des Petra Börnerova Trios, die
leiseren Töne, eigentlich für einen Marktplatz
das Bluesfest in Eutin eröff neten. Bluesklassiker
weniger geeignet als für kleine Clubs.
trafen hier auf eigenene Folksongs, Gitarre und
Wasser-Prawda | Mai 2015
MUSIK
Das Konzept des „Power-Trio“
ist tot. Es sind in den letzten
Jahrzehnten schon rechnerisch sämtliche möglichen Riffs,
Solos etc. gespielt worden, um
in der Besetzung Gitarre-BaßSchlagzeug den großen Ahnen
wie der The Jimi Hendrix
Experience oder Cream - Band
nochwas hinzu zu fügen.
Auch Joe Colombo aus der
Schweiz gelang dies nicht. In
irrsinniger Geschwindigkeit
raste die Band (die komplett
ohne Gesang auskommt) durch
bekannte Riffs, Rhythmen und
39
Phrasen: Eine Wiederholung der
Bluesgeschichte. Aber kein Blues
- hier fehlte einfach jegliche persönliche Anteilnahme, wurden
keine Geschichten erzählt, nur
abgerockt. Die Biker vor der
Bühne haben gehörig gefeiert.
Ich fand‘s einfach nur schlimm.
Wasser-Prawda | Mai 2015
40
MUSIK
Der erste Höhepunkt des diesjährigen Bluesfests in Eutin
kam gleich am ersten Abend:
Die Nick Moss Band machte
vom ersten Takt an klar, wie
eine hochklassige Bluesshow
sein muss: Voller Energie,
Spielfreude, guter Songs und
großartiger Musiker. Im zeitgenössischen Chicagoblues gehört
die Truppe um Songwriter/
Gitarrist Nick Moss mittlerweile zu den absolut Größten.
Und das liegt daran, dass Moss
nicht nur ein hervorragender
Songwriter und Bandleader ist.
Nein - er ist auch so wenig eitel,
dass er dem zweiten Gitarristen
Michael Ledbetter mit seiner
unwahrscheinlichen Bluesröhre
lange Zeit das Mikrophon überlässt. Und auch der Rest der
Band (Taylor Streiff - keyb, Nick
Fane - bg und Patrick Seals - dr)
hat jede Menge Gelegenheit zu
glänzen. Doch im Zentrum steht
kein Star, sondern eine umwerfende Band.
Wasser-Prawda | Mai 2015
MUSIK
Man nehme junge Musiker und Bands bis 26 Jahren
und schicke sie auf Tour nicht nur durch ihre
Heimat sondern wenn möglich auch auf internationale Festivals: In Norwegen fördert man auf diese
Weise den Bluesnachwuchs. Und in Eutin konnte
man in den letzten Jahren immer wieder spannende
Projekte aus diesem Land erleben. Die erste von
zwei jungen norwegischen Bands 2015 stand am
41
15. Mai auf der Bühne: The Blueskollektivet haben
noch nicht mal ein Album veröffentlicht. Doch ihre
Songs (oft auch auf Norwegisch gesungen) sind ein
erfrischender Blick auf die Wurzeln des Blues von
jungen Menschen, die fern des Mississippi aufgewachsen sind. Auf die Entwicklung dieser Band
sollte man aufmerksam achten!
Wasser-Prawda | Mai 2015
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MUSIK
Wasser-Prawda | Mai 2015
MUSIK
43
An irgend einer Band entzündet sich bei jedem Festval, egal
wo auf der Welt, die Kritik der
selbsternannten Bluespolizei.
Auch wenn Adrian Batolba
mit seinem Orchester durchaus Stücke von Little Walter
im Programm hatte: Das klang
nicht nach Chicagoblues,
sondern nicht nur ein wenig
nach dem Bria n Setzer
Orchestra: Rockabilly mit
fetten Bläsern, die auch mal
heftig losjazzen, wild fröhlich, absolut ansteckend und
schweißtreibend für Tänzer
und Musiker.
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44
MUSIK
Wasser-Prawda | Mai 2015
MUSIK
Trotz eines gebrochenen Beins
gehör te der nor weg ische
Gitarrist Markus Lovdal
mit seiner Band zu den unermüdlichsten Musikern beim
Bluesfest in Eutin. Neben dem
Konzert auf dem Markt spielten die jungen Musiker gleich
bei zwei Nachtsessions und
dann noch beim Frühschoppen
anlässlich des norwegischen
Nationalfeiertags. Ihr frischer
45
Bluesrock ist eine äußerst angenehme Entdeckung: keine
Klischees, kein aufgesetzes
Rockstarposieren - einfach
schöne Songs und mitreißend
dargeboten. Das macht Spaß!
Wasser-Prawda | Mai 2015
46
MUSIK
Rauher, dreckiger und heftiger
Rootsblues war angesagt, sobald
der regelmäßig auch in Brasilien
lebende Däne Big Creek Slim
mit seinen Cockroaches auf der
Bühne war. Mit unwahrscheinlicher Energie zelebrierte er seine
eigenen Songs und Klassiker des
Wasser-Prawda | Mai 2015
frühen Blues: Manchmal konnte
man sich dabei an Reverend
Peyton erinnert fühlen oder an
die Traditionalisten von Black
Patti. Auch wenn die wahrscheinlich die Verwendung einer
E-Gitarre nicht in Erwähnung
ziehen würden...
MUSIK
In den Niederlanden gehört die
John F Klaver Band zu den
beliebtesten Bluesbands überhaupt. Schon zweimal waren
sie Vertreter ihrer Heimat bei
der IBC und bei der European
Blues Challenge. In Eutin spielten sie vor allem Songs ihres
neuen Albums „The Edge“.
Und die sind musikalisch im
Grenzgebiet zwischen Blues und
47
Jazz angesiedelt.
In perfektem Zusammenspiel
mit seinen Mitspielern und
immer mit einem Lächeln
im Gesicht zelebrierte Klaver
regelrecht seine gitarristischen Fähigkeiten. Für manche
Zuhörer war das schon fast zu
perfekt. Aber das dürfte eine
Minderheit gewesen sein …
Wasser-Prawda | Mai 2015
48
MUSIK
Wie zelebriert man eine BluesShow? Sean Carney machte es
am Samstagabend in Eutin vor:
Man nehme eine perfekt eingespielte Band, verbreite von den
Wasser-Prawda | Mai 2015
ersten Takten an gute Laune und
liefere die für ein Bluespublikum
geeignete Musik zum Tanzen.
Hier wurde das Festivalmotto
„Modern Europe“ nicht so ernst
genommen: Diese Musik ist
traditionell. Aber mitreißend.
Und dazu trug auch Shaun
Booker mit ihrer faszinierenden Bluesröhre bei.
MUSIK
49
Bei diesen Musikern aus
Krakow treffen Oldtime Jazz,
Blues, Bluegrass und mehr
zusammen: Der Stil ist der der
Street- oder Spasm Bands der
20er Jahre. Doch die Songs, die
in Eutin auf dem Programm
standen waren durchaus jüngeren Datums. Neben Klassikern
des Blues und Soul erklangen auch unerwartete Stücke
wie Donna Summers „Hot
Stuff “. Mittlerweile arbeitet
die Krakow Street Band
an einem Album mit eigenen
Stücken.
Wasser-Prawda | Mai 2015
50
MUSIK
Was ist Jumpblues, fragte mich
jemand nach dem Blick ins
Festivalprogramm. Die Antwort
folgte auf der Bühne: Wenn
Egidio Juke Inglala zur
Harp greift, dann kommt der
Sound der 50er Jahre raus, als
Swing und Blues noch Nachbarn
waren: Hier ist Blues Tanzmusik
und verlangt nach schicken
Wasser-Prawda | Mai 2015
Anzügen (bei der Band waren
sie zumindest vorhanden).
Da ist kein Platz für weinerliche schlechte Laune. Und nach
dem Konzert waren die einzigen ohne Lächeln im Gesicht
einige der Jacknives, die die
ganze Zeit mit ernsten Mienen
spielten.
MUSIK
51
Die Entdeckung des Festivals
war auf jeden Fall der Gitarrist
Tee Dee Young, der gemeinsam mit der italienischen
Henry Carpanet Band in
Eutin sein erstes Konzert in
Deutschland spielte. Zuweilen
sind Paarungen amerikanischer Musiker mit europischen
Begleitbands nicht die glücklichsten Entscheidungen. Aber
hier stimmte einfach alles: Wie
magisch das Zusammenspiel
zwischen der prägnanten
und sofort ins Ohr gehenden Gitarre Youngs mit den
Begleitern. Man kann hier
nur die Formulierung eines der
Organisatoren des Festivals
wiederholen: Das war ganz
großes Kino. Tee Dee Young
muss man unbedingt zu den
kommenden Gitarrenhelden
des zeitgenössischen Blues
zählen! Wer den Auftritt verpasst hat, sollte sich sein mit
eigener Band eingespieltes
Album „Born With The Blues“
zulegen.
Wasser-Prawda | Mai 2015
52
MUSIK
Wasser-Prawda | Mai 2015
MUSIK
Damit hatte kaum jemand
in Eutin gerechnet: Mit blau
gefärbten Haaren tänzelt Earl
Thomas über die Bühne, extrovertiert bis zum Exzess mag
er manchen zunächst seltsam
vorkommen. Doch sobald er zu
singen beginnt, ist klar: Hier steht
einer der ganz Großen des Soul
und Blues auf der Bühne. Neben
eigenen Songs des bei Kollegen
angesehenen Songwriters stehen
auch einige Klassiker auf dem
Programm. Wenn er Stücke wie
„I‘d Rather Go Blind“ interpretiert, dann gibt er damit nicht
nur einen kleinen Abriss der
Geschichte von Blues & Soul zum
Besten. Nein: Irgendwann steht
man atemlos da und verfolgt,
wie der Sänger selbst in der tragischen Geschichte aufgeht, wie
er sie sich ganz zu eigen macht.
Vom Flüstern bis kurz vorm
Weinen, vom lyrischen Singen
nur vom Klavier begleitet bis zum
schmerzerfüllten Aufschrei – in
zehn Minuten reißt dieser Sänger
seine Zuhörer durch alle denkbaren Gefühlsregungen mit.
Begleitet wird Thomas auf seiner
aktuellen Europa-Tournee von
der britischen Studioband The
Royal Guard. Mal sind das eher
rockende Grooves, mal ganz lyrische Klänge. Aber niemals verfallen die Musiker der Versuchung,
einfach die Vorbilder der klassischen Soulbands oder ihrer heutigen Epigonen der Retroszene
53
nachzuahmen. So ergibt sich zwischen dem klassischen Soul- und
Bluesgesang Thomas‘ und seiner
Begleitung ein Kontrast, der die
Wirkung der Performance noch
steigert.
Das Konzert auf dem Bluesfest
in Eutin stand am Ende einer
langen Tournee. Und man
konnte von Lied zu Lied beobachten, wie sich Sänger und Band
immer mehr in ihre Musik hineinsteigerten. Kleinste Blicke und
Gesten genügten ihnen, um sich
zu verständigen. Heraus kam ein
Konzert, das in seiner Intensität
und künstlerischen Klasse nur als
einmaliges Erlebnis zu bezeichnen ist.
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54
MUSIK
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MUSIK
55
PAR T Y JE R SE Y S TY L E
BILLY WALTON BAND, SOTANO (GREIFSWALD) AM 22. APRIL
2015. VON RAIMUND NITZSCHE
Wo andere
Bluesrockbands zuerst
nach Chicago und Texas
blicken bei der Suche
nach ihren Vorbildern,
da orien ert sich Billy
Walton mit seiner Band
eher nach Detroit und
Memphis mit ihrem
Soul. Ein Konzert mit
den fünf Musikern
wird dadurch zu einer
rockenden Soulshow.
In seiner Heimat New Jersey, müsse
man ganz anders Musik machen,
wenn man Auftritte haben will,
meint Bassist William Paris. „Die
Leute kommen an den Strand, sie
wollen Party machen - die wollen
nicht nur harten Gitarrensound
hören.“ Und so hat sich die Billy
Walton Band in den letzten Jahren
immer mehr hin zu einer Truppe
entwickelt, die den Bluesrock mit
jeder Menge Soul und vor allem
mit den Klängen von Saxophon und
Posaune anreichert. Klar: Frontman
und Gitarrist Billy Walton ist ein
Vollblut-Rocker. Er lässt in fast
jedem Song seine Saiten förmlich
glühen. Doch bevor Langeweile aufkommt, steigen die Bläser ein. Und
je länger der Abend dauert, desto
wilder werden die Sprünge durch
die Musikgeschichte. Da werden
in Medleys völlig überraschend
Klassiker aneinandergereiht, die
scheinbar nichts miteinander zu tun
haben. „Manchmal werden wir auf
der Bühne ein wenig albern,“ merkt
Walton an. Aber die Fans haben in
Greifswald ihren Spaß´gehabt.
Wasser-Prawda | Mai 2015
56
MUSIK
Wasser-Prawda | Mai 2015
MUSIK
57
A LT S TA R T R I F F T J U N G S P U ND
2. MAI 2015: DOPPELKONZERT VON JÜRGEN KERTH UND
INUTERO IN FROHBURG. VON MATTHIAS SCHNEIDER
Um 21 Uhr 30 ging es los. Ungewöhnlich war, dass
als erstes Jürgen Kerth mit seinem Sohn Stefan Kerth
(Bass) und dem Schlagzeuger Heiko Jung auf die Bühne
Am Samstag (02.05.2015) kamen
kamen. Mit gewohnter Virtuosität wurden bekannte
150 Bluesfans zu dem mit Spannung
Bluesklassiker, wie auch die eigenen Titel (He, junge
erwarteten Doppelkonzert. Jürgen
Mutti, Gloriosa) gespielt.
Kerth, seit Jahrzehnten eine
Man sagt Jürgen nach, dass er so ein Konzert ohne
feste Größe im Deutschen Blues
Setlist spielt und aus dem Bauch heraus entscheidet,
und Inutero mit Florian Zimmer
was gespielt wird. So kann es sein, dass dem einem oder
anderen bestimmte Titel fehlen. Mir fehlte z.B. „What´s
(Wasserprawda berichtete bereits),
going On“. Ich hatte Anfang der 70´iger meine ersten
einem Ausnahmetalent an der
Liveblueserlebnisse mit Jürgen und da gehörte dieser
Gitarre, traten bei diesem Konzert
Titel zum festen Programm. Man kann aber trotzdem
auf. Diese Konstella on ist es wert,
sagen, Jürgen hat nichts von seiner Faszination eingeüber das Konzert zu berichten.*
büßt. Jürgen Kerth spielte mit seiner ganzen Routine
ein hervorragendes Konzert. Die Zuschauer, unter ihnen
viele Bluesveteranen, waren begeistert.
Inutero mit dem jungen Gitarristentalent Flo Zimmer
*
Dieser Artikel entstand mit der Hilfe von Rex
kam als nächstes auf die Bühne. Florian Zimmer hat
Bringmann, Rolf Götze, Roland Zimmer und Letscho
Letschovsky
Wasser-Prawda | Mai 2015
58
MUSIK
sich inzwischen zu einer regionalen
Bluesgrösse entwickelt.
„Wenn Flo Zimmer TYA-Hymnen
wie „Im Going Home“, „Love Like
a Man“ oder „One Of These Days“
zum Besten gibt, ersteht Alvin Lee
scheinbar aus dem Grab, dann
vollzieht sich ungeachtet des fehlenden Keyboarders (das kann
sich ja ändern) bei den SachsenAnhaltinern die Reinkarnation
der britischen Supergruppe. Der
17-jährige Florian Zimmer ist dabei
der absolute Fixpunkt, technisch
glänzend, versunken, inbrünstig,
weltentrückt - nur er und die Musik.
Spielerische Leichtigkeit gepaart
mit Tiefgang. Er unternimmt eine
Reise in eine musikalische Epoche,
als er noch nicht mal Quark im
Schaufenster war. Und doch spielt
er diesen Bluesrock so ausgefeilt, als
hätte er diese Musik und die Zeit mit
der Muttermilch aufgesogen.“
Zum Abschluss gab es, was auch
sonst, I´m going Home. Es kam
Woodstockfeeling auf und die
Bluesfans tobten.
Der von vielen erwartete Höhepunkt,
eine gemeinsame Session von
Flori und Jürgen, fand leider nicht
statt. Schade. Trotzdem haben die
beiden doch sehr unterschiedlichen
Bluesbands, die beide als Trio auftraten, die angereisten Bluesliebhaber
glücklich gemacht,.
Wasser-Prawda | Mai 2015
A L B U M D E S M O N A T S 59
GUY VE R L IND E –
BETTER DAYS AHEAD
ALBUM DES MONATS MAI 2015
Mit den Bluesnamen ist das so eine
Sache - entweder man geht in ihnen
völlig auf oder aber stellt fest, dass
der Mensch hinter dem Namen doch
ein anderer ist, als der auf der Bühne.
Dann sollte man ihn ablegen wie eine
störende Maske. Lightnin‘ Guy, der
mit seinen Mighty Gators zu Belgiens
bekanntesten Bluesmusikern gehört,
hat mit seinem aktuellen Album diesen
Schri vollzogen. Die Songs seien so
persönlich, dass das notwendig geworden sei.
Bluesrock. Doch ebenso kommen Country oder
Rootsrock zu Gehör. So kann man das Album auch
demjenigen empfehlen, der sich für Americana im weiteren Sinne interessiert. Und selbst beinharte Rocker
dürften bei Nummern wie bei „The Light“ begeistert
ihre Matte schütteln oder die Luftgitarre aus der Ecke
holen.
Persönlich, direkt und kraftvoll bei aller Melancholie:
Better Days Ahead ist eine tolle Scheibe. Unbedingt
reinhören und weiterempfehlen!
Raimund Nitzsche
Er singt von besseren Tagen in der Zukunft, wilden
Nächten mit guter Musik oder dem Gefühl, am Leben
zu sein. Vom Scheitern der Liebe und der Verletzlichkeit
sing er oder davon, wie man die Liebe erst lernen muss.
Von den heiligen Orten, die man vor seinen Gegnern
besser geheimhält, damit sie einen nicht genau dort
treffen, wo man besonders empfindlich ist.
Es sind wirklich persönliche Anmerkungen und
Beobachtungen, keine Aneinanderreihung von
Bluesklischees, die Guy Verlinde in seinen Liedern
erzählt. Meist sind die Lieder melancholisch bis tieftraurig – die besseren Tage sind eine Hoffnung, keine
Gewissheit. Doch ist das kein hoffnungslos verzweifeltes oder gar weinerliches Album: Hier hört man einem
Geschichtenerzähler zu, der keine Stärke vortäuschen
muss, der trotz allem sicher in dem ist, was er will. Die
besseren Tage werden kommen, doch um sie auch zu
erleben, muss man sich von seiner Angst lossagen, die
einen immer wieder zurückhält und klein machen will.
Die Musik dazu ist meist schön direkt gespielter
Wasser-Prawda | April 2015
60
P L AT T E N
REZENSIONEN A BIS Z
A
R
Adriano BaTolba Orchestra – Live n
Loud 61
RG Band – 21.12 - Live At Teatro del
Pane 69
B
Richard Koechli – Searching for the
Blues 69
Ben Miller Band – Any Way, Shape
or Form 61
S
Bill Wyman – Back To Basics 62
Skylar Wolf – Devil‘s Son 70
Black Sorrows – Endless Sleep 62
T
Bluebeaters – Everybody Knows 63
Tone Fish – On The Hook 71
Blues Rebels – Open Road 63
E
Eero Koivistoinen Quartet – Hati Hati
63
Eric Clapton – Forever Man 64
G
Gov’t Mule – Dub Side of the Mule
65
Greyhound George & Karl Valta –
Apple Street Boogie 66
H
Henning Pertiet – Organ Moves &
Grooves 66
Hubert von Goisern – Federn 67
J
James Burton, Albert Lee, Amos
Garrett & David Wilcox – Guitar
Heroes 68
Josh Smith – Over Your Head 68
M
Mike Andersen – Home 68
Wasser-Prawda | Mai 2015
W
Wanton Bishops – Sleep With The
Lights On 71
P L AT T E N
Klassikern wie „You‘re The Boss“
oder „Harlem Nocturne. Als Bonus
gibt es dann noch den „Summertime
Blues“ in Triobesetzung und eine
Studiofassung des tollen Openers
„Hard Luck Bad Luck n Misery“.
Empfehlenswert!
Nathan Nörgel
Adriano BaTolba Orchestra –
Live n Loud
Schon länger auf dem Markt ist
die Live-EP des Adriano BaTolba
Orchestra. Doch quasi als
Vorbereitung zum ersten Studiowerk
der Rockabilly Bigband kann man
das Werk mittlerweile auf auf Vinyl
erwerben.
Ob als Begleiter von Rock&RollUrgestein Peter Kraus, von
Songwriterin Peggy Sugarhill oder
als musikalischer Kopf hinter Dick
Brave & The Backbeats: Adriano
BaTolba ist in Sachen Rockabilly
aus deutschen Landen eine echte
Institution. Wer ihn allerdings zusammen mit seinem 13köpfigen
Orchester hören kann, hat ein
Konzerterlebnis, dass man sonst
eigentlich nur noch beim Brian
Setzer Orchestra haben kann. Hier
sind die zehn Bläser voller Spaß
und Spielfreude zwischen rockigen Riffs, jazzigen Einwürfen und
coolen Swingsounds der passende
Background für die wilde Gitarre
des Musikers.
Auf „Live N Loud“ finden sich neben
zwei eigenen Stücken BaTolbas
Cover von „Seven Nation Army“
oder „Cotton Eyed Joe“ neben
Ben Miller Band – Any Way,
Shape or Form
Spätestens seit der Tour mit ZZTop
ist die Ben Miller Band dem
Blueshörer ein Begriff. Mich und
die ca. 4000 Besucher des Konzerts
zum Tollwood-Festival haben die 3
Herren sofort ab dem ersten Stück
begeistert. Die Ben Miller Band
stammt aus Joplin/Missouri und
lieferte nun mit „Any Way, shape
or Form“ im August 2014 ihre
bereits vierte CD ab, wobei aber
hierzuland nur die letzten zwei
CDs erhältlich sind. Auf der CD
sind 13 Songs eingespielt, die sich
immer wieder um eine außergewöhnliche Instrumentierung drehen. „Any Way, Shape or Form“
oder auch: Der Zweck heiligt die
Mittel. Waschzuberbass, Waschbrett
und akustische Gitarren kombiniert mit anderen außergewöhnlichen Dingen wie Löffel und alte
61
Telefonmikrofone. Der Sound ist
rhythmisch, sehr dem Bluegrass
oder Delta-Blues angelehnt.
Um den Sound dieses Mal etwas abwechslungsreicher zu gestalten hat
der Producer Vance Powell, der auch
für Wanda Jackson, Buddy Guy
oder Jack White arbeitete, der Ben
Miller Band den Lapsteelgitarristen
Chad “Gravy” Graves zur Seite gestellt. Chad Graves bringt klare
Countrystrukturen in den rauhen Ben Miller Sound. Für meinen Geschmack ist die die
Lapsteelgitarre aber etwas zu dick
aufgetragen. “I feel for you”, „Tinkle
Toes“ oder auch die etwas straffere
Nummer „No War“ sind solche typischen Songs im neuen Sound. Die
Inhalte von der Ben Miller Band
drehen sich um das ländliche Leben
und vielen Auseinandersetzungen
im Leben. So beschreibt “Prettiest
Girl“ den vergängliche Appeal einer
Dorfschönheit, über die dann alle
lachen, weil der Dorftanz dann doch
irgendwann auch für sie vorbei ist.
Die authentischeren Ben Miller
Band Stücke sind aber jene, wo die
ungebändigte Kraft des Country
Blues und Hillbillys sich mit
dem Einfluss der Mentorenband
ZZTOP vermischt. Mit „You
don’t know“ geht es mit Vollgas
zu Sache: Treibender und slidender Gitarrensound verbunden mit
laut schreienden Harmoniegesang.
„Hurry up and Wait“ startet mit
einem kernigen Riff auf einer
der exotischen Gitarren von Ben
Miller, fetzige Slidelicks werden
von ihm eingeworfen bis hin zum
letzten Ton. “Skidoo“ klingt wie
ein Vaudevilleliedchen aus den
Wasser-Prawda | Mai 2015
62
P L AT T E N
20ern des letzten Jahrhunderts.
„Burning Building“ setzt wieder
massiv in der rhythm section Löffel
und Waschbrett ein. Schneidende
Gitarrenriffs unterstützen den harten, rhythmusgetriebenen Sound.
„Cuckoo“ ist die Weiterführung mit
tollen Verfremdungseffekten. Mein
Tipp ist „The Outsider“, wo mal zur
Abwechslung das Banjo den Sound
wesentlich beeinflusst. Durch das
dazugehörende Video auf Youtube
wurde ich nach dem Münchner
Konzert wieder erneut auf die Band
Miller Band aufmerksam.
Die Band geht im Sommer auf
Europatour und wir werden von
einem der Konzerte berichten und
ein Interview mit Ben Miller wird
uns hoffentlich diese außergewöhnliche Band noch etwas näher
bringen.
Erschienen ist “Any Way, Shape
or Form” bei NewWestRecords,
wo noch mehr außergewöhnliche Musiker aus dem Bluegrassund Folkbereich unter Vertrag
sind. Es lohnt sich, auch da mal
vorbeizuschauen.
Mario Bollinger
Bill Wyman – Back To Basics
Wasser-Prawda | Mai 2015
Eine neue Veröffentlichung des
ehemaligen Stones-Bassisten Bill
Wyman stößt unvermeidlich auf
Interesse bei einer großen Schar
von Musikfans. Für Wyman muss
es zuweilen schwer sein, ein paar der
überhängenden Bürden abzuwerfen,
ein Gründungsmitlied der weltgrößten Rock & Roll und R&B-Band
gewesen zu sein. Aber mit den zwölf
Stücken dieses Albums scheint er die
Last der Geschichte abgeschüttelt zu
haben. Und das hat er nicht zum
ersten Mal in seiner Karriere getan.
Über die Dauer seiner mehr als fünfzigjährigen Karriere hat sich dieser
Mann immer weiter vom alten lärmenden Röhren von Keef und Mick
fortbewegt, um statt dessen einen
beständigen Strom toller Sachen zu
produzieren, zu dem viele Alben
und fast jährliche internationale
Touren mit seiner wundervollen
Band Bill Wymans Rhythm Kings
gehören, eine spontan und mit
immer wechselnden Gruppen von
Top-Musikern aus dem Vereinigten
Königreich und den USA gebildete
Band, die weltweit eine riesige Zahl
von Fans hat.
Mit dem Album „Back To Basics“
legt uns Wyman sein erstes
Soloalbum seit mehr als 30 Jahren
vor. Wyman meint, dass ein Teil
der Stücke aus dem übersehenen
Katalog von Songs stammt, die er
vor einigen Jahren geschrieben und
als Demos hastig aufgenommen hat.
Die Stücke tauchten auf, als er sich
der Aufgabe widmete, alte Bänder
zu katalogisieren und einzulagern
für spätere Zeiten. Als er einiges
von dem Material hörte, beschloss
er, es zu überarbeiten, nahm einige
Stücke auf und schrieb ein paar neue
Tracks. Und so entstand ein frisches
Solo-Album.
Wie man von jemandem mit seinem
Format und musikalischer Reife erwarten kann, finden sich hier einige feine Stücke in meist leichtem
Rockstil, andere haben ein coolen
rhythmischen Groove und grenzen
an klassischen Pop. Schaut man sich
die Texte an, stellt man fest, dass er
ein wesentlich besserer Lyriker ist,
als man ihm zutrauen würde: Er
scheint rhythmische und sich wie
Raps reimende Verse zu mögen, die
toll zu seiner im Akzent von East
London singenden Stimme passen. Manchmal allerdings kann
man auch die gleichen grollenden
Stimmen und die Musik hören,
die man schon in der Post-PunkHymne „Je Suis Un Rock Star“ in
den 80er Jahren vernahm. Wyman
ist ein Mann, der niemandem etwas
beweisen muss. Und dieses entspannte Gefühl durchzieht auch dieses Album. (Proper Records)
Iain Patience
The Black Sorrows – Endless
Sleep
Zwei LPs mit Coverversionen veröf-
P L AT T E N
fentlichten The Black Sorrows 2015
als Beitrag zum Internationalen
Record Store Day. Demnächst
wird das Doppelalbum auch in
Deutschland über Blue Rose in
den Handel gebracht. Und das ist
eine gute Nachricht nicht nur für
die schon eingeschworenen Fans der
Band um Joe Camilleri.
Schon fast vierzig Jahre ist
Joe Camilleri mittlerweile im
Musikgeschäft unterwegs. Und
kaum jemand hat es in den letzten
Jahrzehnten geschaftt, den Geist
der Musik vergangener Jahrzehnte
in seinen eigenen Songs lebendig zu
erhalten. Da liegt eine Hommage
an all die mittlerweile verstorbenen
Musikerinnen und Musiker nahe,
die ihn auf die eine oder andere
Weise beeinflusst haben. So bekommen wir auf den zwei Scheiben von
„Endless Sleep“ wilden Rockabilly
ebenso zu hören wie Blues von Blind
Willie McTell, klassischen Rhythm
& Blues, Country und Rocksongs.
Ob die Stücke nun von Lou Reed,
Willy de Ville, Captain Beefheart,
Hank Williams oder Skip James
handelt: Erst nach „Endless Sleep“
hat man Zeit zum Schlafen. Vorher
ist Party angesagt.
Nathan Nörgel
63
terzogen und damit verfremdet,
ohne als Parodie daherzukommen.
„Everybody Knows“ ist damit so
ziemlich der erste Anwärter für
das Sommeralbum 2015. (Record
Kicks)
Nathan Nörgel
The Bluebeaters – Everybody
Knows
Die Musik klingt exakt wie man es
von Aufnahmen aus Jamaica in den
60er Jahren des letzten Jahrhunderts
erwarten könnte. Doch „Everybody
Knows“ stammt aus dem Jahr 2015.
Und The Bluebeaters zählen seit
1994 zu den besten Ska-Bands
Italiens.
Man muss sich schon manchmal
verwundert am Kopf kratzen: Klar,
den Song kenne ich doch. Und
den nächsten auch. Aber ehrlich:
Ob hier „Everybody Knows This Is
Nowhere“ von Neil Young, „Hungry
Heart“ von Bruce Springsteen, The
Smiths „Girlfriend in a Coma“
oder „Teenage Kicks“ von The
Undertones erklingen: Alle Stücke
erklingen in astreinem klassischen
Ska-/Rocksteady-Sound der 60er
Jahre: Fröhlich, sommerlich, relaxt
und verdammt eingängig.
The Bluebeaters, die hier ihr erstes Album seit 6 Jahren präsentieren, haben hier an eine Tradition
angeknüpft, die im Reggae schon
vor Jahrzehnten üblich war:
Hits werden einfach einer karibischen Generalüberholung un-
The Blues Rebels – Open Road
2012 taten sich in Israel Gitarrist
Andy Watts und der Sänger/HarpSpieler Dov Hammer zusammen.
Aus dem Jam unter Freunden entstanden The Blues Rebels, die mittlerweile schon mit Joe Louis Walker,
Lucky Peterson und Bernard Allison
gemeinsam auf der Bühne standen.
Jetzt ist mit „Open Road“ das erste
Album der Band herausgekommen
mit 14 son Watts und Hammer geschriebenen Songs.
Wenn man einmal entdeckt hat, dass
es in Israel eine äußerst lebendige
und kreative Bluesszene gibt, stößt
man immer wieder auf neue Bands
und Musiker. The Blues Rebels sind
da vor allem für die Fans des geradeaus gespielten Bluesrock eine
Empfehlung wert: Auf „Open Road“
finden sich knackige Gitarrenriffs,
eine deftige aber niemals eintönige
Bluesharp und eine funky grooWasser-Prawda | Mai 2015
64
P L AT T E N
vende Rhythmusgruppe. Die Songs:
Stücke über das Unterwegssein, über
die Versuche, an sein Geld zu kommen, über das Leben seiner Träume
und über den Wunsch, manchmal
die Zeit zurück zu drehen. Und sei
es nur wegen der Musik, die damals
besser war.
Hier wird nichts neu erfunden in
Sachen Blues. Aber Watts, Hammer
und der Rest der Rebellen haben
ihren Sound in den letzten Jahren
eindeutig gefunden: Rauh, heftig und emotional rocken sie sich
durch ihre Lieder. Und das macht
ne Menge Spaß.
Raimund Nitzsche
dann ist das nicht nur die oft melancholisch-romantische Einbeziehung
skandinavischer Folklore und klassischer Musik sondern immer auch
das Gefühl für ein fast klassisches
Ensemblespiel.
Genau das kann man auf „Hati
Hati“ mit seinen acht Stücken auch
finden: Melancholische Schönheit
von perlenden Pianoläufen und
einem Saxophon, das zwischen
emotionaler Dringlichkeit und
stoischer Gelassenheit die rechte
Balance findet. Und darunter pulsierend oftmals Rhythmen, die
diese kühle doch niemals leidenschaftslose Musik mit dem Süden
verbinden, weniger mit dem Süden
Louisianas, sondern mehr mit afrikanischen Küstenregionen. Hier
merkt man, dass Koivistoinen als
Musiker, Komponist und Dirigent
viel und lange auf dem afrikanischen
Kontinent gearbeitet hat.
Für mich der Höhepunkt dieses
hörenswerten Albums ist allerdings
seine Bearbeitung von Dylans „The
Times They Are A-Changing“. Das
wird zu einer romantisch-drängenden Ballade, bei der Piano und
Eero Koivistoinen Quartet –
Saxophon mit ihrem Spiel allein die
Ha Ha
Als Saxophonist hat Eero ganze textliche Brillanz von Dylans
Koivistoinen schon mit Gil Evans, Klassiker nacherlebbar machen.
Dissy Gillespie, Jack DeJohnette (Svart)
Nathan Nörgel
oder Randy Brecker gemeinsam
gespielt. Mit seinem derzeitigen
Quartett (Jori Huhtala - b, Alexi
Tuomarila - p, Jussi Lehtonen dr) spielt er zeitgenössischen Jazz
der sowohl die nordeuropäischen
Traditionen des Jazz widerspiegelt
als auch afrikanische Rhythmen.
Wenn den nordeuropäischen Jazz in
meinen Augen etwas auszeichnet,
Wasser-Prawda | Mai 2015
Eric Clapton – Forever Man
Schon 2014 hatte Eric Clapton angekündigt, sich vom anstrengenden
Tourleben zurück zu ziehen. Fast
pünktlich zum 70. Geburtstag veröffentlicht Mr. Slowhand jetzt eine
Dreifach-CD mit einem Rückblick
auf die letzten 30 Jahre seiner
Karriere.
Nein, das hier ist keine weitere
„Greatest Hits“-Sammlung, die auf
den Markt geworfen wird. Klar bekommt man auf „Forever Man“ eine
Menge der großen Hits von Clapton
zu hören von „Layla“ bis „Tears In
Heaven“. Doch da „Forever Man“
sich auf die Jahre beim Label
Reprise beschränkt, stammen die
Aufnahmen eben nicht aus den
60er oder 70er Jahren, sondern von
1983 und später. Die drei CDs sind
thematisch sortiert nach Studio,
Live und Blues. Die Studio-CD
hat Stücke aus Alben wie „Money
& Cigarettes“ oder „Journeyman“
neben neuen Aufnahmen von „Old
Sock“, „Clapton“ oder „The Breeze“.
Die Live-Aufnahmen entnahm man
natürlich von „Unplugged“ und „24
Nights“, aber auch von dem gemeinsamen Konzert mit Steve Winwood
P L AT T E N
im Madison Square Garden 2008
und von „One more Car, One More
Rider“ (2002).
Wenn man an Claptons BluesAufnahmen im genannten Zeitraum
denkt, fallen einem natürlich gleich
die zwei Robert-Johnson-Alben und
„From The Cradle“ ein. Diese drei
Alben liefern den Kern der dritten CD. Daneben werden natürlich auch Stücke von „Riding With
The King“ mit B.B. King oder „The
Road To Escondido“ mit J.J. Cale
verwendet. Und vor allem finden
sich auch Bluesnummern, die auf
den anderen Studioalben der Zeit
vielleicht ein wenig untergingen.
„Forever Man“ ist kein kompletter Karriereüberblick, sondern lediglich ein Teil davon. Doch die
Zusammenstellung macht einfach Spaß und sollte besonders
Neueinsteigern einen Einstieg in
die Musik Claptons geben können. Wer auf Vollständigkeit sammelt, hat die Nummern natürlich
alle schon auf den Originalalben im
Regal stehen. Aber der kann die drei
CDs gut auch in den CD-Wechsler
im Auto legen.
Raimund Nitzsche
Gov’t Mule – Dub Side of the
Mule
Ein weiteres Mule Album im
Rahmen ihres eigenen 20-Jährigen
Jubiläums, das man betiteln
könnte: Gov’t Mule and Friends.
Ein Konzept, dass sich bei vielen Musikern breit macht: Man
macht ein tolles Liveevent, lädt
viele Freunde ein und macht ein
Spitzenkonzert. Das Ganze wird
mitgeschnitten und samt einer
Video-DVD herausgebracht. Das
Album „Dub Side of the Mule“ ist
genau ein Solches, aber auf seine Art
phantastisch. Es beinhaltet 3 Audio
CDs und 1 Video DVD von einer
Aufzeichnung des Silvesterkonzerts
von 2006 der Gov’t Mule am in allseits bekannten Beacon Theatre im
New York City. Freilich: Damals hat
man noch nichts von der viel später erfolgten Auslösung der Allman
Brother Band geahnt und daher
haben diese Aufnahmen vielleicht
auch Seltenheitswert. Aber was bekommt man zu hören? Auf der 1.
CD . gibt es 11 Titel entweder aus
der Feder von Warren Haynes oder
Coverversionen, wobei „Whiter
Shade of Pale“ extrem beeindruckend und gefühlvoll ist. Die 2. CD
65
ist dadurch, dass man den Sänger
Toots Hibbert eingeladen hat,
schwer reggaelastig. Aber mit Gov’t
Mule als Begleitband entsteht ein
tolles Gemenge aus Reggae und dem
wuchtigen Sound der Southern Rock
Band. Toots glänzt durch gutgelauntes Singen, was auf der 4. Scheibe,
nämlich der DVD deutlich zu
sehen ist. Zwischendurch zählt man
Silvester runter und weiter geht das
Programm. Die 3. CD wird wiederum durch Gregg Allman & Friends
dominiert, zu denen auch der brilliant harpspielende John Popper gehört. Diese CD birgt phantastische
Coverversionen von „It’s a man’s
man’s man’s world“ oder „Ramblin‘
gamblin‘ man“ aber natürlich auch
„Dreams“ oder „Just like a woman“.
Überhaupt geht Gov’t Mule durch
viele Coverversionen den sicheren
Weg.
Insgesamt geht für mich das Gov’t
Mule & Friends Konzept mit „Dub
Side of the Mule“ auf: Phantastische
Musiker und Song und für den Fan
reichlich Material zum Hören und
Sehen. (Provogue/Mascot Label
Group)
Mario Bollinger
Wasser-Prawda | Mai 2015
66
P L AT T E N
Greyhound George & Karl
Valta – Apple Street Boogie
Auf seinem neuesten Album „Apple
Street Boogie“ (April 2015) erzählt
Greyhound George, zusammen mit
dem Mundharmonikaspieler Karl
Valta, der zunächst einmal ein bekannter Grafiker ist und auch das
Cover zur CD gestaltet hat, vom
Leben in seiner Heimat an der
Bielefelder „Apple Street“. Zehn
der fünfzehn Titel stammen aus
der Feder von Greyhound George.
Mit dem reinen Instrumentaltitel
„Dunkeltuten“ hat Karl Valta auf
diesem Album einen besonderen Akzent gesetzt. „Blind Willie
McTell“ von Bob Dylan, eine sehr
authentische und äußerst emotionale Interpretation von Fred
McDowells Standard „You gotta
move“ sowie je ein Song von Evil
Willie Dixon und Willie Brown
machen das feine Akustikalbum
komplett.
Das Multitalent Karl Valta, Maler,
Grafiker, Kunstpädagoge und gleichermaßen zu den profiliertesten
Bluesmusikern im Nordosten der
Republik gehörend, lebt und arbeitet im beschaulichen Klein Jasedow
in Vorpommern. Schon einige
Sommer touren Karl und George
Wasser-Prawda | Mai 2015
als Duo an der Ostseeküste entlang, und das ist dem Album anzumerken, denn Karl und George
sind inzwischen ein gut aufeinander
eingespieltes Team. Beide Musiker
haben ein Herz für den traditionellen Blues, aber auf diesem Album
haben sie gekonnt den alten und
neuen Songs ihre ganz persönliche
und zeitgenössische Note verliehen.
Das Album erzählt vom Blues,
der einen nie verlässt (Blues won’t
leave), vom „Back Door Man“ (Evil
Willie Dixon) und fordert den
Hörer auf sich nicht in sein Leben
reinreden zu lassen (Live some life).
Wer den melancholischen Blues
mag, wird die Coverversion von
Fred McDowells „You gotta move“
und das besinnliche „Walk by your
side“ lieben, aber das Album hat
auch Ironie und Augenzwinkern
zu bieten. Mit „Hole in my pocket“ weist Greyhound George dezent darauf hin, dass Geld die Welt
regiert und alles anders ist, wenn
man keins hat. Außerdem fragt sich
Greyhound George „What can I do
when I get happy“, ein „schweres
Grundproblem“ für jeden, der den
Blues hat, aber die Antwort ist einfach: Alltag leben und feststellen,
dass das Leben lebenswert ist, vor
allem mit dieser Musik. Vom Alltag
in der Bielefelder „Apple Street“
handelt der „Apple Street Boogie“
und Gänsehautfeeling (heißt seit
der Halbfinalteilnahme von Georges
Heimatverein Arminia Bielefeld
im DFB-Pokal „GänsehautEntzündung“) kommt bei Karls
Eigenkomposition „Dunkeltuten“
auf, einem Bluesharp-Solo vom
Allerfeinsten, auf einer „Low Low
F“ Bluesharp gespielt. Landratten
ist dieser Ausdruck eher nicht geläufig, da er vermutlich aus der
Schiffahrt entlehnt wurde. In alten
Zeiten waren Schiffe, die sich in
Nebelbänken verirrt hatten, manövrierunfähig und gaben ab und zu ein
Signal ab, damit sie nicht von anderen Schiffen gerammt wurden, das
Dunkeltuten. So steht dieser Begriff
heute in manchen Gegenden als
Synonym für das süße Nichtstun.
Optimale
akustische
Aufnahmebedingungen sorgen für
kitschfreie Lagerfeuerromantik im
Wohnzimmer. Beim Hören der CD
hat man immer das Gefühl, dass
George unmittelbar neben einem
sitzt und einen unverwechselbar
zufrieden angrinst. Daumen hoch!
„Apple Street Boogie“ wird – bis
auf den Titelsong - nicht als digitaler Download erhältlich sein, da
die Klangtiefe dieser Aufnahmen
als MP3 wohl kaum wiedergegeben werden kann.
LaRadio
Henning Per et – Organ
Moves & Grooves
Beim Blues- und Boogiepianisten
Henning Pertiet ist man auf
P L AT T E N
Überraschungen immer gefasst.
Und (so man kein engstirniger
Hörer ist, der nur auf die heiligen
zwölf Takte lauert) man freut sich
regelrecht drauf, von ihm Stücke
zu hören, die kein Bluespurist in
sein Programm aufnehmen würde:
Jazzklassiker von Monk etwa. Aber
auf sein aktuelles Album kann einen
auch das nicht vorbereiten. „Organ
Moves & Grooves“ ist frei improvisierte Musik an der Orgel des Doms
in Verden.
Man spricht von der „Königin der
Instrumente“. Und immer wieder
haben sich im Laufe der Geschichte
von Blues und Jazz Musiker daran
versucht, den Klang der Kirchenorgel
in ihre Musik einzubauen. Man
denke etwa an Fats Waller. Oder
auch an Keith Jarrett. Aber wenn
man ehrlich ist: Gerade die pneumatischen Orgeln vom Anfang des 20.
Jahrhunderts sind nicht wirklich in
der Lage, zu swingen. Dafür sind sie
nicht gebaut. Und die akustischen
Verhältnisse der Kirchen, in denen
sie stehen, verhindern das auch wirkungsvoll. Sich als improvisierender Musiker ernsthaft mit der Orgel
auseinander zu setzen heißt: Hier
muss man Abschied nehmen von
solchen Konzepten. Musik für die
große Orgel - wenn sie sich nicht
am polyphonen Barock-Erbe von
Bach & Co orientiert, spielt sich
eher in sich langsam entwickelnden Klanglandschaften ab, kann
aus dem Jazz eher die spirituellen
Anregungen etwa von Coltrane
aufnehmen oder aus der zeitgenössischen Musik die modernen
Komponisten der französischen
Tradition.
Genau das hat Henning Pertiet auf
seiner CD gemacht: Auch wenn die
zwölf einzelnen Improvisationen als
getrennte Stücke aufgeführt sind:
Von Anfang bis Ende des Albums
ist die Suche des Musikers nach
immer neuen Klangmöglichkeiten,
Melodie- und Rhythmusbögen
zu erleben, wie sie sich im
Rahmen einer mehrstündigen
Aufnahmesession oder bei einem
Improvisationskonzert ergeben:
Hier werden spontan Melodien
oder ganze Klangflächen aufgebaut,
die durch sämtliche Register und
Manuale der Orgel dahinflirren.
Das ist kein Jazz, hat auch selten
etwas mit den im Titel erwähnten
Grooves zu tun: Hier wird zwischen
geistlicher Musik, Klangwelten der
Klassik des 20. Jahrhunderts, diversen Verneigungen in Richtung der
Romantik und des freien Jazz improvisiert. Darauf muss man sich
einlassen wollen - und die nötige
Ruhe und Konzentration dafür aufbringen. Dann kann einen Henning
Pertiet mitnehmen auf eine faszinierende Klangreise.
Raimund Nitzsche
67
Folklore der österreichischen Alpen
trifft auf Country und den Blues von
Louisiana und New Orleans: Bei
einem Trip durch die Vereinigten
Staaten hat Hubert von Goisern sein
die Ideen für sein neuestes Album
gefunden In seinen Liedern erzählt
er von den Zuständen dies- und jenseits des Atlantiks.
Das Etikett des Erfinders des
Alpenrocks wird von Goisern wohl
nie mehr loswerden. Dabei war
der Songwriter schon immer jemand, der sich seine musikalischen Anregungen in aller Welt
und nicht nur in der Steiermark
geholt hat. Diesmal also – und das
setzt gewissermaßen sein Album
„Entwerderundoder“ fort – treffen
Ländler und Jodler auf die Msuik
der amerikanischen Südstaaten,
verschmelzen Cajun und Landler,
wird aus „Amazing Grace“ ein
Mundartlied, wird Hank Williams
„Jambalaya“ zum Blues. Mit dem
Country von Nashville konnte er
weniger anfangen als mit Zydeco,
Cajun und den Grooves aus New
Orleans.
„Federn“ hat von Goisern zwar auf
dem Albumcover im Haar. Doch
verweist der Titel eher auf den österreichischen Dialektausdruck für
„Angst“. Er habe dahin reisen wollen, wo es weh tut. Und so singt
er auch von der Wut auf die ewigen Datensammler und von der
Wahrheit, die nirgendwo Asyl
bekommt.
Raimund Nitzsche
Hubert von Goisern – Federn
Wasser-Prawda | Mai 2015
68
P L AT T E N
wer bei dem jeweiligen Lied grad
mit Solo dran ist – schnell kann
man die durchaus unterschiedlichen Personalstile auseinanderhalten. Wenn man denn so aufmerksam auf die Zwischentöne lauscht
und sich nicht treiben lässt in einem
Konzert zwischen Blues, Rockabilly,
Country und Rock, das einfach zeitlos und gut war.
Nathan Nörgel
James Burton, Albert Lee,
Amos Garre & David Wilcox
– Guitar Heroes
Der Sound ihrer Gitarren hat die
Popmusik seit den 50er Jahren
immer wieder geprägt. 2013 standen die vier Telecaster-Spieler
James Burton, Albert Lee, Amos
Garret und David Wilcox gemeinsam auf der Bühne des Vancouver
Island Music Fest und servierten ein Programm zwischen Blues,
Rockabilly, Country und mehr. Jetzt
hat Stony Plain den Auftritt ohne
Bearbeitung und Glättung als LiveAlbum auf den Markt gebracht.
Manche singulären Ereignisse
schreien einfach danach, auf
Tonträger festgehalten zu werden. Wann hat man schon mal die
Möglichkeit, vier der anerkanntesten Meister der Telecaster gemeinsam zu erleben? Ohne viele
Proben stürzten sie sich (begleitet
von der Tourband von Albert Lee)
bei dem Festival in ein Programm
aus Klassikern und lieferten eine
Performance ab, die auch heute
noch von der Konserve ansteckend
wirkt: Schon bald braucht man die
Hilfestellung des Covers nicht mehr,
Wasser-Prawda | Mai 2015
Josh Smith – Over Your Head
Manchen muss man Josh Smith
kaum oder gar nicht mehr vorstellen. Ein weiterer dieser vielversprechenden jungen amerikanischen
Bluesgitarrespielern, der bereits ausgiebig mit Joe Bonamassa auf Tour
war und zu Hause in der Bluesszene
von Florida ausgiebig Blueslicks mit
seinem alten Kumpel Kirk Fletcher
austauscht. Er kommt eindeutig aus
aus der lauten, heftigen Schule des
Spielens, wo jeder glaubt, er wäre
Jimmy Page, der auf der Bühne laut
mit Led Zeppelin musiziert.
Wo das gesagt ist, kann man anmerken: Dieses Album vom deutschen Label Cross Cut beinhaltet einige sehr feine eigene Musikstücke
und einen treibenden Backbeat, der
vom US-Sideman Lemar Carter am
Schlagzeug und dem kraftvoll pul-
sierenden Calvin Turner am Bass
angetrieben wird. Bei den zwölf
Stücken der Veröffentlichung gibt es
wenig Überraschendes: so ziemlich
jeder Track ist vollgepackt mit deftig antreibender Power und Können.
Zuweilen gibt es auch Stationen, wo
die Musik langsamer wird und mehr
nachdenklichere Stimmungen an
die Oberfläche kommen. Aber im
Allgemeinen wirkt es so, als müssten die Musiker um ihr Überleben
kämpfen gegen eine dröhnene
Klangmauer, die alles vor ihre wie
ein von Led Zep gefüllter musikalischer Tsunami fortreißt.
Sowohl Kirk Fletcher als auch
Bonamassa sind Gäste an Bord.
Und sie werden außerdem von
der wundervollen Harp des legendären Charlie Musselwhite begleitet. (Cross Cut Records)
Iain Patience
Mike Andersen – Home
Auch wenn der dänische Songwriter
Mike Andersen schon manchmal
hierzulande live zu erleben war,
ist doch erst sein fünftes Album
„Home“ auch auf dem deutschen
Markt erhältlich. Und das zeigt
ihn als tollen Soulsänger, der seine
P L AT T E N
Blueswurzeln niemals verleugnet.
Mike Andersen ist ein Mann der
leisen Töne, der feinen Nuancen,
nicht der lautstarken Bemerkungen.
Aber genau das macht ihn für mich
zu einem der bemerkenswertesten
Soulblueser in Europa.
Auf „Home“ singt er kleine
Geschichten vom Unterwegssein
und Ankommen, vom Gefühl, zu
Hause angekommen zu sein und
von den Menschen, die letztlich
auch zur Heimat gehören.
Andersens immer genau und songdienlich platzierte Gitarre wird auf
„Home“ von einer tollen Band inklusive Bläsertruppe begleitet. Und
auch wenn die meisten Songs eher
ruhig und besinnlich daherkommen, kann diese Band in Stücken
wie „Sin City“ großartig losgrooven
und die Hörer in Bewegung setzen.
„Home“ ist eines der Alben, die
man als Geschenk für sehr gute
Freunde auf Vorrat hinlegen kann:
Das sind tolle Songs eines wunderbaren Sängers mit großartiger Band. Schön, dass Andersen
jetzt mit seiner Band auch zu einigen Konzerten hierzulande unterwegs ist. Hoffentlich schafft er
es auch in Deutschland, was ihm
in seiner Heimat längst geglückt
ist: Den Status als Geheimtipp zu
überwinden.
Nathan Nörgel
RG Band – 21.12 - Live At
Teatro Del Pane
Zwischen Tom Waits, Chuck Berry
und Rick Estrin: Die italienische RG
Band um Bluesharpspieler Ricardo
Grosso lässt sich bei der Wahl ihres
Programms nicht einengen. Schön
nachvollziehen kann man das auf
ihrem aktuellen Live-Album 21.12.
aus dem Teatro Del Pane.
Erstmals war mir die RG Band mit
ihrem 2014 erschienenen Album
„Right Now“ aufgefallen. Doch
von dieser Scheibe standen bei dem
Konzert im Dezember des letzten
Jahres nur einige Nummern auf dem
Programm. Statt dessen servierte
das Quartett (Riccardo Grosso voc, mharm; Stefano Pagotto - g;
Massiomo Fantinelli - bg, Andrea De
Marchi - dr) eine Revue großartiger
Songs zwischen Melancholie und
Aufbruch, zwischen Chicagoblues,
swingendem Rhythm & Blues und
funkigen Einsprengseln.
Im Zentrum steht natürlich oftmals die fantastische Harp Grossos,
der sowohl Klassiker von Dixon
oder Estrin mit eigener Note versieht als auch den Kneipenblus von
Tom Waits die richtige Atmosphäre
69
verpasst. Überhaupt steht die
Atmosphäre bei dieser Aufnahme
ganz im Mittelpunkt: Hier wurde
nichts mit Overdubs verfälscht,
keine künstliche Kompression verfälscht die Dynamik des Quartetts.
So altmodisch und puristisch sollten Live-Mitschnitte immer passieren, damit man sich als späterer Hörer in die ursprüngliche
Konzertatmosphäre hineinversetzt
fühlt. Das ist hier hervorragend
gelungen.
Für Freunde des Harpblues im
Speziellen und des elektrischen
Blues überhaupt ist diese Scheibe
eine echte Empfehlung!
Raimund Nitzsche
Richard Koechli – Searching
for the Blues
Es ist eher selten, dass die Schweiz
Bluesmusiker international hervorbringt. Richard Koechli dagegen ist in Europa und ins besondere im französisch sprachigen
Raum bekannt. Mit seinem Album
„Searching for the Blues“, das jetzt
im April erschienen ist, setzt Richard
Koechli einen Meilenstein in seinem
Leben, der sein 25-jähriges Schaffen
markiert. Das Album kommt mit
Wasser-Prawda | Mai 2015
70
P L AT T E N
2 CDs: Auf der ersten CD ist ein
Sololivemitschnitt zu hören, der
im Hall Blues Club in Pélussin/
Frankreich aufgenommen wurde.
Solo heißt nur Richard Koechli
und seine Gitarren auf der Bühne:
Ohne Effekte, ohne Overdubbing!
Die zweite CD ist eine Sammlung
von Versatzstücken mit den typischen Blues-Licks und tollen Songs
aus dem Film „Der Goalie bin ig“
von Sabine Boss bzw. „Mit den
Bärenwaisen durchs Tigerland“ von
Beat Bieri.
Wenn sich einer auf die Spuren des
Blues macht, dann kommt er an
den vielen Stationen sprich Genres
des Blues vorbei. Richard Koechli
ist ein hervorragender Gitarrist,
der den harten Blues, den Country
Blues, den Folk Blues, das Picken
und das Sliden beherrscht. Daher
macht es Spaß, dieses abwechslungsreiche Album zu hören, dass sich vor
allen auf der 2. CD wieder immer an
den Slide-Themen von „You gotta
move“ orientiert. Die erste CD
bringt vor allem Standards wie „It
hurts me too“ oder „Before you accuse me“. Überraschend sind dann
seine Interpretationen von „Wish
you were here“, „After Midnight“
oder „Mystery Train“. Uns als liberales freiheitliches Magazin freut natürlich der „Blues-Police-Song“: Du
kannst alles im Leben anstellen, aber
hüte Dich vor der Blues-Polizei.
Richard Koechlis Stimme gehört eher zur ruhigeren, melancholischen Gattung und das prägt
seine Songs. Einfache Songs zum
Teil auf Schwiizertüütsch oder
auf Französisch oder gemäß den
Originalen auf Englisch. Alle
Wasser-Prawda | Mai 2015
Skylar finden. Ein paar biografische Angaben finden sich im
Forum cherokeewigman.iphpbb3.
com: Geboren wurde er in Denver
(Colorado). Aufgewachsen ist er in
der Reservation der Navajos und
in indianischen Internaten. Als er
nach der Ausbildung in New York
zurück kam, waren viele seiner
Angehörigen verstorben. Offenbar
hatte er selbst Alkoholprobleme. So
kann man die Bemerkungen in seinem Künstlerprofil bei reverbnation.com verstehen: Er wünscht,
sein Lebenswerk den Kindern zu
widmen und sie zu einem besseren Leben oder einem Neuanfang
zu leiten. Seine Botschaft ist die
Hoffnung auf Erlösung. Ein Leben
ohne Sucht und Leiden ist ein Leben
in Schönheit und Harmonie.
Und die Musik? Auf reverbnation.
com kann jeder die Songs seines
Albums anhören: Der Titelsong ist
ein bluesiger Titel mit hervorragender Slide-Gitarre. „Confuzes“ ist in
seiner Melancholie ein typischer
Singer-/Songwriter-Titel. „Whiskey
Train“ ist die bluesigste Nummer
des Albums. Hier wird die SlideGitarre durch eine prima Harp unSkylar Wolf – Devil‘s Son
Das Cover dieser CD wirft Fragen terstützt. „LA“ ist wieder melanauf: Ist die brennende Gitarre eine cholisch und melodiös. Überzeugt
Zustandsbeschreibung der Seele von Euch selbst, ich kann das Album nur
Skylar? Anders ist diese Musik, mal empfehlen!
Matthias Schneider
bluesig, mal rockig und auch mal
still nicht zu erklären. Was muss dieser Seele angetan worden sein, um
so zu brennen? Ist die brennende
Gitarre ein Zeichen für eine brennende Kehle? Sicher, heraus kommt
diese wahnsinnige, raue und wundervolle Stimme.
Im Netz kann man nicht viel über
Sprachen haben bei Richard Koechli
ihren absoluten Reiz. Wer sich bei
tollem Gitarrenspiel entspannen
will, muss dieses Album hören.
Richard Koechli zelebriert in den
Songs die Schweizer Gelassenheit.
Meine Favoriten aus den insgesamt 40 Tracks sind die Songs
„Dem Blues auf den Fersen“ im
Schwiizertüütsch und „Lucerne is
a Blues City“, eine Reminiszenz an
seine Geburtsstadt. Beide Stücke zeigen Richard Koechli als Meister des
Bottlenecks, eine innige Beziehung,
die er auch in dem Song „My Slide
is crying“ beschreibt.
Mario Bollinger
P L AT T E N
als Textlieferant auftaucht. Das alles
ist sehr relaxt, eingängig und stimmig. Allerdings kann das Album
bei aller Schönheit für mich die
Spannung nicht über die gesamte
Länge halten. Aber das mag eine private Meinung sein, die man ignorieren kann. Reinhören sollte man
hier auf jeden Fall gründlich. Und
wenn man die Chance hat, kann
man auch mal schauen, wie sich
diese Band live macht. Da geht es
wahrscheinlich nicht ganz so relaxt
zur Sache ... (Timezone)
Tone Fish – On The Hook
Nathan Nörgel
Manchmal könnte man meinen,
diese Musik stamme irgendwo aus
Irland oder Schottland. Doch Tone
Fish ist eine Folkband aus dem
deutschen Hameln. Und auf ihrem
Debüt „On The Hook“ gehen die
Einflüsse weit über den keltischen
Raum hinaus.
Dass Mark Knopfler sehr viel übrig
hat für irische Sounds (neben Blues
und Country natürlich), ist bekannt, Doch ob er selbst auf die
Idee gekommen wäre, „Sailing
To Philadelphia“ die Flötentöne The Wanton Bishops – Sleep
beizubringen? Oder Sting sei- With The Lights On
nem „Englishman In New York“? The Wanton Bishops sind eine zweiDiese Fragen bleiben unbeantwor- köpfige Blues- und Garagen-Rocktet. Doch klar ist: Darum scheren Band aus Beirut, Libanon. Auf der
sich die Musiker um Bandgründer Bühne werden Nader (voc, mharm,
Stefan Gliwitzki nicht. Sie sind auf g, keyb) und Eddy (g, back-voc,
der Suche nach ihrer Version aktu- banjo) noch von Schlagzeuger und
eller Folkmusik. Und das ist auch Bassist unterstützt. Nachdem ihr
gut so. Denn nichts ist so langwei- 2012 im Nahem Osten erschienelig wie eine reine Coverband. Wenn nes Debüt „Sleep With The Lights
man nicht seinen eigenen Ansatz On“ auch in Europa auf gehörige
zur Interpretation hat, sollte man Aufmerksamkeit stieß, wird es jetzt
remastered und mit zwei neuen
es gleich bleiben lassen.
Und neben Coverversionen finden Songs endlich auch hierzulande auf
sich auf „On The Hook“ auch eigene den Markt gebracht.
Stücke, bei denen selbst Shakespeare Ich möchte die Gelegenheit nutzen
und auf die weltweite Bedeutung des
71
Blues hinweisen. Welche Religion
die Wanton Bishops haben, wissen
wir nicht, dass ist auch ziemlich egal.
Die Band macht guten Blues und
dass zählt. Wir Blueser sind frei von
rassistischem Gedankengut, für uns
zählt nur guter, völkerverbindender
Blues. Ein Blueser kann gar kein
Rassist sein, weil dass der grösste
Widerspruch an sich wäre. Der
Blues ist im tiefsten Rassismus entstanden und hat sich immer dagegen aufgelehnt. Viele der Bluesidole
haben eine schwarze Hautfarbe, da
ist Rassismus vollkommen fehl am
Platz. Ob der Blues aus den USA,
aus Europa, aus Israel oder dem
Libanon, aus Russland ja selbst aus
Asien kommt ist uns egal, solange es
sich um guten Blues handelt.
Und der Bluesrock bei Eddy und
Nader geht auf ganz unterschiedliche Einflüsse zurück. Eddy wurde
durch die Rolling Stones, die Kinks,
Oasis oder Artic Monkey beeinflusst, währen Nader eher unter
dem Einfluss von Muddy Waters,
RL Burnside oder Seasick Steve
steht. Und wie die beiden zwischen
Swamp Blues und Rock-Riffs, zwischen akustischen und elektrischen
Sounds, zwischen Garagen-Rock
und Blues, zwischen Naders gutturaler Stimmer und seiner jammernden Harp und Eddys rhythmischen
Riffs nach Gemeinsamkeiten suchen, das macht die Faszination der
Wanton Bishops aus. Schön, dass
dieses Debüt jetzt auch hier „normal“ zu kaufen ist!
Matthias Schneider
Wasser-Prawda | Mai 2015
72
BLUESKALENDER
BLUESKALENDER
Zusammenstellung: Matthias Schneider (blueskalender.
blogspot.de)
Ron Wood
1919
1947
1948
1952
1960
01.06.
Lafayette Leake*
Ron Wood*
Sonny Boy Williamson I.+
Karl Valta*
Jay Jesse Johnson*
Bill Miller *01.06.
02.06.
1908
1941
1952
2008
Othar Turner*
Charlie Watts*
Brian Brazil*
Bo Diddley+
Robert Ross*
1897
1916
1924
1943
1980
2009
Memphis Minnie*
Buster Pickens*
Jimmy Rogers*
Macavine Hayes*
Kyla Brox*
Koko Taylor+
1957
1966
1980
1983
Tinsley Ellis*
Fred Chapellier*
Coy „Hot Shot“ Love*
Richard Skibiński+
1944
1977
Adolphus Bell*
Sleepy John Estes+
03.06.
Bo Diddley
Memphis Minnie
04.06.
05.06.
Koko Taylor
B L U E S K A L E N D E R 73
06.06.
1936
1954
1974
2010
Raful Neal*
Sugar Ray Norcia*
Raoul Bhaneja*
Calvin Leavy+
Jean Marx Santel*
Matěj Ptaszek*
07.06.
Sugar Ray Norcia
1964
1993
1997
2012
Meade Lux Lewis+
Milwaukee Slim+
Arthur Prysock+
Bob Welch+
Sören Jordan *07.06.
08.06.
1946
1968
1972
1979
2007
2011
Jimmy Rushing
James Harman*
Bumble Bee Slim+
Jimmy Rushing+
Derek Trucks*
Nellie Lutcher+
Alan Rubin+
Wolf-Gang Kuhlmann *
09.06.
1902
1927
1929
1934
1941
1949
1953
Skip James*
CeDell Davis*
Johnny Ace*
Jackie Wilson*
Jon Lord*
Billy C. Farlow*
Fruteland Jackson*
Fiona Boyes
10.06.
1910
1965
2004
Howlin‘ Wolf
Howlin Wolf*
Michael „Dr. Mike“ James*
Ray Charles+
74
BLUESKALENDER
11.06.
1931
1949
1954
1957
1959
1970
12.06.
Mae Mercer*
Kenny Wayne Shepherd*
J. B. Hutto+
13.06.
Richard M. Jones*
Bob Hall*
Clyde McPhatter+
John Campbell+
14.06.
‚Blues Queen‘ Sylvia Embry*
Wynonie Harris+
Rory Gallagher+
Gipsy Elise *
15.06.
Aron Burton*
Grace Brim+
Joe Carter+
Mike Watson*
16.06.
Lonnie Johnson+
1962
Julien Kasper*
1932
1977
1983
Hugh Laurie
Bonnie Lee*
Frank Lee Beard*
Johnny Neel*
Ralph Willis + *1910
Hugh Laurie*
1892
1942
1972
1993
1941
1969
1995
1938
1999
2001
Lonnie Johnson
17.06.
1884
1930
1938
1993
1956
1986
Big Bill Morganfield
18.06.
Sara Martin*
Jerry McCain*
Don „Sugarcane“ Harris*
Luther Tucker+
19.06.
Big Bill Morganfield*
Tiffany Harp*
B L U E S K A L E N D E R 75
20.06.
1933
1947
1987
Lazy Lester*
Dan Treanor
Marius Tilly*
Killer Ray Allison *
1941
1969
1982
2001
21.06.
Johnny „Yard Dog“ Jones*
Andreas „Äl“ Lindinger*
Frank Hovington+
John Lee Hooker+
Nora Jean Bruso (nee Wallace)*
„Elmo“ Lee Thomas*
1919
1921
1937
1959
Ella Johnson*
J.W. Warren*
Cal Green*
Mario Bollinger*
2013
2013
1913 Helen Humes*
Bobby Bland+
Little Willie Littlefield+
Peter Bonzo Radványi*
1944
1947
1950
1956
2014
Jeff Beck*
Mick Fleetwood*
Sandy Ross*
Michael Coleman*
Lee McBee+
1925
1937
1948
1985
2013
Clifton Chenier*
Eddie Floyd*
Peggy Scott-Adams*
Pee Wee Crayton+
Luke Jordan+
Lazy Lester
22.06.
23.06.
24.06.
John Lee Hooker
25.06.
Clifton Chenier
76
BLUESKALENDER
Big Bill Broonzy
1893
1903
1942
1966
1967
1979
1993
2006
26.06.
Big Bill Broonzy*
St. Louis Jimmy Oden*
Larry „The Mole“ Taylor*
Scott Holt*
Pat Boyack*
Ximena Monzón*
James „Son“ Thomas+
Johnny Jenkins+
1925
1927
27.06.
Jerome Solon Felder (Doc Pomus)*
Johnny „Big Moose“ Walker*
1915
28.06.
David Honeyboy Edwards*
1978
1987
Juke Boy Bonner+
Elizabeth Cotten+
1892
1936
1942
1942
Bo Carter*
Dave Van Ronk*
Klaus Renft*
Mac Arnold*
29.06.
Dave Honeyboy Edwards
Elizabeth Cotten
30.06.
F E U I L LTO N
77
LITERATUR A B C: D W I E D R A M A
Dramatiker, Dramaturg, DramaQueen: Wer macht nun was?
Der Begriff Drama kommt aus dem Griechischen und
bedeutet an erster Stelle Handlung. Goethe definierte
die Dramatik als eine der Naturformen der Dichtung als
die Redesituation eines persönlich Handelnden. Jüngere
Dramentheorien stellen vor allem ihren performativen
Charakter heraus.
Ein Dramatiker ist also derjenige, der einen dramatischen Text verfasst, der zunächst unabhängig von einer
Realisierung auf einer Theaterbühne existiert, aber auf
eine plurimediale Auff ührung hin konzipiert ist, die
Augen, Ohren und manchmal auch Nase anspricht
– auch wenn die klassischen Dramen vor allem als
Lesedramen so manche Schüler quälen.
Ein nicht übermäßig sympathischer Regisseur erklärte
die Arbeit eines Dramaturgen einmal folgendermaßen:
Ein Schauspieler und ein Regisseur haben auf einer Fahrt
mit dem Heißluftballon ein wenig die Orientierung verloren. Sie machen den Brenner aus um Höhe zu verlieren
und einen unten spazierenden Dramaturgen zu fragen,
wo sie sich gerade befinden, woraufhin dieser antwortet: In einem Heißluftballon. Was ein Dramaturg sagt,
ist also aus Sicht des Regisseurs zwar richtig aber wenig
nützlich ...
Er ist im Theater oft der studierte Literatur-Spezialist
an der Seite des Intendanten und ist verantwortlich
für die Bearbeitung eines dramatischen Textes für die
gewünschte Bühnenfassung. Früher waren sie oft auch
Hausschreiber, die Stücke eigens für ihr Theater verfassten, wie z. B. Goethe in Weimar. Heute schreiben
die Dramaturgen meist auch die Begleittexte für die
Programmhefte oder stehen als Experten für das Stück
für Presse und Publikum zur Verfügung.
Unsere Drama-Queen ist letztlich unsere Expertin
für das Vermischen von Kunst und Leben. Für sie ist
die Welt ihre Bühne. Was im Theater der deutlichen
Darstellung dient (wie z.B. auch das übertriebene MakeUp, das die Mimik der Schauspieler bis in die letzte
Reihe sichtbar werden lässt), ist aus der Nähe betrachtet
einfach nur noch überzogen. Aber wie heißt es so schön?
Die besten Dramen schreibt doch oft das Leben ...
Kristin Gora
Wasser-Prawda | März 2015
78
SPRACHRAUM
DER B L I C K I N D I E
LEERE DE S KO P F E S
VON JÜRGEN LANDT
es blieb alles zu verstehen.
nur, wieso sollte ein mensch alles verstehen?
der mann verstand das nicht, grub seine hände in die
taschen, versuchte, an nichts zu denken und machte
sich von der kneipe auf einen dunklen verbindungsweg
von einem ghetto in greifswald zum anderen, sah eine
gruppe von jungen leuten auf sich zukommen, registrierte auf den letzten metern der begegnung, daß sie
vermummt waren und dachte: ‚die kids werden wohl
plakate kleben.‘, bemerkte beim passieren das hervorholen einer baseballkeule hinter dem rücken der ihm am
nächsten kommenden person, und dann hatte er das
fürchterlich ausgeholte instrument auch schon mitten
im gesicht. der mann nahm die hände aus den taschen,
taumelte nach vorn und erwartete die nächsten, ihn
Wasser-Prawda | März 2015
endgültig umbringenden schläge, hörte: „geil alter, sauberer schlag!“, sah jemanden seitlich den baseballschläger suchen, sah den jungen mann den schläger finden
und stellte sich auf ein ihn kopfzermatschendes aus ein,
hörte den bengel wegrennen, vernahm noch einmal ein:
„sauberer schlag, eh!“, und dann rannten sie alle.
der mann versuchte, nicht auf die knie zu sacken, doch
suchte er noch seine brille, er fühlte sie im kalten schnee
und wiederum das heiße blut an seinen händen, im
mund, im hals, im atem.
er wankte in richtung straßenlaternen, welche ihm das
zuhause in der anderen hochhaussiedlung anzeigten. er
hatte es nicht mehr weit, und in den ersten straßen der
siedlung schaute er sich um, sah im schein der laternen
seine blutspur im schnee.
SPRACHRAUM
‚bloß nicht fallen! bloß nicht liegenbleiben!‘, waren ein
paar gedanken, die ihn vorwärtstrieben, die ihn endlich
einen bund mit schlüsseln hervorkramen ließen, einen
schlüssel ins schloß der tür manövrieren ließen.
der mann betrat die wohnung. sie war nicht beleuchtet.
„na endlich. ach, es ist schön, daß du kommst.“, hörte
er die stimme seiner freundin.
„schatz, nicht erschrecken, wenn ich das licht anmache.“
gurgelte er blutend hervor.
der mann knipste das licht an.
„oh nein!!, oh gott, oh gott!!, hat dich ein bus angefahren!!?“, schreckte die frau vom sofa hoch.
„nein, `ne baseballkeule, vielleicht ein gummiknüppel
oder ein eisenrohr, keine ahnung.“
„wer? die bullen?“
„ach, irgend `ne idiotische gang aus den plattenbauten
hier ringsum.“
der mann ging ins bad, spuckte blut ins waschbecken
und schüttete sich händeweise kaltes wasser ins heiße
gesicht.
„du hast ja ein großes loch zwischen deinen augen im
kopf!!“ kreischte die frau. „los, du mußt schnell zum
arzt! wir müssen irgendwo anrufen!“
der mann schaute in den spiegel. die frau hatte recht. er
blickte in ein großes, blutverkrustetes, doch noch immer
blut ausstoßendes loch mitten im gesicht. der mann
beugte sich dichter an den spiegel und schaute in das
loch in seinem kopf. es war leer in seinem kopf, schwarz,
wie in einer sternenlosen nacht. ‚ich hab`s gewußt.‘,
dachte der mann, ‚nichts weiter als gähnende leere und
dunkelheit! ein vollkommen hohler und leerer kopf!‘
„ich hab`s gewußt!“ fügte er laut hinzu.
„was weißt du?“ fragte ängstlich die frau.
„nichts!“ sagte der mann, „meine birne ist vollkommen
hohl und leer! ich hab`s gewußt!“ stöhnte er vor sich hin.
dann waren sie auf der menschenleeren, nächtlichen
straße und suchten ein öffentliches telefon. endlich.
endlich eine zelle.
beim betreten sahen sie den abgerissenen telefonhörer am boden liegen und gingen zurück auf die straße.
das heranbrausende taxi hielt. der fahrer betrachtete sich
den blutenden mann. „tut mir leid, leute. ich hab `ne
bestellte fahrt.
aber da vorne fährt gleich ein bus.“ das taxi fuhr wieder
79
ab.
der mann und die frau warteten auf den bus. der mann
hatte sich einen schal vor`s gesicht gebunden, war
bemüht, den mund frei zu halten, zog in abständen tief
luft, verschluckte sich an seinem blut und würgte.
der busfahrer sagte nichts, starrte leer vor sich hin und
fuhr das fahrzeug zum bahnhof. kein schalter hatte auf,
und vor der bahnhofshalle lallte nur ein betrunkener.
die frau kam aus der telefonzelle zurück. „kaputt.“ sagte
sie, sah einen streifenwagen langsam auf`s halbrondell
des bahnhofs rauffahren, rannte dem wagen entgegen,
stoppte ihn, zeigte auf mich und rief: „der mann ist
verletzt!!“
der wagen fuhr langsam vor, ein polizist hängte seinen
kopf aus dem fenster und fragte: „ist es schlimm
sorgenich?“
peter sorgenich zuckte mit den schultern, er wußte es
nicht, ging ans fenster des streifenwagens und wickelte
seinen schal ab. „meine fresse!“ sagte der polizist, „gib
mal durch, daß wir ins klinikum fahren!“, gab er seinem
kollegen an. der mann stieg ein und die polizei betrachtete unbehaglich sein tropfendes blut.
„das ist nichts für uns!“ sagte der arzt, „der mann muß in
der hals-nasen-ohrenklinik operiert werden! und wenn`s
geht, gleich! aber vorher mach ich noch ein paar fotos für
die studenten! so ein loch hab ich noch nicht gesehen!“
der arzt wickelte den mann in ein paar weiße tücher,
ließ nur das loch im kopf frei, und dann hörte sorgenich das klicken der kamera. irgendwie kam der mann
in der anderen klinik an.
„oh nee!“ sagte der bereitschaftshabende assistenzarzt
und nähte auf die schnelle das gewaltige loch zu, entließ
den mann mit einer vollkommen schiefen nase und der
bemerkung: „kommen sie morgen wieder, wenn der
professor im hause ist. und tun sie mir einen gefallen,
bauen sie keinen mist, versterben sie mir nicht zuhause!“
die frau und der mann hockten auf ihrer matratze.
der mann stand auf, ging etwas schwindelig ins bad und
schaute erneut in den spiegel. die nase war so krumm, als
wollte sie sich unter allen umständen hautnah die pupille
im rechten auge anschauen. das gesicht schwoll an.
der mann versuchte sich hinzulegen, doch das angeschwollene gesicht vergrub im liegen seine augen.
sie saßen wieder, und jetzt erhob sich die frau: „ich will
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SPRACHRAUM
versuchen, deine blutübertrockneten schuhe zu putzen.“
„danke, mein engel.“ gurgelte hustend der mann.
der professor schrie die ihn umgebenen mediziner an:
„welcher idiot hat letzte nacht diesen mann zurück auf
die straße geschickt!! der mann geht als erster in den op!“
„ich schau mal auf den dienstplan.“ sagte die ärztin der
frühschicht.
der mann wurde in weiße tücher gehüllt, spürte unter
den verdeckten augen das blitzen einer kamera. „das
sind ein paar fotos für die studenten.“ sagte die ärztin,
„ich schätze, daß ist ein doppelter, offener, irgendwie
zusammengenähter nasenbeinbruch.“ sagte eine andere
stimme. „kann sein.“ sagte die ärztin, befreite ihn von
den tüchern und fragte: „wie geht`s, herr sorgenich?“
„blendend.“ sagte der mann und schnappte nach der
krankenhausluft.
er erwachte in hilfloser atemnot sitzend im bett, schaute
panisch herunter auf seinen weit aufgerissenen mund,
rang immer noch nach sauerstoff, sah feine bändchen
aus seiner nase schaukeln, rief irgendwas und schlief
benommen wieder ein.
in den nächsten tagen besaß er neben seinen stöpseln in
der nase hühnereigroße, blutgefüllte und stark bewegliche ovale bällchen unter beiden augen. drehte der mann
den kopf zur linken seite, schoben ihn die bällchen die
augen zu, drehte der mann den kopf zur rechten seite,
taten die bällchen dasselbe, bewegte der mann den kopf
nur ein wenig nach hinten, legten die blutgefüllten bällchen sich ganz auf seine augen. „wir versuchen es noch
zwölf stunden weiterhin mit eis, sollten die stauungen
bis dahin nicht etwas zurückgehen, muß ich das blut
ablassen, sonst platzen ihre bälle!“ sagte die ärztin. eine
schwester legte ihm wieder die eisbeutel auf die augen.
„ach so, das hätte ich beinahe vergessen!“ meinte die
zurückgekehrte ärztin, „ich brauche für die studenten
auch noch fotos von ihren blutsäcken. und nicht einen
happen festes essen! haben sie mich verstanden? und die
stöpsel wechsle nur ich bei ihnen!“
„verstanden.“ sagte der mann unter den eisigen beuteln.
seine freundin brachte ihm schokolade mit.
„wird doch gehen, oder?“ fragte der mann die frau.
„klar.“ sagte die frau.
der mann brach sich ein stückchen schokolade ab und
steckte es in den mund. was für ein irres gefühl. er
Wasser-Prawda | März 2015
hätte nicht gedacht, daß bei seinem gewaltigen hunger
ein bißchen schokolade den magen und die psyche so
entkrampfte.
die schokolade begann zu schleimen. der mann rang
nach luft.
„heh, heh! du wirst mir doch nicht an einem stückchen
schokolade ersticken!“ rief die frau, richtete den mann
etwas auf und meinte: „du kannst von glück reden, daß
du kein boxer bist!“
der mann konnte nicht antworten, schnappte weiterhin
nach luft und dachte: ‚wieso boxer?, mit baseballkeulen
im ring?‘ und erholte sich ein wenig.
„ich gehe jetzt was richtiges essen!“ sagte der mann, stand
auf, wickelte vorsichtig seinen schal unter die hängenden, mit blutgefüllten unteraugeneier und suchte seine
jacke. als wenn nichts wäre, gingen sie beide den flur
entlang, verließen die klinik in richtung eines ihnen
bekannten imbisses.
„eine currywurst! in kleinen stücken.“ sagte sorgenich,
„und du?“ fragte er die frau. „ich auch.“ sagte die, „aber
meine brauchen sie nicht zerhacken.“
„boxer, was?“ fragte der mann neben dem kleinen rost.
„was macht das?“ fragte sorgenich.
„MOOOMENT!“ sagte der mann, wischte seine fettigen hände an der schmierigen schürze ab und tippte
irgendwas in die kasse.
SPRACHRAUM
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DIE
VESTALINNEN
Eine Reise um die Erde. Abenteuer zu Wasser und zu Lande. Erzählt
nach eigenen Erlebnissen. Band 1. Von Robert KraŌ
24. DER KAMPF IM FLUSSE
Als der überraschten Jagdgesellschaft von allen Seiten
Mündungen von Gewehren entgegenstarrten, sahen die
Herren sofort ein, daß Widerstand hier nichts half. Eine
einzige, auf Geheiß des Rajahs abgegebene Salve hätte
den Boden ringsum mit Toten bedeckt. Willig streckten
die Gefangenen die Waffen und ließen es ruhig geschehen, immer von den mit angeschlagenen Gewehren
auf den Felsen postierten Indiern, wenigstens hundert
Mann, bedroht, daß man ihnen die Hände auf den
Rücken band, den Herren sowohl, wie den Damen.
Ein einziges Mal noch blitzte in Lord Harrlington
ein Hoffnungsstrahl auf, als am Eingange der Schlucht
ein wildes Geschrei erscholl, Schüsse knallten und er
den Ruf hörte, daß Jeremy, Horatios Bursche, entflohen sei. Unwillkürlich wollte er die Hände hinter dem
Rücken, welche eben erst einmal vom Strick umschlungen waren, wieder auseinanderreißen, aber der vor ihm
stehende Indier setzte ihm mit drohender Gebärde die
Mündung einer Pistole an die Stirn. Was hätte es ihm
und seinen Freunden geholfen, wenn er jetzt starb?
Während des Transportes würde sich vielleicht eher als
hier eine Gelegenheit zur Flucht bieten.
Außerdem sagte eben der herzukommende Abudahm,
dieser elende Verräter, zum Rajah, er habe den Flüchtling
mit eigener Hand erschossen. Er habe gesehen, wie derselbe in eine tiefe Schlucht gestürzt sei, zu der es keinen
Abstieg gäbe. Also war auch diese Hoffnung, daß Jeremy
Hilfe herbeihole, geschwunden.
Harrlington hatte keine Ahnung, daß Jeremy jener
Detektiv war, den er mit der Beobachtung und dem
Schutze Ellens betraut hatte. Er kannte zwar die seltsamen Gewohnheiten dieses Mannes und wußte, daß
derselbe sich immer unter anderer Gestalt demjenigen
näherte, für den er sich interessierte, aber unter welcher
Maske, das erfuhr selbst Harrlington niemals. Er hielt
Jeremy wirklich für den Burschen des Kapitäns, für
einen braven und ehrlichen, aber auch sehr beschränkten
Menschen. Dennoch ruhte des Lordes einzige Hoffnung
jetzt auf dem Detektiven, der Ellen sicher nicht aus den
Augen gelassen hatte.
Ebenso wie Harrlington, zweifelten auch die anderen
Gefangenen nicht daran, daß der Rajah einen Aufstand
im Sinne habe, und um dabei sicher zu gehen, die
Offiziere beseitigen und die Gäste derselben als Geißeln
behalten wolle.
Bald versammelten sich der Rajah, Abudahm und
alle indischen Offi ziere, welche an dem Jagdausflug
teilgenommen hatten, außer Hörweite der Gefangenen
und hielten eine Beratung ab, nach deren Beendigung
die bewaffneten Eingeborenen von den Wänden der
Schlucht herabgerufen wurden.
Es waren, wie der erfahrene Harrlington sofort sah,
Wasser-Prawda | Januar 2015
82
SPRACHRAUM
Wasser-Prawda | Januar 2015
SPRACHRAUM
nicht nur Eingeborene aus der Umgegend, sondern die
Hälfte von ihnen hatte ihre Heimat in den Bergen,
welche sich im Norden der Provinz Heiderabad
erheben. Ihr Wuchs ist größer und stärker, als der
jener Landbebauer, und dann unterscheiden sie sich
auch durch die Waffen von letzteren. Während diese
moderne Gewehre mit Bajonetten führen, tragen die
Bergbewohner alte Feuersteinflinten und die gefährlichen, krummen Säbel, welche mit glatten oder ausgezackten Klingen von eingeborenen Waffenschmieden
hergestellt werden.
Der Rajah und Abudahm ordneten den Zug, dessen
Endziel natürlich keiner der Gefangenen kannte.
Voraus ritt der Rajah selbst, neben ihm Abudahm
und die übrigen indischen Offiziere, sich eifrig unterhaltend. Ihnen schlossen sich die Eingeborenen von
Sabbulpore an, welche zu Fuß gekommen waren, nun
aber auf den Pferden der Gefangenen saßen und den
Obersten, dessen Nichte Rosa und die übrigen englischen Offiziere scharf bewachten. Hinterher schritten
die zur Jagd mitgenommenen Treiber, welche abwechselnd die aus Zweigen geflochtene Bahre trugen, auf
welcher der noch immer bewußtlose Werden lag, und
den Schluß endeten die Herren vom ›Amor‹ und die
Vestalinnen, unter der Aufsicht der ebenfalls gleich den
Gefangenen zu Fuß gehenden Bergbewohner. Es hatte
sich zufällig so gefügt, daß Ellen mit dem neben ihr
gehenden Wächter die letzte des langen Zuges war.
Eine Stunde mochte der Marsch schon gedauert haben, der meist immer zwischen Hügeln durchführte, als der voranreitende Rajah sein Pferd zügelte
und mit seinen Begleitern eine lange Unterredung hielt.
Sie mußten in irgend einem Punkte nicht übereinstimmen, denn namentlich Abudahm begleitete seine Rede
mit lebhaften Gestikulationen, aber immer wieder setzte
der Rajah dessen vorgebrachten Ratschlägen ein verneinendes Kopfschütteln entgegen.
Dann wurde der Anführer der fremden Indier, ein
großer, muskulöser Mann, zu der Gruppe gerufen und
mußte eine lange Auseinandersetzung anhören, worauf
er zu seinen Leuten zurückkehrte und mit den von ihnen
bewachten Gefangenen links in ein Hügelthal einbog,
während der Rajah und seine Offi ziere mit den gut
bewaffneten Indiern und den gebundenen englischen
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Offizieren nach rechts abschwenkten.
Von Harrlingtons Herzen fiel eine Centnerlast.
Er hatte aus den Bewegungen Abudahms ganz richtig
erraten, daß dieser äußerst mißtrauische Mann auf eine
Trennung der gefangenen Gäste bestand, aber der Rajah
aus irgend einem anderen Grunde nicht darauf eingehen wollte. Er nahm nur die englischen Offiziere mit
sich und überließ die übrigen der Wachsamkeit der
Bergbewohner.
Ebenso wie Harrlington, atmeten auch dessen
Gefährten erleichtert auf, als sie merkten, daß sie nicht
voneinander getrennt werden sollten.
Nicht ein einziger war unter den Gefangenen,
die jetzt wieder bergauf, bergab, durch Wälder und
Wiesenflächen geführt wurden, der sich nicht mit den
Gedanken abgequält hätte, wie eine Flucht möglich
wäre. Aber nirgends war eine Möglichkeit dazu vorhanden: die Banden waren so fest geschnürt und die
Stricke bestanden aus dickem Hanf, sodaß selbst der
riesige Hastings sie nicht zu sprengen vermocht hätte.
Außerdem waren sie waffenlos, ihre Jagdbüchsen hatten
die Indier an sich genommen, und selbst wenn sie frei
gewesen wären, war es doch keine so leichte Sache, die
fünfzig kräftigen Indier, die alle gut bewaffnet waren,
zu überwältigen.
Lord Harrlington war der erste, welcher versuchte,
mit seinem Wächter eine Unterhaltung anzuknüpfen,
und der braune Bursche, der sich langweilte, ging sofort
darauf ein.
»Wohin werden wir geführt?« fragte ihn der Lord.
»Ich weiß nicht, Sahib, jedenfalls in die Berge.«
»Warum sind wir gefangen genommen worden?«
»Unser Rajah, der ein Freund von Skindia ist, hat uns
fünfzig Mann hierhergeschickt, mit dem Geheiß, dem
Skindia in allen Befehlen nachzukommen. Das haben
wir auch gethan.«
»Fürchtet Ihr Euch nicht vor der Strafe, die Euch
treffen wird, wenn das englische Gouvernement von
unserer Gefangennahme hört?«
Der Indier lachte höhnisch auf.
»Die Engländer werden ihre Rolle hier bald ausgespielt haben,« entgegnete er, »in einigen Tagen erheben
sich alle Indier mit einem Male, und sie werden das
Häufchen Engländer wie einen Wurm zertreten.«
Wasser-Prawda | Januar 2015
84
SPRACHRAUM
Also das war es, was diesen Rajah zu der
Gefangennahme den Mut gab. Eben wollte Harrlington
den Indier weiter ausforschen, als dieser von selbst in triumphierendem Tone fortfuhr:
»Noch heute fällt Sabbulpore, und mit ihm geraten
alle darin befindlichen Offiziere und englischen Soldaten
in die Hände des Rajah Skindia. Vielleicht weht schon
jetzt die britische Flagge nicht mehr auf der Festung.«
Harrlington schrak zusammen.
Wie, also schon so weit war die Empörung gediehen?
Er hatte gehofft, daß sich die Besatzung von Sabbulpore
über das Ausbleiben der Jagdgesellschaft ängstigen und
Nachforschungen anstellen würde, so aber war ihnen
die letzte Aussicht genommen, durch andere als durch
eigene Hilfe sich zu befreien. Wie aber sollte man dies
anfangen?
Ohne Zweifel wurden sie alle in die Berge geschleppt,
jede von ihnen hinterlassene Spur verwischt, und sie
getrennt in Verstecken als Geißeln festgehalten. Jene
Berge waren durchzogen von Höhlen, welche nur den
dortigen Bewohnern bekannt waren.
Ebenso wie sie, wurden vielleicht in ganz Indien
andere zu Geißeln gemacht, gingen die Engländer
auf die ihnen gestellten Bedingungen ein, das heißt,
räumten sie Indien, so wurden die Gefangenen freigelassen, nahmen jene aber den Kampf auf und fiel dieser
zu ihren Gunsten aus, so mußten die Köpfe der Geißeln
unbedingt fallen. Das waren traurige Aussichten.
Finster schritt Harrlington neben seinem Wächter
her. –
Auch Ellen hatte vergebens den Kopf angestrengt,
ein Mittel zur Befreiung zu finden, es fiel ihr keines ein.
Da merkte sie plötzlich, wie ihr Wächter sie öfters
längere Zeit aufmerksam betrachtete. Er mochte für
das schöne Mädchen, zu dessen Schütze er auserkoren worden, Teilnahme, oder vielleicht mehr als das
empfinden.
Sofort beschloß Ellen, darauf einen Fluchtplan zu
gründen, denn wenn nur einer von den Gefangenen
entflohen war, so war schon viel gewonnen.
»Sprichst du englisch?« fragte sie den Indier.
Er schüttelte verneinend den Kopf.
Das war schade, sonst hätte ihm Ellen etwas
Interessantes erzählt, wodurch sie seine Aufmerksamkeit
Wasser-Prawda | Januar 2015
ablenken konnte.
So aber verging fast noch eine Stunde, ehe sie sich
einen Plan zurechtgelegt hatte, nach dem sie ihre
Befreiung und vielleicht auch die der anderen bewirken konnte.
Die Sonne stieg immer höher und sandte ihre glühenden Strahlen auf die Gefangenen, welche die Hitze nicht
so gewohnt waren, wie die Eingeborenen.
Ellen begann leise zu stöhnen und sah, wie sie ihr
Wächter wieder mitleidig betrachtete.
»O,« seufzte sie, »die Stricke schmerzen mich.«
Wieder stöhnte sie mehrere Male auf, um das Mitleid
ihres Wächters noch mehr zu erregen. Sie versuchte
etwas zurückzubleiben, und als letzte gelang ihr dies
auch.
Der Indier wandte sich zu ihr und sprach sie an, aber
leider verstand sie ihn nicht. Ellen begnügte sich damit,
ein recht schmerzhaftes Gesicht zu ziehen und von Zeit
zu Zeit zu jammern.
Da, fast konnte sie einen Freudenruf nicht unterdrücken, legte der Indier bedeutungsvoll den Finger auf
den Mund, schaute sie an und zog das Messer aus dem
Gürtel. Im nächsten Augenblicke fielen die Bande von
Ellens Händen, aber er hielt sie noch zusammen und
schaute das Mädchen an, eine Gebärde machend, die
zum Schweigen mahnte.
Ellen hatte verstanden, sie sollte die Hände auf dem
Rücken so liegen lassen, als wären sie noch gebunden,
denn da sie die letzte im Zuge war, so konnte niemand
diese ihr gewährte Freiheit bemerken.
Noch wußte sie nicht, wie sie eine Flucht bewerkstelligen konnte, aber schon betrachtete sie mitleidig den
gutmütigen Burschen neben ihr; denn zur Erlangung der
Freiheit war es jedenfalls nötig, daß er sein Leben lassen
mußte. Vorläufig zögerte sie, irgendwelchen Gebrauch
von ihren freien Händen zu machen, eine günstige
Gelegenheit dazu mußte erst abgewartet werden.
Bei einer Biegung des Weges orientierte sie sich, wie
die einzelnen Personen im Zuge verteilt waren. Gleich
einer der ersteren war Lord Hastings, von diesem nur
durch einen kleinen Zwischenraum getrennt, kam
Lord Harrlington, hierauf Johanna, dann Miß Murray,
dicht hinter dieser Hendricks, und der nächste vor ihr
war John Davids, der zweite Steuermann des ›Amor‹,
SPRACHRAUM
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Wasser-Prawda | Januar 2015
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SPRACHRAUM
ein ruhiger, stiller Mann, welcher sich nur bemerkbar
machte, wenn seine Dienste gebraucht wurden. Diese
genannten Personen waren diejenigen, deren Stellung
im Zuge sich Ellen merkte, denn von ihnen hoff te sie
am meisten Unterstützung zu finden. Sehr froh war sie,
daß gerade der besonnene und schnell entschlossene
Davids vor ihr ging.
Da erglänzte in der Ferne der Spiegel eines breiten
Flusses.
»Wenn wir diesen passieren,« dachte Ellen, »so ist dies
der günstigste Augenblick, den ich zu einer Flucht finden
kann. Die Wächter müssen beim Durchschreiten des
Wassers in der einen Hand die Flinte, in der anderen
die Pistole hochhalten, sodaß sie keine Hand frei haben.
Ich bleibe etwas zurück, und in dem Augenblick, da der
Wächter Davids beide Arme hochhält, stoße ich meinen
Führer nieder, nehme ihm die Waffen ab und laufe dort
in jenes Gebüsch. Das Plätschern des Wassers kann vielleicht meine Flucht unbemerkbar machen, wenn nicht,
so werde ich mich auch etwaiger Verfolger zu erwehren
wissen, und bin ich erst in Sicherheit, so ist schon viel
gewonnen.«
Aber es sollte anders kommen, als Ellen gedacht hatte.
Am Ufer des Flußbettes hielt der Führer und besprach
sich mit dem hinter ihm gehenden Indier. Dieser deutete
auf eine nicht weit entfernte Stelle des Uferrandes, und
sofort schritt ersterer darauf zu. Jedenfalls befand sich
dort eine Furt, dachte Ellen.
Mit zusammengepreßten Lippen, alle Muskeln
anspannend, aber die Hände immer noch auf dem
Rücken, sah sie zu, wie einer der Wächter nach dem
anderen ins Wasser schritt, das ihm bis zur Brust
reichte, Flinte und Pistole hochhielt und neben seinem
Gefangenen dem anderen Ufer zustrebte.
Nur noch acht Paare waren außer ihr am Land, Ellen
überzeugte sich mit einem Seitenblick, wo das Messer
ihres Wächters stak. Betrat Davids das Wasser, so mußte
es in ihrer Hand sein, und der Leichnam seines Besitzers
rollte den Abhang hinunter.
Doch, was war das?
Die ersten Gruppen hatten das jenseitige Ufer fast
erreicht, da entstand in der Mitte des Flusses ein
Getümmel, der Zug staute sich, und Ellen sah, wie Lord
Hastings seinen Führer unter Wasser drückte und dessen
Wasser-Prawda | Januar 2015
Messer einem anderen herzueilenden Indier in die Brust
stieß.
Dem herkulischen Lord war es gelungen, schon unterwegs seine Bande nach und nach zu lockern, und während
das bis zur Brust reichende Wasser seine Anstrengungen
verbarg, hatte er die Stricke völlig gesprengt.
Die am weitesten vorn befindlichen Wächter drehten
sich um, die hinten im Wasser stehenden eilten nach
vorn, um den kühnen Mann wieder zu bändigen. Auch
Ellens Begleiter wollte ins Wasser springen, da aber riß
eine Hand ihm das Messer aus dem Gürtel und stieß es
ihm bis ans Heft in den Rücken.
Röchelnd brach er zusammen.
Im nächsten Augenblick fühlte Davids, wie seine
Fesseln durchschnitten, wie ihm der Griff eines
Schwertes in die Hand gedrückt wurde, und er hörte
Ellens Stimme rufen:
»Erst die anderen frei.«
Jeder Schnitt löste die Stricke von zwei Händen. Was
schadete es, wenn das scharfe Messer dabei das Fleisch
streifte? Nur immer schnell von einem zum anderen
geeilt und den Stahl kräftig über die Stricke gleiten
lassen. Um Hastings hatten sich fast alle die Indier
geschart, den Wütenden zu bändigen; wer noch nicht
zur Stelle war, eilte so schnell wie möglich dorthin, an
die anderen Gefangenen dachte in diesem Augenblick
niemand – die waren ja noch gefesselt. Da wurden die
Indier plötzlich von hinten umschlungen, die Messer
wurden ihnen aus den Gürteln gerissen und ihnen in
die Brust gestoßen; sehnige Finger legten sich mit eisernem Griff um die Kehlen der Ueberraschten, sie wurden
unter das Wasser gedrückt, und nur ein Gurgeln verriet,
daß soeben eine Seele dem Körper entflohen war.
Die entsetzten Wächter erkannten jetzt, daß alle
Gefangenen frei waren; sie griffen nach den Waffen,
aber zu spät. Mann gegen Mann standen sie sich schon
gegenüber, kein Schuß ward hörbar, die Männer wie
die Frauen kannten kein Mitleid. Wer von den Indiern
den Dolch gegen einen waffenlosen Engländer zückte,
der erhielt von diesem einen Faustschlag, daß er mit
zerschmetterter Kinnlade im Wasser verschwand; wer
gegen ein Mädchen die Pistole erhob, der sank im nächsten Augenblick mit einem Schmerzensschrei zurück.
Nicht ein einziger der Indier erreichte das Ufer; das
SPRACHRAUM
blutgefärbte Wasser schwemmte ihre Leichen mit
fort. Fünf Minuten hatte dieser Kampf nur gewährt,
dann standen die Geretteten wieder am Ufer, zwar mit
Wunden bedeckt, aber doch frei. Die Gefühle, die ihre
Herzen erregten, als sie sich nun die Hände schüttelten, lassen sich nicht beschreiben. Der erste, der an die
Zukunft dachte, war Harrlington.
»Was nun?« fragte er seine Genossen. »Frei sind wir
zwar, aber wir haben wenig Aussicht, uns lange dieser
Freiheit zu erfreuen. Wie ich vorhin gehört habe, ist Fort
Sabbulpore bereits vom Rajah genommen, so können
wir also dort keine Hilfe erwarten.«
»Was brauchen wir Hilfe?« entschied Ellen. »Wir
sind fünfundfünfzig Personen, alle bewaff net wenn
auch schlecht. Unsere erste Pflicht ist, dem Rajah die
Gefangenen abzujagen. Ich möchte doch diese Indier
sehen, wenn wir einige Salven auf sie abgeben, sie
würden unserem Angriff nicht lange stand halten.«
»Wir wissen aber nicht, wohin sich der Rajah gewendet hat,« entgegnete Harrlington dem feurigen Mädchen.
»Nein, wir wollen erst das Fort Sabbulpore den Indiern
wieder nehmen, unmöglich ist dies nicht. Die Feinde
glauben uns weit entfernt und sich in Sicherheit, und
wenn wir dann wie ein Gewittersturm bei Nacht hervorbrechen, so halten sie uns für englisches Militär, und die
Ueberraschten werden nicht lange Widerstand leisten!«
»Aber der Oberst, Rosa und die gefangenen Offiziere?«
»Entweder sind diese bereits im Fort, oder wir erfahren doch wenigstens dort, wo sie gefangen gehalten
werden.«
Alle übrigen waren mit diesem Vorschlag einverstanden und traten, nachdem sie sich die beim Kampf
empfangenen Wunden notdürftig verbunden hatten,
ohne Säumen den Rückweg an. Harrlington kannte
die Gegend einigermaßen von früherher und diente als
Führer. Schnell, aber vorsichtig bewegte sich der Zug
vorwärts, ebenso, wie vorhin ihre Wächter, um jedes
Dorf einen großen Umweg machend, damit die Kunde
von ihrer Befreiung und Rückkehr ja nicht vor ihnen
nach Sabbulpore käme und somit ihr beabsichtigter Plan
vereitelt würde. Es war Nachmittag, als sie in der Ferne
die Bergfestung liegen sahen, und es wurde beschlossen, bis zum Anbruch der Dunkelheit sich in einem mit
Unterholz dicht bewachsenen Wäldchen verborgen zu
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halten und sich auszuruhen, um zu dem in der Nacht
vorzunehmenden Wagnis Kräfte zu sammeln.
Harrlington bat zwar, die Damen möchten sich
nicht bei der Ueberrumpelung des Forts beteiligen, sie
könnten sich auch dadurch sehr nützlich machen, daß
sie den Stürmenden den Rücken deckten, aber er wußte
schon vorher, daß er dabei auf Widerstand stoßen würde.
Nicht nur die Mädchen, sondern auch die meisten seiner
Freunde verwarfen diese Bitte, ja, sogar Hastings, der
sonst von den Fähigkeiten des weiblichen Geschlechtes
etwas geringschätzend dachte, erklärte dem Lord
ganz energisch, daß er seit dem Kampf im Fluß die
Vestalinnen vollständig als ihm ebenbürtig betrachte
und jede Zurücksetzung derselben als eine Beleidigung
gegen sich selbst auffasse.
Als die Dunkelheit einbrach, rüsteten sich die
Genossen zum Kampf. Noch einmal verbanden sie sich
die Wunden, setzten die Waffen in stand und schlichen
sich an das Fort heran. Ein richtiger Kriegsplan, wie
sie einen heftigen Angriff mit List verbinden wollten,
sollte erst kurz vor dem Beginn des Kampfes besprochen werden. Plötzlich hemmten die Vorausgehenden
ihren Schritt und deuteten nach einer bestimmten Stelle.
Deutlich konnte man wahrnehmen, daß dort einige
Feuer brannten, und beim Näherschleichen bemerkte
man, daß man nicht, wie man erst annahm, Wachtfeuer
von Eingeborenen vor sich hatte, sondern daß dort
Gruppen von Weißen lagerten.
»Wer da?« hallte ein Ruf durch die Nacht.
Vor Harrlington sprang ein Mann auf und hielt das
Gewehr gegen ihn.
Die Frage war auf englisch gestellt worden.
»Engländer,« entgegnete Harrlington freudig, »Gott
sei Dank, wir treffen auf englische Soldaten.«
Wie waren sie aber erstaunt, als sie in einem der drei
ihnen entgegenkommenden Männern Felix Hoffmann,
den Kapitän des ›Blitz‹ erkannten, der hier mit vierzig
Mann seines Schiffes lag!
Bald hatten sie sich verständigt; diejenigen der
Engländer, denen die empfangenen Wunden am wenigsten hinderlich waren, brachen sofort unter Führung des
Lord Harrlington nach Parahimbro auf, während sich die
übrigen mit den Mädchen der Expedition Hoffmanns
gegen die Festung von Sabbulpore anschlossen.
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ENGLISH
B B K ING IN PA RI S : M A K I NG T HE WORL D
A BETTER PLACE
BY GARY BURNETT (JULY 16, 2012)
Last week I went, along with
my daughter, to see B B King
play in Paris, in the stately
surroundings of Le Grand Rex
theatre. I’d never seen B B live
before so I was very excited that
we were able to go. He’s nearly
87, but still a great performer –
one of those artists who really
connects with his audience,
whether he’s singing, playing
Wasser-Prawda | März 2015
or chatting. He said recently,
“The way I feel today, as long
as my health is good and I can
handle myself well and people
still come to my concerts, still
buy my CDs, I’ll keep playing
until I feel like I can’t”. Good on
you, B B. My daughter & I and
a couple of thousand French
adoring fans certainly felt you
handled yourself pretty well.
ENGLISH
There’s a certain amount of pomp about a B B King
concert – well, he is the King, after all. His band
(hardly one without six decades under his belt)
played for at least five minutes, keeping the tension
going, until the great man was escorted to his chair
on the front of the stage, where he acknowledged the
whooping and hollering, and then royally dispensed
guitar picks to the front couple of rows, before
sitting down to play. The gift showering ceremony
took place at the end of the gig as well, before B B’s
minders eventually persuaded him to wave goodbye one final time.
Well, of course, at 86, you’re not going to get the
guitar playing of his younger days – but, man, that
voice – still thunderous when he gets going and
sweet when he wants it to be. And the guitar licks we
did get – still that characteristic B B sound. As slide
guitarist Derek Trucks recently said, “Still to this day
when you see BB, that’s all it takes – hear…one note
and you immediately know who you’re dealing with”.
“That one-note thing that BB gets, he’s communicating with you. So he touches that note in the right
way to grab your attention. He hits it and it talks to
you. It kinda pulls you in…” said Robert Cray, and
he’s dead right. Think of all the brilliant guitarists
who have played with B B, especially over the past
few years – he’s never in their shadow. Because he
knows how to communicate, to put heart into every
note.
Once he got started, he gave us, amongst others, I
Need You So, Key to the Highway, Rock Me Baby
and, perhaps surprisingly at his stage of life, Blind
Lemon Jefferson’s See That My Grave is Kept Clean.
And, of course, the song we’d all come to hear – The
Thrill is Gone. All the time, he’s playing the blues,
and yet – he’s making you feel good the whole time.
Kenny Wayne Shepherd commented on this,“He’s
one of the single most influential guitar players to
ever pick up the instrument. Part of it is indescribable and part of it is identifiable – from a player’s
perspective his vibrato…his phrasing – there’s
89
something very passionate about his choice of notes
that’s also very friendly. His music…just makes you
feel good when you listen to it”.
That’s it – just makes you feel good – it’s life affirming.
A various stages, over the years, the Christian church has been pretty suspicious of the blues, given its
association with juke joints, dancing and sex. Michael Bane, in his book, White Boy Singin’ the Blues,
says “The blues especially, were the opposite side of
sacred …. You could sing gospel or the blues, but
never both. The blues belonged to the Devil, with his
high-rollin’ ways… and if you sang his music, the
door to the Lord’s house was shut to you”.
Walter Trout, talking about B B King, however,
thinks this is too simplistic, “A lot of people in the
church, they go through this thing that it’s the devil’s
music, but the way he [B B King] plays and the way
he sings, that is a gift from God and if you are at all
religious you will believe that he has that gift and he
was touched when he was, you know, in the womb.
If you have a gift like that…you can make the world
a better place by sharing it.”
When we heard B B King play last week, I think we
all felt this gift of B B’s and we went away feeling
enriched from the experience. A B B King concert
makes you feel that the world can be a better place.
We’ll leave the last word to B B King’s There Must Be
Better World Somewhere:
It just ain’t fair, but I know
I said I know, Oh yes, I know
There must be a better
world somewhere
There’s just gotta be
Gotta be a better world
somewhere
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90
ENGLISH
AN INTERVIEW WITH BILL WYMAN
BY IAIN PATIENCE.
Speaking with the Stones‘ former
and the next about finding Roman
bassist, Bill Wyman, starts off on a
coins, interna onal photo exhibi ons
musical note but before long you‘re
and the ironic fact he was never able
being swept along both by and with
to photograph the Stones on-stage
Bill and his other primary passions,
because he was up there with them.
photography and history/archaeology.
All in all it‘s an interes ng ride, a
surprising adventure where one
minute he‘s quipping about musicians
Wasser-Prawda | März 2015
“I‘ve got all the backstage photos, though. The more
interesting ones. Mick Jagger putting on his socks”
he laughs.
There‘s something lurking round every corner with
this complex guy who has interests in so many more
fields that it can be exhausting and exhilarating just
ENGLISH
listening to him, let alone pursuing those multifarious pursuits as
he approaches his four score year
milestone.
With the impending release of
his first solo album in over 30
years, he explains that the material included on the new album,
‚Back To Basics‘, comes from a
mix of old songs he‘d written
and recorded as demos but never
released, and new ones written
specially for the project. All were
recorded on a home tape, stripped
down, pared to the bone - back to
basics, indeed - and the musical
support work added in a similar
way, with Wyman himself on Bass
and vocals together with support
from some of his best buddies,
soul-blues singer Beverley Skeet
and guitarist Terry Taylor, both of
whom form the core of his other
great band, The Rhythm Kings.
Add Mark Knopfler‘s pal, Guy
Fletcher, on keys and producer
Glyn Johns to the stew and you
have a singularly powerful, poised
and confident album.
The album’s already gaining positive reviews around the world,
and Wyman is clearly gratified
to know he can still produce the
goods, seemingly almost at the
drop of a hat.
“It‘s interesting” he remarks. “The
feedback so far has been great,
really positive. Some - other
musicians mostly - have told
me they think some of the lyrics
are a bit quirky.” One track, the
opener on the 12-track album,
‚What & How & If & When &
Why‘ also launches as a single,
a song with a slightly menacing,
near-sinister undertone. He says
it was originally written having
seen Bob Dylan’s video for Subterranean Homesick blues where
he throws aside the word sheets.
But the resulting song is, he adds,
nothing like Dylan’s. The lyrics
reflect his concerns about the way
of things generally and life out
on the streets nowadays. “Glyn
Johns and loads of other musician friends listened to it and all
thought it would make a great
single. So that‘s what I‘ve done”
he confirms.
Asked why it‘s been so long
between solo albums he simply
states what is evident from his
substantial CV - he‘s just been too
busy getting on with life and his
myriad other passionate interests,
photography, history/archaeology,
metal detecting and The Rhythm
Kings. He‘s also clearly and deservedly proud of his award winning book, ‚Bill Wyman‘s Blues
Odyssey‘ which scooped the US
Blues Foundation ‚Keeping The
Blues Alive‘ award for literature
back in 2002: “Buddy Guy and
BB (King) told me they thought
it‘s the best book about the music
they‘ve read, which meant a lot
to me.”
A man of many unexpected parts
is our Bill, much more than just
another old Rock‘n‘Roller, for
sure. A career at the very top of
the musical tree with the Rolling Stones would be more than
enough for most but instead Wy-
91
man didn‘t just retire when he left
the world‘s greatest Rock‘n’ Roll &
R&B band in 1993.
During the 1980‘s, while still with
The Rolling Stones, he carved
out a new career in music with
a huge surprise international hit
song, originally written as a demo
for the late Ian Dury, ‚Je Suis
Un Rock Star‘, but recorded by
Wyman himself to great acclaim.
He then went on to found the
band Willie and The Poor Boys,
an outfit he says was a “template,
a prototype” for what became his
current touring and recording
vehicle, The Rhythm Kings.
Back To Basics is an album that
effortlessly blends rock with blues
undertones and a crafted aura of
deceptively casual listen-again get under your skin – songs. And
though he‘s doing lots of radio
promotion and media exposure
to promote the new solo release,
he won‘t be taking to the road
with it anytime soon, if at all. “I‘m
not an upfront sort of guy. I can‘t
do that sort of thing. It‘s one of
those things you‘ve really got to
work at. It‘s not me. Sting works
at it, I don‘t. I find it too difficult
to try singing and playing Bass
at the same time! I do it with the
Rhythm Kings with our old songs
but if I‘m playing bass, I forget the
words and if I‘m singing I tend
to forget the bass-line. So it‘s not
for me,” he jokes ruefully. “I was
usually at the back, with Charlie
(Watts), keeping the beat strong
and solid, holding the rhythm;
not up front with a mic like
Wasser-Prawda | März 2015
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ENGLISH
Mick.”
Nowadays he composes with the
help of an acoustic guitar where
he brings the melodies together
with bass runs and single stringwork. “I don‘t do chords,” he
says. “I did play piano a bit, too,
though,” he adds.
When I casually mention my
own love of blues music, he again
explodes with interest remarking
on how surprised he is to find
one of his teenage daughters now
beginning to take an interest in it,
a musical genre he acknowledges
appears to have little attraction
to many younger people these
days. So, I ask, does he have a
personal favourite blues track?
He goes quiet and after a few
seconds thought says: “Howlin‘
Wolf and ‚Goin‘ Down Slow‘, the
version with Willie Dixon on
it. And Muddy (Waters), goes
without saying.” Wyman of course
recorded with Howlin’ Wolf and
remembers the session well.
To finish, I can‘t resist the temptation to ask if he has a personal
favourite Stones track. Again,
he thinks it over before confirming that one of their lesserknown songs, ‚Parachute Woman‘
from the 1968 release, ‚Beggars
Banquet‘, is his favourite. Not only
that but the man immediately
launches into the lyrics with his
characteristic gritty voice, before
adding that it‘s one of those tracks
that is seldom heard or played.
“Reminds me of Bo Carter and
the double entendre of many
old blues numbers”, I suggest.
Wasser-Prawda | März 2015
“Parachute woman, land on me
tonight,” he quips in agreement
with a laugh.
Bill Wyman’s new album, Back To
Basics, is released on the Proper
record label on June 22nd.
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GÜNTER „ HOLLY“ HOLWA S
(19 50-2014)
BY RAIMUND NITZSCHE. TRANSLATION:
MATTHIAS SCHNEIDER
There are musicians whose
importance lies less in the
recording, they leave behind, but
in their commitment and their
live performances. This certainly
includes Günter „Holly“ Holwas,
who passed away on 11 May
2014 in Bavaria. As co-founder
of the Berlin Bluesmeasuring
the singer and guitarist is one
of the most important figures in
the history of the GDR Blues.
Born in 1950 as the son of a professional musician, Holly
learned to play the guitar by himself. As a child he never
wanted to follow in the footsteps of his father. His role
model were Muddy Waters as well as BB King and John
Lee Hooker.
From whom the idea originated, whether from the musicians or by the parish priest, ultimately does not matter.
Günter Holwas had founded in 1979 after the time as
Bausoldat (conscientious objector) his first blues band
and he looked for performance opportunities.
In former youth pastor Rainer Eppelmann he found
open ears. At the very first „Blues Mass“ in Berlin, came
several hundred young people and experienced not only
blues but also a sermon. When the church in 1986 ended
this increasingly becoming a meeting opposition in the
GDR had become worship, visitor numbers were temporarily increased to several thousand. This event was
from the beginning a target of the National Security of
the GDR.
Similar Eppelmann also Holwas became the target
figure of national security “Stasi”.
In 1981 he was banned from performing and asked for
an application for an exit visa. The old hippie went to
West Berlin and later to Canada. And even there it took
a long time before he began making music again. He
was for a time a member of the Downchild Blues Band,
played with Ronnie Hawks and did studio work for Otis
Rush and Carey Bell. Finally, he founded Holly´s Blues
Corp. and opened concerts even for the late Jeff Healey.
In 1998 his health deteriorated. And so his children
brought him back to Berlin. Here he started the old
1998 brought him his children back to Berlin after his
health broke down. And, starting in 2005, he joined
the people who started the old Blues Masses again. He
played with different bands there and did alos some gigs
around Berlin. Probably his last concert was in 2009.
Wasser-Prawda | März 2015
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Reviews
Bill Wyman – Back To Basics
A new release from ex-Stones bassist,
Wyman, is inevitably going to be of
interest to a vast army of music fans.
For Wyman, it must be difficult at
times to ditch some of the overhanging burden of having been an original member of the world‘s greatest rock‘n‘roll and rootsy R&B
band, but with this 12 track album,
he seems to have shrugged off the
hound of history. And it‘s not for
the first time in his career. Over the
course of a remarkable 50+ year lifelong career as a music top-feeder, this
guy has moved away from the old,
raucous roar of Keef and Mick to
produce a steady stream of quality
stuff that includes many albums
and steady annual, international
tours with his wonderful eponymous band, Bill Wyman‘s Rhythm
Kings, an ad-hoc, ever changing
group of absolutely top-dollar UK
and US musicians with a huge following worldwide.
With this album, Back To Basics,
Wyman gives us his first solo offering in over thirty years. Wyman
Wasser-Prawda | März 2015
says some of the material here comes
from an overlooked back-catalogue
of songs he wrote and squirreled away
some years ago. They only came to
light when he was doing a tidying
job, cataloguing and stashing old
tapes away for a rainy day. Listening
to some of this material, he decided
to revisit it, rerecord some and write
a few new tracks and put together
a fresh solo album. As you‘d expect
from someone with his stature and
musical maturity, there are some fine
tracks of a mostly lightish rock style
and yet others with a cool, rhythmic groove bordering on classic
pop. It‘s clear from the lyricism that
Wyman is more of a wordsmith than
many might give him credit for; he
seems to relish rhythm and rap-like
rhyming couplets, which positively
suit his faux East London accented
voice. At times, you can hear the
same, growling background vocals
and music that gave the world the
classic post-punk anthem Je Suis
Un Rock Star back in the 1980s.
Wyman is a guy who has no need
to prove anything and the relaxed
feel of this release echoes that sentiment. (Proper Records)
Iain Patience
Black Pa
Sugar
– No Milk, No
This is an excellent 12 tracker from a
quality German duo. Oddly enough,
Germany seems to be producing
some truly interesting pre-war blues
acts these days. Anyone familiar
with the work of The Delta Boys,
another German duo with a genuine
feel and engagement with the music,
will have a fair idea of what to
expect here. With Mando and acoustic guitar picking and slide work,
together with fine Harp in the mix,
No Milk No Sugar has a powerful,
driving sound that easily belies the
fact there are but two guys pouring
out the mix onto analog equipment
with ribbon mikes and period instruments. Material ranges from oldstyle ragtimey pieces and instrumentals to spirituals/gospel numbers and
deep South, delta blues. All of it delivered with a sparkling, comfortable
ease and style. This is an album that
pulses with deep blues emotion and
grit. The vocals of the pair, Peter
Crow C and Ferdinand Kraemer
- aka Mr Jelly Roll, in Germany
ENGLISH
- combine well and the fretwork of
both is always pretty well spot-on.
Overall, this album is a great discovery for lovers of traditional acoustic pre-war US blues in general and
modern-edge acoustic blues of gripping traditional quality coupled
with more than a dash of originality. I reckon and hope to hear
much more of this pair in the near
future. A highly recommended bit of
cool blues. (Rhythm Bomb Records
5805)
Iain Patience
Charlie Parr – Stumpjumper
Leo Kotkke-esque barrelling twelvestring acoustic guitar picking rips
this odd mix of modern Americanacum-blues release to a rocking start.
Parr spent much of his youth in
one of the USA‘s lesser-known rural
areas, the home of the great postwar menu fi ller - Spam - Austin,
Minnesota, never a noted musical
centre, unlike its big Texan brother.
Despite - or perhaps because of this seemingly inauspicious background, he manages to capture the
essence and thriving, driving power
of modern country roots music,
coupled with striking Americana
influences to great effect. Strangely
enough, Parr also appears from
this offering to have clearly swallowed the music menu from the Lone
Star State as right from the off, the
eleven tracks wash into each other
with a marvelous, rolling rhythmic
quality that captures the full range
of modern country, Appalachian tradition and roots music. Still based
in rural Minnesota, Parr recorded
the intriguingly titled Stumpjumper
in North Carolina, a state with an
overwhelming tradition of producing top quality musicians of
legendary stature and quality - Rev
Gary Davis; Blind Boy Fuller; Doc
Watson etc. With one exception,
the old standard blues-roots number
Delia, all of the tracks included here
are self-penned and resonate loudly
with a deeply imbued knowledge
of the southern roots tradition and
music. Shades of Woody Guthrie,
Leadbelly style picking at times,
even Charley Patton and Lightnin‘
Hopkins, jump out and grab the
attention, while his banjo-work is
also sure-fired and sparkling. Parr is
without doubt a wonderfully talented guitar picker and at times the
sheer speed of delivery is near breathtaking. Fortunately, he never falls
into the trap of simply being yet
another too-fast picking monster
and succeeds in remaining tasteful
and tight throughout. A mighty fine
release. (Red House Records RHR
CD 283)
Iain Patience
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Greyhound George & Karl
Valta – Apple Street Boogie
German blues guitar player
Greyhound George, based in
Bielefeld, Germany, the city that
according to an internet satire
(Bielefeld conspiracy) does not exist,
delivers his sixth acoustic guitarbased blues album supplied by Karl
Valta (blues harp) which was recorded in „Maschinenraum Tonstudio“
Herford. Karl Valta is not only a wellknown graphic artist (he designed
the album cover) but also an outstanding blues harp player. Apple Street
Boogie deals with everyday life on
Apple Street, the home of storyteller
Greyhound George. Ten of fifteen
tracks are written by Greyhound
George himself. The awesome blues
harp solo „Dunkeltuten“ (on a low
low F blues harp) is composed by
Karl Valta and presented to produce
goose bumps. The album is also enriched with covers from Bob Dylan,
Willy Dixon, Willy Brown, and
finally with an outstanding version
of Fred McDowell’s blues standard
„You gotta move“ to complete this
fine album in an authentical and
emotional way.
Multi-talented Karl Valta lives and
works in the contemplative little
Wasser-Prawda | März 2015
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town of Klein Jasedow but does not
only work as a painter and graphic
artist. He also belongs to the most
distinguished blues musicians in the
North East of Germany. During the
last few summers he used to be on
tour in the Baltic Sea region together
with Greyhound George. The album
reflects the fantastic team work
between Karl and George. Both
have a heart for traditional blues
songs, however, on this album they
„stamped“ old and new songs with a
very personal and coeval touch.
There are some significant blues
songs like „Blues won’t leave“, „You
gotta move“ and „Walk by your side“,
however, you also find there subtle
irony and humorous titles like „Hole
in my pocket“ and „What can I do
when I get happy“. „Apple Street
Boogie“ deals with everyday life in
a typical German periphery. Goose
bumps will be produced by listening to Karl Valta’s blues harp solo
„Dunkeltuten“ on his low low F
harp. „Dunkeltuten“ is a synonym
for „to idle away“ and comes from
the old times when ships got lost in
fog and were disabled so they had to
give a regular signal to avoid being
rammed by other ships: Dunkeltuten
(tooting in the dark).
Best acoustic recording conditions
produce a trash-free campfire romanticism in your living room. Listening
to this album you always get the
impression of Greyhound George
sitting right beside you smiling at
you in an unmistakably contented
way. Thumbs up!
Can’t Miss Tracks: Walk by
your side, Hole in my pocket,
Dunkeltuten, Apple Street Boogie,
Wasser-Prawda | März 2015
What can I do when I get happy
Ma sch i nen r au m Tonst ud io,
Herford, Germany
Mo Tschache
everything before in its wake like a
Led Zep-fuelled, musical tsunami.
Both Kirk Fletcher and Bonamassa
guest onboard, where they are also
joined by the wonderful Harp of
the legendary Charlie Musselwhite.
(Cross Cut Records)
Iain Patience
Josh Smith – Over Your Head
To some, Josh Smith will need little
or no introduction. Another of
those seemingly prodigious young
US electric blues guitar guys who
has already toured extensively with
Joe Bonamassa and regularly trades
licks back home on the Florida blues
circuit with his good ole buddy, Kirk
Fletcher, he clearly comes from the
loud, wailing guitar school of playing
where everybody seems to think they
are Jimmy Page roaring aloud onstage with Led Zep. That said, this
release from German label Cross Cut,
has some mighty fine tracks of original music and a driving backbeat
led by US sidemen Lemar Carter on
drums and Calvin Turner pulsatingly powerful on Bass. There‘s little,
however, to surprise in this 12 track
offering albeit every track is packed
with gutsy, throbbing power and
skill. There are occasional flights
where the material slows down, and
more reflective moods surface but
generally it seems like they have to
struggle for their survival against a
soaring wall of sound that pushes
Malcolm Holcombe – The RCA
Sessions
With Holcombe you can always
expect the unexpected. A true original, a singer-songwriter with a flair
for the unconventional, searing, raw
emotion and lyrics and a voice that
could stop a bull-elephant in its
tracks. With The RCA Sessions, he
again pushes the boundaries, a man
with an edge in his fretwork, voice
and music at all times.
For my money, there‘s little not to
like on this album, a full 16-track
offering giving bang for buck and
sterling material to the table. His
tortured, gravelly vocals only just
manage to push his fine fingerpicked fretwork to the side and
not content with just another cD,
Holcombe here akso releases the first
DVD performance of his playing,
riding musical shotgun with a fine
bunch of sidemen including Jared
Tyler on Dobro and lap-steel; Dave
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most everything he does or has done welcome, for sure. (Proper Records
for the past 40 years or so. More PRPCD 128)
than just another singer-songwriter,
Iain Patience
he‘s a revered Irish institution with
an astonishing knack, an ability to
put together cracking support bands,
great albums and top dollar live
performances.
The Vicar St Sessions (Vol 1) is his
latest release, due on April 27th, and
again shows us just why he remains
such an important figure on the
international music stage. Over the
years his own written material has
been played and recorded by the likes
of Tina Turner; Bonnie Raitt; Carole
King; Joe Cocker; David Crosby;
Cliff Richard,;Trishia Yearwood,
Phil Collins and a host of others - a
list as long as a proverbial arm with
a remarkable range of musical styles,
tastes and output of similar size.
On this excellent 13-track offering
he‘s gathered a few of his buddies to
join in the fun with a live recording
from a session in 2001 that only now
is seeing the light of day. Dire Straits
former frontman Mark Knopfler is
joined by Sinead O‘Conner, Van
Morisson, Bonnie Raitt - an old
friend who guests on two numbers
- Curtis Stigers, Ronan Keating,
Friday & Seltzer and Eleanor
McAvoy. The result is a wonderful,
at times raucous sounding live performance where the crowd are clearly
loving every minute and being
treated to a singularly fine evening‘s
entertainment.
Perhaps the most encouraging thing
about this album is as Vol 1, it hints
Paul Brady – The Vicar St.
tantalisingly at more to come. I
Sessions, Vol. 1
Paul Brady is one of those guys, a personally can hardly wait for the
man always guaranteeing quality in follow-up. A Vol 2 would be most
Roe on Upright Bass; Ken Coomer
on Drums; Tammy Rogers, Fiddle
& Mandolin, and Jelly Roll Johnson
on Harp. Siobhan Maher-Kennedy
haelps with the vocals, as does the
powerhouse Irish singer Maura
O‘Connell.
Recorded at Nashville‘s legendary
RCA Studios, this album features
tracks from each of Holcombe‘s previous ten albums plus a few others, all
rerecorded in Nashville - Holcombe
often prefers home recordings - specially for this project.
I must lay my cards on the table and
say I‘m a huge fan of this guy and
his music. He sounds like a 60-a-day
kind of guy, and at times sounds like
he‘s working his way through those
very smokes while simultaneously
recording and singing.
An excellent album for anyone who
likes gritty voice and lyrics coupled
with fine acoustic-driven guitarwork from the cutting, slicing edge
of modern country and Americana
music. (Gypsy Eyes Music)
Iain Patience
Wasser-Prawda | März 2015