Fachbereich Tourismus Bachelor-Thesis - BEST
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Fachbereich Tourismus Bachelor-Thesis Anna Kaiser Chancen und Risiken für die am 1. Juli 2011 geplante Eröffnung einer Jugendherberge im ehemaligen KdFSeebad Prora Referenznummer: 05092011 I Inhaltsverzeichnis Seite Gliederung I Abbildungsverzeichnis III 1 Einleitung und Methodik 1 2 Bedeutung des Tourismus und Tourismuspolitik in 3 unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen in Deutschland 2.1 Ziele und Funktion des Tourismus zur Zeit des 5 Nationalsozialismus 2.2 Die NS-Organisation Kraft durch Freude 9 2.3 Tourismuspolitik in einer demokratischen Gesellschaft im 11 Deutschland des 21. Jh. 3 Erläuterung der Tourismusart Dark Tourism 14 4 Das KdF-Seebad Pora 18 4.1 Idee und Entstehung 19 4.2 Der Entwurf 20 4.3 Nutzung der Prora-Anlage 23 4.3.1 Nutzung während des 2. Weltkrieges 24 4.3.2 Nutzung 1945 bis Ende der 90er Jahre 25 4.3.3 Diskussion über weitere Nutzung des Gebäudes und heutige 29 Nutzung 4.4 Untersuchung und Bewertung der Zugehörigkeit des Seebad - 33 Prora zum Dark Tourism 5 5.1 Touristische Nutzung von Hinterlassenschaften des NS-Regimes Die DJH Jugendherberge Prora 36 39 5.1.1 Die Idee zur Eröffnung einer Jugendherberge 40 5.1.2 Lage 41 5.1.3 Einrichtung und Konzept 43 5.2 Der Obersalzberg in Berchtesgaden 46 5.3 Die NS-Ordensburg Vogelsang im Nationalpark Eifel 50 5.4 Chancen und Risiken touristischer Nutzung von 54 Hinterlassenschaften des NS-Regimes 5.4.1 Risiken 55 II 5.4.2 Chancen 59 6 63 Zukunftsaussichten und Handlungsempfehlungen Anlage 1 – Interview mit Dennis Brosseit 66 Anlage 2 – Interview mit Interviewpartner A 78 Anlage 3 – Interview mit Interviewpartner B 79 Anlage 4 – Interviewe mit Interviewpartner C 81 Anlage 5 – Interview mit Kathrin Röder 84 Literaturverzeichnis 86 III Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Rahmenbedingungen Arbeits- und Freizeit Seite 12 Abbildung 2 Skizze des Bauzustandes im Jahr 1990 Seite 23 1 1 Einleitung und Methodik Der Nationalsozialismus, der von 1933 bis 1945 in Deutschland herrschte, gehört zur dunklen Historie des Landes. Während dieser Zeit stand Deutschland im Gegensatz zu heute unter einer Diktatur, unter der Herrschaft Adolf Hitlers. Dieses Regime hatte unter anderem auch die Unterwerfung des Volkes gemäß der nationalsozialistischen Ideologie im Sinne und übte einen starken Einfluss auf alle Lebensbereiche aus. So war auch der Tourismus stark politisch geprägt. Neben vielen anderen für nationalsozialistische Zwecke errichteten Bauten entstand in dieser Zeit auch das durch die Organisation „Kraft durch Freude“ (KdF) errichtete Seebad Prora. Es wurde unter anderem gebaut, um der deutschen Bevölkerung Urlaub zu ermöglichen. In diesem Sinne ist es mit der damaligen Tourismuspolitik verknüpft. Die Ziele und Funktionen des Tourismus und die Rolle der Politik damals unterscheiden sich von der heutigen Form. Aus diesem Grund werden im ersten Abschnitt der Arbeit die Funktionen des Tourismus und die Tourismuspolitik in unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen betrachtet und die Unterschiede, die zeitgleich die Vergangenheit des Gebäudekomplexes ausmachen, herausgearbeitet. Neben dem KdF-Bad wurden auch weitere Gebäude durch die Nazis für unterschiedliche Zwecke errichtet, beziehungsweise bereits vorhandene Bauten durch das Regime genutzt, von denen einige, so auch Prora, den 2. Weltkrieg überdauerten und heute noch als Hinterlassenschaften und Zeitzeugen der deutschen Vergangenheit vorhanden sind. Nach dem 2. Weltkrieg und dem Ende der Hitler-Herrschaft, aber auch nach der Wende in Deutschland Ende der 80er Jahre, stellte sich immer wieder die Frage, wie man mit diesen Relikten der Vergangenheit umgehen und sie nutzen soll. Diejenigen, die die Nazidiktatur Deutschlands vergessen wollen, reden von Abriss, andere ziehen die Nutzung als Orte der Aufklärung vor, um eine Wiederholung dieser Vergangenheit zu verhindern. So sind einige der Hinterlassenschaften, wie zum Beispiel die ehemaligen Konzentrationslager, zu Gedenkstätten umgewandelt worden, die für Bildungszwecke dienen und Orte der Erinnerung und des Gedenkens darstellen. Andere Gebäude gehören heute nicht mehr zu Deutschland oder werden militärisch genutzt. Im Zusammenhang mit einer zivilen oder gar touristischen 2 Nutzung dieser Relikte treten Gegner kritisch auf und berufen sich hierbei besonders auf moralische Aspekte. Das KdF-Seebad Prora, welches zu den größten heute noch erhaltenen NS-Relikten gehört, steht bis auf einige Übergangs- und Zwischennutzer seit Jahren leer. Nun, nach vielen Überlegungen und vorgeschlagenen Nutzungskonzepten, wurde am 1. Juli 2011 eine Jugendherberge des deutschen Jugendherbergswerkes (DJH) in einem Teil des Gebäudekomplexes eröffnet. Die touristische Nutzung von Hinterlassenschaften aus dem NS-Regime ist jedoch, aufgrund der dunklen Vergangenheit dieser Gebäude, häufig mit viel Kritik von Gegnern verbunden, die sich meist aufgrund moralischer Aspekte gegen eine Nachnutzung in dieser Form aussprechen. Durch diese fehlende Akzeptanz, die eine fehlende Nachfrage bewirken kann, entsteht für durchgeführte touristische Nachnutzungskonzepte, wie es die Jugendherberge Prora darstellt, ein Risiko. Ziel dieser Arbeit ist es, die Chancen und Risiken für eine touristische Nutzung, die sich aus der Bedeutung des Seebades während der Zeit des Nationalsozialismus ergeben, herauszuarbeiten. In der Presse sorgte die Eröffnung der Jugendherberge für viel Aufmerksamkeit. Hier taucht durch Fragen wie „Ist das schlimm?“ 1 das moralische Dilemma im Bezug auf die Eröffnung der Jugendherberge in Prora auf. Auf die Frage, ob NS-Relikte touristisch genutzt werden „dürfen“, wird mittels dieser Arbeit versucht, eine Antwort zu finden und aufgrund dessen Zukunftsaussichten für die Jugendherberge Prora und den touristischen Nutzen von NS-Relikten im Allgemeinen zu liefern. Im Zusammenhang mit dieser Arbeit stellte sich der Autorin die Frage nach der Zugehörigkeit Proras zum Dark Tourism. Die aufgestellte These hierzu, dass Prora eine Dark Tourism Attraktion darstellt und somit auch touristisch nutzbar ist, wird durch eine Betrachtung der Literatur zu dieser Tourismusart untersucht. Um die notwendigen Hintergrundinformationen über die Ziele und Funktionen der heutigen und damaligen Tourismuspolitik zu erlangen, wurde Sekundärforschung 1 Vgl. Finger (2011). 3 betrieben. Die Suche nach entsprechender Literatur fand zum einen über das Internet statt, mithilfe von Suchmaschinen wie „google scholar“ und „science direct“. Außerdem wurden Bücher aus örtlichen Bibliotheken genutzt, deren Standort mithilfe der Internetseite www.voebb.de ermittelt wurde. Literaturrecherche wurde außerdem in der Bibliothek der BEST-Sabel Hochschule Berlin sowie in bereits existierenden Bachelorarbeiten zu ähnlichen Themen durchgeführt. Als Sekundärquelle dienten des Weiteren aktuelle Zeitungsartikel aus diversen Tageszeitungen. Um die These des Seebad Prora bezüglich der Zugehörigkeit zum Dark Tourism zu untersuchen, wurden semi-strukturierte Interviews durchgeführt. Hierzu fuhr die Autorin am 18. August 2011 nach Prora, um dort Gäste der Jugendherberge, Gäste des Zeltplatzes und Touristen auf der Insel, die weder in Jugendherberge noch auf dem Zeltplatz ihre Unterkunft hatten, zu befragen. Ziel der Auswahl der Befragten war es, einen Querschnitt möglicher verschiedener Ansichten zu generieren. Die Interviews dienten außerdem dazu, die Meinungen über die touristische Nutzung von NS-Hinterlassenschaften zu ermitteln und daraus gegebenenfalls Chancen und Risiken abzuleiten. Es wurden drei unterschiedliche Personengruppen befragt, deren Gespräche mittels eines Diktiergerätes festgehalten worden sind. Das es darum ging, Meinungen zu erfragen und somit qualitative und nicht quantitative Daten zu generieren, fiel die Entscheidung auf die Forschungsmethode des semi-strukturierten Interviews. Zusätzlich wurde am selben Tag ein Interview mit dem Herbergsleiter Dennis Brosseit durchgeführt. Hierbei ging es darum, Schwächen und Stärken der Jugendherberge aus Sicht des Leiters zu erfahren. Außerdem bot dieses Interview die Möglichkeit, zusätzliche Informationen über die Jugendherberge, das Konzept und den Umgang mit der Vergangenheit der Prora-Anlage in Erfahrung zu bringen. Um herauszufinden, warum das DJH gerade an diesem geschichtsträchtigen Ort eine Jugendherberge eröffnete, wurde die Pressesprecherin des Herbergswerkes, Kathrin Röder, am 05.08.2011 telefonisch interviewt. 4 2 Bedeutung des Tourismus und Tourismuspolitik in unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen in Deutschland Deutschland stand zur Zeit des Dritten Reiches unter der Herrschaft einer Diktatur, heute gilt eine Demokratie als Regierungsform. Aufgrund dieser beiden unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen werden auch Unterschiede in der Tourismuspolitik vermutet, die in den folgenden Abschnitten untersucht werden. Der Nationalsozialismus und die Diktatur unter Adolf Hitler waren durch eine starke Kontrolle und hohen Einfluss der Politik gekennzeichnet. Dieser Einfluss machte sich auch im Tourismus hinsichtlich der Ziele und Funktionen bemerkbar. Durch die Gründung politischer Organisationen wurde die Kontrolle der Bürger in nahezu allen Lebenslagen gewährleistet. So war unter anderem auch der größte deutsche Reiseveranstalter des Dritten Reiches eine politische Organisation. Die Regierung verfolgte hiermit vor allem ideologische Ziele. In der heutigen Demokratie in Deutschland nimmt der Einfluss der Politik innerhalb des Tourismus zunehmend ab, man spricht von einer Deregulierung der Tourismusindustrie. 2 Der Tourismus ist heute ein Industriegetriebener Sektor unter Mitwirkung des privaten Sektors. Somit unterscheiden sich heute auch die Ziele und Funktionen des Tourismus von der damaligen Form. Das Angebot an Tourismusdienstleistern hat sich ausgeweitet, das Reisen im Deutschland des 21. Jahrhunderts ist außerdem einer breiteren Masse zugänglich gemacht worden, wodurch sich auch die Nachfrage erhöht hat. Im Folgenden werden die grundlegenden Unterschiede hinsichtlich der Ziele und Funktionen sowie der Rolle der Politik innerhalb des Tourismus zwischen dem Deutschland des 21. Jahrhunderts mit einer demokratischen Gesellschaftsordnung und dem Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus unter diktatorischer Herrschaft dargestellt. Die Hauptunterschiede, auf die eingegangen wird, bestehen darin, für welche Bevölkerungsschichten das Reisen zugänglich war und welche Reiseziele für deutsche Urlauber in Frage kamen, sowie die Rolle und Einflüsse der 2 Vgl. Mundt (2004), S. 129. 5 Politik und der damit verbundenen Ziele und Funktionen von Tourismus. Hierbei wird auch auf die politische Organisation „Kraft durch Freude“ eingegangen, die für den damaligen Tourismus eine signifikante Rolle spielte. In der Zeit zwischen diesen beiden Gesellschaftsordnungen war Deutschland in zwei Staaten geteilt: in die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland. Diese Zeit spielt auch für die Nutzung des Seebades Prora, welches sich in der ehemaligen DDR befand, eine Rolle, ist jedoch nicht Gegenstand dieser Arbeit. Sie wird aus diesem Grund lediglich unter dem Aspekt der unterschiedlichen Nutzungsphasen Proras in dieser Arbeit betrachtet. Eine Betrachtung der Funktion von Tourismus, die sich in dieser Zeit wiederum in anderer Form darstellte, bleibt jedoch aus, da sich das Thema um die touristische Nutzung von Hinterlassenschaften des NS-Regimes dreht. 2.1 Ziele und Funktion des Tourismus zur Zeit des Nationalsozialismus Nach Beendigung des ersten Weltkrieges änderte sich, im Vergleich zu früheren Zeiten, durch ein Schrumpfen der vermögenden Bevölkerungsschicht, die Nachfragerschicht für den Tourismus. Auch den mittleren und gehobenen Angestellten konnten nun zunehmend am Tourismus teilnehmen. Man verreiste jedoch typischer Weise im eigenen Land und häufig an denselben Ort. 3 Mit dem Nationalsozialismus änderte sich die Tourismusstruktur in Deutschland abermals, und zwar hin zu einem politisch organisierten Tourismus. Somit hatte er, wie auch in anderen sozialistischen Ländern, hauptsächlich eine politische und soziale Funktion, die wirtschaftliche Funktion war weniger ausgeprägt. 4 Die Politik hatte einen hohen Einfluss auf den Tourismus, indem sie Urlaub und Freizeit organisierte. Hierzu wurden politische Organisationen gegründet, die für das Angebot von Freizeitveranstaltungen und Urlaubsreisen verantwortlich waren. So auch die NS-Organisation „Kraft durch Freude“ (KdF) in Deutschland, oder die „Opera Nazionale Dopolavoro“ (OND) in Italien. Erstere stellt gleichzeitig den größten 3 4 Vgl. Freyer (2006), S. 14. Vgl. Stamm (2011). 6 deutschen Reiseveranstalter des Dritten Reiches dar. 5 Ziel war es, die Bevölkerung in möglichst allen Lebenslagen, also auch im Urlaub und in ihrer Freizeit, zu kontrollieren und zu überwachen. 6 Eine einheitliche gesetzliche Urlaubsregelung durch den Staat gab es vor Machtergreifung der Nationalsozialisten noch nicht. 7 Der Nationalsozialismus setzte es sich zum Ziel, sowohl eine einheitliche gesetzliche Regelung zur Urlaubsdauer als auch eine allgemeine Verlängerung der Freizeit einzuführen. Tatsächlich kam es jedoch nur zur Schaffung von Richtlinien mit empfehlendem Charakter, die ab 1936/37 deutlich vereinheitlicht waren, jedoch nicht von allen Unternehmen angewandt wurden. 8 Der jährliche Mindesturlaub, der für einen Großteil der Arbeiter, jedoch nicht für alle, galt, wurde von drei auf sechs Tage erhöht. 9 Andere Quellen sprechen von bis zu zwölf Urlaubstagen. 10 Um an Ferienlagern der NS-Organisation „Hitlerjugend“ (HJ) teilzunehmen, gab es zusätzliche freie Urlaubstage. 11 Das Reisen mit einer NS-Organisation wurde also belohnt und somit attraktiv gemacht, was zeigt, wie sehr die Bürger, bereits im jugendlichen Alter, kontrolliert werden sollten und wurden. Des Weiteren hatten private Wirtschaftsbetriebe die Pflicht, die KdF zu unterstützen, indem sie ihren Mitarbeitern ausreichend Urlaub zur Verfügung stellen mussten. 12 Außerdem waren alle Unternehmen dazu verpflichtet, jährlich eine KdF-Betriebsfahrt auf eigene Kosten durchzuführen. 13 Neben dem politisch organisiertem Tourismus gab es auch den kommerziellen Tourismus. 14 Der KdF war es jedoch möglich, Urlaubsreisen preiswerter anzubieten, obwohl das Reisen nicht staatlich subventioniert war. Durch die Garantie einer langfristigen und gleichbleibend guten Auslastung bekam die Organisation hohe 5 Ebd. Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 18. 7 Vgl. Gottschalk (2007), S. 7. 8 Vgl. Brosowski (2004), S. 266. 9 Ebd. 10 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 24. 11 Ebd. 12 Vgl. Berktold-Fackler und Krumbholz (1997), S. 91. 13 Ebd. 14 Vgl. Hachtmann (2007a), S. 126. 6 7 Preisnachlässe und konnte so preisgünstige Reisen anbieten. 15 Eine Ursache hierfür ist außerdem, dass die KdF nicht auf Gewinnmaximierung, sondern lediglich auf Selbstkostendeckung wirtschaftete. 16 Durch den erheblichen Einfluss des Staates am Tourismus verfolgte dieser gewisse Ziele, die im Folgenden erläutert werden. Beim Tourismus zu Zeiten des Nationalsozialismus stand vor allem der Faktor Erholung und Entspannung im Vordergrund, da Arbeitszeiten und Arbeitsintensität erhöht wurden. Die Ausspannung des Körpers und Geistes durch Freizeit und Urlaub sollte dazu führen, dass die Arbeiter immer wieder hohe Leistungen erbringen können. 17 Das Erlebnis, so wie es heute oft als Reiseinhalt oder –Motivation gilt, sollte in den Hintergrund rücken. Ein erholtes Volk diente auch dazu, die Ziele des Regimes, eine starke Rüstungsindustrie aufzubauen und so den geplanten Krieg zu gewinnen, zu erreichen. 18 Ein Zitat im Jahr 1933 von Robert Ley, dem Reichsorganisationsleiter der NSDAP 19, unterstreicht dieses Ziel: „Wir verloren den Krieg, weil wir die Nerven verloren haben. Deshalb will der Führer, dass der nationalsozialistische Staat sich diese Erkenntnis immer vor Augen hält und dafür sorgt, dass die Nerven des Volkes gesund und stark erhalten bleiben.“ 20 Hierzu ist es nun auch den Arbeitern ermöglicht worden, am Tourismus teilzunehmen. Dies war zumindest das Ziel der Nationalsozialisten, in der Umsetzung ergab sich jedoch nur ein geringer Anteil an Arbeitern, die an den KdF-Fahrten teilnehmen konnten. Dies lag zum einen daran, dass die Reisen zwar sehr preisgünstig, aber immer noch zu teuer für einen Arbeiter der unteren Schicht angeboten wurden. 21 Außerdem fehlte es ihnen oft an den nötigen Urlaubstagen, um zum Beispiel an einer zwei- bis dreiwöchigen Schiffsreise teilzunehmen. Die angebliche Ungültigkeit der einzelnen Standes- und Klassenschichten konnte trotz allem durch die NS-Propaganda so glaubwürdig vermittelt werden - unter anderem 15 Vgl. Berktold-Fackler und Krumbholz (1997), S. 91. Ebd., S. 91f. 17 Vgl. Hachtmann (2007b), S. 7f. 18 Vgl. Hachtmann (2007a), S. 122f. 19 Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, regierende Partei von 1933 bis 1945 in Deutschland 20 Ley zitiert nach Rostock und Zadnicek (2008), S. 43. 21 Vgl. Brosowski (2004), S. 271. 16 8 durch Verschleierung der Zahlen der Arbeiterbeteiligung 22 - sodass der Arbeiter das Gefühl hatte, „dass er sich jetzt auch etwas leisten kann, was früher nur für die besseren Schichten da war“. 23 Die Beteiligung von Arbeitern fand überwiegen in Betriebsfahrten statt, das heißt sie wurden überwiegend ausgesucht, während die Besserbemittelten aus freien Stücken heraus an der Reise teilnahmen. 24 Der Tourismus dieser Zeit war auch von Antisemitismus geprägt, welcher jedoch schon seit Ende des 19. Jh. vorherrschte. Bereits zwischen 1900 und 1911 galt Borkum beispielsweise als Synonym für Bäder-Antisemitismus und verbot Juden den Zutritt zu seinem Bad. 25 Da der Antisemitismus auch stark in den Köpfen der Bevölkerung verankert war und die Kurbäder durch ein Zulassen von jüdischen Gästen keine Besucherzahlen verlieren wollten, positionierten sich in der folgenden Zeit viele andere als antisemitisch. So breitete sich der Charakter „judenfreier“ Bäder an Nord- und Ostsee aus. 26 Auch auf den von der KdF angebotenen Reisen waren ausschließlich „erbbiologisch gesunde, deutsch-arische Menschen“ 27 erwünscht. Die politisch organisierten Reisen fanden zudem hauptsächlich in Reiseziele innerhalb Deutschlands statt. Das Kennenlernen anderer Kulturen war nicht Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie und gehörte somit auch nicht zu einer von ihnen organisierten Urlaubsreise. Es gab auch Schiffsreisen in andere, befreundete Länder, wie zum Beispiel Italien, Spanien und Portugal, an denen jedoch nur wenige teilnehmen konnten. Ein Landgang gehörte zur Ausnahme und Kontakt zu den Einheimischen war nicht vorgesehen. 28 Das Rahmenprogramm einer KdF-Reise war durch diese straff durchorganisiert und eine individuelle Gestaltung des Urlaubes, wie es bei privaten Reiseveranstaltern möglich ist, war nicht denkbar. So gab es bei einem Urlaub in Nesselwang früh am ersten Tag eine Flaggenhissung am Kriegerdenkmal, im Anschluss dessen das Wochenprogramm bekannt gegeben wurde. Ausflüge waren darin festgelegt und vorgegeben. Der letzte Tag umfasste einen Abschiedsappell am Fahnenmast, an 22 Ebd., S. 292. Hachtmann (2007b), S. 7. 24 Vgl. Keitz zitiert nach Brosowski (2004), S. 271. 25 Vgl. Hachtmann (2007a), S. 131. 26 Vgl. Bojahr zitiert von Zeit Online (2003). 27 Hachtmann (2007a), S. 122. 28 Vgl. Berktold-Fackler und Krumbholz (1997), S. 90. 23 9 dessen Teilnahme alle KdF-Urlauber verpflichtet waren. 29 „Freizeitgestaltung privat, die sich beschränkt auf das egoistische individualistische Ich, hat für die Gesamtheit eines Volkes und der Menschheit keinen Sinn und Wert.“ 30 Ziel war also wieder die Schaffung einer „Volksgemeinschaft“ und die Bindung an die NS-Ideologie. Bei den Ferienzielen von KdF-Fahrten innerhalb Deutschlands handelte es sich fast ausschließlich um wirtschaftlich unterentwickelte Gebiete (zum Beispiel Eifel, bayrische Ostmark, Allgäu) um so eine indirekte Ankurbelung der Wirtschaft zu bewirken. 31 Durch den wirtschaftlichen Aufschwung, den diese Gebiete dank des Nationalsozialismus erfuhren, erhielt das Hitler-Regime gleichzeitig neue Anhänger in den Bewohnern dieser Regionen. 32 Die Gestaltung der Ziele und Funktionen des Tourismus während des Hitler-Regimes machen deutlich, dass die Politik in dieser Zeit einen starken Einfluss und Kontrolle über das Reisen hatte. Sowohl die Reiseziele als auch die Reisebeteiligung und Inhalt der Reise oblagen der politischen Kontrolle. Auch die Ziele des Tourismus, nämlich das Volk der nationalsozialistischen Ideologie zu unterwerfen, waren politisch geprägt. Im Folgenden werden, nach einer genaueren Beschreibung der „Kraft durch Freude“ - Organisation, die Ziele und Funktionen des heutigen Tourismus in Deutschland vorgestellt und so der Tourismus in einer Diktatur mit dem in einer Demokratie verglichen. 2.2 Die NS-Organisation „Kraft durch Freude“ Am 2. Mai 1933 wurde, nach Zerschlagung der Gewerkschaften, die Gründung der nationalsozialistischen gegeben. 33 Organisation „deutsche Arbeitsfront“ (DAF) bekannt In dieser unter der Führung Robert Leys stehenden Organisation waren alle Arbeiter Zwangsmitglieder, was zu hohen Beitragseinnahmen führte und die DAF zur wohlhabendsten NS-Organisation machte. 34 Die Ziele der DAF formulierte Ley 29 Vgl. Berktold-Fackler (1990). Rostock und Zadnicek (2008), S. 22. 31 Vgl. Berktold-Fackler und Krumbholz (1997), S. 90. 32 Vgl. Hachtmann (2007b), S. 12. 33 Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 18. 34 Ebd., S. 21. 30 10 wie folgt: "Das hohe Ziel der Arbeitsfront ist die Erziehung aller im Arbeitsleben stehenden Deutschen zur nationalsozialistischen Gesinnung". 35 Wie zuvor beschrieben, hatten die Nationalsozialisten das Ziel, die Bevölkerung in möglichst allen Lebenslagen zu kontrollieren und sie von ihrer Weltanschauung zu überzeugen. Die DAF diente der Kontrolle während der Arbeitszeit. Am 27. November 1933 wurde dann die Unterorganisation „Kraft durch Freude“ (KdF) innerhalb der DAF gegründet, die nun für die Organisation von Urlaub und Freizeit verantwortlich war und das Volk außerhalb der Arbeitszeit kontrollieren und beeinflussen sollte. 36 Ähnliche Organisationen gab es auch in anderen Länder, wie zum Beispiel in Italien die faschistische Freizeitorganisation „Opera Nazionale Dopolavoro“ (OND), die Robert Ley als Vorbild für die KdF-Gründung diente. 37 Es gab jedoch Unterschiede zwischen den beiden Organisationen, so war die Mitgliedschaft in der OND freiwillig, wohingegen die Zwangsmitglieder der DAF auch gleichzeitig Mitglieder der KdF waren. 38 Auch hinsichtlich der berufsständigen Gliederung unterschieden sich beide Organisationen; innerhalb der OND gab es je Branche oder sogar Betrieb eine Unterorganisation, wohingegen die KdF alle Berufsgruppen zusammenfasste. 39 Innerhalb der einzelnen Ämter „Schönheit der Arbeit“, „Sport“, „Feierabend“, „Reisen“, „Wandern und Urlaub“, „Deutsches Volksbildungswerk“ und „Wehrmachtsheime“ 40 bot die Organisation zahlreiche Freizeitaktivitäten und auch Ferienreisen an und die Zahl der Teilnehmer an KdF-Reisen stieg rasch an. 1934 waren es 2,3 Millionen Reisende, im Jahr 1938 nahmen bereits 10,3 Millionen Menschen an den politisch organisierten Reisen teil. 41 Als sehr beliebt galten die KdF-Schifffahrten in befreundete Länder, die häufig jedoch nur den Besserbemittelten zuteil waren. Durch diese Zahlen zeigt sich, dass hier die Anfänge des Massentourismus der Nachkriegszeit liegen. 42 35 Dokumentationszentrum Prora (2009), S. 2. Vgl. Geißler und Bock (1998), S. 10. 37 Vgl. Berktold-Fackler und Krumbholz (1997), S. 88. 38 Vgl. Hachtmann (2007b), S. 3. 39 Vgl. Berktold-Fackler und Krumbholz (1997), S. 88. 40 Ebd. 41 Vgl. Macht Urlaub(2011). 42 Vgl. Rostock et al. (2005). 36 11 Im Jahr 1935 wurde bekannt gegeben, dass der Bau von fünf riesigen Seebädern, mit Platz für 20.000 Menschen, geplant sei. 43 Das einzige dieser Seebäder, welches tatsächlich erbaut wurde, ist das Seebad der Zwanzigtausend in Prora auf Rügen. Robert Ley äußerte sich hierzu vor der Öffentlichkeit im Jahr 1936 wie folgt: „Die Idee des Seebades ist vom Führer selbst. Da der deutsche Arbeiter sich in den vorhandenen Bädern nicht vollständig wohlfühlt, soll hier ein neues Riesenbad mit 20.000 Betten errichtet werden. Diese Anlage müsse das Schönste werden was man sich denken könne, und der schöpferischen Phantasie des Baukünstlers würden bei dieser Aufgabe keinen Grenzen gesetzt“. 44 Hierdurch wird noch einmal deutlich, dass der Tourismus zu dieser Zeit Charakteristika eines Massentourismus aufwies, welche zum Ziel hatte, „das Volk zu einer gleichgeschalteten, gehorsamen Masse umzuformen“. 45 2.3 Tourismuspolitik in einer demokratischen Gesellschaft im Deutschland des 21. Jh. In diesem Abschnitt wird gezeigt, welche Funktion der Tourismus heute, im 21. Jh., in Deutschland hat. Es wird dargestellt, ob und inwieweit sich die Rolle und der Einfluss der Politik im Vergleich zur Zeit des Nationalsozialismus geändert hat. Der Unterschied der heutigen Tourismuspolitik zu der Zeit nach dem 1. Weltkrieg begründet sich in der vorherrschenden Gesellschaftsform. Im Gegensatz zur damaligen Regierungsform, der Diktatur, herrscht in Deutschland heute eine Demokratie. Im Vergleich zur Zeit des Nationalsozialismus ist der Tourismus heute einer weitaus breiteren Masse zugänglich, was mit dem wirtschaftlichen Aufschwung nach Ende des 2. Weltkrieges zusammenhängt. Das höhere Einkommen und die zunehmende Freizeit der Bevölkerung sowie die Entwicklung von Kommunikations- und 43 Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 39. Rostock und Zadnicek (2008), S. 39. 45 Ebd., S. 44. 44 12 Transportmitteln trugen zur Hochphase des Tourismus in Deutschland (und auch in anderen westlichen Industrienationen) bei. 46 Seit 1950 bis heute ist eine Verschiebung des Verhältnisses zwischen Arbeits- und Freizeit zu erkennen, welches in der folgenden Tabelle veranschaulicht wird. Entnommen aus: Freyer (2006), S. 25 Abb. 1 Rahmenbedingungen Arbeits- und Freizeit Freyer identifiziert im Zusammenhang mit der zunehmenden Freizeit einen Wertewandel. Die frühere Regenerationsfunktion von Urlaub wird durch das Suchen nach Erlebnissen, Anerkennung und Sinnfindung ersetzt, ein Gefühl, welches zuvor hauptsächlich durch die Arbeit gewonnen wurde. 47 Mit dem am 1.1.1963 in Kraft getretenem und noch heute gültigem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) gibt es in Deutschland eine gesetzliche Regelung zu den Urlaubtagen eines Arbeitnehmers. Der jährliche Mindesturlaub beträgt hiernach bei einer Sechs-Tage-Woche mindestens 24 Werktage. (§3 (1) BUrlG) 48 Dieser Urlaubsanspruch gilt für alle Arbeitnehmer, unabhängig von der Art der Tätigkeit oder dem Einkommen. Im Vergleich zur Zeit des Nationalsozialismus hat sich also die Anzahl der Urlaubstage erhöht und eine allgemeingültige gesetzliche Regelung ist geschaffen worden, die hinsichtlich des Urlaubsanspruches keinen Unterschied zwischen unterschiedlichen Bevölkerungsschichten macht. Hieraus ergibt sich auch ein weiterer Unterschied, nämlich das der Tourismus allen Menschen, ob Arbeiter oder höherer Angestellter, zugänglich ist. 46 Vgl. Freyer (2006), S. 15. Vgl. Freyer (2006), S. 25. 48 BurlG (2002). 47 13 Auch heute sind Betriebsfahrten innerhalb eines Unternehmens nicht unüblich, jedoch dienen sie im Allgemeinen nicht dazu, eine bestimmte (politische) Organisation zu unterstützen, sondern um Mitarbeiter zu motivieren und den Teamgeist zu verstärken. Auch sind Arbeitgeber nicht durch den Staat dazu verpflichtet, solch eine Betriebsfahrt durchzuführen. 49 Der Staat hat auch heute noch einen Einfluss auf den Tourismus in Deutschland, jedoch kann man nicht mehr von einem politisch organisierten Tourismus sprechen. Einen politischen Reiseveranstalter oder eine politische Organisation, die für Freizeit und Urlaub der Bevölkerung zuständig ist, gibt es heute nicht mehr. Für die Organisation von Pauschalreisen sind private Reiseveranstalter zuständig. Die marktführenden deutschen Reiseveranstalter des 21. Jh. sind unter anderem TUI Deutschland, Thomas Cook und die Rewe Group. 50 Eine Reise kann über solch einen Reiseveranstalter gebucht werden aber ist auch individuell gestaltbar. Auch die Art und Weise, wie eine Person seinen Urlaub oder seine Freizeit verbringt und welche Veranstaltungen er besucht, ist nicht mehr durch den Staat vorgeschrieben. Das straffe Rahmenprogramm einer KdF-Reise ist heute kein Bestandteil einer Urlaubsreise. Der Staat ist im Zusammenhang zum Tourismus dafür zuständig, durch Gesetzte und Verordnungen den nationalen und internationalen Reiseverkehr zu ermöglichen oder zu verhindern. 51 Es geht jedoch zunehmend darum, die Einflüsse des Staates zu verringern und eine Deregulierung zu bewirken. 52 Freyer unterscheidet zwischen politischen Einflüssen auf der Nachfragerseite und der Angebotsseite. Auf Seite der Nachfrage gestaltet sich dieser Einfluss so, dass der Staat durch Zuschüsse bestimmten Nachfragergruppen das Reisen ermöglicht. Des Weiteren steuert er die Touristenströme zeitlich und mengenmäßig, zum Beispiel durch Ferien- und Visaregelungen. Ihm kommt außerdem eine Informationsfunktion zu, indem er auf Zielgebiete aufmerksam macht. 53 Auf der anderen Seite ist er für die Förderung und Beeinflussung des Angebots zuständig, 49 Vgl. Kronzucker (2011). Vgl. Welt-Online (2008). 51 Vgl. Freyer (2008), S. 46. 52 Vgl. Mundt (2004), S. 129. 53 Vgl. Freyer (2008), S. 86. 50 14 zum Beispiel durch Zoll- und Passvorschriften und politischer und wirtschaftlicher Beziehungen zu anderen Ländern. 54 Tourismus dient auch heute noch der Erholung und Regeneration 55, jedoch nicht ausschließlich und auch nicht immer als Hauptgrund. Vielmehr sind weitere Motivationen zu Reisen, und somit auch verschiedene Tourismusformen und –arten, entstanden. So stehen heute, im Gegensatz zum KdF-Tourismus, häufig auch das Erlebnis und das Kennenlernen anderer Kulturen im Vordergrund und Reisen in andere Länder sind nicht unüblich. Auch kann der Tourismus der Bildung dienen – zum Beispiel dem Erlernen einer Fremdsprache – was zur Zeit des Hitler-Regimes aufgrund der faschistischen Ideologie wohl kaum vorstellbar beziehungsweise im Sinne des Staates war. Einen politisch organisierten Tourismus, so wie zu Zeiten des Nationalsozialismus, gibt es im Deutschland des 21. Jh. nicht mehr. Der Tourismus heute ist ein industriegetriebener Sektor unter der Beteiligung des privaten Sektors. Der Staat ist für die Schaffung der Rahmenbedingungen verantwortlich. Für unterschiedliche Gesellschaftsordnungen kommt zustande 56, den was in auch eine beschriebenen unterschiedliche Unterschieden Tourismuspolitik zwischen dem Deutschlandtourismus in einer Diktatur und einer Demokratie deutlich wird. 3 Erläuterung der Tourismusart Dark Tourism Obwohl Dark Tourism kein neues Phänomen darstellt, hat diese Form des Tourismus erst in den letzten Jahren in der akademischen Welt Aufmerksamkeit bekommen. 57 Besonders in deutschsprachiger Literatur ist dieses Thema kaum behandelt worden, weshalb sich der folgende Abschnitt auf englischsprachigen Quellen stützt. Die deutsche Bezeichnung „Katastrophentourismus“ 58 wird als weniger passend angesehen und beruht auf nicht akademischen Texten, sondern zum Beispiel auf 54 Ebd., S. 124. Ebd., S. 355. 56 Vgl. Freyer (2008), S. 353. 57 Vgl. Foley und Lennon zitiert nach Sharpley (2009), S. 6. 58 Vgl. Urlaub, urlaub-im-web.de. (o.J.) 55 15 Werbetexten für Attraktionen des „Dark Tourism“. Aus diesen Gründen wird in dieser Arbeit auch weiterhin die englische Bezeichnung „Dark Tourism“ verwendet. Der Begriff Dark Tourism wurde erstmalig im Jahr 1996 von Lennon und Foley genauer betrachtet. 59 Tarlow definiert Dark Tourism als „Besuch von Orten, an denen sich Tragödien oder historisch nennenswerte Tode zugetragen haben und die weiterhin unser Leben beeinflussen.“ 60 Diese Tourismusform beinhaltet Besuche von Attraktionen, Orten und Ausstellungen, die mit Tod, Leiden, Gewalt oder Unglück im Zusammenhang stehen. 61 Dies schließt eine Vielzahl von unterschiedlichen Attraktionen und Erfahrungen ein. 62 Wie bereits erwähnt, ist Dark Tourism an sich nicht so jung wie die akademische Literatur hierzu. Frühere Formen des Dark Tourism sind zum Beispiel die Gladiatorenspiele im alten Rom oder die öffentlichen Verurteilungen von vermeintlichen Hexen im Mittelalter. 63 Sehenswürdigkeiten der heutigen Zeit, die am häufigsten im Zusammenhang mit Dark Tourism genannt werden, sind das World Trade Center Denkmal „Ground Zero“ in New York, das „London Dungeon“ in London, ehemalige Konzentrationslager aus der Zeit des Nationalsozialismus und Kriegsschauplätze weltweit. Obwohl sich zunehmend mehr und mehr Wissenschaftler mit dem Phänomen Dark Tourism auseinandersetzen, bleiben immer noch einige Fragen offen, die sich besonders auf die Nachfragerseite beziehen, da sich die Untersuchungen bisher hauptsächlich auf die Anbieterseite beschränken. 64 So beschäftigt zum Beispiel die akademische Welt die Frage, warum Touristen Sehenswürdigkeiten des Dark Tourism besuchen. Als mögliche Motivationen werden zum einen der Faktor Gedenken und Bildung genannt, auf der anderen Seite sind Schaulust und die geheimen Freude am Makabren weitere mögliche Motive für die Teilnahme am Dark Tourism. Welches davon die Hauptmotivation ist, bleibt unbeantwortet. Des Weiteren stellt sich die Frage, ob und inwiefern die Konfrontation mit der eigenen Sterblichkeit 59 Vgl. Stone und Sharpley (2008), S. 576. Tarlow (2005), S. 48. 61 Vgl. Stone (2005). 62 Vgl. Sharpley (2009), S. 10. 63 Vgl. Stone (2005) und Sharpley (2009), S. 4. 64 Vgl. Sharpley (2009), S. 6. 60 16 eine Rolle spielt. 65 Sharpley sieht in diesem Punkt eine mögliche Motivation für die Durchführung von Dark Tourism. 66 Eine weitere Frage, die die Wissenschaftler beschäftigt, hängt mit dem über die letzten Jahrzehnte zunehmendem Konsum von Dark Tourism zusammen. Es stellt sich die Frage nach der Ursache, nämlich ob es sich um steigende Nachfrage seitens des Touristen handelt und somit einem zunehmenden Interesse in Tod und Unglück 67 oder ob das Angebot an „dark sites“ (engl. site „Sehenswürdigkeit) stetig zugenommen hat und somit einen stärkeren Konsum ermöglicht. 68 Sharpley (2009) wirft die Frage auf, ob es unterschiedliche „Schattierungen“ von Dark Tourism gibt, die sich entweder auf die Natur der Attraktion beziehen oder auf das Ausmaß des Interesses der Touristen. 69 Stone (2006a) kommt in diesem Zusammenhang zu dem Schluss, dass eine schwächere Form des Dark Tourism, die er „lighter“ Dark Tourism nennt, existiert. Diese umfasst Attraktionen mit künstlich geschaffenem Leiden, einem fiktiven Tod - das heißt Orte, an denen sich nicht real eine Tragödie zugetragen hat. Diese Attraktionen werden auch „dark fun factories“ genannt, ein Beispiel ist das „London Dungeon“. 70 Ein weiterer Grund für die Schwierigkeit, Dark Tourism genau zu definieren ist die Tatsache, dass eine Vielzahl an unterschiedlichen Orten, Sehenswürdigkeiten und Erfahrungen heute unter diesem Begriff zusammengefasst wird. Hierbei stellt sich die Frage, ob es überhaupt möglich ist, verschiedene Erfahrungen an Orten, die mit Tod und Leiden in Zusammenhang gebracht werden, gemeinschaftlich unter dem Begriff Dark Tourism zusammenzufassen. 71 Eine mögliche Erleichterung bietet sich dadurch, die verschiedenen Attraktionen in die folgenden Unterformen zu unterteilen: Holocaust-Tourism, Battlefield Tourism und Prison Tourism. 65 72 Vgl. Stone (2005). Vgl. Sharpley (2009), S. 10. 67 Vgl. Lennon und Foley (2000), S. 3. 68 Vgl. Sharpley (2009), S. 6. 69 Ebd., S. 6f. 70 Ebd., S. 169. 71 Vgl. Sharpley (2009), S. 6. 72 Vgl. Stone (2005). 66 Tourism, Cemetery Tourism, Slavery-Heritage 17 Holocaust-Tourism umfasst Orte, an denen Verbrechen des deutschen NaziRegimes stattgefunden haben. Hierzu zählen die noch heute erhaltenen Konzentrationslager, aber auch Museen wie zum Beispiel das Yad Vashem Museum in Jerusalem oder das Imperial War Museum in London. Seedman sieht Motivationen hierfür in der Berühmtheit dieser Orte, in der Faszination für Tod und Unglück sowie in Pilgerfahrten, aber auch in der Bildung. Diese Orte ermöglichen es, den Skeptikern und Verleugner dieser Zeit die nötigen „Beweise“ zu liefern, dass die Zeit des Nationalsozialismus und ihre Verbrechen durchaus real sind. Die Herausforderung, die sich hieraus ergibt ist, dass diese Orte sowohl für den Touristen zugänglich gemacht werden müssen, jedoch gleichzeitig auch einer Erhaltung bedürfen. 73 Unter Cemetery Tourism (engl. cemetery „Friedhof“) versteht man den Besuch von Friedhöfen oder Gräbern, meist von historischen Berühmtheiten, während eines Urlaubes. Dies sehen viele Menschen jedoch nicht als Aspekt des Dark Tourism. Vielmehr gehe es häufig um das Interesse in lokale Architektur und Skulpturen und liefere eine indirekte Sicht auf die soziale oder kulturelle Geschichte der jeweiligen Stadt. 74 Es ist demnach fraglich, inwieweit diese Tourismusform wirklich eindeutig dem Dark Tourism zugeordnet werden kann. Eine der ersten organisierten Dark Tourism Touren fand um 1830 in das Eastern State Strafanstalt, ein damals neu eröffnetes Gefängnis in Philadelphia, statt. Heutzutage beinhaltet Prison Tourism (engl. prison „Gefängnis“) den Besuch stillgelegter und verlassener Gefängnisse, so zum Beispiel auch ehemalige Konzentrationslager oder das Alcatraz Gefängnis in San Fransisco. 75 Hierbei spielt, neben den bereits genannten Motivationen für Dark Tourism, auch für einen großen Teil die Architektur der Gebäude eine wichtige motivierende Rolle 76, was dieses Phänomen also wiederum teilweise vom Dark Tourism abgrenzt. Beim Slavery-Heritage Tourism (engl. slavery „Sklaverei“, engl. heritage „Erbe“) geht es um das Erbe und Hinterlassenschaften aus der Sklavenzeit. Orte, die in diesem Zusammenhang besucht werden, sind mit dem Sklavenhandel verknüpft und 73 Vgl. Seedman (2005). Vgl. Scott (2005). 75 Vgl. Wilson (2005). 76 Ebd. 74 18 befinden sich in West-Afrika, in der Karibik und in Europa. Hierzu gehören unter anderem der Besuch von Herrenhäusern der Sklaventreiber, Plantagen und Überresten von Plantagegebäuden und Sklavenunterkünfte. In West-Afrika gibt es einige Orte, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind, so zum Beispiel Festungen an den Küsten, in denen der Sklavenhandel stattfand und die Sklaven gefangen gehalten wurden, bevor sie verschifft worden sind. Es gibt jedoch nur einige davon, die von Touristen auch nur wenig besucht werden. 77 Battlefield Tourism (engl. battlefield „Schlachtfeld“) umfasst den Besuch von Orten, an denen sowohl große als auch kleinere Kriege stattfanden (Pearl Harbor, Normandy). Bei den Nachfragern handelt es sich oft um Soldaten, die an die Orte, an denen sie einmal gekämpft haben, zurückkehren wollen, um zum Beispiel von gefallenen Kameraden Abschied zu nehmen oder ihren Familien diese Orte zu zeigen. 78 Oft ist es wohl auch Bestandteil der Verarbeitung von den posttraumatischen Erlebnissen, die die Soldaten durch den Krieg erlitten. Touristen, die nicht selbst an den Kämpfen beteiligt waren, suchen diese Orte auf, um zum Beispiel zu sehen wie Geschichte Wirklichkeit wird, indem sie sich die Überreste dessen anschauen, was während des Krieges zerstört wurde und auf demselben Boden stehen, auf dem Menschen zuvor ihr Leben gelassen haben. 79 4 Das KdF-Seebad Prora Eine der größten heute noch erhaltenen Hinterlassenschaften des Nationalsozialismus ist das KdF-Seebad Prora. Um immer mehr Bürger im KdF-Tourismus zu erfassen, entstand die Idee zur Errichtung von riesigen Seebädern, in denen 20.000 Menschen auf einmal untergebracht werden können. 80 Von den fünf geplanten Seebädern ist das Seebad Prora auf Rügen das einzige, welches tatsächlich gebaut wurde. Der kilometerlange Gebäudekomplex, häufig der „Koloss von Prora“ genannt, steht noch heute am Strand von Rügen. Um eine genauere Vorstellung von diesem Komplex zu 77 Vgl. Beech (2005). Vgl. O’Bannon (2005). 79 Ebd. 80 Vgl. Rostock (2005). 78 19 vermitteln, wird er im folgenden Abschnitt vorgestellt. Zunächst werden die Hintergründe beschrieben – wann und warum es zum Entwurf und Bau kam. Das Gebäude an sich wird dargestellt und seine Nutzung seit dem 2. Weltkrieg bis heute erläutert. 4.1 Idee und Entstehung Im Frühjahr 1936 rief Ley zu einem Architekturwettbewerb auf, bei dem elf Architekten ihre Entwürfe für das erste „Seebad der Zwanzigtausend“ auf Rügen vorlegen sollten. 81 Die Aufgabe beinhaltete, ein Seebad für 20.000 Besucher sowie 2.000 Angestellte zu entwerfen, wobei jedes Zimmer über Meerblick verfügen sollte. 82 Unter den elf Teilnehmern waren auch Clemens Klotz (1886– 1969) und Erich zu Putlitz (1892-1945), beides prominente Architekten der NS-Zeit. Klotz gewann den Wettbewerb, erhielt jedoch den Auftrag von Hitler persönlich, in seinen weiteren Entwürfen die Festhalle, die Bestandteil des Entwurfes von Erich zu Putlitz war, zu integrieren. 83 Dieser Wettbewerb war jedoch eine Farce, denn bereits seit 1935 beschäftigte sich der Kölner Architekt Clemens Klotz mit der Planung des Seebades auf Rügen. Bereits im Herbst 1935, also noch vor dem Aufruf zum Wettbewerb, legte er seine ersten Entwürfe vor. 84 Klotz hatte bereits 1925 mit Ley Bekanntschaft gemacht und erhielt durch seine gute Beziehung zu ihm den Auftrag zum Entwurf des Gebäudes. 85 Der Wettbewerb fand vermutlich aufgrund von Kritik an der eigenmächtigen Ernennung Klotz’ zum Architekten durch Ley statt. 86 Die Grundsteinlegung des Seebades fand dann am 2. Mai 1936 statt, wobei Klotz erst im August desselben Jahres zum Gewinner des Wettbewerbes ernannt wurde. Wernicke und Schwartz sehen hier einen weiteren Hinweis darauf, dass der 81 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 35. Vgl. Geißler und Bock (1998), S. 12. 83 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 35. 84 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 35. 85 Vgl. Geißler und Bock (1998), S. 11. 86 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 35. 82 20 Wettbewerb eine Farce war, da die Bauarbeiten auch erst ein halbes Jahr nach Grundsteinlegung und nach Wettbewerbsentscheid fortgeführt wurden. 87 Eine weitere Möglichkeit ist jedoch, dass der 2.Mai aus symbolischen Gründen gewählt wurde, da es sich um den dritten Jahrestag der Gründung der DAF und Zerschlagung der Gewerkschaften handelt. Das Ziel der riesigen geplanten Seebäder war es, 20.000 Besucher für je eine Woche dort unterzubringen und so jährlich 14 Millionen Menschen in den jeweiligen Urlaubsort zu schicken. 88 Robert Ley war der Meinung, dass es möglich sei, durch eine Intensivierung des Urlaubes während dieser einen Woche „denselben Erfolg … wie mit 3 oder 4 Wochen“ zu erzielen. 89 Hierdurch wird noch einmal das Ziel der Formung des Volkes zu einer gleichgeschalteten, der nationalsozialistischen Weltanschauung folgenden Masse deutlich. 4.2 Der Entwurf Das erste Seebad wurde auf Rügen in einer Ostseebucht zwischen Sassnitz und Binz auf einem sieben Kilometer langen Küstenstreifen errichtet. Der Gebäudekomplex verläuft durch eine leichte Krümmung parallel zur Küste in etwa 90 Meter Entfernung zum Strand. Das Seebad fasste ursprünglich eine Länge von 4,5 Kilometer, mit acht Blöcken zu je 500 Metern Länge, jedes Zimmer darin mit Meerblick. Es besteht aus einen Süd- und Nordteil, jeweils 2,2 Kilometer lang. Jeder Block bestand planmäßig aus elf Trakten – neun Bettentrakte und zwei Liegehallen. 90 Von den sechs Stockwerken sollten sich in den oberen fünf die Zimmer befinden, das Erdgeschoss war für Dienstleistungen, Durchgänge und Läden geplant. 91In der Mitte der Anlage sollte sich die große Festhalle, die für alle 20.000 Besucher auf einmal Platz bieten sollte, auf dem Festplatz befinden. 92 87 Ebd., S. 46. Vgl. Macht Urlaub (2011). 89 Vgl. Rostock (2005). 90 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 36. 91 Ebd. 92 Ebd., S. 40. 88 21 Der letztendliche Entwurf des Komplexes war, wie für den KdF-Tourismus typisch, durch spartanisch und einfach eingerichtete Urlaubsquartiere gekennzeichnet. Diese sollten eine Größe von 2,2 x 4,75 Metern haben, mit zwei Betten, einem Waschtisch, einem Kleiderschrank und einer Wohnecke mit Tisch und Stühlen. Weitere sanitäre Anlagen zur gemeinschaftlichen Nutzung waren in den Treppenhäusern (zehn pro Block) geplant. 93 Jedes Zimmer sollte mir Lautsprechern ausgestattet werden, vermutlich zu Informations- und Propagandazwecken. Es sollte außerdem Gemeinschaftshäuser mit Cafés, Lese- und Spielräumen geben, Sport- und Schwimmhallen, ein Großkino, Kleinkunstbühnen, einen Aussichtsturm und beheizbare Liegehallen. Dies und ein kilometerlanger Wandelgang im Inneren des Gebäudes sollten für Beschäftigung während schlechtem Wetter sorgen, da eine ganzjährige Nutzung des Seebades geplant war. 94 Mit dem Bau waren neun Großfirmen betraut, die im zeitlichen Wettbewerb alle Blöcke gleichzeitig hochzogen, was die schnelle Fertigstellung des Rohbaus ermöglichte. 95 Neben dem Gebäudekomplex an sich waren der Bau eines Bahnhofes, eines Krankenhauses, einer Schule für die Kinder der Angestellten, eines Wasserwerkes, Großgaragen, eines Heizkraftwerk, einer Bäckerei, einer Gärtnerei, einer Fleischerei und einer Wäscherei geplant. Auch für das 2.000-köpfige Personal des Seebades sollten Unterkünfte in Form einer großen Siedlung errichtet werden. 96 Betrachtet man all diese Einrichtungen, macht das Projekt den Eindruck einer geplanten Ferienstadt. Auch wird hier der typische „Größenwahnsinn“ des Hitler-Regimes deutlich. Dieser findet sich auch bei vielen nationalsozialistischen Hinterlassenschaften wieder, so zum Beispiel bei Entwürfen für geplante Regierungspaläste und der Siegeshalle sowie der realisierten Ordensburgen und der Kongresshalle in Nürnberg, die, so wie das Seebad Prora, den „heroischen Stil“, der 93 Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 39f. Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 45. 95 Ebd., S. 46. 96 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 41. 94 22 heute als „Nazi-Architektur“ bezeichnet wird, widerspiegeln. Die Gebäude sollten so Macht ausstrahlen und den Einzelnen klein wirken lassen. 97 Mit Ausbruch des Krieges kam es zum offiziellen Baustopp des Seebades, wobei bis 1945 die Instandhaltung sowie der Innenausbau durch Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene fortgesetzt wurden. 98 Bis zum Ende der Bauarbeiten konnten die acht Unterkunftsblöcke, die parallel zum Strand verlaufen, sowie die Randbebauung am Festplatz im Rohbau fertig gestellt werden. 99 Die Festhalle selber wurde nicht errichtet. Einige zusätzliche Gebäude, die als Wohnungen für die Angestellten dienen sollten, sind außerdem fertig gebaut worden. Heute stehen nicht mehr alle acht Blöcke. Vom Nordflügel sind noch zwei, vom Südflügel drei Blöcke samt Treppenhäusern erhalten. Diese fünf Blöcke, die in einem mehr oder weniger nutzbaren Zustand vorhanden sind, werden zur Unterscheidung von Süd nach Nord durchnummeriert und als Blöcke eins bis fünf (I bis V) bebannt. 100 Teile der restlichen Unterkunftshäuser sind noch als Ruinen oder im Rohbauszustand vorhanden, so auch die Kaimauer an der Küste auf Höhe des Festplatzes, an der die Hochseeschiffe anlegen sollten. Das bedeutet, dass die Beton- und Mauerarbeiten abgeschlossen waren, Fenster, Türen, Heizungen und Treppenstufen fehlten jedoch noch in den Blöcken. 101 Die Wohngebäude, die für die Angestellten des Seebades geplant waren, sowie das ehemalige Postamt sind außerdem noch erhalten. Diese sind heute in privater Nutzung und Eigentum von Wohnbaugenossenschaften. Die restlichen Gebäude sind über die Jahre hinweg verfallen, an vielen fehlen die Fenster oder sind zerstört, da sie nicht oder nur zeitweise genutzt worden. 102 Eine Ausnahme bildet der für die Jugendherberge sanierte Teil im Block V. Die folgende Abbildung gibt einen Eindruck von dem heutigen Bauzustand des Geländes. 97 Vgl. Sethmann, J. (2006). Vgl. Macht Urlaub (2011). 99 Vgl. Dokumentationszentrum Prora (o.J. a). 100 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 61. 101 Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 87. 102 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 94. 98 23 Entnommen aus: Dokumentationszentrum Prora (1990) Abbildung 2 Skizze des Bauzustandes im Jahr 1990 4.3 Nutzung der Prora-Anlage Der Bau des Seebades der Zwanzigtausend in Prora wurde durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges unterbrochen, sodass es nie zu der geplanten Nutzung als Seebad kam. Jedoch stand das Gebäude während der Zeit nicht leer, sondern wurde für andere Zwecke genutzt, die im Folgenden genauer beschrieben werden. Dabei wird in verschiedene zeitliche Epochen unterteilt und zunächst auf die Nutzung während 24 des 2. Weltkrieges, also unmittelbar nach Baustopp, eingegangen. Es folgt die Nachkriegszeit mit einer Beschreibung der Nutzung von 1945 bis Ende der 90er Jahre. Anschließend wird auf verschiedene Nutzungsmöglichkeiten eingegangen, die seitdem diskutiert wurden, bevor dann die heutige Nutzung dargestellt wird. 4.3.1 Nutzung während des 2. Weltkrieges Als im Jahr 1939 mit dem Einmarsch der Wehrmacht in Polen der Krieg ausbrach, wurden die Bauarbeiter von Prora abgezogen und mussten zum Militär oder wurden für andere kriegswichtige Arbeiten herangezogen. 103 Damit war der Bau des Seebades vorerst eingestellt und sollte nach Beendigung des Krieges, der als wenige Wochen dauernder „Blitzkrieg“ geplant war 104, fortgesetzt werden. Da Hitler selbst nie in Prora war, wird vermutet, dass dem KdF-Seebad eine geringe Priorität zugesprochen wurde. 105 Da es jedoch letztendlich zum 2. Weltkrieg kam, den Deutschland verlor, wurden die Bauarbeiten, so wie sie ursprünglich von Ley geplant waren, nicht wieder aufgenommen. Stattdessen ist ein Teil der Bauten während der Kriegszeit militärisch verwendet worden. 106 So nutze man das Gelände zur militärischen Ausbildung eines Polizeibataillons und später in den letzten Kriegsjahren als Ausbildungsstätte für Frauen und junge Mädchen als Nachrichtenhelferinnen („Blitzmädel“). 107 Im November 1939 schickte man polnische Kriegsgefangene nach Prora, die für den weiteren Ausbau und die Instandhaltung, wie zum Beispiel Dachabdichtung, zuständig waren. 108 So wurde die Anlage erhalten, blieb jedoch über die Kriegsjahre im Rohbauzustand. 109 Die Familien der ab- und eingezogenen Bauleiter wohnten in den Gebäuden, die für die Angestellten des KdF-Seebades gebaut wurden und die Kinder besuchten die 103 Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 92. Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 55. 105 Ebd. 106 Vgl. Dokumentationszentrum Prora (o.J. b). 107 Vgl. Rostock et al. (2005). 108 Vgl. Rostock et al. (2005). 109 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 55. 104 25 „Volksschule KdF-Seebad“. 110 Auch Kriegsflüchtlinge fanden in den Baracken der Bauarbeiter und in den Gemeinschaftsunterkünften Unterschlupf. 111 In einem Vortrag Leys machte dieser auf Hitlers Wunsch aufmerksam, dass das Seebad so gebaut werden solle, „dass man das Ganze im Falle eines Krieges auch als Lazarett verwenden kann“. 112 Ein provisorisch ausgebauter Trakt im heutigen Block I ist dann schließlich auch als selbiges genutzt worden. 113 Um Familien aus Hamburg und Bremen, die durch Bombenangriffe ihre Wohnungen verloren hatten, Obdach zu gewähren, sind Teile des Gebäudes von den während des Krieges nach Rügen verschleppten russischen Zwangsarbeitern ausgebaut worden. Hierbei handelte es sich nicht nur um Männer, sonder auch um Frauen und Kinder, die unter schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen den provisorischen Ausbau vornehmen mussten. 114 Auch die KdF ist während dieser Zeit für den Krieg nutzbar gemacht worden. 115 Sie betätigte sich nun an der Front zur Truppenbetreuung und organisierte Bunkerbande, Fronttheater und Frontbüchereien. 116 Mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 und dem damit verbundenem Ende des 2. Weltkrieges in Europa begann auch eine neue Nutzungsphase des Seebades Prora. 4.3.2 Nutzung 1945 bis Ende der 90er Jahre Nach Ende des 2. Weltkrieges wurden Teile des Seebades Prora zunächst noch als Flüchtlingslager genutzt. 117 Zu dieser Zeit kam es zu einer Überfüllung Rügens durch den Andrang der Flüchtlinge, sodass in den Hochzeiten über 100.000 Menschen auf Rügen lebten (zum Vergleich: 1939 waren es 59.000 Einwohner). 118 Nachdem dann 110 Wernicke und Schwartz (2003), S. 55. Ebd., S. 57. 112 Rostock und Zadnicek (2008), S. 56 und S. 86. 113 Wernicke und Schwartz (2003), S. 57. 114 Rostock und Zadnicek (2003), S. 86; Macht Urlaub (2011). 115 Vgl. Dokumentationszentrum Prora (o.J. b). 116 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 58. 117 Vgl. Dokumentationszentrum Prora (o.J. c). 118 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 59f. 111 26 das Gebäude von der sowjetischen Armee übernommen wurde, mussten die Lager geräumt werden. 119 Die deutsche Bevölkerung ist von der sowjetischen Besatzungsmacht dazu verpflichteten worden, Materialen (Türen, Fenster, Heizkörper, Turbinen, Heizanlagen, Gleise etc.) aus den Bauten als Reparationen für die Sowjetunion zu demontieren. Danach standen die Gebäude leer, und wurden bis 1949 zur Rohstoffgewinnung geplündert. Zwischen 1948 und 1949 wurde, da bei den Abrissarbeiten Menschen tödlich verunglückt sind, durch ein deutsches Sprengungskommando versucht, Teile des Baus zu sprengen, jedoch sei dieser so stabil und widerstandsfähig gewesen, dass dies nicht, oder nur teilweise, gelang. 120 Später zeigte sich, dass der angeblich so robuste „Betonbau“, der in Wirklichkeit aus als „Klinker“ bezeichneten Ziegelsteinen gebaut wurde, erhebliche bauliche Mängel und Instabilität aufweist (dazu mehr im Abschnitt 5.4.1 Risiken). Seit Anfang der 50er Jahre ist das Gebäude und Gelände für militärische Zwecke genutzt worden, nachdem zunächst im Jahr 1949 von der DDR-Regierung eine zivile Nutzung diskutiert wurde. Hierbei kamen Nutzungen zum Zwecke des Gesundheitswesens, zur Unterbringung von Umsiedlern und Förderung der Jugend ins Gespräch, die jedoch letztendlich nicht umgesetzt worden sind. 121 1951 übergab die sowjetische Militärverwaltung die Bauten an die DDR, bis auf den intakten Block V, den sie als Truppenunterkunft für die Rote Armee nutzte. Die DDR nutze das Gelände seit 1952 für die KVP (Kasernierte Volkspolizei), ihr als Polizei getarntes Militär. 122 Prora wurde somit militärisches Sperrgebiet - ein Zustand, der sich bis zur Wende in Deutschland und dem damit verbundenem Ende der DDR nicht änderte. Mit Gründung der NVA (Nationale Volksarmee) im Jahr 1956 übernahm diese den südlichen Abschnitt. Nach dem Auszug der Roten Armee 1962 wurden in Prora eine Motorschützendivision (15.000 Menschen) und ein Fallschirmjägerbataillon (400 bis 119 Vgl. Dokumentationszentrum Prora (o.J. c). Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 92f. 121 Vgl. Dokumentationszentrum Prora (o.J. c). 122 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 61. 120 27 500 Soldaten) stationiert. 123 In den 80er Jahren gehörten zu den in Prora stationierten Soldaten auch die sogenannten „Bausoldaten“ oder „Spatensoldaten“. Hierbei handelte es sich um wehrpflichtige Männer, die den Waffendienst verweigerten, und aus diesem Grund unter erschwerten Bedingungen Bauarbeiten in und um Prora verrichten mussten, so zum Beispiel auch den Ausbau des Mukraner Hafens. 124 Während dieser Zeit kam es zum Um- und Ausbau der Gebäude, jedoch wurden hierbei falsche Materialien (z.B. Ofenheizung statt Zentralheizung) genutzt, wodurch noch heute sichtbare Schäden, besonders an der Fassade, entstanden. Die Bauten litten weiterhin unter der Ausbildung der Truppen und Offiziere, die auch Spreng- und Schießübungen beinhaltete, und ihre Spuren hinterließen. 125 Das vom Militär genutzte Gelände wurde über die ursprünglichen Grenzen des Seebades hinaus ausgeweitet, sodass es den gesamten Jasmunder Bodden umfasste. 126 Während der militärischen Nutzung der Prora-Anlage durch die DDR kam es auch erstmals zu einer Art touristischen Nutzung von Teilen des Gebäudes. So wurde der heutige Block I als Ferienheim „Seeblick“ für Offiziere und deren Angehörige ausgebaut. 127 Ab 1949 gab es ein Jugendsommerferienlager der DDR-Organisation „Junge Pioniere“, bei dem jährlich etwa 2000 Kinder in den Unterkünften des KdFHotelpersonals und in Zelten auf dem Gelände untergebracht waren. Das Ferienlager ist 1956 von der NVA übernommen worden und im südlichen Ende des Gebäudekomplexes weiter betrieben. Es stand unter der Leitung eines Oberleutnants der NVA und verlieh dem Programm des Ferienlagers, zum Beispiel durch Fahnenappelle, eine militärische Atmosphäre. Das übrige Programm war jedoch sehr kindgerecht, mit Sport, Basteln, Musikwettbewerben usw. In den Jahren bis zur Wende beherbergte das Ferienlager insgesamt 60.000 Kinder. 128 Hier zeigt sich, dass eine touristische Nutzung Proras, gar eine Nutzung im Bereich des Jugendtourismus, bereits Erfolg hatte. „Das Kinderferienlager ist ein Beispiel 123 Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 98. Vgl. Käßner (2003), S. 7. 125 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 99. 126 Vgl. Geißler und Bock (1998), S. 14. 127 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 62. 128 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 68f. 124 28 dafür, wie ideal Prora für junge Menschen ist.“ 129 Es ist jedoch zu beachten, dass die Unterkünfte des Ferienlagers sich nicht in dem eigentlichen Seebad, also in den fünf Unterkunftsblöcken, befanden, sondern in den Personalwohnungen. Der ProraGebäudekomplex an sich blieb weiterhin militärisches Sperrgebiet. Mit dem Mauerfall im Jahr 1989 und dem damit verbundenem Machtwechsel beginnt auch eine neue Nutzungsgeschichte für Prora. Im Oktober 1990 ist die Anlage an die Bundeswehr übergegangen, die das Gelände nun weiter nutze und dort ab 1991 Wehrpflichtige stationierte, wodurch Prora zunächst militärisches Sperrgebiet blieb. Bald darauf wurde jedoch die Schließung des Militärstandortes in Prora beschlossen, und bis Ende 1992 verwirklicht. Nun begannen erneute Plünderungen, wobei diverse während der DDR-Zeit geschaffene Kunstwerke und Ausrüstungsgegenstände entwendet wurden. Dies ist erst lange Zeit später durch Museen, die die übrigen Materialien zur Dokumentation sicherten, verhindert worden. 130 Nach Abzug der Soldaten gehörte die Anlage der Bundesrepublik Deutschland, da das Land Mecklenburg Vorpommern eine Übernahme ablehnte. 131 Für die Verwaltung Proras sind die Bundesfinanzbehörden zuständig, 132 die aufgrund hoher Unterhaltungskosten einen Verkauf, möglichst an einen einzelnen Investor, und somit eine Privatisierung anstreben. 133 Ein Verkauf konnte zunächst jedoch nicht realisiert werden, und es siedelten sich viele unterschiedliche „eilige“ Nutzer an, die Teile der Anlage mieteten. 134 So kam es seither zur Eröffnung mehrere privater Museen (Museumsmeile), Künstlerwerkstätten sowie einer Diskothek. Im Jahr 2002 eröffnete sogar wieder eine Jugendherberge – das „One World Camp Prora Youth Hostel“. 135 Das Dokumentationszentrum Prora eröffnete im Jahr 2000 und beherbergt die Dauerausstellung „Macht Urlaub“ über die gesamte Geschichte der Prora-Anlage. 136 Aufgrund des geplanten Verkaufs der Blöcke gaben viele der Mieter 129 Wernicke und Schwartz (2003), S. 69. Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 92. 131 Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 122. 132 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 96. 133 Vgl. Geißler und Bock (1998), S. 15; Rostock et al. (2005). 134 Vgl. Geißler und Bock (1998), S. 15. 135 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 97. 136 Vgl. Rostock et al. (2005). 130 29 bald auf, der Jugendherberge wurde 2006 der Vertrag gekündigt. 137 Das Dokumentationszentrum und die Diskothek haben sich jedoch bis heute gehalten. Seit 1996 steht Prora unter Denkmalschutz. 138 In dieser Zeit und auch weiterhin beschäftigten sich viele Personen mit der Nachnutzung bzw. dem Umgang mit der Prora-Anlage, wobei die Vorschläge vom Abriss bis hin zu einem riesigen Tourismuszentrum reichen. Hierzu gab es unterschiedliche Studien sowie Investoren, die über eine komplette Nutzung des Areals nachdachten. Im folgenden Abschnitt werden diese unterschiedlichen Nutzungsvorschläge und Diskussionen beschrieben. 4.3.3 Diskussionen über weitere Nutzung des Gebäudes und heutige Nutzung Seit der Wiedervereinigung Deutschlands und dem Abzug des Militärs aus Prora wird viel über die weitere unterschiedlichsten Nutzung diskutiert. Interessengruppen: Hierbei Politiker, beteiligen sich die Denkmalschützer, Tourismusexperten, Stadtentwickler, Rügener Bürger und Studenten. 139 Dies zeigt, dass die Eigentümer der Anlage mit dem weiteren Umgang überfordert sind aber auch, dass die Gesellschaft gegenüber einer weiteren Nutzung positiv gestimmt ist. 1996 bekam die Berliner Gesellschaft für behutsame Stadtentwicklung (S.T.E.R.N.) von der Bundesfinanzbehörde den Auftrag, ein Konzept zur Weiterentwicklung Proras zu erstellen. Die Studie kam zu dem Schluss, dass ein Erhalt des Gebäudes empfehlenswert ist, zumal durch sie bewiesen werden konnte, dass die Architektur nicht voll und ganz typisch nationalsozialistisch ist, sondern internationale Einflüsse aufweist. Die Anlage solle laut Studie als Ferieneinrichtung genutzt werden, mit Jugendherbergen, Ferienwohnungen, Hotels und Kultur- und Sporteinrichtungen (mit maximal 3.700 Betten) 140. S.T.E.R.N. berechnete hierzu Kosten in Höhe von 500 137 Vgl. One World Camp Rügen (2006). Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 98. 139 Vgl. Spiegel Online (1996). 140 Vgl. Focus Online (2008). 138 30 Millionen Mark. 141 Auch der Bürgermeister von Binz, Dieter Reinhardt, sprach sich positiv zu einer Nutzung Proras als riesigen Ferien- und Freizeitkomplex aus. 142 Doch gibt es auch Kritiker, die einer Nutzung in dieser Form negativ gegenüber stehen. Als Gegenargument nutzen sie unter anderem, dass Rügen bereits an seine Kapazitätsgrenzen angelangt sei. Die Tatsache, dass ein Gebäude aus der Zeit des Nationalsozialismus fröhlich genutzt werde, ist außerdem für viele undenkbar. 143 Auch der Leiter des Dokumentationszentrums Prora und Vorsitzende der Stiftung Neue Kultur, Jürgen Rostock, sprach sich gegen die geplanten Eventeinrichtungen aus. Sie seinen unpassend für einen Gedenkort. 144 Bisher ist dieses Riesenprojekt nicht realisiert worden, sodass sich zunächst die Museumsmeile und diverse Künstler ansiedelten. Im selben Jahr erarbeiten Studenten des Städtebau-Instituts der Universität Stuttgart innerhalb einer Entwurfs- und Projektarbeit Vorschläge für eine weitere Nutzung des Prora-Areals. Die Ideen und Entwürfe sind sehr vielseitig und reichen von einer Nutzung als Freizeiteinrichtung mit Wohnsiedlungen, einem Ostsee- Forschungszentrum, einem Kur- und Festspielort, einer Campus-Hochschule nach englisch-amerikanischem Vorbild oder als Stadt mir Park. 145 Die gesammelten Entwürfe wurden 1998 in einem Buch mit dem Titel „Prora, Seebad der Zwanzigtausend – Ideen für einen vergessenen Ort“ veröffentlicht. Ob und Inwieweit es jemals durch die Verantwortlichen Proras auf Aufmerksamkeit stieß, bleibt unklar. Die norwegische Entwicklungsgesellschaft „Nordic Network“, eines der Unternehmen, dass sich Ende der 90er für ein Gesamtnutzungskonzept Proras bewarb, plante eine Begegnungsstätte in dem Prora-Gebäudekomplex. 146 Das von ihnen geplante „Ostsee-Zentrum“ solle unter anderem einen Yachthafen, einen Golfplatz, Hotels, Jugendbegegnungsstätten, Kurkliniken und Appartements beherbergen. 147 Die hätte jedoch ein Freizeitzentrum in bester Strandlage auf einem Terrain von vielen Hektaren bedeutet und stellte eine Konkurrenz für andere 141 Vgl. Baunetz (1997). Vgl. Spiegel Online (1996). 143 Ebd. 144 Vgl. Focus Online (2008). 145 Siehe Geißler und Bock (1998). 146 Vgl. Welt-Online (1996). 147 Vgl. Spiegel-Online (1996). 142 31 Urlaubszentren und Beherbergungsunternehmen auf Rügen dar. So wehrten sich die unterschiedlichen Interessengruppen, wie Reiseveranstalter und auch Politiker, gegen dieses Projekt. Aber auch die hohen Investitionen, die für die Verwirklichung notwendig gewesen wären, ließen den Investor zurückschrecken, sodass dieses Projekt nicht realisiert wurde. 148 Mit der weiteren Nutzung Proras beschäftigten sich in dieser Zeit auch die Vereinigung der Stadt-, Regional- und Landesplaner (SRL), der Bund deutscher Landesarchitekten (BDLA), der Bund deutscher Architekten (BDA), und der Fachbereich Architektur der Technischen Universität Berlin. Die Vorschläge beinhalteten sowohl eine Nutzung als Freizeitpark als auch den vollständigen Abriss. 149 Im Jahr 2005 ist Block III, der Teil, in dem sich die Museumsmeile und das Youth Hostel befanden, an die westdeutsche Investorengruppe Inselbogen GmbH verkauft worden. Gegenwärtig ist in diesem Block nur noch das Dokumentationszentrum vorhanden, den anderen Mietern wurde bereits der Vertrag gekündigt bzw. entschieden sich diese aufgrund der unsicheren Situation, das Gebäude zu verlassen. 150 Auch der mittlere Teil des Gebäudekomplexes, der ehemalige Festplatz, auf dem ursprünglich der Bau der Festhalle geplant war, ist an die Inselbogen GmbH übergegangen. Diese planen, laut ihrer Internetseite, den Bau eines Strandparks mit 350 Appartements mit Hotelservice und ein Sporthotel mit 174 Gästezimmern. 151 Zusätzliche Einrichtungen, wie zum Beispiel eine 7000m2 große Indoor-Sporthalle, vier Sportfelder 152, diverse Restaurant und Bars153, Tagungs- und Konferenzräume 154 und ein Schwimmbad 155 sind außerdem in Planung. Noch stehen die Gebäude jedoch leer, da die GmbH noch nach weiteren Investoren, die sich an dem Projekt beteiligen wollen, sucht. 156 Ein Hochseilgarten auf dem Gelände ist jedoch bereits durch die Inselbogen GmbH gebaut worden und seit 2008 in Betrieb. 148 Vgl. Brosseit (2011), Interview. Vgl. Vuckovic (1996). 150 Vgl. One World Camp Rügen (2006). 151 Vgl. Inselbogen Strandimmobilien (2005a). 152 Vgl. Inselbogen Strandimmobilien (2005b). 153 Vgl. Inselbogen Strandimmobilien (2005c). 154 Vgl. Inselbogen Strandimmobilien (2005d). 155 Vgl. Inselbogen Strandimmobilien (2005b). 156 Vgl. auch Inselbogen Strandimmobilien (2005e). 149 32 Im Jahr 2006 ist erneut über einen Abriss des Gebäudekomplexes Prora diskutiert worden, ausgelöst durch den Bürgermeister von Binz, Horst Schaumann, der in einem Bericht den Abriss der Blöcke I und IV ermaß. Diese Überlegung sei auch von einigen Abgeordneten der Binzer Gemeindevertretung befürwortet worden. Grund hierfür sei, dass es keine Interessenten für die beiden Blöcke gäbe. Außerdem würde der Abriss der beiden Blöcke eine natürliche Grenze zwischen Block V und den anderen beiden Blöcken III und II schaffen. Block V war zu diesem Zeitpunkt bereits für die Nutzung als Jugendherberge im Gespräch, Block III an Inselbogen GmbH verkauft und für Block II habe es bereits einen Interessenten gegeben. 157 Zu dem Abriss ist es jedoch nicht gekommen. Andere Befürworter einer Zerstörung des Gebäudes sehen eine weitere Nutzung aufgrund der Geschichte des Komplexes und der damit verbundenen Vorbelastung als unmöglich an. Auch die hohen Unterhaltungskosten (bis 1996 sind 15 Millionen Mark angefallen)158 können als Argument für einen Abriss des Gebäudekomplexes dienen. So äußerte sich zum Beispiel Udo Knapp, der Ex-Vizelandrat Rügens, er wolle „diesen Nazi-Klotz weghaben, um der Insel wieder Luft zu verschaffen.“159 Auch schreiben einige Internetnutzer in Kommentaren zu Artikeln über das ProraGebäude, dass sie einen Abriss befürworten würden. Als Reaktion auf einen Artikel, der über den Umbau des „Koloss von Prora“ berichtet, schreiben Leser: „Warum kann man eine solche politische Bausünde und Bausschande (sic!) nicht einfach abreisen (sic!)“ und „Es wäre doch viel schöner dieses naturverschandelnde Objekt abzureissen (sic!) und was schönes Neues zu bauen. Dieser Gigantismus passt nicht zur Insel.“ 160 Gegen einen Abriss sprachen sich besonders Denkmalschützer und das Bauministerium von Mecklenburg-Vorpommern aus. 161 Auch einige Bürger von Prora - besonders die, die in den nur 100 Meter von der Prora-Anlage entfernten ehemaligen Baracken der Lagerarbeiter wohnen - sind gegen einen Abriss. 162 Die Leiterin der Bürgerinitiative „Wohnen in Prora“, Ursel Steinberg, argumentiert damit, 157 Vgl. Günther (2006). Vgl. Welt-Online (1996). 159 Knapp zitiert nach Spiegel Online (1996). 160 Focus Online (2008). 161 Vgl. Welt-Online (1996). 162 Vgl. Spiegel- Online (1996). 158 33 dass man nicht alle Gebäude, die mit dem Nazi-Regime in Verbindung stehen, abreißen könne 163:„Da müßtest (sic!) ihr auch den Rügendamm, die Autobahnen und alles andere abreißen, was 1936 gebaut worden ist" 164 und "Die alten Ägypter, das waren doch auch schlimme Eroberer. Oder diese Amerikaner mit ihren Indianern ... aber reißt man deshalb gleich die Pyramiden ab oder das Weiße Haus?" 165 Block I und II sind mittlerweile auch veräußert worden und heute in privatem Besitz. 166 Der Geschäftsführer der Prora Entwicklungsgesellschaft Ulrich Busch plant hier gemeinsam mit dem österreichischen Eigentümer, Haas Immobilien GmbH, den Bau von 300 Hotelzimmern, 400 Wohnungen, einem Personalwohnheim, diversen Freizeit- und Sportstätten sowie gastronomischen Einrichtungen. Der Umbau sollte ursprünglich Anfang dieses Jahres beginnen, neuer Baubeginn wurde für Ende des Jahres angekündigt. Als Gründe für den verspäteten Beginn gibt Ulrich Busch unter anderem Auflagen des Denkmalschutzes an. 167 Zusammenfassend betrachtet scheint es so, als würde das von der S.T.E.R.N.Studie empfohlene Nutzungskonzept tatsächlich in einer ähnlichen Form realisiert werden. Es wird außerdem deutlich, dass eine überwiegend touristische Nutzung für den gesamten Komplex und das Gelände geplant ist. Zusätzlich zu den bereits beschriebenen realisierten und geplanten Einrichtungen in Prora eröffnete am 1. Juli 2011 nun auch eine Jugendherberge des deutschen Jugendherbergswerkes (DJH), durch die im Jahr 2007 auch ein Zeltplatz auf dem Gelände eröffnet wurde. In den folgenden Abschnitten wird genauer auf die Jugendherberge als bisher einzig realisierte (touristische) Nachnutzung eingegangen. 4.4 Untersuchung und Bewertung der Zugehörigkeit des Seebad-Prora zum Dark Tourism Durch die limitiert vorhandene Literatur zum Thema Dark Tourism wird eine Bewertung Proras hinsichtlich der Zugehörigkeit zum Dark Tourism erschwert. 163 Vgl. Welt-Online (1996). Steinberg zitiert nach Welt-Online (1996). 165 Steinberg zitiert nach Spiegel-Online (1996). 166 Vgl. Röder (2011), Interview. 167 Vgl. Herold (2011); Ostsee Zeitung.de (2011). 164 34 Das KdF-Seebad Prora ist zwar in der dunklen Zeit des Nationalsozialismus Deutschlands geplant und erbaut worden, jedoch handelt es sich auf den ersten Blick nicht vordergründig um einen Ort, der mit Tod und Leid in Verbindung gebracht wird, so wie es die Definition für Orte des Dark Tourism beschreibt. Es wurde als Ort für Erholung, Entspannung und Urlaub gebaut. Jedoch in von einer Organisation, die die rassistischen und faschistischen Ideologien des Hitler-Regimes verfolgte und mithilfe dieser Anlage die deutsche Bevölkerung von der Richtigkeit selbiger zu Überzeugen. Aus diesem Blickwinkel betrachtet steht die Prora-Anlage in einer gewissen indirekten Beziehung zu den Gräueltaten des Dritten Reiches. Außerdem ist es denkbar, dass die Besucher durch die Monstrosität des Gebäudes an den Nationalsozialismus und auch an die Verbrechen der NS-Zeit erinnert werden, ohne dass sich diese Verbrechen wirklich an dem Ort zugetragen haben. Um die Zugehörigkeit Proras zum Dark Tourism weiter zu untersuchen, hat sich die Autorin mit den einzelnen Unterformen auseinander gesetzt. Da Prora kein Ort von NS-Verbrechen darstellt, wäre eine Zuordnung zum „lighter“ Dark Tourism denkbar. Bei dieser schwächeren Form werden jedoch Leiden und Tod künstlich geschaffen. Da dies bei dem Seebad nicht der Fall ist, ist eine Zugehörigkeit zu dieser Unterform nicht vorhanden. Die Zugehörigkeit zum Holocaust Tourism lässt sich ausschließen, da in Prora keine Verbrechen des Nazi-Regimes stattgefunden haben. Die Nationalsozialisten haben seinerzeit lediglich den Bau der Anlage verrichten können, zu einem Gebrauch durch die Nationalsozialisten, ob in Verbindung mit Verbrechen oder als tatsächlichen Urlaubsort, kam es nie. Jedoch stellt die Anlage ein Zeugnis der NS-Politik dar und dokumentiert die deutsche Geschichte und kann so, ähnlich wie die Sehenswürdigkeiten des Holocaust Tourism, einen „Beweis“ für die Zeit des Nationalsozialismus liefern. Auch das Prora zu „Cemetery Tourism“ oder „Prison Tourism“ gehört, lässt sich leicht ausschließen, da es sich weder um einen Friedhof noch um eine Gefängnis oder eine Strafanstalt handelt. Auch handelt es sich wohl nicht um einen Standort des Battlefield- oder Slavery-Heritage Tourism, da es in keinem Zusammenhang zu 35 Sklaverei steht. Rügen, und somit auch Prora, wurden auch Opfer des 2. Weltkrieges, jedoch lässt sich nicht von Prora als einen Kriegsschauplatz in der Hinsicht sprechen. Wenn man bedenkt, dass die Zwangsarbeiter, die während des 2. Weltkrieges in Prora die Instandhaltungs- und Umbauarbeiten zu verrichten hatten, unter furchtbaren Arbeits- und Lebensbedingungen zu leben hatten, stellt sich eine Beziehung zu Leiden und Unglück dar. Diese hängt jedoch nicht mit dem ursprünglichen Konzept des Seebades zusammen. Des Weiteren wird vermutet, dass diese Tatsache nur wenigen bekannt ist und somit bei einem Besuch innerhalb eines Urlaubes keine Rolle spielt. Letztendlich ist der Tourist derjenige, der eine Attraktion, einen Ort oder eine Sehenswürdigkeit zu einer „dark tourism site“ macht. Er entscheidet, ob er mit dem Ort Tod, Leid oder Unglück assoziiert oder ob er zum Beispiel Cementery Tourism aus rein architektonischem Interesse betreibt. Wenn sich an einem Ort Tragödien zugetragen haben, es den Touristen jedoch nicht bewusst ist und somit die Tragödie für sie keine Motivation darstellt, den Ort zu besuchen, so ist es fragwürdig, ob es sich dann noch um Dark Tourism handelt. Die Gespräche mit Gästen der Jugendherberge und des Zeltplatzes, sowie Touristen, die Prora besuchten, zeigten, dass die Mehrheit der Besucher die Anlage nicht mit den Verbrechen der NS-Zeit in Verbindung bringt. Die Besichtigung des riesigen Komplexes verursacht dem Einen oder Anderen Unwohlsein, die Gedanken drehen sich aber zum Beispiel um die „logistische Meisterleistung“ 168, ohne die heutige Technik dieses gewaltige Gebäude zu errichten. Auch die „Manipulation des Volkes“ 169 durch NS-Propaganda zählt zu den Assoziationen von Prora Touristen. Lediglich eine der Befragten äußerte, dass sie sich durch das Gebäude auch an die Verbrechen der Nazis erinnert fühle. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Prora nicht dem Dark Tourism zuzuordnen ist, obwohl es sich für den Einen oder Anderen möglicherweise um eine Sehenswürdigkeit des Dark Tourism handelt. Die Mehrheit der Touristen verbindet 168 169 Interviewpartner C (2011), Interview. Ebd. 36 jedoch weder Tod, Unglück noch den Holocaust mit dem ehemaligen Seebad. Auch die Merkmale laut Definition einer Dark Tourism Sehenswürdigkeit treffen nicht auf den Gebäudekomplex zu, da hier weder Verbrechen geplant noch ausgeübt worden. Viele Besucher Proras sind gleichzeitig Gäste der Jugendherberge oder des Zeltplatzes. Bei diesen rückt das Interesse für die Geschichte des Baus oft in den Hintergrund. Wie das Interview mit dem Herbergsleiter Herrn Brosseit ergab, kommen viele Jugendliche, besonders in der Sommersaison, hauptsächlich wegen der Nähe zum Strand und „um einfach mal Urlaub zu machen“. Die Frage nach dem Ursprung des Gebäudes kommt hin und wieder nebenbei auf, das Dokumentationszentrum wird in diesem Zusammenhang dann auch besucht. Das Hauptinteresse liegt jedoch beim Strandurlaub, wie die Antwort eines jungen Herbergsgastes auf die Frage nach der Geschichte des Gebäudes verdeutlicht: „Hat irgendwas mit Hitler zu tun. Aber jetzt will ich zum Strand.“ 170 Herr Brosseit meint, diese Aussage passt sehr gut zu der Einstellung der Mehrheit der Sommergäste. Durch das Vorhandensein der Jugendherberge, des Zeltplatzes und den jungen Gästen, die eine fröhliche Stimmung verbreiten, wird dem Gebäude jegliche „Schwärze“, die dem Dark Tourism zuordenbar wäre, genommen. 5 Touristische Nutzung von Hinterlassenschaften des NSRegimes Die Zeit des Nationalsozialismus gehört zur Geschichte Deutschlands und findet sich wieder in Gebäuden des Landes, die während dieser Zeit zu bestimmten, meist politischen, Zwecken von den Nationalsozialisten gebaut wurden. Viele von diesen Bauten, die den Krieg überdauerten, werden heute anderweitig genutzt, häufig auch durch eine zivile Nutzung. So zum Beispiel das sogenannte ehemalige Führerhaus in München, das im Krieg unversehrt blieb. Dieses Gebäude wurde im Jahr 1933 gebaut und 1937 eingeweiht. Es diente vor allem der Repräsentation und enthielt Hitlers Büro sowie Arbeitsräume 170 Förster (2011). 37 seiner Stellvertreter. Unter anderem ist das Münchner Abkommen 171 hier getroffen worden. Nach dem Krieg nutzte es das amerikanische Militär, heute beherbergt das Gebäude die Münchner Musikhochschule. 172 In München steht außerdem die Parteikanzlei, ein geplanter Bau der NSDAPVerwaltung. Der Bau begann um die Jahre 1938/1939 und sollte Büros und repräsentative Räume beinhalten, sowie durch eine Brücke mit dem Führerbau verbunden sein. Es wurden jedoch lediglich die Bunkeranlagen vollendet, auf denen um 1970 ein Institutsgebäude der Technischen Universität errichtet wurde. 2007 sind die Bunkeranlagen abgerissen worden. Dort soll nun das Institutsgebäude der Hochschule für Film und Fernsehen und das Ägyptische Museum entstehen. 173 Weitere Beispiele sind die SS-Junkerschulen Bad Tölz und Braunschweig, in denen Offiziere für die Waffen-SS ausgebildet wurden. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um von den Nationalsozialisten errichtete Gebäude. So nutzen sie zum einen das seit über 200 Jahren bestehende Braunschweiger Schloss für ihre Zwecke - der Schlossplatz wurde ab 1935 in „Platz der SS“ umbenannt und für Aufmärsche genutzt. Außerdem befand sich hier ab 1935 eine SS-Junkerschule. Während des 2. Weltkrieges ist das Schloss zerstört worden. 2007 wurde es mit einigen Originalteilen wieder aufgebaut und wird heute von der Stadtbibliothek, dem Kulturinstitut, dem Stadtarchiv und der Abteilung für Literatur und Musik genutzt. 174 Die Junkerschule Bad Tölz, nach dem Krieg zunächst durch das amerikanische Militär genutzt, ist heute zu einer sogenannten „Flint-Center“ entwickelt worden. Es beherbergt diverse Dienstleistungsunternehmen, wie Ämter, Geschäfte und Gaststätten. 175 Einige der Hinterlassenschaften dienen heute auch als Gedenkstätten und Orte der Bildung und Aufklärung, die gegen das Vergessen dieser Zeit kämpfen. Das Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin, in dem die Endlösung der Judenfrage besprochen und somit deren Vernichtung beschlossen wurde, dient heute als 171 Schubert und Klein (2006): Münchner Abkommen: Bezeichnung für den 1938 abgeschlossenen Vertrag zwischen D, GB, F und I, mit dem (ohne Beteiligung der Tschechoslowakischen Republik, CSR) die Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an D beschlossen wurde. 172 Vgl. Münchens Denkmäler (2006a). 173 Vgl. Münchens Denkmäler (2006b). 174 Vgl. Vernetztes Gedächtnis (2008). 175 Vgl. Flößerstraße (2011). 38 Gedenkstätte und Aufklärungsort, ähnlich wie die ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald, Auschwitz und Ravensbrück - um nur einige zu nennen. Das Beispiel, dass von der Ausgangslage her dem KdF-Bad am ähnlichsten ist, ist die Kongresshalle in Nürnberg. Gelegen am ehemaligen Reichsparteigelände, zählt sie, wie auch Prora, zu den größten erhaltenen Bauwerken aus der Zeit des HitlerRegimes. Im Jahr 1935 wurde der Grundstein dieses Gebäudes gelegt, welches 50.000 Menschen fassen sollte. Die Bauarbeiten sind, durch Ausbruch des 2. Weltkrieges, vor Fertigstellung des Daches eingestellt worden. 176 Heute befindet sich in dem Bau ein Dokumentationszentrum, die sich im Rahmen einer Dauerausstellung mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzt. Zusätzlich werden pädagogische Programme für Jugendliche, Schüler und Erwachsene angeboten. 177 Hier wird also ein großer Wert auf einen Nutzen in Richtung Bildung und Aufklärung gelegt. Finanziert wurde das Dokumentationszentrum von der Bundesrepublik Deutschland, dem Freistaat Bayern, dem Bezirk Mittelfranken sowie der Stadt Nürnberg 178, was zeigt, dass auch hier ein Interesse von der Regierung her besteht. Es wird deutlich, dass diese Gebäude einiges gemein haben. Nach dem Krieg sind die meisten militärisch genutzt worden. Nach Abzug des Militärs bemühen sich die Länder, in denen sich die Bauten befinden, um eine weitere Nutzung, die mit der ursprünglichen, durch die Nationalsozialisten geplanten Nutzung, nichts mehr gemeinsam hat, und unterstützen diese häufig auch finanziell. Dabei wurden einige zu Gedenkorten umfunktioniert, um an Verbrechen des Nazi-Regimes zu erinnern und darüber aufzuklären. Dass viele Relikte der NS-Zeit heute zivil genutzt werden, spricht dafür, dass ein Umgang mit geschichtsträchtigen Bauten in dieser Art üblich ist und gemeinhin akzeptiert wird. Diese Tatsache wirkt wiederum unterstützend für eine touristische Nutzung des Seebad Prora. In den folgenden Abschnitten wird auf die touristische Nutzung des KdF- Bad Prora durch die DJH Jugendherberge eingegangen. Des Weiteren werden zwei weitere NS-Relikte, der Obersalzberg und die NS-Ordensburg Vogelsang, beschrieben. Da 176 Vgl. Harder (2008). Vgl. Museen der Stadt Nürnberg (2011). 178 Vgl. Museen der Stadt Nürnberg (2009). 177 39 diese heute auch touristisch genutzt werden bzw. eine touristische Nutzung in Planung ist, werden sie als Vergleichsobjekte herangezogen und näher untersucht. 5.1 Die DJH Jugendherberge Prora Die Jugendherberge des deutschen Jugendherbergswerkes (DJH) wurde am 1. Juli 2011 in der Prora - Anlage eröffnet. Sie befindet sich im heutigen Block V und steht unter der Leitung von Dennis Brosseit. Das Jugendherbergswerk ist ein gemeinnütziger Verein 179 und betreibt rund 540 Jugendherbergen deutschlandweit und 4.500 weltweit. 180 Es unterteilt sich in 14 Landesverbände, die Jugendherberge Prora gehört zum DJH Landesverband Mecklenburg Vorpommern. 181 Um in einer Jugendherberge des DJH zu übernachten, ist eine Mitgliedschaft notwendig, die durch Zahlung eines einmaligen Jahresbetrages (Höhe richtet sich nach Alter und Familienstand) entsteht. Diese Mitgliedschaft ist dann ein Jahr gültig (entsprechend dem Kalenderjahr) und wird durch erneute Zahlung des Jahresbeitrages jeweils um ein Jahr verlängert. Austritt aus der Mitgliedschaft setzt eine Kündigung voraus. 182 Durch dieses Prinzip entsteht eine starke Kundenbindung – wer einmal Mitglied ist, wird bei der Suche nach Unterkünften eine DJH Jugendherberge üblicherweise anderen Beherbergungsunternehmen vorziehen. Ende der 90er Jahre hat sich das Jugendherbergswerk das kommerzielle Nutzungsrecht an dem Wort „Jugendherberge“ schützen lassen. Andere „Jugendherbergen“ dürfen sich nicht also solche bezeichnen, so wurde auch dem „One World Camp Youth Hostel“ der Gebrauch des Begriffes untersagt. 183 Dies zeigt, welchen nahezu monopolistischen Status das deutsche Jugendherbergswerk hat. Im Folgenden wird beschrieben, wie die Idee zur Eröffnung der Jugendherberge entstand. Des Weiteren werden die Lage unter touristischen Aspekten sowie die 179 Vgl. DJH Jugendherberge.de (o.J. a). Vgl. DJH Jugendherberge.de (o.J. b). 181 Vgl. DJH Jugendherberge.de (o.J. c). 182 Vgl. DJH Jugendherberge.de (o.J. b). 183 Vgl. Wernicke und Schwatz (2003), S. 97. 180 40 Einrichtung und das Konzept der Jugendherberge betrachtet. Ziel ist es, sowohl ein genaueres Bild zu vermitteln sowie Stärken und Schwächen zu identifiziert. 5.1.1 Die Idee zur Eröffnung einer Jugendherberge Es stellte sich die Frage, warum die DJH als Standort für eine neue Jugendherberge das Gebäude des ehemaligen KdF-Seebades Prora auswählte und welche Ziele sie damit verfolge. Zu klären, ob und inwiefern die Geschichte des Gebäudekomplexes bei der Wahl eine Rolle spielt, oder der Standort lediglich aufgrund der nahen Strandlage oder anderer touristischer Aspekte ausgesucht wurde, war das Ziel der Kontaktaufnahme zu einem Verantwortlichen der DJH. Nach dem Telefongespräch mit Kathrin Röder (Marketing/Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim DJH) stellte sich heraus, dass die DJH nicht selbst die Idee zur Eröffnung der Jugendherberge hatte, sondern diese vielmehr durch den Landkreis Rügen an das Unternehmen herangetragen wurde. Im Zusammenhang mit der Suche nach einem Konzept zur Nachnutzung des KdF-Baus fanden mehrere Jugendevents in Prora statt: Prora ’03, Prora ’06 und Prora ’10. Letzterer wurde auf dem 2007 eröffneten Jugendzeltplatz der DJH, der sich auf dem Prora-Gelände befindet, abgehalten. Organisiert wurden diese Veranstaltungen durch den Förderverein „Prora 03 e.V.“, dessen Vorstandsmitglieder zur Tourismuszentrale Rügen, zum deutschen Jugendherbergswerk Mecklenburg-Vorpommern und zum Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern gehören. 184 Bei diesen Events fanden unter anderem diverse Workshops und auch Diskussionsrunden mit Jugendlichen zum Thema „zukünftige Nutzung der Prora-Anlage“ statt. Das Sommerfest Prora ’03 fand im Bereich der Blöcke IV und V statt, und richtete sich an junge Menschen. 185 Bei diesem Event forderten die rund 15.000 Teilnehmer, überwiegend Schüler 186, eine jugendgerechte Nutzung und hatten die Idee zur Eröffnung einer Jugendherberge. Dadurch sollte der Block V wiederbelebt werden. Der Event war gleichzeitig ein Förderungsprogramm des Sozialministeriums 184 Vgl. Förderverein Prora03 e.V. (o.J.). Vgl. Wernicke und Schwatz (2003), S. 105. 186 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 105. 185 41 (Ministerium für Soziales und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern) und wurde unter anderem auch von der europäischen Kommission und der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern gefördert und unterstützt. Der Block, in dem sich die Jugendherberge heute befindet, gehört dem Landkreis Rügen. Die Integration der Jugendlichen und deren Idee zur Eröffnung einer Jugendherberge waren also auch von politischer Seite aus gewollt. Die Idee der Jugendlichen ist dann an die DJH herangetragen worden, die nun für den Bau und die Eröffnung zuständig war. Die Bauleitung übernahm der Landkreis Rügen, finanziert wurde das Projekt durch Landes-, Bundes- und EU-Mittel. 5.1.2 Lage Die Jugendherberge befindet sich in dem letzten Abschnitt des nördlichsten Blockes, des heutigen Block V. Sie nimmt nur einen kleinen, etwa 152 Meter 187 langen Teil des gesamten Gebäudes ein. Das DJH ist im Besitz des gesamten Blockes V, ein weiterer Ausbau war jedoch aufgrund ursprünglicher baulicher Mängel nicht möglich (dazu mehr in Abschnitt 5.4.1 Risiken). 188 Auf der Insel Rügen befinden sich noch zwei weitere Jugendherbergen, die Jugendherberge Binz (sieben Kilometer Entfernung zu Prora) und die Jugendherberge Sellin (20 Kilometer Entfernung zu Prora), die jedoch auch beide vom DJH betrieben werden. 189 Der Gebäudekomplex, und somit auch die Jugendherberge, befinden sich direkt an der Ostküste Rügens, auf dem Küstenstreifen „schmale Heide“, zwischen den Orten Sassnitz und Binz. Die Bucht, in der die Prora-Anlage liegt, heißt „Prorer Wiek“ und gilt als die schönste Bucht der Ostküste. Der Name „Prora“ rührt von dem historischen Namen der sich hier befindlichen Hügelkette her. 190 Schon zu DDR-Zeiten war Rügen ein beliebtes Urlaubsziel, schon allein weil es eines der wenigen zugänglichen Urlaubsziele überhaupt war. Auch heute noch kommen 187 Vgl. Spiegel-Online (2011). Vgl. Brosseit (2011), Interview. 189 Vgl. Ostsee und Nordsee (2006); DJH Jugendherberge Prora (2011a). 190 Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 5. 188 42 jährlich hunderttausende Reisende in eines der beliebtesten Urlaubsziele Deutschlands. 191 Die Insel Rügen ist mit dem Auto erreichbar. Sie mit dem Festland über zwei unterschiedliche Brücken und durch eine Autofähre verbunden. 192 Bahnverbindungen gibt es aus Rhein/Ruhr, Rhein/Main, Berlin, Hamburg und Mittel- und Süddeutschland. 193 Auch für internationale Gäste ist die Insel erreichbar. Der nächste Flughafen ist Rostock Laage, von dem aus Shuttlebusse als Verbindung nach Rügen zur Verfügung stehen. 194 Schiffsverbindungen gibt es von Dänemark und Schweden aus, die von der Scandlines Deutschland GmbH angeboten werden. 195 Als öffentliche Verkehrsmittel stehen Busse der Rügener Personennahverkehrs GmbH (RPNV) zur Verfügung, mit denen man jeden Ort auf Rügen erreichen kann. 196 Die Jugendherberge verfügt über eine gute infrastrukturelle Anbindung - mit Einschränkungen. Die Anreise ist mit dem Auto möglich, es befindet sich ein Parkplatz in etwa 500 Meter Entfernung. Der Nächste Bahnhof („Prora“) der von der deutschen Bahn angefahren wird, liegt etwa 1km entfernt. Eine Bushaltestelle („Prora-Nord“) befindet sich in unmittelbarer Nähe (ca. 1km). 197 Für Anreisende mit Bus oder Bahn ergibt sich ein 1km langer Fußweg um die Jugendherberge zu erreichen, was besonders bei schlechtem Wetter von Nachteil ist. Ein Ausbau der infrastrukturellen Anbindung ist jedoch in Arbeit (siehe Abschnitt 5.4.1 Risiken). Im Sommer bietet der Aufenthalt in der Jugendherberge ideale Voraussetzungen für einen Strandurlaub, befindet sich dieser doch nur etwa 50 Meter von der Anlage entfernt. Auf dem Gelände befinden sich ein Hochseilgarten und ein Dokumentationszentrum, das über die Geschichte des KdF-Baus berichtet. Das touristische Angebot auf Rügen ist gut ausgeprägt. Zum einen kann die Natur, so zum Beispiel die typischen Kreidefelsen, auf vielen unterschiedlichen Wegen erkundet werden. Weitere Sehenswürdigkeiten sind unter anderem das Jagdschloss 191 Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 10ff. Vgl. Rügen (2011a). 193 Vgl. Rügen (2011b). 194 Vgl. Rügen (2011c). 195 Vgl. Rügen (2011d). 196 Vgl. Rügen (2011e). 197 Vgl. DJH Jugendherberge Prora (2011a). 192 43 Granitz, das Kurhaus, der Jasmunder Nationalpark, die Bäderarchitektur und auch das ehemalige KdF-Seebad Prora selbst, dass jährlich von vielen Touristen besucht wird. Es bieten sich außerdem Möglichkeiten zur Durchführung von Wassersport, Reiten, Golfen, Fahrradfahren und anderen Freizeitaktivitäten. 198 Auch ein Ausflug in den 6km entfernten Ort Binz ist möglich. Dieser Ort bietet sich an für Spaziergänge und zum Kennenlernen der lokalen Küche. Bei schlechtem Wetter sind die Freizeitmöglichkeiten eingeschränkt, aufgrund der isolierten Lage der Jugendherberge. Es wird ein Rahmenprogramm angeboten, um jedoch das Gelände zu verlassen und die beschriebenen Sehenswürdigkeiten zu erreichen, müssen Gäste ohne Auto weite Wege zurücklegen, da sich Bus- und Bahnstation in einem Kilometer Entfernung befinden. Zum Jagdschloss Granitz fährt der Jagdschlossexpress direkt von der Jugendherberge ab. 199 Die Jugendherberge liegt an einem geschichtsträchtigen, aber zugleich auch an einem touristischen Ort. Ein Aufenthalt bietet nicht nur Strand, sondern auch viele weitere touristische Angebote. Die Insel Rügen, auf der sich die Jugendherberge befindet, ist ein beliebter Urlaubsort und wird jährlich von vielen Reisenden besucht. 5.1.3 Einrichtung und Konzept Der für die Jugendherberge sanierte Teil des Blockes V ist in einem sehr hellen, fast weiß erscheinendem, grün gestrichen und hebt sich von dem restlichen Teil des grauen Gebäudes ab. Auch die Zimmer und Flure sind hell gestrichen und verzichten auf knallige Farben. Die Einrichtung ist schlicht gehalten, aber gleichzeitig modern. Die Jugendherberge verfügt über 400 Betten, die als Zwei-, Vier und Sechsbettzimmer angeboten werden. 16 der Zimmer sind behindertenfreundlich. Bis auf die Sechsbettzimmer verfügt jede Unterkunft über ein eigenes Bad mit Dusche und Toilette. Die Zimmer verfügen außerdem über einen kleinen Tisch und Stühle 200 198 Vgl. Rügen (2011a). Vgl. DJH Jugendherberge Prora (2011a). 200 Vgl. DJH Jugendherberge Prora (2011d). 199 44 und liegen zum Meer hin, so wie es auch für die Zimmer des geplanten Seebades vorgesehen war und wie es der Bau des Gebäudes vorschreibt. Auf jeder Etage befinden sich zwei Gruppenräume. Außerdem gibt es einen Fernsehraum mit TV, Video- und DVD-Gerät, eine Leseecke, Spieltische, einen Grillund Lagerfeuerplatz. Der Speisesaal liegt im Erdgeschoss. Eine Aussichtsplattform mit Blick auf den Strand befindet sich am Eingang. Die Jugendherberge bietet weiterhin einen Spiele- und Fahrradverleih an und verfügt über Internetzugang. 201 Außerdem gibt es sieben Tagungsräume mit Platz für bis zu 40 Personen (je nach Art der Bestuhlung) mit Ausstattung wie Diaprojektor, Overheadprojektor, Beamer, Flipchart und Pinnwände. 202 Zusätzlich zu den Übernachtungsmöglichkeiten bietet das Haus außerdem diverse Programme an. Zum einen gibt es unterschiedliche „Pakete“ für Klassenfahrten, die ein mehrtätiges Programm für verschiedene Altersklassen beinhalten. Diese drehen sich einerseits um die Geschichte von Prora, mit Führungen durch Prora und das Dokumentationszentrum sowie Gesprächen mit Dozenten, aber auch um die Insel an sich, mit Touren zu den Kreidefelsen, dem Jagdschloss Granitz und einer Fahrt mit dem rasenden Roland. Auch ein Programm für Erst- bis Viertklässler mit Museumsbesuchen und Leseabend wird angeboten, für die Älteren ein AktivProgramm mit einem Besuch im benachbarten Kletterwald. Es gibt auch die Möglichkeit, sich aus einzelnen Bausteinen eine ganz individuell gestaltete Klassenfahrt zusammenzustellen. 203 Ausflüge und Veranstaltungen, die auf die Zielgruppe der Familien zugeschnitten sind, sind zusammen mit Unterkunft und Verpflegung als Leistungspaket buchbar. Ein Programm beinhaltet auch den Besuch des Prora – Dokumentationszentrums. Zu den weiteren Angeboten gehört ein Silvesterprogramm mit Lagerfeuer, Silvesterparty und Buffet. 204 201 Vgl. DJH Jugendherberge Prora (2011b). Vgl. DJH Jugendherberge Prora (2011e). 203 Vgl. DJH Jugendherberge Prora (2011c). 204 Vgl. DJH Jugendherberge Prora (2011f). 202 45 Der Slogan der Jugendherberge lautet „aus grau mach bunt“, beziehungsweise aufgrund der häufigen Bezeichnung durch die Presse als Nazi-Bau „aus braun mach bunt“. Dies bedeutet, dass sich die Betreiber der Geschichte des Gebäudes zwar bewusst sind, jedoch dem Ort eine ganz neue Note geben wollen, weg von dem „Nazi-Bau“. Dies soll auch durch den farblichen Kontrast zum restlichen Gebäudekomplex verdeutlicht werden. Auch die Bilder, die sich an dem restlichen Teil des Blockes V - der vollständig im Besitz des DJH ist – befinden, knüpfen an dieses Konzept an. 205 DJH Jugendherbergen im Allgemeinen stehen für Internationalität. Dieses Profil wurde auch bewusst für die Jugendherberge Prora gewählt, da es vollkommen konträr zu der Grundidee der Nationalsozialisten ist. Damit wolle der Verband auch Kritikern gegenübertreten, die behaupten, dass das Gebäude nun so genutzt werden würde, wie von Hitler ursprünglich geplant. Aus diesem Grund ist ein weiteres Projekt im restlichen Block V in Planung. Es soll ein „World House“ entstehen, in dem sich in jedem Raum ein Land vorstellt. Dies ist ein Projekt, das „der Grundidee [der NS-Zeit, A.K.] vollkommen den Nährboden entzieht“. 206 Die Jugendherberge verfolgt die Philosophie „Gemeinschaft erleben“. Der Leiter meint hiermit jedoch nicht eine Begegnungsstätte für politische Gesinnungen. Er sagt, er wolle mit dem Gebäude, das automatisch Fragen aufwerfe, und mit der Neugier der Leute arbeiten, um die Historie zu vermitteln. 207 Röder meint, den Gästen bewusst zu machen, dass sie sich an einem historischen Ort befinden, gehe von ganz alleine, wenn man vor diesem riesigen Gebäude steht und den Kontrast zwischen dem weiß der Jugendherberge und den restlichen Gebäudeteilen sieht. 208 Hinsichtlich der Geschichte Proras verfolgt der Leiter nicht das Ziel, diese zu verdecken, sondern ist an der Bildung und Aufklärung der Gäste interessiert. Jedoch auf einer freiwilligen Basis, die auf dem Interesse der Gäste beruht. „In erster Linie sind wir ein Beherbergungsunternehmen.“209 Er wolle auch gerne mit Zeitzeugen 205 Vgl. Brosseit (2011), Interview. Brosseit (2011), Interview. 207 Vgl. Brosseit (2011), Interview. 208 Vgl. Röder (2011), Interview. 209 Brosseit (2011), Interview. 206 46 zusammenarbeiten, jedoch nur, wenn diese „versöhnlich mit ihrer Vergangenheit umgehen“. 210 Mit der Geschichte des Komplexes wird auch nicht direkt geworben. Brosseit geht davon aus, das in der heutigen Zeit die Menschen im Internet automatisch auf die Seiten, die Informationen zu dem KdF-Bad liefern, gelangen. In dem Dokumentationszentrum sieht er einen kompetenten Partner, der über die Historie informiert. Anfangs wurde der Begriff „ehemaliges KdF-Seebad“ verwendet, jedoch wurden Kritiken laut, es würde sich doch vielmehr um ein NVA-Gebäude handeln. Um diesen politischen Diskussionen aus dem Weg zu gehen entschied man sich für die neutrale Bezeichnung „längste Jugendherberge der Welt“. 211 Das angebotene Rahmenprogramm wirkt sehr vielseitig. Die Internetseite ist frisch gestaltet und spricht den Leser mit „du“ an. Bei den Angeboten zu Klassenfahrten wird nicht der Lehrer als Organisator, sondern der Schüler selbst angesprochen, was zeigt, dass hier der Jugendliche als Gast im Vordergrund steht. Der Umgang mit Proras Vergangenheit ist innerhalb des Konzeptes der Jugendherberge locker und ungezwungen. Interessierte haben die Möglichkeit, sich in der Dauerausstellung „Macht Urlaub“, bei Mitarbeitern der Jugendherberge oder im Zusammenhang mit dem entsprechenden Rahmenprogramm zu informieren. Wer einen Strandurlaub ohne dunkle Nazi- und NVA-Geschichte vorzieht, wird nicht dafür verurteilt oder dazu „gezwungen“, sich mit dem Ursprung Proras auseinanderzusetzen. 5.2 Der Obersalzberg in Berchtesgaden Auf dem Obersalzberg in Berchtesgaden entstand in den 30er Jahren sowohl ein Wohnsitz Hitlers aber auch sein zweiter Regierungssitz. Bei dieser Hinterlassenschaft handelt es sich nicht um ein einzelnes Gebäude, sondern um eine ganze Region bzw. eben diesen Berg. 210 211 Ebd. Brosseit (2011), Interview. 47 Hitler kam erstmals noch vor seiner Ernennung zum Reichskanzler im Jahr 1923 nach Berchtesgaden und zum Obersalzberg und nutzte den Ort fortan als Rückzugsmöglichkeit und verfasste hier außerdem den zweiten Teil seines Buches „Mein Kampf“. 212 Später, im Jahr 1928, begann er das „Haus Wachenfeld“ zu mieten uns als eine Art zweiten Wohnsitz zu nutzen, welches er im Jahr 1932 schließlich auch kaufte. 213 Nun kamen auch weitere Mitglieder der NSDAP, wie zum Beispiel Reichspropagandaminister Joseph Goebbels, hierher und der Ort entwickelte sich zu einem Treffpunkt für Parteileute. 214 Im Jahr 1933 begannen Hitler und die NSDAP mehrere Quadratkilometer des Obersalzberges für sich zu beanspruchen. Hierzu wurden sogar mehr als 400 Anwohner umgesiedelt, sodass die Partei Ende 1937 schließlich im Besitz von 54 Grundstücken auf einem zehn Quadratkilometer großen Gebiet war und sich Parteifunktionäre hier ihre eigenen Landhäuser bauten. 215 Ein zweiter Regierungssitz war damit geschaffen, der für die Öffentlichkeit nicht zugänglich war und zum „Führersperrbezirk“ erklärt wurde. 216 In seinem Regierungssitz auf dem Obersalzberg traf Hitler politische Entscheidungen, die er zunächst mit seinen Generälen besprach. So zum Beispiel entschied er hier die Zerstörung der Sowjetunion sowie die Auslöschung Polens. 217 Außerdem empfing er hier in dem 1936 eröffnetem „Berghof“ etliche Staatsgäste, unter anderem den italienischen Diktator Benito Mussolini. 218 Es wurden sogar Gewächshäuser zur Ernährung Hitlers und ein Kino zur Unterhaltung der in der 1937 gebauten SS-Kaserne stationierten Soldaten gebaut. 219 Des Weiteren gab es eine Schweine- und Pferdezucht, Milchwirtschaft und eine Apfelmosterei. 220 Das Kehlsteinhaus (im amerikanischen Raum „Eagle`s Nest“ genannt), welches heute noch intakt ist, bekam Hitler zu seinem 50. Geburtstag geschenkt und diente repräsentativen Zwecken. 221 Die imposante Lage dieses Gebäudes (es befand sich auf 2522 Metern Höhe) übte besonders auf die Amerikaner den Eindruck von Macht 212 Vgl. Speith (2007), S. 3f. Ebd., S. 4. 214 Vgl. Frank (1995), S. 67. 215 Vgl. Speith (2007), S. 4. 216 Vgl. Br-Online Bayrischer Rundfunk (2011). 217 Vgl. Speith (2007), S. 8. 218 Vgl. Schwaiger (2010). 219 Vgl. Hanisch (1995), S. 15. 220 Vgl. Frank (1995), S. 90. 221 Vgl. Speith (2007), S. 5. 213 48 und Überlegenheit aus, obwohl Hitler selbst dort nur selten anzutreffen war. 222 Auch der Standort des Regierungssitzes an sich hatte seine Wirkung. Die Lage inmitten der Natur und Idylle soll Hitler als volksnahen Kanzler und nicht als skrupellosen Diktator darstellen und gleichzeitig durch die hohe Lage Macht und Überlegenheit vermitteln. 223 Während des Krieges sind Berchtesgaden und der Obersalzberg am 25. April 1945 von den Amerikanern bombardiert worden, wodurch bis auf das Kehlsteinhaus alle Gebäude zerstört wurden. Hitler hatte sich in diesem Moment in dem zuvor gebauten unterirdischen Bunkersystem verschanzt. 224 Nach Kriegsende war der Obersalzberg für die Deutschen bis Ende 1949 weiterhin Sperrgebiet. Als dies aufgehoben wurde und auch die Deutschen den Berg wieder betreten durften, entwickelte sich aus ihm ein Reiseziel, das durch seine Natur aber auch durch seine Geschichte die Besucher anzog. In dieser Zeit stand auch die weitere Nutzung des Obersalzberges und der Überreste des ehemaligen Regierungssitzes zur Frage. Ein großer Teil ist bis 1996 von dem amerikanischem Militär genutzt worden, 1952 wurde jedoch das Kehlsteinhaus für den Fremdenverkehr freigegeben. Das Gelände gehört seit 1949 dem Freistaat Bayern. 225 Heute sind von den Residenzen der Parteimitglieder nur noch die Fundamente zu sehen. 226 Das Kehlsteinhaus ist jedoch noch vollständig erhalten, seit 1952 wird es als Berggasthaus geführt, mit Gastronomie und fachlichen Führungen durch das Kehlsteinhaus. 1960 brachte der Freistaat Bayern den Besitz in eine Stiftung ein, sodass die Erträge aus dem Gasthaus nun gemeinnützigen Zwecken zukommen. 227 Am 20. Oktober 1999 wurde auf dem Obersalzberg die Dauerausstellung „Dokumentation Obersalzberg“ eröffnet. Die Idee beziehungsweise der Auftrag zur Eröffnung der Dokumentation entstand durch den Freistaat Bayern, realisiert wurde 222 Ebd. Ebd., S. 7. 224 Vgl. Br-Online Bayrischer Rundfunk (2011). 225 Vgl. Dokumentation Obersalzberg (o.J. a). 226 Vgl. Speith (2007), S. 2. 227 Vgl. Kehlsteinhaus (o.J). 223 49 es durch das Institut für Zeitgeschichte, die die Ausstellung außerdem auch leitet. Träger ist die Berchtesgadener Landesstiftung, betreut wird es durch das Bayrische Staatsministerium der Finanzen. 228 Die Ausstellung beschäftigt sich zum einen mit der Geschichte des Obersalzberges und seiner Bedeutung für den Nationalsozialismus, geht aber auch auf weitere Themen der NS-Zeit ein. 229 Auf der Internetseite der Dokumentation Obersalzberg wird betont, dass es sich um „die weltweit einzige Dauerausstellung, die sich mit allen wesentlichen Themen der NS-Zeit beschäftigt“ 230 handelt. Die „Dokumentation Obersalzberg“ zieht viele Besucher an. Im ersten Betriebsjahr, im Jahr 2000, besuchten 100.000 Touristen die Dokumentation (erwartet wurden 30.000 bis 40.000 Besucher im Jahr) 231, 2007 waren es bereits 176.619 Besucher, was ein Plus von 6,29% zum Vorjahr ausmachte. 232 Im Jahr 2009 waren es 159.934 Besucher. 233 Zudem wurde am 1. März 2005 ein Fünf-Sterne-Hotel, das „Intercontinental Berchtesgaden Resort“ eröffnet. Ins Leben gerufen wurde auch dieses Projekt durch den Freistaat Bayern und durch den damaligen Finanzminister Kurt Falthauser, finanziert hat es die Bayrische Landesbank. Das Hotel befindet sich etwa 200 Meter entfernt von den Überresten des Berghofes von Hitler. Die Kosten für den Bau betrugen 50 Millionen Euro. 234 Gegner der Eröffnung des Hotels bezeichneten den „Bau eines Luxushotels auf dem Obersalzberg [als, A.K.] geschmacklos und eine Enthistorisierung des Ortes“ 235 (Michel Friedmann, ehemaliger Vizepräsident des Zentralrats für Juden). Befürworter argumentierten: „NS-Orte entmystifiziert man am besten, indem man das normale 228 Vgl. Dokumentation Obersalzberg (o.J. b). Ebd. 230 Ebd. 231 Vgl. Dokumentation Obersalzberg (o.J. c). 232 Vgl. Dokumentation Obersalzberg (2007). 233 Vgl. Dokumentation Obersalzberg (2009). 234 Vgl. Schwaiger (2010). 235 Dr. Peter Ramsauer (2005); Schwaiger (2010). 229 50 Leben einziehen lässt.“ 236 (Volker Dahm, Leiter des Instituts für Zeitgeschichte München). Es handelt sich um ein Luxushotel mit Doppelzimmern, Suiten und StudioAppartements mit „modernstem technischen Equipment und einem Design, das höchste ästhetische Maßstäbe setzt“. 237 Auf der Webseite des Hotels gibt es jedoch keinen Hinweis auf die Geschichte des Ortes, lediglich unter der Rubrik „Umgebung & Lage“ 238 wird die Dokumentation Obersalzberg in einem Stichpunkt erwähnt, jedoch nicht weiter auf Hintergründe eingegangen. Laut einem Artikel in der österreichischen Tageszeitung „Die Presse“ bleibt der Erfolg des Hotels aus. 18 Millionen Euro Verlust habe das Hotel bereits gemacht. Auch der Sales-Manager des Resorts, Frank Saller, gab zu, 2009 sei ein schlechtes Jahr gewesen, meinte aber zugleich, das Jahr 2008 wäre „operativ positiv“ gewesen. Auch sei das Hotel in den Sommerferien und über Weihnachten gut gefüllt. 239 5.3 Die NS-Ordensburg Vogelsang im Nationalpark Eifel Die NS-Ordensburg Vogelsang im Nationalpark Eifel ist eine von insgesamt drei geplanten und errichteten Ordensburgen. Eine weitere Ordensburg befindet sich in Sonthofen im Allgäu. Die Ordensburg Krössinsee befindet sich im heute zum Polen gehörendem Teil von Pommern. Sie sind gebaut worden, um den Nachwuchs für die politische Leitung des Dritten Reiches zu erziehen. In der NSDAP kam es 1933 nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler zu Personalmangel, woraufhin Hitler im Juni die Formung des dringend gesuchten Nachwuchses für die politische Leitung forderte. 240 Verantwortlich für die Ausbildung und die Entwicklung eines Schulungssystems war Robert Ley, der im Jahr 1933 ein System von Schulungseinrichtungen entwickelte. 241 Anfangs war das Ziel, Mitglieder, 236 Dr. Peter Ramsauer (2005); Schwaiger (2010). Intercontinental Berchtesgaden Resort (2010a). 238 Vgl. Intercontinental Berchtesgaden Resort (2010b). 239 Vgl. Schwaiger (2010). 240 Vgl. Heinen (2010), S. 20. 241 Vgl. Heinen (2010), S. 20. 237 51 die bereits in der Partei tätig waren, entsprechend der NS-Ideologie nachzuschulen. Der nächste Schritt bestand darin, junge Männer als Nachfolger zu erziehen, um die Herrschaft des NS-Regimes dauerhaft zu sichern. Das Schulungsystem war also, neben der DAF und KdF, eine weitere Aktion, um letztendlich das gesamte deutsche Volk von der nationalsozialistischen Weltanschauung zu überzeugen. Ley formulierte es wie folgt: „… dieser Kampf um Deutschland ist erst dann beendigt, wenn der letzte anständige Deutsche Nationalsozialist geworden ist und die nationalsozialistische Weltanschauung so im Volk verankert ist, dass für Jahrhunderte und Jahrtausende niemand anders den Anspruch auf die geistige Führung Deutschlands erheben kann als die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei.“242 Das von Ley geplante Schulungssystem umfasste drei Stufen und sah einen Beginn der nationalsozialistischen Erziehung mit dem 12. Lebensjahr vor. Vom 12. bis 18. Lebensjahr sollten die Jungen der Hitlerjugend auf den 1937 errichteten Adolf-HitlerSchulen (ASH) die Hochschulreife erreichen und auf den Nationalsozialismus getrimmt werden. Nach Absolvierung des Arbeits- oder Wehrdienstes sollten jährlich 1000 ausgewählte Schüler der ASH eine Ordensburg besuchen. Im Anschluss an eine erneute Auslese folgte die Hohe Schule der NSDAP am Chiemsee, eine Art Parteiuniversität. 243 Auf diese Weise sollte die deutsche männliche Bevölkerung schon vom 12. Lebensjahr an mit der Hitlerjugend beginnend bis hin zur Hohen Schule permanent mit nationalsozialistischem Gedankengut gefüttert und somit erzogen und beeinflusst werden. Mit dem Entwurf für die Gebäude in Krössinsee und Vogelsang, in denen die zukünftigen politischen Leiter geschult werden sollten, wurde Clemens Klotz beauftragt. Schließlich trat jedoch ein weiterer Architekt - Hermann Giesler, der seit Machtergreifung Hitlers Mitglied der NSDAP war - mit einem Entwurf für eine Ordensburg in Sonthofen auf, welcher von Ley angenommen wurde. 244 Für den Standort der Ordensburgen wurden bewusst grenznahe Gebiete ausgesucht. Zum einen verfolgte das Regime hierdurch, ähnlich wie bei den KdFReisen in wirtschaftlich schwache Gebiete, Aspekte der Wirtschaftsförderung. Zum 242 Ley zitiert nach Heinen (2010), S. 21. Vgl. Heinen (2011), S. 78f. 244 Ebd., S. 16f. 243 52 anderen zielten sie darauf, auch die dort lebenden Menschen, die noch nicht so stark von der nationalsozialistischen Weltanschauung beeinflusst waren, für diese zu erwärmen. Auch die im Ausland lebenden deutschen sollten durch die Ordensburgen erreicht werden. 245 Die Ordensburgen sollten ähnlich wie ein Internat aufgebaut sein, mit Unterkünften für 500 Teilnehmer, Versorgungseinrichtungen und Sportanlagen. Im Laufe der Planung entschied man sich für eine Erhöhung der Kapazität auf 1000 Schüler. 246 Später ist den Architekten außerdem auferlegt worden, die Gebäude in Denkmalarchitektur zu entwerfen, wodurch diese letztendlich riesige Ausmaße annahmen. 247 Hierbei wird abermals der für den Nationalsozialismus typische Größenwahn deutlich. Im Jahr 1938 sind die Bauarbeiter der Ordensburgen abgezogen worden, da sie für die Aufrüstung, das heißt für das Heer der Luftwaffe und den Bau des Westwalls, benötigt wurden. So kam es dazu, dass das restliche Personal bis 1942 nur noch Rest- und Sicherungsarbeiten durchführte. 248 Von 1936 bis 1938 sind in der Anlage bereits Nachwuchsführer geschult worden, obwohl die Bauarbeiten noch nicht beendet waren. 249 Auch führte die Partei in dieser Zeit Tagungen in den Burgen durch. 250 Heute ist die Ordensburg Vogelsang die einzige der drei, die öffentlich zugänglich ist. Die Ordensburg Sonthofen wird von der deutschen Bundeswehr genutzt, die Ordensburg Krössinsee ist im Besitz des polnischen Militärs. Auch Vogelsang wurde zunächst militärisch genutzt, von 1946 bis 2005 von britischen und belgischen Truppen. Seit Januar 2006 kann das Gelände, das sich inmitten der Natur im Nationalpark Eifel befindet, besichtigt werden. 251 Die Vogelsang IP GmbH bietet hier diverse Veranstaltungen und Ausstellungen an und arbeitet an einer Entwicklung für eine zukünftige Nutzung des Geländes. Die GmbH betont, dass 245 Vgl. Heinen (2011), S. 23. Ebd., S. 25. 247 Ebd., S. 26. 248 Vgl. Heinen (2011), S. 26. 249 Vgl. Vogelsang IP (2009). 250 Vgl. Heinen (2011), S 31. 251 Vgl. Vogelsang IP (o.J. a). 246 53 sie sich „bewusst von allen ideologischen und indoktrinären Elementen seiner Vergangenheit“252 absetzt. Dabei arbeiten sie daran, über die Ziele und Wirkungen nationalsozialistischer Erziehung aufzuklären und stellen einen Erinnerungsort an die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland dar. 253 Auf dem Gelände befindet sich das Besucherzentrum Forum Vogelsang. Von hier aus finden täglich Führungen durch die Ordensburg statt. Es bietet außerdem Informationsmaterial zur Geschichte, zu der Region und dem Nationalpark an. In einer Ausstellung wird darüber informiert, wie sich das Gelände zukünftig entwickeln soll. Eine weitere im Jahr 2010 eröffnete Ausstellung handelt von „Ferien im Dritten Reich“. 254 Auch eine gastronomische Einrichtung und ein Kino befinden sich auf dem Gelände. Diverse angebotene Veranstaltungen beinhalten nicht nur den Umgang mit der Geschichte, sondern auch Ausflüge in den Nationalpark oder beschäftigen sich mit der Natur in Vogelsang. Sogar ein Open Air Kinoereignis fand 2011 auf dem Gelände statt. Ein Besuch der Ordensburg ist auch Bestandteil vieler Wanderausflüge durch den Nationalpark, auch von größeren Reisegruppen. Die Entstehung des Forums Vogelsang wurde mit gut 40 Millionen Euro von EU, Bund, Land und Region finanziert. 255 Hier zeigt sich, wie auch bei diversen Nutzungsprojekten anderer NS-Relikte, dass die Nutzung der ehemaligen Ordensburg auch Bestandteil politischer Interessen ist. Innerhalb der weiteren Entwicklung des Standortes ist ein Dokumentationszentrum zur NS-Geschichte geplant. Es sind weitere Ausstellungen in Planung, die über den Nationalpark Eifel und die Region informieren. Außerdem soll hier eine Jugendherberge des DJH entstehen. Geplanter Baubeginn ist im Herbst 2011, die Eröffnung ist für 2013 angesetzt. 256 Geplant sind über 200 Betten und zusätzlich 60 weitere Übernachtungsmöglichkeiten in einem Jugendwaldheim. 257 Der Bau der Jugendherberge wurde durch einen Architekturwettbewerb entschieden. 258 252 Vogelsang IP (2007). Vgl. Vogelsang IP (o.J. a). 254 Vgl. Vogelsang IP (o.J. b). 255 Vgl. Vogelsang IP (o.J. a). 256 Vgl. Aachener Zeitung (2011). 257 Vgl. DJH Rheinland (2009). 258 Ebd. 253 54 Auch die Eröffnung eines „Krimi-Hotels“ auf dem Geländer der Ordensburg Vogelsang war im Gespräch. 259 Den Ausbau des Kasernenbaus planten die Projektentwickler Anton Neuberger und Manfred Ernst („E & N“). 260 Zu den Gegnern des Projektes gehörten der Grünen-Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer und der Landesumweltminister von Nordrhein-Westphalen Johannes Remmel (Grüne). 261 Letztendlich ist das Projekt jedoch, aufgrund der Geschichte Vogelsangs, von Remmel und Wirtschaftsminister Voigtsberger (SPD) abgesagt worden. Dabei sei ein Hotel in Vogelsang nicht unerwünscht, nur das Thema „Krimi“ als auch der Standort im Zentrum des Areals wurden abgelehnt. Einen möglichen Standort für ein Hotel sehen die Minister im westlichen Eingangsbereich des Geländes, akzeptable Themen seien „Natur“ und „Geschichte“. 262 5.4 Chancen und Risiken touristischer Hinterlassenschaften des NS-Regimes Nutzung von Die Vorgeschichte ehemaliger NS-Gebäude stellt ein Risiko für deren weitere Nutzung dar. Der Zusammenhang zu den Nazis und Adolf Hitler haftet häufig an diesen Bauten und so ist eine zivile oder gar touristische Nutzung aus Sicht einiger Menschen und aufgrund moralischer Aspekte negativ behaftet. Das Seebad Prora wurde gebaut, um 20.000 Urlauber auf einmal zu beherbergen, aber auch um diese durch die NS-Propaganda zu manipulieren und im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung zu beeinflussen. Die Idee hinter diesem Bau, die vollständige Kontrolle der Bevölkerung durch den Staat, ist aus heutiger Sicht nicht zu unterstützen. Das Reisen ist heute ein freies Gut, in dem jeder selbst bestimmen kann, wohin er reist und welche Aktivitäten er während dem Urlaub unternimmt. Das in einem Gebäude dieser Art nun wieder Menschen ihren Urlaub verbringen, wirft aus diesem Grund moralische Fragen auf. Trotz alledem sind bereits Nutzungskonzepte von NS-Relikten realisiert worden und werden weiterhin geplant, so auch für das Seebad-Prora. 259 Vgl. Aachener Zeitung (2010). Vgl. Heinen (2011). 261 Vgl. Aachener Zeitung (2010). 262 Vgl. Ksta.de Kölner Stadt-Anzeiger (2011). 260 55 Im Folgenden werden die Risiken und Chancen, die sich direkt und indirekt aus der Historie des KdF-Bades ergeben, beschrieben. Als Vergleich werden der Obersalzberg und die NS-Ordensburg Vogelsang herangezogen. 5.4.1 Risiken Die in Abschnitt 4.3.3 (Diskussionen über weitere Nutzung) beschriebenen Beispiele zeigen, dass eine Nachnutzung des Prora - Gebäudekomplexes von vielen Seiten erwünscht wird. Viele Studien beschäftigen sich mit der Entwicklung von Konzepten hierzu, diverse andere Hinterlassenschaften der Nazis werden bereits zivil genutzt. Doch wie jedes neue Projekt, birgt diese touristische Nutzung auch Risiken. Besonders in der Presse wurde auch Kritik an einer Nutzung des „Nazi-Baus“ durch eine Jugendherberge ausgeübt. Auch der Obersalzberg und die Eröffnung des Intercontinental Hotels blieben von negativer Presse nicht verschont. Kritiker unterstellen den Nutzungsplänen, sie würden die Historie übertünchen und seien aufgrund eben dieser unpassend. So bezeichnete Michel Friedmann die Eröffnung des Hotels auf dem Obersalzberg als „geschmacklos“263. Einige ehemalige „Spatensoldaten“, die unter der NVA Arbeiten in Prora verrichteten, warfen den Verantwortlichen der Jugendherberge vor, durch den Bau würde die Vergangenheit übertüncht werden. 264 Das Risiko besteht darin, dass durch eine fehlende Akzeptanz für eine touristische Nutzung diese nicht unterstützt und somit auch nicht nachgefragt wird. Das Intercontinental Hotel auf dem Obersalzberg ist schon vor einigen Jahren, im Jahr 2005, eröffnet wurden, somit lässt sich der Erfolg des Projektes bereits bewerten. Laut eines Artikels von „Die Presse“, der österreichischem Tageszeitung, handelt es sich um einen „Millionenflop“. 265 Die Verluste liegen nach diesem Bericht bereits im Millionenbereich. Das Dokumentationszentrum, das zehn Minuten entfernt vom Hotel liegt, ist im Gegensatz gut besucht und erfolgreich. Ursachen für den 263 Schwaiger (2010). Vgl. Brosseit (2011), Interview. 265 Schwaiger (2010). 264 56 Misserfolg sieht der Autor des Artikels in der fehlenden betriebswirtschaftlichen Betrachtung. Man habe sich ausschließlich mit den moralischen und ideologischen Aspekten beschäftigt. Außerdem sei der Ort zu wenig belebt. Einige Wanderwege und ein kleines Skigebiet seien zu wenig Angebot. 266 Die Historie des Ortes wird innerhalb des Hotelkonzeptes nicht genutzt. Die Internetseite verweist nicht auf die Geschichte, das Dokumentationszentrum wird nur als einzelner Stichpunkt, ohne Angabe von Details, genannt. Einen Zusammenhang zwischen der Buchung eines Zimmers im Hotel und der Geschichte des Ortes sieht Frank Saller, der Sales Manager des Intercontinental Berchtesgaden Resort, nicht. 267 „Die Leute kommen, weil sie ein schönes Hotel suchen“ 268, sagt er. Die fehlende Auseinandersetzung mit der Vorgeschichte des Obersalzberges kann als Schwäche angesehen werden. Der Erfolg des Dokumentationszentrums zeigt, dass das Interesse vorhanden ist und dem Geschäft nicht schadet. Die Gefahr bei Hinterlassenschaften der NS-Zeit liegt auch darin, dass diese sich zu Pilgerstätten von Neonazis entwickeln. Dies kann durch eine Nutzung der Hinterlassenschaften, in dem sie so erreichbar gemacht werden, unterstützt werden. So zeigen Schmierereien und Kritzeleien in den Bunkeranlagen vom Obersalzberg, dass dort Probleme mit Neonazis vorhanden sind. Der Zugang zu den Bunkern wurde erst durch den „Gasthof zum Türken“ ermöglicht, der hier eine weitere Geldquelle sah. 269 Jedoch ist es durch eine Nutzung, die sich dieser Tatsache bewusst ist, auch möglich, Neonazis von diesen Orten fernzuhalten, da eine Überwachung und Kontrolle so eher als in einem ungenutzten Gebäude gewährleistet werden kann. Die NS-Ordensburg Vogelsang wird bereits zivil genutzt, die Eröffnung einer Jugendherberge steht jedoch noch bevor. Die Ausgangssituation ist somit das Gegenteil zur der zuvor geschilderten um den Obersalzberg. Ein Risiko für eine weitere touristische Nutzung dieses Ortes besteht möglicherweise darin, dass die Lage inmitten eines Naturschutzgebietes keine weiteren Freizeitbeschäftigungen 266 Vgl. Schwaiger (2010). Ebd. 268 Saller zitiert nach Schwaiger (2010). 269 Vgl. Schwaiger (2010). 267 57 oder gastronomischen Einrichtungen in unmittelbarer Umgebung bietet. Auch die Tatsache, dass es sich um ein Naturschutzgebiet handelt, könnte Bauarbeiten aufgrund von Auflagen, ähnlich wie bei Denkmalgeschützten Gebäuden, vor Schwierigkeiten stellen. In der Literatur wird hinsichtlich nationalsozialistischer Hinterlassenschaften zwischen Opfer- und Täterort unterschieden. An Opferorten haben Verbrechen stattgefunden, deshalb stehen sie in einem unmittelbaren Bezug zu den Opfern. Ein Beispiel hierfür sind zum Beispiel Konzentrationslager. An diesen Orten werden üblicherweise Gedenkstätten oder Mahnmale errichtet. 270 Täterorte stellen die Orte dar, an denen die Verbrechen geplant und organisiert, jedoch nicht begangen wurden. Opferorte der NS-Zeit stehen mit den Verbrechen der Nazis enger in Verbindung als Täterorte. Der Obersalzberg stellt einen typischen Täterort dar: Verbrechen wurden hier nicht begangen, jedoch geplant und beschlossen, wobei die verantwortlichen „unter sich“ waren. In der Ordensburg wurden junge Männer zu Nachwuchsführern ausgebildet. Die Vergangenheit der Ordensburg, aber auch die des Obersalzberges, ist somit „dunkler“ als die des Seebades Prora. Im Gegensatz dazu beinhaltete der Bau des Seebades fast schon positive Motive, da es auch um Urlaub für die Bevölkerung ging. Der größte Unterschied zum Seebad Prora ist, dass sowohl Ordensburg als auch Obersalzberg tatsächlich vom Hitler-Regime genutzt worden sind. Der Zusammenhang zur NS-Zeit ist somit enger und verstärkt gleichzeitig das moralische Dilemma, welches bei der Nutzung von NS-Relikten eine Rolle spielt. Hier liegt möglicherweise auch eine weitere Ursache für den Misserfolg des Intercontinental Berchtesgaden Resort. Durch die mangelnde Bausubstanz des Gebäudekomplexes in Prora ergibt sich eine Schwäche für eine Nutzung. Der Bau ist sehr instabil, es handelt sich nicht, wie oft behauptet, um einen Betonbau, sondern einem Skelettbau mit Klinkern. Außerdem ist das Gebäude in einer sehr kurzen Zeit errichtet worden, „viel zu schnell“ 271, wie Herr Brosseit anmerkte. Die Blöcke wurden parallel hochgezogen, wobei es darum ging so schnell wie möglich fertig zu werden, was dazu führte, dass viele Wände schief sind. Auch die Fenster sind unterschiedlich groß und mussten handgefertigt werden, die Decken sind nur 10 cm dick und können so nur bestimmten Belastungen 270 271 Vgl. Dahm (2001). Brosseit (2011), Interview. 58 standhalten. Das Bauamt Bergen auf Rügen bezeichnet das Objekt aufgrund seiner Instabilität als Problembau. Alles zusammen verursacht dies Schwierigkeiten beim Aus- und Umbau und infolgedessen auch hohe Kosten, vor denen sich viele Investoren scheuen. Hinzu kommt, dass das Gebäude unter Denkmalschutz steht und so die Bauphase der Jugendherberge strikten Auflagen durch die Denkmalschutzbehörde unterlag, so zum Beispiel hinsichtlich der Fenster und der Farbe des Anstrichs. Dies stellt auch für weitere Investoren und Nutzungsmöglichkeiten Einschränkungen dar, da die Vorgaben stets eingehalten werden müssen. Eine weitere Schwäche hinsichtlich der Nutzung von Prora liegt laut Brosseit darin, dass es sich nicht um ein einheitliches Nutzungskonzept handelt, sondern die einzelnen Blöcke an verschiedene Investoren veräußert worden sind. Ein Gesamtkonzept, in dem sich die einzelnen Einrichtungen gegenseitig ergänzen und somit ein einheitliches Gesamtbild schaffen, wäre wünschenswert. 272 Im Moment stehen die meisten der Blöcke, bis auf den nördlichsten Block mit der Jugendherberge und Block III mit dem Dokumentationszentrum, leer. Dies ist ein weiterer Schwachpunkt, da die Jugendherberge somit isoliert ist und bei schlechtem Wetter nur wenig Ausweichmöglichkeiten zur Beschäftigung der Gäste bieten kann. Ein Rahmenprogramm bietet zwar Beschäftigung bei schlechtem Wetter, doch weitere Möglichkeiten, zum Beispiel von der Jugendherberge unabhängige gastronomische Einrichtungen, liegen in einiger Entfernung. Herr Brosseit zu Gästen, die nach den Schlechtwetteroptionen fragen: „Wenn ihr weg wollt, müsst ihr erstmal irgendwo anders hin, ziemlich weit sogar“ 273. Um die Jugendherberge zu erreichen, müssen Gäste ohne Auto weite Strecken zu Fuß zurücklegen, da sich Bahn- und Busstation in 500 bis 1000 Meter Entfernung befinden. Ursache hierfür ist unter anderem, dass Prora seit Jahrzehnten ungenutzt blieb. Prora ist Ortsteil von Binz, aber jahrelang hat sich niemand mit dem Gebäude beschäftigt, sodass es für die Verantwortlichen, wie zum Beispiel den Binzer Kurdirektor, in weiter Entfernung liegt. Die Jugendherberge ist nun das erste Projekt, das realisiert wurde und durch die steigende Besucherzahl wird nun auch die Binzer Regierung langsam aufmerksam. 272 273 Vgl. Brosseit (2011), Interview. Brosseit (2011), Interview. 59 5.4.2 Chancen Die Jugendherberge gehört zum deutschen Jugendherbergswerk DJH. Die Zugehörigkeit zum größten Anbieter im Bereich Jugendunterkünfte, mit etwa 450 Jugendherbergen in ganz Deutschland 274, ist von Vorteil. Die „Marke“ DJH ist bereits weitgehend bekannt und erfolgreich, wovon die Jugendherberge Prora profitiert und was ein allgemeines Erfolgsrisiko minimiert. So erleichtert das Prinzip der Mitgliedschaft die Akquirierung von Gästen. Durch den Bekanntheitsgrad und das Mitgliedschaftsprinzip weiß der Kunde, was ihn erwartet. Des Weiteren führt das Jugendherbergswerk auch Jugendbergen bei den ehemaligen Konzentrationslagern Sachsenhausen, Ravensbrück und bei Buchenwald. Somit hat der Verband bereits Erfahrung mit Einrichtungen an geschichtsträchtigen Orten, auf die die Jugendherberge Prora zurückgreifen kann. Das das Projekt auch von politischer Seite unterstützt wird, ist eine weitere Stärke. Es wurde durch Landes-, Bundes- und EU-Mittel finanziert und wird vom Sozialministerium gefördert. Daher wird der Staat den Erfolg des Projektes unterstützen und gegebenenfalls vorantreiben. Die Betreiber sind sozusagen nicht auf sich allein gestellt. Die politische Unterstützung zeigt sich auch dadurch, dass der Event Prora ’03 durch die Landesregierung gefördert wurde und die Nutzung als Jugendherberge somit auch vom Land gewollt wird. Die Integration der Jugendlichen und deren Idee zur Eröffnung einer Jugendherberge fanden also auch von politischer Seite aus Zustimmung. Auch die weitere Nutzung der Ordensburg Vogelsang ist durch Gelder (rund 40 Millionen Euro) von EU, Bund, Land und Region finanziert worden, 275 ebenfalls wie die Errichtung des Forums Vogelsang in der ehemaligen NS-Ordensburg. Die politische Unterstützung einer touristischen Nutzung der Ordensburg wird zusätzlich dadurch deutlich, dass die geplante Eröffnung eines Krimi-Hotels lediglich aufgrund des Mottos abgelehnt wurde. Ein Hotel im Allgemeinen sei laut Wirtschafts- und 274 275 Vgl. DJH Jugendherberge.de (o.J. d). Vgl. Vogelsang IP (o.J. a). 60 Landesumweltminister nicht unerwünscht. 276 Ob eine touristische Nutzung eines vorbelasteten Ortes auf Zustimmung stößt, hängt also auch von dem Konzept ab. Die Lage der Jugendherberge wurde bereits schon als Schwäche gewertet. Jedoch lassen sich hier auch Stärken identifizieren. So ist es von Vorteil, dass die Insel Rügen touristisch erschlossen ist und ein beliebtes Urlaubsziel darstellt und die Jugendherberge von den Touristen, die die Insel besuchen wollen, profitiert. In der Umgebung gibt es Sehenswürdigkeiten, die besonders den Sommerurlaubern Beschäftigung und Abwechslung bieten. Die unmittelbare Nähe zum Strand ist ideal für Badeurlauber und stellt eine weitere Stärke dar. Wie im vorherigen Kapitel bereits beschrieben wurde, liegt eine große Schwäche darin, dass Prora jahrelang vernachlässigt wurde. Nun, mit Eröffnung der Jugendherberge und des Zeltplatzes, kehrt wieder Leben in den Bau ein. Über die Sommersaison sind bereits alle 400 Betten der Jugendherberge ausgebucht. Gleichzeitig mit der so ansteigenden Touristenzahl in Prora steigt auch die Aufmerksamkeit seitens der Binzer Regierung. So wurde bereits die infrastrukturelle Anbindung verbessert. Seit dem 16. August hält der Prora Express, eine „Bimmelbahn“ die bis nach Binz fährt, direkt vor der Jugendherberge. Auch die Buslinie soll innerhalb der nächsten Woche bis zum Nordende des Komplexes ausgeweitet werden. Durch das zunehmende Interesse an Prora und der Jugendherberge, können weitere Standortverbesserungen, wie infrastruktureller Ausbau, erwartet werden. Dass es sich bei der Jugendherberge um das erste realisierte Projekt in Prora handelt ist Schwäche und Stärke zugleich. Sie liegt dadurch sehr isoliert, jedoch fehlt so auch direkte Konkurrenz in der Nachbarschaft in Form von weiteren Beherbergungsstätten. Im Gegensatz zur Nutzung bei anderen Hinterlassenschaften, wie zum Beispiel dem Hotel auf dem Obersalzberg, wird die Vergangenheit Proras nicht verdrängt, sondern bewusst innerhalb des Herbergskonzeptes genutzt. Der Gebäudekomplex, der an sich Fragen aufwirft, stellt eine Art Sehenswürdigkeit dar und somit eine Chance, 276 Vgl. Ksta.de Kölner Stadt-Anzeiger (2011). 61 Gäste anzuziehen. Das Dokumentationszentrum wirkt unterstützend für die Nutzung der Geschichte als „Attraktion“ und durch die Zusammenarbeit ergibt sich die Chance für eine Freizeitbeschäftigung für Gäste der Jugendherberge. Auch bei anderen Hinterlassenschaften findet man ein Dokumentationszentrum (Obersalzberg, Vogelsang, Kongresshalle Nürnberg), die Kombination scheint sich also schon in der Vergangenheit bewährt zu haben. Diese Chance ist auch für die Ordensburg Vogelsang und den Obersalzberg vorhanden. An beiden Orten befindet sich ein Dokumentationszentrum, auf dem Obersalzberg noch zusätzlich das Kehlsteinhaus als Attraktion. Um diese Chance in eine Stärke umzuwandeln, muss diese auch genutzt werden, was das Intercontinental Berchtesgaden Resort versäumt hat. Durch die Zusammenarbeit mit dem Dokumentationszentrum und dem Kehlsteinhaus hätte den Gästen ein umfassendes Rahmenprogramm geboten werden können, und das Hotel hätte von den Gästen beider Einrichtungen profitieren können. Für die Eröffnung der Jugendherberge in der Ordensburg Vogelsang steht diese Chance noch offen, eine Zusammenarbeit mit dem Forum Vogelsang ist empfehlenswert. Wie bereits erwähnt, wurde eine touristische Nutzung des Gebäudes häufig gerade aufgrund der Historie kritisiert. Diese ist jedoch, wie die Interviews mit Gästen in Prora und Herrn Brosseit zeigten, häufig nicht präsent oder nur im geringen Maße. Laut Brosseit fehlt besonders bei Familien mit Kindern, die 40% des Gästeklientels ausmachen, die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit des Gebäudes. Auch die Jugendlichen fragen zwar nach der Entstehung des Gebäudes oder besuchen das Dokumentationszentrum, aber abgesehen davon spielt die Historie auch für sie eine untergeordnete Rolle, was die Interview und Aussagen Brosseits bestätigen. Auch die Bewohner Rügens sehen in dem ehemaligen Seebad nicht mehr die dunkle Vorgeschichte. „Die Mauern wurden hier längst freigesprochen von der bösen Idee, die in ihnen steckte.“277 Die Zeit des Nationalsozialismus rückt immer weiter in die Vergangenheit, Zeitzeugen werden seltener und die Geschichte wird, besonders für Jugendliche, zunehmend weniger greifbar. Das moralische Dilemma, das sich für einige durch den Konflikt aus dunkler Geschichte und touristischer Nutzung ergibt, stellt somit kein Risiko dar, da viele Menschen dieses Dilemma nicht empfinden und die Jugendherberge trotz alledem Nachfrage erzielt. 277 Spiegel Online (1996). 62 Im Zusammenhang mit der Vorgeschichte Proras kamen auch Anschuldigungen auf, durch die Eröffnung der Jugendherberge werde diese übertüncht. Der Leiter der Jugendherberge argumentiert dagegen, dass die Strukturen im Inneren des sanierten Gebäudesteiles so weit wie möglich beibehalten wurden. Die Decke sei immer noch die Gleiche, nur anders gestrichen worden, zwei alte Rundbögen seien außerdem beibehalten geblieben. Des Weiteren sei er auch gerne bereit, wie bereits im Konzept der Jugendherberge beschrieben, mit Zeitzeugen zusammenzuarbeiten um so die Geschichte gemeinsam mit den Jugendlichen aufzuarbeiten und nicht in Vergessenheit geraten zulassen. Ein Vorteil für eine touristische Nutzung des Seebad Prora ergibt sich daraus, dass es sich bei diesem Relikt weder um Täter- noch Opferort handelt. In dem Gebäude sind weder Verbrechen begangen noch geplant worden, tatsächlich ist es sogar niemals zu den nationalsozialistischen Zwecken genutzt worden. Im Vergleich zu anderen Hinterlassenschaften, wie zum Beispiel dem Obersalzberg und der Ordensburg Vogelsang, die auch weiterhin zivil genutzt werden, ist die Verknüpfung von Prora mit der Zeit des Nationalsozialismus um einiges geringer. Zu den Verbrechen des Hitler-Regimes besteht genau genommen kein direkter Zusammenhang, wodurch eine touristische Nutzung gerechtfertigt werden kann. Die Gefahr, dass das ehemalige Seebad zu einer Pilgerstätte von Neonazis wird, ist gering. Mit Rechtsradikalen habe die Jugendherberge bzw. der ganze Prorakomplex laut Brosseit keine Probleme. An dem 4,5 km langen Gebäude findet sich keine einzige politisch rechtsgerichtete Schmiererei oder ähnliches. Ziel der Jugendherberge ist es außerdem, „den alten Muff“278 und die Assoziation zum „NaziBau“ aus dem Gebäude zu bekommen. 279 Auch mit dem Gästeklientel seien bisher keine Schwierigkeiten aufgetreten. So wird zum Beispiel auch ehemaligen Fallschirmjägern, die in der Jugendherberge Treffen veranstalten wollen, eine Absage erteilt. 280 Das Personal ist außerdem hinsichtlich des Umgangs mit Neonazis geschult worden. „Den Nazikids höre ich erst mal zu, dann erkläre ich ihnen 278 Brosseit (2011), Interview. Vgl. Brosseit (2011), Interview. 280 Vgl. Brosseit (2011), Interview. 279 63 respektvoll, aber bestimmt, dass eine Jugendherberge nicht ihr Platz ist, weil sie bunt ist.“ 281 Die Mehrheit der Befragten befürwortet die Eröffnung der Jugendherbergen und hält eine weitere Nutzung, auch touristisch, für wünschenswert. Die Aussagen zeigen auch, dass der Wunsch besteht, die Geschichte dabei nicht zu übertünchen. „Prinzipiell ist es ein idealer Ferienkomplex. … Es ist schade drum, das Gebäude verfallen zu lassen, trotz der Historie. … Das Gebäude ist ein Gebäude.“ 282 „So wie es jetzt gerade ist finde ich es eigentlich ganz gut; dass es zum Teil genutzt wird und zum Teil im ursprünglichen Zustand hinterlassen wird. Das man sieht was war, und was vielleicht noch neu daraus entstehen kann.“283 „…das sollte schon noch ein bisschen weiter ausgebaut werden…. Es ist eigentlich schade, dass das Gebäude hier leer steht. Man sollte definitiv ein Museum reinbauen, … dass man sieht, wie es mal geplant war.“ 284 Die vorhanden Akzeptanz einer touristischen Nutzung und der Wunsch nach weiteren Nutzungskonzepten wirken sich positiv auf die Nachfrage selbiger aus. Das zuvor geschilderte Risiko durch die Gegner einer Nachnutzung wird somit minimiert. 6 Zukunftsaussichten und Handlungsempfehlungen Chancen für Touristische Nutzung von Hinterlassenschaften sind vorhanden, aber man muss das richtige Konzept wählen. Die Eröffnung der Jugendherberge Prora ist noch relativ jung, jedoch schon für die Sommersaison des ersten Betriebsjahres ausgebucht. Dies zeigt, dass die Eröffnung erfolgreich zu sein scheint. Doch bei anderen, wie zum Beispiel dem Intercontinental Hotel auf dem Obersalzberg in Berchtesgaden, blieb der Erfolg aus. Ursachen hierfür liegen zum einen in dem Umgang mit der Geschichte. Für den Erfolg einer touristischen Nutzung darf die Vergangenheit des Gebäudes nicht verdrängt werden, sondern der Nutzer muss sich ihrer bewusst sein und in des Konzeptes mit einbringen. So können die Kritiken von 281 Brosseit zitiert nach Finger (2011). Interviewpartner C (2011), Interview. 283 Interviewpartner B (2011), Interview. 284 Interviewpartner D (2011), Interview. 282 64 Gegnern, die eine Übertünchung der Geschichte vorwerfen, entkräftet werden. Hierzu bietet sich eine Zusammenarbeit mit ansässigen Dokumentationszentren oder Dauerausstellungen, die sich mit der Historie auseinandersetzen, an. Im Umkehrschluss wird durch einen touristischen Nutzen die Geschichte zugänglicher und greifbarer gemacht, gerade für Jugendliche, für die diese Zeit schon lange in der Vergangenheit liegt. Wenn es in Prora keine Jugendherberge und Zeltplatz gäbe, würden vermutlich viel weniger Jugendliche, insbesondere aus Eigeninitiative heraus, dort hinfahren und somit nichts über das Gebäude erfahren. Ein Ausflug nach Prora wird durch das Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten attraktiver gemacht. Doch wie bereits in der Betrachtung der Schwächen und Risiken deutlich wurde, fehlt es an Optionen für die Nebensaison, in der Schlechtwettertage häufiger auftreten. Für die Herbst- und Wintersaison liegen bisher auch weniger Buchungen vor. Durch das zunehmende Interesse der Landesregierung Rügen kann an dieser Schwäche gearbeitet werden. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, die Aufmerksamkeit der Politik weiter auf Prora und die Jugendherberge zu lenken und durch Zusammenarbeit und Kommunikation eine Verbesserung der infrastrukturellen Situation zu bewirken. Bei einer touristischen Nutzung von Hinterlassenschaften im Allgemeinen ist auf das Konzept zu achten. Sie ist die Eröffnung eines Krimi-Hotels in der ehemaligen NSOrdensburg Vogelsang thematisch unangebracht, die Eröffnung einer Jugendherberge oder eines Hotels mit Schwerpunkt „Natur“ wird von der Landesregierung akzeptiert und befürwortet. Hinsichtlich der Nutzung ist auch auf den Ursprung des Gebäudes zu beachten. Handelt es sich um einen sogenannten Opferort, wie zum Beispiel ehemalige Konzentrationslager, so ist eine touristische Nutzung unangebracht. Hier bietet sich eine Weiteentwicklung als Gedenkstätte oder Mahnmal an. Der direkte Zusammenhang zur Historie, das heißt wofür genau das Gebäude ursprünglich genutzt wurde, spielt auch eine Rolle. So ist es ein Unterschied, ob in einem Gebäude die Vernichtung der Juden beschlossen wurde (Haus der WannseeKonferenz) oder ob der Bau als Urlaubsort dienen sollte und es außerdem nicht zu 65 einer Nutzung durch die Nationalsozialisten kam. Ersterer ist, im Gegensatz zu Prora, als Ort für eine Jugendherberge kaum vorstellbar. „Brosseits Strategie ist, uralte Probleme durch Humor, Mut und ein bisschen Frechheit zu lösen.“285 Aus den genannten Gründen heraus hält die Autorin eine touristische Nutzung des ehemaligen KdF-Seebad Prora für empfehlenswert und schätzt die Chancen für die Jugendherberge positiv ein. 285 Finger (2011). 66 Anlage 1 - Interview mit Dennis Brosseit Persönliches Interview Interviewpartner: Dennis Brosseit Leiter der DJH Jugendherberge Prora Mukraner Straße, Gebäude 15, 18609 Binz 18.08.2011 Wie ich von der Pressesprecherin des DJH (Frau Röder) erfahren habe, ist die Idee zu dieser Jugendherberge aufgrund eines Events entstanden?! Es gab ja schon einmal eine Jugendherberge hier, und als die dann zu gemacht hat, weil die ganzen Investoren hier Block I und II gekauft haben, ist die Jugendherberge dann geschlossen worden. Und aus diesem Prora’03 Event – mittlerweile sind wir ja schon bei Prora’10 – ist dann die Idee entstanden - weil man gesehen hat, dass hier so viele Jugendliche herkommen. Ergaben sich durch die Geschichte des Gebäudes Herausforderungen oder Probleme bei der Eröffnung der Jugendherberge, die diese erschwert haben? Erschwert hat es persönlich nichts. Vom Bau her natürlich schon - das Gebäude steht unter Denkmalschutz. Dadurch unterlagen wir in der Bauphase und bei der Verwirklichung ganz strikten Auflagen, was die Fenster angeht und die Gestaltung der Fassade. Das hat das Ganze enorm in die Höhe getrieben, da wir die ganzen Auflagen hatten von der Denkmalschutzbehörde. Das hat uns auch bei farblichen Abstimmungen in gewisser Weise in Schranken gewiesen, wir hätten das Gebäude zum Beispiel nicht pink streichen können. Wir mussten dann dieses dezente graugrün wählen – was auch immer es ist. Ich sage immer, es ist mein Chamäleon, weil es sich immer dem Himmel anpasst. Das Schöne ist, wenn die Sonne scheint, wirkt es viel heller als bei schlechtem Wetter, fast weiß. 67 Auch die Fenster sind so alle vom Denkmalschutz vorgegeben worden. Die Fenster sind in diesen drei Unterteilungen, so wie es damals vorgesehen war. Die DDR hat das Gebäude ganz anders genutzt, da sind ganz andere Fenster drin gewesen. Es wurde dann anhand alter Fotos rekonstruiert. Dementsprechend sind die auch alle handangefertigt worden. Das ist eine ziemlich teure Sache. Ansonsten, was die Historie angeht und das Gästeklientel, haben wir so keine Schwierigkeiten. Wir sind uns dem bewusst natürlich, über die Geschichte, über die Idee. Man trifft ja überall auf dieses „KdF-Bad“ oder „ehemaliger Nazi-Bau“ – das konnte man ja auch überall nachlesen in der Presse. Das ist eigentlich das, was nicht gestört hat, wo wir aber die größte Herausforderung sehen. Es war als KdF-Bad gedacht, es wurde ja nie als solches genutzt. Aber egal welche Presse hier hinkam, „Nazi-Bau“ zieht immer das Wort. Und wir möchten dem Ort hier eine ganz andere Note geben. Wir haben gesagt, der Slogan ist „aus grau mach bunt“, aus aktuellem Anlass haben wir dann damals gesagt „aus braun mach bunt“. Und das wollen wir auch machen. Die Jugendherberge selber hebt sich ja auch farblich ab von dem Rest und die Galerie 286 an dem restlichen Block knüpft daran an. Da hat man seit drei vier Jahren versucht, das ans Gemäuer anzubringen, das hat nie funktioniert. Ich hab das jetzt als Sicherheitskonzept mit aufgenommen, weil ich als Pächter eben auch verantwortlich bin für den Rest des Blockes. Und dann habe ich damit argumentiert, dass es das Einsteigen erschwert – wenn da jetzt jemand hineinklettern möchte, dann kann er das nicht. Somit war es dann ein Sicherheitskonzept und keine Kunst mehr und wurde dadurch genehmigt. Klar ist das eine Herausforderung. Einfach diesen alten Muff hier rauskriegen, „Nazi-Bau“ usw. Die Leute, die hier leben, die haben eine ganz andere Vergangenheit, das ist für die mehr die NVA-Zeit – Fallschirmjäger, Spatensoldaten usw. Das ist sehr geprägt hier, das kommt wirklich drauf an. Ich komme zum Beispiel aus Düsseldorf, und als ich denen dort erzählt habe, dass ich jetzt was mit Prora mache, wusste keiner was Prora ist. Den konnte ich nur mit KdF-Bad kommen, das war für die wirklich nur diese Epoche. Andere Freunde die ich habe, aus Greifswald und Berlin, die ihre Jugend 286 An dem restlichen Block V sind mehrere Bilder in Plakatform an die Fassade angebracht worden 68 eben im anderen Teil Deutschlands verbracht haben, denen brauchte ich nur sagen „Ich mach Prora“ und die meinten „Was, das ist ja unglaublich!“ Die wussten komplett was damit anzufangen. Damit habe ich zum ersten Mal auch festgestellt, wie unterschiedlich die Auffassungen sind und die Historien von diesem Gebäudekomplex. Das ist ein und der gleiche Gebäudekomplex - und eine Art von Menschen befasst sich wirklich nur mit der NVA-Vergangenheit und für die Anderen ist es eben das KdF-Bad und der Rest ist für die ein unbeschriebenes Blatt. Weil sie das Wissen darüber eben auch nicht hatten. Das kommt ja jetzt erst über die letzten 20 Jahre hoch, wenn man sich ein bisschen damit beschäftigt. Meine Eltern konnten mit Prora auch nichts anfangen. Und eben sich damit auseinandersetzen, auch persönlich, viel lernen über das Gebäude und auch die Geschichte. Also ich finde das hoch interessant und mir macht das auch sehr viel Spaß und Freude. Ich bin da auch ein sehr offener Mensch, zu mir kann da auch jeder kommen. Wir als Jugendherberge selber haben die Philosophie „Gemeinschaft erleben“, und das möchte ich auch hier. Aber ich möchte nicht, dass das jetzt hier zu einer Begegnungsstätte wird für irgendwelche politischen Gesinnungen – ob links, rechts, oben oder unten, das ist mir egal. Fallschirmjäger, die hier Anfragen, dass sie in der „Kaserne“ übernachten wollen, kriegen genauso eine Absage wie Spatensoldaten. Wir können hier Diskussionsforen einrichten, wo sich alle Parteien treffen - das ja - aber ich möchte nicht Ort werden für politische Gesinnungen oder sonst irgendwas. Ich möchte einfach mit diesem Gebäude, was automatisch Fragen aufwirft – „Wer baut so was Großes, wer macht so was unglaubliches?“ – damit möchte ich arbeiten und kann dann eben auf die Historie dieses Gebäudes hinweisen. Ich versuche mit der Neugier der Leute zu arbeiten, und nicht mit Knüppel drauf und denen einfach zu sagen „Hier ist alles schlecht gewesen“. Weil das kann man so nicht sagen, es kommt darauf an mit welchen Leuten du hier sprichst. Entweder gehst du mit gesenktem Kopf hier durch, wenn du mit einem Spatensoldaten zum Beispiel sprichst, der dir nur über schlechte Sachen berichtet. Geh mal mit einem Oberoffizier XY hier durch, der dir dann erzählt wie schön das hier alles war, direkt an der Ostsee. Wo du dann auf einmal einen ganz anderen Blick kriegst. Und ich glaube man muss das auch einfach akzeptieren, dass dieses Gebäude auch ganz viele 69 persönliche Vergangenheiten beherbergt. Das gehört einfach dazu. Es steht mir auch nicht zu, das zu verurteilen, aber ich kann einfach sagen: „Jetzt ist das hier ein offener Ort, ich möchte nicht das hier das und das passiert“ – das kann ich mir schon erlauben und weise eben auch darauf hin. Wie bei den Fallschirmjägern zum Beispiel, dass ich das eben nicht als geeigneten Ort ansehe, um ein Jahrestreffen zu machen. Das hätte man schon vorher machen können. Ich meine, das Gebäude ist 4,5km lang, da hätten sie sich auch ein anderes Stückchen aussuchen können. Das muss man nicht jetzt machen, weil gerade alles neu und schön wird. Aber die Geschichte soll schon an die Jugendlichen vermittelt werden? Ja klar. Aber richtig damit geworben wird ja nicht, oder? Man liest meist nur „längste Jugendherberge der Welt“… Also was heißt geworben. Wir leben ja auch in einer Zeit, wo jeder alles weiß. Man braucht nur zu „googlen“ und dann ist man drin. „Prora längste Jugendherberge der Welt“ – wird jeder reingucken ins Internet und automatisch kommt er auf die Seiten über die Vergangenheit. Wir haben mit dem Prora-Zentrum einen absolut kompetenten Partner, die sind direkt nebenan. Wir haben Broschüren, aber wir sind in erster Linie ein Beherbergungsunternehmen, das darf man auch nicht vergessen. Ich werde daran gemessen und nicht daran, was ich den Leuten beibringe. Wir sind uns aber absolut bewusst über diesen Ort. Wir haben auch nicht umsonst das Profil „International“ gewählt, weil das absolut konträr ist zu der Grundidee, die hier vorherrschte und warum das Gebäude entstanden ist. Und aus diesem Ort, der einfach nur einheitlich farbig sein sollte, jetzt einen bunten Ort zu machen, mit internationalen Gästen. Die Idee ist, dass wir dahinter in dem Teil des Blockes der noch ungenutzt ist, ein „World House“ eröffnen, in dem wir die Welt darstellen wollen. In jedem einzelnen Raum soll ein Land sich selbst vorstellen können – das ist eine super Idee, das ist ein wunderschönes Projekt, was eben diesem Grundgedanken, der Grundidee, vollkommen den Nährboden entzieht. Und eben alle, die jetzt irgendwie in dieses Horn tuten wollen „endlich wird es genutzt, so wie der Gedanke mal war“ - das ist 70 absoluter Quatsch. Weil wir sind ein bunter Haufen, die Gäste sind bunt. Wie gesagt, die Fragen kommen automatisch. In unserem Anfangsflyer stand noch drin, dass es sich um das ehemalige KdFSeebad handelt. Da dies ein sehr politisches Gebäude ist, kam dann auch direkt „Das ist doch gar nicht KdF, sondern eine NVA-Kaserne.“ Da haben wir dann gesagt, dann ist es eben die längste Jugendherberge der Welt. Man muss in diesem politischen Haifischbecken eben auch gucken, dass man so wenig Eckpunkte wie möglich bietet. Da sind wir ein sehr großes Stück Seife geworden, was man sehr schlecht packen kann – in der Argumentation – das ist aber auch gut. Denn Seife macht sauber und riecht auch zum Glück ganz ordentlich und gut - und dann muss ich mir nicht anmaßen lassen, dass wir in die braune Richtung fließen. Hast du selber das Gefühl, das viele der Jugendlichen an der Geschichte interessiert sind und auch das Dokumentationszentrum besuchen, oder interessieren die sich mehr für Strand und Party? Die Schulen ja. Wir werben auch mit einem spezialen Katalog bei den Schulen. Was die Jugendherberge angeht, da haben wir ein explizit ein Programm „Denk mal Prora“ – weil es eben ein denkmalgeschütztes Gebäude ist – und da gehen wir mit diesem Programm ganz speziell auf die Historie ein. Ansonsten, wenn du jetzt hier auf dem Zeltplatz oder in der Jugendherberge nachfragst jetzt im Sommer, wollen die Leute an den Strand. Es ist „Eins-aOstseelage“, keine Straße dazwischen, 50 Meter zum Strand – es ist super. Die Leute wollen Strandurlaub machen – im Sommer. Die interessiert das nicht, die fragen nebenbei „Was war denn das?“. Das hat sich jetzt so ergeben, das konnte man ja auch nachlesen in der Presse. Da war ein Jugendlicher dabei, das fand ich ein ziemlich cooles Statement, der hat gesagt: „Was interessiert mich das, ich will jetzt an den Strand’. Das passt auch schon ein bisschen zu der Einstellung – das wollen wir auch nicht von der Hand weisen. Wie gesagt, hier nur einen nachdenklichen Ort draus zu machen ist auch gar nicht das Primärziel. Sondern wir wollen ja beides. Wir wollen schon ein Hot Spot werden, aber eben auch mit dem Wissen, was wir hier für eine Verantwortung haben aufgrund der Historie des Gebäudes. 71 Ist dir der Begriff „Dark Tourism“ bekannt? Ja. Denkst du das Prora dem Dark Tourism zugeordnet werden kann, dass es dazu gehört? Gar nicht, überhaupt nicht. Das war die große Sorge natürlich auch, zum Beispiel zur Eröffnung. Weil dann wirklich die Presse so enorm war. Ich hab dann auch etwa naja nicht provoziert, aber ich steh eben zu meiner Meinung und möchte das auch tun. Ich hatte den NDR gebeten eine Reportage abzubrechen, weil sich mich nach dem zehnten mal Fragen „Nazi-Bau“ - die haben hier die Bauabnahme mitgefilmt - da hab ich gesagt „Leute, wir wissen es, wir sind nicht dumm. Wir wollen jetzt aber auch nicht so ein reißerisches Thema werden. Ihr kennt unsere Meinung, ihr kennt mein Statement. Ich sag es noch mal, auch in eure Kamera, wir machen aus braun bunt“. Da hab ich ziemlich tough auch Stellung zu bezogen. Da hab ich dann auch gedacht, mit der Eröffnung kommt dann vielleicht auch die ein oder andere böse E-Mail oder sonst irgendwas aus der Richtung – aber gar nichts, überhaupt nichts. Dann eher von den Fallschirmjägern, die nerven… Die nerven inwiefern? Die rufen hier an. Wir sind jetzt im Moment mit einem Anwalt zugange. Die wollen hier so etwas wie eine Jahrestagung oder ähnliches abhalten. Aber sie sind nicht gegen die Eröffnung der Jugendherberge? Nein. Die rufen halt an. Die haben hier alt gedient und wollen hier einen Gedenkstein legen. Und da haben wir gesagt „Nein auf keine Fall“. Das können und wollen wir nicht, das Gebäude ist politisch auch so schon vorbelastet und das können wir nicht. Wir als DJH wollen nicht dienlich sein für solche Interessen. Dann kommen die halt an und sagen „Wir wollen hier in der Kaserne übernachten“. Dann sag ich „Na hören Sie mal, wer sind die denn?“. Das sind so Ewiggestrige, die schwören noch immer auf die alte Verfassung der DDR, auf den Tod sogar. Wir haben denen eine Absage erteilt und dann haben die sich hier privat irgendwie reingeschlichen. Auf einmal haben wir dann mitgekriegt, dass sie – und das heißt 72 wirklich so – einen Einberufungsbefehl an die Mitglieder des Fallschirmjägerbataillons verteilen. Daraufhin haben wir sie dann noch einmal angeschrieben und mitgeteilt, dass sie hier nicht reinkommen. Wenn sie in Flip Flops und Badehose vor mir stehen, dann ja, aber kein T-Shirt, kein gar nix, wo irgendwas draufsteht. Das ist mir dann auch egal ob es links oder rechts ist, das kann und möchte ich nicht. Da sind wir auch rigoros und die Einstellung haben wir auch kundgetan über die Presse. Wir haben auch gesagt, dass die DDR ein Unrechtsstaat ist, auf einer riesigen Pressekonferenz auf der ITB. Wir haben da ziemlich viel gemacht. Wurdet ihr auch für die Eröffnung der Jugendherberge direkt, für diesen Nutzen, kritisiert? Hat sich jemand dagegen geäußert? So etwas gibt es immer. Wenn du was Großes machst, was groß in der Öffentlichkeit steht, gibt es immer welche die kritisieren. Ein paar Bausoldaten haben gesagt, wir würden etwas übertünchen, indem wir jetzt hier einfach nur einen Trockenbau rüberzimmern. Ich bin mit einem dieser Kritiker hier durchgegangen, sehr offen. Ich habe ihn auch zu einem Gespräch eingeladen. Er war sehr angetan davon und war erstmal froh, dass er überhaupt hier hinkommen darf. Ich war dann auch mit ihm auf seinem alten Zimmer. Und das sind dann eben auch so Sachen wo ich sage, wir wollen ja auch mit dem Gebäude arbeiten und wir wollen auch mit diesen Menschen zusammenarbeiten. Was gibt es schöneres für Schüler als einen originalen Zeitzeugen, der etwas zu berichten hat? Aber ich muss eben auch darauf achten, dass das eben nicht nur in eine Richtung geht. Also wenn ich mir jemanden für so ein Seminar aussuche, dann hätte ich auch gern jemanden, der versöhnlich mit seiner Vergangenheit umgeht. Dieser Herr konnte das nicht, und der ist es dann auch nicht geworden. Sondern es war dann einer, der hier stand und sagte „Ich hab hier ein scheiß Zeit gehabt, die gehört aber mit zu meiner Vergangenheit. Und das, was jetzt hier passiert, finde ich gut. Ich finde auch gut, dass jetzt Jugendliche hier hinkommen und sich damit auseinandersetzen können wenn sie möchten. Ich erzähle gerne davon, damit so was nicht noch einmal passiert.“ Da hab ich überhaupt nichts gegen einzuwenden. Aber wenn hier einer ist, nur „anti anti“ und sagt „Ich bin gegen das Vergessen, wenn ihr hier jetzt noch irgendwas übertüncht...“ Das machen wir ja nicht. Wir haben innen drin die alten Strukturen 73 belassen. Die Decke ist immer noch die alte Decke die sie damals war, nur eben jetzt in weiß. Man sieht überall die Schalenbretter noch. Wir haben zwei alte Rundbögen noch in zwei Zimmern drin, die damals von den Baudsoldaten gebaut worden sind. Das ist noch gegenwärtig. Wir haben eine kleine Galerie, die ist geplant. Also von daher…. Sind die Zimmer, so wie sie heute in der Jugendherberge sind, genauso groß wie damals geplant? Ganz, ganz früher hieß es ja ein Fenster ein Zimmer, etwa 12,5 m2. Das DDRRegime hat damals die Wände rausgerissen und hat dann daraus zwei Fenster pro Zimmer gemacht. Sie sind jetzt knapp 25m2 groß, das ist OK. Das tolle ist, sie sind alle Richtung Meer ausgerichtet. Der Architekt, Klotz, hatte sich das damals ausgedacht - und das kann man nicht verhehlen, das war eine gute Idee. Das war sehr fortschrittlich. Die Idee, die hinter diesem Bau steckte, die kann ich gar nicht befürworten, diesen Urlaub für zwanzigtausende und für die Nationalsozialisten überhaupt nicht. Da bin ich auch absolut „Anti“ gegenüber eingestellt. Wie gesagt, die Architektur ist toll durchdacht gewesen, das muss man einfach sagen. Die großen Liegehallen für schlecht Wetter und so weiter, das war damals sehr fortschrittlich und sehr modern. Das Gebäude ist ja auch ziemlich schnell aufgebaut worden… Ja, viel zu schnell. Man sagt ja auch immer, es ist gebaut worden für alle Ewigkeit. Aber das stimmt nicht. Das Ding ist total instabil. Damals konnte man es nicht sprengen. Die Russen wollten es nicht sprengen, die haben immer nur ihre Übungen da dran gemacht und dagegen geschossen und da ist es halt stehen geblieben. Es war eine sehr moderne Art zu bauen damals. Man hat diese Skelettbauweise angewandt und hat dann dazwischen geklinkert. Es ist ja auch kein Betonbau, so wie es immer gesagt wird. Es sind überall Klinker dazwischen und das ganze wurde grau verputzt. Die Deckendicke ist nur 10cm. Das hat uns beim Bau der Jugendherberge vor Schwierigkeiten gestellt. Eigentlich sollte sie doppelt so lang werden, und als man angefangen hat die ganzen Substanzen zu testen, hat man sofort entschieden sie nur zur Hälfte zu realisieren. Denn die Dicke der Decke ist 10cm, das heißt die Nutzlast pro Quadrat liegt bei gerademal150kg. Das reicht für Wohnraum aus, aber wenn ich jetzt zum Beispiel eine Galerie daraus machen möchte, brauche ich 500kg 74 pro Quadrat. Ein Beispiel: Der Tresor in meinem Büro wiegt 450kg. Den durfte ich nicht überall hinstellen. Wir haben dann extra nachgemessen und zusätzlich einen Stahlträger eingezogen, damit dieser Safe da stehen kann. Wir haben Gussasphalt gelegt, auf allen Etagen, denn der ist leichter und dämmt für seine Leichtigkeit ziemlich gut. Aber normaler Essstrich wäre zu schwer gewesen. Da denkt man dann natürlich, dass hat man damals ziemlich gut mit der Propagandamaschine angekurbelt. Das war ja auch so eine Art Wettrennen, man hat ja die Blöcke parallel hochgezogen, wer am schnellsten fertig war. Dementsprechend ist das alles krumm und schief, das sieht sehr symmetrisch aus aber wenn man jetzt hier durch das Gebäude durchgeht, kann man es an den Beschilderungen erkennen. Die sind in den Querkämmen an den original Wänden angebracht und sind total wellig. Das ist halt nicht ausgeblieben, wenn man schnell was hochzieht. Auch die Fenster - es sind 820 Fenster - die sehen sehr symmetrisch, aus aber sie sind unterschiedlich groß. Und dadurch hat man sie mit der Hand anfertigen müssen. Sehr kompliziert. Wo siehst du selber Chancen und Risiken der Jugendherberge? Ich fang mal mit den Schwächen an, ich find das schöner wenn ich dann mit den Chancen abschließe. Die Schwächen liegen hier natürlich erstmal in der Bausubstanz. In der Vorgeschichte natürlich auch, weil dieses Wort „Nazi-Bau“ haftet hier dran, und viele sagen „Und hier jetzt Urlaub machen…“. Dazu kommt, dass es seit Jahrzehnten ziemlich stiefmütterlich alles brach liegt. Also kein richtiges Konzept hat gepackt. Wir sind jetzt das erste Objekt hier, das realisiert wurde. Wir müssen alles selber machen, wir müssen die Leute komplett selbst versorgen. Küche, Cafeteria - all das, weil hier gibt’s nichts drum rum. Die Infrastruktur ist gräulich bis gar nicht. Seit Vorgestern haben wir endlich Anbindung mit dem Prora Express nach Binz, das ist so ein Bimmelbähnchen. Jetzt irgendwann nächste Woche will die Buslinie auch endlich dazu kommen. Das hört alles dahinten irgendwo auf, 500 Meter in die andere Richtung hört das alles auf. Das ist absolut nie beobachtet worden. Wir zahlen auch keine Kurtaxe hier. Also wir sind ja ein Ortsteil von Binz, aber der Kurdirektor sagt 75 immer „ihr da unten“. Wir sind wirklich ganz weit weg gewesen für die. Jetzt aber, wo die ganzen Leute da sind - 400 Zimmer, komplett ausgebucht – jetzt weckt das natürlich Begehrlichkeit. Nichtsdestotrotz hat das natürlich anfangs Schwierigkeiten gemacht. Wir mussten dann auch einfach auf die Frage „Ja was machen wir denn bei euch, wenn schlechtes Wetter ist?“ zugeben: „Wir unterhalten euch, wir bieten euch dies und das, aber wenn ihr weg wollt, dann müsst ihr erstmal irgendwo anders hin, ziemlich weit sogar.“ Da hilft es auch nichts, dass wir direkt am Meer sind. Ansonsten hilft das, womit wir uns jetzt auseinandersetzen – du jetzt wegen deiner Arbeit, ich weil mein politisches Interesse schon vorher vorhanden war. Die Historie dieses Gebäudes, die NS-Vergangenheit usw., hilft uns eigentlich hier bei den normalen Gästen. Unser Kundenklientel besteht aus 40% Schulen, 40% Familien und der Rest Individual- und Kleingruppen. Es ist halt bei Familien und Kinder - ich will nicht sagen kaum noch gegenwärtig - aber die setzten sich damit nicht auseinander. Die haben ihre wirtschaftlichen Sorgen, die man im Moment überall liest. Die bringen ihren Alltag mit hierher, und da ist diese Epoche einfach nicht mehr präsent. Ich finde das auf der einen Seite erschreckend, auf der anderen Seite – als Beherbergungsunternehmen – sage ich: „OK, passt“. Von daher kriegt man wenig davon mit. Den Leuten rückt das ins Bewusstsein, wenn die eine Führung machen mit dem Prora-Zentrum. Ansonsten ist das für die hier so ein großer grauer Klotz, wo wir an einem Ende von 150 Metern irgendwie was Schönes gemacht haben – was Schönes und was Gutes. Endlich mal was Gutes, weil für die das hier eine Ruine ist. Die Leute denken eher an „Was macht man mit so einem Betonklotz? Der ist ja schon total kaputt“. Entweder die interessiert das nicht oder die wissen das nicht. Also das sind die typischen Fragen. Da kommt nur ganz wenig in Richtung „Der Belzebub von damals der hier so lebte“ - das kommt gar nicht. Das kommt von so ein paar Älteren – das muss man auch einfach so sagen – von denen kommt das. Ansonsten ist da jetzt in den Sommermonaten wenig gewesen. Ist das eine Schwäche? Das ist keine Schwäche. Ich glaube, damit bin ich ganz elegant von der Schwäche in das Positive gerückt. 76 Die Schwäche ist wirklich einfach, dass der Rest hier brach liegt von diesen 4,5km, dass die Leute erstmal die 4,5km ablaufen müssen, um zu uns zu kommen. Aber die anderen Blöcke sind teilweise auch schon verkauft, oder? Genau, Block I und II sind verkauft, da sind jetzt ein paar Investoren am arbeiten, dass die das realisieren können. Block III ist auch verkauft, da haben sie aber noch nicht angefangen. Da ist jetzt noch das alte Dokumentationszentrum drin, das haben die damals zu Wendezeiten ausgenutzt, dass da noch keiner wusste was aus dem Gebäude wird. Da gibt es so ein Wort wie „Zwischenlösungsbau“ – es gab zur Wendezeit immer so Zwischenlösungen, das war so ein Kompromiss zwischen „solange wir noch nicht genau wissen, was daraus wird, können wir Zwischennutzungen machen.“ Das haben die alle gemacht dahinten und drauflos gezimmert. Wenn man jetzt hier die ganzen modernen Wohnelemente und Bauvorschriften umsetzen würde, müsste man das alles abreißen, das würde ja gar nicht gehen. Aber es ging eben mit diesem „Zwischennutzungsbau“. Block IV wird jetzt verkauft, da sucht man auch einen Investor. Eine Schwachstelle ist einfach, dass das Ding filetiert wurde, dass es kein Gesamtkonzept gibt. Man hätte das als ein Gesamtkonzept wundervoll verkaufen und nutzen können. Es gab damals ein sehr gutes Konzept. Das wurde dann zerredet, auch politisch ziemlich klein gemacht. Es war eigentlich ein sehr gutes Konzept, es hatte alles beinhaltet: Sport, Wellness, auch so was wie eine Kurklinik, was ja perfekt wäre. Ich meine, es sind ja 4,5km. Hätten wir jetzt nebenan eine Klinik, wüsste ich, ich hätte im Herbst so viele Familien am Wochenende, die ihre Großeltern in der Klinik besuchen. Und warum wurde dieses Konzept nicht realisiert? Man hatte am Ende Angst vor dieser Investition, das waren einfach Unsummen. Dann war das auch sehr politisch, man hatte auf einmal in bester Strandlage ein Terrain von unglaublichen Hektaren. Wir als DJH haben hier allein fast 45 Hektar. Das stellte eine Konkurrenz dar zu den ganzen Urlaubszentren. Und dann haben Reiseveranstalter, Politiker und die ganzen Zentren dagegen gewettert, denn es ist ja in erster Linie Konkurrenz. Da haben dann die ganzen Interessengruppen dran gezogen und es wurde zerredet und klein gemacht. Damit hat man eine ziemlich 77 große Chance vertan – also das sehe ich jetzt so. Man hätte daraus wirklich einen gigantischen Freiraum schaffen können. Man hat hier unglaubliche gestalterische Möglichkeiten. Ich habe gelesen, dass das Dokumentationszentrum sich nicht mehr hier befindet. Stimmt das? Noch sind sie da. Der Block wurde verkauft und die sitzen da eigentlich auf Abruf. Wenn der Investor kommt und sagt wir fangen jetzt an dann müssen die da raus. Aber das ist auch schon seit Jahren so. Die warten halt da und sitzen auf Abruf, aber das ist schon seit vielen Jahren so. Die Investoren waren jetzt auch bei uns und haben geschaut was wir so machen. Aber man muss auch sagen, dass das Bauamt Rügen von einem Problembau spricht, weil es eben nicht so, wie alle immer gesagt haben, für die Ewigkeit gebaut wurde. Das stellt jeden Investor vor unglaubliche Aufgaben. Habt ihr Probleme mit Neo-Nazis? Überhaupt nicht. Bei anderen Hinterlassenschaften liest man häufig von eingekratzten Hakenkreuzen oder rechtsgerichteten Schmierereien… Nein, du kannst hier die ganzen 4,5km ablaufen und wirst nichts finden. Es gibt eine kleine Szene hier in Sassnitz. Die lassen in Schweden irgendwelche Broschüren drucken und kommen dann mit der Fähre hier rüber. Das ist aber eine ganz klitzekleine Szene, die lassen sich hier nicht blicken. Und die sind auch schlau genug in diesem Fall die Kappe zu halten, weil sie es wahrscheinlich weiterhin nutzen wollen, mit der Fähre hin und her zu fahren. Aber hier kannst du entlanglaufen bis nach Binz und wirst nichts finden. Das Einzige, was du findest, sind regimekritische Äußerungen zur DDR oder so coole Sprüche wie „the only good system is the sound system“. Das finde ich aber auch schön. Ich glaube, es würde eher ein Mekka für linksgerichtete werden, die gegen Systeme sind - weil sich das hier eben alles widerspiegelt, was totalitäre Regime machen wollten, dieser Wahn. Und jetzt zu sehen, dass dieser Wahn hier bröckelt, ist für einen Linken total cool. 78 Anlage 2 – Interview mit Interviewpartner A Persönliches Interview Interviewpartner A: Gast der Jugendherberge 18.08.2011 Wohnen Sie in der Jugendherberge? Ja. Wie sind Sie auf die Jugendherberge aufmerksam geworden? Warum haben sie die Jugendherberge als Unterkunft gewählt? Ich bin öfters in Jugendherbergen, denn ich bin Mitglied beim DJH. Und ich wollte einfach mal nach Prora, wegen dem Gebäudekomplex. Kennen Sie die Geschichte des Gebäudes? Ja ich kenne die Geschichte, ich bin ja aus der DDR. Hier war ja schon einmal eine Jugendherberge drin, in den 90ern, da waren wir auch schon einmal hier. Und mein Partner war hier mal bei der Armee. Was assoziieren Sie mit Prora und dem Gebäude? Können Sie drei Schlagworte nennen, die Ihnen als erstes einfallen? Nazi Adolf Hitler Haben Sie das Dokumentationszentrum besucht? Ja. Denken Sie bei der Besichtigung des Prora-Gebäudes auch an die Verbrechen der NS-Zeit? 79 Ja. Obwohl hier niemand umgekommen ist, empfinde ich Unwohlsein. Anlage 3 – Interview mit Interviewpartner B Persönliches Interview junges Paar, Nicht-Gäste der Jugendherberge 18.08.2011 Wohnt ihr in der Jugendherberge? Nein. Ist euch die Geschichte über dieses Gebäude bekannt? Was wisst ihr darüber? Es wurde eigentlich als Freizeitanstalt errichtet für die Bürger des NS-Regimes, „Kraft durch Freude“. Und dass es während des Krieges auch als Lazarett hätte umgewandelt werden können, deswegen ist es auch so groß und lang, damit die Soldaten versorgt werden können. Was haltet ihr davon, dass hier jetzt eine Jugendherberge eröffnet wurde? Es hat zwei Seiten. Auf der einen Seite besteht die Möglichkeit, die Geschichte dadurch zu erhalten. Auch dadurch das man im positiven Sinne etwas positives über etwas negatives schreibt, ohne das Negative zu vergessen in dem Moment. Dass man es nutzt, um etwas nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, die Geschichte des Gebäudes. Findet ihr es wichtig, Hinterlassenschaften des NS-Regimes weiter zu nutzen? Oder sollten diese Gebäude eher abgerissen werden? Also, so wie es jetzt gerade ist finde ich es ganz gut, dass es zum Teil genutzt wird und zum Teil im ursprünglichen Zustand hinterlassen wird. Das man sieht was war, und was vielleicht noch neu daraus entstehen kann. Habt ihr das Dokumentationszentrum besucht? 80 Nein Wenn ihr vor dem Gebäude steht, denkt ihr an die Verbrechen der NS-Zeit? Was assoziiert ihr mit dem Gebäude? Ich persönlich hab da nicht dran gedacht, ich hab an die Zeit gedacht und hab mich eher gefragt, wie sich die Leute gefühlt haben, die hierher gefahren sind. Oder wie man sich allgemein in der Zeit gefühlt haben muss. Ich meine, es wurde für die Bürger errichtet, ob man vielleicht auch stolz empfunden hat oder auch Freude. Die Verbrechen direkt, dass verbinde ich mit dem Gebäude nicht. Wie sollte man deiner Meinung nach mit Hinterlassenschaften des NS-Regimes umgehen? Sollte man sie nutzen, um an die Zeit zu erinnern? Naja, wenn es einfach nur ungenutzt dasteht ist es auch eine Art Denkmal, aber…. Abgerissen werden sollten sie nicht, es sind Zeitzeugen, die stehen bleiben sollten. Kennt ihr weitere Hinterlassenschaften des NS-Regimes, die heute genutzt werden (außer Konzentrationslager) Nein, da fällt mir nichts ein. 81 Anlage 4 – Interview mit Interviewpartner C Persönliches Interview Zwei Jugendliche, Gäste des Zeltplatzes 18.08.2011 Warum habt ihr diesen Zeltplatz ausgewählt? Seid ihr mit der Klasse hier? Beide: Nein. Wir haben eine Radtour gemacht hier hoch. Wir haben uns vorher informiert, und haben uns für die Jugendherberge hier entschieden, weil es einfach eine Jugendherberge ist. Und wegen dem Essen, also dem Frühstück, dem Strand und den Duschen. Es war auch ein günstiges Angebot, hat alles gepasst. Ist euch die Geschichte des Gebäudes bekannt? Beide: Ja, na klar. Deswegen auch. Das wussten wir auch vorher. Wir wollten das gerne mal sehen, sind unter anderem auch deswegen hier. Wir wussten aber erst, nachdem wir schon gebucht hatten, dass das Gebäude hier renoviert wurde. Junge: Ich hatte es vor Jahren schon einmal gesehen. Was wisst ihr über die Geschichte? Junge: Es ist ein ehemaliges KdF-Gebäude gewesen. Es sollte eine regelrechte Urlaubsmaschine werden, während der Nazi-Zeit. Mädchen: 20.000 Urlauber. Junge: Das wusstest du vorher aber nicht. Mädchen: Ja das stimmt. Wir haben uns schon informiert. Also wart ihr auch schon in dem Dokumentationszentrum? Beide: Ja wir waren im Dokumentationszentrum. Es ist halt nie fertig geworden. Mit Kriegsanfang haben sie es abgebrochen und nur als Lager usw. genutzt. Es ist dann 82 eigentlich schrittweise verfallen. Nicht mehr genutzt worden. Es sollte auch noch viel größer werden. Was habt ihr aus dem Dokumentationszentrum mitgenommen? Welche Emotionen, wie fühlt man sich nach dem Besuch? Junge: Ich fand es äußerst interessant. Auch die Ausstellung über die Bausoldaten, mein Vater selber betraf. Er war auch Bausoldat. Ich wusste nicht allzu viel drüber. Ich fand es sehr interessant. Ich fand auch die logistische Meisterleistung unglaublich, dieses Ding zu bauen. Vor allem auch zeitgleich. Auf 4km Länge so ein riesiges Gebäude zu bauen ohne die heutige Technik. Mädchen: War nicht ganz durchdacht vor allem, denk ich mal. Das 20.000 Leute hier oben Urlaub machen sollen. Junge: Naja doch. Mädchen: Aber wir haben schon geredet, wir finden das sollte schon noch ein bisschen weiter ausgebaut werden. Also seid ihr auch dafür, dass das Gebäude weiterhin genutzt wird? Mädchen: Es ist eigentlich schade, dass das restliche Gebäude hier leer steht. Man sollte definitiv ein Museum reinbauen, und sich die Räume auch mal innen angucken können. Also das man einfach mal durchlaufen kann, und mal gucken, wie das so geplant war. Das hätte ich mir so ein bisschen gewünscht. Und das es noch mehr ausgebaut wird. Junge: Genau, denn prinzipiell ist es ein idealer Ferienkomplex. So nah am Strand. So wie sie das mit der Jugendherberge gemacht haben finde ich das schon sehr gut. Es ist schade drum, das Gebäude verfallen zu lassen. Trotz der Historie. Das ist ja eigentlich egal. Das Gebäude ist ein Gebäude, und es ist ein schöner Ort, eine schöne Gegend, die touristische das Ganze auch gebrauchen könnte. Was assoziiert ihr mit dem Gebäude? Denkt ihr auch an die Verbrechen der NSZeit? 83 Junge: Also ich assoziier eigentlich mehr oder minder damit diese Manipulation des Volkes. Die Verbrechen an sich assoziier ich eher nicht damit, weil es vor dem Krieg entstanden ist. Mädchen: Es war ja eigentlich zur Unterhaltung gedacht, und zur Freude. Und auch zur Bespaßung. Und ich assoziier damit auch nicht die Verbrechen. Wir sind hier im Urlaub. Junge: Ich hab immer nur ein Problem mit dieser Manipulation des Volkes gehabt, mittels der Propaganda und eben auch mittels des Baus. Das ist das Eigentliche, worüber ich mir bei dem Besuch Gedanken mache. Aber an sich hat das Gebäude für mich nichts mit dem Holocaust zu tun. Es gibt auch keinerlei Spuren. Gut, es ist als Gefangenenlager genutzt worden, teilweise während des Krieges, aber auch nur im kleinen Rahmen. Das war jetzt hier kein Konzentrationslager. Und dementsprechend ist es kein Zeichen der Nazi-Verbrechen, es ist einfach nur ein Riesenhotel. 84 Anlage 5 – Interview mit Kathrin Röder Telefonisches Interview Interviewpartner: Kathrin Röder Marketing/Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des DJH-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. Charles-Darwin-Ring 4, 18059 Rostock 05.08.2011 o Es gab mehrere Jugendevents: Prora `03, Prora `06 und Prora `10 o Prora `10 fand auf Jugendzeltplatz der DJH statt (Zeltplatz seit 2007 vorhanden) o Beim Jugendevent fanden Workshops usw. statt und auch Diskussionsrunden mit Jugendlichen zum Thema zukünftige Nutzung der Prora-Anlage o Idee der Jugendlichen bzw. sogar Forderung, eine Jugendherberge in Prora zu eröffnen und den Block damit wieder zu beleben o War auch von politischer Seite aus gewollt, als Stätte für Austausch und Bildung o Förderungsprogramm des Sozialministeriums o Block mit Jugendherberge gehört dem Landkreis Rügen o Finanziert durch Landes-, Bundes- und EU-Mittel o Bauleitung ist Landkreis Rügen o Bei damaliger Jugendherberge gab es nur jährliche Vertragsverlängerungschlechte Voraussetzung, deswegen weg o Alle Blöcke sollen verkauft werden bzw. sind schon verkauft o Block I und II gehört einem Investor: Herrn Busch (oder so ähnlich), der Hotel etc. bauen will o Block III auch schon veräußert o Block IV stand grad zur Versteigerung 85 o aber es passiert nichts, Herr Busch der Einzige, der mal kommt und plant, aber noch nichts in Aktion getreten o Bildungsstätte (vom Prora-Zentrum aus) hat sich beworbenBildungsstätte hat gewonnenwird also kommen o DJH will auch Geschichte des Anlage nutzen, um Jugend zu bilden (durch Bildungsprogramme für Jugendliche wollen sie sich auch von anderen Hostels abheben) o hat aber selber nicht nötige Expertise, deswegen inhaltliche Zusammenarbeit mit Prora Zentrum (nebenan)bieten Programme an o Frage: Wie machen sie Gästen bewusst, dass sie sich an historischem Ort befinden? o Antwort: Das Bewusstsein, dass man sich an historischem Ort befindet, kommt von ganz allein, wenn man vor dem Gebäude steht, den Kontrast vom Weiß der Jugendherberge zum Rest o Ist auch eine Art Pflicht, über die Geschichte aufzuklären 86 Literaturverzeichnis Aachener Zeitung (2010), Krimi-Hotel an «Täterort» der Nazis: Geschmacklos?, http://www.az-web.de/artikel/1445297, Abruf am 14.08.2011 Aachener Zeitung (2011), Bau der Jugendherberge Vogelsang startet erst 2013, http://www.az-web.de/artikel/1534885, Abruf am 13.08.2011 Baunetz (1997), Pro Prora – Studie zur Entwicklung der Ferienmaschine auf Rügen vorgestellt, http://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen_Studie_zur_Entwicklung_der_Feri enmaschine_auf_Ruegen_vorgestellt_1157.html?backurl=http%3A%2F%2Fwww. baunetz.de%2Fmeldungen%2Findex.html&action=kommentieren, Abruf am 08.08.2011 Beech, J. 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