Brauchtum im Aufwind
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Brauchtum im Aufwind
Bern Extra Romeo & Julia Klee & Kandinsky Peter Reber Die Thunerseespiele sind nur eines der Sommer-Highlights Wie sich die beiden Künstler gegenseitig beeinflussten Der Bümplizer Musiker über Heimat und das neue Musical Die Top-Events — 74 Die Ausstellung — 76 Das Interview — 83 Brauchtum im Aufwind Fahnenschwingen, Alphornblasen und Jodeln sind im Trend. Auch die Jungen setzen wieder auf Bodenständigkeit und leben die Tradition Eine Zusammenarbeit der BE! Tourismus AG mit der SonntagsZeitung Bern Extra 74 Swiss Open und Klassik-Festival Top-Events für jeden Geschmack Open-Air-Kino Blausee 18. Juni bis 4. Juli 2015 Tellspiele Interlaken 27. Juni bis 5. September Alpaufzug Engstligenalp Ende Juni Freilichtspiele Ballenberg 7. Juli bis 22. August 2015 Jazz-Tage Lenk 10. bis 19. Juli 2015 Gurtenfestival 16. bis 19. Juli 2015 Eiger Ultra Trail 18. und 19. Juli 2015 Buskers Bern 6. bis 8. August 2015 Hublot Polo Cup Gstaad 13. bis 16. August 2015 Mendelssohn-Musikwoche Wengen 15. bis 22. August 2015 Inferno-Triathlon 21. und 22. August 2015 Alpenbrevet 29. August 2015 Alpkultur-Tage Lenk 4. bis 17. Oktober 2015 Swiss Open Gstaad 100 Jahre Tennisgeschichte In Gstaad feiert das älteste internationale Tennisturnier der Schweiz dieses Jahr ein grosses Jubiläum: Vom 25. Juli bis zum 2. August wird das 100. Swiss Open Gstaad ausgetragen. Zur Feier findet am ersten Turnierwochenende eine Exhibition mit ehemaligen Gewinnern statt. Mit dabei ist unter anderen die rumänische Tennislegende und frühere Weltnummer eins Ilie Nãstase. Auch an aktuellen Topspielern fehlt es bei dem Anlass nicht: Turnierfavorit ist Publikumsliebling Stanislas Wawrinka. Das Turniervillage in Gstaad bietet zudem Unterhaltung für die ganze Familie und viel Swissness: Das Programm startet jeden Morgen mit folkloristischen Klängen, später schlagen Kinder beim Minitennis ein paar Bälle mit den Stars. Und am «Family Day» stellen Fans aller Altersklassen ihre Fähigkeiten unter Beweis. Zum Abschluss des Jubiläumsturniers gibt es gleich zwei Höhepunkte: das Finale – hoffentlich mit Wawrinka – und eine Flug show der Patrouille Suisse direkt über dem Gelände. www.swissopengstaad.ch Jungfrau-Marathon Härter geht nicht Sie ist laut Eigenwerbung «die schönste Marathon strecke der Welt». Sicher ist sie aber eine der härtesten: Der Jungfrau-Marathon führt von Interlaken über Lauterbrunnen und Wengen hinauf auf die Kleine Scheidegg, an den Fuss von Eiger, Mönch und Jungfrau. Wer dieses Rennen auf sich nimmt, muss fit sein wie ein Turnschuh. Vom Start auf etwa 500 Meter über Meer gibt es in stetiger Steigung gut 1500 Höhenmeter zu überwinden. Wem dabei nicht die Puste ausgeht, kann während des Laufs eine fantastische Aus- Top-Angebote Swatch Beach Volleyball Major Series Geniessen Sie die einzigartige Beach-Stimmung bei spannenden Matches und heissen Rhythmen! Eine Übernachtung im Hotel Alpenland oder Solsana inkl. Eintritt. 7. Juni 2015 | sonntagszeitung.ch sicht auf das Berner Oberland geniessen. Am 12. September wird das Rennen zum 23. Mal ausgetragen. Die 3000 begehrten Startplätze sind allerdings bereits vergeben. Doch es gibt zum Glück für alle noch einen weiteren Weg, am Rennen mit dabei zu sein – und erst noch ohne dass man sich dabei anstrengen muss: Die über 100-jährige Jungfraubahn fährt die Zuschauer ganz gemütlich entlang der Rennstrecke zum Ziel. www.jungfrau-marathon.ch Ein Sommer voller Höhepunkte Bern lockt von Juni bis September mit zahlreichen internationalen Events. Für alle ist etwas dabei: für böse Buben ebenso wie für knallharte Läuferinnen oder feinsinnige Klassikfans Jonas Bühler und Marius Leutenegger Gültigkeit: bis 30. Juni 2015 Preis: ab 50.15 Fr. madeinbern.com/volley-gstaad Menuhin-Festival Gstaad Die grossen Namen der klassischen Musikszene geben sich die Ehre. Seien Sie dabei und geniessen Sie eine Übernachtung in einem Hotel nach Wahl und eine persönliche Konzertkarte. Gültigkeit: bis 6. September 2015 Preis: ab 181 Fr. madeinbern.com/menuhin Thunerseespiele Erleben Sie vom 8. Juli bis zum 22. August «Romeo & Julia – das Musical» (1. Kategorie) inkl. einer Übernachtung und Frühstück, einer Thuner Stadtführung und eines Ausflugs nach Wahl: Schifffahrt, St.-Beatus-Höhlen, Niederhorn, Niesen oder Stockhorn. Gültigkeit: 8. Juli bis 22. August Preis: ab 225 Fr. madeinbern.com/thunerseespiele Swiss Open Gstaad Eine Woche lang Tennisluft schnuppern in Gstaad! Übernachten Sie eine bis fünf Nächte in einem Hotel nach Wahl, und erleben Sie die Matches hautnah. Gültigkeit: 25. Juli bis 2. August Preis: 204 Fr. madeinbern.com/swiss-open Jungfrau-Marathon Attraktive Angebote für Läufer und Zuschauer. Verbringen Sie das Marathon-Wochenende in der Jungfrau-Region! Gültigkeit: 10. bis 13. September Preis: ab 140 Fr. madeinbern.com/marathon Thunerseespiele Shakespeare reloaded Seit elf Jahren sorgen die Thunerseespiele jeden Sommer für grosse Emotionen. Die weltberühmten Musicals, die hier mit Chor und Liveorchester aufgeführt werden, geizen nicht mit Gefühlen – die Kombination mit der traumhaften Naturkulisse von Eiger, Mönch und Jungfrau macht den Theatergenuss aber schlicht atemberaubend. In den vergangenen Jahren waren Welthits wie «Evita» oder «West Side Story» und erfolgreiche Eigenproduktionen wie «Dällebach Kari» oder «Der Besuch der alten Dame» zu sehen. Diese Saison, die am 8. Juli startet, wird die Schweizer Erstaufführung des französischen Musicals «Romeo & Julia» gezeigt. Die weibliche Hauptrolle spielt Iréna Flury, die Thuner Wurzeln hat, den Part des Romeo übernimmt Dirk Johnston (Bild). Wie bei den Thunerseespielen üblich, wird auch diese Inszenierung aufs hiesige Publikum ausgerichtet. Balladen und wuchtige Orchestereinsätze peppen die schönste Liebesgeschichte der Welt zudem spektakulär auf. www.thunerseespiele.ch Tour de Suisse Zum Finale in die Bundesstadt Alle Wege führen nach Bern! Zumindest gilt dies in diesem Sommer für die Tour de Suisse, deren Finale einige der besten Radprofis der Welt in die Bundesstadt bringt. Bern ist nicht nur das Ziel, sondern gleich auch Austragungsort der beiden letzten Etappen des grössten Schweizer Radsportevents: Am 20. Juni findet hier ein Rundkurs statt, am 21. Juni steht das abschliessende Zeitfahren auf dem Programm. Das Publikum darf sich auf ein umfassendes Begleitprogramm freuen. Ehe die Profis starten, können sich am Sonntagmorgen Hobbyradsportler auf der Originalstrecke als Einzelfahrer oder im Team messen. Vor dem Stade de Suisse, wo die Schlussetappe startet und endet, befindet sich die «Tour de Suisse Bike Expo», wo Velohersteller ihre zahlreichen Neuheiten präsentieren und zu Probefahrten einladen. Gleich daneben die «Tour de Suisse Kids World». Hier können sich die Radstars der Zukunft auf der Halfpipe üben oder auf einem kniffligen Parcours und einer künstlich gebauten Mountainbike-Strecke ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen. Überall in der Berner Innenstadt locken zudem Festwirtschaften und Verpflegungsstände. www.tds-bern.ch Bern Extra75 sonntagszeitung.ch | 7. Juni 2015 Editorial Auf den Spuren von Vreneli und Hansjoggeli Kennen Sie das Diemtigtal? Den Hohgant, das GantrischGebiet? Vom Hörensagen, dem Namen nach, ja. Aber wissen Sie auch, wo sich diese einzigartigen Schweizer Naturparadiese befinden? Zugegeben, die sogenannten Regionalen Naturpärke sind nicht Leuchttürme wie das Schilthorn oder das majestätische Jungfrau-Massiv. Sie punkten auch nicht mit Luxushotels und Jetset wie Gstaad. Doch genau das macht sie vielleicht so einmalig schön. Preziosen, die abseits der Touristenpfade liegen. Tiefblaue Seen, schroffe Berge, einladende Gasthäuser und eine fantastische Natur. Eine Idylle, die nur darauf wartet, entdeckt zu werden. Wie so viele Gegenden, Täler, Dörfer in der Schweiz, die trotz GPS und Globalisierung vielen verborgen bleiben, im Schatten der Grossen stehen. Brünigschwinget Wo die bösen Buben herkommen Schwingen ist zurzeit so beliebt wie wohl noch nie. Dafür sprechen die stetig steigenden Zuschauerzahlen an den vielen Schwingfesten in der ganzen Schweiz. Besonders beliebt ist das Brünigschwinget auf dem Brünigpass. Der Anlass zählt zu den ältesten seiner Art. Bereits vor 200 Jahren führten Sennen auf dem Brünig die ersten Schwingkämpfe durch, und vermutlich wurde das Schwingen gar in dieser Gegend erfunden. Heute werden die Kämpfe in einem Naturstadion ausgetragen, das mitten im Wald liegt. Das Stadion wurde vor kurzem erweitert und an die neusten Standards des Eidgenössischen Schwingerverbandes angepasst. Dieses Jahr findet das Brünigschwinget am 26. Juli statt Dass jetzt die grosse Masse diese Naturpärke überschwemmt, ist allerdings kaum zu erwarten. Und auch nicht erwünscht. Voraussetzung für das Label des Bundesamtes für Umwelt sind nämlich neben einer «ausserordentlich schönen Landschaft» auch, dass das Verkehrsaufkommen nur so gross sein darf, dass Umwelt und Bewohner nicht gestört werden. (Ersatzdatum ist der 2. August). Neben den Wettkämpfen kann das Publikum Jodlerkonzerte, traditionelle Küche und den Blick auf die gewaltige Berglandschaft am Brünig geniessen. Die 5000 Sitzplätze im Naturstadion sind allerdings bereits ausverkauft; mit etwas Glück bekommt man an der Tageskasse aber noch eines der 1000 Stehplatztickets. Schwingerfans, die leer ausgehen, müssen allerdings nicht traurig sein: Der Traditionsanlass wird vom Schweizer Fernsehen in einer zehnstündigen Live-Sendung übertragen. www.bruenigschwinget.ch Fotos: Keystone (3), Esther Michel, swiss-image.ch/Remy Steinegger Trucker- & Countryfestival Wildwest im Oberland Drei Sommertage lang verwandelt sich Interlaken jedes Jahr in den Wilden Westen: Das Internationale Trucker- & Countryfestival lockt dann Tausende Trucker, Biker, Countryfans und Line-Dancer aus ganz Europa auf den ehemaligen Militärflugplatz. Die 100 Hektaren grosse Fläche ist vollgestellt mit alten und neuen Trucks aus allen Ecken der Welt, dazwischen befindet sich der Bikertreff mit Piratenbar. Es gibt Tuningshows, eine richtige Western-City, eine authentische Indianersiedlung und das zentrale Westerndorf mit riesigem Festzelt, in dem jeden Abend die Stars der US-amerikanischen Westernmusik auftreten. Zwischendurch begeistern Line-Dance-Anlässe, am Sonntagmorgen trifft man sich zum Trucker-Gottesdienst. Trotz seiner mittlerweile immensen Grösse verströmt das Festival weiterhin eine familiäre Atmosphäre. Einige Trucker sind bereits seit der ersten Ausgabe 1994 dabei. Dieses Jahr findet das Trucker- & Countryfestival vom 26. bis zum 28. Juni statt. Und so wird sich auch das Dörfchen Guggisberg im Gantrisch-Gebiet mit seinem Vrenelimuseum weiterhin verträumt den Ausflugs- und Feriengästen präsentieren. Hier trug sich nämlich vor langer, langer Zeit eine tragische Liebesgeschichte zu, zwischen dem Bauernmädchen und ihrem Hansjoggeli, der in die Fremde fliehen musste. Kommt Ihnen das jetzt vielleicht bekannt vor? Genau, das weltberühmte Guggisberglied stammt von hier. So schön melancholisch wie die liebliche Landschaft: «’s isch äben e Mönsch uf Ärde...» www.truckerfestival.ch Dominic Geisseler Gstaad Menuhin Festival Klassisch familiär Gstaad hat viele Eigenschaften, die es zu einer Art Garten Eden machen. Im Sommer wähend des Menuhin Festivals wird der Tourismusort im Berner Oberland aber auch zum Paradies für die Fans klassischer Musik . Wie der Name sagt, geht das Festival zurück auf den amerikanisch-britischen Geiger und Dirigenten Lord Yehudi Menuhin. Der Weltstar wohnte einst im Saanenland. 1956 bat ihn der damalige Kurdirektor, das eine oder andere Konzert zu geben. Aus der spontanen Idee entstand das weltweit anerkannte Musikfestival. Menuhin liebte die entspannte Atmosphäre und Idylle im Saanenland und liess diese Stimmung von Anfang an ins Programm einfliessen. Bis heute ist der Kulturanlass seinen Ursprüngen treu und ein entspannendes Erlebnis geblieben. Jedes Jahr präsentieren die Organisatoren von Juli bis September die Grössen der klassischen Musik in einer ungezwungenen Atmosphäre. Neben dem Konzertprogramm mit internationalen und nationalen Stars wie etwa der Luzerner Opernsängerin Regula Mühelmann (Bild) führt die Menuhin Academy auch Seminare für ambitionierte junge Musikerinnen und Musiker durch. Und Laien können bei den play@-Kursen Einblicke in die Welt der professionellen Musik gewinnen. www.gstaadmenuhinfestival.ch Impressum BERN EXTRA ist eine Sonderbeilage der SonntagsZeitung in Zusammenarbeit mit der BE! Tourismus AG Logo Chefredaktor: Arthur Rutishauser Leitung: Dominic Geisseler Redaktion: Erik Brühlmann, Jonas Bühler, Markus Ganz, Benjamin Gygax, Marius Leutenegger Art Direction: Tobias Gaberthuel Layout: Dino Caracciolo Produktion: Dominic Geisseler Fotoredaktion: Christina Rohner Titelfoto: Keystone / Urs Flueeler Leitung Verlag: Marcel Tappeiner Verkaufsleitung: Adriano Valeri Werdstrasse 21, Postfach, 8021 Zürich Bern Extra 76 Benjamin Gygax Was für den Künstler Paul Klee eine Katastrophe war, erwies sich langfristig als Glücksfall für Bern: Als 1933 die Nazis in Deutschland an die Macht kamen, wurde der in Münchenbuchsee geborene Künstler als Professor der Kunstakademie Düsseldorf entlassen – er galt als «entarteter Künstler». Klee kehrte zurück nach Bern und schuf hier ein umfangreiches Spätwerk. Nach seinem Tod wurde Klees riesiger Nachlass von Berner Sammlern erworben und einer Stiftung übertragen. Zu sehen ist das vielseitige Werk seit 2005 im Zentrum Paul Klee. Das Museum, nach Plänen von Renzo Piano gebaut, feiert dieses Jahr also sein zehnjähriges Bestehen. Anlass genug für eine ganz besondere Ausstellung, die am 19. Juni eröffnet wird: «Klee & Kandinsky». Zu sehen sind Schlüsselwerke der renommiertesten Museen Noch nie zuvor waren so viele herausragende Werke der beiden Zeitgenossen und Freunde Paul Klee und Wassily Kandinsky zu sehen. Kurator Michael Baumgartner sagt: «Die Ausstellung ist nicht nur für unser Haus, sondern auch international bedeutend.» Man habe 7. Juni 2015 | sonntagszeitung.ch Ein Dialog in Bildern Die Ausstellung im Zentrum Paul Klee in Bern spürt dem Werk und der Freundschaft zweier Pioniere der abstrakten Kunst nach: Paul Klee und Wassily Kandinsky schon seit 2008 auf dieses grosse Ziel hingearbeitet. «Wir waren mit dem Guggenheim-Museum in Verhandlungen für eine gemeinsame Ausstellung in Bilbao, doch das liess sich nicht realisieren.» So liess man das Projekt erst einmal ruhen und gelangte vor etwa drei Jahren ans Lenbachhaus München. Dieses Museum war ein idealer Kooperationspartner, da es über bedeutende Werke von Kandinsky aus der Zeit des «Blauen Reiter» verfügt. Man sei bei Anfragen für Leihgaben immer zusammen aufgetreten und habe deshalb eine gute Ausgangslage gehabt, sagt der Kurator. Tatsächlich zeigt «Klee & Von der Polsterei zur Glasmanufaktur Bei Langenthal kann man auf einer organisierten Tour die Produktionsräume führender Designfirmen besuchen Ob Zufall oder nicht: Die Umgebung von Langenthal im Oberaargau ist die Heimat zahlreicher grosser Schweizer Designfirmen. Dazu zählen die weltweit tätige Textilfirma Création Baumann, die Teppichmanufaktur Ruckstuhl, der Holzbaubetrieb Hector E gger, Glas Trösch oder der Möbelhersteller Girsberger. Die Produktionsstandorte dieser fünf innovativen Betriebe bilden die Stationen der «Design Tour Langenthal». Sie führt durch die Showrooms und Produktionshallen und eröffnet Einblicke in die Tradition und Entwicklung des Schweizer Designs. Zu sehen gibt es etwa ausgefallene Textilmuster, wagemutige Holzkonstruktionen, feinste Teppichfasern, schlicht-geniale Polstermöbel oder filigrane Meisterwerke aus Glas. Die «Design Tour» wird vom Tourismusbüro Oberaargau organisiert und ist das ganze Jahr hindurch verfügbar. Sie ist als Tagesausflug oder in Kombination mit Übernachtungen buchbar. Unter der Woche kann man während der Werkzeiten eine individuelle «Showroom Tour» unternehmen: Dann stehen einem die Ausstellungsräume aller Unternehmen offen mit ihren aktuellen Kollektionen, Produktpaletten und Informationen zu den einzelnen Unternehmen. Einmal im Monat wird eine geführte «Factory Tour» angeboten. Dabei besucht man drei der fünf Betriebe und erhält Einblicke in die Produktion und den Werdegang von Designprodukten. Der Transfer sowie das Mittagessen ist organisiert, während man bei der individuellen «Showroom Tour» je nach Lust und Laune mit dem öffentlichen Bus, mit Taxi oder E-Bike die einzelnen Standorte besucht. Jonas Bühler Feinste Teppichfasern, moderne Holzkonstruktionen, edle Textilien: Manufakturen bei Langenthal Infos und Buchung: www.designtour.ch Bern Extra77 sonntagszeitung.ch | 7. Juni 2015 Gegenseitige Beeinflussung während einer 30-jährigen Freundschaft: Wassily Kandinskys Improvisation «Sintflut» auf Leinwand (links) und Paul Klees Aquarell «Eroberer». Uhrmacherkunst und Design-Tour Exklusive Ausstellung und einzigartige Museen Oh Yeah! Popmusik in der Schweiz Museum für Kommunikation, Bern bis 19. Juli 2015 Stein aus Licht Kunstmuseum Bern bis 6. September Michael Salistorfer Centre PasQuart, Biel 5. Juli bis 13. September 2015 Aktuelles Schaffen in der Schweizer Bildhauerei Holzbildhauerei-Museum bis 16. April 2016 Immer per Sie, aber gute Freunde: Paul Klee (l.) und Wassily Kandinsky 1929 in Dessau Foto: Nina Kandinsky, Centre national d’art et de culture Georges Pompidou, Bibliothèque Kandinsky, Paris Top-Angebote Klee & Kandinsky Kandinsky» nicht nur die Preziosen der eigenen Sammlungen, sondern auch Schlüsselwerke aus den renommiertesten Museen der Welt, aus dem Centre Georges Pompidou in Paris oder der Nationalgalerie Berlin. Auch das New Yorker Guggenheim-Museum ist jetzt mit einer Leihgabe dabei. Zu sehen gibt es insgesamt 180 Werke aus den Jahren 1900 bis 1940. Sie zeugen von der langen Beziehung der beiden Künstler und der gegenseitigen Anregung für ihr Schaffen. Paul Klee und Wassily Kandinsky lernten sich schon 1911 in München kennen. Der russische Maler befand sich als einer der Begründer der abstrakten Kunst auf dem Höhepunkt seines Wirkens. Michael Baumgartner: «Kandinsky trat schon damals mit grosser Selbstverständlichkeit und Überzeugung auf, Klee war dagegen noch ein Nobody und arbeitete eher als Zeichner. Doch Kandinsky erkannte die Qualitäten des Berners.» Er lud Klee 1912 ein, sich an der zweiten Ausstellung von «Der Blaue Reiter» zu beteiligen. Nach dem Ersten Weltkrieg kreuzten sich die Wege der beiden Pioniere der Klassischen Moderne erneut in Weimar: Sie wirkten als Lehrer am Bauhaus. 1926 zogen die Künstler nach Dessau um, wo Paul und Lily Klee gemeinsam mit Wassily und Nina Kandinsky in einem der drei von Walter Gropius erbauten Zweifamilienhäuser für Bauhaus-Meister wohnten. Laut Baumgartner haben sich die beiden Männer zwar nie geduzt, seien aber durch eine distanzierte, fast 30 Jahre dauernde Freundschaft verbunden gewesen und hätten sogar zusammen Ferien an der Atlantikküste gemacht. Beide Maler haben einander Bilder geschenkt «Die grösste Herausforderung war, die Schau konzeptionell so zusammenzustellen, dass die Entwicklungen der beiden Künstler nachvoll- Design-Tour Langenthal Die Ausstellung «Klee & Kandinsky» im Zentrum Paul Klee ist vom 19. Juni bis zum 27. September 2015 geöffnet, jeweils Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr. Am Sonntag werden zudem Führungen angeboten. Die Ausstellung wird von verschiedenen kulturellen Veranstaltungen begleitet. Das Zentrum Paul Klee ist vom Hauptbahnhof Bern mit dem Bus 12 in rund zehn Minuten zu erreichen. Die Tour durch fünf international bekannte Manufakturen um Langenthal gewährt spannende Einblicke in die Entwicklung der Designprodukte und deren Fertigung, die seit über 120 Jahren hier gepflegt werden. Weitere Infos: www.zpk.org Gültigkeit: Das Angebot ist ganzjährig gültig Preis: ab 45 Fr. madeinbern.com/design-tour ziehbar werden», erklärt Baumgartner. «Dafür mussten wir die richtigen Bilder bekommen.» Angelehnt an die Biografien von Klee und Kandinsky, ist die Ausstellung in acht Themenbereiche gegliedert. Phasen der künstlerischen Suche und des Erfolgs lösen sich ab und wechseln von einer Person zur anderen. «Als sie einander kennen lernten, war Wassily Kandinsky erfolgreicher, am Bauhaus begegneten sie einander dann auf Augenhöhe», sagt Michael Baumgartner. Kandinsky habe damals strikt abstrakt gemalt, «Klee spielte mehr und wechselte vom Abstrakten ins Figurative und Erzählerische». Die beiden Maler hätten einander Bilder geschenkt und darin verklausuliert auf die Werke des Gegenübers geantwortet. Die Machtergreifung der Nazis beeinflusste beider Werk. «Beide malten 1933 düstere Bilder in der Farbe Braun», sagt Michael Baumgartner. Im Exil wagten sie dann, jeder auf seine Art, einen künstlerischen Neubeginn: Kandinsky malte in Paris organischere Formen, Klee fand in Bern zur Malerei im grossen Format. Diese wechselvolle Geschichte der Freundschaft und des Schaffens von Klee und Kandinsky wird beim Gang durch die Ausstellung sichtbar. Wie Schweizer Uhren auf den Mond kamen Von Gauklern, Frauen und Stierkämpfen Das Omega-Museum zeigt die Zeitmesser der Apollo-Mission Intime Einblicke in das private Leben von Pablo Picasso Auch der Kanton Bern hat wesentlich zum Ruf der Schweiz als Uhrenland beigetragen. In Biel haben zum Beispiel Swatch und Omega ihren Hauptsitz. Omega bietet Interessierten ein eigenes Museum, in dem es rund 4000 Armbanduhren, seltene Uhrwerke, Instrumente, Fotos, Gravuren, Preise und Zertifikate zu bestaunen gibt. Eines der Herzstücke ist die Werkbank, mit der Louis Brandt 1848 sein Unternehmen gründete – rückblickend der Ursprung dessen, was einmal der Weltkonzern Omega werden sollte. Zu sehen gibt es auch die Zeitmesser, die mit den ApolloAstronauten zum Mond und wieder zurück flogen, und die Uhren von Königen und Königinnen, Präsidenten, Forschern und Visionären. Den legendären James-Bond-Uhren ist gar eine eigene Abteilung gewidmet. Der Museumskomplex ist zudem Sitz des Omega-Archivs, wo die gesamte Ge- schichte der Marke seit ihren Anfängen detailliert dokumentiert ist. Einen breiteren Blick auf die Welt der Uhren vermittelt das Museum für Uhren und mechanische Musikinstrumente in Oberhofen am Thunersee. Die Sammlung befindet sich in den sorgfältig ausgebauten historischen Räumen des mittelalterlichen Rebguts Wichterheer und präsentiert historische Uhren aller Marken und Hersteller. Die ausgestellten Zeitmesser sind mehrheitlich in Schweizer Werkstätten und Fabriken hergestellt worden – viele im Kanton Bern – und zeigen 300 Jahre Uhrenkunsthandwerk. Im selben Haus befindet sich auch die Ausstellung mechanischer Musikinstrumente mit nostalgischen Drehorgeln, Musikdosen und automatischen Klavieren. www.omegamuseum.com www.uhrenmuseum.ch Gleich zwei Ausstellungen in der Region Interlaken beschäftigen sich diesen Sommer mit dem grossen Maler Pablo Picasso. Das Kunsthaus Interlaken zeigt bis zum 30. August die Ausstellung «Les Caran D’Ache de Picasso». Zu sehen gibt es über fünfzig Zeichnungen, Scherenschnitte, Gravuren und Lithografien des spanischen Meisters – für alle verwendete er Farb- und Pastellstifte des berühmten Schweizer Unternehmens. Neben bekannten Motiven wie dem Porträt von Marie Françoise Gilot werden einige Werke zum ersten Mal überhaupt präsentiert. Überraschend sind unter anderem die Zeichnungen und Papierfiguren, die der Künstler in den 1940er-Jahren für seine beiden Kinder Claude und Paloma erschuf, viele davon kreierte er gar mit ihnen zusammen. Ergänzt wird die Ausstellung mit dokumentarischen Fotografien des US-Amerikaners Da- Swiss Brand Museum, Bern 22 bahnbrechende Schweizer Erfindung auf einen Blick Kunst in Biel: Kunstwerke im öffentlichen Raum Skulpturen und Plastiken, verteilt in der ganzen Altstadt Spielzeugmuseum, Thun Puppen, Teddybären und Zinnsoldaten von 1850 bis 1960 Jungfrau-Park, Interlaken Einzigartige Gelegenheit, in die Welt der Mysterien abzutauchen vid D. Duncan, einem langjährigen Freund der Familie Picasso. Sie gewähren einen intimen Einblick in das private Leben des Jahrhundertkünstlers. Praktisch gleichzeitig – vom 5. Juli bis zum 27. September 2015 – zeigt das Schloss Spiez unter dem Titel «Pablo Picasso – Von Gauklern, Frauen und Stierkämpfen» eine Auswahl von Pablo Picassos Druckkunstwerken aus der renommierten Sammlung Eberhard W. Kornfeld. Die Sommerausstellung lockt mit einem hochkarätigen Querschnitt durch alle schöpferischen Phasen des Alleskönners. Die Ausstellung gewährt einen guten Überblick über die wichtigsten Themen des 1973 verstorbenen Künstlers und ist damit auch der ideale Einstieg für alle, die sich einmal mit Picasso befassen wollen. www.kunsthausinterlaken.ch www.schloss-spiez.ch Im Herzen der Uhrmacherkunst Gehen Sie durch die Pforten dieses Ausbildungszentrums im Berner Jura. Ziehen Sie sich das Arbeitshemd eines Uhrmachers an, treten Sie an seine Werkbank und erleben Sie den Alltag dieses Präzisionshandwerks. Gültigkeit: Das Angebot ist ganzjährig gültig Preis: ab 140 Fr. madeinbern.com/uhrmacher Picasso & Picasso Gleich zwei Ausstellungen in der Ferienregion Interlaken widmen sich diesen Sommer dem bekanntesten Künstler des 20. Jahrhunderts: Pablo Picasso. Gültigkeit: bis 27. September Preis: ab 8 Fr. madeinbern.com/ picasso-picasso Culture meets Cuisine Kunstvolles aus Atelier und Küche. Geniessen Sie eine Übernachtung, freien Eintritt in alle Berner Museen und ein asiatisches Tasting Menu im Berner Restaurant Yù. Gültigkeit: bis 31. Dezember Preis: ab 194.50 Fr. madeinbern.com/culture Bern Extra sonntagszeitung.ch | 7. Juni 2015 Die Natur ist der Star lohnt sich gleich doppelt: Irma Wenger hat in einem alten Produktionsraum ein Bistro eingerichtet, das an Originalität kaum zu überbieten ist. Mittlerweile reisen Gruppen aus der ganzen Schweiz zu «Irmas Mahlwerk», das Samstag und Sonntag sowie für angemeldete Gruppen auch unter der Woche geöffnet ist. Wer es mit Irmas Mühliplättli ein bisschen übertrieben hat, kann danach zum Beispiel einen Verdauungsspaziergang auf dem «Entschleunigungs-Rundweg» im Norden des Parks unternehmen. Die 5,3 Kilometer lange Wanderung destilliert sozusagen alle Werte, für die der Naturpark Gantrisch steht. Die Aussicht ist schlicht berückend, und alle paar Hundert Meter erwartet einen ein Ruhebänkli mit einer kleinen Entspannungsanweisung. Der Naturpark Gantrisch zwischen Bern, Thun und Freiburg ist ein traumhaftes Erholungsgebiet für Tagesausflügler und Feriengäste Plötzlich flitzt ein Hase über die Fahrbahn die Protagonisten des Liedes, sondern auch um das Leben in der Region zu früheren Zeiten. Viele Menschen hier waren mausarm, was auch zu der verwegen wirkenden Tracht geführt haben könnte: Weil man sich Stoff kaum leisten konnte, endete der Rock über dem Knie. «Die Guggisberger waren die Erfinder des Mini-Jupes», lacht Therese Aebischer-Mast. Einen Eindruck von den Lebensumständen vermittelt das Museum im ersten Stock. Dort sieht man, wie die früheren Bewohner hausten. Das Museum ist nur auf Anmeldung offen, kann aber auch spontan besucht werden: An der Tür stehen die Telefonnummern von Kontaktpersonen. Auf dem Weg zur nächsten Attraktion machen wir kurz Halt im Bistro Viva in Rüeggisberg, das von Rolf Münger geprägt wird. Er wurde 2007 Pâtisserie-Weltmeister. Und seine Chocolat-CaramelPâtisserie ist schwer zu überbieten. Vom Viva aus führt uns dann ein kurzer Spaziergang zu einer der wichtigsten Attraktionen der Erlebniswelt «Kultur»: zur Klosterruine Rüeggisberg. Ihre Schönheit und Bedeutung erschliessen sich einem vor allem in einer Führung durch die Architekturhistorikerin Elisabeth Willen. Das Priorat war der erste Ableger des französischen Mönchsordens von Cluny im deutschsprachigen Raum. Weil die Anlage von Norditalienern gebaut wurde, verbindet sie Cluniazenser- und lombardische Bautraditionen auf einmalige Weise. «Kurz vor 1100 entstand hier eine 52 Meter lange Kirche», sagt Elisabeth Willen. «Zu diesem Zeitpunkt befand sich dort, wo heute die Stadt Bern liegt, noch ein Urwald.» Die nächste Führung gibts übrigens am 12. Juli. Aber zurück in die Natur: Sie ist und bleibt der Star. Bei der Schwarzwasserbrücke im Norden findet man den «Grand Canyon» des Parks, der auch zum Baden einlädt. Im renaturierten Auenwald Belperauen kann man mit etwas Glück dem Biber begegnen. Und beim Gäggersteg am höchst eindrücklichen Gantrischer Panoramaweg lässt sich beobachten, wie die Natur sich selber heilt – dieses Gebiet wurde einst vom Wirbelsturm Lothar schwer in Mitleidenschaft gezogen. Wie gesund die Natur im Park generell ist, wird gar aus dem Auto heraus erfahrbar: Plötzlich steht eine Gruppe Rehe am Strassenrand, keine dreissig Sekunden später flitzt ein Hase über die Fahrbahn. «Die ursprüngliche Natur, das ist das Schönste am Park – die Aussicht und die Vielfalt der Landschaften auf kleinstem Raum», sagt Rahel Urfer von der Geschäftsstelle des Naturparks Gantrisch. Recht hat sie. www.vreneli-museum.ch www.gantrisch.ch Über 300 Produkte tragen das Label «Naturpark Gantrisch» «Ausserordentlich schöne Landschaft»: Seit 2012 bildet das rund 400 Quadratkilometer umfassende Dreieck zwischen Bern, Thun und Freiburg den Regionalen Naturpark Gantrisch Parkkonzept. «Heute ist ein Kleinbetrieb in der industriellen Mehlproduktion nicht mehr konkurrenzfähig», sagt Wenger. «Darum haben wir uns spezialisiert.» Das Mehl, das zu 100 Prozent aus Rohstoffen aus dem Park besteht, wird zu Spezialitäten veredelt: raffinierte Backmischungen, die der Müller selber entwickelt. Er hat eine Versuchsbäckerei eingerichtet und tüftelt dort engagiert immer neue Kreationen aus. Das Rüeschegger Kernenbrot, das Schwarzwasser Malzbrot, das Thu- ner Amtsanzeiger-Brot – alles Wengers Erfindungen. Der grosse Erfolg der etwa 20 Mischungen ist wohl dem Umstand zuzuschreiben, dass sie selbst den grössten Backmuffel brillieren lassen: Man muss nur etwas Wasser hinzugeben, alles durchkneten, ein Brot formen und nach Vorgabe backen – schon applaudieren Familie und Brunchgäste. Die Mischungen sind an vielen Verkaufsstellen im Park, im Coop und online erhältlich. Und natürlich im hauseigenen Shop. Der Weg zur Dittligmühle Die Naturpärke Gantrisch und Diemtigtal Schwarzenburg Freiburg Plaffeien NATURPARK GANTRISCH Stockhorn Bulle Raus jetzt! In der Region Bern - Berner Oberland findet man unzählige spektakuläre Landschaften. Nicht so bekannt wie das Gantrisch-Gebiet sind der Naturpark Diemtigtal und das Gebiet Hohgant-Seefeld. Sie bieten sich daher erst recht an für einen Erholungsausflug Landschaft von nationaler Bedeutung: Naturpark Diemtigtal mit dem Seebergsee Thun TH UN ER SE BR E Spiez NATURPARK DIEMTIGTAL I Z EN ER SE E Interlaken Eiger 5 km Foto: Keystone / Daniel Baertschi «’s isch äben e Mönsch uf Ärde» Brienzer Rothorn RE Die Attraktionen des Naturparks sind fünf Erlebniswelten zugeteilt, die sich über das ganze Gebiet erstrecken: Natur, Kultur, Sport, Musse und Genuss. Wir beginnen unsere Tagesreise durch den Park in der Erlebniswelt Genuss. Mittlerweile tragen über 300 Produkte aus 21 Sortimenten das Label «Naturpark Gantrisch». Es weist aus, dass 80 Prozent der Rohstoffe aus dem Park stammen und zwei Drittel der Wertschöpfung im Park generiert werden. Einer der grösseren Produzenten im Gebiet ist die Dittligmühle. Sie liegt einsamromantisch am Waldrand am südöstlichen Zipfel des Parks. Hier wirkt die Familie Wenger bereits in der siebten Generation. «Wie alt die Mühle ist, weiss niemand, die ältesten Hinweise datieren von 1780», sagt Georges Wenger. Er wurde schon als Bub vom Müllervirus erfasst. «Damals verschwanden viele kleine Betriebe, und auch mein Vater hatte viele Sorgen, weil unsere Anlagen überholt waren. Ich sah, will ich den Familienbetrieb retten, muss ich nicht Müller lernen, sondern Mühlebauer.» Also ging Wenger in die Ostschweiz, um eine Lehre zu machen. Zurück kam er nicht nur mit einer Ausbildung, sondern auch mit einer Frau, Irma. Erst baute die Familie eine neue Futtermühle, im Jahr 2000 zeigte sich aber, dass sich diese nicht mehr rentabel betreiben liess. «Mein Ziel war ohnehin, wieder eine richtige Mehlmühle einzurichten», sagt Georges Wenger. Er schloss den Betrieb und baute sukzessive eine neue Mühle auf. 2009 wurde die Dittligmühle neu eröffnet. Sie passt perfekt ins AA Einst war das Gurnigelbad in Riggisberg eines der grössten und bekanntesten Kurhotels der Schweiz. Die elegante Anlage, vom OrientExpress mit der Linie Calais– Gurnigel erschlossen, bot bis zu 600 Gästen Platz. Längst hat das Hotel seinen Glanz eingebüsst. Stellt man sich aber am frühen Morgen auf die Terrasse, macht einem das Panorama sofort klar, warum sich hier einst die High Society versammelte. Der Blick schweift über ein bezauberndes Stück Bilderbuch-Schweiz bis zum Neuenburgersee. Die Landschaft ist so lieblich wie vielseitig. Erstaunlich, dass diese Region heute kein grosser Touristenmagnet mehr ist. Das könnte sich allerdings ändern. 2012 wurde im Dreieck zwischen Bern, Thun und Freiburg der Regionale Naturpark Gantrisch in Betrieb genommen. Er erstreckt sich über eine Fläche von 404 Quadratkilometern und schliesst 26 Gemeinden mit einer Bevölkerung von über 40 000 Einwohnern ein – inklusive der Freiburger Destination Schwarzsee. Beim Naturpark Gantrisch handelt sich denn auch nicht um einen Park, wie man ihn etwa aus den USA kennt, es gibt keine Zäune und keine Eintrittstickets. Das ist bei den mittlerweile 15 Regionalen Naturpärken in der Schweiz so üblich. Voraussetzungen für die Anerkennung zum Regionalen Naturpark sind eine ausserordentlich schöne Landschaft, gepflegte Siedlungen und die Mitwirkung der Bevölkerung. «Als 2007 die neuen rechtlichen Grundlagen für Schweizer Pärke in Kraft traten, sahen wir eine Chance, den vielen Einzelprojekten in unserer Gegend ein einheitliches Dach zu geben», sagt Christoph Kauz, Leiter Marketing und Tourismus. Es versteht sich von selbst, dass der riesige Park nicht besonders homogen ist – sogar ein Teil der Flughafengemeinde Belp gehört dazu. Doch es gibt viel Verbindendes: die Voralpenlandschaft zum Beispiel, die Kultur und Tradition der Bevölkerung, die Werte. «Wir machen im ganzen Park naturverträgliche Angebote und setzen auf Entschleunigung», sagt Christoph Kauz. Das bedeutet, dass man nicht auf Teufel komm raus Touristen anlocken will. «Wir fördern den sanften Tourismus. Das Verkehrsaufkommen darf nur so gross sein, dass Umwelt und Bewohner nicht gestört werden.» Allerdings ist der Park so weitläufig und seine Erschliessung so komplex, dass sich die Anreise im Auto empfiehlt, zumindest dann, wenn man das riesige Angebot nutzen will. SoZ Candrian Marius Leutenegger 79 Das Diemtigtal, seit 2011 ein Regionaler Naturpark, trägt das Label «Landschaft von nationaler Bedeutung» des Bundesamtes für Umwelt. Diese Auszeichnung hat es sich mit seiner unglaublich vielfältigen Flora und Fauna verdient. Steinadler kann man hier ebenso beobachten wie Gämsen, Luchse und Murmeltiere – aber nur, wenn man weiss, wo man suchen muss. Verschiedene Themenwege erschliessen das Gebiet für Wanderer aller Fitnessstufen. Der Alpenbockweg etwa führt während zweier Stunden auf die Spur eines vom Aussterben bedrohten Käfers, und auf dem 6 Kilometer langen Vogelweg lernt man die Lebensräume einiger der gut 100 einheimischen Brutvogelarten kennen. Für Kinder und Familien bietet der Erlebnisweg Grimmimutz Märchenhaftes, und Biker kommen im Bikepark Wiriehorn auf ihre Kosten. Zum Besuch des Naturparks Gantrisch gehört unbedingt ein Zwischenstopp im Vrenelimuseum in Guggisberg. Namensgeberin ist jene junge Frau aus dem berühmten «Guggisberglied», die an Liebeskummer starb, weil ihr Hansjoggeli von Simelibärg nach einem Streit mit einem Nebenbuhler in die Fremde fliehen musste. Museumskoordinatorin Therese Aebischer-Mast: «Für uns Guggisberger ist es keine Frage, dass es das Vreneli gab. Es existieren aber keine Belege dafür.» Erstens seien erst ab 1700 Register geführt worden, und da lag die traurige Liebesgeschichte wohl schon eine Weile zurück. «Zweitens wurden Frauen ohnehin nicht eingetragen.» Den Hansjoggeli aber, den hat man in den Dorfregistern gefunden. Im Museum geht es aber nicht nur um Das Hohgantmassiv liegt im hinteren Emmental. Der Gipfel des höchsten Berges Furggengütsch liegt zwar nur 2197 Meter über Meer und wird von den Riesen im Kanton deutlich überragt – dennoch ist ein wenig Fitness von Vorteil, wenn man das unter Naturschutz stehende Gebiet Hohgant-Seefeld erwandern will. Von Kemmeriboden erreicht man die SACHohgant-hütte in 2½ bis 4 Stunden, je nach Route. Sie liegt auf rund 1800 Meter und bietet sich für einen Zwischenstopp an. Wer etwas Glück hat, erspäht unterwegs vielleicht sogar eine der Steinbockkolonien, die sich am Hohgant niedergelassen haben. Wer etwas schneller unterwegs sein will, kann die beschilderte Hohgant-Biketour Nr. 452 unter die Räder nehmen. Der Rundkurs führt auf 43 Kilometern und 1350 Höhenmetern um den Hohgant. Erik Brühlmann E-Bike-Tour und Geissenweg Traumhafte Wanderrouten für Naturliebhaber Natural Sounds Open Air Kandertal 10. bis 12. Juli 2015 Slow-up EmmentalOberaargau 13. September 2015 Luchs- und Murmeli-Trail, Lenk Tierbeobachtungen auf dem vier Kilometer langen Wanderweg Zwergenweg im Haslital Tannzapfentröchni und Adlerschaukel der Haslizwerge Ferien im Baudenkmal Sinnvolle Verbindung von Denkmalpflege und Tourismus Schlafen im Stroh Jungfrau-Region Einzigartiges Erlebnis und Abenteuer für die ganze Familie Bergbahnen inklusive, Adelboden/Kandertal und Lenk Freie Fahrt in die Berge bereits ab einer Übernachtung Wassersport im Berner Oberland, Interlaken Wasserski und Wakeboard auf dem Thuner- und Brienzersee Top-Angebote Hügeiss – Trekking mit Ziegen Trekking wie zu Zeiten von Heidi und Geissenpeter: Die zahmen Ziegen tragen das Gepäck und bereichern die Wanderung mit lautem Gemecker und fröhlichen Freudensprüngen. Gültigkeit: Das Angebot ist ganzjährig gültig Preis: ab 65 Fr. madeinbern.com/huegeiss Mountainboarden am Rinderberg Ein Riesenspass für Gross und Klein. Das Mountainboarden ist schnell und einfach erlernbar. Genau das Richtige für alle, die etwas Neues erleben möchten. Gültigkeit: 1. Juli bis 11. Oktober Preis: ab 59 Fr. madeinbern.com/mountainboard Muggestutz Erleben Sie mit Ihren Liebsten zwei Übernachtungen im Hotel Ihrer Wahl und eine abenteuerliche Wanderung auf einem der beiden bekannten Muggestutzwege. Gültigkeit: bis 18. Oktober Preis: ab 343 Fr. pro Familie madeinbern.com/muggestutz Ferien auf dem Bauernhof Im Stall die Tiere füttern, frische Kuhmilch kosten und den Charme der authentischen Unterkunft auf dem Bauernhof geniessen – eine gute Alternative zum Hotelurlaub. Schroffe Schönheit: Schangnau im Emmental mit dem Hohgant im Hintergrund Fotos: Switzerland Tourism / BAFU Gültigkeit: bis 31. Oktober Preis: ab 25 Fr. madeinbern.com/bauernhof Bern Extra 80 7. Juni 2015 | sonntagszeitung.ch «Wenn ich jodle, geht es mir gut» Brauchtum ist im Aufwind – auch bei den Jungen. Ein Besuch im Kinder-Jodlerlager in Innereriz Alphornblasen, Fahnenschwingen und Jodeln weit weg von der Welt. 45 Kinder leben Tradition und Brauchtum im Lager «Alfajola» in Innereriz BE Marius Leutenegger (Text) und Valeriano Di Domenico (Fotos) «Ich jodle, seit ich singen kann», sagt die 24-jährige Flurina Welten aus Schönried. «Auch meine Mutter ist mit Jodeln aufgewachsen, der Vater wurde von ihr angesteckt. Und so haben wir zu Hause immer viel gesungen.» Früh schloss sich Flurina dem Kinderchor des Jodlerklubs Hettiswil an, und als der Bernisch-Kantonale Jodlerverband vor zehn Jahren erstmals das «Alfajola» für Kinder durchführte – das «Alphornbläser-, Fahnenschwinger- und Jodlerlager» –, war sie begeistert dabei. Seither hat sie kein einziges Alfajola verpasst. Heute Schaut man den Sportteil einer Zeitung an, könnte man den Eindruck gewinnen, die Nationalsportarten der Schweiz seien Fussball, Eishockey und Tennis. Falsch! Laut Historischem Lexikon der Schweiz sind es Schwingen, Steinstossen und Hornussen. Diese wurden – im Gegensatz zu den genannten importierten Sportarten – nämlich auch in der Schweiz erfunden. Wann genau das Hornussen entstand, weiss allerdings niemand. Erste schriftliche Erwähnungen des Spiels findet man in Kirchenschriften des frühen 17. Jahrhunderts. Natürlich wird dort diese Freizeitbeschäftigung der Sennen und Hirten deutlich abgelehnt – zu jener Zeit war den Kirchen alles ein Dorn im Auge, was den Leuten Vergnügen bereitete und sie vom sonntäglichen Gottesdienst abhielt. Der Kanton Bern, speziell das Emmental, schien al- gehört sie zum Leiterteam, das sich dieses Jahr um rund 45 Kinder und Jugendliche kümmert. Vier MaiTage lang lebt und singt die Jodler gemeinschaft zusammen in einem Ferienheim in Innereriz, vor einem herrlichen Bergpanorama und weit weg von der Welt. Dass die jungen Teilnehmer gerne jodeln, sieht man ihnen nicht an. Die Backen sind nicht röter, die Kleider und Frisuren nicht weniger modern als jene von Gleich altrigen irgendwo in Zürich oder Genf. Das besondere Merkmal der hier Versammelten ist lediglich, dass sie sich fürs Singen begeistern und Volksmusik lieben. Die 16-jährige Patricia Zaugg aus Boll lem Widerständen zum Trotz aber schon damals die Hornusser hochburg gewesen zu sein. In seinem 1841 erschienenen Roman «Uli der Knecht» beschreibt der Emmentaler Autor Jeremias Gotthelf eindrucksvoll, wie einst gespielt wurde. 1902 wurde der Eidgenössische Hornusserverband ins Leben gerufen, der mittlerweile rund 7500 lizenzierte Hornusse rinnen und Hornusser in 175 Gesellschaften umfasst. Doch auch wenn mittlerweile Vereine von Gossau ZH über Winterthur bis Lenzburg und Luzern in einer der sieben offiziellen Ligen mittun: Über den Status einer Randsportart kam das Hornussen nie hinaus. Zum Vergleich: Der Schweizerische Fussballverband zählt 251 000 Spieler in 1431 Vereinen. Im bernischen Limpach findet diesen Sommer das 37. Eidgenössische Hornusserfest mit 248 Jodeln für Anfänger Das Jodeln ist eine vielseitige Kunst, die sich über die Jahrtausende in jeder Region unterschiedlich entwickelt hat. In der Schweiz verbreitet sind vor allem der improvisierte, wortlose Naturjodel und das dirigierte Jodellied, das aus Strophen- und Jutzteil besteht. Davon ausgehend findet man in vielen Gegenden einoder mehrstimmige Variationen. Zu den Hauptjodelarten zählen der Singjodel, der Tröhljodel, der Chugeli jodel, der Kehlkopfschlag- und der Zungenschlagjodel. Wer das Jodeln erlernen will, kann bei einem der regionalen Jodlerverbände einen Einführungskurs besuchen, wo man als Teil eines Chores die Grundlagen des Jodelns kennen lernt. Neben den Verbänden bieten auch private Gesangslehrerinnen und -lehrer Lektionen an. Der private Unterricht ist meist etwas vielseitiger angelegt als das Jodeln im Verein. Gotthelfs Baseball Hornussen entstand wahrscheinlich im Kanton Bern – und ist eigentlich ganz einfach sagt: «Ich höre fast nur diese Musik. Und Rock!» Der Grindelwalder Michael Bärtschi, 14, doppelt nach: «Jodellieder gefallen mir einfach besser als andere.» Und die 20-jährige Nachwuchs-Leiterin Angelina Zenger aus Meiringen sagt wohl stellvertretend für viele: «Jodeln ist wie Therapie. Wenn ich jodle, geht es mir gut, ich tauche in eine andere Welt ein und vergesse alles um mich herum. Es ist mehr als ein Hobby – eine Leidenschaft!» Flurina Welten ergänzt, am Jodeln fasziniere sie das Unkomplizierte. «Man kann mit wenig viel machen, einer beginnt, die anderen setzen ein, es ist nicht stur, sondern gemütlich und ungezwun- gen.» Die Frage, ob Jodeln nicht doch eher etwas für ältere Semester sei, erntet bei allen nur ungläubige Blicke – so hat man das hier offenbar noch nie gesehen. Es gab allerdings andere Zeiten, und diese liegen nicht weit zurück. Die Emmentaler Lehrerin Annelies Mosimann, die einen Männerchor, einen Jugendchor und das Alfajola leitet, erinnert sich: «In den 1990er-Jahren hatten die Jodlerchöre immer grössere Nachwuchsprobleme. Deshalb entschloss man sich, den Nachwuchs aktiv zu fördern, Kinderchöre zu gründen und für ambitionierte Kinder und Jugendliche dieses Lager zu organisieren.» Mit den Mannschaften statt – vom 21. bis 23. und vom 28. bis 30. August. Dann wird das Nationalspiel wohl auch wieder mehr mediale Aufmerksamkeit bekommen – und viele werden sich wieder einmal fragen, worum es beim Hornussen überhaupt geht. Wegen der vielen Fachbegriffe – Bock, Ries, Streich – klingt die Sache für Aussenstehende verworren, eigentlich ist aber alles ganz einfach. Im Zentrum des Spieles steht der Nouss, eine kleine Plastikscheibe, die früher aus Horn gefertigt wurde und der Sache den Namen gab. Der Schlagmann am Bock versucht nun, den Nouss mit dem Stecken – einer Rute, die meist aus Karbonfasern hergestellt wird – so weit wie möglich übers Spielfeld zu schlagen. Die Spieler der Gegenmannschaft – die Abtuer – versuchen, mit grossen Abfangschaufeln – den Schindeln – den Nouss aus der Luft zu holen. Dabei können sie die Schindel in der Hand behalten oder sie in die Flugbahn des Nouss werfen. Je weiter der Nouss fliegt, desto mehr Punkte erhält die schlagende Mannschaft. Die ersten 100 Meter zählen nicht, ein Flug von weiteren 100 Metern gibt einen Punkt, pro 10 zusätzliche Meter kommt ein Punkt dazu. Ein Streich von 290 Metern ergibt also 19 Punkte, die sowohl der Mannschaft als auch dem Schlagmann als persönliches Resultat angerechnet werden. Gelingt es nicht, einen Nouss abzutun, wird der abtuenden Mannschaft eine Nummer geschrieben. Am Ende des Spiels gewinnt das Team, das weniger Nummern auf dem Konto hat. Bei Gleichstand entscheiden die Schlagpunkte. Erik Brühlmann www.ehflimpach2015.ch Bern Extra81 sonntagszeitung.ch | 7. Juni 2015 Kutschenfahrten und Alp-Kultur Eindrückliches Brauchtum und Tradition erleben «Jodeln ist Singen ohne Worte, ein tiefer Ausdruck der Seele»: Die Kinder im «Alfajola» bei einem Ständchen vor der Kulisse des Bergmassivs «Sieben Hengste» Trachtenfest Männlichen 26. Juli 2015 Alphorn-Tage, Kandersteg 26. bis 30. August 2015 Suufsunntig, Gstaad 30. August 2015 Brienzer Holzfällertage 5. und 6. September 2015 Chästeilet, Justistal 18. September 2015 Brächete, Zäziwil 30. September 2015 Kerzenhotel, Stechelberg Romantik und Nostalgie ohne fliessendes Wasser und Strom Alphornbau, Habkern In der Werkstatt mitten im Dorf sein eigenes Instrument bauen Verdingkinder Sonderausstellung Ballenberg Eindrückliche Darstellung eines düsteren Kapitels der Schweiz Top-Angebote Alles Käse – und wie! Hören, schmecken, riechen – und geniessen. Ein wunderbares Erlebnis rund um den Käse! Sie kehren heim als Käsekenner. Sie verstehen die Käsewelt. Sie haben gehört, gesehen, geschmeckt, gegessen und gefühlt. Gültigkeit: Das Angebot ist ganzjährig gültig Preis: ab 49 Fr. madeinbern.com/kaese Simmentaler Alpkultur Hier grüssen sich Murmeltier und Luchs. Übernachten Sie an der Lenk und profitieren Sie von freier Fahrt auf den Bergbahnen und vielen weiteren Zusatzleistungen. Konzentriert: Neben Jodeln und Fahnenschwingen gibts zahlreiche Workshops Massnahmen rannte der Jodlerverband offene Türen ein – denn seit einigen Jahren erlebt das Schweizer Brauchtum eine Renaissance, mit der wohl niemand gerechnet hat. «Melanie Oesch sei Dank!», sagt Annelies Mosimann. Die Frontfrau der Thuner Formation «Oesch’s die Dritten» ist der attraktive Popstar der Berner Jodlerszene. Dass das lange als rückständig geltende Jodeln plötzlich wieder im Scheinwerferlicht steht, hat aber wohl auch mit der Globalisierung zu tun: Diese hat nicht nur in der Schweiz einen Gegentrend und eine Rückbesinnung aufs Lokale, Herkömmliche und Bewährte ausgelöst. «In der heutigen Zeit ist wichtig zu wissen, wo die eigenen Wurzeln sind», sagt Annelies Mosimann. Mittlerweile gibt es im Kanton Bern 26 Nachwuchsgruppen für Kinder. Sie zählen insgesamt über 540 Mitglieder, etwa zwei Drittel davon sind Mädchen. In den Städten hat das Brauchtum allerdings nach wie vor einen schweren Stand, und auch am Alfajola ist kein Kind aus der Stadt Bern dabei. Teilnehmer mit sogenanntem Migrationshintergrund gibt es ebenfalls keine. «Man kann aber nicht sagen, dass nur Kinder aus traditionsbewussten Familien mitmachen», sagt Annelies Mosimann. «Oft kommen die Kinder Grosse Puste: Dem Alphorn die richtigen Töne zu entlocken, ist nicht ganz einfach ohne elterlichen Anstoss in einen Chor, weil sie am Radio Jodeln und Schwyzerörgeli hörten und ihnen das gefiel. Jodeln ist Singen ohne Worte, ein tiefer Ausdruck der Seele, und das spricht viele an – diese urwüchsige Kraft, dieser Klang, in dem man förmlich baden kann!» Annelies Mosimann erinnert sich an ihre Rückkehr von einem längeren Auslandaufenthalt. «Ich merkte, ich bin als Mensch hier, aber meine Seele hängt noch irgendwo auf dem Weg vom Dort nach Da. Dann hörte ich ein Jodellied, ein urwüchsiges Juchzen, und ich wusste: Ich bin daheim! Auch wenn ich Volksmusik aus anderen Ländern höre, spüre ich, diese Musik hat Bodenhaftung und lässt auf einfache Weise etwas im Menschen anklingen.» Brauchtum kann auch einfach Spass machen. Nach dem Einsingen stehen an diesem Morgen Workshops auf dem Programm. Eine Gruppe probiert sich am Fahnenschwingen, eine andere am Alphorn, eine Dritte beschäftigt sich mit der überraschend vielfältigen Welt der Berner Trachten. Die Kinder sind mit Enthusiasmus dabei, und sie werden dafür auch belohnt: Wenn es einem gelingt, einen brummendwarmen Ton aus dem Alphorn zu zaubern, macht einen das fraglos stolz. Eine Fahne gegen den blauen Himmel zu werfen und aufzufangen, ehe sie in die blumenübersäte Wiese fällt, verbindet einen auf schöne und ruhig-dynamische Weise mit der Natur. Noch mehr eins mit dieser wird die ganze Gruppe am Nachmittag auf einer Wanderung durchs angrenzende Naturschutzgebiet. Immer wieder machen die grossen und kleinen Sängerinnen und Sänger Halt – und stimmen ein Lied an. Die Inbrunst, mit der die Kinder singen, könnte manchen Chorleiter neidisch machen. Aber auch hier beginnen ein paar Buben irgendwann, einander heimlich mit Dreck zu bewerfen. Alles also ganz normal – mit Ausnahme der grossen Jodelleidenschaft. Hornussen von A bis Z Nationalsport Hornussen: Die Abtuer versuchen, mit Schindeln den Nouss zu stoppen Fotos: Keystone / Swiss-image. Abtuer: Der Spieler im Spielfeld; Gegenspieler des Schlägers Abtun: Das Abfangen des Nouss mit der Schindel Bock: Abschlagvorrichtung aus Metall Gesellschaft: Hornusser-Verein Nouss oder Hornuss: Schlagobjekt; eine aus Kunststoff gefertigte Scheibe von 78 Gramm Gewicht Nummer: Nouss, der nicht abgewehrt im Ries landet Ries: Trapezförmiges Spielfeld von mindestens 200 Metern Länge und 10 bis 15 Metern Breite, meist eine Wiese oder ein abgeernteter Acker; beginnt erst 100 Meter hinter dem Abschlagort, weil ein Nouss bis zu 380 Meter fliegen kann Schindel: 4 Kilogramm schwere Holzschaufel zum Abtun des Nouss Setzer: Er platziert den Nouss auf dem Bock Stecken: Schlaggerät; ursprünglich eine Weidenrute, heute meist aus Karbonfaser mit einem Hartholzklotz am Ende; erlaubte Maximallänge 3 Meter Streich: Einzelner Schlag Träf: Runder Hartholzklotz am Ende des Steckens, mit dem der Nouss geschlagen wird Gültigkeit: 13. Juni bis 18. Oktober Preis: ab 170 Fr. madeinbern.com/alpkultur Bergerlebnis Vom Hotelzimmer direkt aufs Hochplateau! Übernachten Sie in einem Hotel Ihrer Wahl und profitieren Sie von freier Fahrt auf den Bergbahnen sowie einer Alpkäserei-Besichtigung inkl. Degustation. Gültigkeit: 30. Juni bis 25. August Preis: ab 112 Fr. madeinbern.com/bergerlebnis Kutschenfahrt in die Vergangenheit Das Freilichtmuseum Ballenberg ist eines der beliebtesten Ausflugsziele in der Schweiz, das Sie auf keinen Fall verpassen dürfen. Gültigkeit: bis 31. Oktober Preis: 24 Fr. madeinbern.com/kutsche Bern Extra 82 7. Juni 2015 | sonntagszeitung.ch Top-Angebote Merängge-Blitz Geniessen Sie eine Übernachtung und entdecken Sie die Spuren der Wasserbüffel – gemütlich zu Fuss oder rasant mit dem MeränggeBlitz (E-Bike). Gültigkeit: Dieses Angebot ist ganzjährig buchbar Preis: ab 169 Fr. madeinbern.com/meraengge Kambly-Erlebnis Entdecken Sie die Geheimnisse der traditionellen Feingebäck-Kunst aus dem Emmental. Eine Multimedia-Schau führt Sie zudem durch die Kambly-Geschichte. Gültigkeit: Das Angebot ist kostenlos und ganzjährig gültig madeinbern.com/kambly Auf der Spur des berühmten Schweizer Käses: Die Emmentaler Käseroute führt in ein oder zwei Tagen zu den zahlreichen Attraktionen Grafik: Emmental Tourismus Fondueland Gstaad Bereiten Sie sich im überdimensionalen Caquelon bestes Gstaader Fondue direkt aus dem Rucksack zu und bewundern Sie dabei ein unvergleichliches Bergpanorama. Immer dem Emmentaler nach Gültigkeit: Das Angebot ist ganzjährig gültig Preis: ab 18 Fr. madeinbern.com/fondueland Die neue Käseroute ist ein attraktives Angebot für Naturfreunde, Geniesser und E-Biker Gondel Night Dinner In den stilvoll dekorierten Gondeln der Rinderberg-Bahn geniessen Sie ein delikates Menü. Und natürlich ist auch für musikalische Unterhaltung gesorgt. Eric Brühlmann Im Emmental wird nachweislich schon seit dem 13. Jahrhundert Käse hergestellt. Der bekannteste, der Emmentaler AOP, wird heute in 200 Dorfkäsereien im Tal fabriziert. Für ein Kilo Käse braucht es rund zwölf Liter Milch, Lab und, und, und ... Aber eigentlich können Interessierte das alles im Emmental auf viel angenehmere und eindrücklichere Weise erfahren – aus erster Hand auf der Emmentaler Käseroute. Gültigkeit: 10. Juli bis 10. September Preis: 95 Fr. madeinbern.com/gondel-dinner Eine App führt per GPS zu den einzelnen Streckenpunkten Die neue Touristenattraktion wurde im Frühling 2013 eröffnet. «Man konnte dem Käse zwar schon vorher folgen», sagt Barbara Eggimann, Destinationsmanagerin bei Emmental Tourismus. «Allerdings war unsere Käsestrasse für Besucherinnen und Besucher mit dem Auto vorgesehen, und Besichtigungen mussten vorzeitig reserviert werden.» Dass dieses Angebot den Touristen von heute etwas altbacken vorkam, versteht sich. Deshalb entschied man sich bei Emmental Tourismus, es grundlegend zu überarbeiten und zu modernisieren. Entstanden ist so die Emmentaler Käseroute. Sie beginnt im Städtchen Weinschifffahrt Während zweier Tage entdecken Sie die schönsten Seiten des Murten- und des Bielersees sowie des Dreiseenlandes: unberührte Landschaften, mediterranes Ambiente, schmucke Städtchen und Dörfer, erfrischende Gewässer – und natürlich die edlen Weine der Region. Gültigkeit: bis 27. September Preis: ab 175 Fr. madeinbern.com/weinschiff Burgdorf und führt Interessierte entweder in einem Tag über 35 Kilometer zu 11 oder an zwei Tagen über 72 Kilometer zu 21 Attraktionspunkten, die ganz dem Thema Käse gewidmet sind. Den richtigen Weg weist eine App, die gratis heruntergeladen werden kann – ja sogar heruntergeladen werden muss. «Die App ist zentral für das Angebot», erklärt Barbara Eggimann. «Sie führt per GPS zu den einzelnen Streckenpunkten und vermittelt jeweils auch gleich übers Mobiltelefon Audio-Informationen zum Thema.» Was aber, wenn man kein Smartphone hat? «Dann kann man es ebenso wie ein E-Bike in Burgdorf mieten.» Natürlich lässt sich die Käseroute auch mit reiner Muskelkraft angehen. Aber dann sollte man schon recht sportlich sein, denn wo ein Tal ist, sind immer auch Hügel und Berge, die erklommen werden müssen. Von Burgdorf aus führt die Käseroute über Heimiswil zur Holzsammelstel- Seinen Namen hat der weltberühmte Käse vom Tal der Emme im Kanton Bern. Bis ins 12. Jahrhundert kann man die Herstellung zurückverfolgen. Früher wurde der Emmentaler nur im Sommer auf der Alp hergestellt – für die Selbstversorgung und als Abgabe an die Grundherren. Seit der Entstehung der ersten Talkäserei um 1815 dehnte sich das Herkunftsgebiet des Emmentalers über das ganze Schweizer Mittelland aus. Der Emmentaler AOP wird in rund 180 Käsereien nach dem Originalrezept aus frischer Rohmilch hergestellt und reift mindestens 120 Tage im Käsekeller. Auf künstliche Zusatzstoffe oder Silomilch wird gänzlich verzichtet. le Kaltacker, wo man viel Wissenswertes zur Milchproduktion erfährt. In Affoltern dürfen die Besucherinnen und Besucher in einer Schaukäserei bei der Herstellung der Käselaibe zuschauen, im Gotthelfzentrum in Lützelflüh können sie sich zum Thema Käsehandel und Literatur informieren. Am Ramseisteg geht es um den Käsetransport zu Wasser, in Moosegg wird die Viehhaltung auf der Alp thematisiert. Knifflige Quizfragen der App sorgen zusätzlich für interaktiven Spass für die ganze Familie. Diese findet übrigens auch Übernachtungsmöglichkeiten in jedem grösseren Dorf, zum Beispiel auf etwa halber Strecke in Lützelflüh oder in Langnau. «Wir sind ständig daran, unser Angebot zu optimieren und mit speziellen Aktionen zu erweitern», sagt Barbara Eggimann. So bekommt zum Beispiel am Bahnhof Burgdorf jeder Gast ein kostenloses Gutscheinheft und einen Smartphone-Halter fürs Lenkrad. Als ob es noch einen zusätzlichen Anreiz braucht, um im malerischen Emmental in freier Natur der Spur des Käses zu folgen! www.emmentaler.ch www.kaeseroute.ch Der berühmteste aller Käse Vegan für Gourmets «Wir sind Jumi!» Chili-Pulver aus dem Simmental Im Grandhotel Giessbach kocht Molekularkoch Caviezel Zwei innovative Emmentaler Produzenten gehen neue Wege Die Swiss Alpine Herbs verarbeitet frische Alpenkräuter Erstmals in der Schweiz setzt ein Gourmetlokal ganz auf die Karte Vegetarisch und Vegan. In dem mit 13 «Gault Millau»-Punkten ausgezeichneten Restaurant «Le Tapis Rouge» im Grandhotel Giessbach am Brienzersee steht dieses Jahr Rolf Caviezel am Herd. Der Trend- und Molekularkoch, Buchautor und Inhaber der Firma Freestylecooking hat die klassischen Arbeitsgeräte der Küche um Bunsenbrenner, Pipette und Reagenzglas erweitert. Er nimmt die Struktur der Grundnahrungsmittel auseinander und setzt sie mit neuer Textur wieder zusammen. Das Resultat ist ein mehrgängiges Überraschungsmenü, wahlweise rein vegetarisch oder vegan mit vier, sechs oder acht Gängen, das ausschliesslich aus regionalen und saisonalen Produkten aus dem Traumhafte Lage: Das Grandhotel Giessbach über dem Brienzersee Gemüse- und Kräutergarten komponiert wird. Wer mehr über die vegane und molekulare Küche erfahren möchte, für den bietet Rolf Caviezel im Giessbach auch Kochkurse an, wo jeder selber an verschiedenen Texturen tüfteln kann. Die nächsten Termine: 10. Juli und 13. August. www.giessbach.ch «Jumi» – diese Abkürzung steht einerseits für den Bauer Jürg Wyss und den Käser Mike Glauser, andererseits für eine innovative Palette aus Fleisch- und Käseprodukten, die es mittlerweile sogar in London und Wien zu kaufen gibt. «Alle unsere Produkte stellen wir aus Rohstoffen aus der Region her», sagt Jürg Wyss, «und zwar ohne künstliche Zusatzstoffe.» Ihre Zentrale haben die Jumis in einem umgebauten Gasthof in Boll. Der Gemeinschaft gehören verschiedene lokale Kleinproduzenten an. Den Begriff «Gemeinschaft» nehmen die Jumis durchaus ernst. Wyss: «Bei uns geht es nicht in erster Linie darum, möglichst schnell möglichst viel Geld zu verdienen. Wir möchten auch Freude an unserer Arbeit haben.» «Wir sind halt Jumi», sagt Jürg Wyss, «wir handhaben viele Dinge ein bisschen anders.» Tradition spielt bei Jumi eine grosse Rolle. «Wir bieten zum Beispiel ein Trockenfleisch nach einem Rezept meines Onkels an», erzählt Wyss. «Ich musste ihn jahrelang beschwatzen, bis er es herausrückte!» Das bekannteste Produkt aber ist die Belper Knolle, ein mit Pfeffer, Knoblauch und Himalajasalz umhüllter Frischkäse. Er wird in der Käserei von Peter Glauser – dem Cousin von Mikes Vater – hergestellt und in den Restaurants der Region angeboten. Aber auch am Markt an der Berner Münstergasse können die Jumi-Produkte erworben werden. Die Chance ist gross, dass die JumiGründer selbst am Stand stehen. www.jumi.lu Vor bald 25 Jahren sah Fritz Stettler, wie Chilipflanzen im südamerikanischen Guatemala auf einer Höhe von über 3000 Meter über Meer angebaut wurden. Er dachte sich: Chili – das müsste doch auch in der Schweiz funktionieren! Tatsächlich bietet er heute ChiliPulver aus Berner Produktion an. 1991 gründete Stettler, der auch der Erfinder der legendären Würzmischung «Streu mi» ist, in Där stetten im Simmental die Firma SAH Alpenkräuter AG. Das Unternehmen ist spezialisiert auf das schonende Trocknen und Verarbeiten von frischen Alpenkräutern, den Swiss Alpine Herbs, aus kontrolliert biologischem Anbau. Alle Zutaten stammen von Bergbauern aus dem Simmental, dem Schwarzenburgerland und dem Berner Oberland. Sie werden unter ande- rem für Kräutermischungen und Kräutersalzmischungen, aber auch für Sirups und Tees verwendet. Die Kräuter werden innerhalb von 24 Stunden nach der Ernte verarbeitet. So behalten sie ihr kräftiges Aroma, das mithilfe eines schonenden Vakuum-Trockenverfahrens konserviert wird. Sogar die Farbe der Kräuter bleibt dabei erhalten. Kommen die Kräuter mit Flüssigkeit in Kontakt, entfalten sie wieder ihr volles Aroma und lassen sich dann wie frische Kräuter verwenden. SAH zeigt interessierten Besuchern auch, wie alles funktioniert. Wer sich zwischen Stockhorn, Niesen und Jaunpass etwas kulinarisches Wissen aneignen möchte, kann eine Führung buchen. www.swissalpineherbs.ch Bern Extra83 sonntagszeitung.ch | 7. Juni 2015 Markus Ganz (Text) und Daniel Rhis (Fotos) Sie sind in Bümpliz aufgewachsen, dem Arbeiterquartier von Bern. Hat Sie dies geprägt? Mein Vater, der aus einer kinderreichen Familie im Emmental stammte, war Gepäckarbeiter bei der Eisenbahn. Wir wohnten zuerst in Bern, später in Bümpliz. Nach der fünften Klasse konnte ich ins Pro-Gymnasium nach Bern gehen, was unüblich war für ein Arbeiterkind. Ich blieb aber ein Bümplizer und habe auch den Bezug zu meinem Heimatort Schangnau im Emmental nie verloren. Als Kind verbrachte ich dort bei der Grossmutter oft die Ferien. «Auf Berndeutsch kann man sehr gut Geschichten erzählen» Der Berner Musiker Peter Reber über den letzten Wilden Westen der Schweiz, guten Boden für Musik und die Faszination des Wassers Was verbindet Sie mit dem Emmental? Ich kenne und schätze das bäuerliche Leben. In den Ferien half ich beim Heuen und im Stall, ging mit der Milch in die Käserei. Die Menschen dort sind sehr unabhängig, originell und humorvoll. Und aufgeschlossen: Ein Cousin von mir gehörte zu den Ersten, die Wasserbüffel einführten. Einst waren die Schangnauer Sennen, denen die reichen Berner das Vieh zum Sömmern brachten. Den Sennen redete niemand drein, die machten es so, wie sie es für richtig hielten. Mir gefällt aber auch die Landschaft. Hinter Kemmeribodenbad fängt eine unglaublich schöne Gegend an, die sich zwischen dem Hohgant und der Kette des Brienzer Rothorns erstreckt. Für mich ist diese Region gewissermassen der letzte Wilde Westen der Schweiz. Zu jener Zeit begann auch Polo Hofer seine Karriere. Hatten Sie Kontakt zu ihm? Ja, wir kennen uns gut, wir nahmen ab Mitte der 70er-Jahre im selben Studio auf. Aber im Unterschied zu ihm sang unser Trio nie Dialekt, ein Lied für die Ausstellung «Grün 80» war die einzige Ausnahme. Wir wollten nicht das Trio Eugster Nummer zwei werden und musikalisch nicht volkstümlich sein. Auch der Berner Rock ging vom Volkstümlichen weg, verband dann aber Rock und Pop mit Dialekttexten. Das war damals ziemlich revolutionär. Wir konzentrierten uns hingegen auf englische Lieder, zumal Sue Amerikanerin war. Wir sangen dann auch hochdeutsch, weil der deutsche Markt dies forderte. Und französisch sangen wir, weil Marc zur Hälfte Neuenburger Herkunft ist und wir wegen unseres Beitrags für den Concours d’Eurovision in der Romandie populär wurden. Weshalb ist Bümpliz für Berner Musiker so wichtig? Büne Huber titelte eines seiner Lieder «W. Nuss Vo Bümpliz», Züri West nannte ein Album «Bümpliz–Casablanca». Das sind eben auch Bümplizer! Der Boden ist offenbar gut für Musiker. In Ihrer Solokarriere sangen Sie dann aber Berndeutsch. Das lässt sich ja generell von Bern sagen. Warum bringt die Region so viele Musiker hervor? Ich schrieb schon mit 22, 23 Jahren Mundartlieder, weil ich fand, man könne auf Berndeutsch sehr gut Geschichten erzählen. Und noch zu Zeiten des Trios schuf ich solo das Mundartalbum «D’Schnapsbrönnerei im Paradies». Sicher haben mich dazu auch die Chansons der Berner Troubadours inspiriert. Ich finde Berndeutsch, Dialekt überhaupt, eine wunderschöne Sprache – wohl auch deshalb, weil es die Sprache ist, mit der man aufgewachsen ist und in der man die feinsten Nuancen ausdrücken kann. Dies hat auch damit zu tun, dass man in Bern mehr Zeit hat als etwa in Zürich, und man ist weiter weg vom Schuss. Musiker buhlen nicht gleich mit dem ersten Album um Aufmerksamkeit, die sie hier ohnehin nicht sofort erhalten. Sie können deshalb länger an ihrer Musik arbeiten und sich künstlerisch entwickeln. Hinzu kommt unsere Nähe zum französischen Sprachraum, der etwa mit seiner Troubadour- und Chanson-Tradition sehr wichtig ist für die Berner Szene. Mani Matter war stark beeinflusst von Georges Brassens. Nach 13 Jahren mit Peter, Sue & Marc gönnten Sie sich eine lange Auszeit. Warum entschlossen Sie sich für eine Atlantiküberquerung mit dem Segelschiff? Wie begann Ihre Karriere? Ich hatte das Glück, musikalisch gefördert zu werden. Meine Unterstufenlehrerin erkannte, dass ich immer die zweite Stimme singen konnte, und reklamierte, wenn die Geige nicht rein klang. Ich konnte zudem ein Lied nachsingen, wenn ich es einmal gehört hatte. Sie sagte deshalb meinen Eltern, ich solle ein Instrument lernen und sorgte auch dafür, dass ich die Aufnahmeprüfung ans Konservatorium machen durfte. Dank ihr konnte ich dort von 9 bis 16 Jahren Klavierunterricht nehmen, was für ein Arbeiterkind ziemlich unüblich war. Ich spielte nicht immer, was ich hätte spielen sollen. Fand sich irgendwie Zeit, vergnügte ich mich mit fetzigen Boogie-WoogieStücken, was damals als Sünde galt. Zu meinem Abgang kam es, als ich wohl etwas zu laut spielte, ein gefrusteter Lehrer aus dem Nebenzimmer kam und mir den Tastendeckel über die Finger schlug. Da wurde mir klar, dass ich einen eigenen Weg gehen musste, obwohl ich ein grosser Klassikfan geblieben bin. Vor Peter, Sue & Marc spielten Sie in einer Beat-Band ... Ich gehörte zu den wenigen Bernern, die Anfang der 60er-Jahre eine Farfisa-Orgel besassen. Ich auch die Songs von amerikanischen Musikern wie Bob Dylan, Joan Baez und dem Trio Peter, Paul and Mary kennen. In den Ferien hörte ich mir mit Marc diese Musik an, und bald sangen wir die Lieder von Peter, Paul and Mary nach. An einem Fest lernte Marc dann Sue kennen und erzählte mir, dieses «Modi» habe eine wahnsinnig schöne Stimme. Als ich nach der Matura in die Schweiz zurückkehrte, trafen wir uns und spürten sofort, dass wir musikalisch und menschlich zusammenpassten. Wir gründeten Peter, Sue & Marc und sangen zunächst das gesamte Repertoire von Peter, Paul and Mary. Aber wir merkten bald, dass wir eigenes Material brauchten, weil die Leute das Original kaufen wollten. Und so kam ich zum Zug, weil ich schon lange Lieder geschrieben hatte. Über eine Million verkaufte Tonträger: Peter Reber nahm als Komponist und Interpret sechsmal am Eurovision Song Contest teil hatte sie mir dank Nebenjobs zusammensparen können. Weil diese Orgel zum damals aufkommenden Beat passte, wurde ich angefragt, ob ich in einer Band mitspielen wolle. Wir interpretierten Songs angesagter Gruppen, etwa der Animals oder Beatles. Während des Gymnasiums war ich dann Mitglied einer Swing-JazzBand, und wir suchten noch einen Schlagzeuger. Einer sagte, er kenne einen in Köniz, und bei dem Das Musical mit den Liedern von Peter, Sue & Marc 1968 gründeten Peter Reber, Sue Schell und Marc Dietrich ein Trio, das eine der erfolgreichsten Schweizer Gruppen werden sollte. 34 Jahre nach dessen Auflösung kommen die Evergreens von Peter, Sue & Marc nun wieder auf die grosse Bühne. Im Musical «Io senza te» werden die drei Musiker zwar nicht selbst auftreten, aber viele ihrer Erlebnisse fliessen in das Stück von Autor Domenico Blass und Regisseur Stefan Huber ein. Neben dem Musiker Ritschi von der Gruppe Plüsch treten in den Haupt rollen Anja Haeseli und Jörg Neubauer auf. Premiere des neuen Schwei zer Musicals ist am 10. September im Zürcher Theater 11. Gespielt wird bis zum 1. November 2015. www.iosenzate.ch könne man sogar zu Hause üben. Das war Marc Dietrich. Er beherrschte alle Stile und hatte eine geniale Stimme. Marc ist das grösste musikalische Talent, das mir je begegnet ist. Und wie kam es zum Trio Peter, Sue & Marc? 1966 erhielt ich ein Stipendium für das Atlantic College in Wales und engagierte mich in der College-Band. So lernte ich neben angelsächsischem und irischem Folk Als kleiner «Giel» liess ich in den Ferien auf Bächen Schiffchen los und fragte die Grossmutter, wohin die gingen. Sie antwortete: «In die Emme, dann in die Aare und in den Rhein und schliesslich ins Meer.» Dies weckte früh meine Faszination fürs Wasser. Zudem gingen wir oft im Seeland zelten. Mein Vater konnte einmal zwei PedaloSchwimmer ersteigern und baute ein Podest darauf. Damit ging ich als Kind auf die dortigen Seen, wann immer es ging. Später wurde ich diplomierter Coastguard, weil dies zur Ausbildung des Atlantic Colleges gehörte. Bereits als 17-Jähriger lernte ich, im Taucheranzug Leute zu retten. Warum sind Sie nach Bern zurückgekehrt und nicht an einem der traumhaften Orte geblieben, die Sie auf Ihren Reisen entdeckt haben? Eines meiner Lieder heisst «Jede bruucht sy Insel». Damit meine ich: Wenn man seine Trauminsel nicht in sich findet, dann findet man sie nirgendwo. Ich habe zudem gemerkt, dass ich hier einen engeren Bezug zu den Menschen und zur Umgebung habe. Leserangebot Gewinnen Sie ein City Spa Package Hotel Schweizerhof Bern Luxuriöser Verwöhn-Aufenthalt im Herzen von Bern Seit über 150 Jahren zieht das legendäre FünfsterneSuperior-Hotel Schweizerhof Bern anspruchsvolle Gäste aus aller Welt an. Im ersten Luxushotel der Hauptstadt verschmilzt an zentralster Lage eine grandiose Tradition mit zeitgenössischem Flair, edlem Design und Service von Welt. 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Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Mitarbeitende von Tamedia und deren Partner sind vom Wettbewerb ausgeschlossen. Der Gutschein kann nach Verfügbarkeit bis Ende 2015 eingelöst werden.