flugblattwie

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flugblattwie
Das MeinungsMagazin
LEBEN? ODER THEATER?
malerei
RUHRKUNST IM APRIL
Salomon. Selbstbildnis 1940 | Kunstmuseum Bochum | Collection Jewish Historical Museum | © Charlotte Salomon Foundation. Charlotte Salomon(r)
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April 2015
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Processing
Ready-made
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sound and vision
Obsession
Digital culture
Fluxus
Raw material
Intervention
Pop Art
Informel
KUNST
Neo-Dada
Manifest
MUSEUMSLANDSCHAFT NRW
Kritik, Interviews und Links
Köln – choices.de
Düsseldorf – biograph.de
Wuppertal – engels-kultur.de
Ruhrgebiet – trailer-ruhr.de
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Das MeinungsMagazin
Ruhrgebiettrailer-ruhr.de
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April 2015
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DIE GÄRTNERIN
VON VERSAILLES
EIN FILM VON ALAN RICKMAN
www.diegaertnerinvonversailles.de
Das MeinungsMagazin
INTERNATIONALES
FRAUENFILMFESTIVAL
Dortmund |Köln
14. – 19. APRIL 2015 IN DORTMUND
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Mehr als 100 Filme aller Genres – vom kurzen Videoclip, Werbefilm,
Musikfilme und Essay bis zum großen Spiel- und Dokumentarfilm
für alle, die Kino mögen. Beim thematischen Filmprogramm beleuchten aktuelle und historische Filme die Licht- und Schattenseiten unseres heutigen KOMFORTs. Dazu Filmemacherinnen aus aller Welt,
© RAMMATIK, Photographer: Katrin Svabo Bech, www.rammatik.com
von Korea bis Lateinamerika, Filmpreise, Konzerte, Performances.
Und was es auf sich hat mit beißpony, Please relax now, Life is a
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der LaFiNa oder den Tutorials und und und... findest Du unter:
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DAS DORTMUNDER FILMFESTIVAL ÜBERRASCHT. DICH.
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Mehr Meinung. Service. Hintergrund. – In NRW.
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Alle Texte. Ihre Stimme. Filmkritik im FORUM.
Foto: Thomas Aurin
trailer-Thema.
5 WOHNART
Alternative Wohnformen sind auch im Ruhrgebiet
immer beliebter
6 Themeninterview
Raumplaner Dr. Arnold Voß über Wohnformen im
Ruhrgebiet
Bühne.
8 Ebertbad/Theater Oberhausen
9 Auftritt
Pedro Martins Bejas „Hamlet“ am Theater
Oberhausen
10 Musiktheater im Revier
11 Premiere
Intendant Hoffmann über ein Rendezvous mit
Frankreich bei den Ruhrfestspielen
12 Komikzentrum Ruhr
Frieda Braun, Moritz Netenjakob und Margie Kinsky
13 Theater an der Ruhr
„Sin Sisters“ in Bochum
„Verbrennungen“ in Essen
„Auf der großen Straße“ in Mülheim
14 Aalto Theater
16 tanz nrw 15/Schauspiel Essen
18 Prolog
Die „Farben des Tanzes“ am Theater Hagen
Theater-Kalender Ruhr
Literatur.
36 ComicKultur
Comic-Empfehlungen des Monats
37 Literatur-Kalender Ruhr
Textwelten
Deutsche Gegenwartsliteratur ist besser als
ihr Ruf
BÜHNE
Premiere
© Ruhrfestspiele Recklinghausen
11
KINO
Kino.
Kunst.
21 Film-ABC/Vorspann
22 Film des Monats – „In meinem Kopf ein Universum“
23 KritikerspiegelRuhr
Kino-Kalender Ruhr
24 Film-Kritik
Festival – Internationales Frauenfilmfestival IFFF
in Dortmund
27 Gespräch zum Film
Andrea Roggon über ihren Film „Mülheim – Texas.
Helge Schneider hier und dort“
29 Hintergrund – „Die Gärtnerin von Versailles“
31 Hintergrund – „Nur eine Stunde Ruhe!“
33 Hintergrund – „Tod den Hippies!! Es lebe der Punk!“
Roter Teppich
Rainer Bock über „Dessau Dancers“, seine späte
Filmkarriere und den Glücksfall Michael Haneke
39 kunst & gut
Ralph Fleck im Museum Küppersmühle in Duisburg
40 Kunstwandel
Charlotte Salomon im Museum Bochum
41 Sammlung
Der Recklinghäuser Museumschef zur Ruhrfestspiel-Installation von Daniel Buren
42 Ruhrkunst
Arnulf Rainer im Kunstmuseum Ahlen
Kunst aus Israel in Mülheim
Anders als die anderen. Die Kölner Liste
43 Kunst-Kalender
Museumslandschaft NRW
Kultur in NRW. überregional
4 Intro – „Eiderdaus“
7 Innovation – Alternative Züchter trotzen den
großen Konzernen
45 Auswahl des Monats
Veranstaltungs-Empfehlungen im April
47 Impressum
15 Oper in NRW
Guy Joosten inszeniert „Die schweigsame Frau“
in Essen
17 Tanz in NRW
Das Festival tanz nrw 15 zeigt den Reichtum der
Tanzszene
38 Popkultur an der Ruhr
Die Grandbrothers erfinden sich ihren eigenen Musikstil
Improvisierte Musik in NRW
44. Moerser Festival versammelt internationale Sets
40 Kunst in NRW
Sigmar Polke im Museum Ludwig in Köln
Theater in NRW
Liste mit immateriellem Kulturerbe verabschiedet
Musical in NRW
„West Side Story“ in Aachen / „Das Appartement“
in Neuss
Klassik an der Ruhr
Der Philharmonische Chor lässt Gläser klingen
Film des Monats
„In meinem Kopf ein Universum“
22
KINO
„Mülheim – Texas“
trailer spezial.
Heute schon digitale Fingerabdrücke hinterlassen?
trailerRuhr
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Gespräch zum Film KUNST
27
Foto: Ilse Irmgard Klär
kunst & gut
39
Intro
-ruhr.de
April 2015
trailer + trailer-ruhr.de
Eiderdaus
Im Doppelpack mehr Service, Meinung und Hintergrund
Thema
6
Wohnformen im Ruhrgebiet
Dr. Arnold Voß, Inhaber eines Planungsbüros
mit Sitz in Berlin, ist beratend in den Bereichen Stadtplanung, Städtebau und Architektur tätig. Im Interview spricht er über die
Lebensqualität im Ruhrgebiet und warnt vor
Wohnungen als Spekulationsobjekten.
Dr. Arnold Voß
Foto: privat
Bühne
11
Premiere
Unter dem Motto Tête-à-Tête präsentieren die
Ruhrfestspiele Recklinghausen 2015 so viele
Stars wie noch nie, viele aus Frankreich. Warum erläutert Intendant Dr. Frank Hoffmann.
Dr. Frank Hoffmann
Der Frühling ist noch nicht ganz da, aber Ostern steht schon vor der Türe.
All die Krokanteier und Schokohasen lungern aber bereits locker seit zwei
Monaten in den Regalen und haben praktisch nahtlos den Ausverkauf zurückgebliebener Marzipankartoffeln abgelöst. In Essen wurden die Hütten
des Weihnachtsmarktes ratz fatz in einen Frühlingsmarkt verwandelt, der
vermutlich kaum merklich in eine Sommerkirmes und einen Herbstrummel
übergehen wird…Während an Jesu Wiegenfeste der fette Rotbackige mit
dem Rentierschlitten dominiert, wird Ostern von den hart arbeitenden Hühnern, Hasen und Lämmern gemanagt. Anders als die Gans müssen diese aber
nicht selbst um Leib und Leben fürchten, sondern präsentieren sich zumeist
in Gebäckform. Damit wird dann auch die Fastenzeit beendet und neben der
süßen Völlerei darf es doch bestimmt auch gerne eine Überdosis Kultur sein?
Unser April-Thema WOHNART beschäftigt sich mit alternativen Wohnkonzepten im Pott. Auch Raumplaner DR. ARNOLD VOSS schätzt die Lebensqualität im Ruhrgebiet, warnt im Interview aber vor Immobilienspekulation im
großen Stil.
Von urbane in rurale Gefilde geht es mit unseren Grünen Seiten. Es geht
um Saatgut-Initiativen die versuchen, alte Gemüse- und Getreidesorten zu
bewahren und u.a. vor Gentechnik zu schützen, was durch in Kraft treten
des undurchsichtigen, transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP noch
erschwert werden dürfte.
Foto: Ruhrfestspiele
Film
27
Gespräch zum Film
Andrea Roggon hat Helge Schneider in seinem
Alltag begleitet. Wir sprachen mit ihr über die
Entstehung der Doku „Mülheim – Texas. Helge
Schneider hier und dort“ (Start: 23.4.).
Andrea Roggon
Schwein gehabt – das Lämmchen im Streichelzoo, Foto: Maxi Braun
Foto: Stefan Heidmann
Kunst
41
Sammlung
Der französische Künstler Daniel Buren sorgt
mit farbigen Folien für neues Licht in und um
das Ruhrfestspielhaus. Wir sprachen darüber
mit dem Recklinghausener Museumschef Prof.
Dr. Ferdinand Ullrich.
Prof. Dr. Ferdinand Ullrich
Foto: Kunsthalle Recklinghausen
Nicht nur bei TTIP, auch im Staate Dänemark ist was faul, wo bekanntlich
Hamlet residiert. Den inszeniert PEDRO MARTINS BEJAS am THEATEROBERHAUSEN oldschool und fluffig. Nicht aus Dänemark, sondern aus Frankreich
kommen in diesem Jahr die meisten Stars bei den RUHRFESTSPIELEN RECKLINGHAUSEN. Im Interview verrät Festivalleiter DR. FRANK HOFFMANN, warum.
Ebenfalls aus Frankreich stammt der französische Konzeptkünstler Daniel
Buren, der im Rahmen der Ruhrfestspiele eine farbenprächtige Installation
im Gepäck hat, über die wir mit dem Recklinghäuser Museumschef Prof.
Dr. FERDINAND ULLRICH sprechen. In der Duisburger KÜPPERSMÜHLE sind
Stadtansichten des Malers RALPH FLECK in der Ausstellung MALERISCHE
GRENZAUFLÖSUNGEN zu bewundern.
Sogenannte Easter Eggs findet man auf DVDs, ein wirkliches Filmerlebnis
aber nur im Kinosaal. Dorthin wollen wir euch mit unserem Film des Monats
IN MEINEM KOPF EIN UNIVERSUM locken. Ein bewegendes, nicht Betroffenheit heuchelndes Werk des polnischen Regisseurs MACIEJ PIEPRZYCA um einen ALS-Kranken, fern von Hollywood-Klischees. Kein Griff ins (Katze)Klo ist
der Dokumentarfilm MÜLHEIM – TEXAS. HELGE SCHNEIDER HIER UND DORT.
Wir sprechen mit Regisseurin ANDREA ROGGEN, die den Meisenmann im
Alltag begleitet hat. Das Motto des INTERNATIONALEN FRAUEN FILMFESTIVAL IFFF lautet diesmal schlicht „Komfort“. In über 80 Beiträgen weiblicher
Filmschaffender werden die ZuschauerInnen in Dortmund aber vom 14.-19.
April aus dem bequemlichen Alltagstrott gerissen, was ein kontroverses und
lebhaftes Festival verspricht.
MAXI BRAUN
4
Thema
 [email protected]
Wir freuen uns auf Post.
Zuschriften s.S. 47
Home alone in der Großstadt, Foto: Thomas Morsch
Gemeinsam nicht einsam – Alternative Wohnformen sind auch im Ruhrgebiet immer beliebter
Der Mensch ist ein soziales Wesen. Er braucht als Frauen. Ab dieser Altersgrenze kehrt sich das
soziale Kontakte und die Interaktion mit anderen Bild um. In hohen Jahren ist Verwitwung einer der
Menschen. Einsamkeit macht uns krank. So ergab häufigsten Gründe für das Alleinleben.
eine Analyse der Psychologen Holt-Lunstad, Smith Junge Menschen heiraten und bekommen wesentand Layton, in der insgesamt 148 Studien an über lich später Nachwuchs als noch vor einigen Jahren.
300.000 Probanden ausgewertet wurden, dass Längere Ausbildungszeiten und ein hohes gefordertes Maß an MobiliPersonen, die einsam
trailer-Thema im April:
tät und Flexibilität den
sind nicht nur psychisch
Job betreffend machen
leiden, sondern auch
Wohnungsnot, Mietpreisexplosion, Leerstand und
Beziehungen seltener
physischen Risiken ausQuartiersentwicklung: Urbanität birgt Probleme,
und schwieriger. Gegesetzt sind. So haben
aber auch Chancen für alternative Wohnformen in
rade in den modernen,
einsame Menschen ein
Ballungsräumen. Wie wollen wir wohnen?
industrialisierten Länähnliches GesundheitsLesen Sie weitere Artikel zum Thema auch in:
dern ist dieses Phänorisiko wie Raucher oder
&
men zu beobachten.
Alkoholiker. Sie tendieDem Trend zu verren eher zu mangelnder
physischer Aktivität und Fettleibigkeit. Im Schnitt mehrtem Alleinleben entgegen, bilden sich indes
sterben sie früher als solche mit vielen sozialen Wohnformen, die auf Gemeinschaft setzen, aber
Kontakten. Einsamkeit beschreibt hier ein Gefühl dennoch die Unabhängigkeit der einzelnen Bedes Nichtbeachtetwerdens und der Isolation. Klar wohner respektieren.
davon abgrenzen muss man den Begriff des Allein- Wohngemeinschaften werden nicht mehr nur von
seins. Nicht jeder der alleine ist, fühlt sich schließ- Studenten gewählt. Senioren-WGs bieten älteren
lich einsam. Es ist aber eine Binsenweisheit, dass Menschen eine Alternative zum Alleinleben oder
dem Seniorenheim und erfreuen sich immer größeAlleinsein Einsamkeit durchaus fördern kann.
Die Zahl Alleinlebender in Deutschland war noch rer Beliebtheit. In diesen WGs hat jeder Bewohner
nie so hoch wie heute. Eine Studie des Statisti- ein eigenes Zimmer, Gemeinschaftswohnräume
schen Bundesamtes, die auf den Mikrozensus von bieten aber eine Möglichkeit zur Kommunikation,
2011 zurückgeht, zeigt, dass inzwischen 15,9 Mil- Gemeinschaft und zu sozialer Integration. So wird
lionen Menschen, also ein Fünftel der deutschen eine Balance zwischen eigenständiger Lebensführung und einer Unterstützung durch die GemeinBevölkerung alleine lebt.
Damit liegt Deutschland im EU-Vergleich auf Platz schaft geschaffen, die einem Gefühl von Einsamzwei, direkt hinter Schweden. Der Prozentsatz ist keit vorbeugt. Selbst für pflegebedürftige Senioren
in den Städten Hannover mit 33%, dicht gefolgt gibt es spezielle Pflege-WGs.
von Berlin mit 31% am höchsten, die Tendenz ist Eine andere alternative Wohnform sind die Begibundesweit steigend. Die Ursachen für die hohe nenhöfe, die allerdings ausschließlich für Frauen
vorgesehen sind. Schon im Mittelalter gründeten
Quote Alleinlebender sind mannigfaltig.
In den mittleren Jahren spielen Junggesellen- fromme Frauen, die namensgebenden Beginen,
dasein, Scheidung oder Trennung einer Partner- diese Wohn- und Wirtschaftsform. Sie lebten geschaft eine Rolle. Bis zu einem Alter von 58 Jahren meinsam, übten die unterschiedlichsten Berufe
leben Männer statistisch gesehen häufiger alleine aus, um die Gemeinschaft zu unterstützen. Die
WOHNART
5
neue Beginenbewegung hat in fast jeder größeren
Stadt ein Haus, im Ruhrgebiet sind sie in Bochum,
Dortmund, Essen und Gelsenkirchen vertreten.
Sie schaffen ein gemeinschaftsorientiertes und generationsübergreifendes Wohnprojekt für Frauen,
um eine Alternative zu den herkömmlichen Wohnund Lebensformen zu realisieren. Frauen aus allen
Lebenssituationen und Einkommensverhältnissen
gehen in diesen Häusern eine sogenannte Wahlverwandtschaft ein. Man hilft sich untereinander
und öffnet die Beginenhäuser aber auch nach außen.
Mehrgenerationenhäuser setzen ebenfalls auf die
gegenseitige Unterstützung der Bewohner untereinander. Man ergänzt und hilft sich gegenseitig.
Ein ganz besonderes Haus dieser Art ist das GenerationenKult Haus in Essen. Es hat 18 seniorengerechte Wohnungen, die aber nicht ausschließlich
von Senioren bewohnt werden können. Zusätzlich gibt es 21 WG-Zimmer. Hier werden den Bewohnern aber nicht nur das gemeinsame Leben,
sondern auch vielerlei Möglichkeiten zum Austausch sowie Komfort geboten. Im GenerationenKult-Haus gibt es nicht nur ein Café und eine Lounge-Etage, sondern auch eine Dachterrasse, einen
24-Stunden-Supermarkt, ein Heimkino und einen
Wellnessbereich.
Eines aber haben all diese Alternativen gemeinsam: Sie erfordern von den Bewohnern den Willen sich einzubringen und am gemeinsamen Leben
teilzunehmen. Wer das nicht möchte, wird wohl
auch in solchen Wohnprojekten gegen das Alleinsein letztlich einsam sein.
NINA RYSCHAWY
Aktiv im Thema
www.neue-wohnformen.de
www.wohnen-im-alter-nrw.de
www.generationenkult.de/haus
www.dachverband-der-beginen.de
Thema
Ruhridylle mit einem Hauch von Industrieromantik, Foto: Benjamin Seim
„Das Ruhrgebiet wird nie Weltstadt werden“
Raumplaner und Stadtentwickler Dr. Arnold Voß über Wohnformen im Ruhrgebiet
trailer: Herr Voß, Sie sind in Wanne-Eickel häuser käme, das sind richtige kleine Schlösser mit
geboren und aufgewachsen, leben seit Jahren Parks. Aber auch für die Mittelschicht sind in einer
aber auch mehrere Monate im Jahr in New York schönen alten Arbeitersiedlung bezahlbare Sachen
und in Berlin. Kann man das Ruhrgebiet mit den dabei.
beiden Metropolen vergleichen?
Arnold Voß: Diese drei großen Städte – ich zäh- Wo will man eher nicht wohnen?
le das Ruhrgebiet dazu, weil ich es als eine große Richtig schlechte Lagen gibt es im Ruhrgebiet,
angesichts der großen AgglomeStadt sehe – sind strukturell zu
unterschiedlich als das man sie „Die Emscherinseln sind mein ration im Vergleich zu anderen
privates Long Island“
Gegenden der Welt, sehr wevergleichen könnte. Voraussetnige. Wer es als schlechte Lage
zung für das Wohnen in den drei
Städten ist vielmehr die Frage, wie man überhaupt empfindet, wenn viele Migranten an einem Ort
wohnen will. Wer in einer Weltstadt wohnen will, wohnen – dem ist ohnehin nicht mehr zu helfen.
muss nach New York. Das Ruhrgebiet wird nie Die richtig kaputten Gegenden könnten aber noch
Weltstadt werden. Es hat durch seine Struktur gar kommen.
nicht das Potential dafür.
Unter welchen Voraussetzungen?
Was ist typisch für das Wohnen im Ruhrgebiet? Große Fonds und Mietkonzerne haben WohnbeWer eine spezielle Mischung von Großstadt und stände übernommen und zwar in einer GrößenLand sowie gute Kulturangebote schätzt, ist hier ordnung, die europaweit Seltenheitswert hat. In
ziemlich gut aufgehoben. Die Lebens- und Wohn- den letzten 30 Jahren wurden so viele Wohnungen
qualität ist, wenn man wie gesagt auf die große nur verscherbelt, weil sie in der Weltmarktlage als
Weltstadt-Atmosphäre verzichten kann, ausge- unterbewertet gelten. Im Ruhrgebiet fing das sozeichnet. Dann lebt man hier besser als irgendwo gar noch früher an als in Berlin. Als Folge steianders, kann sowohl eine dörfliche Lebensweise gen die Mieten, während die Wohnsituation aber
finden als auch die kulturellen Vorzüge der Groß- nicht besser wird, weil viele dieser Wohnungen in
stadt und wirklich schräge Clubs genießen. Der großem Maßstab als Spekulationsobjekte genutzt
Begriff Stadtlandschaft ist hier auf den Punkt ge- werden und die Investoren sie vergammeln lassen.
Da besteht große Gefahr.
bracht.
Und die negativen Seiten?
Der Nachteil liegt in der Erreichbarkeit innerhalb
des dispersen Raumes des Ruhrgebiets, der eine
ziemliche Ausdehnung hat. Das ist ein Riesenmanko für jemanden, der die Möglichkeiten des
Ruhrgebiets wirklich leben will, denn der ist auf
ein Auto angewiesen. Dauerstaus werden die Regel bleiben. Im Ruhrgebiet hat man den Stress der
großen Stadt, im Verhältnis dazu reicht das urbane Angebot aber nicht jedem als Kompensation.
Wo wohnt es sich im Ruhrgebiet gut?
Wie in allen anderen Städten existiert eine gewisse Spreizung des Wohnungsmarktes zwischen
sehr guten Lagen und sehr schlechten. Auch im
Ruhrgebiet gibt es Toplagen, die auch im Weltvergleich als solche gelten. Z.B. in Essen-Bredeney. Im
Norden gibt es ebenfalls spannende Lagen, wenn
man z.B. an eines der alten Bergwerksdirektoren-
Was kann man solchen Spekulanten entgegensetzen?
Sehr wichtig ist die Selbstorganisation der Mieter
gegen die großen Mietkonzerne. Wenn das unter
entsprechend politischem Druck geschieht und die
Städte dabei mitziehen, anstatt den Investoren
auch noch in den Hintern zu kriechen, kann man
solche Spekulanten unter Druck setzen und denen
das Leben zumindest erschweren, wenn es um
Mieterhöhungen geht. Das ist eine große Aufgabe.
Gegen den Wertverfall von Eigentum am Wohnungsmarkt können die Hausbesitzer allerdings
in bestimmten Gegenden des Ruhrgebietes gar
nichts tun.
Welche Alternativen gibt es gegen diese Ursache von Verfall?
Da müsste man einen genossenschaftlichen Ankauf von Privatbeständen, eine Art genossen-
6
schaftliche Gruppenprivatisierung, erwägen.
Das kann und muss auch in Migrantenvierteln
passieren. Die Menschen dort haben wenigstens
Motivation. Viele Deutsche, auch in den Stadtverwaltungen, reagieren da schockiert, denken:
„Jetzt bilden die Migranten auch noch Eigentum.“
Dahinter steckt provinzielles Denken, denn genau
das wäre eine Lösung für verschiedene Probleme.
Die Migranten würden mehr Verantwortung in
„ihren“ Vierteln übernehmen, denn sie haben ein
persönliches Interesse, eben weil sie da leben. Mit
Mikrokrediten könnte man auch den Geringverdienern unter ihnen den Einstieg erleichtern und
deutschen Eigentümern, die nichts mehr tun, die
Last zu einem günstigen Kurs abnehmen.
Trägt die Politik da die Verantwortung?
Eigentumsbildung am Wohnungsmarkt ist grundsätzlich vom Staat zu fördern, mit Muskelhypotheken und der Wiederbelebung der genossenschaftlichen Tradition, die es im Ruhrgebiet ja
früher gab. Gruppenbezogene Eigentumsbildung,
die nicht nur auf Profit zielt, muss gefördert werden.
Haben Sie einen Lieblingsort im Pott?
Eindeutig das Bermudadreieck, einer der wenigen
Orte, wo ich meine Freunde noch zufällig treffe.
Oder der Rhein-Herne-Kanal, da fahre ich gerne
Fahrrad und die Emscherinseln bezeichne ich als
mein privates Long Island. Das Ruhrgebiet war für
mich eine prägende Dominante und ist noch immer meine Heimat, mit der ich mich verbunden
fühle, und ich habe große Sympathie für die Menschen, die hier leben. Ich fühle mich hier zu Hause.
INTERVIEW: MAXI BRAUN
Lesen Sie die Langfassung unter:
www.trailer-ruhr.de/thema
ZUR PERSON
Dr. Arnold Voß (66) ist Inhaber
eines Planungsbüros mit Sitz in
Berlin und beratend sowie als
Gutachter für Politik, Verwaltung, Bürgerinitiativen und private Investoren in den Bereichen
Stadtplanung, Städtebau und Architektur tätig.
Foto: privat
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Innovation
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20
„Lichtkornroggen“ heißt diese biologisch gezüchtete Getreideart – für Böden, die wenig Wasser halten oder abbekommen, Foto: Getreidezüchtungsforschung Darzau
Mit lila Tomaten geht die Schutz-Saat auf
Alternative Züchter trotzen den großen Konzernen und erweitern die Palette von Gemüse- und Getreidesorten
Mal ehrlich: Hat man ihn in den vergangenen Wochen noch wahrgenommen, den Agrarökonomen,
der im Märzen seinen 300-PS-Ackerschlepper
mit Dreipunkthydraulik und klimatisierter Fahrerkabine anwirft? Der den Boden pflügt, eggt und
anschließend sät? Wohl kaum. Was am Ende auf
den Tellern des Verbrauchers landet, stammt im
besten Fall vom Wochenmarkt, meist muss das
Supermarktregal herhalten. Nur ein Bruchteil der
Kunden interessiert sich dafür, woher ihr Gemüse
stammt – Marokko, ah ja. Und aus welchen Samen es gezogen wurde, hat erst recht kein Verbraucher mehr auf dem Schirm. Sollte man aber.
Ein paar Fakten reichen aus, um eine Situation
zu beschreiben, die sich allmählich zum Problem
entwickelt hat: Trotz einer augenscheinlich großen Sortenpalette sind drei Viertel der ehemals
vorhandenen Kulturpflanzen aus dem Anbau verschwunden. „Wenn wir Glück haben, liegen sie
noch irgendwo in Gen-Banken“, hofft Oliver Willing, „wenn wir Pech haben, sind sie ganz weg.“
„Alte Sorten sind die Grundlage, aber nicht die Lösung“, sagt
Oliver Willing von der GLS-Zukunftsstiftung Landwirtschaft,
Foto: Tom Jost
Von dem, was noch da ist, gehören wiederum 75
Prozent zehn Großkonzernen, die diese Arten als
Hybrid-Saatgut verkaufen. Man kann sie nicht
aus der Ernte neu pflanzen, sondern muss jedes
Jahr neu kaufen. Wenn man so will: eine Form von
Kopierschutz. „Diese Saatgut-Grossisten sind oft
Chemiekonzerne“, sagt Dr. Susanne Gura. „Kein
Wunder, dass die mit Pflanzenschutzmitteln noch
mehr verdienen als mit ihren Saaten.“ Geschäftsführer der „Zukunftsstiftung Landwirtschaft“ ist
der eine, Vorsitzende des „Vereins zur Erhaltung
der Nutzpflanzenvielfalt“ (VEN) die andere. Beide
arbeiten mit durchaus unterschiedlichen Mitteln
daran, dieses Problem nachhaltig zu knacken.
Düsseldorf am ersten schönen Frühlingssamstag:
Draußen herrscht Biergartenwetter, im Geschwister-Scholl-Gymnasium drängeln sich Hunderte
von Gartenfreunden. Dort begegnen sie „Kaiser
Wilhelm“, einer historischen Apfelsorte, dem
Most von Streuobstwiesen, aber auch weißen
und lila Tomaten. Und am VEN-Tisch 18 verschiedenen Kartoffelsorten auf einmal. Wofür braucht
man die, wenn doch eigentlich schon die vier
Sorten aus dem Supermarkt zu viel sind? „Wissen
Sie, wie es Mitte des 19. Jahrhunderts in Irland
zur großen Hungersnot kam?“ fragt Gura zurück.
„Nun: Als sich die Kartoffelfäule durch einen Pilz
ausbreitete, gab es im ganzen Land nur zwei Sorten. Beide waren anfällig.“ Durch den Hunger
starb ein Achtel der damaligen irischen Bevölkerung. Was für die Mitte des 21. Jahrhunderts
bedeute, dass man eben „die ganze Palette“ brauche, um sieben bis neun Milliarden Menschen zu
ernähren.
Die Saatgutschützer treibt also nicht primär ein
nostalgisches Interesse. „Alte Sorten sind die
Grundlage, aber nicht die Lösung“, verdeutlicht
Oliver Willing, der mit seiner Stiftung im Hause
der ethisch-ökologischen Bochumer GLS-Bank
arbeitet. Heute gebe es andere Krankheiten und
Schädlinge, andere Wachstumsverhältnisse,
größere Klimaveränderungen. Darum müsse
der Mensch Pflanzen durch Züchtung anpassen
– quasi als Fortführung der Evolution. Mit den
Leuchten einer Pferdekutsche würde man sich
heute ja auch nicht nachts auf die Autobahn
wagen.
77
Die Zukunftsstiftung unterstützt deshalb Züchter und Gärtner in Deutschland, die „samenfeste
Sorten“ als Gegenentwurf zu den „Hybriden“ weiterentwickeln. Diese müssen für den Öko-Landbau
taugen, anderseits widerstandsfähiger sein als
ihre Ahnen; die Früchte sollen dennoch Form- und
Größenvorstellungen des Handels erfüllen … und
obendrein besser schmecken. Kein Wunder, dass
die züchterische Optimierung etwa einer Möhrensorte durchaus zehn Jahre dauern kann und eine
Million Euro verschlingt. Die Saatgut-Alternativbewegung ist jetzt 30 Jahre unterwegs, rund 120
Menschen beschäftigen sich in Deutschland mit
dem Schutz der kulturpflanzlichen Grundlagen.
Als Ende der 90er auch der Geschmack nachweisbar die konventionelle Produktion übertraf, war
das der Durchbruch. Aus Bochum werden solche
Obst-, Gemüse- und Getreideentwickler mit einer
Million Euro unterstützt, die jedes Jahr neu über
Spenden zusammengetragen werden muss.
Eines der obersten Gebote lautet natürlich: keine
Gentechnik! Aber auch anderen Verfahren stehen
die Züchter kritisch gegenüber: der CMS-Technik
etwa, die die Eigenschaften von Nutzpflanzen
über Zellfusionen verbindet. Beispielsweise gibt
es in Deutschland so gut wie keine Broccoli- oder
Blumenkohlsorte, die nicht via CMS gepimpt wurde. Nach der EU-Öko-Verordnung ist der Einsatz
solcher Samen durchaus erlaubt. Die großen BioVerbände Bioland, Demeter und Naturland haben
dagegen strikte Negativlisten für ihre Erzeuger
und Zulieferer aufgestellt. Für sie ist CMS „die
Einführung der Gentechnik durch die Hintertür“.
Als hätte man nicht schon Sorgen genug, droht
das transatlantische Handelsabkommen TTIP die
Lage noch schwieriger zu gestalten: „Man kann
erwarten, dass die bestehenden nationalen und
EU-Gesetzgebungen damit ausgehebelt werden“,
sieht Susanne Gura pessimistisch in den laufenden Prozess. „Die WTO will unbedingt Handelshemmnisse ausräumen. Das Verbot von gentechnisch veränderten Kulturpflanzen zählt zu solchen
Hindernissen.“
TOM JOST
Info: www.saatgutfonds.de
www.nutzpflanzenvielfalt.de
Foto: Klaus Reinelt
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Auftritt
Nicht Fisch, nicht Fleisch, düsterer Hamlet in Schädelkulisse, Foto: Thomas Aurin
Hamlet in der Düsterwelt
Pedro Martins Bejas Inszenierung am Theater Oberhausen
In dunkler Nacht ergehen sich viele Schicksale. Sie gehört den Toten, den
zwar nicht-lebenden, aber doch ziemlich präsenten. Der Totengräber (Jürgen Sarkiss) gibt den Takt, vermisst die Lebenden, zitiert die Toten, zieht
den langen Bogen zwischen Rom und Helsingör. The Night Chicago Died.
Irgendwie kommt mir der Song in den Kopf. Mag es an Heiner Müller liegen,
dessen Übersetzung Regisseur Pedro Martins Beja am Theater Oberhausen
für seine „Hamlet“-Inszenierung benutzt? Jedenfalls: Hamlet ist back auf
Giedi Prime, der dunklen Harkonnen-Welt, auf der auch Pedro Martins Bejas
Bühne zu liegen scheint und wo die Zuschauer der ersten Reihe erst einmal
für ihre möglichen Särge vermessen werden.
Es ist wie immer, es ist was faul im Staate Dänemark. Der junge Prinz klammert sich an das Gedenken seines Vaters. Eike Weinreich als Hamlet ist eher
ein wirres Wesen, das zwischen der riesigen Weltkugel auf der Bühne, in der
ein Schwert steckt und den mächtigen Flakscheinwerfern rechts und links
hin und her lamentiert und keck mal jammert. Die Zeit aus den Fugen, die
Nichtzeit im Herzen, in welcher Zwischenwelt er nun auch gefangen sein
möge. Das ausgerechnet in dieser Inszenierung das Standardzitat „Mehr
Inhalt, weniger Kunst“ untergeht im teils unverständlichen Gebrabbel der
Protagonisten, könnte man auch als Statement nehmen, nichtsdestotrotz
artifiziell um jeden Preis bleibt das Spektakel ohne feste Verortung, aber
mit Erdhügel und Badewannen-Grab. Hier gehen sie rings um die stachelige
Birne, die hohlen Männer vom Königreich des Todes, die Drehbühne knarzt
zu T.S. Eliot, die Weltkugel auf der Bühne (cool: Volker Hintermeier) wird
zum Totenschädel des Yorik, der aus dem unentdeckten Land herüberreicht
in Hamlets wirre Welt. Die hat sich komplett ausgelöst, seit er seinen toten
Vater um Mitternacht unter dumpfen Schlägen als Geist (auch Jürgen Sarkiss mit Maske am Hinterkopf) entdeckt und die wahren Zusammenhänge
erfährt: Onkel Claudius ist der Übeltäter, meuchelte den Bruder, heiratete
Hamlets Mutter und macht einen auf gütigen Herrscher. Rache, was sonst.
Der dänische Königsneffe schiebt noch schnell Freundin Ophelia (Laura Angelina Palacios) ab, kassiert den langen Finger und Pause ist.
9
Beja inszeniert fluffig weiter. Das Schauspiel sei die Schlinge. Ausgerechnet.
Am Tag als der Regen kam. Daliah Lavi im Ohr, die „heiligen Drei“ vor Augen,
jetzt gleitet die Welt endgültig ins Paralleluniversum des Heiner Müller weiter. Hamlet spielt vor dem Hofstaat die entlarvenden Gespenster am toten
Mann. Mit der blonden Germania, Hitler und Goebbels, Jammerkönigsmörder hilf im Führerbunker. Islamisten, Pegidas, Maskenchor und etwas Pornosprech bringen da nicht nur den falschen König zum Flüchten, sondern
auch die Jugendlichen im Publikum zum wiehern, über Sinn und Unsinn
möge man geteilter Meinung sein, regiemäßig oldschool war es allemal.
Während die arme Ophelia nun langsam dem Wahnsinn verfällt, auch ihr
Vater ward gemeuchelt (von Hamlet), dreht sich das düstere Karussell wieder
zur finalen Choreografie. Auch sie muss sterben im Grab-Restwasser. Also
werden die Degen geschwungen zwischen Laertes und Hamlet, der tödliche
Becher von Laertes zur Restrisikovermeidung gereicht, dummerweise trinkt
seine Gattin (Elisabeth Kopp, schick, aber unverständlich) daraus – und
stirbt („Ich bin tot.“) als halber Slapstick. Komisch, über allem liegt Adriano
Celentanos „Azzuro“, aber auch das kann die Bläue nicht zurückbringen
ins schwarze Leichenhaus von Frank Herberts Harkonnenplaneten. Hamlet
kämpft wie er gelebt hat, verwaschen, fahrig, manisch unkonzentriert. Er
wird vom natürlich vergifteten Schwert getroffen, Laertes auch und der
böse Königsmörder (Torsten Bauer überzeugend als einzige ShakespeareStruktur). Im Blutsturz von der Decke stirbt der Prinz, der Totengräber wird
viel Arbeit haben, der Chor kommt wieder aus dem Untergrund, es sollen
wohl die Truppen von Fortinbras sein, doch dieser Aspekt geht unter im letzten Auftritt der toten Ophelia: „Ich bin Ophelia. Die der Fluss nicht behalten
hat.“ Heiner Müllers „Hamletmaschine“. Kann man machen.
PETER ORTMANN
„Hamlet“ | R: Pedro Martins Bejas | Mi 15.4. 19.30 Uhr, So 19.4. 18 Uhr
Theater Oberhausen | 0208 857 81 84
THEATERLANDSCHAFT
DAS
FESTS C H R Ä G
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25. BIS 30. APRIL
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MUSIKTHEATER
IM REVIER
GELSENKIRCHEN
DER ZAUBERER VON OZ
(THE WIZARD OF OZ)
Musical von Harold Arlen und E.Y. Harburg
PREMIERE
Sonntag, 12. April 2015,
18.00 Uhr, Großes Haus
3. INTERNATIONALE BENEFIZGALA DES BALLETT IM REVIER
zugunsten der Kinderprojekte
der MiR-Stiftung
WWW.MUSIKTHEATER-IM-REVIER.DE
KARTENTELEFON 0209.4097-200
Freitag, 17. April 2015,
WWW.MUSIKTHEATER-IM-REVIER.DE
19.30 Uhr, Großes
Haus
KARTENTELEFON
0209.4097-200
Premiere
„So viele Ur- und
Erstaufführungen gab
es noch nie“
Intendant Hoffmann über ein Rendezvous
mit Frankreich bei den Ruhrfestspielen
trailer: Der Tag der Arbeit rückt immer näher,
die Grippewelle schwindet, was macht die Logistik auf dem grünen Hügel?
Dr. Frank Hoffmann: Wir sind voll dabei. Die
ganze Mannschaft ist seit geraumer Zeit intensiv
mit Vorbereitungsarbeiten beschäftigt. Das sind
nicht nur Arbeiten für die Logistik, auch technischer und natürlich künstlerischer Art. Auf diesen verschiedenen Hochzeiten tanzen wir.
ZUR PERSON
Dr. Frank Hoffmann studierte Germanistik, Romanistik und Philosophie in Luxemburg und Heidelberg, 1983 promovierte er über
eine von Michel Foucault ausgehende Philosophie des Theaters. Seit 1988 hält er eine Professur für Regie am Konservatorium
in Luxemburg und leitet zudem seit September 2004 die Ruhrfestspiele Recklinghausen.
Fotos © Ruhrfestspiele
nicht nur das Festival der Uraufführungen weiterhin in der Halle König Ludwig im Programm
mit den fünf Uraufführungen, wir haben auch in
den anderen Spielstätten viele Uraufführungen.
Ich glaube auch, so viele wie noch nie.
Es wird ein Tête-à-Tête mit europäischen Theaterstars, irgendwann müssen die ja mal aufgebraucht sein?
Es gibt viele bedeutende Künstler im Theaterbereich – da ist noch lange nicht das Ende der Und das Programm ist lehrreich: Biologie in der
Fahnenstange erreicht. Aber eiPeepshow mit Isabella Rossellini
gentlich mag ich diesen Begriff „Wir haben so viele Stars oder wie Korea wiedervereinigt
Stars gar nicht so sehr. Für mich
wird von Joel Pommerat?
wie noch nie“
sind alle erst einmal große KünstDas haben sie selbst schön gesagt,
ler, in unserem Fall Schauspieler und Regisseure. der Biologie in der Peepshow kann ich gar nichts
Aber nicht weil sie Stars sind, kommen sie zu den hinzufügen. Die Wiedervereinigung der Koreas
Ruhrfestspielen, sondern wegen der Kunst. Und ist ja eigentlich eine große Beziehungsgeschichwenn ich einmal nicht mehr da sein werde, wird te. Da kommen zwei Menschen zusammen, die
die Welt noch voller Stars sein, die gerne nach wollen zusammenkommen, die wollen sich vereiRecklinghausen kommen.
nigen, und es ist fast so unmöglich wie die Wiedervereinigung der beiden Koreas.
Viele kommen 2015 aus Frankreich?
Selbst in diesem Jahr, wo wir so viele Stars wie Und wem das zu viel wird, der kann dann in
noch nie haben, im gängigen Sinne zumindest, der Festspielhalle meditieren?
haben wir sehr viele französische nicht dabei, die Genau. Obwohl, es könnte sein, dass wir Jean Miich gerne dabei gehabt hätte. Aber es hat eben chel Bruyère vielleicht um ein Jahr verschieben
nicht geklappt, weil sie ein anderes Projekt oder müssen, obwohl ich das als mein Lieblingsprojekt
keine Zeit hatten. Das ist immer so eine Moment- deklariert habe.
aufnahme und hat auch nicht unbedingt den Anspruch auf Repräsentativität.
Selbst Sophie Rois kommt nur als Vorleserin?
Ja. Aber das liegt nicht nur an den RuhrfestspieDie Ruhrfestspiele stehen ja auch für Ur- und len, das liegt auch an den Arbeitsprojekten von
Erstaufführungen – habe ich nur den Ein- Sophie Rois. Sie war ja letztes und auch vordruck, oder sind es dieses Mal besonders viele? letztes Jahr mit Projekten vertreten.
Es sind dieses Mal besonders viele. Wir haben
Und was muss ich mir vorstellen unter den
neun Geheimnissen von Ute Lemper und Volker Schlöndorff?
Das ist ein Herzensprojekt von Ute Lemper. In
einem Moment, in dem es ihr nicht so gut ging,
ist sie in eine Buchhandlung gegangen und ist
auf dieses Buch von Paulo Coelho gestoßen und
hat sich in den Text verliebt. Dieses Buch hat ihr
eine Kraft gegeben, Motivation, so sehr, dass sie
daraus wiederum, und da spricht dann die Künstlerin aus ihr, ein Theaterprojekt machen wollte.
Es ist aber natürlich nicht die Erzählung des Romans, es ist ja kein richtiger Roman, aber diese
Schriften sind auf eine sehr eigene Art zusammengebündelt. Sie hat daraus Lieder gemacht.
11
Zwischendurch erzählt sie in deutscher Sprache
selbst live, aber die Lieder sind in mehreren Sprachen verfasst. Es wird wie so eine kleine Reise
durch die Sprache in einer filmischen, einer cineastischen Vision des großen Volker Schlöndorff.
Die beiden kennen sich schon sehr lange und ich
habe sie sehr ermutigt, das mit Schlöndorff gemeinsam zu machen.
Also eine Art filmischer Performance?
So kann man das sehen. Sie und ihr Musiker sind
auf der Bühne. Dahinter ein großer Horizont und
darauf gibt es Bilder, die Volker Schlöndorff entworfen hat.
Kommen wir zur Off-Szene beim Fringe Festival mit Zirkus, Tanztheater, und „Hi Hitler“?
Das ist ein Projekt von Lucie Pohl, der Tochter
von Autor und Schauspieler Klaus Pohl. Das ist
ein Stück zwischen Amerika und Deutschland und
sie geht sehr unkonventionell mit der Figur Hitler
um. Ich glaube, ohne diesen Weg über Amerika
hätte sie das wahrscheinlich nie so riskiert. Jetzt
riskiert sie es und das wird ein sehr persönlicher
und sehr lustiger Abend.
Gibt es von Ihnen ein persönliches Highlight
bei den Premieren – neben den Nashörnern
natürlich?
Viele Projekte kreieren wir erst noch, denn die
meisten zumindest der großen Produktionen haben ja noch gar nicht das Licht der Welt gesehen,
sind ja alle noch in Arbeit. Also ist es für solche
Aussagen ein bisschen zu früh. Nachher kann ich
dann sagen, das war mein Lieblingsstück.
Die Fassade des Festspielhauses wird auf jeden
Fall schön bunt?
Genau, Daniel Buren wird das Ruhrfestspielhaus
komplett umgestalten. Das wird so in Licht und
Farben erstrahlen, dass man es zwar noch wiedererkennt, aber erstaunt ist.
INTERVIEW: PETER ORTMANN
Ruhrfestspiele | 1.5.-14.6. | Recklinghausen, Marl,
Herten | 02361 921 80
GESTALTUNG: DESIGNBÜRO SCHÖNFELDER · FOTO: HANS JÜRGEN LANDES
prinz regent theater
Komikzentrum Ruhr
APRIL 2015
DIE VERWANDLUNG
nach Franz Kafka
Premiere am 10. um 20.00 h
Weitere Vorstellungen am 11., 17., 28. und 29. um 20.00 h
Vorsicht, heller Kopf: Karin Berkenkopf alias Frieda Braun
Perfide, mutig und bodenständig
Frieda Braun, Moritz Netenjakob und Margie Kinsky
ES IST NIE GENUG
von und mit Petra Afonin
am 15. um 20.00 h und am 19. um 19.00 h
REDEN MIT MAMA
von Santiago Carlos Ovés und Jordi Galcerán
am 24. und 25. um 20.00 h
TOI TOI BUH!
von und mit Jonas Gruber · am 18. um 20.00 h
TSCHICK
von Wolfgang Herrndorf · am 21. und 22. um 20.00 h
www.prinzregenttheater.de
Prinz-Regent-Straße 50-60, 44795 Bochum · Kartenreservierung unter:
Fon: 0234 - 77 11 17 · E-Mail: [email protected]
Ticket-Hotline:
0234 13003
27. Februar - 14. Juni 2015
Eine Figur wie aus dem Bilderbuch ausgestorbener Menschenarten bringt
Karin Berkenkopf alias Frieda Braun auf die Bühne, eine ganz in beige gehaltene sauerländische Hausfrau mit Hornbrille und artiger Frisur, die nichts
anderes macht, als ihre Alltagsbeobachtungen unters Volk zu streuen. Doch
halt: Hinter der bräsigen bis provinziellen Erscheinung verbirgt sich ein heller
Kopf. Ähnlich wie Jutta Wübbe alias Marlene Jaschke aus Hamburg ist die
in Winterberg beheimatete Comedienne ein Ausbund an Perfidie. Zielscheibe
ihrer Betrachtungen sind mit Vorliebe Männer im Allgemeinen und Otto oder
Bernd im Besonderen.
Ersterer ist passionierter Feuerwehrmann a. D., der immer noch mit Leib und
Seele am Löschen hängt, wovon der Weihnachtsbaum ein Liedchen singen
könnte. Bernd dagegen wird von seiner Carola ausgewildert, nachdem sie
bemerkt hat, dass er vor der Glotze stagniert. Womit die Frage, wie viel Bildung eine Partnerschaft verträgt, beantwortet wäre. Die Schultern leicht nach
vorne gezogen, die Beine verklemmt aneinander gedrückt, signalisiert Frieda
Braun mühsam überwundene Schüchternheit. Mit eben diesen präzisen Bewegungsabläufen findet sie den direkten Weg in die Herzen und das Humorzentrum der Zuschauer, die sich vor Lachen regelmäßig ausschütten, wenn
sie von getoasteten Nachrichten und gegurgeltem Wetter spricht. (Stadthalle
in Oer-Erkenschwick 24.4. „Sammelfieber“; Ebertbad in Oberhausen am 25.4.
„Sammelfieber“; Flottmann-Hallen Herne am 29.4. „Rolle vorwärts“.)
„Mit Kant-Zitaten zum Orgasmus“ heißt das neue Solo von Moritz Netenjakob, in dem (am 24.4. im Duisburger Kleinkunsttheater Die Säule) „der deutsche Weg zum Glück“ seinen Niederschlag findet. Dabei gibt es eine ganze
Reihe von Pfaden, auf denen man sich hierzulande der Glückseligkeit annähern
kann. Alle haben eines gemeinsam: Sie brauchen einen ordentlichen Rahmen.
Der Kölner Comedian und Bestsellerautor („Macho Man“) packt seine Beobachtungen aus dem Land der Dichter und Denker in der Comedia in herrlich
abgedrehte Spielszenen, die von seiner stupenden parodistischen Fähigkeiten
und jeder Menge selbstironischer Attacken leben – und dem Mut, sich seines
eigenen Verstandes zu bedienen. Er ist außerdem mit von der Partie, wenn
mehrere Männer gleichzeitig am 14.4. im Oberhausener Ebertbad (= Pufpaffs
Badeanstalt) die Spaßbretter mit dem Ziel besteigen, dem Herrenwitz zu einer
neuen Blüte zu verhelfen. Da bleibt kein Auge trocken. Dafür sorgen außer
Netenjakob die Gäste: Ingmar Stadelmann, Roland Baisch und Trionova.
Moderation: Sebastian Pufpaff.
SHOW Do.-Sa. 20.00 Uhr, So. 19.00 Uhr
WWW.VARIETE-ET-CETERA.DE Herner Str. 299 | Bochum
Wie sie das geschafft hat, wissen die Götter: Vor 30 Jahren hat die Italienerin
Margie Kinsky den Kanadier Bill Mockridge geheiratet, sechs männlichen
Menschen das Leben geschenkt und ist als Frau der ersten Stunde mit dem
Springmaus-Ensemble über so ziemlichen alle deutschsprachigen Kleinkunstbühnen gewirbelt. Ihr zweites Soloprogramm, mit dem sie am 24. im Duisburger Grammatikoff gastiert, heißt „Ich bin so wild nach Deinem Erdbeerpudding“ und ist ein so bodenständiger wie amüsanter Streifzug durch viele Jahre
turbulenten Familienlebens. Wer wissen will, wie Multitasking wirklich geht:
Hier wird er fündig. Verspricht hoch und heilig Ihre stets über Tage lebende
ANNE NÜME
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Theater Ruhr
„Sin Sisters – In Betrachtung des Mondes“, Foto: Diana Küster
„Verbrennungen“, Foto: Birgit Hupfeld
„Auf der großen Straße“, Foto: Joachim Schmitz
Der Weg ist das Ziel
Die Wahrheit
Beiläufigkeit
Eigentlich ist das eine Therapiesitzung, denke
ich noch, als das Licht angeht und vor mir der
„Club in der Psychiatrie“ in einem Sammelsurium
von Mobiliar hockt, liegt, herumsteht. Doch dann
geht das Licht wieder aus und der alte Mann im
Mond hockt im Frack auf einer Schaukel und
macht den Erzähler. Fehlerfrei, abgekocht, wunderbar. Tatsächlich eine Kooperation mit Patienten und Mitarbeitern der Bochumer Klinik für
Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin? Das Stück „Sin Sisters – In Betrachtung
des Mondes“ ist eine Uraufführung. Geschrieben
hat es die Dramaturgin und Theaterpädagogin
Verena Meyer, inszeniert wurde es von der Theatertherapeutin Sandra Anklam. Und es soll wohl
auch eine Therapie sein – eine gelungene.
Es gibt Stücke, die erreichen nur beim ersten
Sehen die inneren Strukturen der Atemlosigkeit.
„Verbrennungen“ von Wajdi Mouawad ist so
eins. Der im Libanon geborene frankokanadische
Autor beschreibt darin die dunklen Pfade, die
das Grauen des Krieges manchmal beschreitet,
ohne je das Licht am Ende des Weges finden zu
können. Verhandelt wird nicht nur die Unlogik
der Greul selbst, auch die möglichen Ergebnisse
dieser Handlungen.
Auf der Bühne im Essener Grillo tagt das Tribunal. Die Schauspieler treten auf. Ein Zwillingspaar muss seine Mutter begraben, nachdem diese fünf Jahre kein Wort mehr gesprochen hat.
Vom Testamentsvollstrecker erhalten sie zwei
Briefe, einen an den totgeglaubten Vater, einen
an den unbekannten Bruder. Sie werden aufgefordert, diese beiden Menschen zu finden und
die Schreiben zu überbringen. So weit so gut,
die Welt in der sie gelebt haben, scheint nicht
die Realität der Mutter gewesen zu sein. Simon
(Thomas Meczele) weigert sich, diesen letzten
Wunsch zu erfüllen, zu tief sitzt der Verlust an
Wärme und Kommunikation der vergangenen
fünf Jahre. Doch seine Schwester Jeanne (Marieke Kregel) macht sich auf die Suche nach einer
Wahrheit, die erst am Ende des Stücks zu einer
wirklichen Erschütterung führen wird.
Es ist eine schreckliche Vergangenheit im Nahen
Osten, in der Heimat ihrer Mutter, es sind grauenhafte Spuren, denen Jeanne nachgehen muss.
Martin Schulze inszeniert in unschuldig weißen
Bildern, auf weiten Flächen und doch mit viel
Choreografie in den Innenleben seiner Protagonisten. Dabei muss er mit zeitlichen Rückblenden arbeiten und die jeweilige Figur der Mutter
in der Zeit besetzen. Die Geschwister finden
„Die Frau die singt“, sie finden die Verletzungen,
die sich Feinde antuen können, unter dem immer gleichen Deckmantel des aufgezwungenen
Sachzwangs. Jeanne trifft Mitstreiter, wie Gegner, Geheimnisvolles scheint die Geschichte der
Mutter zu verschleiern, sie wusste mit Waffen
und Worten umzugehen und sie ist jahrelang
gefoltert worden. Am Schluss ist die Wahrheit
unvorhersehbar: die Briefe gehen an ein und dieselbe Person.
Unter dem Chador sind alle gleich. Die Rechtgläubigen und die Säufer. In Tichons Herberge
an der großen Straße sind sie fein säuberlich getrennt, nur der eiskalte Ofen trennt die Parteien,
die sich vor einem Unwetter in die Herberge geflüchtet haben. Es donnert, es grollt, Obertongesang und Düsenflieger, langsam hebt sich im
Theater an der Ruhr der Vorhang und gibt den
Blick frei auf ein lebendiges Gemälde, langsam
ganz langsam regen sich dort die schwarzen Gestalten vor dem Bluescreen. Weiße Sockel und
Kästen, mehr hat die Kneipe für 10 Rubel pro
Person nicht zu bieten und doch tun sich hier
Abgründe auf zwischen Himmel und Hölle. Mit
Gottes Hilfe wollen die Schatten den Morgen
erwarten, oder mit viel Wodka, wenn sie ihn
bezahlen können. Der Ping eines Sonargerätes
durchzieht den Abend, es wird keinen Kontakt
finden in dieser Herberge.
Jo Fabian inszeniert Tschechows frühe dramatische Skizze mehr als visuelle Performance denn
als Einakter. Es ist ein Loblied auf die allgemeine zeitlose Beiläufigkeit des Lebens, die auch
rezitiert wird. Kein Satz, dem im Sprachklang
irgendeine Bedeutung beigemessen wird, keine
Regung, die eine Aussage belegt. Nur zwischen
den Szenen, da wird getanzt auf der silbernen
Spiegelfläche, die einen wie die Derwische aus
Konya, die andern nach der „New World Order“,
das Prinzip ist austauschbar, alle streben nach
Bestätigung im Verharren in der Beiläufigkeit.
Die gestrandeten Landstreicher ebenso wie die
abstinenten Rechtgäubigen oder die Säufer. Tichons Herberge ist die Welt und drum herum ist
nur wütende Natur. Jo Fabian spielt mit Schatten, die hinter den Protagonisten ein Standbild
erzeugen, flüchtige Abbilder flüchtiger Momente, kaum tauscht man Belehrungen aus, sind
die Gedanken auch schon wieder verschwunden,
langsam, ganz langsam. Erst als der Säufer als
von der Liebe betrogener Gutsbesitzer identifiziert ist, organisiert sich der Haufen neu, es
entsteht augenblicklich eine Hackordnung des
Standes. Als die Frau, die ihn betrog, auftaucht,
will man sie erschlagen, doch draußen schneit
es. Was ist der Sinn? Zumindest Theater vom
Feinsten.
„Verbrennungen“ | R: Martin Schulze
Mi 1.4., Sa 11.4., So 12.4., Fr 17.4. 19.30 Uhr
Grillo-Theater Essen | 0201 812 26 00
„Auf der großen Straße“ | R: Jo Fabian
Do 2.4., Fr 24.4. 19.30 Uhr | Theater an der Ruhr,
Mülheim | 0208 599 01 88
„Sin Sisters“ in Bochum
Es geht intensiv um die Laster der Menschheit.
Hochmut, Neid, Habgier, Faulheit. Alle auf der
Bühne im kleinen Theater Unten können etwas
dazu sagen, haben ihre Erfahrungen und auch
das Talent, dies vor Publikum zu kommunizieren. Sie waren da, „ganz unten, wo die Scheiße
ist“, sie glauben nicht, dass Trägheit eine Sünde
ist, und doch, irgendwie scheinen alle von ihren
Erinnerungen getrieben einen neuen Morgen zu
erhoffen. Sandra Anklam inszeniert behutsam
auf einem riesigen Flokati, bricht die Szenen geschickt mit liebevoll unbeholfener Choreografie,
lässt dabei dem Einzelnen viel Raum, viel Bewegung in der Gruppe.
Nichts im Leben hat Bedeutung, diese ZenWeisheit an diesem Abend zu hören, macht
nachdenklich, während im Hintergrund leise
„Hurt“ von den Nine Inch Nails in der JohnnyCash-Version tönt. „I focus on my pain, the only
thing that‘s real“. Die Zeile fällt mir ein, während
sich die Gruppe auf den Weg macht, um einen
Berg zu besteigen, angetrieben von „der Einen“.
Ein beschwerlicher Weg, alle Krankheiten zu
überwinden. Doch er wird geschafft, und es ist
nicht das Ende. Manche wollen weiter ins gelobte Land, andere auf der Spitze bleiben. Einige
allerdings machen sich auf den Rückweg in die
Sicherheit. Auch das ist wie im richtigen Leben.
Der Mann im Mond kann davon berichten.
PETER ORTMANN
„Sin Sisters – In Betrachtung des Mondes“
R: Sandra Anklam | Fr 27.3., Sa 28.3. 19 Uhr
LWL-Universitätsklinikum, Bochum
0234 50 77 13 21
„Verbrennungen“ in Essen
„Auf der großen Straße“ in Mülheim
PETER ORTMANN
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PETER ORTMANN
Einfach beste Unterhaltung!
RFOLG
DER KINO-E STÜCK
R
ALS THEATE
DIE S C H W E IG S A M E
FR AU
Ziemlich
R IC H A R D S T R AU S S
beste
Musikalische Leitung Martyn Brabbins
Inszenierung Guy Joosten
Ausstattung Johannes Leiacker
Dramaturgie Alexander Meier-Dörzenbach
Choreinstudierung Alexander Eberle
Choreographie Matteo Marziano Graziano
Freunde
Nur noch im April!
Vorstellungen 1., 4., 19., 22., 24., 30. April 2015
Aalto-Theater
14. – 26.4.2015
Kartentelefon 0201/24
Tickets T 02 01 81 22-200
www.theater-essen.de
555 55
www.theater-im-rathaus.de · Porscheplatz 1 · 45127 Essen
0 4 – 0 15
T HEAT ER IM
PROGRAMM
OF F E N E Z W E I E RBEZ I E H U NG
VON DA R IO FO U N D
FRANCA RAME
PREMIE
SO 12.04.2015 / 18 Uhr
MI 13.05.2015 / 20 Uhr
MOBY DICK
NAC H DE M ROM A N VON
H E R M A N M E LV I L L E
PREMIE
DO 16.04.2015 / 20 Uhr
DO 21.05.2015 / 20 Uhr
BA R FUSS NACK T
H E R Z I N DE R H A N D
SC H AUSPI E L VON
A L I J A L A LY
PREMIE
SA 18.04.2015 / 20 Uhr
14
Oper in NRW
präsentiert
Liliana de Sousa als Carlotta und Franz Hawlata als Kapitän Morosus, Foto: Matthias Jung
SA / 18.04.2015 / 20 Uhr
SO / 17.05.2015 / 19 Uhr
Henning Schmidtke
Lisa Feller
„Hetzkasper –
zu blöd für Burnout“
„Guter Sex
ist teuer“
DO / 23.04.2015 / 20 Uhr
DO / 28.05.2015 / 20.30 Uhr
René Steinberg
Dave Davis
„Gebt dem Unsinn
das Kommando“
„AFRODISIAKA! Lachen
ist der beste Medizinmann“
Jack Sparrow singt Oper
Guy Joosten inszeniert „Die schweigsame Frau“ in Essen
Von Karsten Mark
Nur ein einziges Mal hat sich Richard Strauss an eine komische Oper gewagt.
1935 erlebte „Die schweigsame Frau“ eine erfolgreiche Uraufführung und
verschwand dann schnell in der Versenkung. Die Nazis hatten dafür gesorgt,
weil Strauss den Namen des jüdischen Librettisten Stefan Zweig nicht unter den Teppich „Joosten zieht wahrlich
alle Register“
kehren wollte. Alle Wiederbelebungsversuche
nach dem Krieg blieben weitgehend vergeblich.
„Die schweigsame Frau“ ist auf kaum einer Opernbühne zu finden. Das Essener
Aalto-Theater startet nun einen neuen Versuch. Regisseur Guy Joosten hat sie
neu inszeniert und ist sich bewusst, dass Straussens Humor eher speziell war.
„Man muss Strauss schon kennen, damit es lustig wird“, hatte Joosten vor der
Essener Premiere gesagt. Als Vorab-Entschuldigung muss man das glücklicherweise nicht verstehen, denn Joosten zieht wahrlich alle Register, um den drei
Aufzügen ein Höchstmaß an Komik zu entlocken. Herausgekommen ist eine
schrille, bunte Version, die wirkungsvoll und gekonnt mit Filmzitaten und Elementen der Commedia dell´arte gewürzt ist.
Die Regie musste sich dafür gar nicht groß verrenken, denn die Geschichte
liefert bereits erstklassige Ansätze. Hauptfigur ist der alte Kapitän Morosus, der
bei seinen Seefahrten offenbar allerhand Dublonen eingeheimst hat. Joosten
und Ausstattungs-Altmeister Johannes Leiacker zeigen eine ergraute Version
des Kino-Piraten Jack Sparrow, der auf einer Insel in seiner Schatztruhe haust.
Darum herum wuselt die Haushälterin in einem papageienbunten Glitzerkostüm, welches gut aus dem Fundus des DDR-Fernsehballetts stammen könnte,
und feudelt die Kakteen ab. Leider kann sie nie die Klappe halten, was der alte
Pirat schon deshalb kaum ertragen kann, weil er vom lauten Kanonendonner
ein Problem mit seinen Ohren hat.
Eine schweigsame Frau soll her – möglichst jung und folgsam. Die schüchterne
„Timidia“ scheint genau zu passen, doch in Wahrheit ist sie die verkleidete
Ehefrau des enterbten Neffen, die dem Alten eine Lektion erteilen soll. Die
Geschichte nach einer englischen Komödie aus dem 17. Jh. hat es mehrfach
auf die Opernbühne geschafft. Deutlich bekannter als Straussens Version ist
Donizettis „Don Pasquale“. Zweigs Libretto hat mehr Tiefgang, aber auch mehr
Längen. Eine spritzige Komödie ist es nicht.
Vor allem Strauss-Fans dürfte die Essener Inszenierung locken, und die werden auch musikalisch nicht enttäuscht. Dirigent Martyn Brabbins leitet die
Essener Philharmoniker mitunter mit leicht angezogener Handbremse. Das ist
gut für einen differenzierten Klang und schont die Sänger,
die solche Rücksichtnahme allerdings kaum nötig haben.
Allen voran dominiert Franz Hawlata als alter Pirat den
Abend. Eigentlich ist er viel zu cool und charismatisch, um
als einfältiger Alter durchzugehen. Seine stimmliche und
physische Präsenz ist enorm. Julia Bauer ist als vermeintlich „schweigsame Frau“ eine ebenbürtige Partnerin, die
Karsten Mark
sehr schön zwischen der lammfrommem Timidia und der
Journalist mit Schwerpunkt (Musik-)Theater kratzbürstigen Aminta changiert.
„Die schweigsame Frau“ | 1.4., 22.4., 24.4., 30.4. je 19.30 Uhr, 4.4. 19 Uhr,
19.4. 16.30 Uhr | Aalto-Theater, Essen | 0201 812 22 00
15
Weitere Veranstaltungen und Informationen unter
www.bahnhof-langendreer.de sowie auf Facebook
www.facebook.com/BahnhofLangendreerBochumKulturzentrum
Wallbaumweg 108, 44894 Bochum, 0234/6871610
Grugahalle: alles ist möglich.
28 | 05 | 2015 –
30 | 05 | 2015
06 | 06 | 2015
10 | 07 | 2015 –
19 | 07 | 2015
03 | 10 | 2015
18 | 10 | 2015
24 | 10 | 2015
06 | 11 | 2015
08 | 11 | 2015
14 | 11 | 2015
16 | 11 | 2015
19 | 12 | 2015
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Mario Barth
„Männer sind bekloppt,Aaber
Russia´n Rocks Festival mit DDT u.a.
Sommerfest
Subergs Ü-30 Party
Der Pate
Kaya Yanar
Bibi Blocksberg
Schallplattenbörse
Konzert Gwiazd
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an der Grugahalle
„Mehr als eine Party“
Live in concert
„Around the World“
Das Hexen-Musical
„Hexen hexen überall!“
im Foyer
Live 2015
Liebe Live 2015
Albumtour 2015/2016
Terminstand: März 2015 . Änderungen vorbehalten . [email protected] . www.grugahalle.de
Ticket-Hotline:
MESSE ESSEN GmbH
Geschäftsbereich Grugahalle
Norbertstraße . D-45131 Essen
Telefon: +49.(0)201.7244.0
Telefax: +49.(0)201.7244.500
Montag bis Freitag 10.00 – 18.30 Uhr
02 01.72 44 290
VERBRENNUNGEN
von Wajdi Mouawad
Deutsch von Uli Menke
Vorstellungen 1., 11., 12., 17. April;
10., 30. Mai 2015
Grillo-Theater
Tickets T 02 01 81 22-200
www.schauspiel-essen.de
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16
Tanz in NRW
»SEXY, SCHNELL UND SENSATIONELL!«
„Der letzte Schrei“, Foto: Roger Rossel
Tanz satt
Das Festival tanz nrw 15 zeigt den Reichtum der Tanzszene
Von Thomas Linden
In der Kultur hat die Neugierde der Menschen immer dazu geführt, dass man
über den Zaun schaute. Die Tanzkunst lockt ihr Publikum in NRW schon seit
Jahren in die Metropolen am Rhein. Aus Westfalen würde man sich noch ein
wenig mehr Zuspruch wünschen. So startet das Festival tanz nrw 15 in diesem „Das Tanz-Land NRW braucht
Frühjahr in acht Städten, siebenmal im
Nachwuchs“
Rheinland (Bonn, Köln, Düsseldorf, Wuppertal, Krefeld, Essen und Viersen) und einmal in Münster, im bewährten Pumpenhaus.
Das Programm eignet sich gut für den Einstieg ins Metier oder um sich über
den Stand der gegenwärtigen Ästhetik zu informieren. 17 Ensembles zeigen
19 Produktionen vom 16. bis 28. April, alle Arbeiten entstanden in NRW, so
dass das Festival als Blütenlese den Gruppen noch einmal Aufführungsmöglichkeiten in der Region bieten kann. Gestartet wird in drei Städten. So zeigt
am Eröffnungswochenende Felix Bürkle aus Düsseldorf in der Kölner TanzFaktur seine aufsehenerregende Choreographie „you, the other“, in der er den
Moment erforscht, in dem die Erotik zwischen zwei Menschen zündet. Im
Carlsgarten vor dem Depot des Kölner Schauspiels präsentiert Angie Hiesl eine
Performance, die das Spiel mit den Identitäten probt.
Die magischen Bildwelten der Märchen zaubern Reut Shemesh und das Duo
Overhead Project mit „The Boy, Who Cries Wolf“ auf die Bühne des Tanzhauses.
Eine subtile, bildgewaltige Produktion, die sich in die Erinnerung eingräbt. Für
Düsseldorf bietet Köln das Beste mit dem MichaelDouglas Kollektiv und seiner
Ensemble-Produktion „Golden Trash“, die 2013 den Kölner Tanzpreis gewann.
Mit großer Verve zeigt die Truppe, wie sich Beziehungen zwischen Körpern
herstellen und wieder auflösen. Eine Produktion, die anschaulich demonstriert,
wie erzählerisch Tanz sein kann, ohne dass dabei eine Geschichte erzählt werden müsste. Wie der Körper aus den zweidimensionalen Bildern der erotischen
Verheißung zu einem realen Objekt im Raum wird, und wie er seinen Chic
verliert und darüber seine Sinnlichkeit gewinnt, zeigt Ben J. Riepe in Essen auf
PACT Zollverein, wo er den dritten Teil seines Großprojekts „Der letzte Schrei“
vorstellt. Der 4. Teil ist dann am 23. April in der Generatorenhalle in Viersen
zu sehen.
Das Tanz-Land NRW braucht Nachwuchs, deshalb startet
mit der Reihe „Sprungbrett“ in diesem Jahr ein Projekt für
junge Choreografen, das eine Brücke zwischen dem Studium und dem Eintritt in die Tanzszene schlagen soll. Drei
Wochen haben die Akteure in Residenzen am Rhein mit
professionellen Coaches gearbeitet, um dann in verschiedenen Städten ihre Arbeiten vorzustellen. Darüber hinaus
Thomas Linden
Journalist und Jurymitglied des Kölner Kinder- lädt das Festival wieder zu Workshops und Besuch der Stuu. Jugendtheaterpreises dios einiger ausgesuchter Choreografen ein.
tanz nrw 15 | 16.4.-28.4. | www.tanz-nrw-15.de
trailer verlost 1x2 Karten für die Veranstaltung Cocoon Dance Company:
Pieces of Me auf PACT Zollverein in Essen am 19.4. um 16.00 Uhr.
E-Mail bis 12.4. an [email protected], Kennwort: tanz nrw 2015
17
8. MAI – 23. AUGUST 2015
CAPITOL THEATER DÜSSELDORF
Tickets & Infos: www.tap-dogs.de
www.eintrittskarten.de oder 0211-73440
SHAKESPEARE
FESTIVAL
im Globe Neuss
28. Mai bis 27. Juni 2015
www.shakespeare-festival.de
biograph.de
Das MeinungsMagazin
Ruhrgebiet
trailer-ruhr.de
Theater-Kalender Ruhr
Prolog
= Premiere
= trailer-Empfehlung auf den Auswahlseiten
STADTTHEATER
SCHAUSPIELHAUS BOCHUM
0234 33 33 55 55
Hamlet Do 2.4. 19.30
Hexenjagd Fr 3.4., Sa 25.4. 19.00
Viel Lärm um Nichts Sa 4.4., Fr 10.4. 19.30
Drei Männer im Schnee
So 5.4. 19.00, Mo 6.4. 17.00
Bochum Do 9.4. 19.30
„Homezone“, DIN A 13 tanzcompany, Foto: © Meyer Originals
Bewege das Unmögliche
Die „Farben des Tanzes“ am Theater Hagen
Es gibt in der kulturellen Evolution immer noch Nischen, die eigentlich keine
sein müssten. Ursachen sind oft eingefahrene Sehgewohnheiten und der
dazu gehörende Glaube, visuelle Ästhetik allein über bekannte und normierte Parameter zu definieren. Einen Weg, diesen Tatbestand zu dekonstruieren, ist beispielsweise das Medium des so genannten „mixed-abled
Tanz“, der TänzerInnen mit unterschiedlichen Körperlichkeiten präsentiert.
Ausgerechnet in einer Kunstsparte, die mit brachialer Präzision und millimetergenauem Körpergefühl wuchert, was hat ausgerechnet da ein Mensch
mit Down-Syndrom zu suchen?
Bevor die Vorurteile wieder ihren Weg in eingefahrene Bahnen finden, machen wir uns auf den Weg nach Hagen, für acht Tage steht im Juni das Theater dort ganz im Zeichen eines deutschlandweit einmaligen Tanzfestivals.
Die „Farben des Tanzes“ präsentieren genau diesen „mixed-abled Tanz“, der
beispielsweise in England schon seit Jahrzehnten eine riesige Fangemeinde hat, der aber in Deutschland dieses Nischendasein fristen muss, ohne
Grund, wie man bereits an der Kölner DIN A 13 tanzcompany sehen konnte,
die schon mehrfach mit internationalen Koproduktionen im Düsseldorfer
tanzhaus zu sehen war.
Seit Gründung des Ensembles durch die Choreografin Gerda König ist es
international eines der wenigen Tanzensembles, deren Mitglieder sich aus
Tänzern mit unterschiedlichen Körperlichkeiten zusammensetzen. Das Unerwartete eines anderen Körpers wird zur ästhetischen Erfahrung, deren
Ausdruck neue Qualitätsmaßstäbe setzt und im krassen Kontrast zu den
klassischen Vorstellungen steht. Sie eröffnen das Hagener Festival mit „Unperfectly Perfekt“. Initiator Ricardo Fernando hat für die „Farben des Tanzes“
weitere nationale (Miriam Michel und dorisdean) und internationale Gruppen eingeladen, die ihre Aufführungen im Hagener opus präsentieren. Da
kommt aus England die Candoco Dance Company mit fähigkeitsgemischten
Tänzern, die bereits 1991 gegründet wurde. Sie wollen die Wahrnehmung
der Zuschauer herausfordern, sie sind witzig, aber auch ergreifend und
arbeiten mit dem bildenden Künstler Hetain Patel zusammen. „Let‘s Talk
About Dis!“ ist also gleichzeitig Performance, Installation, Video, Fotografie
und Skulptur, die Gruppe verwischt die Grenzen zwischen Theater, Galerie
und Film. Einen ähnlichen Weg geht das Culture Device Dance Project, eine
experimentelle Compagnie für professionelle Tänzer mit Down-Syndrom.
Die britische TV-Schauspielerin und Tänzerin Sarah Gordy und der Tänzer
John Livingston arbeiten mit Improvisation und experimentellen elektronischen Klängen, wollen so unter der Leitung von Daniel Vais auch Grenzen
in den Bereich einer neuen Choreografie verschieben.
Aus Brasilien kommt das Ballet de Cegos, die einzige professionelle Balletttruppe für Blinde in der Welt, die Highlights des klassischen Balletts
auf Spitze zeigt. Die Schule besteht bereits seit 1995 und wurde von der
Tänzerin und Physiotherapeutin Fernanda Bianchini gegründet. Über 300
Kinder wurden dort bereits ausgebildet.
PETER ORTMANN
Die Unvernünftigen sterben aus Do 9.4. 20.00
[fi’lo:tas] Fr 10.4. 20.00
Die Nibelungen Sa 11.4. 18.00, So 12.4. 16.00
Hedda Gabler Mi 15.4. 19.30
Ein Mann will nach oben So 18.4. 19.30
Frauen am Rande des
Nervenzusammenbruchs So 19.4 17.00
Onkel Wanja Fr 24.4. 20.00
Michel aus Lönneberga
So 26.4. 12.00 u. 16.00, Mo 27.4. 9.30
Der Besuch der alten Dame Do 30.4. 19.30
THEATER DORTMUND
0231 502 72 22
Die Möglichkeit einer Insel
Sa 4.4., Do 16.4. 19.30
Häuptling Abendwind und die Kassierer.
Eine Punk-Operette
MUSIKTHEATER IM REVIER GELSENKIRCHEN
0209 409 72 00
Rigoletto So 5.4. 18.00; Mi 25.4. 19.30
Der Zauberer von Oz
So 12.4., So 19.4. 18.00; Sa 18.4., Fr 24.4. 19.30
Zauberflöte – kurz gefasst Mi 15.4. 11.00
Der Tod und die Malerin Do 23.4. 19.30
Die Csárdásfürstin So 26.4. 18.00
OPER DORTMUND
0231 502 72 22
Don Giovanni Mi 1.4., Do 9.4, Sa 18.4. 19.30
Anatevka – Fiddler on the Roof Fr 10.4. 19.30
Der Rosenkavalier So 12.4. 15.00
Saul Sa 25.4. 19.30
VARIETÉ & BOULEVARD
DAS KLEINE THEATER ESSEN
0201 520 98 52
Ganze Kerle Sa 4.4., Sa 18.4., Sa 25.4. 20.00
Falsche Schlange Fr 10.4., Fr 17.4. 20.00
Das Urteil Sa 11.4., 20.00
5 Frauen und ein Mord So 19.4. 15.00
Lügen über Lügen Fr 24.4. 20.00
Fr 10.4. 19.30, So 26.4. 18.00
Hamlet So 12.4. 18.00
Elektra Mi. 15.4., Fr 24.4. 19.30
Szenen einer Ehe Sa 18.4. 19.30
GOP VARIETÉ ESSEN
0201 245 55 55
Tod eines Handlungsreisenden So 19.4. 18.00
Drama Queens – Neue Songs aus der Kantine
je Mi 20.00, Do 20.00, Fr 18.00 u. 21.00, Sa 18.00 u.
21.00, So 14.00 u. 17.00
Sa 25.4. 19.30
Das Fest Mi 29.4. 19.30
The Return of Das Goldene Zeitalter
Do 30.4. 19.30
Rockabilly
THEATER IM RATHAUS ESSEN
0201 245 55 55
Auf und davon
THEATER DUISBURG
0203 300 91 00
bis 12.4.: Di-Fr, 19.30; So 19.00; Mi 1.4., Sa 11.4.
16.00; Sa 4.4. 19.30
Das kunstseidene Mädchen Fr 10.4. 19.30
„Kunst“ Do 16.4. 20.00
Haydi! Fr 17.4. 19.30
Der kaukasische Kreidekreis
14.4.-26.4.: Di-Fr, 19.30; So 19.00; Sa 18.4. 16.00,
Sa 25.4. 19.30
Das hat man nun davon 27.4.-30.4.: 19.30
Sa 25.4. 19.30; Di 28.4., Mi 29.4. 20.00
VARIETÉ ET CETERA
0234 130 03
Das Chaos-Hotel Do-Sa 20.00, So 19.00
THEATER ESSEN
0201 812 22 00
Wolken.Heim. Mi 1.4., Mi 15.4., Fr 24.4. 19.00
Verbrennungen
Mi 1.4., Sa 11.4., Fr 17.4. 19.30; So 12.4. 16.00
Manderlay Fr 10.4. 19.30; So 19.4. 19.00
Eine Jugend in Deutschland Do 16.4. 19.30
Alles ist erleuchtet So 19.4., Mo 27.4. 19.30
Wir sind die Guten Sa 25.4. 19.30
Die Odyssee Di 28.4. 19.30
Die lächerliche Finsternis MI 29.4. 19.00
THEATER OBERHAUSEN
0208 857 81 84
Jackie the Kid Fr 10.4., Sa 11.4 19.30
So viel Zeit So 12.4. 17.00; Do 16.4. 19.30
Die Räuber Di 14.4. 11.00
Hamlet Mi 15.4 19.30, So 19.4. 18.00
Die Schutzbefohlenen
Ziemlich beste Freunde
FREIE SZENE
EBERTBAD OBERHAUSEN
0208 205 40 24
Ganz oder gar nicht – Ladies Night
Do 2.4., Sa 4.4., Do 9.4., Fr 10.4., Sa 11.4. 20.00; So
5.4., So 12.4. 19.00
Puffpaffs Badeanstalt Di 14.4. 20.00
Emmi & Willnowsky Mi 15.4. 20.00
Michy Reincke Fr 17.4. 20.00
Hennes Bender Mi 22.4. 20.00
Ingo Oschmann Do 23.4. 20.00
Tony Mono Fr 24.4. 20.00
Frieda Braun Sa 25.4. 20.00
Trude träumt von Afrika So 26.4. 19.00
Carmela de Feo Mi 29.4. 20.00
Fr 17.4., Sa 18.4., Mi 22.4., Fr 24.4. 19.30
Die Orestie Sa 25.4. 19.30
Das Gartenhaus So 26.4. 18.00
KATAKOMBEN-THEATER ESSEN
0201 430 46 72
THEATER AN DER RUHR MÜLHEIM
0208 96 09 60
Schwarzlichtheater So 12.4. 15.30
Heute wieder Rotkäppchen?! Di 21.4. 10.30
Der Traumfänger – Ein Familienfestival
Auf der großen Straße Do 2.4., Fr 24.4. 19.30
Clowns 2 1/2 Sa 4.4. 19.30; So 19.4. 18.00
Savaş (Krieg) Sa 11.4. 19.30
Eines langen Tages Reise in die Nacht
PRINZ REGENT THEATER BOCHUM
0234 77 11 17
So 12.4., So 26.4. 19.30
MUSIKTHEATER
AALTO MUSIKTHEATER ESSEN
0201 812 22 00
Die schweigsame Frau
Mi 1.4., Mi 22.4., Fr. 24.4., Do 30.4 19.30; Sa 4.4.
19.00; So 19.4. 16.30
La Traviata Do 2.4. 19.30, So 5.4. 18.00
Peter und der Wolf Mo 6.4. 11.00
Die Entführung aus dem Serail So 26.4. 16.30
„Farben des Tanzes“ | 31.5.-7.6. | Theater Hagen | 02331 207 32 18
18
Sa 25.4. 18.00, So 26.4. 16.00
Die Verwandlung
Fr 10.4., Sa 11.4, Fr 17.4. Di 28.4., Mi 29.4. 20.00
Es ist nie genug Mi 15.4., So 19.4. 20.00
Toi toi buh! Sa 18.4. 20.00
Tschick Di 21.4., Mi 22.4. 20.00
Reden mit Mama Fr 24.4., Sa 25.4. 20.00
THEATER IM DEPOT DORTMUND
0231 982 23 36
Die erste Bahn Sa 11.4. 20.00
Offene Zweierbeziehung So 12.4. 18.00
Moby Dick Do 16.4. 20.00
Barfuß nackt Herz in der Hand Sa 18.4. 20.00
Der Sturm Do 23.4., Do 30.4. 12.00
Blasphemie eines Irren Fr 24.4. 20.00
www.trailer-ruhr.de
DAS GLÜCK AN
MEINER SEITE
EIN FILM VON GEORGE C. WOLFE
www.dasglueckanmeinerseite-film.de
ab 16.4. im Kino
GOUDEN KALF 2014
Publikumspreis
culture club
präsentiert: Kino-Oper
präsentiert: Kino-Café
REMBRANDT AWARD 2014
Bester holländischer Film
CAVALLERIA
RUSTICANA/BAJAZZO
HONIG IM KOPF
Live aus der Metropolitan Opera in New
York: Cavalleria Rusticana und Bajazzo.
Die beiden Werke liegen thematisch
dicht beieinander: Liebe, Sehnsucht
nach Abenteuern und Betrug prägen das
Leben der Protagonisten. Zwei kraftvolle
Bühnenereignisse, in italienischer Sprache gesungen und deutsch untertitelt.
Til Schweiger inszeniert dieses AlzheimerDrama mit Dieter Hallervorden in der Rolle
des Familienoberhaupts, das schleichend
sein Gedächtnis verliert. Als sein Sohn den
einstigen Lebemann ins Heim schicken will,
schnappt sich Enkelin Tilda ihren Opa und
entführt ihn Richtung Italien. Tragikomisches Roadmovie.
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AB 9. APRIL 2015 IM KINO!
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culture club
Cinemaxx Essen
Berliner Platz 4/5
45127 Essen
0201 82 03 00
UCI Kinowelt Ruhr Park
Am Einkaufszentrum, Bochum
Karten: 0234 239 02 34
Cinemaxx Mülheim
Humboldtring 1
45472 Mülheim/Ruhr
0208 78076
UCI Kinowelt Duisburg
Neudorfer Straße 36-40
Karten: 0203 301 91 91
trailer verlost je Kino 1x2 Karten
E-Mail bis 19.4. an
[email protected]
Kennwort: Bajazzo
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Sa 25.4. 18.30 Uhr
Mein Film, mein Kino, meine Meinung
20
trailer verlost je Kino 3x2 Karten
E-Mail bis 27.4. an
[email protected], Kennwort:
„Honig in Bochum“ oder „Honig in Duisburg“
Mi 6.5. 14.30 Uhr
trailer-ruhr.de Forum
Film-ABC
Vorspann
KULTUR.KINO.RUHR.
April 2015
FILMKRITIK-ÜBERSICHT
FILMSTART-TERMINE
26.3.
2.4.
9.4.
16.4. 23.4.
26
10 Milliarden – Wie werden wir alle satt?
X
26
A Blast – Ausbruch
X
35
A Girl Walks Home Alone at Night
35
Best Exotic Marigold Hotel 2
30
Big Eyes
34
Cake
28
Das andere Rom – Sacro GRA
28
Das blaue Zimmer
24
Das Glück an meiner Seite
32
Der Kaufhaus Cop 2
25
Der kleine Tod. Eine Komödie über Sex
32
Der Knastcoach
32
Der Nanny
30
Dessau Dancers
32
Die Coopers – Schlimmer geht immer
29
Die Gärtnerin von Versailles
28
Die neue Wildnis – Große Natur in einem kleinen Land
25
Eine neue Freundin
28
Elser
35
Every Thing Will Be Fine
34
Ex Machina
32
Fast & Furious 7
X
32
Gespensterjäger
X
25
Härte
32
Halbe Brüder
32
Home – Ein smektakulärer Trip 26.3.
22
In meinem Kopf ein Universum
34
Judgement – Grenze der Hoffnung
32
Kocan Kadar Konuş
34
Mara und der Feuerbringer
34
Marvels The Avengers: Age of Ultron
X
26
Mülheim – Texas. Helge Schneider hier und dort
X
26
N – Der Wahn der Vernunft
31
Nur eine Stunde Ruhe!
X
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X
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30.4.
X
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X
X
X
Ruined Heart: Another Lovestory Between a Criminal & a Whore
32
Run All Night
34
Shana – The Wolfs Music
35
Something Must Break
34
The F Word – Von wegen nur gute Freunde!
34
The Pyramid – Grab des Grauens
33
Tod den Hippies!! Es lebe der Punk!
32
Top Five
35
Verfehlung
32
Warte, bis es dunkel wird
X
Winnetous Sohn
X
30
Zu Ende ist alles erst am Schluss
Einig in der Vielfalt
X
25
Standpunkt Kino
Fährt mit der Wildwasserbahn ins Kino: Lisa Mertens
X
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X
Es lebe die kontroverse Diversität! Das scheint der Feminismus inbrünstig
zu rufen. Während die einen schon eine tiefe Aversion angesichts ihrer
eindimensionalen Vorstellung von humorloser Misandrie verspüren, geht es
bei den anderen hoch her: Slutwalks gegen Victim blaming oder doch bloß
die Unterwerfung unter das Gebot der Sexiness? FEMEN gegen das Patriarchat und kirchliche Dogmen oder eher imperialistisch und elitär? Riot Grrrl,
Pink stinkt, One Billion Rising, #NOmeansNO und #Aufschrei. Binnen-I,
Gender_Gap und die Wildcard der Informatik*. Willst du mit mir Frauenquoten? Ja, Nein, Vielleicht. Simone de Beauvoir, Alice Schwarzer, Angela
McRobbie, Judith Butler, Sheryl Sandberg, Anne Wizorek, Sookee, Laurie
Penny und und und. Quot capita, tot sensus, wie bereits das Thema FRAUENMENSCHEN der letzten trailer-Ausgabe nahelegte. Doch auch wenn all
die feministischen Strömungen in unserem Kopf einer großen Wildwasserbahn zu gleichen scheinen, haben sie dasselbe Ziel: die Gleichstellung der
Geschlechter. Und für dieses Ziel haben die vielfältigen Strömungen und
Standpunkte mit Hinblick auf ihren Hintergrund und ihre Zielgruppe eine
Berechtigung.
Aber was hat das mit dem Kino im April zu tun? Vom 14.-19. April zeigt
das Internationale Frauenfilmfestival IFFF Dortmund | Köln ein breites
Spektrum an Standpunkten und eröffnet die Möglichkeit, eigene Standpunkte zu formulieren. Mit dem Selbstverständnis, als Plattform für weibliche Filmschaffende zu fungieren, stellt es Entwicklungen in der Filmarbeit
wie auch die unterschiedlichsten Filmarbeiten selbst vor. Gespräche mit
Regisseurinnen, Konzerte, Performances, der Girls‘ Focus-Workshop „Auf
der Suche nach Frauen(vor-)bildern im Film“ sowie die Podiumsdiskussion
zu Frauen in Männerdomänen mit der Frage nach der Frauenquote bieten
dabei zahlreiche Formen, Standpunkte auszutauschen, auszudrücken und
vielleicht auch auszuhalten.
Noch kontroverser und vielfältiger als im Feminismus sind Standpunkte
und Strömungen im Bereich des Glaubens vertreten. Sie tragen zu Krieg
und Unterdrückung, aber auch zu innerem Halt und dem Streben nach
einer gerechten Lebensführung bei. Am 26. April stellt sich nach dem
preisgekrönten und diskussionsoffenen Film „In einer besseren Welt“ in der
Dortmunder Reinoldikirche die Frage, wie die Standpunkte des christlichen
Glaubens, wie die Sichtweisen der Bibel zu einer besseren, gerechteren
Welt führen können. In St. Reinoldi gehen Kirche und Kino regelmäßig im
Rahmen der gleichnamigen Reihe aufeinander zu, tauschen sich aus und
loten ihre Standpunkte zu den schwierigen Fragen dieser Welt aus.
Auf die schwierigen Fragen dieser Welt kann gewiss keiner einfache Antworten geben. Auch nicht der Feminismus und auch nicht der Glaube. Doch
in einer offenen Auseinandersetzung, in einem offenen Austausch von vielfältigen Standpunkten und Meinungen können Ansätze gefunden werden.
Und dabei kann das Kino, indem es Realitäten anschaulich vermittelt, eine
wichtige Rolle spielen.
LISA MERTENS
Wertung unter den Filmkritiken:
1(
) bis 6 (
) 6 Punkte = Höchstwertung
Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche
21
Mein
Meein
i Lesezeichen
Film des Monats
Mateus (Dawid Ogrodnik) versucht, sich mitzuteilen
Dämmerzustand
„In meinem Kopf ein Universum“ von Maciej Pieprzyca
Bewegende Erzählung einer tragischen Fehldiagnose.
C Unkonventionelles Behindertendrama
„Jeder weiß: Man spielt nie einen Vollbehinderten! Dustin Hoffman, ‚Rain
Man‘: Hat ‘nen Behinderten gespielt, nur der konnte auch was. Autistisch ja,
aber nicht behindert. Oder Tom Hanks, ‚Forrest Gump‘: Langsam, ja, aber er hat
Nixon amüsiert und ‘nen Ping-Pong-Wettbewerb gewonnen. Das ist nicht behindert. Frag Sean Penn, 2001, ‚Ich bin Sam‘ – der Vollbehinderte ist leer ausgegangen!“ Soweit ein (gekürztes) Zitat aus der Hollywoodsatire „Tropic
Thunder“. Robert Downey junior erklärt darin in der Rolle eines überambitionierten Method Actors die Regeln Hollywoods. Seine Ausführungen sind
zynisch, aber sie sind nicht grundlegend verkehrt. So heimste erst kürzlich
Eddie Redmayne als Stephen Hawking, sprich als hochbegabter ALS-Patient
den Oscar ein („Die Entdeckung der Unendlichkeit“). Schlussendlich setzen
derlei Dramen bloß jene Political correctness um, wonach behinderte Menschen nicht als behindert, sondern als alternativ begabt zu betiteln sind.
Dem Leid ein Schnippchen schlagen
Derzeit starten verstärkt Spielfilme über körperlich behinderte oder tragisch
erkrankte Menschen. Vor allem Hollywood setzt alles daran, dem Leid, ja
selbst dem sicheren Tod eines Protagonisten vorm Abspann noch ein
Schnippchen zu schlagen. Da bildet das Alzheimer-Drama „Still Alice“ nur
eine Ausnahme der Regel. Eine Regel, die in diesem Monat von „Das Glück an
meiner Seite“ bereits wieder bestätigt wird. Dabei ist ein gewisses Glück im
Unglück des anderen gar nicht anrüchig, schweißt doch das traurige Schicksal des einen seine Begleiter oftmals zusammen, versöhnt und erdet alle
Beteiligten. Für Hollywood allerdings ist eine solche Fügung zwanghafter Standard. Wenn der Protagonist stirbt, wird vor dem finalen Black noch schnell
ein Baby geboren. Oder das Sterben des einen verpasst dem anderen den Kick
zurück ins Leben.
Während sich Hollywood zurzeit verstärkt mit ALS- und Alzheimer-Dramen
auseinandersetzt und damit vor allem den tragisch bewussten Kontrollverlust
thematisiert, setzt Frankreich auf Feel-trotzdem-Good-Behindertendramen
wie „Ziemlich beste Freunde“. Deutschland hat Til Schweiger („Honig im
Kopf“). Und Polen? Ja, Sie lesen richtig: Polen. Unser Nachbarland beschert
uns nämlich in diesem Monat das auf wahren Begebenheiten beruhende
Drama „In meinem Kopf ein Universum“. Erzählt wird die Geschichte des jungen Mateus (Dawid Ogrodnik), der an einer zerebralen Bewegungsstörung leidet und bereits in früher Kindheit von den Ärzten als geistig behindert eingestuft wird. Die Diagnose allerdings ist ein Irrtum, Mateus ist bei klarem
Mein Film, mein Kino, meine Meinung
Verstand. Nur kann er dies aufgrund seiner Behinderung nicht vermitteln.
Über zwei Jahrzehnte lang lebt er in diesem tragischen Dämmerzustand, bis
ein Zufall das Schicksal wendet.
Einfach auch mal schelmisch
Dieser Film ist zuerst einmal deshalb herausragend, weil Hauptdarsteller
Dawid Ogrodnik („Ida“) schlichtweg brilliert und mit seiner Leistung OscarGewinner Eddie Redmayne mit einem Wimperzucken in den Schatten stellt.
Vor allem aber nähert sich das Drama völlig unvoreingenommen und fernab
üblicher Konventionen seiner Geschichte. Es verzichtet auf standardisierte
(Nicht-)Betroffenheit und gibt sich stattdessen einfach auch mal schelmisch.
Dies gelingt nicht zuletzt über den Einsatz der Musik (Bartosz Chajdecki), bei
der vor allem ein schon surreal munter gepfiffenes Thema ins Ohr geht. Zum
anderen sorgt der Off-Kommentar des Protagonisten, der sich gegenüber seinen Mitmenschen zu keinem Zeitpunkt verbal mitteilen kann, für vielerlei
Einblicke, die auch vor Selbstironie und Zynismus nicht Halt machen. Der Film
behält durchweg den Ernst und den Respekt vor seinem Thema. Nur wirkt
kaum etwas konstruiert oder herkömmlich. Regisseur Maciej Pieprzyca inszeniert schlicht, frei und klein.
Auffallend ist, dass dieses Behindertendrama, anders als die meisten zitierten
Filme, in einem geerdeten Lebensumfeld angesiedelt ist. Fast alle Protagonisten ähnlicher aktueller Filme – „Ziemlich beste Freunde“ treibt es auf die
Spitze – entstammen einem gehoben bürgerlichen, finanziell abgesicherten
Umfeld, was ihnen die monetäre Sorge und die Verlegung in eine Pflegeanstalt
erspart. Das ist dramaturgisch nachvollziehbar, da sich die Geschichte damit
ungetrübt auf das Leid des Opfers fokussieren kann. Doch notwendig ist das
nicht, wie dieser Film beweist. Mateus entstammt einer Arbeiterfamilie, die
Kasse ist klein, doch das Herz daheim ist groß. Und wenn es mal nicht weiter
geht, muss Mateus in ein Heim, und die Geschichte geht trotzdem weiter.
„In meinem Kopf“ ist erfrischend anders, weil er innerhalb jener Genrewelle
neue Akzente setzt. Auch wenn er ganz im Sinne von „Tropic Thunder“ von keinem „Vollbehinderten“ erzählt – Mateus ist es nicht, nur denken alle, er wäre
es. Auch dieses Drama schlägt dem Leid am Ende noch ein Schnippchen. Aber
es bewegt uns dabei so anders und ist deshalb in diesem Monat unsere besondere Empfehlung.
HARTMUT ERNST
IN MEINEM KOPF... Seattle: Bester Hauptdarsteller, Dawid Ogrodnik
PL 2013 - Drama - 111 Min - ab 6 J. - Regie: Maciej Pieprzyca
mit: Dawid Ogrodnik, Kamil Tkacz, Dorota Kolak
Start: 9.4.
BO: Metropolis/Casablanca, DO: sweetSixteen, E: Filmkunsttheater
22
trailer-ruhr.de Forum
Kritikerspiegel Ruhr
April 2015
Die häufigsten Nennungen
Sebastian
Ko
WDR
Ingrid
Bartsch
ARD
1 LIVE
Morgenmagazin
(Urlaub)
Elser
von
O.
Hirschbiegel
In meinem
Kopf (...)
von
M. Pieprzyca
Every Thing
Will Be Fine
von
W. Wenders
Verfehlung
von
G. Schneider
Every Thing
Will Be Fine
von
W. Wenders
A Girl Walks
Home Alone At
Night von
A. L. Amirpour
The F-Word
von
M. Dowse
The F-Word
von
M. Dowse
Zu Ende ist
alles erst (...)
von
J.-P. Rouve
Mülheim –
Texas
von
A. Roggon
Best of
Drama
Das blaue
Zimmer
von
M. Amalric
In meinem
Kopf (...)
von
M. Pieprzyca
Elser
von
O.
Hirschbiegel
Eine neue
Freundin
von
F. Ozon
Besondere
Erwähnung
A Girl Walks
Home Alone At
Night von
A. L. Amirpour
Zu Ende ist
alles erst (...)
von
J.-P. Rouve
Shana – The
Wolf‘s Music
von
N. Jacusso
Sascha
Westphal
WAZ
EPD-Film
Verfehlung
von
Herausragend G. Schneider
Bemerkenswert
Best of
Comedy
R.-Ruediger
Hamacher
film-Dienst
Susan
Vahabzadeh
Süddeutsche
Zeitung
Christian
Meyer
choices
Verena
Lueken
Kultur.Kino.Köln.
Every Thing
Will Be Fine
von
W. Wenders
FAZ
Daniel
Kothenschulte
Frankfurter
Katja
Nicodemus
Die Zeit
Cristina
Nord
taz
Rundschau
(Urlaub)
Das blaue
Zimmer
von
M. Amalric
Lars-Olav
Beier
Spiegel
Frank
Brenner
trailer
Kultur.Kino.Ruhr.
(Urlaub)
Warte, bis es
dunkel wird
von A.
Gomez-Rejon
Mülheim –
Texas
von
A. Roggon
Eine neue
Freundin
von
F. Ozon
Tod den
Hippies!!
von
O. Roehler
Die neue
Wildnis
von M. Verkerk,
R, Smit
Zu Ende ist
alles erst (...)
von
J.-P. Rouve
Every Thing
Will Be Fine
von
W. Wenders
A Girl Walks
Home Alone At
Night von
A. L. Amirpour
Das blaue
Zimmer
von
M. Amalric
Das blaue
Zimmer
von
M. Amalric
Elser
von
O.
Hirschbiegel
Eine neue
Freundin
von
F. Ozon
A Girl Walks
Home Alone At
Night von
A. L. Amirpour
Kino-Kalender Ruhr
PREVIEWS, FILMREIHEN, FESTIVALS & SONDERVORFÜHRUNGEN
29.3. 15.30 Uhr DIE MÜHLE UND DAS KREUZ, Metropolis Bochum
Ostwest e.V. zeigt den Spielfilm um die Entstehung des Bruegel-Gemäldes
„Die Kreuztragung Christi“. Regisseur Lech Majewski ist anwesend.
13.4. 19 Uhr VON DER BERAUBUNG DER ZEIT, sweetSixteen Dortmund
Im Rahmen des Ingeborg-Drewitz-Literaturpreises für Gefangene stellen
Daniel Postrak und Jörn Neumann ihre Film vor.
31.3. 21 Uhr LOS VEGANEROS, Roxy Dortmund I
Die 94-jährige Alma und die 28-jährige Vicky planen Aktionen zur Rettung
der Tiere. Nach der veganen Dramödie sind Regisseur und Darsteller zu Gast.
15.4. 20.15 Uhr RUN ALL NIGHT, Cinemaxx Essen
Actionthriller mit Liam Neeson und Ed Harris bei der Männerabend-Preview.
15.4. 19 Uhr DROWN, Galeria Cinema Essen
Sportdrama über Homophobie an den Stränden Australiens in der Reihe
homochrom.
1.4. 10 Uhr FAST & FURIOUS 7, Apollo Gelsenkirchen
Zum Bundesstart Vorstellung mit Kaffee und Croissant.
15.4. 14.30 Uhr PRIDE, Filmwelt Herne
In Cannes ausgezeichnet mit dem Queer Palm Award. Im Kino-Café.
2.4. 18.30 Uhr DER NANNY, Cinemaxx Essen
Matthias Schweighöfer gibt sich persönlich in Essen die Ehre. Autogrammstunde im Anschluss seiner neuen Komödie.
2.4. 19.30 Uhr NOWHERE BOY, Babylon Hagen
Filmbiographie über John Lennon in der englischsprachigen VHS Filmreihe.
„Die Mühle und das Kreuz“
15.4. 18 Uhr GESTATTEN DORTMUND, Kino im U Dortmund
Sechs Filme über Dortmund von Regisseurin Elisabeth Wilms aus den Jahren 1937 bis 1980. Im Programm des Internationalen Frauenfilmfestivals.
3.4. 20.15 Uhr ELSER, Eulenspiegel Essen
Oliver Hirschbiegel erzählt die Geschichte von Georg Elser, der 1939 ein Attentat auf Hitler plante. Vorpremiere mit Hauptdarsteller Christian Friedel.
16.4. 19 Uhr WENN DAS LAND ZUR WARE WIRD, Babylon Hagen
Über die Bedrohung der indigenen Gemeinden in Südmexiko durch Monokulturen, Infrastrukturausbau, Tourismusprojekte. Klarsichtkino.
3.4. 17.30 Uhr AM SONNTAG BIST DU TOT, Lichtburg Oberhausen
An einem Sonntag kam Christus wieder ins Leben, Brendan Gleeson dagegen soll dieses verlassen. Karfreitagskino mit der Jungendkirche TABGHA.
18.4. 19 Uhr 10 MILLIARDEN, Endstation Bochum
Valentin Thurn recherchiert, wie 2050 eine Weltbevölkerung von 10 Milliarden satt werden kann. Der Regisseur ist für ein Filmgespräch anwesend.
4.4. 12 Uhr ORION 3000, Schauburg Dortmund
Der Italo-Cinema Filmclub zeigt Science Fiction aus dem Jahre 1965.
19.4. 12.45 Uhr SELMA, Schauburg Gelsenkirchen
Über die Protestmärsche des Bürgerrechtlers Martin Luther King. KoKi.
7.4. 15 Uhr LIKE FATHER, LIKE SON, Casablanca Bochum
Das japanische Drama geht der Frage nach, ob Gene oder Erziehung
Familie ausmachen. VHS Kommunales Kino.
23.4. 20 Uhr AM BORSIGPLATZ GEBOREN, Kino im U Dortmund
Dokumentation über die Geburtsstunde von Borussia Dortmund. Weitere
Termine am 24. und 26.4. Die Filmemacher sind anwesend.
8.4. 20 Uhr DIE NEUE WILDNIS, Lichtburg Essen
Deutschlandpremiere mit dem Metropole Orchestra unter der Leitung von
Ernst van Tiel.
„Elser“
„Pride“
27.4. 19 Uhr WEM GEHÖRT DIE STADT? – BÜRGER IN BEWEGUNG,
Endstation Bochum
Dokumentarfilm über Gentrifizierung in Köln-Ehrenfeld. Anschließend
Diskussion mit Mitgliedern des Mietervereins Bochum.
8.4. 19.45 Uhr DER KLEINE TOD, CineStar Dortmund
Vorpremiere der Sex-Komödie in der Reihe CineLady. Mit Prosecco.
9.4. 20 Uhr EIN TRAUM IN ERDBEERFOLIE – COMRADE COUTURE,
Goldkante Bochum
Der erste Beitrag der Mode-Filmreihe Cinema Couture in Kooperation mit
dem Endstation Kino.
28.4. 19 Uhr ERDBEWEGUNG, Kino im U Dortmund
Rainer Komers zeigt in Dortmund seine Trilogie und steht für ein Filmgespräch bereit.
10.4. 19 Uhr PEDAL THE WORLD, Filmpassage Mülheim
Felix Starck legte per Rad 180000 km in 365 zurück und durchquerte 22
Länder. Buntes Rahmenprogramm in Anwesenheit von Felix Starck.
29.4. 20 Uhr KEIN ORT OHNE DICH, UCI Bo/Du
Nach dem gleichnamigen Roman von Nicholas Sparks. Preview in der
Women‘s Night.
11.4. 12 Uhr VIEL GUTES ERWARTET UNS, sweetSixteen Dortmund
Film über den bio-dynamischen Landwirt aus Dänemark zur Eröffnung des
Street Food Festivals im Depot.
29.4. 20.15 Uhr THE GUNMAN, CineStar Dortmund
Vorpremiere des Thrillers mit Sean Penn. CineMen.
„Like Father, like Son“
Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche
26.4. 18 Uhr IN EINER BESSEREN WELT, Reinoldi Kirche Dortmund
Der Kino-Gottesdienst in Kooperation mit der Schauburg zeigt die biblische
Sicht auf eine bessere Welt.
„Von der Beraubung der Zeit“
23
„Selma“
Mein
Meein
i Lesezeichen
Film-Kritik
Festival
Gegensätze ziehen sich an: Kate (Hilary Swank) und Bec (Emmy Rossum)
Ziemlich beste Freundinnen
Der radikale doku-fiktionale Film „Frailer“ von Mijke de Jong
„Das Glück an meiner Seite“ von George C. Wolfe
Die ALS-Patientin Kate freundet sich mit ihrer unkonventionellen Pflegerin Bec an.
C Gefühlvolles Krankheitsdrama
Mit der 2014 durch die sozialen Netzwerke schwappenden „Ice Bucket
Challenge“ wurde weltweit das Interesse auf die seltene Nervenkrankheit
ALS gerichtet, für die es nach wie vor keine Heilung gibt und die ihre Patienten innerhalb kürzester Zeit körperlich enorm abbauen lässt. Auch einige Filmemacher scheint die Aktion mit dem Eiskübelwasser inspiriert zu
haben, denn innerhalb der letzten Monate ist „Das Glück an meiner Seite“
nun bereits der dritte Spielfilm, der sich mit ALS auseinandersetzt. Das
Stephen-Hawking-Biopic „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ stellt dabei
sicherlich eher einen Ausnahmefall dar, weil der berühmte Astrophysiker
bereits seit Jahrzehnten und deswegen überdurchschnittlich lange mit seiner Krankheit lebt. In Christian Züberts „Hin und weg“ stand mit Florian
David Fitz ein jugendlicher Sympathieträger im Mittelpunkt, der sich angesichts seiner ausweglosen Diagnose zu einem sehr radikalen Schritt entschließt, den der Film auf lebensbejahende und völlig unsentimentale Weise
einfängt.
Diese Attribute kann man George C. Wolfes („Das Lächeln der Sterne“) Film
„Das Glück an meiner Seite“ nur sehr bedingt zusprechen. Man merkt dem
Gesamtergebnis schon des Öfteren an, dass sein Regisseur sich mit seiner
vorangegangenen Nicholas-Sparks-Adaption bereits in eher sentimentaleren Gefilden ausgetobt hatte. Dennoch kann sich sein Film sehen lassen,
nicht zuletzt, weil Oscar-Preisträgerin Hilary Swank („Million Dollar Baby“)
hier erneut eine preiswürdige Darstellung zuwege bringt. Sie spielt eine 35jährige Konzertpianistin, die durch das Auftreten von ALS vollkommen aus
ihren gewohnten Bahnen geworfen wird. Bald schon bringt sie nichts mehr
alleine zustande und ist auf eine ständige Betreuerin angewiesen, die sie
schließlich in der schnodderigen Lebenskünstlerin Bec (Emmy Rossum) findet. Kates Ehemann Evan (Josh Duhamel) möchte die unkonventionelle Göre
zwar so schnell wie möglich wieder loswerden, aber Kate selbst ist von Becs
ungeschliffenem Charme begeistert, weswegen sich die beiden gegensätzlichen Frauen schließlich miteinander anfreunden. Die Parallelen zum französischen Kinohit „Ziemlich beste Freunde“ sind besonders in der ersten
Hälfte des Films nicht von der Hand zu weisen, werden sich aber zwangsläufig am Ende in eine andere Richtung entwickeln, da ALS eben tödlich
verläuft. Auf dem Weg zum unvermeidlich tragischen Finale, das filmisch
jedoch auf recht dezente Weise gelöst wurde, vermitteln uns die Filmemacher einige entscheidende Erkenntnisse, die um Themen wie Hoffnung, Freundschaft und den Wert des Lebens kreisen. Auch die Tatsache, dass einem
sterbenskranken Menschen nicht unbedingt damit gedient ist, ihm trügerische Zuversicht zu vermitteln, bringt Wolfes Film auf angenehm unspektakuläre Weise überzeugend herüber.
FRANK BRENNER
2 Karten
trailer verlost 2 Xx2
Karten.
E-Mail bis 19.4. an [email protected], Kennwort: Glück
Internationales Frauenfilmfestival IFFF in Dortmund
Sie würde die Ruhrgebietsfrauen der Kriegs- und Nachkriegszeit um ihren
gerechten Lohn in der Geschichtsschreibung bringen, warf man im Februar
der Historikerin Leonie Treber vor, als sie in Essen ihre Doktorarbeit „Mythos
Trümmerfrauen“ vorstellte. Auch wenn Trebers Arbeit weitaus differenzierter ist, als der Titel vermuten lässt, wurde durch diese Auseinandersetzung deutlich, dass in die Identität des Ruhrgebiets auch das Bild der hart
arbeitenden und schaffenden Frau eingebunden ist. Kein Wunder, ist doch
die Arbeit das identitätsstiftende Merkmal der Region schlechthin. Dennoch,
auch wenn man sich nun so sehr über den Mythos Trümmerfrau echauffiert,
in der Darstellung des malochenden Ruhrgebiets dominieren zweifelsfrei die
Männer. Das diesjährige Internationale Frauenfilmfestival belässt es nicht
bei dieser Darstellung, sondern erweitert sie mit Filmzeugnissen.
Der Komplex der Arbeit wird in diesem Jahr einen bedeutenden Platz innerhalb des kritischen Themenschwerpunkts „Komfort“ einnehmen. Komfort, Bequemlichkeit, die Verbesserung des Lebensstandards – das gehört zu
den großen Zielen unserer heutigen Gesellschaft. Doch zu welchem Preis,
hinterfragt das Frauenfilmfestival. Sind die hart Arbeitenden tatsächlich
auch die Nutznießer des Erreichten? Die Prognose über die Verteilung des
Weltvermögens scheint die Frage eindeutig zu verneinen. Und geht Komfort stets einher mit Wohlstand? Ist Komfort noch bei kritischem Umgang
mit Konsum gewährleistet? Vom 14. bis 19. April werden über 80 Beiträge
weiblicher Filmschaffender kurz und lang, fiktional und dokumentarisch,
narrativ und experimentell diese Fragen umreißen. Aktuelle Filme über die
vergessenen Jugendlichen der Banlieues gesellen sich zu Filmen über das
Dortmund der 40er bis 80er der Regisseurin Elisabeth Wilms, Ausbrüche aus
dem Minimalkomfort und Nebenwirkungen der Überkonsumgesellschaft.
Das Frauenfestival versteht seine Arbeit aber nicht nur darin, gesellschaftsrelevante Themen breit gefächert und kritisch aufzuarbeiten, sondern auch
als Plattform für Frauen im Film zu fungieren. Noch immer knacken Regisseurinnen nicht die 20-Prozent-Marke, obwohl sie an den Filmhochschulen
paritätisch vertreten sind. Die Frage nach einer Quote – nicht nur auf Film
bezogen – wird daher das Thema der diesjährigen Podiumsdiskussion sein.
Das Frauenfilmfestival unterstützt weibliche Filmschaffende auch auf eigene Weise, indem es einem von acht aktuellen Filmen im Spielfilmwettbewerb mit dem mit 15.000 Euro dotierten RWE-Filmpreis zu einer Kinoauswertung verhilft. Die Arbeiten reichen von Südamerika, über den Mittleren
bis in den Fernen Osten, sind mal komödiantisch wie „Love Island“, mal drastisch wie das Krebsdrama „Frailer“, mal still berührend wie „Futatsume no
mado“, mal aufrührerisch wie „Red Rose“ aus dem Iran. Den Preis vergeben
wird eine internationale Jury. Beim trailer-ruhr-Publikumspreis erhält das
Publikum die Stimme. Mit zwei aktuellen Themen, lebhaften Diskussionen,
begleitenden Kunstperformances und Publikumsbeteiligung verspricht das
Festival wieder kontrovers und fruchtbar zu werden.
LISA MERTENS
Internationales Frauenfilmfestival Dortmund | Köln | 14.-19.4.
div. Kinos in Dortmund | www.frauenfilmfestival.eu
DAS GLÜCK AN MEINER SEITE
USA 2014 - Drama - 102 Min - ab 6 J. - Regie: George C. Wolfe
mit: Hilary Swank, Emmy Rossum, Josh Duhamel
Komfortzonen in Frage stellen
Start: 16.4.
trailer verlost 3x2 Karten für einen IFFF-Film Ihrer Wahl
(außer Eröffnung und Preisverleihung).
E-Mail bis 6.4. an [email protected], Kennwort: IFFF
BO: Metropolis/Casablanca, UCI, E: Filmkunsttheater, GE: Apollo, Schauburg
Mein Film, mein Kino, meine Meinung
24
trailer-ruhr.de Forum
Film-Kritik
Maeve (Bojana Novakovic) hat ganz besondere Wünsche an Paul (Josh Lawson)
Sex, Lügen und Libido
Traumwandlerisch auf Abwegen: Der Kriminelle und die Hure
Wunderland
„Der kleine Tod. Eine Komödie über Sex.“ von Josh Lawson
„Ruined Heart –
Another Lovestory Between a Criminal & a Whore“ von Khavn
Eine Handvoll Paare suchen und finden neue sexuelle Spielarten.
C Freche, reife Gesellschaftssatire
Ein verliebtes Paar verirrt sich im kriminellen Sumpf Manilas.
C Irrer, melodramatischer Trip
Somnophilie, Dacryphilie, Telefon-Skatologie. Kennen Sie nicht? Nun, nach
diesem Film schon. Denn diese und andere erotische Spielarten werden in diesem sinnlich-amüsanten Episodenreigen mehr oder weniger erfolgreich ausgelebt. Ganz selbstverständlich und unaufgeregt, aber mit einem mitunter
auch mal derben Augenzwinkern, nähert sich der Australier Josh Lawson ausgefalleneren Varianten des sexuellen Miteinanders. Mal artig, mal abartig,
aber immer menschlich. Vor allem aber völlig unverkrampft, sprich ohne pubertären Kicherwitz oder vermeintlichem Sadomasoskandal, über den sich
Hollywood bevorzugt der Materie nähert. In der australischen Variante bleibt
einem auch mal das Lachen im Halse stecken, aber am Ende der letzten
Episode ist man tief gerührt, versprochen.
HARTMUT ERNST
„Wir sind Perlentaucher, immer auf der Suche nach dem Unerwarteten“, sagen
Rapid Eye Movies über sich. Und so co-produzierte das Asien-affine Filmlabel
aus Köln diese schräge Filmperle, die unter der Regie des extravaganten
philippinischen Künstlers Khavn entstand. Erzählt wird die melodramatische
Liebesgeschichte zwischen einem Kriminellen (der japanische Filmstar Tadanobu Asano) und einer Prostituierten (die Mexikanerin Nathalia Acevedo). Eine
wundersame Chronologie assoziativer Sequenzen, eingefangen von Kameramann Christopher Doyle, musikalisch unterlegt von Vertretern aus Punkpop,
Schlager, New Wave und Khavn selbst. Assoziativ, abgründig, bezaubernd,
cool. Ein traumwandlerisches, filmisches Fotoalbum. Für die einen verstörend,
für uns ein Lieblingsfilm.
HARTMUT ERNST
DER KLEINE TOD Filmfestival Thessaloniki ‘14: Publikumspreis, Josh Lawson
RUINED HEART – ANOTHER LOVESTORY BETWEEN A CRIMINAL & A WHORE
AU 2014 - Komödie - 96 Min - ab 12 J. - Regie: Josh Lawson
mit: Bojana Novakovic, Josh Lawson, Alan Dukes
PHI/D 2014 - Drama - 73 Min - ab 16 J. - Regie: Khavn
mit: Tadanobu Asano, Nathalia Acevedo, Andre Puertollano
Start: 9.4.
BO: Union, DO: Cinestar
Start: 26.3.
BO: Endstation, DO: sweetSixteen
Claire (Anaïs Demoustier) eröffnen sich neue Welten
Stilisierte Szenen sexuellen Missbrauchs
Anders als die Anderen
Der missbrauchte Junge
„Eine neue Freundin“ von François Ozon
„Härte“ von Rosa von Praunheim
Claire und David stecken tief im Gender-Trouble.
C Warmherziges Melodrama
Als Kind wird Andreas von seinen Eltern missbraucht, was sein weiteres Leben bestimmt.
C Provokante Mischung aus Spiel- und Dokumentarfilm
Als Laura stirbt, Claires beste Freundin seit Kindertagen, hinterlässt sie ihren
Mann David (Romain Duris) und ein Baby. Weil Claire (Anaïs Demoustier) versprochen hat, sich um die beiden zu kümmern, besucht sie schon bald David
und findet ihn in Frauenkleidern vor. Anfangs schockiert, dann fasziniert von
Davids Neigung, entfaltet sich eine intime Freundschaft zwischen den beiden.
Das Geheimnis behalten sie für sich, doch die Beziehung bleibt nicht unproblematisch. François Ozon macht ziemlich gleichmäßig im Wechsel ernste
Dramen und überzeichnete Melodramen. Dies hier ist Letzteres, ohne dass der
Film seine Figuren dadurch diskreditieren würde. Ein warmherziger Film, der
allen Abweichungen zum Gender-Mainstream seinen Respekt erweist.
Rosa von Praunheim („Meine Mütter“) hat sich wieder ein Stück weit neu
erfunden. In seiner Mischung aus Dokumentar- und Spielfilm hat er in den fiktionalen Szenen zum ersten Mal ausschließlich mit Profischauspielern zusammengearbeitet und hat sich einer Form des sexuellen Kindesmissbrauchs (durch
die Mutter!) angenommen, die viel zu selten thematisiert wird. Provokant sind
die subjektiven Einstellungen aus Sicht des Kindes. Diese schwarz-weiß gefilmten Spielszenen werden zusätzlich stilisiert durch die Künstlichkeit, die durch
die klar erkennbaren Studiokulissen entsteht. Dadurch wird die sensibel und
vielschichtig beleuchtete Geschichte aber umso intensiver. FRANK BRENNER
CHRISTIAN MEYER
EINE NEUE FREUNDIN
F 2014 - Drama - 107 Min - ab 12 J. - Regie: François Ozon
mit: Romain Duris, Anaïs Demoustier, Raphaël Personnaz
HÄRTE
Start: 26.3.
BO: Metropolis/Casablanca, Endstation, E: Filmkunsttheater
Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche
trailer verlost 2 Karten für das sweetSixteen in Dortmund
E-Mail bis 26.4. an [email protected], Kennwort: Härte
D 2015 - Doku-Drama - 89 Min - Regie: Rosa von Praunheim
mit: Hanno Koffler, Luise Heyer, Katy Karrenbauer
Start: 23.4.
DO: sweetSixteen
25
Mein
Meein
i Lesezeichen
Film-Kritik
Auch mal ganz ohne Quatsch: Helge Schneider gibt Einblicke
Nährt Ordnungswahn am Ende bloß das Chaos?
Guten Tach. Auf Wiedersehen.
Die Welt erklären
„Mülheim – Texas. Helge Schneider hier und dort“ v. Andrea Roggon
„N – Der Wahn der Vernunft“ von Peter Krüger
Wer ist eigentlich Helge Schneider? Und wenn ja, wieviele?
C Eine dokumentarische Annäherung
Die Seele eines toten Forschers tritt in den inspirierenden Dialog mit einer Afrikanerin.
C Assoziative Annäherung an eine europäische Forscherseele
Klar gibt es inzwischen an allen Ecken und Enden des Internets biografische
Informationen über Helge Schneider, auch wenn dieser mindestens so gerne
wie Stefan Raab auf seine Privatsphäre achtet. 1992 hat er sogar schon mal
eine Autobiografie – zumindest den 1. Teil davon – mit dem schönen Titel
„Guten Tach. Auf Wiedersehen.“ veröffentlicht. Viel spannender ist aber doch,
was der Mann über Kunst im Allgemeinen und seine Kunst im Speziellen zu
sagen hätte. Das hat sich auch die Regisseurin Andrea Roggen gedacht und
hat ihn an alle möglichen Orte begleitet, erzählen lassen, auch mal mit Fragen
konfrontiert oder einfach nur herumalbern lassen.
CHRISTIAN MEYER
1929 reist der der Franzose Raymond Borremans nach Afrika. Über fünfzig
Jahre verbringt er auf dem Kontinent. Sein Vermächtnis ist eine unvollendete
Enzyklopädie der Elfenbeinküste. Der Film erweckt seinen Geist zum Leben und
ermöglicht ihm aus dem Off ein Zwiegespräch mit einer Afrikanerin. Wundervoll hypnotisch und assoziativ spiegelt der lyrische Schwebezustand die Bedeutung von Worten, Ordnungswahn und Chaos. Die digitalen Bilder sind
dabei gelegentlich zu kraftlos für den eleganten Überbau des Films, und das
Experiment verliert in seiner zweiten Hälfte ein wenig die Richtung, wenn es
den anregend schwerelosen Ansatz verlässt und stattdessen konkret jüngste
Konflikte beleuchtet. Insgesamt aber ein erfrischend anderes, anmutiges Portrait eines melancholischen Gelehrten.
HARTMUT ERNST
trailer verlost 2 Karten für die Premiere am 19.4. im Astra Essen in Anwesenheit
von Produzentin Ulla Lehmann und Regisseurin Andrea Roggon.
E-Mail bis 13.4. an [email protected], Kennwort: Helge
MÜLHEIM – TEXAS. HELGE SCHNEIDER HIER UND DORT
D 2015 - Porträt / Biographie - Regie: Andrea Roggon - mit: Helge Schneider
BO: Metropolis/Casablanca, E: Filmkunsttheater
Start: 23.4.
N – DER WAHN DER VERNUNFT
B/NL/D 2014 - Porträt / Biographie - 110 Min Regie: Peter Krüger
DO: sweetSixteen
Maria (Angeliki Papoulia) auf ihrem Weg ohne Umkehr
Start: 26.3.
Bio- oder Hybridkost: Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt
Stationen des Ruins
Entscheidend ist, was wir essen
„A Blast – Ausbruch“ von Syllas Tzoumerkas
„10 Milliarden – Wie werden wir alle satt?“ von Valentin Thurn
Eine griechische Mutter ertrinkt in dem Vermächtnis ihrer Eltern.
C Abgründiges Gesellschaftsdrama
Der Dokumentarfilm zeigt auf, wo unser aller Essen künftig herkommen könnte.
C Aufschlussreiche Doku zur Welternährung
Die dreifache Mutter Maria steckt voller Lebenslust. Um im Laden ihrer Eltern
auszuhelfen, bricht die Griechin das Studium ab. Nach und nach tun sich
Abgründe auf, die Eltern sind heillos verschuldet. Maria flüchtet sich in eine
Verzweiflungstat. Regisseur und Co-Autor Syllas Tzoumerkas erzählt eine düstere Parabel zur Lage in seinem Land. Stationen des Ruins kulminieren hier
schmerzhaft in einer Familiengeschichte, die zu einem Anti-Familiendrama
erwächst. Die Geschichte einer jungen, hoffnungsvollen Generation, die Opfer
unbedarfter elterlicher Verfehlung wird. Tzoumerkas erhebt keinen Zeigefinger,
sondern vollzieht seine Geschichte assoziativ, nackt und emotional mitreißend
nach. Die erschütternde Chronik eines kompromisslosen Falls. Ein cineastischer
Aufschrei.
HARTMUT ERNST
Die Menschheit wächst, unerbittlich. 2050 werden wir zehn Milliarden sein.
Zehn Milliarden Mäuler, die gestopft werden wollen. Das ist nicht nur eine Herausforderung, das ist auch eine finanziell verlockende Chance. Gleich zu Beginn
dieser Doku ruft die Bayer AG verantwortungsbewusst zur Vorsorge auf. Mit
Bayer-Hybridsaatgut, versteht sich. Regisseur Valentin Thurn reist rund um den
Globus und spricht mit Forschern, Lobbyisten, Bauern. Der Film entlarvt zum
einen Rhetorik und Hintergedanken der Lebensmittelindustrie und zeigt zum
anderen, dass der industrielle und oftmals politisch subventionierte Weg keinesfalls alternativlos ist.
HARTMUT ERNST
A BLAST – AUSBRUCH
10 MILLIARDEN – WIE WERDEN WIR ALLE SATT?
GR/D/NL 2015 - Drama - 83 Min - Regie: Syllas Tzoumerkas
mit: Angeliki Papoulia, Vassilis Doganis, Maria Filini
Start: 16.4.
trailer verlost 2 Karten für die Endstation, Bochum.
E-Mail bis 19.4. an [email protected], Kennwort: 10 Milliarden
D 2015 - Dokumentarfilm - 107 Min - o. Altersb. Regie: Valentin Thurn
BO: Endstation, DO: sweetSixteen, E: Filmkunsttheater
BO: Endstation, E: Filmkunsttheater
Mein Film, mein Kino, meine Meinung
26
Start: 16.4.
trailer-ruhr.de Forum
Gespräch zum Film
Andrea Roggon (Mitte) drehte mit kleinem Team, Foto: Piffl
„Ein Gefühl für einen Menschen bekommen“
Andrea Roggon über ihren Film „Mülheim – Texas. Helge Schneider hier und dort“
Andrea Roggon, Jahrgang 1981, studier- Material, das bei so einem Dreh aufgenommen
te nach diversen Filmpraktika von 2003 bis wird, am Ende in den Film, aber die Erlebnisse
2010 Dokumentarfilm an der Filmakademie und die Beobachtungen, die man in dem gesamten Prozess macht, fließen
Baden-Württemberg. Wähletztendlich alle in den Film
rend des Studiums absolvierte
„Ich finde es spannend,
ein. So kann auch ein Drehtag,
sie ein einjähriges Stipendiwenn auch der Prozess der
um in Kuba. Ebenfalls wäh- Entstehung für den Zuschauer an dem nichts gedreht wurde,
entscheidend für den fertigen
rend des Studiums drehte
zu erahnen ist“
Film sein.
sie neben einigen Kurzfilmen
mit „Enrique y Judita“ und „Soy Libre“ zwei Und zu dem aufwändigen Dreh: Während der
abendfüllende Dokumentarfilme, die welt- Dreharbeiten, die sich ja über vier Jahre hin
weit auf Festivals liefen. 2011 gründete sie streckten, wurde unser Team immer kleiner,
ihre eigene Filmproduktionsfirma. „Mülheim da sich herausgestellt hat, dass es wichtig ist,
– Texas. Helge Schneider hier und dort“ spontan sein zu können. So haben wir am Ende
oft nur noch zu zweit gedreht – also die Kamer(Start: 23.4.) ist ihr dritter Langfilm.
afrau Petra Lisson und ich.
trailer: Helge Schneider ist eine ziemliche
Größe im Showgeschäft. Wie sind sie als Sie haben einige Szenen in den Film genomjunge Filmemacherin mit ihrer Idee einer Do- men, wo man sich nicht immer sicher ist, wer
kumentation an ihn herangetreten, und wie hier die Regieanweisungen gibt – Sie oder
konnten Sie ihn von ihrem Anliegen überzeu- Helge Schneider? Er geht da mitunter recht
bevormundend mit dem Filmteam um ...
gen?
Andrea Roggon: Zu Helge Schneider besteht Es war immer klar, dass es mein Film ist und
ein familiärer Kontakt über meine Mutter, sie Helge hat mir dafür viel Vertrauen geschenkt.
kennt ihn aus ihrer Jugendzeit in Mülheim. Die- Helge Schneider ist und bleibt aber ein Mensch,
ser Kontakt war sehr wichtig, da ich nicht als der selbst viele Filme gemacht hat, der selbst
Fremde mit meiner Idee zu ihm gekommen bin. kreativ gestaltet und der vor allem bisher immer
Er war von Anfang an sehr offen. Bis wir dann selbst auch sein öffentliches Bild gestaltet hat.
aber wirklich mit dem Dreh begonnen haben, ist Das finde ich interessant und wichtig. In einer
viel Zeit vergangen. Es war wirklich ein lang- Zeit, in der das Bild vieler Menschen, die uns
in den Medien begegnen, nur von einer Imagesames filmisches Annähern.
Maschinerie um sie herum kontrolliert wird,
Wie sah dann der Dreh aus? Zum einen war finde ich das sehr spannend. Oft finde ich es
es sicher nicht leicht, zwischen Schneiders in Dokumentarfilmen passend, wenn auch der
anderen Terminen unterzukommen, zum an- Prozess der Entstehung für den Zuschauer zu
deren drehen Sie dann ja doch recht aufwän- erahnen ist. So kann sich der Zuschauer selbst
ein Bild machen.
dig an den unterschiedlichsten Orten ...
Ja, das stimmt, Helge hat ein sehr volles Leben
und immer viel zu tun. Wir haben da weniger Ihre Dokumentation besticht nicht unbeversucht eigene Termine zu bekommen, son- dingt durch Fakten: Weder wird Schneiders
dern teilzuhaben an dem, was in seinem Leben Lebensweg rekonstruiert, noch werden die
passiert, denn darum geht es ja auch. Natürlich Hintergründe der einzelnen Szenen – das Wo,
muss für ein Interview dann letztendlich doch das Wann – gekennzeichnet.
auch ein eigener Termin vereinbart werden, aber Hat Ihnen das gefehlt? Fehlende Informationen
spannend ist es, aus dem zu schöpfen, was man sind heute leicht zu bekommen. Aber ein Film
so beobachten kann. Es kommt ja nicht alles kann ja noch viel mehr als nur Informationen
Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche
27
zu vermitteln... Es ist ja ein Film, der sich einem
Menschen nähern möchte. Und da muss immer
die Frage stehen, was denn eine Persönlichkeit
ausmacht? Gerade einen Künstler, der immer
auch in seinen Werken mitlebt, kann man, finde
ich, nicht durch Informationen greifen. Dieser
Film ist ja kein Biopic. Ich finde es in einem Film
viel interessanter, ein Gefühl für einen Menschen zu bekommen oder Fragen zu erleben.
Ihr Film ist insofern nah an Helge Schneider,
als dass er in seiner Mischung unterschiedlichster Ebenen ein wenig wie Schneiders
Auftritte funktioniert: mal ernst, mal komisch, mal improvisiert, mal geplant, und oft
mit einem surrealen Touch. Wie ist diese Mischung entstanden?
Sie sagen es ja schon selbst ... Mir ist es sehr
wichtig, für eine Geschichte die passende Form
zu finden und nicht umgekehrt eine feste Form
auf alle Inhalte zu stülpen.
Man kann sich nur schwer vorstellen, dass
Helge Schneider etwas freigibt, was ihm
nicht gefällt. Wie hat er auf den fertigen
Film reagiert?
Ich denke, es ist ein Prozess für ihn. Und sicherlich eine Herausforderung, einen Film zu sehen,
den ein anderer Regisseur über ihn gemacht
hat. Er hat während des Sichtens auch gesagt,
dass er wohl nie mit etwas zufrieden sein wird.
Er ist Künstler und hat einen großen Anspruch
an sich selber. Er sagt ja auch über sich, dass
er selbst sein größter Kritiker, aber auch sein
größter Fan ist.
Arbeiten Sie bereits an einem neuen Projekt?
Das kann noch nicht verraten werden …
INTERVIEW: CHRISTIAN MEYER
Mein
Meein
i Lesezeichen
Film-Kritik
Der gescheiterte Held
Eine verhängnisvolle Affäre: Esther (Stéphanie Cléau) und Julien (Mathieu Almaric)
Seht ihr denn nicht, was passiert?
Verstrickt in die Liebe
„Elser – Er hätte die Welt verändert“ von Oliver Hirschbiegel
„Das blaue Zimmer“ von Mathieu Amalric
Hirschbiegel („Der Untergang“, „Das Experiment“) erzählt von einem Überzeugungstäter.
C Drama über den gescheiterten Hitlerattentäter
Eine leidenschaftliche Affäre reißt bürgerliche Lebensträume in den Tod.
C Intelligentes Erotikdrama
„Man muss was anderes machen, bald und radikal.“ Eigentlich war Georg Elser,
der lebenslustige Schreiner aus der Schwäbischen Alb, nicht politisch.
Irgendwann aber erkennt er, dass Hitler schlecht ist für Deutschland und plant
allein und autark ein Attentat auf den Diktator. Durch Zufall entgeht Hitler der
Explosion, Elser wird gefasst und verhört. Man glaubt ihm nicht den Alleingang
und will die Namen der Hintermänner, zur Not unter Folter. Oliver Hirschbiegel
spiegelt Elsers Martyrium nach der Festnahme und vollzieht die Veränderung
Elsers vom unbedarften Frauenschwarm zum Überzeugungstäter nach. Das
Ergebnis ist ein packendes Drama. Das Portrait eines einsamen Helden seiner
Zeit, in dem Christian Friedel in der Titelrolle besticht.
HARTMUT ERNST
Julien führt ein scheinbar glückliches Familienleben. Als er jedoch seine Jugendbekannte Esther wiedertrifft, ist die gegenseitige Attraktion so stark, dass die
beiden sich immer wieder in einem Hotelzimmer treffen und alle Versuche, das
Verhältnis zu beenden, scheitern. Amalric adaptiert den Krimi von Georges
Simenon grandios. In Rückblenden und bald aus dem Gerichtssaal heraus, wird
vergeblich versucht, eine Rationalisierung zu finden für ein Begehren, das zwei
Menschen das Leben kosten wird. Der Film zeigt nicht nur die Kapitulation der
Sprache vor den Affekten, sondern auch die Unmöglichkeit einer den Verhältnissen äußerlich bleibenden Objektivität. So ist die Wahrheit, die am Ende aufscheint, Erkenntnis einer komplexen Verstricktheit aller Protagonisten, wie sie
nur das Medium Film so eindringlich zeigen kann.
SILVIA BAHL
ELSER Bayerischer Filmpreis ‘15: Produzentenpreis, B. Ausserer, O. Schündler
D 2015 - Drama / Biographie - 114 Min - ab 12 J. - Regie: Oliver Hirschbiegel
mit: Christian Friedel, Katharina Schüttler, Burghart Klaußner
Start: 9.4.
BO: Metropolis/Casablanca, UCI, DO: Cinestar, DU: Filmforum, E: Filmkunsttheater,
GE: Apollo, OB: Lichtburg
DAS BLAUE ZIMMER
F 2014 - Drama - 76 Min - Regie: Mathieu Amalric
mit: Léa Drucker, Mathieu Amalric, Stéphanie Cléau
Start: 2.4.
E: Filmkunsttheater
Auf Augenhöhe zwischen Balz und Tod
Die andere Wirklichkeit: Alltägliche Einblicke in die ewige Stadt
Das Rad des Lebens
Im Zentrum der Peripherie
„Die neue Wildnis...“ von Mark Verkerk und Ruben Smit
„Das andere Rom – Sacro GRA“ von Gianfranco Rosi
30 Kilometer vor Amsterdam befindet sich ein faszinierendes Naturschutzgebiet.
C Ungeschönte Natur-Dokumentation
Goldener Löwe für ein Kaleidoskop italienischer Wirklichkeit.
C Ausgezeichneter Dokumentarfilm
Man darf hier keinen kindgerechten Disney-Tierfilm erwarten, bei dem die weniger schönen Elemente des Lebens ausgespart und den Tieren lustige Namen verpasst werden. Mark Verkerk und Ruben Smit haben es sich zum Ziel gesetzt, den
Tieren im Naturschutzgebiet Oostvaardersplassen auf Augenhöhe zu begegnen
und den ganzen Kreislauf des Lebens, der sich dort ohne größere menschliche
Einflüsse entspinnt, einzufangen. Sie machen uns dabei die Vielfalt des Lebens
deutlich, zeigen die komplexesten Abhängigkeiten auf und thematisieren auch
das Balzverhalten und den Tod ihrer animalischen Protagonisten. Wer sich darauf einlassen kann, wird mit einer bildgewaltigen, hochinteressanten und abwechslungsreichen Naturdokumentation belohnt, die Tier-Aktivist Hannes
Jaenicke auf angenehme Weise kommentiert.
FRANK BRENNER
Bei den Filmfestspielen in Venedig überraschte die Vergabe des Hauptpreises,
denn „Sacro GRA“ war in mehrfacher Weise weit draußen: Es war die einzige
Doku und ließ sich auch thematisch nicht auf eingängige Schlagworte reduzieren. Rosi widmet sich der Grande Raccordo Anulare, der Ringautobahn, die Rom
umschließt, um ihr einem Netzwerk gleich zu folgen. Fragmentarisch entfaltet
sich die Wirklichkeit jenseits der touristischen Hochburg. Vor ihren Toren bleibt
alles in ständiger Bewegung. Ob Borkenkäfer, Prostituierte oder Rettungssanitäter: Alles verwebt sich zu einem fragilen und poetischen Eindruck zeitgenössischen italienischen Lebens. Dabei sind es die alltäglichen Momente und nicht die
großen Erzählungen, welche Rosi interessieren und den Zuschauer in den Bann
ihrer Atmosphäre ziehen.
SILVIA BAHL
DIE NEUE WILDNIS – GROSSE NATUR IN EINEM KLEINEN LAND
DAS ANDERE ROM – SACRO GRA Int. Filmfest. Venedig ‘13: Goldener Löwe
I/F 2013 - Dokumentarfilm - 91 Min - o. Alterbeschr.
Regie: Gianfranco Rosi
Start: 26.3.
Nederlands Film Festival ‘14: Publikumspreis (bester Film)
NL 2013 - Dokumentarfilm - 97 Min - Regie: Mark Verkerk, Rubin Smit
Start: 9.4.
BO: Metropolis/Casablanca, UCI, E: Filmkunsttheater, OB: Lichtburg
???
Mein Film, mein Kino, meine Meinung
28
trailer-ruhr.de Forum
Hintergrund
Sabine De Barra bringt den Hofstaat zum Erblühen
Salle de Bal
„Die Gärtnerin von Versailles“ von Alan Rickman
Eine Landschaftsgärtnerin darf den Garten des Sonnenkönigs mitgestalten.
C Historisches Drama
Sonnenkönig Ludwig XIV. wünscht eine Gartenanlage für seine Hauptresidenz,
das einstige Jagdschloss Versailles, das er zum Palast ausbauen ließ. Sein
Gartenarchitekt André Le Nôtre sucht versierte Gestalter und stößt dabei auf
die selbstbewusste Witwe Sabine De Barra. Ordnung trifft dabei auf Chaos:
Während Anders als Le Nôtre gestalterisch auf Symmetrie setzt, lebt die eigenwillige Landschaftsgärtnerin ihre kreative Arbeit bevorzugt anarchisch aus.
Trotzdem bekommt sie nach kurzem Zögern den Job und gleich ein ganz besonderes Projekt zugewiesen: Den Salle de Bal, einen Ballsaal, gebettet unter
freiem Himmel, umgeben von Wasserspielen. Eine beträchtliche Herausforderung, liegt das Grundstück doch im Sumpfland. Doch Sabine De Barra entpuppt sich als klug, kreativ und willensstark und verschafft sich damit selbst
bei Zweiflern und Konkurrenten Respekt. Philippe von Frankreich, Herzog von
Orléans und Bruder des Königs, wird einer ihrer Bewunderer. Vor allem aber
gewinnt sie schleichend die Zuneigung Le Nôtres, der allerdings verheiratet ist.
Madame Le Nôtre indes ist zwar auch kein Kind von Traurigkeit, zeigt sich aber
alles andere als amüsiert über die Liaison ihres Gatten und holt zum Gegenschlag aus. Der britische Künstler Alan Rickman ist weniger für seine erste
Regiearbeit, „The Winters Guest“ von 1997, bekannt, als durch seine Auftritte
vor der Kamera. Rickman war John McClaines erster Gegner in „Stirb langsam“,
spielte den Sheriff von Nottingham in „Robin Hood – König der Diebe“ und in
der „Harry-Potter-Reihe den zwielichtigen Lehrmeister Severus Snape. Und
doch ist er mehr als nur ein großer Schurke. So spielte Rickman neben Kate
Winslet in „Sinn und Sinnlichkeit“. Winslet wiederum übernimmt nun die
weibliche Hauptrolle in Rickmans zweiter Regiearbeit. Eine moderne, selbstbewusste Frau im Frankreich des 17. Jahrhunderts. Vielschichtig erzählt das
historische Drama von zwei leidenschaftlichen Künstlern, die sich trotz kreativer Differenzen über das gemeinsame Projekt und den gegenseitigen Respekt
vor der Arbeit des anderen einander annähern. Der Garten von Versailles war
schon mannigfach prächtige Kulisse für Dramen und Abenteuer rund um den
Hofstaat des Sonnenkönigs. Rickman nun liefert zwar auch einen Kostümfilm,
vor allem aber rückt hier die Kulisse in den Fokus des Geschehens und übernimmt damit eine der Hauptrollen. Nebenher widmet sich Rickman dabei ganz
klassisch den Eskapaden, Intrigen und Affären zu Hofe. Der Regisseur erzählt
eine opulent ausgestattete, romantische Liebesgeschichte. Ein tragisches und
komisches Historiendrama. Und nicht zuletzt eine moderne Geschichte über
eine starke Frau, die sich im maskulin dominierten Umfeld am Hofe des Sonnenkönigs durchzusetzen versteht. Und die dem König auf Augenhöhe begegnet. Wenn auch eher zufällig, als sie ihm auf dem Anwesen begegnet und irrtümlich für einen Gärtner hält. Doch so etwas erdet ja den Größenwahn mitunter ungemein. Zumindest vorübergehend.
HARTMUT ERNST
DIE GÄRTNERIN VON VERSAILLES Film konnte vor Red.Schluss nicht gesehen werden
GB 2014 - Drama - 116 Min - Regie: Alan Rickman
mit: Kate Winslet, Matthias Schoenaerts, Alan Rickman
Start: 30.4.
BO: Union, DO: Cinestar, DU: Filmforum, E: Filmkunsttheater
Am Rande – DIE GÄRTNERIN VON VERSAILLES
Der Gärtner von Versailles hatte alle Hände voll zu tun: Die Außenanlagen des Schlosses erstrecken sich über 60 Hektar – das entspricht
1.100 Fußballfeldern oder 150 Volksgärten. Neben circa 200.000 Bäumen und weit über 1.000 Fontänen gibt es den „grand canal“, der sich
über mehr als 5 Kilometer erstreckt. Bei diesen Ausmaßen verwundert
es nicht, dass die Bewässerung der Anlage stets eine große Herausforderung darstellte. Da die Brunnen nicht alle gleichzeitig betrieben
werden konnten, wurden immer nur jene Fontänen angeschaltet, die der
König gerade sehen konnte. Und um dem enormen Wasserbedarf Herr
zu werden, ließ Ludwig XIV. schließlich die Maschine von Marly bauen:
Diese zapfte Wasser aus der Seine ab und pumpte es 100 Meter hinauf,
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29
um es in die Gärten von Versailles umzuleiten. Doch auch damit ließ
sich der Wasserbedarf, der größer war als der von Paris, nicht komplett
decken. Es gab Pläne, weitere Flüsse nach Versailles umzuleiten, aber
diese wurden vom Ausbruch des Pfälzischen Erbfolgekrieges zunichte
gemacht. Letztendlich machten Bewässerungsanlagen schätzungsweise
ein Drittel der Baukosten von Versailles aus. Womöglich hätte der Sonnenkönig besser einmal nach Japan geschaut, wo seit Jahrhunderten
Steingärten gebaut werden, in denen auf Wasser ganz verzichtet wird,
während Steine und Moose die Formen des Wassers nachahmen.
JON WITTE
Mein
Meein
i Lesezeichen
Film-Kritik
Da staunt das Komitee
Nathalie (Chantal Lauby) stellt sich den Macken ihres pensionierten Gatten (Michel Blanc)
Akrobatische Schautanzgruppe
Rentenkrise
„Dessau Dancers“ von Jan Martin Scharf
„Zu Ende ist alles erst am Schluss“ von Jean-Paul Rouve
Eine nicht ganz wahre Geschichte darüber, wie Breakdance in die DDR einzog.
C Amüsantes Drama über die Breakdance-Szene in der DDR
Ein junger, angehender Autor gerät in familiäre Turbulenzen.
C Charmante Tragikomödie
Die DDR, Dessau 1985. Der 18-jährige Frank (Gordon Kämmerer) sieht im
West-Fernsehen Breakdancer und ist unmittelbar angefixt von den Straßenakrobaten. Mit seinem besten Freund und der Turnerin Martina (Sonja Gerhardt)
entwickelt er den Kult aus den USA auf den Straßen zur Perfektion. Das passt
der Stasi gar nicht. Anstatt eines Verbots aber will man den „Briggtanz“ sozialistisch machen. Frank und seine Freunde treten fortan als Volkskunst-Kollektiv auf, in dem Choreografien begrüßt, Soloeinlagen aber unerwünscht sind.
Das allerdings entspricht so gar nicht der Idee dahinter, und die Tänzer rebellieren. Naiv wie so manche 80er-Jahre-Komödie kommt diese Geschichte
daher, entwickelt aber eben daraus auch ihren Charme. Und das ist unterm
Strich alles sehr sympathisch.
HARTMUT ERNST
Der Großvater ist gestorben und die Oma soll ins Altersheim, Papa verfällt
irrationalen Launen, als er in die Rente entlassen wird und krampfhaft versucht, seinem Alltag einen neuen Sinn zu geben. Mama verlangt schließlich
sogar nach der Scheidung. Dabei möchte der junge Literaturstudent Romain
doch nur an seinem Debüt-Roman arbeiten. Doch die vielen Familienangelegenheiten halten ihn ziemlich in Atem. In seinem Regiedebüt erzählt
Jean-Paul Rouve in unbeschwerter und ganz charmanter Manier von den
großen und kleinen Turbulenzen des Familieneinerleis, sowie der individuellen Sinnsuche im Leben.
DESSAU DANCERS
D 2014 - Musikfilm / Komödie - 90 Min - o. Altersb. - Regie: Jan Martin Scharf
mit: Sonja Gerhardt, Gordon Kämmerer, Oliver Konietzny
Start: 16.4.
E: Filmkunsttheater, OB: Lichtburg
Große Augen, kleines Ansehen: Margaret Keane
Fenster zur Seele
„Big Eyes“ von Tim Burton
In den 50er Jahren muss sich die Malerin Margaret Keane hinter ihrem Mann verstecken.
C Ungewöhnliches Künstlerporträt
Tim Burton ist bislang erst einmal (fast) ohne fantastische Elemente ausgekommen: als er 1995 in „Ed Wood“ die Lebensgeschichte des Trashregisseurs
nacherzählte. In „Big Eyes“ widmet er sich nun abermals einem Künstlerleben.
Mit der grandiosen Amy Adams rekonstruiert er die Karriere der Malerin
Margaret Keane, deren Besonderheit die großen Augen der von ihr porträtierten Kinder war. Ihre sensationelle Karriere verdankte sie ihrem geschäftstüchtigen Ehemann (over the top: Christoph Waltz), der die Bilder allerdings als die
seinen ausgab. Formidabel ausgestattetes Biopic.
FRANK BRENNER
Romain Esnard ist ein junger Literaturstudent und neuer Nachtportier in
einem Hotel, wo er sich möglicherweise sogar der Arbeit an einem Roman
widmen kann. Doch daran ist bald gar nicht mehr zu denken, denn nachdem sein Großvater kürzlich verstorben und sein Papa Michel in Rente
gegangen ist, geht alles drunter und drüber. Während seine Mutter von dem
wachsenden Irrsinn des unterbeschäftigten Vaters in die Verzweiflung getrieben wird, kämpft auch Großmutter Madeleine gegen die Tücken ihrer
neuen Verlassenheit. Als sie Zuhause von einer Treppe stürzt, verfrachten
sie ihre Söhne kurzerhand ins Seniorenheim. Doch zwischen all den Dementen und Pflegefällen findet es die geistig wache Oma Madeleine einfach nur
scheußlich. Trotz Romains regelmäßigen Besuchen und gut gemeinten Aufmunterungsversuchen nimmt sie eines schönen Tages Reißaus und verschwindet spurlos. Der anschließende Aufruhr ist groß. Papa Michel ist ganz
außer sich vor Sorge! Hinzu kommt, dass seine Frau plötzlich von einem
„Neuen“ redet und jäh die Scheidung verlangt. Als Romain dann eine an ihn
adressierte Postkarte von seiner Großmutter im Briefkasten vorfindet, folgt
er dem kleinen Hinweis, den sie enthält und reist schnurstracks in die Normandie, um nach ihr zu suchen.
Zugegeben, „Zuende ist alles erst am Schluss“ erfindet das Rad der Familienkomödie nicht neu, ist in seiner Umsetzung zwischen Melancholie und
lebensbejahender Heiterkeit aber allemal sehr liebenswert. Das Drehbuch,
welches Jean-Paul Rouve gemeinsam mit Romanautor David Foenkinos
leinwandgerecht adaptierte, ist zudem pfiffiger konstruiert, als man im
ersten Augenblick meinen könnte. Wie Haupt- und Nebenfiguren ineinander greifen und zwischen den ernsteren und komödiantischen Aspekten
variiert wird, ist von großer erzählerischer Raffinesse. Dass die Suche nach
sich selbst und der persönlichen Substanz im Leben nicht oberflächlich geraten ist, liegt an der Art der Inszenierung, als auch an dem sympathischen
und spielfreudigen Schauspielensemble, das Rouve für seinen Film um sich
versammeln konnte. Zum Ende schließt sich der Kreis, der mit einer
Beerdigung begann, symbolisch für den Zyklus des Lebens. Ein leichthumoriger, nachdenklicher kleiner Film zum mit- und wohlfühlen.
NATHANAEL BROHAMMER
trailer verlost 2 Karten für das Roxy Dortmund.
trailer-ruhr.de
E-Mail bis 26.4. an [email protected]
.de, Kennwort: Big Eyes
BIG EYES Golden Globes 2015: Beste Darstellerin (Amy Adams)
USA 2014 - Drama / Biographie - 107 Min - o. Altersb. - Regie: Tim Burton
mit: Amy Adams, Christoph Waltz, Krysten Ritter
Start: 23.4.
ZU ENDE IST ALLES ERST AM SCHLUSS
BO: Metropolis/Casablanca, UCI, Union, DO: Roxy, DU: Filmforum, UCI,
E: Filmkunsttheater, GE: Apollo, OB: Lichtburg
BO: Metropolis/Casablanca, DO: Cinestar, Roxy, DU: Filmforum, E: Cinemaxx,
Filmkunsttheater, GE: Apollo, Schauburg, MÜL: Cinemaxx
Mein Film, mein Kino, meine Meinung
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F 2014 - Komödie / Drama - 94 Min - o. Altersb. - Regie: Jean-Paul Rouve
mit: Michel Blanc, Annie Cordy, Mathieu Spinosi
Start: 26.3.
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Hintergrund
Aus einer Stunde Ruhe wird bloß die Ruhe vor dem Sturm
Heimisches Chaos
„Nur eine Stunde Ruhe!“ Patrice Leconte
Michel will einfach nur eine Schallplatte hören – aber er kommt nicht zur Ruhe.
C Turbulente Situationskomödie
Der französische Regisseur Patrice Leconte begann seine Karriere in den 70er
Jahren als Gagschreiber und Zeichner, bevor er mit Christian Clavier in der
Hauptrolle einige überaus erfolgreiche Mainstreamkomödien („Die Strandflitzer“, „Sonne, Sex und Schneegestöber“) inszenierte. Seinen größten internationalen Ruhm erlangte er nach einem Imagewechsel in den späten 80er
Jahren mit der Georges-Simenon-Verfilmung „Die Verlobung des Monsieur
Hire“, bevor er seit einigen Jahren wieder im Komödiengenre aktiv ist („Mein
bester Freund“). Seinen frühen Freund Clavier hat er dabei nie so richtig aus
den Augen verloren, mit ihm zusammen 2006 beispielsweise die „Strandflitzer“-Fortsetzung „Les bronzés 3: Amis pour la vie“ inszeniert. Da scheint es
ein nahe liegender Schritt gewesen zu sein, Christian Clavier nun auch in der
einnehmenden Hauptrolle in Lecontes neuestem Film „Nur eine Stunde Ruhe!“
zu besetzen. Im zugrunde liegenden Bühnenstück von Florian Zeller hatte die
Rolle zwar noch erfolgreich Fabrice Luchini gespielt, der nun aber für die
Filmversion nicht schon wieder diesen Unsympathen spielen wollte. Für Clavier
indes war das eine weitere Paraderolle seines breiten Repertoires, hatte er
doch erst kürzlich in „Monsieur Claude und seine Töchter“ mit immensem
Erfolg einen ganz ähnlichen, von Vorurteilen und Egoismus geprägten Mann
dargestellt.
In „Nur eine Stunde Ruhe!“ findet Michel Leproux (Christian Clavier) auf dem
Trödelmarkt eine alte Schallplatte, die er schon sein ganzes Leben lang gesucht
hatte. Voller Vorfreude, sie endlich hören zu können, eilt er nach Hause. Doch
der Zufall will es, dass seine Wohnung an diesem Tag im Chaos versinkt. Seine
Geliebte (Valérie Bonneton) bittet zur Aussprache, auch seine Frau (Carole
Bouquet) hat Michel etwas zu beichten, der umtriebige Nachbar (Stéphane De
Groodt) organisiert eine Hausparty, und im Zimmer des mittlerweile erwachsenen Sohnes sind Schwarzarbeiter damit beschäftigt, Wände einzureißen –
und ganz nebenbei für einen Wasserrohrbruch zu sorgen. An die benötigte
Stille, um sich mit Hingabe dem Neuerwerb zu widmen, ist da gar nicht zu
denken.
Den Bühnenursprung merkt man Lecontes Film zwar nach wie vor an, was sich
allerdings nicht nachteilig bemerkbar macht. Seine rasante Inszenierung und
das punktgenaue Spiel seines gut besetzten Hauptdarstellers sowie einige formidabel gecastete Nebenrollen (u.a. Rossy de Palma aus den Pedro-AlmodóvarFilmen als spanische Haushaltshilfe, Jean-Pierre Marielle in einem Gastauftritt
gegen Ende) lassen den turbulenten Ulk wie im Flug vorübergehen. Die Geschichte selbst ist nicht sonderlich tiefsinnig, sondern speist sich in erster Linie
aus einigen slapstickhaften Verwicklungen und den Unwägbarkeiten von Murphys Gesetz, aber das exzellente Komödientiming auf allen Ebenen und ein liebenswert-versöhnlicher Schluss können für diese nette Komödie einnehmen.
FRANK BRENNER
NUR EINE STUNDE RUHE!
F 2014 - Komödie - 79 Min - Regie: Patrice Leconte
mit: Christian Clavier, Carole Bouquet, Valérie Bonneton
Start: 16.4.
BO: Metropolis/Casablanca, UCI, DO: Cinestar, DU: Filmforum, UCI,
E: Filmkunsttheater, GE: Schauburg, HE: Filmwelt, OB: Lichtburg
Am Rande – NUR EINE STUNDE RUHE!
Die französische Komödie ist heute ohne den Schauspieler und Drehbuchautoren Christian Clavier (62) schwer vorzustellen. Er ist der bekannteste
Protagonist der Theatergruppe des Splendid, einem Pariser Theater-Café,
das er 1974 zusammen mit Autoren und Schauspielern gründete, die zum
Teil seine Schulfreunde gewesen waren. Die Filmkarriere verdankt er besonders den gemeinsam umgesetzten Filmen, die zunächst auf den eigenen Bühnenstücken basierten, darunter vor allem die Cluburlaub-Parodie
„Die Strandflitzer“ (1978), deren Erfolg direkt eine Fortsetzung verlangte,
und der Kultfilm „Da graust sich ja der Weihnachtsmann“ (1982). Leider schafften es manche der Filme nicht nach Deutschland. Anders sah
Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche
31
es 1993 mit dem Hit „Die Besucher“ aus, eine von Clavier mitverfasste
Zeitreise-Komödie, in der er an der Seite von Jean Reno spielte. DuoQualitäten konnte er auch mit Gérard Depardieu entfalten, sowohl in der
teuren Actionkomödie „Die Schutzengel“ (1995) wie auch als Asterix in
den ersten beiden Asterix-und-Obelix-Verfilmungen. „Monsieur Claude
und seine Töchter“ wurde nach einem dritten „Strandflitzer“-Film letztes
Jahr einer seiner größten Hits, der auch in Deutschland 3,8 Millionen
Zuschauer ins Kino lockte. Der Erfolg bei allen Altersgruppen führte dazu,
dass er mittlerweile nach London flüchtete, um halbwegs normal leben
zu können.
JAN SCHLIECKER
Mein
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i Lesezeichen
Film-Kritik
Home – Ein smektakulärer Trip
Kocan Kadar Konuş
Der Nanny
Start: 26.3.
TRK ‘14 - Komödie - Regie: Kıvanç Baruönü Start: 26.3.
D 2014 - Kom. - Regie: Schweighöfer, Künstler Start: 26.3.
Der Außerirdische Oh kommt auf seinem Heimatplaneten nicht sonderlich gut klar und flieht auf die
Erde. Dort trifft er auf das Mädchen Tip, mit dem er
um den Globus reist. Das Animationsabenteuer ist
„die erste postapokalyptische animierte RoadMovie-Buddy-Komödie samt Invasion von Außerirdischen“, sagt Regisseur Tim Johnson. Oh!
HE
Die 30-jährige Efsun träumt von der großen Liebe,
aber das will nicht so richtig klappen. Die weibliche
Verwandtschaft will Abhilfe schaffen: Schwestern,
Cousine, Tante und Mutter erklären Efsun die Waffen und Kniffe der Frauen. Und just zum Ende der
Lehrzeit begegnet sie ihrem Jugendschwarm wieder. Romantische Komödie von Kivanç Baruonu. HE
Rolf (Milan Peschel) muss seine Wohnung räumen,
damit Clemens (Matthias Schweighöfer) sein Bauprojekt verwirklichen kann. Der gekündigte Mieter
schwört Rache und heuert bei Clemens als männliches Kindermädchen an, um dessen Familie zu
infiltrieren. Dabei hat er allerdings nicht mit den
äußerst wehrhaften Kindern gerechnet.
HE
Fast & Furious 7
Halbe Brüder
Der Knastcoach
USA 2015 - Trickfilm - Regie: Tim Johnson
USA 2015 - Action - Regie: James Wan
Start: 1.4.
D 2015 - Komödie - Regie: Christian Alvart
Start: 9.4.
USA 2015 - Komödie - Regie: Etan Cohen
Start: 23.4.
Paul Walker hat abgedankt, nun sitzen Jason Statham erneut und Kurt Russell erstmals mit hinterm
Steuer. Ian, Owens Bruder, begibt sich auf Rachefeldzug, da mischen natürlich auch Dom Toretto und
seine Copiloten mit. Freie Fahrt für freie Amerikaner
– „Saw“-Regisseur James Wan arrangiert diesmal
Tempo, Crashs und Testosteron.
HE
Ein deutscher Familienvater, ein verweichlichter
Türke und ein rappender Afrikaner verlieren ihre
Mutter und erfahren beim Notar, dass sie Halbbrüder sind. Nun winkt allen dreien eine Erbschaft, die
sie sich aber erst verdienen müssen. Mutters Wille
erlegt ihnen Zusammenhalt auf, und das ist nicht
die letzte Herausforderung auf ihrem Roadtrip. HE
Schluss mit dem Lotterleben: Der schwerreiche
Hedgefonds-Manager James wird wegen Betrugs
zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Ihm bleibt
noch ein Monat bis Haftantritt. Die Zeit will er
nutzen, um sich auf das Leben hinter Gittern vorzubereiten. Einer seiner Angestellten, der Autowäscher Darnell soll ihm dabei helfen.
HE
Die Coopers – Schlimmer geht immer
Top Five
Warte, bis es dunkel wird
USA 2014 - Komödie - Regie: Miguel Arteta
USA 2014 - Komödie - Regie: Chris Rock
Start: 9.4.
Start: 16.4.
USA 2014 - Horror - Regie: A. Gomez-Rejon Start: 9.4.
Alles läuft gut bei den Coopers. Außer beim Jüngsten, dem elfjährigen Alexander, der den schlimmsten Tag in seinem Leben durchlebt. Und da der
Rest der Familie darauf pfeift, verflucht Alexander
den Clan, und siehe da, am nächsten Tag geht für
alle alles schief. Familienkomödie über den Wert
von Zusammenhalt und über schlechte Tage. HE
Chris Rock („Lethal Weapon 4“, „Kindsköpfe“) führt
Regie und übernimmt zugleich die Hauptrolle in seiner Komödie. Der Komödiant verkörpert einen erfolgreichen King of Comedy, der irgendwann keine Lust
mehr hat auf Quatsch und Klamauk und sich an ernstere Gefilde herantasten will. Unterstützung erfährt
er dabei durch die Journalistin Chelsea.
HE
Der Slasher-Streifen „The Town that Dreaded Sundown” von 1976 folgte der blutigen Spur eines
maskierten Killers in einer texanischen Grenzgemeinde. Dieser Film spinnt die Geschichte gewitzt
fort. Regisseur Alfonso Gomez-Rejon findet den
eleganten Zugang, indem er dem Vorbild huldigt,
eigene filmische Akzente setzt.
HE
Der Kaufhaus Cop 2
Gespensterjäger
Run All Night
USA 2014 - Komödie - Regie: Andy Fickman Start: 16.4.
D/A/IR 2015 - Fantasy - Regie: Tobi Baumann Start: 2.4.
USA 2015 - Action - Regie: J. Collet-Serra Start: 16.4.
Beleibt und ungeschickt, das funktioniert in Hollywood noch immer. Und deshalb darf Kevin James
noch einmal ran als trotteliger Sicherheitsbeamter
Paul Blart. Den verschlägt es diesmal nach Las
Vegas, „der am besten bewachte Ort der Welt“,
haha. Diebe haben es in großem Stil auf die Stadt
abgesehen, Blart funkt dazwischen. Mit Slapstick,
Sprüchen und Gewicht.
HE
Schleimmonster, Dämonen und Gespensterjäger:
Das klingt ganz nach einem Warm-Up für die
„Ghostbuster“-Reboot im kommenden Jahr. In
dieser deutschen Produktion darf nun erst einmal
Anke Engelke als Gespensterjägerin bösen Geistern den Garaus machen. An der Seite der wenig
kinderlieben Frau: ein Kind...
HE
Nach seinem kleinen, doch durchaus gelungenen
Actionthriller „Non-Stop“ setzt Regisseur Jaume
Collet-Serra erneut auf Liam Neeson. Der verkörpert den ehemaligen und mittlerweile recht abgebrannten Killer Jimmy. Der muss sich seiner Vergangenheit stellen, als ein Detektiv und einstmals
Verbündete Jagd auf ihn machen und das Leben
von Jimmys Sohn gefährden. Actionthriller.
HE
Mein Film, mein Kino, meine Meinung
trailer verlost 2 Filmpakete (Hörbuch, T-Shirt). E-Mail bis 5.4. an
[email protected], Kennwort: Gespensterjäger
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trailer-ruhr.de Forum
Hintergrund
Aus dem Kabinett der schrägen Persönlichkeiten: Blixa Bargeld (Alexander Scheer)
Er lebt dieses Leben
„Tod den Hippies!! – Es lebe der Punk!“ von Oskar Roehler
Stimmungsbild des Westberliner Nachtlebens in den 80er Jahren.
C Skurrile Komödie
Robert (Tom Schilling) hat genug vom Hippie-Kult auf seiner Schule und haut
ab nach Westberlin. Sein alter Kumpel Schwarz (Wilson Gonzalez Ochsenknecht) besitzt dort eine Peep-Show, bei der Robert als Putzkraft anheuert. Ab
jetzt heißt es Wichskabinen sauber machen und den Mädchen „Schweinsbraten“ servieren. Dabei verliebt er sich in Sanja (Emilia Schüle), eine amerikanische Nachtclubtänzerin. Zwischen der legendären Bar „Risiko“ und ihren
Anarcho-Behausungen lassen sich die beiden gestrandeten Seelen durch die
Berliner Nacht treiben. Verfallene Bauten, billiger Schnaps und jede Menge
Platz zum Sein – West-Berlin Anfang der 80er klingt nach Anarchie pur, und
so erweckt dieser Film doch eine gewisse Wehmut, nicht dabei gewesen zu
sein. Kein Plan, keine Zukunft, das Leben nehmen, wie es kommt. Ist es nicht
das, wonach sich der Öko-Spießer von heute insgeheim sehnt? Oskar Roehler
bedient diese Sehnsucht mit einer gehörigen Portion Ironie und Skurrilitäten
an jeder Ecke und bezieht sich dabei auf seinen autobiografisch geprägten
Roman „Mein Leben als Affenarsch“. Ob Hannelore Hoger als Ex-Frau vom
RAF-Kassenwart über einen geplanten Mord fabuliert oder Frederick Lau als
schwuler Nazi im Fetischmilieu seine Erfüllung findet: Oskar Roehlers Kabinett
der schrägen Persönlichkeiten kann sich sehen lassen.
Wobei einige Figuren eher Karikaturen ähneln als vielfältigen Charakteren und
man sich bei mancher Szene fragt, ob leichtes Overacting und Text-wie-abgelesen- sprechen als Stilmittel verstanden werden. Ist aber wurscht, denn die
wahren Gefühle zeigt Tom Schilling in der Rolle als Robert. Es verletzt ihn, dass
seine Mutter im Fernsehen davon redet, ihn besser hätte abtreiben lassen sollen, und sein Vater nur „die Gudrun” von der RAF zu lieben scheint. Auch mit
Selbstreferenzen wird nicht gespart, so denkt man bei Hannelore Hoger
zunächst unfreiwillig an Bella Block mit Fetischhut und bei genauerem Hinsehen an Röhlers Film „Die Unberührbare“ aus dem Jahr 2000 mit Hannelore
Elsner.
Auch thematisch passt die Verbindung: Während Oskar Roehler in „Die
Unberührbare“ die Zeit nach dem Mauerfall verarbeitet, beschäftigt er sich in
„Tod den Hippies!! Es lebe der Punk!“ mit der Zeit davor. Die größte Huldigung
erhält jedoch die legendäre Bar „Risiko“ in Berlin-Kreuzberg. Dort tummelte
sich vor 25 Jahren von Wim Wenders bis Nick Cave alles, was Rang und
Namen hatte, bzw. alles, was total dicht sein wollte. Auch wenn der Film hier
und da dramaturgisch etwas holperig ist, taugt er doch als skurriles Stimmungsbild West-Berlins der 80er Jahre. Mal bunt, mal schwarzweiß, mit vielen Popkultur-Zitaten und einer ordentlichen Dosis schwarzem Humor kann
man sich getrost mit ein paar Freunden und einem sprudelnden Kaltgetränk
auf den Weg nach Absurdistan machen.
NINA HEINRICHS
TOD DEN HIPPIES!! – ES LEBE DER PUNK!
D 2015 - Drama - 104 Min - ab 16 J. - Regie: Oskar Roehler
mit: Tom Schilling, Wilson Gonzalez Ochsenknecht, Emilia Schüle
Start: 26.3.
DO: Camera
Am Rande – TOD DEN HIPPIES!! ES LEBE DER PUNK!
Ob Emos, Skins, Skater, Rocker oder Raver – die Welt der Jugendsubkulturen ist ein reicher Fundus für Kuriositäten und fortgeschrittenes Nerdtum, oder wird zumindest von Außenstehenden häufig so wahrgenommen.
Ist man jedoch ein „Insider“ und versteht die diversen Codes und Symbole,
öffnen sich faszinierende und komplexe Parallelwelten. Heutzutage scheint
es, als habe sich jedes noch so spezifische Sub-sub-Genre einer Jugendkultur bequem in seiner Nische eingerichtet und alle Spielarten existierten
friedlich nebeneinander her. Das Internet hat hier womöglich zu mehr gegenseitigem Verständnis, aber auch mehr Abschottung geführt. Das war in
den späten 70ern noch anders, die Anzahl der vorangegangen Nachkriegs-
Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche
33
Jugendkulturen war noch beinahe an einer Hand abzuzählen und für eine
emporkommende Szene gehörte es sich, sich nicht nur vom Establishment,
sondern insbesondere von den älteren Bewegungen abzugrenzen, ein fast
schon ritueller Generationenkonflikt. Die friedliebenden Hippies, die in den
60ern noch als Protest gegen ihre Elterngeneration auftraten, wurden ein
paar Jahre später von der Jugend als zunehmend angepasst und verlogen
wahrgenommen, berühmt ist der Sex Pistols-Slogan „Never Trust a Hippie“.
Doch auch die Punks konnten nicht die ewig rebellierende Jugend pachten,
Altpunks gibt es heute genauso wie Althippies, einige von ihnen gehören
sogar zum Establishment.
BENJAMIN SEIM
Mein
Meein
i Lesezeichen
Film-Kritik
The Pyramid – Grab des Grauens
USA 2014 - Horror - 89 Min - ab 16 J. - Regie: Gregory Levasseur
Cake
Start: 16.4.
USA 2014 - Drama / Komödie - 102 Min. - Regie: Daniel Barnz
Start: 9.4.
Wehe, man stört den Schlaf der Toten! Eine Handvoll US-Archäologen (Denis
O’Hare, Ashley Hinshaw) kann es mal wieder nicht lassen. Die Forscher purzeln
in Ägypten in eine alte, ungewöhnliche, weil dreiseitige Pyramide und verlaufen sich. Schon bald stellen sie fest, dass in dem gruftigen Labyrinth Arges lauert. Mumien-Spuk von Alexander Ajas Kollege Grégory Levasseur.
HE
Claire (Jennifer Aniston, „Wir sind die Millers“) ist am Ende. Ihre emotionalen
Probleme hinterlassen auch physische Spuren, Alkohol- und Medikamentenmissbrauch gepaart mit cholerischen Ausfällen haben den Gatten und Freunde
gleichermaßen vergrault. Der Selbstmord einer Frau aus der Selbsthilfegruppe
gibt Claire neue Impulse. Krankheitsdrama von Daniel Barnz („Beastly“). HE
DO: Cinestar
BO: Union, E: Filmkunsttheater, GE: Apollo
Marvels
Avenger:Age
AvengersThe
2: Age
of Ultron of Ultron
USA 2015 - Action / Science Fiction - 150 Min - Regie: Joss Whedon
Mara und der Feuerbringer
Start: 23.4.
D 2015 - Fantasy / Abenteuer - 94 Min - ab 6 J. - Regie: Tommy Krappweis Start: 2.4.
Es geht mittlerweile wild zu im Kino-Comic-Universum. War früher noch alles
übersichtlich, kämpft heute jeder gegen jeden oder, wie hier, mit jedem. Das hat
bereits im ersten Teil der „Avengers“ ganz gut funktioniert. Hier bekommt die
gebündelte Power noch Unterstützung durch Scarlet Witch und Quicksilver –
und Baron Wolfgang von Strucker (Thomas Kretschmann) als neuen Gegner.HE
Diese Fantasy-Produktion bedient sich der nordisch-germanischen Götterwelt
und begleitet die vierzehnjährige Mara auf einer abenteuerlichen Reise. Die
Außenseiterin erfährt, dass sie eine Seherin ist und den Weltuntergang verhindern kann. Mit Jan Josef Liefers, Chr. Maria Herbst und einem Lindwurm. HE
BO: UCI, Union, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, Filmkunsttheater, GE: Apollo, Schauburg,
HE: Filmwelt, MÜL: Cinemaxx, Filmpassage, OB: Lichtburg
Shana – The Wolf’s Music
CH/CDN 2014 - Drama - 96 Min. - Regie: Nino Jacusso
trailer verlost 2 x Das Buch zum Film.
E-Mail bis 19.4. an [email protected], Kennwort: Feuerbringer
BO: UCI, Union, DO: Cinestar, DU: UCI, E: Cinemaxx, GE: Apollo, HE: Filmwelt,
MÜL: Cinemaxx, Filmpassage, OB: Lichtburg
The F-Word – Von wegen nur gute Freunde!
Start: 23.4.
IR/CDN 2014 - Komödie - 113 Min - ab 6 J. - Regie: Michael Dowse
Start: 9.4.
Das Indianermädchen Shana lebt mit ihrem Vater in einem Dorf in Kanada. Seit
zwei Jahren wird ihre Mutter vermisst, Shana zieht sich immer mehr zurück in
ihre Briefe und ihr Geigenspiel. Ihr Schicksal führt sie schließlich für drei Tage
und drei Nächte in den Wald, wo sie einem Wolf und den Geistern ihrer Ahnen
begegnet. Familientauglich verfilmte Indianerlegende.
HE
„Liebe ist doof“, findet Wallace (Daniel Radcliffe), seitdem seine letzte Beziehung in die Brüche gegangen ist. So begegnet er dem anderen Geschlecht
bevorzugt mit Distanz und Zynismus. Das ändert sich, als er die Trickfilmzeichnerin Chantry (Zoe Kazan, „Ruby Sparks“) kennen lernt. Solide romantische Komödie über das für und wider von Freundschaft und Liebe.
HE
DO: sweetSixteen
E: Filmkunsttheater, GE: Apollo
Ex Machina
USA/GB 2014 - Drama / Science Fiction - 108 Min - Regie: Alex Garland
Judgment – Grenze der Hoffnung
Start: 23.4
BUL/D/MAZ 2014 - Drama - 107 Min - Regie: Stephan Komandarev
Start: 23.4.
Alex Garland verfasste die Drehbücher zu Danny Boyles „28 Days Later“ und
„Sunshine“. Mit „Ex Machina“ verfilmt er nun erstmals sein Script selbst. Ein junger Programmierer (Domhnall Gleeson) wird ins Domizil seines Konzernchefs
geladen. Dort begegnet er einer Roboterfrau, die auch zu Dialog und Emotion
befähigt ist. Quasi „Her“ zum Anfassen. Nachdenkliches Sci-Fi-Drama.
HE
Mityo lebt mit seinem Sohn in einem Dorf an der bulgarisch-türkischen Grenze. Als er seinen Job verliert, lässt sich Mityo als Fluchthelfer anheuern. Das
Grenzgebiet an den Judgment-Felsen reißt bei dem ehemaligen Soldaten Erinnerungen auf. Melodram über Schuld und Versöhnung, angesiedelt in einer
rauen Gegend, die heute syrischen Flüchtlingen als Tor zum Westen gilt. HE
BO: Metropolis/Casablanca, UCI, DU: UCI, GE: Apollo
DO: sweetSixteen
Mein Film, mein Kino, meine Meinung
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trailer-ruhr.de Forum
Sind, was sie seien möchten: Sebastian, Ellie und Andreas
Thomas (James Franco) auf tragischer, bildprächtiger Schicksalsbewältigung
I Am What I Am
Das Leben aus den Fugen
„Something Must Break“ von Ester Martin Bergsmark
„Every Thing Will Be Fine“ von Wim Wenders
Der androgyne Sebastian verliebt sich in den Halbstarken Andreas.
C Selbstfindung zwischen den Geschlechtern
Ein Schriftsteller, der ein Kind überfährt, versucht mit seiner Schuld klarzukommen.
C Kammerspiel um ein Trauma
Sowohl die Regisseurin Ester Martin Bergsmark als auch die Romanautorin Eli
Levén, auf deren autobiografischer Vorlage Bergsmarks Regiedebüt basiert,
scheren sich nicht um klassische Geschlechterfragen. Sie definieren sich als
intersexuell, genau wie ihre von Saga Becker sehr eindringlich verkörperte
Hauptfigur Sebastian, der viel lieber seine imaginäre Schwester Ellie sein
möchte. Diese Authentizität ist die große Stärke dieses mitunter etwas holprig
inszenierten Erstlingsfilms, bei dem es um die zaghafte Annäherung zweier
junger Menschen geht, die sich und ihre Sexualität entdecken. Ein interessantes Jugendporträt, das von Liebesnöten in einer Zeit erzählt, in der man sich
nicht mehr um eindeutige geschlechtliche Zuordnungen scheren muss und
einfach das sein kann, was man sein möchte.
FRANK BRENNER
Seit seinem dreidimensionalen Tanzfilm „Pina“ scheint sich Wim Wenders in
das 3-D Format verliebt zu haben, wagt er sich jetzt doch, die Technik erstmals im Arthouse-Kino einzusetzen. Zudem in einem Genre, das dem Actionaffinen 3-D Kino diametral entgegensteht: im (erweiterten) Kammerspiel. Wie
er uns mit geradezu fotografisch kadrierten Bildern die Räume öffnet und
auch in die Charaktere der Protagonisten eintauchen lässt, das ist großes, humanistisches Kino voller Empathie, das die Frage nach Schuld und Vergebung
aber nicht pathetisch überhöht, sondern ihm durch das wahrhaftige Spiel der
Darsteller eine berührende Alltäglichkeit verleiht. ROLF-RUEDIGER HAMACHER
trailer verlost 2x2 Karten.
E-Mail bis 5.4. an [email protected], Kennwort: Every Thing
SOMETHING MUST BREAK Chicago 2014: Bester Film;
Göteborg 2014: Beste Regie; Rotterdam 2014: Beste Regie
S 2014 - Drama - 85 Min - ab 16 J. - Regie: Ester Martin Bergsmark
mit: Saga Becker, Iggy Malmborg, Shima Niavarani
EVERY THING WILL BE FINE
Start: 26.3.
DO: sweetSixteen
D/CDN/S/N 2015 - Drama - 118 Min - Regie: Wim Wenders
mit: James Franco, Charlotte Gainsbourg, Rachel McAdams
Start: 2.4.
BO: Metropolis/Casablanca, UCI, E: Filmkunsttheater, GE: Apollo, OB: Lichtburg
Best Exotic Marigold Hotel 2
IUSA/GB 2014 - Komödie / Drama - 123 Min - Regie: John Madden
Start: 2.4.
Judi Dench, Maggie Smith, Bill Nighy & Co. erleben auch in der Fortsetzung turbulente Liebschaften, Altersmarotten und Missverständnisse vor indischer Urlaubskulisse. Die Komödie wartet mit Darstellern von Weltrang und geschliffenen Dialogen auf, sowie mit der sympathischen Einsicht, dass auch Menschen
im hohen Alter noch pubertär und unbeholfen durchs Leben gehen.
CS
BO: Metropolis/Casablanca, UCI, Union, E: Cinemaxx, Mül: Filmpassage u.v.m.
Verfehlung
D 2014 - Drama - 95 Min - ab 12 J. - Regie: Gerd Schneider
Start: 26.3.
Einem Priester wird sexueller Missbrauch vorgeworfen. Sein langjähriger
Freund und Kollege stürzt in tiefe Zweifel. Das klerikale Umfeld setzt alles
daran, den Fall zu vertuschen und die Fallhöhe zu relativieren. Die hier dargestellte peinliche Haltung der Kirche und deren eigennützige, geradezu absurde Auslegung christlicher Werte ist erschütternd, weil so wahr.
HE
BO: Metropolis/Casablanca, DO: sweetSixteen, E: Filmkunsttheater
Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche
Betörend, schwarzweiß, schaurig: The Girl (Sheila Vand)
Randzonen
„A Girl Walks Home Alone at Night“ von Ana Lily Amirpour
Durch eine trostlose Stadt schleichen merkwürdige Gestalten.
C Stylisher Vampir-Film Noir
In der trostlosen iranischen Stadt Bad City braust ein cooler James-DeanVerschnitt mit seinem schicken Ford Thunderbird davon. Kurz darauf wird ihm
der Wagen von einem fiesen Dealer abgenommen. Doch der Dealer lebt nicht
lange. Schuld daran ist eine junge, hübsche, verschleiert Frau, die nachts auf
einem Skateboard durch die Straßen rollt. Sie ist ein Vampir, und als sie auf
Arash, den James Dean-Verschnitt trifft, kommt dieser gerade als Dracula verkleidet von einer Kostümparty… Wesentlich verrückter kann man sich einen iranischen Vampir-Film kaum vorstellen. Dabei ist das in den USA in schwarzweiß
gedrehte Langfilmdebüt von Ana Lily Amirpour, das natürlich an Jarmuschs letzten Film erinnert, zum einen extrem stylish, zum anderen von einer spannungsvollen Ruhe getragen. Betörend!
CHRISTIAN MEYER
A GIRL WALKS HOME ALONE AT NIGHT
USA 2014 - Horror / Mystery - 99 Min - ab 12 J. - Regie: Ana Lily Amirpour
mit: Sheila Vand, Arash Marandi, Marshall Manesh
Start: 23.4.
BO: Metropolis/Casablanca, DO: sweetSixteen, E: Filmkunsttheater
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Mein
Meein
i Lesezeichen
ComicKultur
EIN FILM VON ANDRE A ROGGON
Richtungsweisend
Wie sich Journalismus und grafisches Erzählen befruchten
HELGE SCHNEIDER
HIER UND DORT
In den letzten Jahren haben Autoren immer häufiger den Comic als Medium
für Sachthemen gewählt. Für „Ghetto Brothers“ haben sich der in New York
lebende Fotograf und Journalist Julian Voloj und die Hamburger Illustratorin Claudia Ahlering zusammengetan. In der Graphic Novel, die für beide
ein Debüt ist, erzählen sie von den Banden und der Gewalt im New York der
frühen 70er Jahre. Vor allem skizzieren sie aber, wie es Benjamin Melendez, dem Anführer der Ghetto Brothers, gelingt, einen Frieden zwischen den
Gangs herzustellen, der dazu führt, dass in den nächsten Jahren Konflikte
nur noch ohne Waffen ausgefochten wurden. Denn aus diesem Waffenstillstand entstand Hip-Hop, bei dem man sich tanzend, rappend, DJ-end oder
sprayend herausfordert, und nicht mit Waffen. Der grafische Stil wirkt flüchtig wie diese so kleine und doch so wirkungsvolle historische Episode (Avant
Verlag). Um Banden geht es auch in „Weisse Wölfe“ des Journalisten David
Schraven, der mit dem Illustrator Jan Feindt für sein Buch über rechten Terror in Deutschland zusammengearbeitet hat. Das Buch verbindet Einblicke
in Schrevens Recherchearbeit mit der Biografie eines jungen Mannes, der
sich immer mehr in die rechte Szene verstrickt. Dazwischen gibt es Auszüge
aus den „Turner Diaries“ von William L. Pierce, die seit 1978 als Vorlage
zahlreicher rechter Terrorakte gilt. Hier wird beschrieben, wie man sich in
kleinen Zellen von bis zu vier Mann „führerlos“ gegen den Staat auflehnen
kann, wenn auch die Zellen miteinander verbunden sind. Die Propaganda
läuft wiederum zu großen Teilen über den Nazirock. Wer da im Falle der
NSU noch von Einzeltätern redet, hat die Netzwerkarbeit der Täter nicht
verstanden. Die Zeichnungen von Jan Feindt sind so sperrig wie das Thema
unangenehm ist. Ein wichtiges Buch, dessen Verlag das gemeinnützige Recherchebüro Correkt!v ist (www.correctiv.org).
Ab ins Reich der Fantasie: Der in Frankreich lebende Andreas Martens Künstler veröffentlicht seit 1978 Comics und ist seitdem als Andreas vor allem im
franco-belgischen Raum sehr erfolgreich. Seine achtbändge Serie „Rork“ ist
Fantasy im Sinne von Lovecraft, seine feinen Zeichnungen erinnern an alte
Stiche, der Seitenaufbau ist hingegen sehr flexibel und bewegt. Nicht nur die
Pointen der Kurzgeschichten um Rork sind von Humor durchzogen, wodurch
sich Andreas von anderen Lovecraft-Jüngern deutlich abhebt. Nun ist der
erste von zwei Bänden der Gesamtausgabe um die haarsträubenden Abenteuer des weißhaarigen Mysterienerkunders erschienen (Schreiber & Leser).
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Deutlich von Humor geprägt ist auch die Fantastik von Marc-Antoine Mathieu. Mit seiner Reihe um den Büroangestellten Julius Corentin Acquefacques in einer kafkaesk beklemmenden Welt widmet er sich mit jedem Band
einem neuen Aspekt des Mediums und des Erzählens. In „Die Verschiebung“
verschläft Julius seine Geschichte – der Comic beginnt auf Seite 7 und der
Protagonist hechelt seiner Story hinterher, während die Nebenfiguren gelangweilt im Nichts herumstochern … und philosophieren. Das ist großartig
und urkomisch. In „Richtung“ versucht Mathieu Ähnliches, nur ohne Story.
Die Hauptfiguren: Ein Mann und viele Richtungspfeile, denen er folgt. Das ist
raffiniert und sieht nach schickem Coffeetable Book aus, kann aber auf ganzer Länge kaum so begeistern wie seine narrativen Werke (beide Reprodukt).
CHRISTIAN MEYER
AB 23. APRIL: RIO MÜLHEIM
CASABLANCA BOCHUM s ROXY KINO DORTMUND
FILMFORUM DUISBURG s EULENSPIEGEL ESSEN
trailer-ruhr.de Forum
Mein
Me
e in
i Lesezeichen
trailer verlost 1x „Weisse Wölfe - Eine grafische Reportage über rechten
Terror“ von David Schraven & Jan Feindt, erschienen im Verlag Correkt!v.
E-Mail bis 19.4. an [email protected], Kennwort: Weisse Wölfe
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Literatur-Kalender Ruhr
22.03.2011
21.04.2015
Aus dem südlichen Ruhrgebiet: Sarah Wedler und Nadine d’Arachart, Foto: M. Reiter
Literatur-Termine im April
Bochum – Schauspielhaus
Essen – Weststadthalle
0234 333 30
0201 244 888 90
Axel Hacke: Das kolumnistische
Manifest
Mi 15.4. 20 Uhr
Ausgewählte Kolumnen aus über 25
Jahren Tätigkeit für das Magazin der
Süddeutschen Zeitung.
Christoph Maria Herbst: Er ist wieder da
So 12.4. 19.30 Uhr
Wenn Stromberg in die Rolle Hitlers
schlüpft, strömt das Publikum. Ist Autor
Timur Vermes überhaupt mal selbst auf
Lesereise mit seinem Buch gegangen?
Bochum – Schauspielhaus
Essen – Buchhandlung Proust
0234 333 30
0201 23 40 44
Jochen Malmsheimer: Halt mal, Schatz!
Do 23.4. 20 Uhr
Zückt Jochen Malmsheimer doch
noch einmal seinen Klassiker aus dem
Jahre 2002 über „Planung, Kiellegung,
Stapellauf und Betrieb eines Kindes“ –
zeitlos!
„Reim Dich oder…“ – Friederike
Kempner und Julie Schrader, die
ungekrönten Königinnen des
unfreiwilligen Humors
Mi 15.4. 20 Uhr
Ein wahres Schatzkästchen (unfreiwillig)
komischer Lyrik öffnen Heike Trinker
und Joachim Henn. Schiefe Bilder und
schlecht sitzende Reime dürften das
Publikum bestens unterhalten.
Bochum – Bier-Café
0234 36 16 18 18
Literaturshow: Nadine d‘Arachart und
Sarah Wedler
Mi 22.4. 20.15 Uhr
Das Hattinger Autorinnenduo
(Literaturportrait 03/12) zu Gast in
Bochum. Dazu gibt’s Buchtipps und
Live-Musik.
Dortmund – Theater im Depot
0231 98 21 20
Rolf Dennemann: Kartoffeln mit Speck
Sa 25.4. 20 Uhr
Eine kulinarische Ruhrgebiets-Biografie
von der Hausschlachtung auf dem
elterlichen Hof über Heringsstipp bei
der Oma hin zu Sternerestaurants
– der Regisseur, Schauspieler und
Autor nutzt die Erinnerungsfähigkeit
der Geschmackssinne, um (Familien-)
geschichte mal ganz anders zu erzählen.
Dortmund – Ekamina im Sissikingkong
0231 728 25 78
Dond & Daniel lesen Gion Mathias
Cavelty
Do 2.4. 20 Uhr
„Endlich Nichtleser“ hieß im Jahr 2000
der dritte Band einer Trilogie, in der sich
der Schweizer Autor verschiedenster
literarischer Stile bedient und höchst
komisch ad absurdum führt. Ein
gefundenes Fressen für die beiden (vor-)
lesenden Buchhändler.
Duisburg – Grammatikoff
0203 36 39 96 81
Philipp Möller: Isch hab Geisterblitz
Mi 15.4. 19.30 Uhr
Der ehemalige Lehrer und jetzige
Bestseller-Autor („Isch geh Schulhof“)
präsentiert in seiner neuen Leseshow
weitere Einblicke in Sprachverwirrung
und Bildungschaos. Hinter allem Witz
tieftraurig.
Auch in Essen (14.4. Zeche Carl) und
Bochum (16.4. Zeche Bochum)!
Eintritt: 10,00 € - 19.30 Uhr
24.03.2011
29.04.2015
Essen – Medienforum des Bistums
0201 220 42 74
Rupert Neudeck: Radikal leben
Di 21.4. 19.30 Uhr
„Freiheit erfordert Mut. Und Mut
heißt, mit dem Risiko des Schadens zu
leben“ ist eine der Erkenntnisse, die
der Cap Anamur-Gründer Neudeck in
seinen Visionen für eine bessere Welt
formuliert.
12.05.2015
30.03.2011
Gelsenkirchen – Die flora
0209 169 91 05
Tayfun Demir: Gast mit Unbehagen
(Huzursuz Misafir)
Di 28.4. 19.30 Uhr
Der Autor, Bibliothekar und Verleger
liest aus seiner Autobiografie.
Gelsenkirchen – Hans-Sachs-Haus
0209 16 90
Sabine Heinrich: Sehnsucht ist ein
Notfall
Sa 18.4. 20 Uhr
Mit diesem Generationen-RoadmovieRoman hat die bekannte Radiomoderatorin ein gelungenes Debüt
vorgelegt.
Hattingen – Mayersche Buchhandlung
02324 919 86 80
Tanya Stewner: Eine Eule steckt den
Kopf nicht in den Sand
Fr. 24.4. 11 Uhr
Im neuesten Band der vor allem bei
Mädchen beliebten Kinderbuchreihe um
Liliane Susewind muss nicht nur eine
Eule, sondern gleich ein ganzer Wald
gerettet werden. Vormittags leider nur
für Schulen interessant.
Am 22.4. auch in Herne!
Empfehlungen von Frank Schorneck
37
Für immer anders – Wenn Familien
Zeiten der Trauer erleben
Kinder, Jugendliche und Erwachsene
„Radikal
haben leben“
viele Fragen und Gedanken,
Lesung
und
Gespräch mit RupertKrankheit,
Neudeck
wenn lebensbegrenzende
Radikalität ist für Rupert Neudeck Lebensthema und
der Tod und das, was danach kommt,
Lebenswerk zugleich. In seinem Buch „Radikal leben“
aktuell
wird.(Lebens-)Weg
Gespräch und
Vortrag
zeigt
er diesen
auf und
entwirft Visionen,
wie die von
Welt Beispielen
besser werden
anhand
auskönnte.
der Das Buch ist
einalltäglichen
Resümee derTrauerpraxis.
Gedanken, Aktionen und Visionen
Neudecks, das Mut macht, sich der humanitären BeEintritt: 8,00 ¼ - 19.30 Uhr
wegung anzuschließen.
Gott sei Dank in der Welt! Ein Konzil verändert die Kirche
Lebenskönnerschaft –
Auf der Grundlage der Publikation
Impulse aus der Philosophie der Lebenskunst
“Die Kircheimder
Weltgesellschaft.
Filmgespräche
Medienforum
Leitung:
Minten, Mülheim
Das II.Marcus
Vatikanische
Konzil und die
Themen
Globalisierung des Katholizismus“
Ŗ8QPFGT.KGDGKPFGT(COKNKG
von Dr. Stefan Nacke sollen nach
Ŗ8QPFGT.KGDG\W(TGWPFGP
einem Impulsreferat des Autors aus
Ŗ8QPFGT.KGDG\W(GKPFGP
Ŗ8QPFGT.KGDG\W9GUGPWPF&KPIGP\WT9GNV
unterschiedlichen Perspektiven die
Ŗ 8QP
FGT .KGDG \WO .GDGP
\W GKPGO
Herausforderungen,
dieWPF
heute
mit &CT×DGThinaus
dem Zweiten Vatikanischen Konzil
Eintritt: frei - 19.30 Uhr
für die Menschen verknüpft sind,
diskutiert werden.
„Und
immer
stark
sein - Die
Eintritt:
frei
- 19.30
UhrGeschichten unserer
Mütter“
Lesung und Gespräch mit Ute Elisabeth Mordhost
Die hohe Kunst
Weltrettung
Stellvertretend
für eine der
ganze
Generation von Frauen,
dieDas
zwischen
den beiden
geboren wurKomischste
aus Weltkriegen
dem wirklich
den,
erzählt
Ute
Elisabeth
Mordhorst
in
ihrem Buch
wahren Leben mit dem Kabarettisten
die Geschichte ihrer Mutter: wie sich ein Krieg anfühlt,
Kai Magnus Sting
wenn man weder Uniform noch Waffe hat, welche
Alsund
Rastelli
derDurchhaltewillen
gesprochenen
Kraft
welchen
es und
braucht, Familiengeschliffenen
am Leben zu erhalten,
ohne
selbst ausreichend
Rede, als
gnadenloser
Verdienstmöglichkeiten
zu haben
und wie sich das
Menschenbeobachter
und MenschenWirtschaftswunder anfühlt, wenn man nach getaner
kenner, als Parodist des Lebens,
Aufräumarbeit in den Trümmern nach Hause geschickt
Terrorist
des Wortes
und
Meister
des muss.
wird
und mühsam
um seine
Rechte
kämpfen
Eintritt:
frei - 19.30 Uhr
Zwischenmenschlichen
hat Sting seine
Lieblingsnummern im Gepäck und die
ein oder andere neue Geschichte.
Eintritt: 10,00 ¼ - 19.30 Uhr
Kartenvorverkauf
Medienforum des Bistums Essen
Zwölfling 14 / 45127 Essen
Tel.: 0201 / 2204-274
Fax: 0201 / 2204-272
[email protected]
Popkultur an der Ruhr
Improvisierte Musik in NRW
Grandbrothers, Foto: jonas lindström
Feier des Minimalismus
Die Grandbrothers erfinden sich ihren eigenen Musikstil
Von Timon-Karl Kaleyta
In der Kunst liegt die größte Meisterschaft darin, eine Anstrengung kinderleicht und gleichzeitig zwingend logisch erscheinen zu lassen – die Reduzierung auf ein maximales Minimum in Form und Ausdruck ist der Schlüssel zu einer gelingenden Ästhetik. Bei Mies van der Rohe, einem der großen
Architekten der Moderne, hieß das: „So
„Zwei Deutsche spielen ihren
einfach wie möglich, koste es, was es
komplett-analogen Konzertwolle.“ Es ist das Mantra – beginnend
flügel-Drumcomputer“
bei Minimal Art und Bauhaus – das uns
heute in allen Bereichen von Kunst, Design und Werbung begleitet.
Wäre dieses Prinzip leicht zu reproduzieren, läge darin keine Meisterschaft.
Es ist gerade das Kennzeichen von Virtuosität, dass sie einen Kosmos an
Sinn und Arbeit in ein Produkt von besonderer Klarheit verwandelt. Es ist
auch das Erfolgsprinzip von Apple: „Reduce to the max“, obgleich dieser
Claim nun wieder von Mercedes Benz stammt.
Vor diesem Hintergrund sollten wir das Projekt der beiden Düsseldorfer
Musiker Erol Sarp (geboren in Wuppertal) und Lucas Vogel betrachten, die
seit 2011 die Formation Grandbrothers bilden. Es dürfte eine der musikalisch ambitioniertesten Platten des Jahres sein, die Sarp und Vogel nun auf
dem Berliner Label FILM veröffentlichen. Die bereits im Februar 2014 veröffentlichte Single „Ezra Was Right“ stieß auf internationale Anerkennung
bei Musikern und Produzenten, lief auf renommierten Radiostationen in
England und fand mit seinen Remixen den Weg in Japans Clubs.
Zwei Jahre Studioarbeit stecken in der nun fertigen LP, doch es ist gar
nicht so leicht zu beschreiben, was auf „Dilation“ eigentlich geschieht –
so elaboriert ist das Ganze. Geschäftsführer und Gründer von FILM, sowie
Entdecker der Grandbrothers sind der gebürtige Herner Dominik Grötz und
Daniel Breuer aus Aachen. Partnern erklären sie das Projekt meist so: „Zwei
Deutsche spielen ihren selbst-gebauten komplett-analogen KonzertflügelDrumcomputer.“
Die Technik der beiden Musiker ist in der Tat extravagant und einzigartig.
Zwar klingen sämtliche Stücke, als wären sie von Synthesizern durchzogen,
in Wahrheit aber kommt jeder Ton aus dem Flügel selbst. Über einen Laptop
werden mechanische Hämmerchen im Inneren des Instruments angesteuert von hier aus nimmt jeder Sound seinen Anfang.
Was uns die Grandbrother anbieten klingt derart neu und ausgereift, dass
man kaum glauben mag, hier über ein hiesiges Produkt zu sprechen. Die
Formsprache ist das Gegenteil von gefällig, und doch erschließt sich beim
ersten Hören alles. Kein Ton ist zu viel, die Arrangements
sind aufgeräumt wie selten – das Genre bewegt sich irgendwo zwischen IDM, Ambient, Minimal und Techno.
Besagte Apparatur zur Tonabnahme ziert auch das Artwork von „Dilation“. Ein ausgestreckter Arm reckt das
für die Musik der Grandbrothers zentrale Modul in Agitprop-Manier in die Höhe, im Hintergrund sehen wir ein
mächtiges Blau, das an den Künstler Yves Klein erinnert
Timon-Karl Kaleyta
Autor & Journalist – und der ist bekanntlich: Wegbereiter des MinimalisLeiter des Instituts für
mus.
Zeitgenossenschaft
Moerser Stadtmusikant Colin Stetson
Aura intakt
44. Moerser Festival versammelt internationale Sets
Von Maxi Braun
Für das Moers Festival war es in den letzten Jahren finanziell oft kniffelig.
Da half auch die Tradition als international anerkanntes New Jazz Festival
nicht. Zu den Sparmaßnahmen gehörten 2014 die Verabschiedung vom Flair
eines Niederrhein-Woodstock und der Umzug in eine Festspielhalle. Die Atmosphäre hat sich verändert, die Aura eines Experimentierfeldes blieb intakt, wie
die erfolgreiche Bilanz von 12.000 Besuchern im letzten Jahr belegt. Saniert
ist Moers aber nicht. Diesmal fallen
dem Sparzwang z.B. zwei Schulpro- „Die Akustik der Festspielhalle
jekte frühkindlicher Musikförderung
schmeichelt Big Bands wie
zum Opfer. In der Institution des
auch dem intimen Set“
„Improviser in Residence“ bleibt die
Nachwuchsförderung aber implizit erhalten. 2015 wird der Saxofonist und
Klarinettist Hayden Chisholm nicht nur Konzerte und Projekte organisieren,
sondern auch mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Der Neuseeländer löste
bereits im Januar die Pianistin Julia Hülsmann als Improviser ab. Zur Eröffnung spielt er mit dem Lucerne Jazz Orchestra auf. Gefolgt von The Nest,
hinter dem Christoph Clöser steckt, Mastermind des Doom/Metal&AmbientProjekts Bohren & der Club of Gore. Den Abschluss am Freitag liefert mit den
Family Jones Singers ein Gospel-Funk-Oktett aus Texas, das Reiner Michalke
erst im Januar in einem kleinen New Yorker Club entdeckte.
Seit zehn Jahren künstlerischer Leiter in Moers, kuratiert Michalke durchaus subjektiv und nach eigenem Gusto. Nicht jeder Gig sagt da jedem Besucher gleichermaßen zu, aber Offenheit gehört bei Fans der Improvisierten
Musik zum guten Ton. Die Herkunft der KünstlerInnen ist so vielseitig wie die
musikalischen Stile, die sie pflegen. Neben hauptsächlich europäischen und
US-amerikanischen Formationen, bilden Bassekou Kouyaté aus Mali oder das
Ziad Rajab Trio, dessen Wurzeln in Aleppo liegen, die exotische Ausnahme.
Die Akustik der Festspielhalle schmeichelt Big Bands wie auch dem intimen
Set. Über die Verpflichtung Colin Stetsons dürfte sich keiner beschweren. Der
Multiinstrumentalist arbeitete schon mit Tom Waits oder Feist und sprengt
gern die Grenzen Improvisierter Musik. Besonders vielversprechend ist sowohl
seine Kollaboration mit Sarah Neufeld, Violinistin der kanadischen Indierockband Arcade Fire, als auch Stetsons Interpretation der „Symphony of Sorrowful Songs“ des Komponisten Henryk Mikolaj Górecki. Die Variationen sind
noch offen, viel tiefes Holz wird wohl dabei sein. Der mit einem elfköpfigen
Orchester aufgeführten Sinfonie liegen drei Texte der polnischen Geschichte
zugrunde, alle handeln von Kriegsleid in verschiedenen Epochen. Wie Stetsons Variation auch ausfallen wird, auch in ihrer puren Instrumentalität wird
sie allein der Vorlage wegen eine politische Dimension enthalten. Wie jede
Kunstform spiegelt Improvisierte Musik das Lebensgefühl des Moments, in der
sie entsteht; ihre Reaktionszeit ist nur weitaus kürzer, aktueller. Die kriegerischen Konflikte unserer Gegenwart werden bei Stetson nonverbal anklingen.
Im Fokus steht aber auch 2015 das musikalische Programm, das erneut mit
dem Abgefahrenen liebäugelt und mit der Belastbarkeit und Offenheit des
Publikums experimentiert.
Moers Festival | 22.-25.5. | Festivalhalle Moers, Venloer Straße
www.moers-festival.de
Grandbrothers: „Dilation“ | FILM
38
kunst & gut
Ralph Fleck vor „Man Booker Prize“ im Atelier Kirchzarten 2011, © Foto: Ilse Irmgard Klär
Die Mittel der Malerei
Ralph Fleck im Museum Küppersmühle in Duisburg
Dass Ralph Fleck so weit gehen würde … war eigentlich zu erwarten. In der
opulenten Ausstellung in der Küppersmühle in Duisburg stößt man auf zwei
überraschende Gemälde aus dem vergangenen Jahr. Den Betrachter leicht
überragend, zeigen sie nichts als rechteckige Farbfelder verschiedener Größe,
die vor einem weißen Grund schweben, im Weiß sind ihre Schatten eingezeichnet. Schon darin teilt sich mit, dass Ralph Fleck, der einer der wichtigsten gegenständlichen Maler hierzulande ist, nicht zum Konstruktivisten
geworden ist. Die zweite Information liefern die Bildtitel: „Amsterdambild“.
Natürlich liegt in der Darstellung eine Referenz an den holländischen Maler
Piet Mondrian (aber auch an Gerhard Richter!) vor. Wichtiger ist aber, dass
Fleck hier seine eigenen Vorstellungen von Amsterdam in Farben transzendiert. Er liefert Stimmungen und Temperierungen, welche sich für ihn aus
dem Klang der Urbanität ergeben, komprimiert wie auf einer Farbtafel.
Ralph Fleck wurde 1951 in Freiburg im Breisgau geboren. Bis heute lebt er
in Südbaden, wenn er nicht auf ausgedehnten Reisen ist, bei denen er sich
die Landschaften und Städte malerisch aneignet. Er hat an der Kunstakademie Karlsruhe bei Peter Dreher studiert. Zu den Kommilitonen von Fleck,
der später selbst als Professor an der Kunstakademie Nürnberg unterrichtet
hat, gehören Artur Stoll und Friedemann Hahn, die ebenfalls in realistischer
Malerei unmittelbare Wirklichkeit festhalten. Daneben ist für Fleck das Aufblitzen von Humor kennzeichnend. Das wird in der Ausstellung etwa bei den
frühen „Schnappschüssen“ mit Einheimischen und Touristen, gemalt mit Ölfarbe auf Packpapier (wodurch sich eine dunkel verfließende Korona um die
Figur bildet), deutlich oder bei den neueren überlebensgroßen Ausschnitten
aus Buchregalen, in denen die Buchrücken und Cover nicht nur die Lektüre
verraten, sondern in ihrer Farbigkeit als aufreizende Raster wirken.
Amsterdam, das er über seine dortige Galerie Josine Bokhoven kennengelernt
und erkundet hat, hat sich schon vor vielen Jahren als Sujet innerhalb seiner
Stadtbilder etabliert. Fleck malt die Städte zumeist von oben, in wechselnden
Perspektiven, oft mit Blick auf wichtige Architekturen und Stadtanlagen. Die
Amsterdam-Bilder teilen den Verlauf der Grachten mit, sie sind pittoresk und
dann, im Festhalten moderner Bauten, lakonisch konzentriert.
Eines kennzeichnet überhaupt die Malerei von Ralph Fleck: Schaut man auf
die Gemälde mit Abstand, dann ist alles klar und deutlich zu erkennen, aber
mit der Annäherung werden sie zunehmend abstrakt, bis hin zur puren Malerei. Die Farben kräuseln sich pastos und verschmelzen miteinander oder sie
sind – vor allem in den neueren Bildern – mit feinem Pinsel plan gestrichen.
Malerei ist unmittelbare Erfahrung, die unermüdlich bleibt: Fleck arbeitet seit
jeher in Werkgruppen, bei denen ein Sujet aus verschiedenen Blickwinkeln,
unter unterschiedlichen Witterungsverhältnissen und in Varianten der Motive wiedergegeben ist.
Kann es sein, dass seine Malerei im letzten Jahrzehnt sachlicher geworden ist,
die Farbe weniger aufgeworfen ist und kaum aus dem Bild tropft? Vielleicht
sind die frühen Bilder mit den nebelverhangenen Alpen und dem Blick in
den Seerosenteich von Giverny doch experimenteller, riskanter und berührender. Dazu vermissen wir in der Ausstellung die Fokussierungen alltäglicher
Nahrungsmittel und Speisen, mit denen er sich in die Tradition der Stilllebenmalerei einklinkt. Oder die Seestücke, die Wasser eine Form geben und
doch seine flüchtige Zuständlichkeit vermitteln. Also, hoffentlich wird in der
Küppersmühle Duisburg deutlich, was für ein großartiger, reflektierter und
origineller Maler Ralph Fleck schon seit Jahrzehnten ist.
39
THOMAS HIRSCH
„Ralph Fleck – Malerische Grenzauflösungen“ | bis 26.4.
Museum Küppersmühle in Duisburg | 0228 93 45 50
Kunst in NRW
Kunstwandel
Abb. 1
Salomon, Selbstbildnis 1940, © Charlotte Salomon Foundation
Bildergeschichte in den Tod
Ernsthaft ironisch
Das Leben ist ein Theater, Tragödien seine Lieblingsstücke. Die Jüdin Charlotte Salomon stellte sich diese Frage wohl häufig, lebte sie doch in einer
Zeit, in der Komödien keine Gegenwart mehr hatten, das Leben selbst keine
Bedeutung mehr und Vergangenheit schon gar keine Zukunft verhieß. Und
doch, Charlotte Salomons kurze künstlerische Visite auf diesem Planeten
(geboren am 16. April 1917 in Berlin, ermordet am 10. Oktober 1943 im
KZ Auschwitz-Birkenau) hat einen bleibenden Eindruck und Spuren hinterlassen, die andere künstlerische Arbeiten beeinflussten und spätestens seit
ihrer Präsentation auf der documenta 13 (2012) zu Recht wieder mehr in
den Blickpunkt der Öffentlichkeit gelangten, als Künstlerin, die früh sehr
modern ihre Biografie und das Geschehen um sie herum in eine monumentale Bildergeschichte verarbeitete.
Das Kunstmuseum Bochum zeigt gerade rund 250 Bilder aus dem Fundus
der Berliner Künstlerin, der vom Jewish Historical Museum Amsterdam verwaltet wird. Das sind mehr als 1300 kleine Gouachen, die in nur fast zwei
Jahren, im Exil bei den Großeltern im französischen Villefranche-sur-Mer
bei Nizza entstanden sind. Rein rechnerisch sind das mehr als zwei Arbeiten
jeden Tag, jeden Tag unter der Sonne der Riviera, aber mit der existenziellen
Angst und dem Druck auf der jungen Psyche. „Ich hab genug von diesem
Leben, ich hab genug von dieser Zeit“ steht auf einem der kleinen Bilder, die
die große Halle im Bochumer Museum nebeneinander komplett umrahmen,
man läuft entlang wie in einem Comic und es ist doch ein traditionelles
Singspiel. „Leben? Oder Theater?“ nennt sie die 769 Gouachen, die sie zu
einem Zyklus zusammengestellt hat und die nur in die Jetztzeit gerettet
wurden, weil sie sie vor ihrer Deportation einem Arzt übergeben hat. Kein
Wunder, dass gleich am Eingang der Halle ihr „Der Tod und das Mädchen“
nach dem gleichnamigen Matthias-Claudius-Text hängt.
Parallel dazu hat im Gelsenkirchener Musiktheater im Revier (MiR) die Uraufführung von „Charlotte Salomon: Der Tod und die Malerin“ seine Premiere gehabt. Die dortige Ballettchefin Bridget Breiner hat das Schicksal der
Malerin zur Musik der US-Komponistin Michelle DiBucci choreografiert. Es
ist ein Reigen der Selbstmörder, eine traurige Reihung in der Familie der
Charlotte Salomon und ein Umstand, der ihr nach dem Freitod ihrer Großmutter in Frankreich erst klar wird. Viele der Gouachen handeln davon, auch
das letzte in der letzten Ecke. Da sagt Charlotte zu ihrem Großvater, dass
sie das Gefühl habe, „als ob man die ganze Welt wieder zusammensetzen
müsste.“ Und was ist seine Antwort? „Nun nimm dir doch schon endlich
das Leben.“ Es wäre eins gewesen, das sie nie richtig gehabt hat. Die Mutter stirbt früh (Suizid), der Vater heiratet eine bekannte Sängerin, in deren
Gesangslehrer verliebt sie sich unglücklich, das Kunststudium bricht sie ab,
nachdem ihr ein Kunstpreis verweigert wird, was sie aufrecht hält, ist ihre
bemerkenswerte Malerei, nein eigentlich ist es das eindrucksvolle Gesamtkunstwerk. Leben? Oder Theater? Wir wählen die Freiheit.
Von Thomas Hirsch
Eine Retrospektive ist immer eine heikle Sache. Sie hat die Verpflichtung,
alle relevanten Werkphasen zu berücksichtigen und weckt die Erwartung
auf neue Erkenntnisse. Für die Ausstellung von Sigmar Polke in Köln bedeutete dies, eine Vielzahl künstlerischer Medien
„Höhere Wesen
und experimenteller Methoden einzubeziehen.
befahlen“
Polke, der 1941 in Schlesien geboren wurde, an
der Düsseldorfer Kunstakademie bei Gerhard Hoehme und K.O. Götz studiert
hat und später Professor in Hamburg war, ist 2010 in Köln gestorben. Seit
langem gehört er mit Baselitz, Anselm Kiefer und Gerhard Richter zu den
weltweit renommierten Malern aus Deutschland. Das überrascht insofern,
als sich sein Werk wie ein Chamäleon verhält und jeder schnellen Rubrizierung entzieht. Es ist aufregend disparat. Ausgehend von der realistischen
Malerei, in der er sich auch mit der Abstraktion auseinandersetzt und die
Pop Art berührt, schlägt Polke frühzeitig verschiedene stilistische Modi ein.
Seit Beginn der 80er Jahre erneuert er sein Werk sozusagen, indem er mit
wechselnden Malmaterialien und mit chemischen Methoden arbeitet und
transparente Folien als Leinwände verwendet oder diese wiederum durch
Folien verdeckt. Diese Hinterfragung der Malerei selbst – neben die u.a. das
Filmen und die Fotografie sowie Objekte treten – verdeckt ein bisschen, dass
Polke ein zutiefst gesellschaftskritischer Künstler war. Zusammen mit Gerhard Richter, Manfred Kuttner und Konrad Lueg hatte er 1963 den „Kapitalistischen Realismus“ als Stilrichtung proklamiert. Polkes zentrales Thema
ist das gesellschaftliche Leben in Deutschland in blühenden wirtschaftlichen Zeiten mit der Verdrängung der Nazi-Verbrechen. Zur nachdenklichen
Ironie und Doppelbödigkeit trägt bei, dass er auf die kitschigen Rapporte
bedruckter Stoffe malt oder seine Darstellungen aus Rasterpunkten aufbaut.
Er wehrte sich gegen die Vorstellung vom Künstler als Genie und kokettierte
dazu mit der Kraft des Übersinnlichen. „Höhere Wesen befahlen: rechte
obere Ecke schwarz malen!“ (1969) heißt eines seiner bekanntesten, in Köln
ausgestellten Gemälde: In eine weiß gemalte Leinwand ragt von oben eine
schräge schwarze Fläche, im unteren Bereich ist wie mit Schreibmaschine
der Titel notiert. So war das mit der Kunst und den Erwartungshaltungen.
„Charlotte Salomon. Leben? Oder Theater?“ im Museum Bochum
PETER ORTMANN
„Charlotte Salomon: Leben? Oder Theater?“ | bis 22.5.
Kunstmuseum Bochum | 0234 910 42 30
„Charlotte Salomon: Der Tod und die Malerin“ | Do 23.4. 19.30 Uhr
MiR, Gelsenkirchen | 0209 409 72 00
Sigmar Polke im Museum Ludwig in Köln
Thomas Hirsch
Kunsthistoriker,
Kurator und Journalist
Werkschauen mochte er nicht, hatte aber eingewilligt,
als eine Anfrage aus der sicheren Ferne, vom Museum
of Modern Art in New York kam. Vorbereitet vom MOMA
und der Tate Modern in London, ist diese Retrospektive
nun in Köln zu sehen. In seiner gediegenen Schau versucht das Museum Ludwig den Maler und den kritischen
Künstler gleichermaßen herauszuarbeiten. Ob Polke diese
museale Wertschätzung gefallen hätte?
„Sigmar Polke – Alibis“ | bis 5.7. | Museum Ludwig in Köln
0221 22 12 61 65
Abb.1: Sigmar Polke, Fensterfront, 1994 © The Estate of Sigmar Polke / VG Bild-Kunst Bonn,
Foto: Rheinisches Bildarchiv
40
Sammlung
„Das Material ist nicht für die Ewigkeit gedacht“
Der Recklinghäuser Museumschef zur Ruhrfestspiel-Installation von Daniel Buren
ihm benutzten Streifen. Das Bild war ohne Botschaft. Das war ein ganz wichtiger Aspekt. Und er
hat über Jahrzehnte geschafft, diese Grundidee
immer weiter zu treiben. Bis man so weit war, das
auch als schön zu empfinden. Also als Dekor in einem positiven Sinne. Aber es ist auch immer ein
Eingriff – ob er in Weimar die Wände aufschlitzt
oder am belgischen Strand diese Windfaden setzt.
Da setzt er sich mit dem Wind und dem Licht und
den Elementen auseinander, macht sie sozusagen
erst sichtbar, und das ist eine
wunderschöne Erscheinung, aber
Deshalb harmonisiert Buren
„Das hat eine räumliche,
es ist eben auch mehr als nur
jetzt das Festspielhaus?
aber auch emotionale
Wirkung und darum geht
wunderschön.
Harmonisiert – ich würde sagen,
es uns eigentlich“
er verändert es. Harmonisiert ist
Klar. Und das Prinzip für die
eine ästhetische Kategorie. Insofern habe ich da auch nichts gegen. Da ist ein Farbwahl des Rasterbilds, ist das Zufall – wie
Künstler, der eine Architektur verändert und so die bei Richters Domfenster in Köln?
Möglichkeit gibt, sie unter anderen Blickwinkeln Nein. Die Auswahl der Farben, die Strukturierung
zu sehen, sie gleichsam auflöst, und das ist ein sehr und Aufteilung der Farben geschieht nach einem
System. Es ist kein Zufall. Es sind ja auch nur sehr
interessanter Aspekt.
wenige Farben, fünf, wenn man das Weiß mit hinDas wird also ein adhäsives Folien-Tête-à-Tête zuzählt. Und sie werden nach einer bestimmten
Reihenfolge sortiert: nämlich nach dem Alphamit dem Besucher?
So kann man das ausdrücken. Mir ist wichtig an bet. Also blau kommt vor grün, und weiß steht
der Stelle, dass das Ganze ein immaterielles Werk am Ende. Buren fängt also links unten in der Ecke
ist. Denn es geht nicht um die Folie, sondern es an und geht dann in die Schräge, über die ganze
geht um das Licht. Das Licht, das in das Festspiel- Front. Das ist auf den ersten Blick ein etwas einfahaus hineinfällt oder aus der Kunsthalle heraustritt ches System, aber auch interessant, denn in jedem
– eine Lichterscheinung in der Nacht – und einfach Land sieht es anders aus. Diese Treppenfolge ist
da ist. Das hat eine räumliche, aber auch emotio- nicht kryptisch, wie bei Richters Zufalls-System.
nale Wirkung, und darum geht es uns eigentlich. Und es gibt eine leichte Störung, das sind die weiDas Innen-Außen spielt am Festspielhaus eine sehr ßen Felder, die eben gestreift sind, und da tauchen
dann sozusagen als Eigenzitat seine Streifen wiegroße Rolle.
der auf.
trailer: Herr Ullrich, war die Auswahl von Daniel Buren bei einem Blick der Ruhrfestspiele auf
Frankreich zwangsläufig?
Prof. Dr. Ferdinand Ullrich: Ich will nicht unbedingt sagen, dass die Auswahl von Buren zwangsläufig war, aber es lag auch nahe. Für mich ist es
eine Gelegenheit gewesen, einen Künstler, den ich
in seiner Radikalität sehr schätze, dafür anzusprechen. Und habe ihn kennengelernt als einen ausgesprochen sympathischen, unprätentiösen Künstler.
Also kein Konzept von Farbenlehre?
Nein. Es ist keine Farbenlehre. Außer die dümmste
aller Farbenehren, wenn man so will, nämlich die
des Alphabets. (lacht)
Daniel Buren in Paris. Ein durchaus radikaler Künstler, der das
Bild an sich in Frage gestellt hat, Foto: Ferdinand Ullrich
Ist dieses Konzept der Verfremdung wichtiger
als eine immanente Form der Dekoration?
Der Begriff der Dekoration kommt vielleicht schnell
auf. Aber man muss eben die ganze Entwicklung
von Daniel Buren sehen. Er war ja Ende der 1970er,
Anfang der 80er Jahre, aus der 68er-Bewegung
kommend, ein durchaus radikaler Künstler, der das
Bild an sich in Frage gestellt hat. Durch die von
Warum gibt es keine Ausstellung in der Kunsthalle Recklinghausen?
Also die Kunsthalle ist belegt. Sie wird ab dem
13. Mai an einer großen China-Ausstellung beteiligt sein und chinesische Malerei zeigen. Das war
sehr lange vorgeplant, aber es hat den dringlichen
Wunsch gegeben, auch eine Ruhrfestspiele-Ausstellung zu veranstalten. Und dann haben wir aus
der Not, die wir hatten, eine Tugend gemacht. Also
dann versuchen wir doch im öffentlichen Raum
etwas zu machen und gleichzeitig die Gebäude,
die Architekturen, die bei den Ruhrfestspielen eine
Rolle spielen, das Festspielhaus auf der einen Seite
und die Kunsthalle auf der anderen, mit ins Spiel
zu bringen und dort von innen auch nach außen
zu strahlen.
Also eine Installation an den Fenstern?
Ja. An den beiden Fassaden des Festspielhauses
und der Kunsthalle.
41
ZUR PERSON
1972-78 Studium der Bildenden Kunst an der Kunstakademie
Münster. Meisterschüler bei Timm Ulrichs. 1978-81 Studium
Kunstgeschichte, Philosophie und Pädagogik an der RUB Bochum. Promotion über die Künstlergruppe „junger westen“.
Seit 1988 ist Ferdinand Ullrich Direktor der Museen der Stadt
Recklinghausen, seit 2002 Honorarprofessor für Kunst und Öffentlichkeit an der Kunstakademie Münster.
Foto: Kunsthalle Recklinghausen
Wenn die Kunst von Buren so ein Mehrwert ist
für die Festspielhalle, warum bleibt so was nicht
dauerhaft?
Unser Wunsch wäre es durchaus, so etwas dauerhaft zu installieren. Dann müsste man aber über
einen Ankauf des Werkes diskutieren. Und das kostet natürlich viel Geld. Zunächst ist es temporär
gedacht und auch so angelegt. Das hat auch mit
den Materialien zu tun – die sind nicht für ewig
gedacht. Ansonsten müsste man die Gläser selber
farbig einpassen und das wäre eher etwas, wenn
man neu bauen würde. Die Folien halten schon
eine Weile, aber eben nicht ewig. Sie werden dann
hinterher wieder abgenommen. Das kalkulieren
wir mit ein, und es muss dann auch relativ flott
gehen, denn die dürfen nicht zu fest kleben.
INTERVIEW: PETER ORTMANN
Ruhrfestspiele | 1.5.-14.6. | Recklinghausen,
Marl und Herten | www.ruhrfestspiele.de
RuhrKunst
Aus der Tiefe
Abb. 1
Arnulf Rainer im Kunstmuseum Ahlen
Das Kunstmuseum Ahlen macht regelmäßig mit
hochkarätigen Werkschauen zur Gegenwartskunst von sich reden. Dies trifft nun erst recht
auf die Ausstellung mit Arnulf Rainer zu. Äußerer Anlass ist der 85. Geburtstag des Malers und
Zeichners, der seit den 1970er Jahren über sein
Heimatland Österreich hinaus internationales Renommee besitzt. Die Malerei von Arnulf Rainer
basiert auf den Avantgarden der Nachkriegsjahrzehnte. Sein Gestus ist
expressiv, mithin spontan und ausufernd, aber
doch kontrolliert und in der Auseinandersetzung
mit dem Purismus von ZERO geschult. Dazu gehört die Rücknahme der Buntfarbigkeit zugunsten
der Hinwendung zum Schwarz. Und Rainer bringt,
ähnlich der theatralischen Inszenierung der Wiener Aktionisten, die eigene Körperlichkeit ein. Er
hat sich fotografiert und diese s/w-Fotos impulsiv
über- und partiell zugemalt. Der Grad der Übermalung wechselt, trägt mitunter etwas von einem
Vorhang, der sich öffnet oder verschließt. Das Gesicht grimassiert oder ist in sich gekehrt.
Arnulf Rainer behält die prozessuale Überzeichnung des fotografischen Selbstporträts über die
Jahrzehnte hinweg bei, das ist eine der Erkenntnisse dieser Ausstellung. Deutlich wird auch, wie
sich aus der einzelnen fließenden Linie ein dunkler
Schleier entwickelt, der zur Kreuzform als bildstiftendem Motiv zwischen Stabilität und Bewegtheit
führt. Die Kunst von Arnulf Rainer ist durch und
durch existenziell und mit Energie und Intensität
aufgeladen: Hier geht ein Künstler aufs Ganze. Zu
den Leistungen des Kunstmuseums Ahlen gehört,
dieses Werk von seinen Anfängen an vorzustellen
und dabei die Schwerpunkte herauszuarbeiten.
Nun sehen wir auch das Spätwerk mit den rein
malerischen bildfüllenden Farbschlieren, die noch
die Aspekte des Kontemplativen und Sakralen
betonen, und den Übermalungen fotografischer
Reproduktionen von Meisterwerken der Kunstgeschichte. Und auch wenn diese Bilder nicht mehr
die Härte früherer Jahre besitzen, führt auch hier
die Linie zu Implosionen und Neuinterpretationen.
In der Zerstörung steckt bei Arnulf Rainer doch
der Schöpfungsgedanke.
THOMAS HIRSCH
„Arnulf Rainer. Malerei, Arbeiten auf Papier“
bis 26.4. | Kunstmuseum Ahlen | 02382 918 30
Abb. 1: Arnulf Rainer, O.T., 1998/99, Ölkreide, Öl auf Papier
auf Holz, 81,5 x 123 cm, © Atelier Arnulf Rainer, Foto: Robert
Zahornicky, VG Bild-Kunst, Bonn
Leben zeichnen
Abb. 2
Kunst aus Israel in Mülheim
Erstaunlich, was Zeichnung alles ist. Sie kann unmittelbare, spontane Geste sein wie auch tastende Aneignung. Sie steht knapp und krude auf der
Fläche und dann wieder formuliert sie räumliche
Tiefe. Sie besteht aus den Strichen für Barthaare,
kann opulent die Grenze zur Malerei überschreiten und sich mit der Collage verbünden und sogar
Skulptur sein. Oder sie liegt im Video als gemächliche Bewegung vor: In der eindrucksvollen Ausstellung „Konturen des Alltags“ im Kunstmuseum
Mülheim handelt es sich um das Auflösen von
Teeblättern. Dahinter ist, auf Abstand gerückt, die
Kulisse der Stadt Tel Aviv zu sehen. Die statische
Perspektive – eine Kamera filmt durch ein Teeglas
– verhält sich zwischen träumerischer Poesie und
harter historischer Erinnerung, dann wenn wir die
dunklen Partikel als Fetzen verbrannten Papiers
deuten. Aber das ist nur eine, eher diskrete Ebene
dieser Ausstellung von vier etablierten Künstlern
der mittleren bis jungen Generation aus Israel. Die
andere, deutlichere Ebene ist der Alltag mit seinen
zwischenmenschlichen Beziehungen, aber auch der
prekären, von Krieg und Konflikten gekennzeichneten Gegenwart Israels. Zeichnung wird hier zum
geeigneten Medium, mitunter auch Psychogramm,
so auch im Kunstmuseum in der Alten Post.
Initiator der Ausstellung ist der in Duisburg lebende Gil Shachar. In Mülheim zeigt er seine hyperrealistischen Abgüsse von Büsten und von teils eingerissenen Papieren, auf welche er Schattenporträts
gezeichnet hat. Yoav Efrati ist mit einer lapidaren
Zeichnungsserie vertreten, welche Streit, Harmonie und Rollenverhalten im familiären Bereich vor
Augen führt. Yitzhak Golombek eignet sich die
Alltagswelt mit frei umkreisenden Zeichnungen
und plastischen Anordnungen gewöhnlicher Gegenstände an. Und Talia Keinan, von der auch das
Video stammt, zeichnet virtuos Transformationen,
die in ihrer unglaublichen Schönheit niemals nur
sind, was sie vorgeben. Im Kunstmuseum Mülheim
zeigt die „Kunst aus Israel“ nicht das, was wir reflexartig annehmen, aber sie schließt es auch nicht aus.
THOMAS HIRSCH
„Zeitgenössische Kunst aus Israel“ | bis 26.4.
Kunstmuseum Mülheim a.d. Ruhr | 0208 455 41 38
trailer verlost 1x2 Karten für „Konturen des Alltags“
E-Mail bis 12.4. an [email protected]
Kennwort: Konturen des Alltags
Abb. 2: Gil Shachar, O.T., 2012, Bleistift auf Epoxydharz, 70 x
100 x 6 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn, Foto: Egbert Trogemann
42
Raum für die Kunst der Kölner Liste, Foto: Presse
Der Wert von Allem
Anders als die anderen. Die Kölner Liste
Kunst ist längst abgekoppelt von der Kunst selbst.
Was heute als wichtiges Werk definiert wird, entscheiden immer häufiger Protagonisten, die entweder mit der Materie selbst überhaupt nichts zu tun
haben (Banker, Hedgefonds-Manager, Kriminelle)
oder solche, die an hohen Preisen partizipieren, ohne
selbst tatsächlich involviert zu sein, der Fall Achenbach war in NRW sicher ein gelungenes Beispiel.
Aber es gibt sie natürlich noch, die Arbeiten ohne
merkwürdige Provenienz, ohne Potential als Kunstaktie, ohne Wenn und Aber. Man muss sie eben nur
finden.
Die Messe „Kölner Liste“ ist eine solche Entdeckermesse für zeitgenössische Kunst. Hier kann der
Sammler oder der, der es noch werden will, durch
30 Galerieprogramme und Projekträume flanieren,
auf der Suche nach dem kommenden Star oder nach
dem Lieblingswerk des Spaziergangs. Erschwinglich
ist das alles allemal, gemäßigtes Preissegment ist da
der verschleiernde Fachbegriff, der natürlich auch
signalisiert: Hier gibt’s wohl nichts für einen Apfel
oder ein Ei. Wählen kann man zwischen Malerei,
Zeichnungen und Grafik über Skulpturen bis hin
zur Installationen, Video-Kunst und Performance.
Einfach ist der Kunstkauf eben nicht, und vergessen Sie den Begriff Wachstumspotential, der ist
genauso irreführend wie der Begriff Gewinnchance.
Gekauft werden sollte ausschließlich nach Gefallen
und nicht nach monetären Erwägungen. Das geht
meistens schief.
Anders ist das natürlich in der Kölner Parallelmesse Art Cologne. Hier versucht man, das Niveau von
Basel oder Maastricht zu erreichen. Selbst ein Kaufhaus für Reiche zu werden, die auch gern einmal
Unsummen für Alte Meister hinblättern. Angesichts
dieser Entwicklung nimmt die Kölner Liste ihre Aufgabe, Kunstliebhabern und jungen Sammlern eine
Orientierungsplattform zu bieten, sehr ernst. Ein
Van-Gogh-Aquarell für zehn Millionen Dollar wie in
Maastricht angeboten, wird man zwar auf der Kölner Liste 2015 nicht finden, dafür aber vielleicht das
eindrucksvolle Portrait einer freizügigen Lady mit
Schlange von Mariano-Vargas.
PETER ORTMANN
Kölner Liste | Do 16.4. - So 19.4. | Dock.One, Köln
kölner-liste.org
Kunst-Kalender
KREFELD – Haus Esters/Haus Lange
www.kunstmuseenkrefeld.de
Imi Knoebel / David Reed bis 23.8.
Zwei international arrivierte Vertreter der
gegenstandsfreien Malerei, die Farbe und
deren Präsenz behandeln und dazu völlig
verschiedene Wege einschlagen
LEVERKUSEN – Museum Morsbroich
www.museum-morsbroich.de
more Konzeption Conception now
bis 19.4.
Ausgehend von einer Ausstellung zur
Konzeptkunst 1969 am selben Ort,
werden konzeptuelle künstlerische
Beiträge der jüngsten Zeit präsentiert
MARL – Skulpturenmuseum Glaskasten
www.skulpturenmuseum-glaskasten-marl.de
Gerlinde Beck bis 12.4.
Vorgestellt werden die
Raumchoreografien und Klangstraßen der
Bildhauerin (1930-2006), die mit einem
stereometrischen Vokabular Musik und
Tanz umschreibt
MÜLHEIM – Kunstmuseum
www.kunstmuseum-mh.de
Konturen des Alltags bis 26.4.
Vier Künstler aus Israel, die mit
unterschiedlichen, meist auf der
Zeichnung basierenden Medien das
Prekäre und Gewöhnliche ihres Alltags
aufgreifen
OBERHAUSEN – Ludwiggalerie
www.ludwiggalerie.de
Ralph Fleck, Alpenstück 14/VIII, 1989, Öl auf Leinwand, 200 x 250 cm, Privatsammlung, © VG Bild-Kunst, Bonn; Foto: Henning Krause, Ausstellung Küppersmühle Duisburg
Museumslandschaft NRW
PADERBORN – Städtische Galerie
AHLEN – Kunstmuseum
www.kunstmuseum-ahlen.de
Arnulf Rainer bis 26.4.
Werkschau zum 85. Geburtstag des
großen österreichischen Künstlers, der v.a.
mit seinen eruptiven Durchstreichungen
des eigenen Porträts bekannt wurde
DORTMUND – Museum Ostwall
HERFORD – Marta
www.museumostwall.dortmund.de
marta-herford.de
Arche Noah bis 12.4.
Anhand von Kunst der Moderne bis heute
wird beleuchtet, wie sich unser Verhältnis
zur Tierwelt gewandelt hat und heute
Wissenschaft als Thema mitschwingt
BEDBURG-HAU – Museum Moyland
(Un)möglich! bis 31.5.
Reale und fiktive, teils auch „unmögliche“
Architekturen und Konzepte von
Künstlern wie Theo van Doesburg über
Constant bis hin zu Thomas Schütte und
Caroline Bayer
DÜSSELDORF – K20
moyland.de
www.kunstsammlung.de
Around the World bis 26.4.
Farbfotografie vor 1914 aus der
Sammlung des Bankiers Albert Kahn,
die heute hohe ethnographische,
dokumentarische und künstlerische
Bedeutung besitzt.
Günther Uecker bis 10.5.
Der Düsseldorfer „Nagel“-Künstler und
Hauptvertreter der ZERO-Bewegung mit
mehreren wichtigen Installationen und
Nagelreliefs zum 85. Geburtstag
BOCHUM – Kunstmuseum
www.kunstmuseumbochum.de
Charlotte Salomon bis 25.5.
Die rund 800, ergreifenden Blätter der
Bildfolge „Leben? Oder Theater?“ der
jüdischen Künstlerin, die 26-jährig im KZ
Auschwitz ermordet wurde
Herlinde Koelbl bis 3.5.
Werkschau der Münchner Fotografin,
die v.a. mit ihren Langzeitstudien
von Politikern bekannt wurde und
systematisch Aspekte der deutschen
Gesellschaft untersucht
KÖLN – Museum für Angewandte Kunst
DUISBURG – Museum Küppersmühle
www.makk.de
System Design bis 7.6.
Systeme als ordnungs- und
chaosstiftende bildnerische und
funktionale Verfahren im Design der
letzten 100 Jahre mit Werken u.a. von
Breuer und Wagenfeld
www.museum-kueppersmuehle.de
KÖLN – Käthe Kollwitz Museum
Ralph Fleck bis 26.4.
Eine Übersicht zum Freiburger Maler,
der mit seiner „malerischen“, anfänglich
expressiven Malerei Bücherregale,
Stadtansichten, Alpen u.a. in Reihen
festhält
www.kollwitz.de
BONN – Bundeskunsthalle
DUISBURG – Lehmbruck Museum
www.kah-bonn.de
www.lehmbruckmuseum.de
KÖLN – Museum Ludwig
Karl Lagerfeld bis 13.9.
Karl Lagerfelds Beiträge zur Mode – als
Skizze, Fotografie, Accessoire, Kulisse
und fertiges Kleidungsstück – in einem
Überblick, der sechs Jahrzehnte umfasst
Wiebke Siem bis 19.4.
Mit ihren realistischen gegenständlichen
und figürlichen Fragmenten thematisiert
Wiebke Siem (*1954) die Erinnerung an
alltägliche Geborgenheit und Kindheit
BONN – Kunstmuseum
ESSEN – Museum Folkwang
www.kunstmuseum-bonn.de
www.museum-folkwang.de
KÖLN – Museum für Ostasiatische Kunst
Larry Sultan bis 17.5.
Der kalifornische Fotograf (19462009) mit seiner ersten deutschen
Retrospektive, die seinen konzeptuellen
Ansatz und seine investigative
Dokumentation verdeutlicht
Detlef Orlopp bis 19.4.
Werkschau des Fotografen (*1937)
mit den frühen Porträts und den
zeitlich entrückten s/w-Aufnahmen
von Landschaftsstrukturen und
Wasseroberflächen
Boro – Stoffe des Lebens bis 2.8.
Eindrucksvolle Flicken-Kleidungen, die
von der japanischen Landbevölkerung
aus eigentlich kostbaren BaumwollGewändern zusammengenäht wurden
Karin Kneffel bis 19.4.
Die wichtige, in Düsseldorf lebende, an
der Münchner Kunstakademie lehrende
gegenständliche Malerin mit ihren
Aquarellen vor allem der letzten Jahre
www.museum-ludwig.de
Sigmar Polke 14.3.-5.7.
Retrospektive zum berühmten Künstler,
der in seiner oft gesellschaftskritischen
Malerei experimentell gearbeitet und
auch Filme, Fotografien, Objekte u.a.
geschaffen hat
www.museenkoeln.de
KÖLN – Römisch-Germanisches Museum
BOTTROP – Museum Quadrat
HAGEN – Osthaus Museum
www.quadrat-bottrop.de
www.osthausmuseum.de
Ricarda Saro bis 24.5.
Der aus Spanien stammende Maler mit
seinen gegenstandsfreien bildnerischen
Untersuchungen der Farbe und von
Farbwirkungen im schichtweisen Auftrag
Hundertwasser bis 10.5.
Werkschau des österreichischen Universalkünstlers, der mit seinen Gemälden
und Architekturen und mit seinem
ökologischen Engagement berühmt wurde
www.museenkoeln.de
43
Göbekli Tepe bis 26.4.
Vorgestellt werden die archäologischen
Ausgrabungen am Berg Göbekli Tepe
in der Südosttürkei, wo sich im frühen
Neolithikum ein Bergheiligtum befand
www.brueghel-ausstellung.de
Die Brueghel-Familie bis 21.6.
Die berühmte flämische Malerfamilie aus
dem 16. und 17. Jahrhundert mit vier
Generationen, die sich unterschiedlichen
motivischen Schwerpunkten widmeten
REMAGEN – Bahnhof Rolandseck
www.arpmuseum.org
Revolution der Bilder bis 6.9.
Eine Ausstellung der Kunstkammer Rau
zu drei Jahrhunderten französischer
Malerei mit Werken etwa von Claude
Monet, Poussin und Auguste Renoir
SIEGEN – Museum für Gegenwartskunst
www.mgk-siegen.de
Lucian Freud und das Tier bis 7.6.
Tierdarstellungen, teils in Verbindung mit
Menschen, des britischen Malers (19222011), der mit drastisch realistischen
Porträts berühmt wurde
WUPPERTAL – Neuer Kunstverein
www.neuerkunstvereinwuppertal.de
hobbypopMUSEUM 18.4.-10.5.
Die aus Düsseldorf stammende Gruppe
mit sechs Künstlern bzw. Architekten,
die in der Zusammenarbeit vor Ort
eine begehbare malerische Installation
schaffen
WUPPERTAL – Von der Heydt-Kunsthalle
www.von-der-heydt-kunsthalle.de
Jan Albers bis 28.6.
Neuere Arbeiten des Düsseldorfer
Künstlers (geb. 1971), der in der
Auseinandersetzung mit Farbe und
Struktur Malerei als Medium befragt
WUPPERTAL – Waldfrieden
www.skulpturenpark-waldfrieden.de
Erwin Wurm 11.4.-12.7.
Der angesagte österreichische Künstler,
der in seinen Werken der skulpturalen
Verfasstheit des menschlichen Körpers
nachgeht, hier nun am Modus Haus
Empfehlungen von Thomas Hirsch
Zentrum für Internationale
Lichtkunst Unna
RWE Stiftung für Energie
und Gesellschaft
INTERNATIONAL
LIGHT ART
AWARD 2015
Exhibition
THE FUTURE OF LIGHT ART
Martin Hesselmeier & Andreas Muxel
Iván Navarro
Dirk Vollenbroich
Zentrum für Internationale Lichtkunst Unna
Centre for International Light Art Unna
Lindenplatz 1 – 59423 Unna
www.ilaa.eu | Facebook: ILAA
www.lichtkunst-unna.de
culture club
präsentiert: Fotografie
Die Entdeckermesse für
zeitgenössische Kunst in Köln,The New Yorker | DOCK.ONE
Hafenstraße 1 | 51063 Köln
Do – Sa 13 – 21 h | So 10 – 18 h mit ArtBrunch
Ticket inkl. Katalog 13 | erm. 9
www.koelner-liste.org
culture club
präsentiert: Ballett
HERLINDE KOELBL:
AUSSTELLUNG
LIVE: IWAN DER
SCHRECKLICHE
Mit ihren fotografischen Langzeitprojekten gehört Herlinde Koelbl zu den prominentesten Fotografen in Deutschland.
Dabei liegt ihren Aufnahmen ein konzeptueller Ansatz zugrunde, so bezieht sie
Videointerviews und Texte ein. Ihre wohl
bekannteste Serie „Spuren der Macht“
porträtiert dokumentarisch in regelmäßigen Abständen deutsche Spitzenpolitiker.
Die Ludwiggalerie unternimmt nun einen
Überblick über Koelbls Gesamtwerk.
Juri Grigorowitsch inszeniert mit dem
Bolschoi Theater die tragische Geschichte von Iwan IV in gleichermaßen starkem
und anmutigem Tanz. Seine Choreografie
voller Energie, Stärke und wilder Sprünge, beinhaltet auch große Anmut und
Zartheit in den weiblichen Rollen. Erleben Sie diese wundervolle theatralische
Erfahrung live auf der Leinwand!
Ludwiggalerie Oberhausen
Konrad-Adenauer-Alle 46
46049 Oberhausen
Tickets: 0208 412 49 28
trailer verlost 3x2 Karten für einen
Wunschtermin. E-Mail bis zum 13.4. an
[email protected]
Kennwort: Herlinde Koelbl
Ausstellung bis So 3.5.
CineStar Dortmund
Steinstraße 44
44147 Dortmund
0451 7030200
trailer verlost 2x2 Karten.
E-Mail bis 12.4. an
[email protected]
Kennwort: Iwan Dortmund
So 19.4. 17 Uhr
Auswahl
RUHRGEBIET
KULTURKANAL
So 26.4. 14 Uhr
Schiffsparade Kulturkanal 2015
Charlotte Salomon, aus: Leben? oder Theater?
1940-1942, Collection Jewish Historical Museum, © Charlotte Salomon Foundation
Vom Ufer oder an Bord feierten letztes
Jahr rund 10.000 Besucher die Schiffsparade auf dem Rhein-Herne-Kanal, welche die Fahrgastschiffsaison offiziell
eröffnete. Auch 2015 versammeln sich
an der Schleuse Gelsenkirchen wieder
Passagierschiffe und Motoryachten – in
diesem Jahr sind außerdem Kanuten und
Ruderer dabei. Um 14 Uhr macht sich die
Parade auf den Weg zum Kaisergarten
Oberhausen, in dem das feierliche Abschlussfest die Kapitäne und Fahrgäste
mit Verpflegung, Musik, Blasorchester
und Chor erwartet. Wer nicht nur zusehen, sondern live dabei sein will, kann Tickets für Fahrten ab Mülheim, Duisburg,
Oberhausen, Gelsenkirchen, Herne und
Recklinghausen erwerben.
Infos: www.kulturkanal.ruhr
Die fast 800 Blätter umfassende Bildfolge „Leben? oder Theater?“, die Charlotte Salomon zwischen 1940 und 1942
gemalt und gezeichnet hat, ist ein intensives, berührendes Zeugnis ihres Lebens in diesen Jahren. Aber es ist auch
aus kunsthistorischer Sicht ein außerordentliches Ereignis. Angefertigt zur
psychischen Therapie, findet Charlotte
Salomon, die als Jüdin 1943 im Alter von
26 Jahren in Auschwitz ermordet wurde,
hier zu modernen Ausdrucksformen des
Narrativen und Szenischen, die weit ihrer
Zeit voraus waren.
Info: 0234 910 42 30
SISSIKINGKONG
DORTMUND
WESTFALENHALLE
DIVERSE ORTE
Deichkind
Di 14.4. - So 19.4.
Internationales Frauenfilmfestival
Dortmund | Köln
BAHNHOF LANGENDREER
Mi 1.4. 19 Uhr
Antilopen Gang
bis 25.5., Di-So 10-17, Mi 10-20 Uhr
Charlotte Salomon
DÜSSELDORF
CAPITOL THEATER
tap dogs
Locas In Love
Schon seit Jahren gehören die Kölner
Locas In Love zu den besten Indie-PopBands der Republik. Der folgerichtige Erfolg kam verzögert, ist mittlerweile aber
da: Das großartige neue Album mit dem
irrwitzigen Titel „Use Your Illusion 3&4“
(na, klingelt was?) erreichte als erstes
in der Bandgeschichte die Charts. Dementsprechend voll könnte es im kleinen
Sissikingkong werden. Am besten früh
kommen, denn das sich der Besuch lohnt,
steht außer Frage.
Info: 0231 728 25 78
In punkto Erfolg, scheint es für Deichkind
nach oben keine Grenze zu geben: Ihre
Shows werden schon seit vielen Jahren
gefeiert, jetzt sind sie mit ihrem neuen
Album „Niveau Weshalb Warum“ auch
noch auf Platz 1 der Albumcharts gelandet – erstmals in ihrer Karriere. Nach
diesem Triumph geht es für die Hamburger wieder auf Tour, und man kann sich
sicher sein, dass sie auch dieses Mal ein
irrwitziges Electro-Rap-Feuerwerk abbrennen werden.
Info: 0231 120 46 66
Foto: Ralf Brinkhoff
In seiner Garage brachte der Australier
Dein Perry sich nach der Schule gemeinsam mit Freunden den Stepptanz bei.
Abgeschreckt von den spärlichen Berufsmöglichkeiten arbeitete er schließlich jedoch als Stahlbauschlosser, bis er
nach einigen Jahren erneut den Sprung
ins Showbusiness wagte – und auch
schaffte. Mit seinen Schulfreunden rief
er die Formation Tap Brothers ins Leben,
die später in tap dogs umbenannt wurde.
Geprägt von seinem beruflichen Hintergrund verband er schnelle Stepptanzelemente mit dem industriellen Bühnenbild
einer Baustelle und schuf so eine moderne Show. Seit ihrer Gründung haben tap
dogs in rund 330 Städten getanzt und elf
internationale Auszeichnungen erhalten.
Tanz und Percussion in einer energiegeladenen Mischung.
Info: 0211 15 92 62 60
trailer verlost 3x2 Karten für den 8.5.
E-Mail bis zum 26.4. an
[email protected],
Kennwort: tap dogs
DUISBURG
LEHMBRUCK MUSEUM
bis 19.4., Mi-Sa 12-18, Do 12-21,
So 11-18 Uhr
Wiebke Siem
Wiebke Siem (*1954 in Kiel, lebt in Berlin) zählt hierzulande zu den wichtigen
figürlichen Bildhauern der mittleren Generation; unlängst wurde sie für ihr Gesamtwerk mit dem Kaiserring in Goslar
ausgezeichnet. Ihre Plastiken sind eher
ESSEN
MUSEUM FOLKWANG
bis 31.5., Di-So 10-18, Do, Fr 10-20 Uhr
Joan Mitchell – The Scetchbook
Drawings
Flankiert von einem großformatigen
Gemälde auf Leinwand, werden line-
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A
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SAMMLUNG
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IN BEWEGUNG Au
Victor Vasarély, Orion, 1964 © VG Bild-Kunst, Bonn 2015
KUNSTMUSEUM
„Komfort“ lautet das Thema des diesjährigen Internationalen Frauenfilmfestivals. Filme über die Arbeiterinnen
im Ruhrgebiet oder die perspektivlose
Jugend in den Banlieues sowie Diskussionen zu kritischen Themen wie der Frauenquote wagen sich über die Grenzen der
Komfortzone. Die Ausstellung „to seek
out, to explore, to doze, to snooze“ lädt
ein, Komfort abseits des Films auf verschiedene Weisen zu erfahren und zu erkunden. Mit dem RWE Filmpreis in Höhe
von 15.000 Euro sollen aufstrebende und
still, konzentriert auf atmosphärisch
aufgeladene Gesten, welche mitunter
die Realität simulieren, vorgetragen in
wechselnden Größenverhältnissen. Siem
weckt Erinnerungen besonders an unsere
Kindheit; sie hinterfragt unsere Vorstellungen von Heimat und Geborgenheit.
Info: 0203 283 26 30
8.5.-16.8.
Sa 25.4. 20 Uhr
Sa 11.4. 20 Uhr
BOCHUM
Spätestens mit ihrem letztjährigen HitAlbum „Aversion“ ist die Düsseldorfer
Antilopen Gang ihrem Ziel, deutschsprachigen Hip-Hop auf den Kopf zu stellen,
ein gutes Stück nähergekommen. Gerade
die Single „Beate Zschäpe hört U2“ hat
in Sachen ‚Protestsong im Rap’ neue
Maßstäbe gesetzt. Sprachlich geschliffen, politisch eindeutig und mit einem
hintergründigen Witz. Jetzt ist das Trio
abermals auf Tour, um mit ihrer Botschaft immer neue Fans zu erreichen.
Info: 0234 687 16 10
renommierte Regisseurinnen gefördert
werden. Es treten unter anderem Filme
aus Südamerika, Fernost und dem Iran
an. Der trailer Ruhr-Publikumspreis gibt
zusätzlich den Zuschauerinnen und Zuschauern eine Stimme. Sechs Tage lang
bietet das Internationale Frauenfilmfestival mit verschiedenen Filmreihen
eine Plattform für die Beschäftigung mit
Themen wie Nachhaltigkeit, Globalisierung und Arbeit sowie für persönliche
Geschichten aus aller Welt und mehr.
Info: www.frauenfilmfestival.eu
21.MÄRZ—30.AUGUST 2015
MUSEUM OSTWALL IM DORTMUNDER U
LEONIE-REYGERS-TERRASSE 44137 DORTMUND
WWW.MUSEUMOSTWALL.DORTMUND.DE
Kulturpartner:
45
MO SCHAUFENSTER # 13
FLORIAN HÜTTNER
REVIERE UMS DORTMUNDER U
8. MAI—30. AUGUST 2015
Auswahl
Auswahl
PACT ZOLLVEREIN
Mi 8.4. - So 12.4.
Kate McIntosh Portrait
Die Neuseeländerin und ausgebildete
Tänzerin Kate McIntosh arbeitet als Choreographin, Regisseurin und Performerin
und wirkt an Arbeiten aus dem Bereich
Theater, Performance, Videokunst und
Installation mit. Mit Werken unter anderem von Wendy Houstoun und dem
Meryl Tankard Australian Dance Theatre
sowie mit selbst produzierten Stücken
tourt McIntosh seit 1995 auch auf internationaler Ebene. Ihre Performancearbeiten „Dark Matters“ über das Sein oder
Nichtsein, die Zeit und grundlegende
philosophische Fragen sowie „All Ears“,
ein Stück voller akustischer Experimente,
stellte sie bereits 2010 und 2013 im pact
Zollverein vor. An verschiedenen Tagen
im April führt sie im Rahmen des „Kate
McIntosh Portraits“ die Produktionen
nun wieder auf und präsentiert zusätz-
lich eine Video- und eine Live-Installation. Es findet außerdem ein Künstlerbrunch statt, zu dem sie in englischer
Sprache von ihrer Arbeit erzählt.
Info: www.pact-zollverein.de
PHILHARMONIE ESSEN
Sa 25.4. 20 Uhr
Takeover! Clubbing By MIKI &
Moonbootica
Hip-Hop meets Klassik: Im Rahmen
der „Takeover“-Reihe, in der ein kammermusikalisches Ensemble moderne
Stücke interpretiert, kooperiert die Essener Philharmonie diesmal mit dem
Hotel Shanghai. Crossover-Violinist MIKI
spielt gemeinsam mit dem handmade
Ensemble und dem Hamburger Musikprojekt Moonbootica. Dieses wurde von
den DJs KoweSix und Tobitob gegründet.
Ursprünglich als Partyreihe in einigen
Hamburger Clubs gedacht, hat das Duo
mit Moonbootica inzwischen ein eigenes
Album veröffentlicht und internationale
Referenzen gesammelt – unter anderem
arbeiteten sie mit Robbie Williams und
Hurts. Die Electro-Formation, das Ensemble und der Violinist laden zu einem
gemeinsamen Konzertabend mit anschließender Clubnacht.
Info: 0201 812 22 00
ZECHE CARL
Di 14.4. 20 Uhr
The Pains Of Being Pure At Heart
In den letzten zwei Jahren hatten die
New Yorker The Pains Of Being Pure At
Heart eine schwere Prüfung zu bestehen:
Gleich drei Mitglieder verließen die Band,
bleiben ihr aber freundschaftlich verbunden. Vergangenes Jahr bestand die
neue Formation rund um Frontmann Kip
Berman ihre Feuertaufe mit dem neuen
Album „Days Of Abandon“ auch live in
Deutschland mit Bravour. Jetzt kommen
die Indie-Popper mit den wunderbaren
Melodien erneut auf Tour.
Info: 0201 834 44 10
OBERHAUSEN
LUDWIGGALERIE
bis 3.5., Di-So 11-18 Uhr
Rudolf Holtappel
Aufbruch ins neue Jahrtausend prägnant
und anschaulich vermittelt.
Info: 0208 412 49 28
LUDWIGGALERIE
bis 3.5., Di-So 11-18 Uhr
Herlinde Koelbl
Mit ihren fotografischen Langzeitprojekten gehört Herlinde Koelbl zu den
prominentesten Fotografen in Deutschland. Dabei liegt ihren Aufnahmen, die
seit den 1970er Jahren entstehen, ein
konzeptueller Ansatz zugrunde, der sich
noch in der Umsetzung äußert. So bezieht sie auch Videointerviews und Texte
ein. Ihre wohl bekannteste Serie „Spuren
der Macht“ porträtiert dokumentarisch
in regelmäßigen Abständen deutsche
Spitzenpolitiker. Die Ludwiggalerie unternimmt nun einen Überblick über Koelbls Gesamtwerk.
Info: 0208 412 49 28
ZUSAMMENGESTELLT VON: THOMAS
HIRSCH, ANNA LENKEWITZ, ALINA SEICHE, CHRISTIAN STEINBRINK
Rudolf Holtappel (1923-2013) gehört zu
den wichtigsten dokumentarischen Fotografen in Deutschland. Über Jahrzehnte
hat er – mit Schwerpunkt auf den Menschen, etwa in seinen Kaufhaus-Szenen,
Industrieaufnahmen und seiner Theaterfotografie – das alltägliche und das öffentliche Leben insbesondere im Ruhrgebiet
festgehalten und auch die Wirtschaftswunderjahre, den Strukturwandel und den
Meisterwerke der Druckgrafik:
26.04. | URBAN URTYP #41
PABLO PICASSO
Marilyn
Mazur
Die Suite Vollard
Veranstalter-Infos an:
[email protected]
trailer bietet Platz
für freie AutorInnen!
edenundteam.de
ar sich verdichtende Farbzeichnungen
aus einem Skizzenbuch vorgestellt. Die
US-Amerikanerin Joan Mitchell (19251992), die 1959 nach Frankreich übergesiedelt ist und nahe bei Paris gelebt hat,
gehört zu den bedeutenden, aber wenig
bekannten Vertretern des Abstrakten
Expressionismus. Ausgangspunkt ihrer
Bilder sind Erlebnisse in der Natur – das
ist nun auch Leitthema der ausgestellten
Blätter, die bei aller Kleinheit monumental wirken und bei denen jeder Strich
Sinn macht.
Info: 0201 884 54 44
mit Makiko Hirabayashi Trio
aus der Sammlung des
Kunstmuseums Mülheim
an der Ruhr
15. März –28. Juni 2015
03.04. | MATTHÄUS-PASSION
18.04. | LORD OF THE LOST
24.04. | JANUS
christuskirche-bochum.de/tickets
und an allen besseren VVK-Stellen.
46
culture club
culture club
culture club
Auswahl
IMPRESSUM
präsentiert: Show
präsentiert: Kino
präsentiert: Film
APASSIONATA –
DIE GOLDENE SPUR
M – EINE STADT
SUCHT EINEN MÖRDER
ELSER
Die Erfolgsshow kehrt zurück: Erzähler Pierre nimmt das Publikum mit auf eine Reise
in seine Jugend, die ihn des Nachts in ein
Museum verschlägt. Als dieses Museum auf
einmal zum Leben erwacht, findet sich Pierre inmitten einer fantastischen Welt wieder, der Gefühle von Liebe, Freundschaft
und Freiheit zu Grunde liegen. Mensch und
Pferd begegnen sich in abenteuerlicher Action, lustigen Showeinlagen und ergreifender Harmonie.
In der Schwarzweiß-Großstadt von Fritz
Lang geht ein Kindermörder um. „M“
(1931), das Lang mit seiner Ehefrau Thea
von Harbou schrieb, gibt nach realen
Fällen ein authentisches Porträt von
Massenhysterie, Berliner Unterwelt und
den damaligen Fahndungsmethoden der
Polizei. Das Filmforum zeigt der Film in
der Reihe Anfänge des deutschen Tonfilms.
Am 8. November 1939 entgeht Adolf Hitler durch Zufall einem Bombenattentat.
Der Einzeltäter wird gefasst und verhört.
Das Drama vollzieht die Geschichte des
einstigen Pazifisten Georg Elser und dessen schleichendes Erwachen zum Attentäter nach. Großartig gespielt, von Oliver
Hirschbiegel schmerzhaft inszeniert.
Hauptdarsteller Christian Friedel ist bei
dieser besonderen Vorstellung zu Gast.
ISS DOME
Theodorstraße 281
40472 Düsseldorf
0211 892 77 00
filmforum Duisburg
Dellplatz 16
47049 Duisburg
0203 28 54 73
trailer verlost 3x2 Karten.
E-Mail bis 24.5. an
[email protected]
Kennwort: Apassionata
So 31.5. 14 Uhr
trailer verlost 3x2 Karten
E-Mail bis 12.4. an
[email protected]
Kennwort: M
Do 23.4. 18 Uhr
Casablanca Filmtheater
Kortumstraße 11
44787 Bochum
0234 325 91 77
trailer verlost 1x2 Karten.
E-Mail bis 12.4. an
[email protected]
Kennwort: Elser
So 19.4. 17.30 Uhr
POST
www.kulturkanal.ruhr
AN DIE REDAKTION
DEN FEMINISMUS
HINÜBERRETTEN!
betr.: Thema 0315
FRAUENMENSCHEN
2015
Erlebnispassage der Metropole Ruhr
im Emscher Landschaftspark
In Zeiten, in denen einen Birgit Kelle
in Zeitungen und in Fernsehsendungen
weiterhin ihre erzkonservativen Überzeugen zur Rolle der Frau, zu Homosexuellen und der richtigen Form der
Liebe verbreiten darf, ist es immer Zeit
für einen modernen Feminismus. Auch
wenn sich die Gegner vielleicht gewandelt haben und heute andere Formen
der Partizipation auf der Agenda stehen, die feministische Sache muss auch
im 21. Jahrhundert für sich die passende Form finden.
Herausgeber:
trailer-ruhr Verlag
Joachim Berndt, Büro Bochum
Dr.-C.-Otto-Str. 196, 44879 Bochum
Tel: 0234-94191-0, Fax: -91
E-Mail: [email protected]
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Chefredaktion: Maxi Braun (v.i.S.d.P.)
Red. Mitarbeit an dieser Ausgabe:
Silvia Bahl, Frank Brenner, Nathanael Brohammer, Hartmut Ernst, Sanje Gautam,
Rolf-Ruediger Hamacher, Nina Heinrichs,
Thomas Hirsch, Tom Jost, Timon-Karl Kaleyta, Anna Lenkewitz, Thomas Linden,
Jules Lux, Karsten Mark, Lisa Mertens,
Christian Meyer, Anne Nüme, Peter Ortmann, Jan Schliecker, Carla Schmidt, Frank
Schorneck, Alina Seiche, Benjamin Seim,
Christian Steinbrink, Nina Ryschawy, Jon
Witte, Hans-Christoph Zimmermann
Projektleitung: Birgit Michels
Grafik:
Amélie Kai, Dominik Empl, Thomas Müller
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Heute schon digitale Fingerabdrücke hinterlassen?
trailerRuhr
Die Auflage unterliegt der ständigen Kontrolle der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der
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Von Gabriele F.-L.
Schiffsparade 26.04.15
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Foto-Caching+
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Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von
LeserInnenbriefen vor. Die veröffentlichten Kommentare geben nicht zwangsläufig die Meinung der
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trailer wird
d auff
10
00 % Recyyclingpapieer gedrruckkt
April 2015
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Das MeinungsMagazin
NUR EINE STUNDE RUHE!
EIN FILM VON PATRICE LECONTE
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ab 16.4. im Kino