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Das MeinungsMagazin LEBEN? ODER THEATER? malerei RUHRKUNST IM APRIL Salomon. Selbstbildnis 1940 | Kunstmuseum Bochum | Collection Jewish Historical Museum | © Charlotte Salomon Foundation. Charlotte Salomon(r) n be ie le W ir w n le ol w T AT BL UG FL April 2015 www.trailer-ruhr.de KUNST Nähe zur Pop-Art Objet trouvé Installation Malerei Manifest Fiktio Partizipation Kritik Ästhetik Exploration Video Gaming Kontext Partizipation Kinetic Art Mythos Malerei Kinetic Art Partizipation monochrom Kritik Obsession Manifes monochrom Ästhetik Objet trouvé MythosKontext Konzep Mimesis Obsession Mimesis Konzept Ästhetik analytisch Kritik Mythos Manifest Video Gaming Partizipation Objet trouvé Fiktion Kinetic Art Exploration Fiktion monochrom Mythos Exploration Manifest monochrom Exploration Video Gaming Objet trouvé Fiktion Fiktion analytischÄsthetik MythosPartizipation Konzept Partizipation ÄsthetikMythos Malerei monochrom Objet trouvé Malerei Kinetic Art Partizipation analytisch Kritik analytisch Video Gaming Fiktion abstrakt Mimesis Mythos Mythos Kinetic Art konkret Kontext session abstrakt analytisch Mimesis Kinetic Art Kritik abstrakt Malerei abstrakt Obsession Malerei konkret Malerei Objet trouvé MythosFiktion monochrom Partizipation Obsession Partizipation Exploration konkret abstrakt Partizipation Manifest Objet trouvé Mythos Kritik Exploration analytisch monochrom Partizipation Kritik Kontext Konzept Kinetic Art onochrom Partizipation Action Painting Processing Ready-made new media sound and vision Obsession Digital culture Fluxus Raw material Intervention Pop Art Informel KUNST Neo-Dada Manifest MUSEUMSLANDSCHAFT NRW Kritik, Interviews und Links Köln – choices.de Düsseldorf – biograph.de Wuppertal – engels-kultur.de Ruhrgebiet – trailer-ruhr.de mein en esezeich L Das MeinungsMagazin Ruhrgebiettrailer-ruhr.de TS NA MO E S a rt A D hn EM wo TH April 2015 www.trailer-ruhr.de DIE GÄRTNERIN VON VERSAILLES EIN FILM VON ALAN RICKMAN www.diegaertnerinvonversailles.de Das MeinungsMagazin INTERNATIONALES FRAUENFILMFESTIVAL Dortmund |Köln 14. – 19. APRIL 2015 IN DORTMUND www.frauenfilmfestival.eu Mehr als 100 Filme aller Genres – vom kurzen Videoclip, Werbefilm, Musikfilme und Essay bis zum großen Spiel- und Dokumentarfilm für alle, die Kino mögen. Beim thematischen Filmprogramm beleuchten aktuelle und historische Filme die Licht- und Schattenseiten unseres heutigen KOMFORTs. Dazu Filmemacherinnen aus aller Welt, © RAMMATIK, Photographer: Katrin Svabo Bech, www.rammatik.com von Korea bis Lateinamerika, Filmpreise, Konzerte, Performances. Und was es auf sich hat mit beißpony, Please relax now, Life is a Bitch, Gestatten Dortmund, The Trace of The Butterfly, der Komfortzone, der LaFiNa oder den Tutorials und und und... findest Du unter: www.frauenfilmfestival.eu. DAS DORTMUNDER FILMFESTIVAL ÜBERRASCHT. DICH. Förderer: Preissponsoren: -ruhr.de Mehr Meinung. Service. Hintergrund. – In NRW. empfehlen | weitersagen | kommentieren Alle Texte. Ihre Stimme. Filmkritik im FORUM. Foto: Thomas Aurin trailer-Thema. 5 WOHNART Alternative Wohnformen sind auch im Ruhrgebiet immer beliebter 6 Themeninterview Raumplaner Dr. Arnold Voß über Wohnformen im Ruhrgebiet Bühne. 8 Ebertbad/Theater Oberhausen 9 Auftritt Pedro Martins Bejas „Hamlet“ am Theater Oberhausen 10 Musiktheater im Revier 11 Premiere Intendant Hoffmann über ein Rendezvous mit Frankreich bei den Ruhrfestspielen 12 Komikzentrum Ruhr Frieda Braun, Moritz Netenjakob und Margie Kinsky 13 Theater an der Ruhr „Sin Sisters“ in Bochum „Verbrennungen“ in Essen „Auf der großen Straße“ in Mülheim 14 Aalto Theater 16 tanz nrw 15/Schauspiel Essen 18 Prolog Die „Farben des Tanzes“ am Theater Hagen Theater-Kalender Ruhr Literatur. 36 ComicKultur Comic-Empfehlungen des Monats 37 Literatur-Kalender Ruhr Textwelten Deutsche Gegenwartsliteratur ist besser als ihr Ruf BÜHNE Premiere © Ruhrfestspiele Recklinghausen 11 KINO Kino. Kunst. 21 Film-ABC/Vorspann 22 Film des Monats – „In meinem Kopf ein Universum“ 23 KritikerspiegelRuhr Kino-Kalender Ruhr 24 Film-Kritik Festival – Internationales Frauenfilmfestival IFFF in Dortmund 27 Gespräch zum Film Andrea Roggon über ihren Film „Mülheim – Texas. Helge Schneider hier und dort“ 29 Hintergrund – „Die Gärtnerin von Versailles“ 31 Hintergrund – „Nur eine Stunde Ruhe!“ 33 Hintergrund – „Tod den Hippies!! Es lebe der Punk!“ Roter Teppich Rainer Bock über „Dessau Dancers“, seine späte Filmkarriere und den Glücksfall Michael Haneke 39 kunst & gut Ralph Fleck im Museum Küppersmühle in Duisburg 40 Kunstwandel Charlotte Salomon im Museum Bochum 41 Sammlung Der Recklinghäuser Museumschef zur Ruhrfestspiel-Installation von Daniel Buren 42 Ruhrkunst Arnulf Rainer im Kunstmuseum Ahlen Kunst aus Israel in Mülheim Anders als die anderen. Die Kölner Liste 43 Kunst-Kalender Museumslandschaft NRW Kultur in NRW. überregional 4 Intro – „Eiderdaus“ 7 Innovation – Alternative Züchter trotzen den großen Konzernen 45 Auswahl des Monats Veranstaltungs-Empfehlungen im April 47 Impressum 15 Oper in NRW Guy Joosten inszeniert „Die schweigsame Frau“ in Essen 17 Tanz in NRW Das Festival tanz nrw 15 zeigt den Reichtum der Tanzszene 38 Popkultur an der Ruhr Die Grandbrothers erfinden sich ihren eigenen Musikstil Improvisierte Musik in NRW 44. Moerser Festival versammelt internationale Sets 40 Kunst in NRW Sigmar Polke im Museum Ludwig in Köln Theater in NRW Liste mit immateriellem Kulturerbe verabschiedet Musical in NRW „West Side Story“ in Aachen / „Das Appartement“ in Neuss Klassik an der Ruhr Der Philharmonische Chor lässt Gläser klingen Film des Monats „In meinem Kopf ein Universum“ 22 KINO „Mülheim – Texas“ trailer spezial. Heute schon digitale Fingerabdrücke hinterlassen? trailerRuhr Lesen Sie mehr auf www.trailer-ruhr.de! Dieses Icon zeigt Ihnen den Weg. Gespräch zum Film KUNST 27 Foto: Ilse Irmgard Klär kunst & gut 39 Intro -ruhr.de April 2015 trailer + trailer-ruhr.de Eiderdaus Im Doppelpack mehr Service, Meinung und Hintergrund Thema 6 Wohnformen im Ruhrgebiet Dr. Arnold Voß, Inhaber eines Planungsbüros mit Sitz in Berlin, ist beratend in den Bereichen Stadtplanung, Städtebau und Architektur tätig. Im Interview spricht er über die Lebensqualität im Ruhrgebiet und warnt vor Wohnungen als Spekulationsobjekten. Dr. Arnold Voß Foto: privat Bühne 11 Premiere Unter dem Motto Tête-à-Tête präsentieren die Ruhrfestspiele Recklinghausen 2015 so viele Stars wie noch nie, viele aus Frankreich. Warum erläutert Intendant Dr. Frank Hoffmann. Dr. Frank Hoffmann Der Frühling ist noch nicht ganz da, aber Ostern steht schon vor der Türe. All die Krokanteier und Schokohasen lungern aber bereits locker seit zwei Monaten in den Regalen und haben praktisch nahtlos den Ausverkauf zurückgebliebener Marzipankartoffeln abgelöst. In Essen wurden die Hütten des Weihnachtsmarktes ratz fatz in einen Frühlingsmarkt verwandelt, der vermutlich kaum merklich in eine Sommerkirmes und einen Herbstrummel übergehen wird…Während an Jesu Wiegenfeste der fette Rotbackige mit dem Rentierschlitten dominiert, wird Ostern von den hart arbeitenden Hühnern, Hasen und Lämmern gemanagt. Anders als die Gans müssen diese aber nicht selbst um Leib und Leben fürchten, sondern präsentieren sich zumeist in Gebäckform. Damit wird dann auch die Fastenzeit beendet und neben der süßen Völlerei darf es doch bestimmt auch gerne eine Überdosis Kultur sein? Unser April-Thema WOHNART beschäftigt sich mit alternativen Wohnkonzepten im Pott. Auch Raumplaner DR. ARNOLD VOSS schätzt die Lebensqualität im Ruhrgebiet, warnt im Interview aber vor Immobilienspekulation im großen Stil. Von urbane in rurale Gefilde geht es mit unseren Grünen Seiten. Es geht um Saatgut-Initiativen die versuchen, alte Gemüse- und Getreidesorten zu bewahren und u.a. vor Gentechnik zu schützen, was durch in Kraft treten des undurchsichtigen, transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP noch erschwert werden dürfte. Foto: Ruhrfestspiele Film 27 Gespräch zum Film Andrea Roggon hat Helge Schneider in seinem Alltag begleitet. Wir sprachen mit ihr über die Entstehung der Doku „Mülheim – Texas. Helge Schneider hier und dort“ (Start: 23.4.). Andrea Roggon Schwein gehabt – das Lämmchen im Streichelzoo, Foto: Maxi Braun Foto: Stefan Heidmann Kunst 41 Sammlung Der französische Künstler Daniel Buren sorgt mit farbigen Folien für neues Licht in und um das Ruhrfestspielhaus. Wir sprachen darüber mit dem Recklinghausener Museumschef Prof. Dr. Ferdinand Ullrich. Prof. Dr. Ferdinand Ullrich Foto: Kunsthalle Recklinghausen Nicht nur bei TTIP, auch im Staate Dänemark ist was faul, wo bekanntlich Hamlet residiert. Den inszeniert PEDRO MARTINS BEJAS am THEATEROBERHAUSEN oldschool und fluffig. Nicht aus Dänemark, sondern aus Frankreich kommen in diesem Jahr die meisten Stars bei den RUHRFESTSPIELEN RECKLINGHAUSEN. Im Interview verrät Festivalleiter DR. FRANK HOFFMANN, warum. Ebenfalls aus Frankreich stammt der französische Konzeptkünstler Daniel Buren, der im Rahmen der Ruhrfestspiele eine farbenprächtige Installation im Gepäck hat, über die wir mit dem Recklinghäuser Museumschef Prof. Dr. FERDINAND ULLRICH sprechen. In der Duisburger KÜPPERSMÜHLE sind Stadtansichten des Malers RALPH FLECK in der Ausstellung MALERISCHE GRENZAUFLÖSUNGEN zu bewundern. Sogenannte Easter Eggs findet man auf DVDs, ein wirkliches Filmerlebnis aber nur im Kinosaal. Dorthin wollen wir euch mit unserem Film des Monats IN MEINEM KOPF EIN UNIVERSUM locken. Ein bewegendes, nicht Betroffenheit heuchelndes Werk des polnischen Regisseurs MACIEJ PIEPRZYCA um einen ALS-Kranken, fern von Hollywood-Klischees. Kein Griff ins (Katze)Klo ist der Dokumentarfilm MÜLHEIM – TEXAS. HELGE SCHNEIDER HIER UND DORT. Wir sprechen mit Regisseurin ANDREA ROGGEN, die den Meisenmann im Alltag begleitet hat. Das Motto des INTERNATIONALEN FRAUEN FILMFESTIVAL IFFF lautet diesmal schlicht „Komfort“. In über 80 Beiträgen weiblicher Filmschaffender werden die ZuschauerInnen in Dortmund aber vom 14.-19. April aus dem bequemlichen Alltagstrott gerissen, was ein kontroverses und lebhaftes Festival verspricht. MAXI BRAUN 4 Thema [email protected] Wir freuen uns auf Post. Zuschriften s.S. 47 Home alone in der Großstadt, Foto: Thomas Morsch Gemeinsam nicht einsam – Alternative Wohnformen sind auch im Ruhrgebiet immer beliebter Der Mensch ist ein soziales Wesen. Er braucht als Frauen. Ab dieser Altersgrenze kehrt sich das soziale Kontakte und die Interaktion mit anderen Bild um. In hohen Jahren ist Verwitwung einer der Menschen. Einsamkeit macht uns krank. So ergab häufigsten Gründe für das Alleinleben. eine Analyse der Psychologen Holt-Lunstad, Smith Junge Menschen heiraten und bekommen wesentand Layton, in der insgesamt 148 Studien an über lich später Nachwuchs als noch vor einigen Jahren. 300.000 Probanden ausgewertet wurden, dass Längere Ausbildungszeiten und ein hohes gefordertes Maß an MobiliPersonen, die einsam trailer-Thema im April: tät und Flexibilität den sind nicht nur psychisch Job betreffend machen leiden, sondern auch Wohnungsnot, Mietpreisexplosion, Leerstand und Beziehungen seltener physischen Risiken ausQuartiersentwicklung: Urbanität birgt Probleme, und schwieriger. Gegesetzt sind. So haben aber auch Chancen für alternative Wohnformen in rade in den modernen, einsame Menschen ein Ballungsräumen. Wie wollen wir wohnen? industrialisierten Länähnliches GesundheitsLesen Sie weitere Artikel zum Thema auch in: dern ist dieses Phänorisiko wie Raucher oder & men zu beobachten. Alkoholiker. Sie tendieDem Trend zu verren eher zu mangelnder physischer Aktivität und Fettleibigkeit. Im Schnitt mehrtem Alleinleben entgegen, bilden sich indes sterben sie früher als solche mit vielen sozialen Wohnformen, die auf Gemeinschaft setzen, aber Kontakten. Einsamkeit beschreibt hier ein Gefühl dennoch die Unabhängigkeit der einzelnen Bedes Nichtbeachtetwerdens und der Isolation. Klar wohner respektieren. davon abgrenzen muss man den Begriff des Allein- Wohngemeinschaften werden nicht mehr nur von seins. Nicht jeder der alleine ist, fühlt sich schließ- Studenten gewählt. Senioren-WGs bieten älteren lich einsam. Es ist aber eine Binsenweisheit, dass Menschen eine Alternative zum Alleinleben oder dem Seniorenheim und erfreuen sich immer größeAlleinsein Einsamkeit durchaus fördern kann. Die Zahl Alleinlebender in Deutschland war noch rer Beliebtheit. In diesen WGs hat jeder Bewohner nie so hoch wie heute. Eine Studie des Statisti- ein eigenes Zimmer, Gemeinschaftswohnräume schen Bundesamtes, die auf den Mikrozensus von bieten aber eine Möglichkeit zur Kommunikation, 2011 zurückgeht, zeigt, dass inzwischen 15,9 Mil- Gemeinschaft und zu sozialer Integration. So wird lionen Menschen, also ein Fünftel der deutschen eine Balance zwischen eigenständiger Lebensführung und einer Unterstützung durch die GemeinBevölkerung alleine lebt. Damit liegt Deutschland im EU-Vergleich auf Platz schaft geschaffen, die einem Gefühl von Einsamzwei, direkt hinter Schweden. Der Prozentsatz ist keit vorbeugt. Selbst für pflegebedürftige Senioren in den Städten Hannover mit 33%, dicht gefolgt gibt es spezielle Pflege-WGs. von Berlin mit 31% am höchsten, die Tendenz ist Eine andere alternative Wohnform sind die Begibundesweit steigend. Die Ursachen für die hohe nenhöfe, die allerdings ausschließlich für Frauen vorgesehen sind. Schon im Mittelalter gründeten Quote Alleinlebender sind mannigfaltig. In den mittleren Jahren spielen Junggesellen- fromme Frauen, die namensgebenden Beginen, dasein, Scheidung oder Trennung einer Partner- diese Wohn- und Wirtschaftsform. Sie lebten geschaft eine Rolle. Bis zu einem Alter von 58 Jahren meinsam, übten die unterschiedlichsten Berufe leben Männer statistisch gesehen häufiger alleine aus, um die Gemeinschaft zu unterstützen. Die WOHNART 5 neue Beginenbewegung hat in fast jeder größeren Stadt ein Haus, im Ruhrgebiet sind sie in Bochum, Dortmund, Essen und Gelsenkirchen vertreten. Sie schaffen ein gemeinschaftsorientiertes und generationsübergreifendes Wohnprojekt für Frauen, um eine Alternative zu den herkömmlichen Wohnund Lebensformen zu realisieren. Frauen aus allen Lebenssituationen und Einkommensverhältnissen gehen in diesen Häusern eine sogenannte Wahlverwandtschaft ein. Man hilft sich untereinander und öffnet die Beginenhäuser aber auch nach außen. Mehrgenerationenhäuser setzen ebenfalls auf die gegenseitige Unterstützung der Bewohner untereinander. Man ergänzt und hilft sich gegenseitig. Ein ganz besonderes Haus dieser Art ist das GenerationenKult Haus in Essen. Es hat 18 seniorengerechte Wohnungen, die aber nicht ausschließlich von Senioren bewohnt werden können. Zusätzlich gibt es 21 WG-Zimmer. Hier werden den Bewohnern aber nicht nur das gemeinsame Leben, sondern auch vielerlei Möglichkeiten zum Austausch sowie Komfort geboten. Im GenerationenKult-Haus gibt es nicht nur ein Café und eine Lounge-Etage, sondern auch eine Dachterrasse, einen 24-Stunden-Supermarkt, ein Heimkino und einen Wellnessbereich. Eines aber haben all diese Alternativen gemeinsam: Sie erfordern von den Bewohnern den Willen sich einzubringen und am gemeinsamen Leben teilzunehmen. Wer das nicht möchte, wird wohl auch in solchen Wohnprojekten gegen das Alleinsein letztlich einsam sein. NINA RYSCHAWY Aktiv im Thema www.neue-wohnformen.de www.wohnen-im-alter-nrw.de www.generationenkult.de/haus www.dachverband-der-beginen.de Thema Ruhridylle mit einem Hauch von Industrieromantik, Foto: Benjamin Seim „Das Ruhrgebiet wird nie Weltstadt werden“ Raumplaner und Stadtentwickler Dr. Arnold Voß über Wohnformen im Ruhrgebiet trailer: Herr Voß, Sie sind in Wanne-Eickel häuser käme, das sind richtige kleine Schlösser mit geboren und aufgewachsen, leben seit Jahren Parks. Aber auch für die Mittelschicht sind in einer aber auch mehrere Monate im Jahr in New York schönen alten Arbeitersiedlung bezahlbare Sachen und in Berlin. Kann man das Ruhrgebiet mit den dabei. beiden Metropolen vergleichen? Arnold Voß: Diese drei großen Städte – ich zäh- Wo will man eher nicht wohnen? le das Ruhrgebiet dazu, weil ich es als eine große Richtig schlechte Lagen gibt es im Ruhrgebiet, angesichts der großen AgglomeStadt sehe – sind strukturell zu unterschiedlich als das man sie „Die Emscherinseln sind mein ration im Vergleich zu anderen privates Long Island“ Gegenden der Welt, sehr wevergleichen könnte. Voraussetnige. Wer es als schlechte Lage zung für das Wohnen in den drei Städten ist vielmehr die Frage, wie man überhaupt empfindet, wenn viele Migranten an einem Ort wohnen will. Wer in einer Weltstadt wohnen will, wohnen – dem ist ohnehin nicht mehr zu helfen. muss nach New York. Das Ruhrgebiet wird nie Die richtig kaputten Gegenden könnten aber noch Weltstadt werden. Es hat durch seine Struktur gar kommen. nicht das Potential dafür. Unter welchen Voraussetzungen? Was ist typisch für das Wohnen im Ruhrgebiet? Große Fonds und Mietkonzerne haben WohnbeWer eine spezielle Mischung von Großstadt und stände übernommen und zwar in einer GrößenLand sowie gute Kulturangebote schätzt, ist hier ordnung, die europaweit Seltenheitswert hat. In ziemlich gut aufgehoben. Die Lebens- und Wohn- den letzten 30 Jahren wurden so viele Wohnungen qualität ist, wenn man wie gesagt auf die große nur verscherbelt, weil sie in der Weltmarktlage als Weltstadt-Atmosphäre verzichten kann, ausge- unterbewertet gelten. Im Ruhrgebiet fing das sozeichnet. Dann lebt man hier besser als irgendwo gar noch früher an als in Berlin. Als Folge steianders, kann sowohl eine dörfliche Lebensweise gen die Mieten, während die Wohnsituation aber finden als auch die kulturellen Vorzüge der Groß- nicht besser wird, weil viele dieser Wohnungen in stadt und wirklich schräge Clubs genießen. Der großem Maßstab als Spekulationsobjekte genutzt Begriff Stadtlandschaft ist hier auf den Punkt ge- werden und die Investoren sie vergammeln lassen. Da besteht große Gefahr. bracht. Und die negativen Seiten? Der Nachteil liegt in der Erreichbarkeit innerhalb des dispersen Raumes des Ruhrgebiets, der eine ziemliche Ausdehnung hat. Das ist ein Riesenmanko für jemanden, der die Möglichkeiten des Ruhrgebiets wirklich leben will, denn der ist auf ein Auto angewiesen. Dauerstaus werden die Regel bleiben. Im Ruhrgebiet hat man den Stress der großen Stadt, im Verhältnis dazu reicht das urbane Angebot aber nicht jedem als Kompensation. Wo wohnt es sich im Ruhrgebiet gut? Wie in allen anderen Städten existiert eine gewisse Spreizung des Wohnungsmarktes zwischen sehr guten Lagen und sehr schlechten. Auch im Ruhrgebiet gibt es Toplagen, die auch im Weltvergleich als solche gelten. Z.B. in Essen-Bredeney. Im Norden gibt es ebenfalls spannende Lagen, wenn man z.B. an eines der alten Bergwerksdirektoren- Was kann man solchen Spekulanten entgegensetzen? Sehr wichtig ist die Selbstorganisation der Mieter gegen die großen Mietkonzerne. Wenn das unter entsprechend politischem Druck geschieht und die Städte dabei mitziehen, anstatt den Investoren auch noch in den Hintern zu kriechen, kann man solche Spekulanten unter Druck setzen und denen das Leben zumindest erschweren, wenn es um Mieterhöhungen geht. Das ist eine große Aufgabe. Gegen den Wertverfall von Eigentum am Wohnungsmarkt können die Hausbesitzer allerdings in bestimmten Gegenden des Ruhrgebietes gar nichts tun. Welche Alternativen gibt es gegen diese Ursache von Verfall? Da müsste man einen genossenschaftlichen Ankauf von Privatbeständen, eine Art genossen- 6 schaftliche Gruppenprivatisierung, erwägen. Das kann und muss auch in Migrantenvierteln passieren. Die Menschen dort haben wenigstens Motivation. Viele Deutsche, auch in den Stadtverwaltungen, reagieren da schockiert, denken: „Jetzt bilden die Migranten auch noch Eigentum.“ Dahinter steckt provinzielles Denken, denn genau das wäre eine Lösung für verschiedene Probleme. Die Migranten würden mehr Verantwortung in „ihren“ Vierteln übernehmen, denn sie haben ein persönliches Interesse, eben weil sie da leben. Mit Mikrokrediten könnte man auch den Geringverdienern unter ihnen den Einstieg erleichtern und deutschen Eigentümern, die nichts mehr tun, die Last zu einem günstigen Kurs abnehmen. Trägt die Politik da die Verantwortung? Eigentumsbildung am Wohnungsmarkt ist grundsätzlich vom Staat zu fördern, mit Muskelhypotheken und der Wiederbelebung der genossenschaftlichen Tradition, die es im Ruhrgebiet ja früher gab. Gruppenbezogene Eigentumsbildung, die nicht nur auf Profit zielt, muss gefördert werden. Haben Sie einen Lieblingsort im Pott? Eindeutig das Bermudadreieck, einer der wenigen Orte, wo ich meine Freunde noch zufällig treffe. Oder der Rhein-Herne-Kanal, da fahre ich gerne Fahrrad und die Emscherinseln bezeichne ich als mein privates Long Island. Das Ruhrgebiet war für mich eine prägende Dominante und ist noch immer meine Heimat, mit der ich mich verbunden fühle, und ich habe große Sympathie für die Menschen, die hier leben. Ich fühle mich hier zu Hause. INTERVIEW: MAXI BRAUN Lesen Sie die Langfassung unter: www.trailer-ruhr.de/thema ZUR PERSON Dr. Arnold Voß (66) ist Inhaber eines Planungsbüros mit Sitz in Berlin und beratend sowie als Gutachter für Politik, Verwaltung, Bürgerinitiativen und private Investoren in den Bereichen Stadtplanung, Städtebau und Architektur tätig. Foto: privat e ün Gr Innovation en it Se 15 20 „Lichtkornroggen“ heißt diese biologisch gezüchtete Getreideart – für Böden, die wenig Wasser halten oder abbekommen, Foto: Getreidezüchtungsforschung Darzau Mit lila Tomaten geht die Schutz-Saat auf Alternative Züchter trotzen den großen Konzernen und erweitern die Palette von Gemüse- und Getreidesorten Mal ehrlich: Hat man ihn in den vergangenen Wochen noch wahrgenommen, den Agrarökonomen, der im Märzen seinen 300-PS-Ackerschlepper mit Dreipunkthydraulik und klimatisierter Fahrerkabine anwirft? Der den Boden pflügt, eggt und anschließend sät? Wohl kaum. Was am Ende auf den Tellern des Verbrauchers landet, stammt im besten Fall vom Wochenmarkt, meist muss das Supermarktregal herhalten. Nur ein Bruchteil der Kunden interessiert sich dafür, woher ihr Gemüse stammt – Marokko, ah ja. Und aus welchen Samen es gezogen wurde, hat erst recht kein Verbraucher mehr auf dem Schirm. Sollte man aber. Ein paar Fakten reichen aus, um eine Situation zu beschreiben, die sich allmählich zum Problem entwickelt hat: Trotz einer augenscheinlich großen Sortenpalette sind drei Viertel der ehemals vorhandenen Kulturpflanzen aus dem Anbau verschwunden. „Wenn wir Glück haben, liegen sie noch irgendwo in Gen-Banken“, hofft Oliver Willing, „wenn wir Pech haben, sind sie ganz weg.“ „Alte Sorten sind die Grundlage, aber nicht die Lösung“, sagt Oliver Willing von der GLS-Zukunftsstiftung Landwirtschaft, Foto: Tom Jost Von dem, was noch da ist, gehören wiederum 75 Prozent zehn Großkonzernen, die diese Arten als Hybrid-Saatgut verkaufen. Man kann sie nicht aus der Ernte neu pflanzen, sondern muss jedes Jahr neu kaufen. Wenn man so will: eine Form von Kopierschutz. „Diese Saatgut-Grossisten sind oft Chemiekonzerne“, sagt Dr. Susanne Gura. „Kein Wunder, dass die mit Pflanzenschutzmitteln noch mehr verdienen als mit ihren Saaten.“ Geschäftsführer der „Zukunftsstiftung Landwirtschaft“ ist der eine, Vorsitzende des „Vereins zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt“ (VEN) die andere. Beide arbeiten mit durchaus unterschiedlichen Mitteln daran, dieses Problem nachhaltig zu knacken. Düsseldorf am ersten schönen Frühlingssamstag: Draußen herrscht Biergartenwetter, im Geschwister-Scholl-Gymnasium drängeln sich Hunderte von Gartenfreunden. Dort begegnen sie „Kaiser Wilhelm“, einer historischen Apfelsorte, dem Most von Streuobstwiesen, aber auch weißen und lila Tomaten. Und am VEN-Tisch 18 verschiedenen Kartoffelsorten auf einmal. Wofür braucht man die, wenn doch eigentlich schon die vier Sorten aus dem Supermarkt zu viel sind? „Wissen Sie, wie es Mitte des 19. Jahrhunderts in Irland zur großen Hungersnot kam?“ fragt Gura zurück. „Nun: Als sich die Kartoffelfäule durch einen Pilz ausbreitete, gab es im ganzen Land nur zwei Sorten. Beide waren anfällig.“ Durch den Hunger starb ein Achtel der damaligen irischen Bevölkerung. Was für die Mitte des 21. Jahrhunderts bedeute, dass man eben „die ganze Palette“ brauche, um sieben bis neun Milliarden Menschen zu ernähren. Die Saatgutschützer treibt also nicht primär ein nostalgisches Interesse. „Alte Sorten sind die Grundlage, aber nicht die Lösung“, verdeutlicht Oliver Willing, der mit seiner Stiftung im Hause der ethisch-ökologischen Bochumer GLS-Bank arbeitet. Heute gebe es andere Krankheiten und Schädlinge, andere Wachstumsverhältnisse, größere Klimaveränderungen. Darum müsse der Mensch Pflanzen durch Züchtung anpassen – quasi als Fortführung der Evolution. Mit den Leuchten einer Pferdekutsche würde man sich heute ja auch nicht nachts auf die Autobahn wagen. 77 Die Zukunftsstiftung unterstützt deshalb Züchter und Gärtner in Deutschland, die „samenfeste Sorten“ als Gegenentwurf zu den „Hybriden“ weiterentwickeln. Diese müssen für den Öko-Landbau taugen, anderseits widerstandsfähiger sein als ihre Ahnen; die Früchte sollen dennoch Form- und Größenvorstellungen des Handels erfüllen … und obendrein besser schmecken. Kein Wunder, dass die züchterische Optimierung etwa einer Möhrensorte durchaus zehn Jahre dauern kann und eine Million Euro verschlingt. Die Saatgut-Alternativbewegung ist jetzt 30 Jahre unterwegs, rund 120 Menschen beschäftigen sich in Deutschland mit dem Schutz der kulturpflanzlichen Grundlagen. Als Ende der 90er auch der Geschmack nachweisbar die konventionelle Produktion übertraf, war das der Durchbruch. Aus Bochum werden solche Obst-, Gemüse- und Getreideentwickler mit einer Million Euro unterstützt, die jedes Jahr neu über Spenden zusammengetragen werden muss. Eines der obersten Gebote lautet natürlich: keine Gentechnik! Aber auch anderen Verfahren stehen die Züchter kritisch gegenüber: der CMS-Technik etwa, die die Eigenschaften von Nutzpflanzen über Zellfusionen verbindet. Beispielsweise gibt es in Deutschland so gut wie keine Broccoli- oder Blumenkohlsorte, die nicht via CMS gepimpt wurde. Nach der EU-Öko-Verordnung ist der Einsatz solcher Samen durchaus erlaubt. Die großen BioVerbände Bioland, Demeter und Naturland haben dagegen strikte Negativlisten für ihre Erzeuger und Zulieferer aufgestellt. Für sie ist CMS „die Einführung der Gentechnik durch die Hintertür“. Als hätte man nicht schon Sorgen genug, droht das transatlantische Handelsabkommen TTIP die Lage noch schwieriger zu gestalten: „Man kann erwarten, dass die bestehenden nationalen und EU-Gesetzgebungen damit ausgehebelt werden“, sieht Susanne Gura pessimistisch in den laufenden Prozess. „Die WTO will unbedingt Handelshemmnisse ausräumen. Das Verbot von gentechnisch veränderten Kulturpflanzen zählt zu solchen Hindernissen.“ TOM JOST Info: www.saatgutfonds.de www.nutzpflanzenvielfalt.de Foto: Klaus Reinelt FR. 26.06.2015 RHEINHAUSENHALLE DUISBURG Karten in den bekannten VVK-Stellen und unter www.adticket.de HAGEN RETHER LIEBE Präsentiert vom: ! h c o d k c i l K Die Theaterzeitung jetzt als eMagazin: www.theater-oberhausen.de oder mag1.theater-oberhausen.de Tickets und Infos unter 0208/8578-184 www.bgp.de Ebertplatz 4 · 46045 Oberhausen · Tel. 0208 /20 54 024 · Fax 0208 /20 54 027 · www.ebertbad.de Auftritt Nicht Fisch, nicht Fleisch, düsterer Hamlet in Schädelkulisse, Foto: Thomas Aurin Hamlet in der Düsterwelt Pedro Martins Bejas Inszenierung am Theater Oberhausen In dunkler Nacht ergehen sich viele Schicksale. Sie gehört den Toten, den zwar nicht-lebenden, aber doch ziemlich präsenten. Der Totengräber (Jürgen Sarkiss) gibt den Takt, vermisst die Lebenden, zitiert die Toten, zieht den langen Bogen zwischen Rom und Helsingör. The Night Chicago Died. Irgendwie kommt mir der Song in den Kopf. Mag es an Heiner Müller liegen, dessen Übersetzung Regisseur Pedro Martins Beja am Theater Oberhausen für seine „Hamlet“-Inszenierung benutzt? Jedenfalls: Hamlet ist back auf Giedi Prime, der dunklen Harkonnen-Welt, auf der auch Pedro Martins Bejas Bühne zu liegen scheint und wo die Zuschauer der ersten Reihe erst einmal für ihre möglichen Särge vermessen werden. Es ist wie immer, es ist was faul im Staate Dänemark. Der junge Prinz klammert sich an das Gedenken seines Vaters. Eike Weinreich als Hamlet ist eher ein wirres Wesen, das zwischen der riesigen Weltkugel auf der Bühne, in der ein Schwert steckt und den mächtigen Flakscheinwerfern rechts und links hin und her lamentiert und keck mal jammert. Die Zeit aus den Fugen, die Nichtzeit im Herzen, in welcher Zwischenwelt er nun auch gefangen sein möge. Das ausgerechnet in dieser Inszenierung das Standardzitat „Mehr Inhalt, weniger Kunst“ untergeht im teils unverständlichen Gebrabbel der Protagonisten, könnte man auch als Statement nehmen, nichtsdestotrotz artifiziell um jeden Preis bleibt das Spektakel ohne feste Verortung, aber mit Erdhügel und Badewannen-Grab. Hier gehen sie rings um die stachelige Birne, die hohlen Männer vom Königreich des Todes, die Drehbühne knarzt zu T.S. Eliot, die Weltkugel auf der Bühne (cool: Volker Hintermeier) wird zum Totenschädel des Yorik, der aus dem unentdeckten Land herüberreicht in Hamlets wirre Welt. Die hat sich komplett ausgelöst, seit er seinen toten Vater um Mitternacht unter dumpfen Schlägen als Geist (auch Jürgen Sarkiss mit Maske am Hinterkopf) entdeckt und die wahren Zusammenhänge erfährt: Onkel Claudius ist der Übeltäter, meuchelte den Bruder, heiratete Hamlets Mutter und macht einen auf gütigen Herrscher. Rache, was sonst. Der dänische Königsneffe schiebt noch schnell Freundin Ophelia (Laura Angelina Palacios) ab, kassiert den langen Finger und Pause ist. 9 Beja inszeniert fluffig weiter. Das Schauspiel sei die Schlinge. Ausgerechnet. Am Tag als der Regen kam. Daliah Lavi im Ohr, die „heiligen Drei“ vor Augen, jetzt gleitet die Welt endgültig ins Paralleluniversum des Heiner Müller weiter. Hamlet spielt vor dem Hofstaat die entlarvenden Gespenster am toten Mann. Mit der blonden Germania, Hitler und Goebbels, Jammerkönigsmörder hilf im Führerbunker. Islamisten, Pegidas, Maskenchor und etwas Pornosprech bringen da nicht nur den falschen König zum Flüchten, sondern auch die Jugendlichen im Publikum zum wiehern, über Sinn und Unsinn möge man geteilter Meinung sein, regiemäßig oldschool war es allemal. Während die arme Ophelia nun langsam dem Wahnsinn verfällt, auch ihr Vater ward gemeuchelt (von Hamlet), dreht sich das düstere Karussell wieder zur finalen Choreografie. Auch sie muss sterben im Grab-Restwasser. Also werden die Degen geschwungen zwischen Laertes und Hamlet, der tödliche Becher von Laertes zur Restrisikovermeidung gereicht, dummerweise trinkt seine Gattin (Elisabeth Kopp, schick, aber unverständlich) daraus – und stirbt („Ich bin tot.“) als halber Slapstick. Komisch, über allem liegt Adriano Celentanos „Azzuro“, aber auch das kann die Bläue nicht zurückbringen ins schwarze Leichenhaus von Frank Herberts Harkonnenplaneten. Hamlet kämpft wie er gelebt hat, verwaschen, fahrig, manisch unkonzentriert. Er wird vom natürlich vergifteten Schwert getroffen, Laertes auch und der böse Königsmörder (Torsten Bauer überzeugend als einzige ShakespeareStruktur). Im Blutsturz von der Decke stirbt der Prinz, der Totengräber wird viel Arbeit haben, der Chor kommt wieder aus dem Untergrund, es sollen wohl die Truppen von Fortinbras sein, doch dieser Aspekt geht unter im letzten Auftritt der toten Ophelia: „Ich bin Ophelia. Die der Fluss nicht behalten hat.“ Heiner Müllers „Hamletmaschine“. Kann man machen. PETER ORTMANN „Hamlet“ | R: Pedro Martins Bejas | Mi 15.4. 19.30 Uhr, So 19.4. 18 Uhr Theater Oberhausen | 0208 857 81 84 THEATERLANDSCHAFT DAS FESTS C H R Ä G IVAL E 12. M AI BIS 6 . JUN I 20 15 N \ T ÄTTEntomime E MI ELST a PIEL 7 SPI erie\ P S T S IN FE own RUHR ÄNDERN ang\ Cl eater\ e L DER .d th es IVAL AUS 11 ella G igurentspiele T S E F p F-F IONEN A Cap ater\ uhrfes F O DAS RODUKT eatre \ anzthe www.r T 25 Pical Thomedy\ Zirkus Phys stik \ C Musik \ \ i l t Ar uspie Scha SÜDEUROPA 25. BIS 30. APRIL POLITISCH BRISANTES THEATER, VORTRÄGE & DISKUSSIONEN EMMA DANTE, ITALIEN BLINDSPOT THEATRE GROUP, GRIECHENLAND COMPAÑÍA LA INCREÍBLE, SPANIEN TEATRO DELLE ALBE , ITALIEN FRi NGE prä sen tie rt von KARTENTELEFON: 0208 599 01 88 WWW.THEATER-AN-DER-RUHR.DE MUSIKTHEATER IM REVIER GELSENKIRCHEN DER ZAUBERER VON OZ (THE WIZARD OF OZ) Musical von Harold Arlen und E.Y. Harburg PREMIERE Sonntag, 12. April 2015, 18.00 Uhr, Großes Haus 3. INTERNATIONALE BENEFIZGALA DES BALLETT IM REVIER zugunsten der Kinderprojekte der MiR-Stiftung WWW.MUSIKTHEATER-IM-REVIER.DE KARTENTELEFON 0209.4097-200 Freitag, 17. April 2015, WWW.MUSIKTHEATER-IM-REVIER.DE 19.30 Uhr, Großes Haus KARTENTELEFON 0209.4097-200 Premiere „So viele Ur- und Erstaufführungen gab es noch nie“ Intendant Hoffmann über ein Rendezvous mit Frankreich bei den Ruhrfestspielen trailer: Der Tag der Arbeit rückt immer näher, die Grippewelle schwindet, was macht die Logistik auf dem grünen Hügel? Dr. Frank Hoffmann: Wir sind voll dabei. Die ganze Mannschaft ist seit geraumer Zeit intensiv mit Vorbereitungsarbeiten beschäftigt. Das sind nicht nur Arbeiten für die Logistik, auch technischer und natürlich künstlerischer Art. Auf diesen verschiedenen Hochzeiten tanzen wir. ZUR PERSON Dr. Frank Hoffmann studierte Germanistik, Romanistik und Philosophie in Luxemburg und Heidelberg, 1983 promovierte er über eine von Michel Foucault ausgehende Philosophie des Theaters. Seit 1988 hält er eine Professur für Regie am Konservatorium in Luxemburg und leitet zudem seit September 2004 die Ruhrfestspiele Recklinghausen. Fotos © Ruhrfestspiele nicht nur das Festival der Uraufführungen weiterhin in der Halle König Ludwig im Programm mit den fünf Uraufführungen, wir haben auch in den anderen Spielstätten viele Uraufführungen. Ich glaube auch, so viele wie noch nie. Es wird ein Tête-à-Tête mit europäischen Theaterstars, irgendwann müssen die ja mal aufgebraucht sein? Es gibt viele bedeutende Künstler im Theaterbereich – da ist noch lange nicht das Ende der Und das Programm ist lehrreich: Biologie in der Fahnenstange erreicht. Aber eiPeepshow mit Isabella Rossellini gentlich mag ich diesen Begriff „Wir haben so viele Stars oder wie Korea wiedervereinigt Stars gar nicht so sehr. Für mich wird von Joel Pommerat? wie noch nie“ sind alle erst einmal große KünstDas haben sie selbst schön gesagt, ler, in unserem Fall Schauspieler und Regisseure. der Biologie in der Peepshow kann ich gar nichts Aber nicht weil sie Stars sind, kommen sie zu den hinzufügen. Die Wiedervereinigung der Koreas Ruhrfestspielen, sondern wegen der Kunst. Und ist ja eigentlich eine große Beziehungsgeschichwenn ich einmal nicht mehr da sein werde, wird te. Da kommen zwei Menschen zusammen, die die Welt noch voller Stars sein, die gerne nach wollen zusammenkommen, die wollen sich vereiRecklinghausen kommen. nigen, und es ist fast so unmöglich wie die Wiedervereinigung der beiden Koreas. Viele kommen 2015 aus Frankreich? Selbst in diesem Jahr, wo wir so viele Stars wie Und wem das zu viel wird, der kann dann in noch nie haben, im gängigen Sinne zumindest, der Festspielhalle meditieren? haben wir sehr viele französische nicht dabei, die Genau. Obwohl, es könnte sein, dass wir Jean Miich gerne dabei gehabt hätte. Aber es hat eben chel Bruyère vielleicht um ein Jahr verschieben nicht geklappt, weil sie ein anderes Projekt oder müssen, obwohl ich das als mein Lieblingsprojekt keine Zeit hatten. Das ist immer so eine Moment- deklariert habe. aufnahme und hat auch nicht unbedingt den Anspruch auf Repräsentativität. Selbst Sophie Rois kommt nur als Vorleserin? Ja. Aber das liegt nicht nur an den RuhrfestspieDie Ruhrfestspiele stehen ja auch für Ur- und len, das liegt auch an den Arbeitsprojekten von Erstaufführungen – habe ich nur den Ein- Sophie Rois. Sie war ja letztes und auch vordruck, oder sind es dieses Mal besonders viele? letztes Jahr mit Projekten vertreten. Es sind dieses Mal besonders viele. Wir haben Und was muss ich mir vorstellen unter den neun Geheimnissen von Ute Lemper und Volker Schlöndorff? Das ist ein Herzensprojekt von Ute Lemper. In einem Moment, in dem es ihr nicht so gut ging, ist sie in eine Buchhandlung gegangen und ist auf dieses Buch von Paulo Coelho gestoßen und hat sich in den Text verliebt. Dieses Buch hat ihr eine Kraft gegeben, Motivation, so sehr, dass sie daraus wiederum, und da spricht dann die Künstlerin aus ihr, ein Theaterprojekt machen wollte. Es ist aber natürlich nicht die Erzählung des Romans, es ist ja kein richtiger Roman, aber diese Schriften sind auf eine sehr eigene Art zusammengebündelt. Sie hat daraus Lieder gemacht. 11 Zwischendurch erzählt sie in deutscher Sprache selbst live, aber die Lieder sind in mehreren Sprachen verfasst. Es wird wie so eine kleine Reise durch die Sprache in einer filmischen, einer cineastischen Vision des großen Volker Schlöndorff. Die beiden kennen sich schon sehr lange und ich habe sie sehr ermutigt, das mit Schlöndorff gemeinsam zu machen. Also eine Art filmischer Performance? So kann man das sehen. Sie und ihr Musiker sind auf der Bühne. Dahinter ein großer Horizont und darauf gibt es Bilder, die Volker Schlöndorff entworfen hat. Kommen wir zur Off-Szene beim Fringe Festival mit Zirkus, Tanztheater, und „Hi Hitler“? Das ist ein Projekt von Lucie Pohl, der Tochter von Autor und Schauspieler Klaus Pohl. Das ist ein Stück zwischen Amerika und Deutschland und sie geht sehr unkonventionell mit der Figur Hitler um. Ich glaube, ohne diesen Weg über Amerika hätte sie das wahrscheinlich nie so riskiert. Jetzt riskiert sie es und das wird ein sehr persönlicher und sehr lustiger Abend. Gibt es von Ihnen ein persönliches Highlight bei den Premieren – neben den Nashörnern natürlich? Viele Projekte kreieren wir erst noch, denn die meisten zumindest der großen Produktionen haben ja noch gar nicht das Licht der Welt gesehen, sind ja alle noch in Arbeit. Also ist es für solche Aussagen ein bisschen zu früh. Nachher kann ich dann sagen, das war mein Lieblingsstück. Die Fassade des Festspielhauses wird auf jeden Fall schön bunt? Genau, Daniel Buren wird das Ruhrfestspielhaus komplett umgestalten. Das wird so in Licht und Farben erstrahlen, dass man es zwar noch wiedererkennt, aber erstaunt ist. INTERVIEW: PETER ORTMANN Ruhrfestspiele | 1.5.-14.6. | Recklinghausen, Marl, Herten | 02361 921 80 GESTALTUNG: DESIGNBÜRO SCHÖNFELDER · FOTO: HANS JÜRGEN LANDES prinz regent theater Komikzentrum Ruhr APRIL 2015 DIE VERWANDLUNG nach Franz Kafka Premiere am 10. um 20.00 h Weitere Vorstellungen am 11., 17., 28. und 29. um 20.00 h Vorsicht, heller Kopf: Karin Berkenkopf alias Frieda Braun Perfide, mutig und bodenständig Frieda Braun, Moritz Netenjakob und Margie Kinsky ES IST NIE GENUG von und mit Petra Afonin am 15. um 20.00 h und am 19. um 19.00 h REDEN MIT MAMA von Santiago Carlos Ovés und Jordi Galcerán am 24. und 25. um 20.00 h TOI TOI BUH! von und mit Jonas Gruber · am 18. um 20.00 h TSCHICK von Wolfgang Herrndorf · am 21. und 22. um 20.00 h www.prinzregenttheater.de Prinz-Regent-Straße 50-60, 44795 Bochum · Kartenreservierung unter: Fon: 0234 - 77 11 17 · E-Mail: [email protected] Ticket-Hotline: 0234 13003 27. Februar - 14. Juni 2015 Eine Figur wie aus dem Bilderbuch ausgestorbener Menschenarten bringt Karin Berkenkopf alias Frieda Braun auf die Bühne, eine ganz in beige gehaltene sauerländische Hausfrau mit Hornbrille und artiger Frisur, die nichts anderes macht, als ihre Alltagsbeobachtungen unters Volk zu streuen. Doch halt: Hinter der bräsigen bis provinziellen Erscheinung verbirgt sich ein heller Kopf. Ähnlich wie Jutta Wübbe alias Marlene Jaschke aus Hamburg ist die in Winterberg beheimatete Comedienne ein Ausbund an Perfidie. Zielscheibe ihrer Betrachtungen sind mit Vorliebe Männer im Allgemeinen und Otto oder Bernd im Besonderen. Ersterer ist passionierter Feuerwehrmann a. D., der immer noch mit Leib und Seele am Löschen hängt, wovon der Weihnachtsbaum ein Liedchen singen könnte. Bernd dagegen wird von seiner Carola ausgewildert, nachdem sie bemerkt hat, dass er vor der Glotze stagniert. Womit die Frage, wie viel Bildung eine Partnerschaft verträgt, beantwortet wäre. Die Schultern leicht nach vorne gezogen, die Beine verklemmt aneinander gedrückt, signalisiert Frieda Braun mühsam überwundene Schüchternheit. Mit eben diesen präzisen Bewegungsabläufen findet sie den direkten Weg in die Herzen und das Humorzentrum der Zuschauer, die sich vor Lachen regelmäßig ausschütten, wenn sie von getoasteten Nachrichten und gegurgeltem Wetter spricht. (Stadthalle in Oer-Erkenschwick 24.4. „Sammelfieber“; Ebertbad in Oberhausen am 25.4. „Sammelfieber“; Flottmann-Hallen Herne am 29.4. „Rolle vorwärts“.) „Mit Kant-Zitaten zum Orgasmus“ heißt das neue Solo von Moritz Netenjakob, in dem (am 24.4. im Duisburger Kleinkunsttheater Die Säule) „der deutsche Weg zum Glück“ seinen Niederschlag findet. Dabei gibt es eine ganze Reihe von Pfaden, auf denen man sich hierzulande der Glückseligkeit annähern kann. Alle haben eines gemeinsam: Sie brauchen einen ordentlichen Rahmen. Der Kölner Comedian und Bestsellerautor („Macho Man“) packt seine Beobachtungen aus dem Land der Dichter und Denker in der Comedia in herrlich abgedrehte Spielszenen, die von seiner stupenden parodistischen Fähigkeiten und jeder Menge selbstironischer Attacken leben – und dem Mut, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen. Er ist außerdem mit von der Partie, wenn mehrere Männer gleichzeitig am 14.4. im Oberhausener Ebertbad (= Pufpaffs Badeanstalt) die Spaßbretter mit dem Ziel besteigen, dem Herrenwitz zu einer neuen Blüte zu verhelfen. Da bleibt kein Auge trocken. Dafür sorgen außer Netenjakob die Gäste: Ingmar Stadelmann, Roland Baisch und Trionova. Moderation: Sebastian Pufpaff. SHOW Do.-Sa. 20.00 Uhr, So. 19.00 Uhr WWW.VARIETE-ET-CETERA.DE Herner Str. 299 | Bochum Wie sie das geschafft hat, wissen die Götter: Vor 30 Jahren hat die Italienerin Margie Kinsky den Kanadier Bill Mockridge geheiratet, sechs männlichen Menschen das Leben geschenkt und ist als Frau der ersten Stunde mit dem Springmaus-Ensemble über so ziemlichen alle deutschsprachigen Kleinkunstbühnen gewirbelt. Ihr zweites Soloprogramm, mit dem sie am 24. im Duisburger Grammatikoff gastiert, heißt „Ich bin so wild nach Deinem Erdbeerpudding“ und ist ein so bodenständiger wie amüsanter Streifzug durch viele Jahre turbulenten Familienlebens. Wer wissen will, wie Multitasking wirklich geht: Hier wird er fündig. Verspricht hoch und heilig Ihre stets über Tage lebende ANNE NÜME 12 Theater Ruhr „Sin Sisters – In Betrachtung des Mondes“, Foto: Diana Küster „Verbrennungen“, Foto: Birgit Hupfeld „Auf der großen Straße“, Foto: Joachim Schmitz Der Weg ist das Ziel Die Wahrheit Beiläufigkeit Eigentlich ist das eine Therapiesitzung, denke ich noch, als das Licht angeht und vor mir der „Club in der Psychiatrie“ in einem Sammelsurium von Mobiliar hockt, liegt, herumsteht. Doch dann geht das Licht wieder aus und der alte Mann im Mond hockt im Frack auf einer Schaukel und macht den Erzähler. Fehlerfrei, abgekocht, wunderbar. Tatsächlich eine Kooperation mit Patienten und Mitarbeitern der Bochumer Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin? Das Stück „Sin Sisters – In Betrachtung des Mondes“ ist eine Uraufführung. Geschrieben hat es die Dramaturgin und Theaterpädagogin Verena Meyer, inszeniert wurde es von der Theatertherapeutin Sandra Anklam. Und es soll wohl auch eine Therapie sein – eine gelungene. Es gibt Stücke, die erreichen nur beim ersten Sehen die inneren Strukturen der Atemlosigkeit. „Verbrennungen“ von Wajdi Mouawad ist so eins. Der im Libanon geborene frankokanadische Autor beschreibt darin die dunklen Pfade, die das Grauen des Krieges manchmal beschreitet, ohne je das Licht am Ende des Weges finden zu können. Verhandelt wird nicht nur die Unlogik der Greul selbst, auch die möglichen Ergebnisse dieser Handlungen. Auf der Bühne im Essener Grillo tagt das Tribunal. Die Schauspieler treten auf. Ein Zwillingspaar muss seine Mutter begraben, nachdem diese fünf Jahre kein Wort mehr gesprochen hat. Vom Testamentsvollstrecker erhalten sie zwei Briefe, einen an den totgeglaubten Vater, einen an den unbekannten Bruder. Sie werden aufgefordert, diese beiden Menschen zu finden und die Schreiben zu überbringen. So weit so gut, die Welt in der sie gelebt haben, scheint nicht die Realität der Mutter gewesen zu sein. Simon (Thomas Meczele) weigert sich, diesen letzten Wunsch zu erfüllen, zu tief sitzt der Verlust an Wärme und Kommunikation der vergangenen fünf Jahre. Doch seine Schwester Jeanne (Marieke Kregel) macht sich auf die Suche nach einer Wahrheit, die erst am Ende des Stücks zu einer wirklichen Erschütterung führen wird. Es ist eine schreckliche Vergangenheit im Nahen Osten, in der Heimat ihrer Mutter, es sind grauenhafte Spuren, denen Jeanne nachgehen muss. Martin Schulze inszeniert in unschuldig weißen Bildern, auf weiten Flächen und doch mit viel Choreografie in den Innenleben seiner Protagonisten. Dabei muss er mit zeitlichen Rückblenden arbeiten und die jeweilige Figur der Mutter in der Zeit besetzen. Die Geschwister finden „Die Frau die singt“, sie finden die Verletzungen, die sich Feinde antuen können, unter dem immer gleichen Deckmantel des aufgezwungenen Sachzwangs. Jeanne trifft Mitstreiter, wie Gegner, Geheimnisvolles scheint die Geschichte der Mutter zu verschleiern, sie wusste mit Waffen und Worten umzugehen und sie ist jahrelang gefoltert worden. Am Schluss ist die Wahrheit unvorhersehbar: die Briefe gehen an ein und dieselbe Person. Unter dem Chador sind alle gleich. Die Rechtgläubigen und die Säufer. In Tichons Herberge an der großen Straße sind sie fein säuberlich getrennt, nur der eiskalte Ofen trennt die Parteien, die sich vor einem Unwetter in die Herberge geflüchtet haben. Es donnert, es grollt, Obertongesang und Düsenflieger, langsam hebt sich im Theater an der Ruhr der Vorhang und gibt den Blick frei auf ein lebendiges Gemälde, langsam ganz langsam regen sich dort die schwarzen Gestalten vor dem Bluescreen. Weiße Sockel und Kästen, mehr hat die Kneipe für 10 Rubel pro Person nicht zu bieten und doch tun sich hier Abgründe auf zwischen Himmel und Hölle. Mit Gottes Hilfe wollen die Schatten den Morgen erwarten, oder mit viel Wodka, wenn sie ihn bezahlen können. Der Ping eines Sonargerätes durchzieht den Abend, es wird keinen Kontakt finden in dieser Herberge. Jo Fabian inszeniert Tschechows frühe dramatische Skizze mehr als visuelle Performance denn als Einakter. Es ist ein Loblied auf die allgemeine zeitlose Beiläufigkeit des Lebens, die auch rezitiert wird. Kein Satz, dem im Sprachklang irgendeine Bedeutung beigemessen wird, keine Regung, die eine Aussage belegt. Nur zwischen den Szenen, da wird getanzt auf der silbernen Spiegelfläche, die einen wie die Derwische aus Konya, die andern nach der „New World Order“, das Prinzip ist austauschbar, alle streben nach Bestätigung im Verharren in der Beiläufigkeit. Die gestrandeten Landstreicher ebenso wie die abstinenten Rechtgäubigen oder die Säufer. Tichons Herberge ist die Welt und drum herum ist nur wütende Natur. Jo Fabian spielt mit Schatten, die hinter den Protagonisten ein Standbild erzeugen, flüchtige Abbilder flüchtiger Momente, kaum tauscht man Belehrungen aus, sind die Gedanken auch schon wieder verschwunden, langsam, ganz langsam. Erst als der Säufer als von der Liebe betrogener Gutsbesitzer identifiziert ist, organisiert sich der Haufen neu, es entsteht augenblicklich eine Hackordnung des Standes. Als die Frau, die ihn betrog, auftaucht, will man sie erschlagen, doch draußen schneit es. Was ist der Sinn? Zumindest Theater vom Feinsten. „Verbrennungen“ | R: Martin Schulze Mi 1.4., Sa 11.4., So 12.4., Fr 17.4. 19.30 Uhr Grillo-Theater Essen | 0201 812 26 00 „Auf der großen Straße“ | R: Jo Fabian Do 2.4., Fr 24.4. 19.30 Uhr | Theater an der Ruhr, Mülheim | 0208 599 01 88 „Sin Sisters“ in Bochum Es geht intensiv um die Laster der Menschheit. Hochmut, Neid, Habgier, Faulheit. Alle auf der Bühne im kleinen Theater Unten können etwas dazu sagen, haben ihre Erfahrungen und auch das Talent, dies vor Publikum zu kommunizieren. Sie waren da, „ganz unten, wo die Scheiße ist“, sie glauben nicht, dass Trägheit eine Sünde ist, und doch, irgendwie scheinen alle von ihren Erinnerungen getrieben einen neuen Morgen zu erhoffen. Sandra Anklam inszeniert behutsam auf einem riesigen Flokati, bricht die Szenen geschickt mit liebevoll unbeholfener Choreografie, lässt dabei dem Einzelnen viel Raum, viel Bewegung in der Gruppe. Nichts im Leben hat Bedeutung, diese ZenWeisheit an diesem Abend zu hören, macht nachdenklich, während im Hintergrund leise „Hurt“ von den Nine Inch Nails in der JohnnyCash-Version tönt. „I focus on my pain, the only thing that‘s real“. Die Zeile fällt mir ein, während sich die Gruppe auf den Weg macht, um einen Berg zu besteigen, angetrieben von „der Einen“. Ein beschwerlicher Weg, alle Krankheiten zu überwinden. Doch er wird geschafft, und es ist nicht das Ende. Manche wollen weiter ins gelobte Land, andere auf der Spitze bleiben. Einige allerdings machen sich auf den Rückweg in die Sicherheit. Auch das ist wie im richtigen Leben. Der Mann im Mond kann davon berichten. PETER ORTMANN „Sin Sisters – In Betrachtung des Mondes“ R: Sandra Anklam | Fr 27.3., Sa 28.3. 19 Uhr LWL-Universitätsklinikum, Bochum 0234 50 77 13 21 „Verbrennungen“ in Essen „Auf der großen Straße“ in Mülheim PETER ORTMANN 13 PETER ORTMANN Einfach beste Unterhaltung! RFOLG DER KINO-E STÜCK R ALS THEATE DIE S C H W E IG S A M E FR AU Ziemlich R IC H A R D S T R AU S S beste Musikalische Leitung Martyn Brabbins Inszenierung Guy Joosten Ausstattung Johannes Leiacker Dramaturgie Alexander Meier-Dörzenbach Choreinstudierung Alexander Eberle Choreographie Matteo Marziano Graziano Freunde Nur noch im April! Vorstellungen 1., 4., 19., 22., 24., 30. April 2015 Aalto-Theater 14. – 26.4.2015 Kartentelefon 0201/24 Tickets T 02 01 81 22-200 www.theater-essen.de 555 55 www.theater-im-rathaus.de · Porscheplatz 1 · 45127 Essen 0 4 – 0 15 T HEAT ER IM PROGRAMM OF F E N E Z W E I E RBEZ I E H U NG VON DA R IO FO U N D FRANCA RAME PREMIE SO 12.04.2015 / 18 Uhr MI 13.05.2015 / 20 Uhr MOBY DICK NAC H DE M ROM A N VON H E R M A N M E LV I L L E PREMIE DO 16.04.2015 / 20 Uhr DO 21.05.2015 / 20 Uhr BA R FUSS NACK T H E R Z I N DE R H A N D SC H AUSPI E L VON A L I J A L A LY PREMIE SA 18.04.2015 / 20 Uhr 14 Oper in NRW präsentiert Liliana de Sousa als Carlotta und Franz Hawlata als Kapitän Morosus, Foto: Matthias Jung SA / 18.04.2015 / 20 Uhr SO / 17.05.2015 / 19 Uhr Henning Schmidtke Lisa Feller „Hetzkasper – zu blöd für Burnout“ „Guter Sex ist teuer“ DO / 23.04.2015 / 20 Uhr DO / 28.05.2015 / 20.30 Uhr René Steinberg Dave Davis „Gebt dem Unsinn das Kommando“ „AFRODISIAKA! Lachen ist der beste Medizinmann“ Jack Sparrow singt Oper Guy Joosten inszeniert „Die schweigsame Frau“ in Essen Von Karsten Mark Nur ein einziges Mal hat sich Richard Strauss an eine komische Oper gewagt. 1935 erlebte „Die schweigsame Frau“ eine erfolgreiche Uraufführung und verschwand dann schnell in der Versenkung. Die Nazis hatten dafür gesorgt, weil Strauss den Namen des jüdischen Librettisten Stefan Zweig nicht unter den Teppich „Joosten zieht wahrlich alle Register“ kehren wollte. Alle Wiederbelebungsversuche nach dem Krieg blieben weitgehend vergeblich. „Die schweigsame Frau“ ist auf kaum einer Opernbühne zu finden. Das Essener Aalto-Theater startet nun einen neuen Versuch. Regisseur Guy Joosten hat sie neu inszeniert und ist sich bewusst, dass Straussens Humor eher speziell war. „Man muss Strauss schon kennen, damit es lustig wird“, hatte Joosten vor der Essener Premiere gesagt. Als Vorab-Entschuldigung muss man das glücklicherweise nicht verstehen, denn Joosten zieht wahrlich alle Register, um den drei Aufzügen ein Höchstmaß an Komik zu entlocken. Herausgekommen ist eine schrille, bunte Version, die wirkungsvoll und gekonnt mit Filmzitaten und Elementen der Commedia dell´arte gewürzt ist. Die Regie musste sich dafür gar nicht groß verrenken, denn die Geschichte liefert bereits erstklassige Ansätze. Hauptfigur ist der alte Kapitän Morosus, der bei seinen Seefahrten offenbar allerhand Dublonen eingeheimst hat. Joosten und Ausstattungs-Altmeister Johannes Leiacker zeigen eine ergraute Version des Kino-Piraten Jack Sparrow, der auf einer Insel in seiner Schatztruhe haust. Darum herum wuselt die Haushälterin in einem papageienbunten Glitzerkostüm, welches gut aus dem Fundus des DDR-Fernsehballetts stammen könnte, und feudelt die Kakteen ab. Leider kann sie nie die Klappe halten, was der alte Pirat schon deshalb kaum ertragen kann, weil er vom lauten Kanonendonner ein Problem mit seinen Ohren hat. Eine schweigsame Frau soll her – möglichst jung und folgsam. Die schüchterne „Timidia“ scheint genau zu passen, doch in Wahrheit ist sie die verkleidete Ehefrau des enterbten Neffen, die dem Alten eine Lektion erteilen soll. Die Geschichte nach einer englischen Komödie aus dem 17. Jh. hat es mehrfach auf die Opernbühne geschafft. Deutlich bekannter als Straussens Version ist Donizettis „Don Pasquale“. Zweigs Libretto hat mehr Tiefgang, aber auch mehr Längen. Eine spritzige Komödie ist es nicht. Vor allem Strauss-Fans dürfte die Essener Inszenierung locken, und die werden auch musikalisch nicht enttäuscht. Dirigent Martyn Brabbins leitet die Essener Philharmoniker mitunter mit leicht angezogener Handbremse. Das ist gut für einen differenzierten Klang und schont die Sänger, die solche Rücksichtnahme allerdings kaum nötig haben. Allen voran dominiert Franz Hawlata als alter Pirat den Abend. Eigentlich ist er viel zu cool und charismatisch, um als einfältiger Alter durchzugehen. Seine stimmliche und physische Präsenz ist enorm. Julia Bauer ist als vermeintlich „schweigsame Frau“ eine ebenbürtige Partnerin, die Karsten Mark sehr schön zwischen der lammfrommem Timidia und der Journalist mit Schwerpunkt (Musik-)Theater kratzbürstigen Aminta changiert. „Die schweigsame Frau“ | 1.4., 22.4., 24.4., 30.4. je 19.30 Uhr, 4.4. 19 Uhr, 19.4. 16.30 Uhr | Aalto-Theater, Essen | 0201 812 22 00 15 Weitere Veranstaltungen und Informationen unter www.bahnhof-langendreer.de sowie auf Facebook www.facebook.com/BahnhofLangendreerBochumKulturzentrum Wallbaumweg 108, 44894 Bochum, 0234/6871610 Grugahalle: alles ist möglich. 28 | 05 | 2015 – 30 | 05 | 2015 06 | 06 | 2015 10 | 07 | 2015 – 19 | 07 | 2015 03 | 10 | 2015 18 | 10 | 2015 24 | 10 | 2015 06 | 11 | 2015 08 | 11 | 2015 14 | 11 | 2015 16 | 11 | 2015 19 | 12 | 2015 rkauft! usve sexy!“ Mario Barth „Männer sind bekloppt,Aaber Russia´n Rocks Festival mit DDT u.a. Sommerfest Subergs Ü-30 Party Der Pate Kaya Yanar Bibi Blocksberg Schallplattenbörse Konzert Gwiazd Sido Wise Guys an der Grugahalle „Mehr als eine Party“ Live in concert „Around the World“ Das Hexen-Musical „Hexen hexen überall!“ im Foyer Live 2015 Liebe Live 2015 Albumtour 2015/2016 Terminstand: März 2015 . Änderungen vorbehalten . [email protected] . www.grugahalle.de Ticket-Hotline: MESSE ESSEN GmbH Geschäftsbereich Grugahalle Norbertstraße . D-45131 Essen Telefon: +49.(0)201.7244.0 Telefax: +49.(0)201.7244.500 Montag bis Freitag 10.00 – 18.30 Uhr 02 01.72 44 290 VERBRENNUNGEN von Wajdi Mouawad Deutsch von Uli Menke Vorstellungen 1., 11., 12., 17. April; 10., 30. Mai 2015 Grillo-Theater Tickets T 02 01 81 22-200 www.schauspiel-essen.de ,6-563 #f30,3& '&-% JEF 16 Tanz in NRW »SEXY, SCHNELL UND SENSATIONELL!« „Der letzte Schrei“, Foto: Roger Rossel Tanz satt Das Festival tanz nrw 15 zeigt den Reichtum der Tanzszene Von Thomas Linden In der Kultur hat die Neugierde der Menschen immer dazu geführt, dass man über den Zaun schaute. Die Tanzkunst lockt ihr Publikum in NRW schon seit Jahren in die Metropolen am Rhein. Aus Westfalen würde man sich noch ein wenig mehr Zuspruch wünschen. So startet das Festival tanz nrw 15 in diesem „Das Tanz-Land NRW braucht Frühjahr in acht Städten, siebenmal im Nachwuchs“ Rheinland (Bonn, Köln, Düsseldorf, Wuppertal, Krefeld, Essen und Viersen) und einmal in Münster, im bewährten Pumpenhaus. Das Programm eignet sich gut für den Einstieg ins Metier oder um sich über den Stand der gegenwärtigen Ästhetik zu informieren. 17 Ensembles zeigen 19 Produktionen vom 16. bis 28. April, alle Arbeiten entstanden in NRW, so dass das Festival als Blütenlese den Gruppen noch einmal Aufführungsmöglichkeiten in der Region bieten kann. Gestartet wird in drei Städten. So zeigt am Eröffnungswochenende Felix Bürkle aus Düsseldorf in der Kölner TanzFaktur seine aufsehenerregende Choreographie „you, the other“, in der er den Moment erforscht, in dem die Erotik zwischen zwei Menschen zündet. Im Carlsgarten vor dem Depot des Kölner Schauspiels präsentiert Angie Hiesl eine Performance, die das Spiel mit den Identitäten probt. Die magischen Bildwelten der Märchen zaubern Reut Shemesh und das Duo Overhead Project mit „The Boy, Who Cries Wolf“ auf die Bühne des Tanzhauses. Eine subtile, bildgewaltige Produktion, die sich in die Erinnerung eingräbt. Für Düsseldorf bietet Köln das Beste mit dem MichaelDouglas Kollektiv und seiner Ensemble-Produktion „Golden Trash“, die 2013 den Kölner Tanzpreis gewann. Mit großer Verve zeigt die Truppe, wie sich Beziehungen zwischen Körpern herstellen und wieder auflösen. Eine Produktion, die anschaulich demonstriert, wie erzählerisch Tanz sein kann, ohne dass dabei eine Geschichte erzählt werden müsste. Wie der Körper aus den zweidimensionalen Bildern der erotischen Verheißung zu einem realen Objekt im Raum wird, und wie er seinen Chic verliert und darüber seine Sinnlichkeit gewinnt, zeigt Ben J. Riepe in Essen auf PACT Zollverein, wo er den dritten Teil seines Großprojekts „Der letzte Schrei“ vorstellt. Der 4. Teil ist dann am 23. April in der Generatorenhalle in Viersen zu sehen. Das Tanz-Land NRW braucht Nachwuchs, deshalb startet mit der Reihe „Sprungbrett“ in diesem Jahr ein Projekt für junge Choreografen, das eine Brücke zwischen dem Studium und dem Eintritt in die Tanzszene schlagen soll. Drei Wochen haben die Akteure in Residenzen am Rhein mit professionellen Coaches gearbeitet, um dann in verschiedenen Städten ihre Arbeiten vorzustellen. Darüber hinaus Thomas Linden Journalist und Jurymitglied des Kölner Kinder- lädt das Festival wieder zu Workshops und Besuch der Stuu. Jugendtheaterpreises dios einiger ausgesuchter Choreografen ein. tanz nrw 15 | 16.4.-28.4. | www.tanz-nrw-15.de trailer verlost 1x2 Karten für die Veranstaltung Cocoon Dance Company: Pieces of Me auf PACT Zollverein in Essen am 19.4. um 16.00 Uhr. E-Mail bis 12.4. an [email protected], Kennwort: tanz nrw 2015 17 8. MAI – 23. AUGUST 2015 CAPITOL THEATER DÜSSELDORF Tickets & Infos: www.tap-dogs.de www.eintrittskarten.de oder 0211-73440 SHAKESPEARE FESTIVAL im Globe Neuss 28. Mai bis 27. Juni 2015 www.shakespeare-festival.de biograph.de Das MeinungsMagazin Ruhrgebiet trailer-ruhr.de Theater-Kalender Ruhr Prolog = Premiere = trailer-Empfehlung auf den Auswahlseiten STADTTHEATER SCHAUSPIELHAUS BOCHUM 0234 33 33 55 55 Hamlet Do 2.4. 19.30 Hexenjagd Fr 3.4., Sa 25.4. 19.00 Viel Lärm um Nichts Sa 4.4., Fr 10.4. 19.30 Drei Männer im Schnee So 5.4. 19.00, Mo 6.4. 17.00 Bochum Do 9.4. 19.30 „Homezone“, DIN A 13 tanzcompany, Foto: © Meyer Originals Bewege das Unmögliche Die „Farben des Tanzes“ am Theater Hagen Es gibt in der kulturellen Evolution immer noch Nischen, die eigentlich keine sein müssten. Ursachen sind oft eingefahrene Sehgewohnheiten und der dazu gehörende Glaube, visuelle Ästhetik allein über bekannte und normierte Parameter zu definieren. Einen Weg, diesen Tatbestand zu dekonstruieren, ist beispielsweise das Medium des so genannten „mixed-abled Tanz“, der TänzerInnen mit unterschiedlichen Körperlichkeiten präsentiert. Ausgerechnet in einer Kunstsparte, die mit brachialer Präzision und millimetergenauem Körpergefühl wuchert, was hat ausgerechnet da ein Mensch mit Down-Syndrom zu suchen? Bevor die Vorurteile wieder ihren Weg in eingefahrene Bahnen finden, machen wir uns auf den Weg nach Hagen, für acht Tage steht im Juni das Theater dort ganz im Zeichen eines deutschlandweit einmaligen Tanzfestivals. Die „Farben des Tanzes“ präsentieren genau diesen „mixed-abled Tanz“, der beispielsweise in England schon seit Jahrzehnten eine riesige Fangemeinde hat, der aber in Deutschland dieses Nischendasein fristen muss, ohne Grund, wie man bereits an der Kölner DIN A 13 tanzcompany sehen konnte, die schon mehrfach mit internationalen Koproduktionen im Düsseldorfer tanzhaus zu sehen war. Seit Gründung des Ensembles durch die Choreografin Gerda König ist es international eines der wenigen Tanzensembles, deren Mitglieder sich aus Tänzern mit unterschiedlichen Körperlichkeiten zusammensetzen. Das Unerwartete eines anderen Körpers wird zur ästhetischen Erfahrung, deren Ausdruck neue Qualitätsmaßstäbe setzt und im krassen Kontrast zu den klassischen Vorstellungen steht. Sie eröffnen das Hagener Festival mit „Unperfectly Perfekt“. Initiator Ricardo Fernando hat für die „Farben des Tanzes“ weitere nationale (Miriam Michel und dorisdean) und internationale Gruppen eingeladen, die ihre Aufführungen im Hagener opus präsentieren. Da kommt aus England die Candoco Dance Company mit fähigkeitsgemischten Tänzern, die bereits 1991 gegründet wurde. Sie wollen die Wahrnehmung der Zuschauer herausfordern, sie sind witzig, aber auch ergreifend und arbeiten mit dem bildenden Künstler Hetain Patel zusammen. „Let‘s Talk About Dis!“ ist also gleichzeitig Performance, Installation, Video, Fotografie und Skulptur, die Gruppe verwischt die Grenzen zwischen Theater, Galerie und Film. Einen ähnlichen Weg geht das Culture Device Dance Project, eine experimentelle Compagnie für professionelle Tänzer mit Down-Syndrom. Die britische TV-Schauspielerin und Tänzerin Sarah Gordy und der Tänzer John Livingston arbeiten mit Improvisation und experimentellen elektronischen Klängen, wollen so unter der Leitung von Daniel Vais auch Grenzen in den Bereich einer neuen Choreografie verschieben. Aus Brasilien kommt das Ballet de Cegos, die einzige professionelle Balletttruppe für Blinde in der Welt, die Highlights des klassischen Balletts auf Spitze zeigt. Die Schule besteht bereits seit 1995 und wurde von der Tänzerin und Physiotherapeutin Fernanda Bianchini gegründet. Über 300 Kinder wurden dort bereits ausgebildet. PETER ORTMANN Die Unvernünftigen sterben aus Do 9.4. 20.00 [fi’lo:tas] Fr 10.4. 20.00 Die Nibelungen Sa 11.4. 18.00, So 12.4. 16.00 Hedda Gabler Mi 15.4. 19.30 Ein Mann will nach oben So 18.4. 19.30 Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs So 19.4 17.00 Onkel Wanja Fr 24.4. 20.00 Michel aus Lönneberga So 26.4. 12.00 u. 16.00, Mo 27.4. 9.30 Der Besuch der alten Dame Do 30.4. 19.30 THEATER DORTMUND 0231 502 72 22 Die Möglichkeit einer Insel Sa 4.4., Do 16.4. 19.30 Häuptling Abendwind und die Kassierer. Eine Punk-Operette MUSIKTHEATER IM REVIER GELSENKIRCHEN 0209 409 72 00 Rigoletto So 5.4. 18.00; Mi 25.4. 19.30 Der Zauberer von Oz So 12.4., So 19.4. 18.00; Sa 18.4., Fr 24.4. 19.30 Zauberflöte – kurz gefasst Mi 15.4. 11.00 Der Tod und die Malerin Do 23.4. 19.30 Die Csárdásfürstin So 26.4. 18.00 OPER DORTMUND 0231 502 72 22 Don Giovanni Mi 1.4., Do 9.4, Sa 18.4. 19.30 Anatevka – Fiddler on the Roof Fr 10.4. 19.30 Der Rosenkavalier So 12.4. 15.00 Saul Sa 25.4. 19.30 VARIETÉ & BOULEVARD DAS KLEINE THEATER ESSEN 0201 520 98 52 Ganze Kerle Sa 4.4., Sa 18.4., Sa 25.4. 20.00 Falsche Schlange Fr 10.4., Fr 17.4. 20.00 Das Urteil Sa 11.4., 20.00 5 Frauen und ein Mord So 19.4. 15.00 Lügen über Lügen Fr 24.4. 20.00 Fr 10.4. 19.30, So 26.4. 18.00 Hamlet So 12.4. 18.00 Elektra Mi. 15.4., Fr 24.4. 19.30 Szenen einer Ehe Sa 18.4. 19.30 GOP VARIETÉ ESSEN 0201 245 55 55 Tod eines Handlungsreisenden So 19.4. 18.00 Drama Queens – Neue Songs aus der Kantine je Mi 20.00, Do 20.00, Fr 18.00 u. 21.00, Sa 18.00 u. 21.00, So 14.00 u. 17.00 Sa 25.4. 19.30 Das Fest Mi 29.4. 19.30 The Return of Das Goldene Zeitalter Do 30.4. 19.30 Rockabilly THEATER IM RATHAUS ESSEN 0201 245 55 55 Auf und davon THEATER DUISBURG 0203 300 91 00 bis 12.4.: Di-Fr, 19.30; So 19.00; Mi 1.4., Sa 11.4. 16.00; Sa 4.4. 19.30 Das kunstseidene Mädchen Fr 10.4. 19.30 „Kunst“ Do 16.4. 20.00 Haydi! Fr 17.4. 19.30 Der kaukasische Kreidekreis 14.4.-26.4.: Di-Fr, 19.30; So 19.00; Sa 18.4. 16.00, Sa 25.4. 19.30 Das hat man nun davon 27.4.-30.4.: 19.30 Sa 25.4. 19.30; Di 28.4., Mi 29.4. 20.00 VARIETÉ ET CETERA 0234 130 03 Das Chaos-Hotel Do-Sa 20.00, So 19.00 THEATER ESSEN 0201 812 22 00 Wolken.Heim. Mi 1.4., Mi 15.4., Fr 24.4. 19.00 Verbrennungen Mi 1.4., Sa 11.4., Fr 17.4. 19.30; So 12.4. 16.00 Manderlay Fr 10.4. 19.30; So 19.4. 19.00 Eine Jugend in Deutschland Do 16.4. 19.30 Alles ist erleuchtet So 19.4., Mo 27.4. 19.30 Wir sind die Guten Sa 25.4. 19.30 Die Odyssee Di 28.4. 19.30 Die lächerliche Finsternis MI 29.4. 19.00 THEATER OBERHAUSEN 0208 857 81 84 Jackie the Kid Fr 10.4., Sa 11.4 19.30 So viel Zeit So 12.4. 17.00; Do 16.4. 19.30 Die Räuber Di 14.4. 11.00 Hamlet Mi 15.4 19.30, So 19.4. 18.00 Die Schutzbefohlenen Ziemlich beste Freunde FREIE SZENE EBERTBAD OBERHAUSEN 0208 205 40 24 Ganz oder gar nicht – Ladies Night Do 2.4., Sa 4.4., Do 9.4., Fr 10.4., Sa 11.4. 20.00; So 5.4., So 12.4. 19.00 Puffpaffs Badeanstalt Di 14.4. 20.00 Emmi & Willnowsky Mi 15.4. 20.00 Michy Reincke Fr 17.4. 20.00 Hennes Bender Mi 22.4. 20.00 Ingo Oschmann Do 23.4. 20.00 Tony Mono Fr 24.4. 20.00 Frieda Braun Sa 25.4. 20.00 Trude träumt von Afrika So 26.4. 19.00 Carmela de Feo Mi 29.4. 20.00 Fr 17.4., Sa 18.4., Mi 22.4., Fr 24.4. 19.30 Die Orestie Sa 25.4. 19.30 Das Gartenhaus So 26.4. 18.00 KATAKOMBEN-THEATER ESSEN 0201 430 46 72 THEATER AN DER RUHR MÜLHEIM 0208 96 09 60 Schwarzlichtheater So 12.4. 15.30 Heute wieder Rotkäppchen?! Di 21.4. 10.30 Der Traumfänger – Ein Familienfestival Auf der großen Straße Do 2.4., Fr 24.4. 19.30 Clowns 2 1/2 Sa 4.4. 19.30; So 19.4. 18.00 Savaş (Krieg) Sa 11.4. 19.30 Eines langen Tages Reise in die Nacht PRINZ REGENT THEATER BOCHUM 0234 77 11 17 So 12.4., So 26.4. 19.30 MUSIKTHEATER AALTO MUSIKTHEATER ESSEN 0201 812 22 00 Die schweigsame Frau Mi 1.4., Mi 22.4., Fr. 24.4., Do 30.4 19.30; Sa 4.4. 19.00; So 19.4. 16.30 La Traviata Do 2.4. 19.30, So 5.4. 18.00 Peter und der Wolf Mo 6.4. 11.00 Die Entführung aus dem Serail So 26.4. 16.30 „Farben des Tanzes“ | 31.5.-7.6. | Theater Hagen | 02331 207 32 18 18 Sa 25.4. 18.00, So 26.4. 16.00 Die Verwandlung Fr 10.4., Sa 11.4, Fr 17.4. Di 28.4., Mi 29.4. 20.00 Es ist nie genug Mi 15.4., So 19.4. 20.00 Toi toi buh! Sa 18.4. 20.00 Tschick Di 21.4., Mi 22.4. 20.00 Reden mit Mama Fr 24.4., Sa 25.4. 20.00 THEATER IM DEPOT DORTMUND 0231 982 23 36 Die erste Bahn Sa 11.4. 20.00 Offene Zweierbeziehung So 12.4. 18.00 Moby Dick Do 16.4. 20.00 Barfuß nackt Herz in der Hand Sa 18.4. 20.00 Der Sturm Do 23.4., Do 30.4. 12.00 Blasphemie eines Irren Fr 24.4. 20.00 www.trailer-ruhr.de DAS GLÜCK AN MEINER SEITE EIN FILM VON GEORGE C. WOLFE www.dasglueckanmeinerseite-film.de ab 16.4. im Kino GOUDEN KALF 2014 Publikumspreis culture club präsentiert: Kino-Oper präsentiert: Kino-Café REMBRANDT AWARD 2014 Bester holländischer Film CAVALLERIA RUSTICANA/BAJAZZO HONIG IM KOPF Live aus der Metropolitan Opera in New York: Cavalleria Rusticana und Bajazzo. Die beiden Werke liegen thematisch dicht beieinander: Liebe, Sehnsucht nach Abenteuern und Betrug prägen das Leben der Protagonisten. Zwei kraftvolle Bühnenereignisse, in italienischer Sprache gesungen und deutsch untertitelt. Til Schweiger inszeniert dieses AlzheimerDrama mit Dieter Hallervorden in der Rolle des Familienoberhaupts, das schleichend sein Gedächtnis verliert. Als sein Sohn den einstigen Lebemann ins Heim schicken will, schnappt sich Enkelin Tilda ihren Opa und entführt ihn Richtung Italien. Tragikomisches Roadmovie. r Mit de e Stimm s nne vo n H a e k Jaenic AB 9. APRIL 2015 IM KINO! ww w www ww.di diieneu d ene en ne n euew ue u ew e wild ldn ld niiss .d nis de e culture club Cinemaxx Essen Berliner Platz 4/5 45127 Essen 0201 82 03 00 UCI Kinowelt Ruhr Park Am Einkaufszentrum, Bochum Karten: 0234 239 02 34 Cinemaxx Mülheim Humboldtring 1 45472 Mülheim/Ruhr 0208 78076 UCI Kinowelt Duisburg Neudorfer Straße 36-40 Karten: 0203 301 91 91 trailer verlost je Kino 1x2 Karten E-Mail bis 19.4. an [email protected] Kennwort: Bajazzo /d /di dieneuew ene ne n euew ue ewild ldn ld niis nis is Sa 25.4. 18.30 Uhr Mein Film, mein Kino, meine Meinung 20 trailer verlost je Kino 3x2 Karten E-Mail bis 27.4. an [email protected], Kennwort: „Honig in Bochum“ oder „Honig in Duisburg“ Mi 6.5. 14.30 Uhr trailer-ruhr.de Forum Film-ABC Vorspann KULTUR.KINO.RUHR. April 2015 FILMKRITIK-ÜBERSICHT FILMSTART-TERMINE 26.3. 2.4. 9.4. 16.4. 23.4. 26 10 Milliarden – Wie werden wir alle satt? X 26 A Blast – Ausbruch X 35 A Girl Walks Home Alone at Night 35 Best Exotic Marigold Hotel 2 30 Big Eyes 34 Cake 28 Das andere Rom – Sacro GRA 28 Das blaue Zimmer 24 Das Glück an meiner Seite 32 Der Kaufhaus Cop 2 25 Der kleine Tod. Eine Komödie über Sex 32 Der Knastcoach 32 Der Nanny 30 Dessau Dancers 32 Die Coopers – Schlimmer geht immer 29 Die Gärtnerin von Versailles 28 Die neue Wildnis – Große Natur in einem kleinen Land 25 Eine neue Freundin 28 Elser 35 Every Thing Will Be Fine 34 Ex Machina 32 Fast & Furious 7 X 32 Gespensterjäger X 25 Härte 32 Halbe Brüder 32 Home – Ein smektakulärer Trip 26.3. 22 In meinem Kopf ein Universum 34 Judgement – Grenze der Hoffnung 32 Kocan Kadar Konuş 34 Mara und der Feuerbringer 34 Marvels The Avengers: Age of Ultron X 26 Mülheim – Texas. Helge Schneider hier und dort X 26 N – Der Wahn der Vernunft 31 Nur eine Stunde Ruhe! X X X X X X X X X X X X 30.4. X X X X X X X X X X X X X X Ruined Heart: Another Lovestory Between a Criminal & a Whore 32 Run All Night 34 Shana – The Wolfs Music 35 Something Must Break 34 The F Word – Von wegen nur gute Freunde! 34 The Pyramid – Grab des Grauens 33 Tod den Hippies!! Es lebe der Punk! 32 Top Five 35 Verfehlung 32 Warte, bis es dunkel wird X Winnetous Sohn X 30 Zu Ende ist alles erst am Schluss Einig in der Vielfalt X 25 Standpunkt Kino Fährt mit der Wildwasserbahn ins Kino: Lisa Mertens X X X X X X X X X X Es lebe die kontroverse Diversität! Das scheint der Feminismus inbrünstig zu rufen. Während die einen schon eine tiefe Aversion angesichts ihrer eindimensionalen Vorstellung von humorloser Misandrie verspüren, geht es bei den anderen hoch her: Slutwalks gegen Victim blaming oder doch bloß die Unterwerfung unter das Gebot der Sexiness? FEMEN gegen das Patriarchat und kirchliche Dogmen oder eher imperialistisch und elitär? Riot Grrrl, Pink stinkt, One Billion Rising, #NOmeansNO und #Aufschrei. Binnen-I, Gender_Gap und die Wildcard der Informatik*. Willst du mit mir Frauenquoten? Ja, Nein, Vielleicht. Simone de Beauvoir, Alice Schwarzer, Angela McRobbie, Judith Butler, Sheryl Sandberg, Anne Wizorek, Sookee, Laurie Penny und und und. Quot capita, tot sensus, wie bereits das Thema FRAUENMENSCHEN der letzten trailer-Ausgabe nahelegte. Doch auch wenn all die feministischen Strömungen in unserem Kopf einer großen Wildwasserbahn zu gleichen scheinen, haben sie dasselbe Ziel: die Gleichstellung der Geschlechter. Und für dieses Ziel haben die vielfältigen Strömungen und Standpunkte mit Hinblick auf ihren Hintergrund und ihre Zielgruppe eine Berechtigung. Aber was hat das mit dem Kino im April zu tun? Vom 14.-19. April zeigt das Internationale Frauenfilmfestival IFFF Dortmund | Köln ein breites Spektrum an Standpunkten und eröffnet die Möglichkeit, eigene Standpunkte zu formulieren. Mit dem Selbstverständnis, als Plattform für weibliche Filmschaffende zu fungieren, stellt es Entwicklungen in der Filmarbeit wie auch die unterschiedlichsten Filmarbeiten selbst vor. Gespräche mit Regisseurinnen, Konzerte, Performances, der Girls‘ Focus-Workshop „Auf der Suche nach Frauen(vor-)bildern im Film“ sowie die Podiumsdiskussion zu Frauen in Männerdomänen mit der Frage nach der Frauenquote bieten dabei zahlreiche Formen, Standpunkte auszutauschen, auszudrücken und vielleicht auch auszuhalten. Noch kontroverser und vielfältiger als im Feminismus sind Standpunkte und Strömungen im Bereich des Glaubens vertreten. Sie tragen zu Krieg und Unterdrückung, aber auch zu innerem Halt und dem Streben nach einer gerechten Lebensführung bei. Am 26. April stellt sich nach dem preisgekrönten und diskussionsoffenen Film „In einer besseren Welt“ in der Dortmunder Reinoldikirche die Frage, wie die Standpunkte des christlichen Glaubens, wie die Sichtweisen der Bibel zu einer besseren, gerechteren Welt führen können. In St. Reinoldi gehen Kirche und Kino regelmäßig im Rahmen der gleichnamigen Reihe aufeinander zu, tauschen sich aus und loten ihre Standpunkte zu den schwierigen Fragen dieser Welt aus. Auf die schwierigen Fragen dieser Welt kann gewiss keiner einfache Antworten geben. Auch nicht der Feminismus und auch nicht der Glaube. Doch in einer offenen Auseinandersetzung, in einem offenen Austausch von vielfältigen Standpunkten und Meinungen können Ansätze gefunden werden. Und dabei kann das Kino, indem es Realitäten anschaulich vermittelt, eine wichtige Rolle spielen. LISA MERTENS Wertung unter den Filmkritiken: 1( ) bis 6 ( ) 6 Punkte = Höchstwertung Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche 21 Mein Meein i Lesezeichen Film des Monats Mateus (Dawid Ogrodnik) versucht, sich mitzuteilen Dämmerzustand „In meinem Kopf ein Universum“ von Maciej Pieprzyca Bewegende Erzählung einer tragischen Fehldiagnose. C Unkonventionelles Behindertendrama „Jeder weiß: Man spielt nie einen Vollbehinderten! Dustin Hoffman, ‚Rain Man‘: Hat ‘nen Behinderten gespielt, nur der konnte auch was. Autistisch ja, aber nicht behindert. Oder Tom Hanks, ‚Forrest Gump‘: Langsam, ja, aber er hat Nixon amüsiert und ‘nen Ping-Pong-Wettbewerb gewonnen. Das ist nicht behindert. Frag Sean Penn, 2001, ‚Ich bin Sam‘ – der Vollbehinderte ist leer ausgegangen!“ Soweit ein (gekürztes) Zitat aus der Hollywoodsatire „Tropic Thunder“. Robert Downey junior erklärt darin in der Rolle eines überambitionierten Method Actors die Regeln Hollywoods. Seine Ausführungen sind zynisch, aber sie sind nicht grundlegend verkehrt. So heimste erst kürzlich Eddie Redmayne als Stephen Hawking, sprich als hochbegabter ALS-Patient den Oscar ein („Die Entdeckung der Unendlichkeit“). Schlussendlich setzen derlei Dramen bloß jene Political correctness um, wonach behinderte Menschen nicht als behindert, sondern als alternativ begabt zu betiteln sind. Dem Leid ein Schnippchen schlagen Derzeit starten verstärkt Spielfilme über körperlich behinderte oder tragisch erkrankte Menschen. Vor allem Hollywood setzt alles daran, dem Leid, ja selbst dem sicheren Tod eines Protagonisten vorm Abspann noch ein Schnippchen zu schlagen. Da bildet das Alzheimer-Drama „Still Alice“ nur eine Ausnahme der Regel. Eine Regel, die in diesem Monat von „Das Glück an meiner Seite“ bereits wieder bestätigt wird. Dabei ist ein gewisses Glück im Unglück des anderen gar nicht anrüchig, schweißt doch das traurige Schicksal des einen seine Begleiter oftmals zusammen, versöhnt und erdet alle Beteiligten. Für Hollywood allerdings ist eine solche Fügung zwanghafter Standard. Wenn der Protagonist stirbt, wird vor dem finalen Black noch schnell ein Baby geboren. Oder das Sterben des einen verpasst dem anderen den Kick zurück ins Leben. Während sich Hollywood zurzeit verstärkt mit ALS- und Alzheimer-Dramen auseinandersetzt und damit vor allem den tragisch bewussten Kontrollverlust thematisiert, setzt Frankreich auf Feel-trotzdem-Good-Behindertendramen wie „Ziemlich beste Freunde“. Deutschland hat Til Schweiger („Honig im Kopf“). Und Polen? Ja, Sie lesen richtig: Polen. Unser Nachbarland beschert uns nämlich in diesem Monat das auf wahren Begebenheiten beruhende Drama „In meinem Kopf ein Universum“. Erzählt wird die Geschichte des jungen Mateus (Dawid Ogrodnik), der an einer zerebralen Bewegungsstörung leidet und bereits in früher Kindheit von den Ärzten als geistig behindert eingestuft wird. Die Diagnose allerdings ist ein Irrtum, Mateus ist bei klarem Mein Film, mein Kino, meine Meinung Verstand. Nur kann er dies aufgrund seiner Behinderung nicht vermitteln. Über zwei Jahrzehnte lang lebt er in diesem tragischen Dämmerzustand, bis ein Zufall das Schicksal wendet. Einfach auch mal schelmisch Dieser Film ist zuerst einmal deshalb herausragend, weil Hauptdarsteller Dawid Ogrodnik („Ida“) schlichtweg brilliert und mit seiner Leistung OscarGewinner Eddie Redmayne mit einem Wimperzucken in den Schatten stellt. Vor allem aber nähert sich das Drama völlig unvoreingenommen und fernab üblicher Konventionen seiner Geschichte. Es verzichtet auf standardisierte (Nicht-)Betroffenheit und gibt sich stattdessen einfach auch mal schelmisch. Dies gelingt nicht zuletzt über den Einsatz der Musik (Bartosz Chajdecki), bei der vor allem ein schon surreal munter gepfiffenes Thema ins Ohr geht. Zum anderen sorgt der Off-Kommentar des Protagonisten, der sich gegenüber seinen Mitmenschen zu keinem Zeitpunkt verbal mitteilen kann, für vielerlei Einblicke, die auch vor Selbstironie und Zynismus nicht Halt machen. Der Film behält durchweg den Ernst und den Respekt vor seinem Thema. Nur wirkt kaum etwas konstruiert oder herkömmlich. Regisseur Maciej Pieprzyca inszeniert schlicht, frei und klein. Auffallend ist, dass dieses Behindertendrama, anders als die meisten zitierten Filme, in einem geerdeten Lebensumfeld angesiedelt ist. Fast alle Protagonisten ähnlicher aktueller Filme – „Ziemlich beste Freunde“ treibt es auf die Spitze – entstammen einem gehoben bürgerlichen, finanziell abgesicherten Umfeld, was ihnen die monetäre Sorge und die Verlegung in eine Pflegeanstalt erspart. Das ist dramaturgisch nachvollziehbar, da sich die Geschichte damit ungetrübt auf das Leid des Opfers fokussieren kann. Doch notwendig ist das nicht, wie dieser Film beweist. Mateus entstammt einer Arbeiterfamilie, die Kasse ist klein, doch das Herz daheim ist groß. Und wenn es mal nicht weiter geht, muss Mateus in ein Heim, und die Geschichte geht trotzdem weiter. „In meinem Kopf“ ist erfrischend anders, weil er innerhalb jener Genrewelle neue Akzente setzt. Auch wenn er ganz im Sinne von „Tropic Thunder“ von keinem „Vollbehinderten“ erzählt – Mateus ist es nicht, nur denken alle, er wäre es. Auch dieses Drama schlägt dem Leid am Ende noch ein Schnippchen. Aber es bewegt uns dabei so anders und ist deshalb in diesem Monat unsere besondere Empfehlung. HARTMUT ERNST IN MEINEM KOPF... Seattle: Bester Hauptdarsteller, Dawid Ogrodnik PL 2013 - Drama - 111 Min - ab 6 J. - Regie: Maciej Pieprzyca mit: Dawid Ogrodnik, Kamil Tkacz, Dorota Kolak Start: 9.4. BO: Metropolis/Casablanca, DO: sweetSixteen, E: Filmkunsttheater 22 trailer-ruhr.de Forum Kritikerspiegel Ruhr April 2015 Die häufigsten Nennungen Sebastian Ko WDR Ingrid Bartsch ARD 1 LIVE Morgenmagazin (Urlaub) Elser von O. Hirschbiegel In meinem Kopf (...) von M. Pieprzyca Every Thing Will Be Fine von W. Wenders Verfehlung von G. Schneider Every Thing Will Be Fine von W. Wenders A Girl Walks Home Alone At Night von A. L. Amirpour The F-Word von M. Dowse The F-Word von M. Dowse Zu Ende ist alles erst (...) von J.-P. Rouve Mülheim – Texas von A. Roggon Best of Drama Das blaue Zimmer von M. Amalric In meinem Kopf (...) von M. Pieprzyca Elser von O. Hirschbiegel Eine neue Freundin von F. Ozon Besondere Erwähnung A Girl Walks Home Alone At Night von A. L. Amirpour Zu Ende ist alles erst (...) von J.-P. Rouve Shana – The Wolf‘s Music von N. Jacusso Sascha Westphal WAZ EPD-Film Verfehlung von Herausragend G. Schneider Bemerkenswert Best of Comedy R.-Ruediger Hamacher film-Dienst Susan Vahabzadeh Süddeutsche Zeitung Christian Meyer choices Verena Lueken Kultur.Kino.Köln. Every Thing Will Be Fine von W. Wenders FAZ Daniel Kothenschulte Frankfurter Katja Nicodemus Die Zeit Cristina Nord taz Rundschau (Urlaub) Das blaue Zimmer von M. Amalric Lars-Olav Beier Spiegel Frank Brenner trailer Kultur.Kino.Ruhr. (Urlaub) Warte, bis es dunkel wird von A. Gomez-Rejon Mülheim – Texas von A. Roggon Eine neue Freundin von F. Ozon Tod den Hippies!! von O. Roehler Die neue Wildnis von M. Verkerk, R, Smit Zu Ende ist alles erst (...) von J.-P. Rouve Every Thing Will Be Fine von W. Wenders A Girl Walks Home Alone At Night von A. L. Amirpour Das blaue Zimmer von M. Amalric Das blaue Zimmer von M. Amalric Elser von O. Hirschbiegel Eine neue Freundin von F. Ozon A Girl Walks Home Alone At Night von A. L. Amirpour Kino-Kalender Ruhr PREVIEWS, FILMREIHEN, FESTIVALS & SONDERVORFÜHRUNGEN 29.3. 15.30 Uhr DIE MÜHLE UND DAS KREUZ, Metropolis Bochum Ostwest e.V. zeigt den Spielfilm um die Entstehung des Bruegel-Gemäldes „Die Kreuztragung Christi“. Regisseur Lech Majewski ist anwesend. 13.4. 19 Uhr VON DER BERAUBUNG DER ZEIT, sweetSixteen Dortmund Im Rahmen des Ingeborg-Drewitz-Literaturpreises für Gefangene stellen Daniel Postrak und Jörn Neumann ihre Film vor. 31.3. 21 Uhr LOS VEGANEROS, Roxy Dortmund I Die 94-jährige Alma und die 28-jährige Vicky planen Aktionen zur Rettung der Tiere. Nach der veganen Dramödie sind Regisseur und Darsteller zu Gast. 15.4. 20.15 Uhr RUN ALL NIGHT, Cinemaxx Essen Actionthriller mit Liam Neeson und Ed Harris bei der Männerabend-Preview. 15.4. 19 Uhr DROWN, Galeria Cinema Essen Sportdrama über Homophobie an den Stränden Australiens in der Reihe homochrom. 1.4. 10 Uhr FAST & FURIOUS 7, Apollo Gelsenkirchen Zum Bundesstart Vorstellung mit Kaffee und Croissant. 15.4. 14.30 Uhr PRIDE, Filmwelt Herne In Cannes ausgezeichnet mit dem Queer Palm Award. Im Kino-Café. 2.4. 18.30 Uhr DER NANNY, Cinemaxx Essen Matthias Schweighöfer gibt sich persönlich in Essen die Ehre. Autogrammstunde im Anschluss seiner neuen Komödie. 2.4. 19.30 Uhr NOWHERE BOY, Babylon Hagen Filmbiographie über John Lennon in der englischsprachigen VHS Filmreihe. „Die Mühle und das Kreuz“ 15.4. 18 Uhr GESTATTEN DORTMUND, Kino im U Dortmund Sechs Filme über Dortmund von Regisseurin Elisabeth Wilms aus den Jahren 1937 bis 1980. Im Programm des Internationalen Frauenfilmfestivals. 3.4. 20.15 Uhr ELSER, Eulenspiegel Essen Oliver Hirschbiegel erzählt die Geschichte von Georg Elser, der 1939 ein Attentat auf Hitler plante. Vorpremiere mit Hauptdarsteller Christian Friedel. 16.4. 19 Uhr WENN DAS LAND ZUR WARE WIRD, Babylon Hagen Über die Bedrohung der indigenen Gemeinden in Südmexiko durch Monokulturen, Infrastrukturausbau, Tourismusprojekte. Klarsichtkino. 3.4. 17.30 Uhr AM SONNTAG BIST DU TOT, Lichtburg Oberhausen An einem Sonntag kam Christus wieder ins Leben, Brendan Gleeson dagegen soll dieses verlassen. Karfreitagskino mit der Jungendkirche TABGHA. 18.4. 19 Uhr 10 MILLIARDEN, Endstation Bochum Valentin Thurn recherchiert, wie 2050 eine Weltbevölkerung von 10 Milliarden satt werden kann. Der Regisseur ist für ein Filmgespräch anwesend. 4.4. 12 Uhr ORION 3000, Schauburg Dortmund Der Italo-Cinema Filmclub zeigt Science Fiction aus dem Jahre 1965. 19.4. 12.45 Uhr SELMA, Schauburg Gelsenkirchen Über die Protestmärsche des Bürgerrechtlers Martin Luther King. KoKi. 7.4. 15 Uhr LIKE FATHER, LIKE SON, Casablanca Bochum Das japanische Drama geht der Frage nach, ob Gene oder Erziehung Familie ausmachen. VHS Kommunales Kino. 23.4. 20 Uhr AM BORSIGPLATZ GEBOREN, Kino im U Dortmund Dokumentation über die Geburtsstunde von Borussia Dortmund. Weitere Termine am 24. und 26.4. Die Filmemacher sind anwesend. 8.4. 20 Uhr DIE NEUE WILDNIS, Lichtburg Essen Deutschlandpremiere mit dem Metropole Orchestra unter der Leitung von Ernst van Tiel. „Elser“ „Pride“ 27.4. 19 Uhr WEM GEHÖRT DIE STADT? – BÜRGER IN BEWEGUNG, Endstation Bochum Dokumentarfilm über Gentrifizierung in Köln-Ehrenfeld. Anschließend Diskussion mit Mitgliedern des Mietervereins Bochum. 8.4. 19.45 Uhr DER KLEINE TOD, CineStar Dortmund Vorpremiere der Sex-Komödie in der Reihe CineLady. Mit Prosecco. 9.4. 20 Uhr EIN TRAUM IN ERDBEERFOLIE – COMRADE COUTURE, Goldkante Bochum Der erste Beitrag der Mode-Filmreihe Cinema Couture in Kooperation mit dem Endstation Kino. 28.4. 19 Uhr ERDBEWEGUNG, Kino im U Dortmund Rainer Komers zeigt in Dortmund seine Trilogie und steht für ein Filmgespräch bereit. 10.4. 19 Uhr PEDAL THE WORLD, Filmpassage Mülheim Felix Starck legte per Rad 180000 km in 365 zurück und durchquerte 22 Länder. Buntes Rahmenprogramm in Anwesenheit von Felix Starck. 29.4. 20 Uhr KEIN ORT OHNE DICH, UCI Bo/Du Nach dem gleichnamigen Roman von Nicholas Sparks. Preview in der Women‘s Night. 11.4. 12 Uhr VIEL GUTES ERWARTET UNS, sweetSixteen Dortmund Film über den bio-dynamischen Landwirt aus Dänemark zur Eröffnung des Street Food Festivals im Depot. 29.4. 20.15 Uhr THE GUNMAN, CineStar Dortmund Vorpremiere des Thrillers mit Sean Penn. CineMen. „Like Father, like Son“ Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche 26.4. 18 Uhr IN EINER BESSEREN WELT, Reinoldi Kirche Dortmund Der Kino-Gottesdienst in Kooperation mit der Schauburg zeigt die biblische Sicht auf eine bessere Welt. „Von der Beraubung der Zeit“ 23 „Selma“ Mein Meein i Lesezeichen Film-Kritik Festival Gegensätze ziehen sich an: Kate (Hilary Swank) und Bec (Emmy Rossum) Ziemlich beste Freundinnen Der radikale doku-fiktionale Film „Frailer“ von Mijke de Jong „Das Glück an meiner Seite“ von George C. Wolfe Die ALS-Patientin Kate freundet sich mit ihrer unkonventionellen Pflegerin Bec an. C Gefühlvolles Krankheitsdrama Mit der 2014 durch die sozialen Netzwerke schwappenden „Ice Bucket Challenge“ wurde weltweit das Interesse auf die seltene Nervenkrankheit ALS gerichtet, für die es nach wie vor keine Heilung gibt und die ihre Patienten innerhalb kürzester Zeit körperlich enorm abbauen lässt. Auch einige Filmemacher scheint die Aktion mit dem Eiskübelwasser inspiriert zu haben, denn innerhalb der letzten Monate ist „Das Glück an meiner Seite“ nun bereits der dritte Spielfilm, der sich mit ALS auseinandersetzt. Das Stephen-Hawking-Biopic „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ stellt dabei sicherlich eher einen Ausnahmefall dar, weil der berühmte Astrophysiker bereits seit Jahrzehnten und deswegen überdurchschnittlich lange mit seiner Krankheit lebt. In Christian Züberts „Hin und weg“ stand mit Florian David Fitz ein jugendlicher Sympathieträger im Mittelpunkt, der sich angesichts seiner ausweglosen Diagnose zu einem sehr radikalen Schritt entschließt, den der Film auf lebensbejahende und völlig unsentimentale Weise einfängt. Diese Attribute kann man George C. Wolfes („Das Lächeln der Sterne“) Film „Das Glück an meiner Seite“ nur sehr bedingt zusprechen. Man merkt dem Gesamtergebnis schon des Öfteren an, dass sein Regisseur sich mit seiner vorangegangenen Nicholas-Sparks-Adaption bereits in eher sentimentaleren Gefilden ausgetobt hatte. Dennoch kann sich sein Film sehen lassen, nicht zuletzt, weil Oscar-Preisträgerin Hilary Swank („Million Dollar Baby“) hier erneut eine preiswürdige Darstellung zuwege bringt. Sie spielt eine 35jährige Konzertpianistin, die durch das Auftreten von ALS vollkommen aus ihren gewohnten Bahnen geworfen wird. Bald schon bringt sie nichts mehr alleine zustande und ist auf eine ständige Betreuerin angewiesen, die sie schließlich in der schnodderigen Lebenskünstlerin Bec (Emmy Rossum) findet. Kates Ehemann Evan (Josh Duhamel) möchte die unkonventionelle Göre zwar so schnell wie möglich wieder loswerden, aber Kate selbst ist von Becs ungeschliffenem Charme begeistert, weswegen sich die beiden gegensätzlichen Frauen schließlich miteinander anfreunden. Die Parallelen zum französischen Kinohit „Ziemlich beste Freunde“ sind besonders in der ersten Hälfte des Films nicht von der Hand zu weisen, werden sich aber zwangsläufig am Ende in eine andere Richtung entwickeln, da ALS eben tödlich verläuft. Auf dem Weg zum unvermeidlich tragischen Finale, das filmisch jedoch auf recht dezente Weise gelöst wurde, vermitteln uns die Filmemacher einige entscheidende Erkenntnisse, die um Themen wie Hoffnung, Freundschaft und den Wert des Lebens kreisen. Auch die Tatsache, dass einem sterbenskranken Menschen nicht unbedingt damit gedient ist, ihm trügerische Zuversicht zu vermitteln, bringt Wolfes Film auf angenehm unspektakuläre Weise überzeugend herüber. FRANK BRENNER 2 Karten trailer verlost 2 Xx2 Karten. E-Mail bis 19.4. an [email protected], Kennwort: Glück Internationales Frauenfilmfestival IFFF in Dortmund Sie würde die Ruhrgebietsfrauen der Kriegs- und Nachkriegszeit um ihren gerechten Lohn in der Geschichtsschreibung bringen, warf man im Februar der Historikerin Leonie Treber vor, als sie in Essen ihre Doktorarbeit „Mythos Trümmerfrauen“ vorstellte. Auch wenn Trebers Arbeit weitaus differenzierter ist, als der Titel vermuten lässt, wurde durch diese Auseinandersetzung deutlich, dass in die Identität des Ruhrgebiets auch das Bild der hart arbeitenden und schaffenden Frau eingebunden ist. Kein Wunder, ist doch die Arbeit das identitätsstiftende Merkmal der Region schlechthin. Dennoch, auch wenn man sich nun so sehr über den Mythos Trümmerfrau echauffiert, in der Darstellung des malochenden Ruhrgebiets dominieren zweifelsfrei die Männer. Das diesjährige Internationale Frauenfilmfestival belässt es nicht bei dieser Darstellung, sondern erweitert sie mit Filmzeugnissen. Der Komplex der Arbeit wird in diesem Jahr einen bedeutenden Platz innerhalb des kritischen Themenschwerpunkts „Komfort“ einnehmen. Komfort, Bequemlichkeit, die Verbesserung des Lebensstandards – das gehört zu den großen Zielen unserer heutigen Gesellschaft. Doch zu welchem Preis, hinterfragt das Frauenfilmfestival. Sind die hart Arbeitenden tatsächlich auch die Nutznießer des Erreichten? Die Prognose über die Verteilung des Weltvermögens scheint die Frage eindeutig zu verneinen. Und geht Komfort stets einher mit Wohlstand? Ist Komfort noch bei kritischem Umgang mit Konsum gewährleistet? Vom 14. bis 19. April werden über 80 Beiträge weiblicher Filmschaffender kurz und lang, fiktional und dokumentarisch, narrativ und experimentell diese Fragen umreißen. Aktuelle Filme über die vergessenen Jugendlichen der Banlieues gesellen sich zu Filmen über das Dortmund der 40er bis 80er der Regisseurin Elisabeth Wilms, Ausbrüche aus dem Minimalkomfort und Nebenwirkungen der Überkonsumgesellschaft. Das Frauenfestival versteht seine Arbeit aber nicht nur darin, gesellschaftsrelevante Themen breit gefächert und kritisch aufzuarbeiten, sondern auch als Plattform für Frauen im Film zu fungieren. Noch immer knacken Regisseurinnen nicht die 20-Prozent-Marke, obwohl sie an den Filmhochschulen paritätisch vertreten sind. Die Frage nach einer Quote – nicht nur auf Film bezogen – wird daher das Thema der diesjährigen Podiumsdiskussion sein. Das Frauenfilmfestival unterstützt weibliche Filmschaffende auch auf eigene Weise, indem es einem von acht aktuellen Filmen im Spielfilmwettbewerb mit dem mit 15.000 Euro dotierten RWE-Filmpreis zu einer Kinoauswertung verhilft. Die Arbeiten reichen von Südamerika, über den Mittleren bis in den Fernen Osten, sind mal komödiantisch wie „Love Island“, mal drastisch wie das Krebsdrama „Frailer“, mal still berührend wie „Futatsume no mado“, mal aufrührerisch wie „Red Rose“ aus dem Iran. Den Preis vergeben wird eine internationale Jury. Beim trailer-ruhr-Publikumspreis erhält das Publikum die Stimme. Mit zwei aktuellen Themen, lebhaften Diskussionen, begleitenden Kunstperformances und Publikumsbeteiligung verspricht das Festival wieder kontrovers und fruchtbar zu werden. LISA MERTENS Internationales Frauenfilmfestival Dortmund | Köln | 14.-19.4. div. Kinos in Dortmund | www.frauenfilmfestival.eu DAS GLÜCK AN MEINER SEITE USA 2014 - Drama - 102 Min - ab 6 J. - Regie: George C. Wolfe mit: Hilary Swank, Emmy Rossum, Josh Duhamel Komfortzonen in Frage stellen Start: 16.4. trailer verlost 3x2 Karten für einen IFFF-Film Ihrer Wahl (außer Eröffnung und Preisverleihung). E-Mail bis 6.4. an [email protected], Kennwort: IFFF BO: Metropolis/Casablanca, UCI, E: Filmkunsttheater, GE: Apollo, Schauburg Mein Film, mein Kino, meine Meinung 24 trailer-ruhr.de Forum Film-Kritik Maeve (Bojana Novakovic) hat ganz besondere Wünsche an Paul (Josh Lawson) Sex, Lügen und Libido Traumwandlerisch auf Abwegen: Der Kriminelle und die Hure Wunderland „Der kleine Tod. Eine Komödie über Sex.“ von Josh Lawson „Ruined Heart – Another Lovestory Between a Criminal & a Whore“ von Khavn Eine Handvoll Paare suchen und finden neue sexuelle Spielarten. C Freche, reife Gesellschaftssatire Ein verliebtes Paar verirrt sich im kriminellen Sumpf Manilas. C Irrer, melodramatischer Trip Somnophilie, Dacryphilie, Telefon-Skatologie. Kennen Sie nicht? Nun, nach diesem Film schon. Denn diese und andere erotische Spielarten werden in diesem sinnlich-amüsanten Episodenreigen mehr oder weniger erfolgreich ausgelebt. Ganz selbstverständlich und unaufgeregt, aber mit einem mitunter auch mal derben Augenzwinkern, nähert sich der Australier Josh Lawson ausgefalleneren Varianten des sexuellen Miteinanders. Mal artig, mal abartig, aber immer menschlich. Vor allem aber völlig unverkrampft, sprich ohne pubertären Kicherwitz oder vermeintlichem Sadomasoskandal, über den sich Hollywood bevorzugt der Materie nähert. In der australischen Variante bleibt einem auch mal das Lachen im Halse stecken, aber am Ende der letzten Episode ist man tief gerührt, versprochen. HARTMUT ERNST „Wir sind Perlentaucher, immer auf der Suche nach dem Unerwarteten“, sagen Rapid Eye Movies über sich. Und so co-produzierte das Asien-affine Filmlabel aus Köln diese schräge Filmperle, die unter der Regie des extravaganten philippinischen Künstlers Khavn entstand. Erzählt wird die melodramatische Liebesgeschichte zwischen einem Kriminellen (der japanische Filmstar Tadanobu Asano) und einer Prostituierten (die Mexikanerin Nathalia Acevedo). Eine wundersame Chronologie assoziativer Sequenzen, eingefangen von Kameramann Christopher Doyle, musikalisch unterlegt von Vertretern aus Punkpop, Schlager, New Wave und Khavn selbst. Assoziativ, abgründig, bezaubernd, cool. Ein traumwandlerisches, filmisches Fotoalbum. Für die einen verstörend, für uns ein Lieblingsfilm. HARTMUT ERNST DER KLEINE TOD Filmfestival Thessaloniki ‘14: Publikumspreis, Josh Lawson RUINED HEART – ANOTHER LOVESTORY BETWEEN A CRIMINAL & A WHORE AU 2014 - Komödie - 96 Min - ab 12 J. - Regie: Josh Lawson mit: Bojana Novakovic, Josh Lawson, Alan Dukes PHI/D 2014 - Drama - 73 Min - ab 16 J. - Regie: Khavn mit: Tadanobu Asano, Nathalia Acevedo, Andre Puertollano Start: 9.4. BO: Union, DO: Cinestar Start: 26.3. BO: Endstation, DO: sweetSixteen Claire (Anaïs Demoustier) eröffnen sich neue Welten Stilisierte Szenen sexuellen Missbrauchs Anders als die Anderen Der missbrauchte Junge „Eine neue Freundin“ von François Ozon „Härte“ von Rosa von Praunheim Claire und David stecken tief im Gender-Trouble. C Warmherziges Melodrama Als Kind wird Andreas von seinen Eltern missbraucht, was sein weiteres Leben bestimmt. C Provokante Mischung aus Spiel- und Dokumentarfilm Als Laura stirbt, Claires beste Freundin seit Kindertagen, hinterlässt sie ihren Mann David (Romain Duris) und ein Baby. Weil Claire (Anaïs Demoustier) versprochen hat, sich um die beiden zu kümmern, besucht sie schon bald David und findet ihn in Frauenkleidern vor. Anfangs schockiert, dann fasziniert von Davids Neigung, entfaltet sich eine intime Freundschaft zwischen den beiden. Das Geheimnis behalten sie für sich, doch die Beziehung bleibt nicht unproblematisch. François Ozon macht ziemlich gleichmäßig im Wechsel ernste Dramen und überzeichnete Melodramen. Dies hier ist Letzteres, ohne dass der Film seine Figuren dadurch diskreditieren würde. Ein warmherziger Film, der allen Abweichungen zum Gender-Mainstream seinen Respekt erweist. Rosa von Praunheim („Meine Mütter“) hat sich wieder ein Stück weit neu erfunden. In seiner Mischung aus Dokumentar- und Spielfilm hat er in den fiktionalen Szenen zum ersten Mal ausschließlich mit Profischauspielern zusammengearbeitet und hat sich einer Form des sexuellen Kindesmissbrauchs (durch die Mutter!) angenommen, die viel zu selten thematisiert wird. Provokant sind die subjektiven Einstellungen aus Sicht des Kindes. Diese schwarz-weiß gefilmten Spielszenen werden zusätzlich stilisiert durch die Künstlichkeit, die durch die klar erkennbaren Studiokulissen entsteht. Dadurch wird die sensibel und vielschichtig beleuchtete Geschichte aber umso intensiver. FRANK BRENNER CHRISTIAN MEYER EINE NEUE FREUNDIN F 2014 - Drama - 107 Min - ab 12 J. - Regie: François Ozon mit: Romain Duris, Anaïs Demoustier, Raphaël Personnaz HÄRTE Start: 26.3. BO: Metropolis/Casablanca, Endstation, E: Filmkunsttheater Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche trailer verlost 2 Karten für das sweetSixteen in Dortmund E-Mail bis 26.4. an [email protected], Kennwort: Härte D 2015 - Doku-Drama - 89 Min - Regie: Rosa von Praunheim mit: Hanno Koffler, Luise Heyer, Katy Karrenbauer Start: 23.4. DO: sweetSixteen 25 Mein Meein i Lesezeichen Film-Kritik Auch mal ganz ohne Quatsch: Helge Schneider gibt Einblicke Nährt Ordnungswahn am Ende bloß das Chaos? Guten Tach. Auf Wiedersehen. Die Welt erklären „Mülheim – Texas. Helge Schneider hier und dort“ v. Andrea Roggon „N – Der Wahn der Vernunft“ von Peter Krüger Wer ist eigentlich Helge Schneider? Und wenn ja, wieviele? C Eine dokumentarische Annäherung Die Seele eines toten Forschers tritt in den inspirierenden Dialog mit einer Afrikanerin. C Assoziative Annäherung an eine europäische Forscherseele Klar gibt es inzwischen an allen Ecken und Enden des Internets biografische Informationen über Helge Schneider, auch wenn dieser mindestens so gerne wie Stefan Raab auf seine Privatsphäre achtet. 1992 hat er sogar schon mal eine Autobiografie – zumindest den 1. Teil davon – mit dem schönen Titel „Guten Tach. Auf Wiedersehen.“ veröffentlicht. Viel spannender ist aber doch, was der Mann über Kunst im Allgemeinen und seine Kunst im Speziellen zu sagen hätte. Das hat sich auch die Regisseurin Andrea Roggen gedacht und hat ihn an alle möglichen Orte begleitet, erzählen lassen, auch mal mit Fragen konfrontiert oder einfach nur herumalbern lassen. CHRISTIAN MEYER 1929 reist der der Franzose Raymond Borremans nach Afrika. Über fünfzig Jahre verbringt er auf dem Kontinent. Sein Vermächtnis ist eine unvollendete Enzyklopädie der Elfenbeinküste. Der Film erweckt seinen Geist zum Leben und ermöglicht ihm aus dem Off ein Zwiegespräch mit einer Afrikanerin. Wundervoll hypnotisch und assoziativ spiegelt der lyrische Schwebezustand die Bedeutung von Worten, Ordnungswahn und Chaos. Die digitalen Bilder sind dabei gelegentlich zu kraftlos für den eleganten Überbau des Films, und das Experiment verliert in seiner zweiten Hälfte ein wenig die Richtung, wenn es den anregend schwerelosen Ansatz verlässt und stattdessen konkret jüngste Konflikte beleuchtet. Insgesamt aber ein erfrischend anderes, anmutiges Portrait eines melancholischen Gelehrten. HARTMUT ERNST trailer verlost 2 Karten für die Premiere am 19.4. im Astra Essen in Anwesenheit von Produzentin Ulla Lehmann und Regisseurin Andrea Roggon. E-Mail bis 13.4. an [email protected], Kennwort: Helge MÜLHEIM – TEXAS. HELGE SCHNEIDER HIER UND DORT D 2015 - Porträt / Biographie - Regie: Andrea Roggon - mit: Helge Schneider BO: Metropolis/Casablanca, E: Filmkunsttheater Start: 23.4. N – DER WAHN DER VERNUNFT B/NL/D 2014 - Porträt / Biographie - 110 Min Regie: Peter Krüger DO: sweetSixteen Maria (Angeliki Papoulia) auf ihrem Weg ohne Umkehr Start: 26.3. Bio- oder Hybridkost: Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt Stationen des Ruins Entscheidend ist, was wir essen „A Blast – Ausbruch“ von Syllas Tzoumerkas „10 Milliarden – Wie werden wir alle satt?“ von Valentin Thurn Eine griechische Mutter ertrinkt in dem Vermächtnis ihrer Eltern. C Abgründiges Gesellschaftsdrama Der Dokumentarfilm zeigt auf, wo unser aller Essen künftig herkommen könnte. C Aufschlussreiche Doku zur Welternährung Die dreifache Mutter Maria steckt voller Lebenslust. Um im Laden ihrer Eltern auszuhelfen, bricht die Griechin das Studium ab. Nach und nach tun sich Abgründe auf, die Eltern sind heillos verschuldet. Maria flüchtet sich in eine Verzweiflungstat. Regisseur und Co-Autor Syllas Tzoumerkas erzählt eine düstere Parabel zur Lage in seinem Land. Stationen des Ruins kulminieren hier schmerzhaft in einer Familiengeschichte, die zu einem Anti-Familiendrama erwächst. Die Geschichte einer jungen, hoffnungsvollen Generation, die Opfer unbedarfter elterlicher Verfehlung wird. Tzoumerkas erhebt keinen Zeigefinger, sondern vollzieht seine Geschichte assoziativ, nackt und emotional mitreißend nach. Die erschütternde Chronik eines kompromisslosen Falls. Ein cineastischer Aufschrei. HARTMUT ERNST Die Menschheit wächst, unerbittlich. 2050 werden wir zehn Milliarden sein. Zehn Milliarden Mäuler, die gestopft werden wollen. Das ist nicht nur eine Herausforderung, das ist auch eine finanziell verlockende Chance. Gleich zu Beginn dieser Doku ruft die Bayer AG verantwortungsbewusst zur Vorsorge auf. Mit Bayer-Hybridsaatgut, versteht sich. Regisseur Valentin Thurn reist rund um den Globus und spricht mit Forschern, Lobbyisten, Bauern. Der Film entlarvt zum einen Rhetorik und Hintergedanken der Lebensmittelindustrie und zeigt zum anderen, dass der industrielle und oftmals politisch subventionierte Weg keinesfalls alternativlos ist. HARTMUT ERNST A BLAST – AUSBRUCH 10 MILLIARDEN – WIE WERDEN WIR ALLE SATT? GR/D/NL 2015 - Drama - 83 Min - Regie: Syllas Tzoumerkas mit: Angeliki Papoulia, Vassilis Doganis, Maria Filini Start: 16.4. trailer verlost 2 Karten für die Endstation, Bochum. E-Mail bis 19.4. an [email protected], Kennwort: 10 Milliarden D 2015 - Dokumentarfilm - 107 Min - o. Altersb. Regie: Valentin Thurn BO: Endstation, DO: sweetSixteen, E: Filmkunsttheater BO: Endstation, E: Filmkunsttheater Mein Film, mein Kino, meine Meinung 26 Start: 16.4. trailer-ruhr.de Forum Gespräch zum Film Andrea Roggon (Mitte) drehte mit kleinem Team, Foto: Piffl „Ein Gefühl für einen Menschen bekommen“ Andrea Roggon über ihren Film „Mülheim – Texas. Helge Schneider hier und dort“ Andrea Roggon, Jahrgang 1981, studier- Material, das bei so einem Dreh aufgenommen te nach diversen Filmpraktika von 2003 bis wird, am Ende in den Film, aber die Erlebnisse 2010 Dokumentarfilm an der Filmakademie und die Beobachtungen, die man in dem gesamten Prozess macht, fließen Baden-Württemberg. Wähletztendlich alle in den Film rend des Studiums absolvierte „Ich finde es spannend, ein. So kann auch ein Drehtag, sie ein einjähriges Stipendiwenn auch der Prozess der um in Kuba. Ebenfalls wäh- Entstehung für den Zuschauer an dem nichts gedreht wurde, entscheidend für den fertigen rend des Studiums drehte zu erahnen ist“ Film sein. sie neben einigen Kurzfilmen mit „Enrique y Judita“ und „Soy Libre“ zwei Und zu dem aufwändigen Dreh: Während der abendfüllende Dokumentarfilme, die welt- Dreharbeiten, die sich ja über vier Jahre hin weit auf Festivals liefen. 2011 gründete sie streckten, wurde unser Team immer kleiner, ihre eigene Filmproduktionsfirma. „Mülheim da sich herausgestellt hat, dass es wichtig ist, – Texas. Helge Schneider hier und dort“ spontan sein zu können. So haben wir am Ende oft nur noch zu zweit gedreht – also die Kamer(Start: 23.4.) ist ihr dritter Langfilm. afrau Petra Lisson und ich. trailer: Helge Schneider ist eine ziemliche Größe im Showgeschäft. Wie sind sie als Sie haben einige Szenen in den Film genomjunge Filmemacherin mit ihrer Idee einer Do- men, wo man sich nicht immer sicher ist, wer kumentation an ihn herangetreten, und wie hier die Regieanweisungen gibt – Sie oder konnten Sie ihn von ihrem Anliegen überzeu- Helge Schneider? Er geht da mitunter recht bevormundend mit dem Filmteam um ... gen? Andrea Roggon: Zu Helge Schneider besteht Es war immer klar, dass es mein Film ist und ein familiärer Kontakt über meine Mutter, sie Helge hat mir dafür viel Vertrauen geschenkt. kennt ihn aus ihrer Jugendzeit in Mülheim. Die- Helge Schneider ist und bleibt aber ein Mensch, ser Kontakt war sehr wichtig, da ich nicht als der selbst viele Filme gemacht hat, der selbst Fremde mit meiner Idee zu ihm gekommen bin. kreativ gestaltet und der vor allem bisher immer Er war von Anfang an sehr offen. Bis wir dann selbst auch sein öffentliches Bild gestaltet hat. aber wirklich mit dem Dreh begonnen haben, ist Das finde ich interessant und wichtig. In einer viel Zeit vergangen. Es war wirklich ein lang- Zeit, in der das Bild vieler Menschen, die uns in den Medien begegnen, nur von einer Imagesames filmisches Annähern. Maschinerie um sie herum kontrolliert wird, Wie sah dann der Dreh aus? Zum einen war finde ich das sehr spannend. Oft finde ich es es sicher nicht leicht, zwischen Schneiders in Dokumentarfilmen passend, wenn auch der anderen Terminen unterzukommen, zum an- Prozess der Entstehung für den Zuschauer zu deren drehen Sie dann ja doch recht aufwän- erahnen ist. So kann sich der Zuschauer selbst ein Bild machen. dig an den unterschiedlichsten Orten ... Ja, das stimmt, Helge hat ein sehr volles Leben und immer viel zu tun. Wir haben da weniger Ihre Dokumentation besticht nicht unbeversucht eigene Termine zu bekommen, son- dingt durch Fakten: Weder wird Schneiders dern teilzuhaben an dem, was in seinem Leben Lebensweg rekonstruiert, noch werden die passiert, denn darum geht es ja auch. Natürlich Hintergründe der einzelnen Szenen – das Wo, muss für ein Interview dann letztendlich doch das Wann – gekennzeichnet. auch ein eigener Termin vereinbart werden, aber Hat Ihnen das gefehlt? Fehlende Informationen spannend ist es, aus dem zu schöpfen, was man sind heute leicht zu bekommen. Aber ein Film so beobachten kann. Es kommt ja nicht alles kann ja noch viel mehr als nur Informationen Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche 27 zu vermitteln... Es ist ja ein Film, der sich einem Menschen nähern möchte. Und da muss immer die Frage stehen, was denn eine Persönlichkeit ausmacht? Gerade einen Künstler, der immer auch in seinen Werken mitlebt, kann man, finde ich, nicht durch Informationen greifen. Dieser Film ist ja kein Biopic. Ich finde es in einem Film viel interessanter, ein Gefühl für einen Menschen zu bekommen oder Fragen zu erleben. Ihr Film ist insofern nah an Helge Schneider, als dass er in seiner Mischung unterschiedlichster Ebenen ein wenig wie Schneiders Auftritte funktioniert: mal ernst, mal komisch, mal improvisiert, mal geplant, und oft mit einem surrealen Touch. Wie ist diese Mischung entstanden? Sie sagen es ja schon selbst ... Mir ist es sehr wichtig, für eine Geschichte die passende Form zu finden und nicht umgekehrt eine feste Form auf alle Inhalte zu stülpen. Man kann sich nur schwer vorstellen, dass Helge Schneider etwas freigibt, was ihm nicht gefällt. Wie hat er auf den fertigen Film reagiert? Ich denke, es ist ein Prozess für ihn. Und sicherlich eine Herausforderung, einen Film zu sehen, den ein anderer Regisseur über ihn gemacht hat. Er hat während des Sichtens auch gesagt, dass er wohl nie mit etwas zufrieden sein wird. Er ist Künstler und hat einen großen Anspruch an sich selber. Er sagt ja auch über sich, dass er selbst sein größter Kritiker, aber auch sein größter Fan ist. Arbeiten Sie bereits an einem neuen Projekt? Das kann noch nicht verraten werden … INTERVIEW: CHRISTIAN MEYER Mein Meein i Lesezeichen Film-Kritik Der gescheiterte Held Eine verhängnisvolle Affäre: Esther (Stéphanie Cléau) und Julien (Mathieu Almaric) Seht ihr denn nicht, was passiert? Verstrickt in die Liebe „Elser – Er hätte die Welt verändert“ von Oliver Hirschbiegel „Das blaue Zimmer“ von Mathieu Amalric Hirschbiegel („Der Untergang“, „Das Experiment“) erzählt von einem Überzeugungstäter. C Drama über den gescheiterten Hitlerattentäter Eine leidenschaftliche Affäre reißt bürgerliche Lebensträume in den Tod. C Intelligentes Erotikdrama „Man muss was anderes machen, bald und radikal.“ Eigentlich war Georg Elser, der lebenslustige Schreiner aus der Schwäbischen Alb, nicht politisch. Irgendwann aber erkennt er, dass Hitler schlecht ist für Deutschland und plant allein und autark ein Attentat auf den Diktator. Durch Zufall entgeht Hitler der Explosion, Elser wird gefasst und verhört. Man glaubt ihm nicht den Alleingang und will die Namen der Hintermänner, zur Not unter Folter. Oliver Hirschbiegel spiegelt Elsers Martyrium nach der Festnahme und vollzieht die Veränderung Elsers vom unbedarften Frauenschwarm zum Überzeugungstäter nach. Das Ergebnis ist ein packendes Drama. Das Portrait eines einsamen Helden seiner Zeit, in dem Christian Friedel in der Titelrolle besticht. HARTMUT ERNST Julien führt ein scheinbar glückliches Familienleben. Als er jedoch seine Jugendbekannte Esther wiedertrifft, ist die gegenseitige Attraktion so stark, dass die beiden sich immer wieder in einem Hotelzimmer treffen und alle Versuche, das Verhältnis zu beenden, scheitern. Amalric adaptiert den Krimi von Georges Simenon grandios. In Rückblenden und bald aus dem Gerichtssaal heraus, wird vergeblich versucht, eine Rationalisierung zu finden für ein Begehren, das zwei Menschen das Leben kosten wird. Der Film zeigt nicht nur die Kapitulation der Sprache vor den Affekten, sondern auch die Unmöglichkeit einer den Verhältnissen äußerlich bleibenden Objektivität. So ist die Wahrheit, die am Ende aufscheint, Erkenntnis einer komplexen Verstricktheit aller Protagonisten, wie sie nur das Medium Film so eindringlich zeigen kann. SILVIA BAHL ELSER Bayerischer Filmpreis ‘15: Produzentenpreis, B. Ausserer, O. Schündler D 2015 - Drama / Biographie - 114 Min - ab 12 J. - Regie: Oliver Hirschbiegel mit: Christian Friedel, Katharina Schüttler, Burghart Klaußner Start: 9.4. BO: Metropolis/Casablanca, UCI, DO: Cinestar, DU: Filmforum, E: Filmkunsttheater, GE: Apollo, OB: Lichtburg DAS BLAUE ZIMMER F 2014 - Drama - 76 Min - Regie: Mathieu Amalric mit: Léa Drucker, Mathieu Amalric, Stéphanie Cléau Start: 2.4. E: Filmkunsttheater Auf Augenhöhe zwischen Balz und Tod Die andere Wirklichkeit: Alltägliche Einblicke in die ewige Stadt Das Rad des Lebens Im Zentrum der Peripherie „Die neue Wildnis...“ von Mark Verkerk und Ruben Smit „Das andere Rom – Sacro GRA“ von Gianfranco Rosi 30 Kilometer vor Amsterdam befindet sich ein faszinierendes Naturschutzgebiet. C Ungeschönte Natur-Dokumentation Goldener Löwe für ein Kaleidoskop italienischer Wirklichkeit. C Ausgezeichneter Dokumentarfilm Man darf hier keinen kindgerechten Disney-Tierfilm erwarten, bei dem die weniger schönen Elemente des Lebens ausgespart und den Tieren lustige Namen verpasst werden. Mark Verkerk und Ruben Smit haben es sich zum Ziel gesetzt, den Tieren im Naturschutzgebiet Oostvaardersplassen auf Augenhöhe zu begegnen und den ganzen Kreislauf des Lebens, der sich dort ohne größere menschliche Einflüsse entspinnt, einzufangen. Sie machen uns dabei die Vielfalt des Lebens deutlich, zeigen die komplexesten Abhängigkeiten auf und thematisieren auch das Balzverhalten und den Tod ihrer animalischen Protagonisten. Wer sich darauf einlassen kann, wird mit einer bildgewaltigen, hochinteressanten und abwechslungsreichen Naturdokumentation belohnt, die Tier-Aktivist Hannes Jaenicke auf angenehme Weise kommentiert. FRANK BRENNER Bei den Filmfestspielen in Venedig überraschte die Vergabe des Hauptpreises, denn „Sacro GRA“ war in mehrfacher Weise weit draußen: Es war die einzige Doku und ließ sich auch thematisch nicht auf eingängige Schlagworte reduzieren. Rosi widmet sich der Grande Raccordo Anulare, der Ringautobahn, die Rom umschließt, um ihr einem Netzwerk gleich zu folgen. Fragmentarisch entfaltet sich die Wirklichkeit jenseits der touristischen Hochburg. Vor ihren Toren bleibt alles in ständiger Bewegung. Ob Borkenkäfer, Prostituierte oder Rettungssanitäter: Alles verwebt sich zu einem fragilen und poetischen Eindruck zeitgenössischen italienischen Lebens. Dabei sind es die alltäglichen Momente und nicht die großen Erzählungen, welche Rosi interessieren und den Zuschauer in den Bann ihrer Atmosphäre ziehen. SILVIA BAHL DIE NEUE WILDNIS – GROSSE NATUR IN EINEM KLEINEN LAND DAS ANDERE ROM – SACRO GRA Int. Filmfest. Venedig ‘13: Goldener Löwe I/F 2013 - Dokumentarfilm - 91 Min - o. Alterbeschr. Regie: Gianfranco Rosi Start: 26.3. Nederlands Film Festival ‘14: Publikumspreis (bester Film) NL 2013 - Dokumentarfilm - 97 Min - Regie: Mark Verkerk, Rubin Smit Start: 9.4. BO: Metropolis/Casablanca, UCI, E: Filmkunsttheater, OB: Lichtburg ??? Mein Film, mein Kino, meine Meinung 28 trailer-ruhr.de Forum Hintergrund Sabine De Barra bringt den Hofstaat zum Erblühen Salle de Bal „Die Gärtnerin von Versailles“ von Alan Rickman Eine Landschaftsgärtnerin darf den Garten des Sonnenkönigs mitgestalten. C Historisches Drama Sonnenkönig Ludwig XIV. wünscht eine Gartenanlage für seine Hauptresidenz, das einstige Jagdschloss Versailles, das er zum Palast ausbauen ließ. Sein Gartenarchitekt André Le Nôtre sucht versierte Gestalter und stößt dabei auf die selbstbewusste Witwe Sabine De Barra. Ordnung trifft dabei auf Chaos: Während Anders als Le Nôtre gestalterisch auf Symmetrie setzt, lebt die eigenwillige Landschaftsgärtnerin ihre kreative Arbeit bevorzugt anarchisch aus. Trotzdem bekommt sie nach kurzem Zögern den Job und gleich ein ganz besonderes Projekt zugewiesen: Den Salle de Bal, einen Ballsaal, gebettet unter freiem Himmel, umgeben von Wasserspielen. Eine beträchtliche Herausforderung, liegt das Grundstück doch im Sumpfland. Doch Sabine De Barra entpuppt sich als klug, kreativ und willensstark und verschafft sich damit selbst bei Zweiflern und Konkurrenten Respekt. Philippe von Frankreich, Herzog von Orléans und Bruder des Königs, wird einer ihrer Bewunderer. Vor allem aber gewinnt sie schleichend die Zuneigung Le Nôtres, der allerdings verheiratet ist. Madame Le Nôtre indes ist zwar auch kein Kind von Traurigkeit, zeigt sich aber alles andere als amüsiert über die Liaison ihres Gatten und holt zum Gegenschlag aus. Der britische Künstler Alan Rickman ist weniger für seine erste Regiearbeit, „The Winters Guest“ von 1997, bekannt, als durch seine Auftritte vor der Kamera. Rickman war John McClaines erster Gegner in „Stirb langsam“, spielte den Sheriff von Nottingham in „Robin Hood – König der Diebe“ und in der „Harry-Potter-Reihe den zwielichtigen Lehrmeister Severus Snape. Und doch ist er mehr als nur ein großer Schurke. So spielte Rickman neben Kate Winslet in „Sinn und Sinnlichkeit“. Winslet wiederum übernimmt nun die weibliche Hauptrolle in Rickmans zweiter Regiearbeit. Eine moderne, selbstbewusste Frau im Frankreich des 17. Jahrhunderts. Vielschichtig erzählt das historische Drama von zwei leidenschaftlichen Künstlern, die sich trotz kreativer Differenzen über das gemeinsame Projekt und den gegenseitigen Respekt vor der Arbeit des anderen einander annähern. Der Garten von Versailles war schon mannigfach prächtige Kulisse für Dramen und Abenteuer rund um den Hofstaat des Sonnenkönigs. Rickman nun liefert zwar auch einen Kostümfilm, vor allem aber rückt hier die Kulisse in den Fokus des Geschehens und übernimmt damit eine der Hauptrollen. Nebenher widmet sich Rickman dabei ganz klassisch den Eskapaden, Intrigen und Affären zu Hofe. Der Regisseur erzählt eine opulent ausgestattete, romantische Liebesgeschichte. Ein tragisches und komisches Historiendrama. Und nicht zuletzt eine moderne Geschichte über eine starke Frau, die sich im maskulin dominierten Umfeld am Hofe des Sonnenkönigs durchzusetzen versteht. Und die dem König auf Augenhöhe begegnet. Wenn auch eher zufällig, als sie ihm auf dem Anwesen begegnet und irrtümlich für einen Gärtner hält. Doch so etwas erdet ja den Größenwahn mitunter ungemein. Zumindest vorübergehend. HARTMUT ERNST DIE GÄRTNERIN VON VERSAILLES Film konnte vor Red.Schluss nicht gesehen werden GB 2014 - Drama - 116 Min - Regie: Alan Rickman mit: Kate Winslet, Matthias Schoenaerts, Alan Rickman Start: 30.4. BO: Union, DO: Cinestar, DU: Filmforum, E: Filmkunsttheater Am Rande – DIE GÄRTNERIN VON VERSAILLES Der Gärtner von Versailles hatte alle Hände voll zu tun: Die Außenanlagen des Schlosses erstrecken sich über 60 Hektar – das entspricht 1.100 Fußballfeldern oder 150 Volksgärten. Neben circa 200.000 Bäumen und weit über 1.000 Fontänen gibt es den „grand canal“, der sich über mehr als 5 Kilometer erstreckt. Bei diesen Ausmaßen verwundert es nicht, dass die Bewässerung der Anlage stets eine große Herausforderung darstellte. Da die Brunnen nicht alle gleichzeitig betrieben werden konnten, wurden immer nur jene Fontänen angeschaltet, die der König gerade sehen konnte. Und um dem enormen Wasserbedarf Herr zu werden, ließ Ludwig XIV. schließlich die Maschine von Marly bauen: Diese zapfte Wasser aus der Seine ab und pumpte es 100 Meter hinauf, Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche 29 um es in die Gärten von Versailles umzuleiten. Doch auch damit ließ sich der Wasserbedarf, der größer war als der von Paris, nicht komplett decken. Es gab Pläne, weitere Flüsse nach Versailles umzuleiten, aber diese wurden vom Ausbruch des Pfälzischen Erbfolgekrieges zunichte gemacht. Letztendlich machten Bewässerungsanlagen schätzungsweise ein Drittel der Baukosten von Versailles aus. Womöglich hätte der Sonnenkönig besser einmal nach Japan geschaut, wo seit Jahrhunderten Steingärten gebaut werden, in denen auf Wasser ganz verzichtet wird, während Steine und Moose die Formen des Wassers nachahmen. JON WITTE Mein Meein i Lesezeichen Film-Kritik Da staunt das Komitee Nathalie (Chantal Lauby) stellt sich den Macken ihres pensionierten Gatten (Michel Blanc) Akrobatische Schautanzgruppe Rentenkrise „Dessau Dancers“ von Jan Martin Scharf „Zu Ende ist alles erst am Schluss“ von Jean-Paul Rouve Eine nicht ganz wahre Geschichte darüber, wie Breakdance in die DDR einzog. C Amüsantes Drama über die Breakdance-Szene in der DDR Ein junger, angehender Autor gerät in familiäre Turbulenzen. C Charmante Tragikomödie Die DDR, Dessau 1985. Der 18-jährige Frank (Gordon Kämmerer) sieht im West-Fernsehen Breakdancer und ist unmittelbar angefixt von den Straßenakrobaten. Mit seinem besten Freund und der Turnerin Martina (Sonja Gerhardt) entwickelt er den Kult aus den USA auf den Straßen zur Perfektion. Das passt der Stasi gar nicht. Anstatt eines Verbots aber will man den „Briggtanz“ sozialistisch machen. Frank und seine Freunde treten fortan als Volkskunst-Kollektiv auf, in dem Choreografien begrüßt, Soloeinlagen aber unerwünscht sind. Das allerdings entspricht so gar nicht der Idee dahinter, und die Tänzer rebellieren. Naiv wie so manche 80er-Jahre-Komödie kommt diese Geschichte daher, entwickelt aber eben daraus auch ihren Charme. Und das ist unterm Strich alles sehr sympathisch. HARTMUT ERNST Der Großvater ist gestorben und die Oma soll ins Altersheim, Papa verfällt irrationalen Launen, als er in die Rente entlassen wird und krampfhaft versucht, seinem Alltag einen neuen Sinn zu geben. Mama verlangt schließlich sogar nach der Scheidung. Dabei möchte der junge Literaturstudent Romain doch nur an seinem Debüt-Roman arbeiten. Doch die vielen Familienangelegenheiten halten ihn ziemlich in Atem. In seinem Regiedebüt erzählt Jean-Paul Rouve in unbeschwerter und ganz charmanter Manier von den großen und kleinen Turbulenzen des Familieneinerleis, sowie der individuellen Sinnsuche im Leben. DESSAU DANCERS D 2014 - Musikfilm / Komödie - 90 Min - o. Altersb. - Regie: Jan Martin Scharf mit: Sonja Gerhardt, Gordon Kämmerer, Oliver Konietzny Start: 16.4. E: Filmkunsttheater, OB: Lichtburg Große Augen, kleines Ansehen: Margaret Keane Fenster zur Seele „Big Eyes“ von Tim Burton In den 50er Jahren muss sich die Malerin Margaret Keane hinter ihrem Mann verstecken. C Ungewöhnliches Künstlerporträt Tim Burton ist bislang erst einmal (fast) ohne fantastische Elemente ausgekommen: als er 1995 in „Ed Wood“ die Lebensgeschichte des Trashregisseurs nacherzählte. In „Big Eyes“ widmet er sich nun abermals einem Künstlerleben. Mit der grandiosen Amy Adams rekonstruiert er die Karriere der Malerin Margaret Keane, deren Besonderheit die großen Augen der von ihr porträtierten Kinder war. Ihre sensationelle Karriere verdankte sie ihrem geschäftstüchtigen Ehemann (over the top: Christoph Waltz), der die Bilder allerdings als die seinen ausgab. Formidabel ausgestattetes Biopic. FRANK BRENNER Romain Esnard ist ein junger Literaturstudent und neuer Nachtportier in einem Hotel, wo er sich möglicherweise sogar der Arbeit an einem Roman widmen kann. Doch daran ist bald gar nicht mehr zu denken, denn nachdem sein Großvater kürzlich verstorben und sein Papa Michel in Rente gegangen ist, geht alles drunter und drüber. Während seine Mutter von dem wachsenden Irrsinn des unterbeschäftigten Vaters in die Verzweiflung getrieben wird, kämpft auch Großmutter Madeleine gegen die Tücken ihrer neuen Verlassenheit. Als sie Zuhause von einer Treppe stürzt, verfrachten sie ihre Söhne kurzerhand ins Seniorenheim. Doch zwischen all den Dementen und Pflegefällen findet es die geistig wache Oma Madeleine einfach nur scheußlich. Trotz Romains regelmäßigen Besuchen und gut gemeinten Aufmunterungsversuchen nimmt sie eines schönen Tages Reißaus und verschwindet spurlos. Der anschließende Aufruhr ist groß. Papa Michel ist ganz außer sich vor Sorge! Hinzu kommt, dass seine Frau plötzlich von einem „Neuen“ redet und jäh die Scheidung verlangt. Als Romain dann eine an ihn adressierte Postkarte von seiner Großmutter im Briefkasten vorfindet, folgt er dem kleinen Hinweis, den sie enthält und reist schnurstracks in die Normandie, um nach ihr zu suchen. Zugegeben, „Zuende ist alles erst am Schluss“ erfindet das Rad der Familienkomödie nicht neu, ist in seiner Umsetzung zwischen Melancholie und lebensbejahender Heiterkeit aber allemal sehr liebenswert. Das Drehbuch, welches Jean-Paul Rouve gemeinsam mit Romanautor David Foenkinos leinwandgerecht adaptierte, ist zudem pfiffiger konstruiert, als man im ersten Augenblick meinen könnte. Wie Haupt- und Nebenfiguren ineinander greifen und zwischen den ernsteren und komödiantischen Aspekten variiert wird, ist von großer erzählerischer Raffinesse. Dass die Suche nach sich selbst und der persönlichen Substanz im Leben nicht oberflächlich geraten ist, liegt an der Art der Inszenierung, als auch an dem sympathischen und spielfreudigen Schauspielensemble, das Rouve für seinen Film um sich versammeln konnte. Zum Ende schließt sich der Kreis, der mit einer Beerdigung begann, symbolisch für den Zyklus des Lebens. Ein leichthumoriger, nachdenklicher kleiner Film zum mit- und wohlfühlen. NATHANAEL BROHAMMER trailer verlost 2 Karten für das Roxy Dortmund. trailer-ruhr.de E-Mail bis 26.4. an [email protected] .de, Kennwort: Big Eyes BIG EYES Golden Globes 2015: Beste Darstellerin (Amy Adams) USA 2014 - Drama / Biographie - 107 Min - o. Altersb. - Regie: Tim Burton mit: Amy Adams, Christoph Waltz, Krysten Ritter Start: 23.4. ZU ENDE IST ALLES ERST AM SCHLUSS BO: Metropolis/Casablanca, UCI, Union, DO: Roxy, DU: Filmforum, UCI, E: Filmkunsttheater, GE: Apollo, OB: Lichtburg BO: Metropolis/Casablanca, DO: Cinestar, Roxy, DU: Filmforum, E: Cinemaxx, Filmkunsttheater, GE: Apollo, Schauburg, MÜL: Cinemaxx Mein Film, mein Kino, meine Meinung 30 F 2014 - Komödie / Drama - 94 Min - o. Altersb. - Regie: Jean-Paul Rouve mit: Michel Blanc, Annie Cordy, Mathieu Spinosi Start: 26.3. trailer-ruhr.de Forum Hintergrund Aus einer Stunde Ruhe wird bloß die Ruhe vor dem Sturm Heimisches Chaos „Nur eine Stunde Ruhe!“ Patrice Leconte Michel will einfach nur eine Schallplatte hören – aber er kommt nicht zur Ruhe. C Turbulente Situationskomödie Der französische Regisseur Patrice Leconte begann seine Karriere in den 70er Jahren als Gagschreiber und Zeichner, bevor er mit Christian Clavier in der Hauptrolle einige überaus erfolgreiche Mainstreamkomödien („Die Strandflitzer“, „Sonne, Sex und Schneegestöber“) inszenierte. Seinen größten internationalen Ruhm erlangte er nach einem Imagewechsel in den späten 80er Jahren mit der Georges-Simenon-Verfilmung „Die Verlobung des Monsieur Hire“, bevor er seit einigen Jahren wieder im Komödiengenre aktiv ist („Mein bester Freund“). Seinen frühen Freund Clavier hat er dabei nie so richtig aus den Augen verloren, mit ihm zusammen 2006 beispielsweise die „Strandflitzer“-Fortsetzung „Les bronzés 3: Amis pour la vie“ inszeniert. Da scheint es ein nahe liegender Schritt gewesen zu sein, Christian Clavier nun auch in der einnehmenden Hauptrolle in Lecontes neuestem Film „Nur eine Stunde Ruhe!“ zu besetzen. Im zugrunde liegenden Bühnenstück von Florian Zeller hatte die Rolle zwar noch erfolgreich Fabrice Luchini gespielt, der nun aber für die Filmversion nicht schon wieder diesen Unsympathen spielen wollte. Für Clavier indes war das eine weitere Paraderolle seines breiten Repertoires, hatte er doch erst kürzlich in „Monsieur Claude und seine Töchter“ mit immensem Erfolg einen ganz ähnlichen, von Vorurteilen und Egoismus geprägten Mann dargestellt. In „Nur eine Stunde Ruhe!“ findet Michel Leproux (Christian Clavier) auf dem Trödelmarkt eine alte Schallplatte, die er schon sein ganzes Leben lang gesucht hatte. Voller Vorfreude, sie endlich hören zu können, eilt er nach Hause. Doch der Zufall will es, dass seine Wohnung an diesem Tag im Chaos versinkt. Seine Geliebte (Valérie Bonneton) bittet zur Aussprache, auch seine Frau (Carole Bouquet) hat Michel etwas zu beichten, der umtriebige Nachbar (Stéphane De Groodt) organisiert eine Hausparty, und im Zimmer des mittlerweile erwachsenen Sohnes sind Schwarzarbeiter damit beschäftigt, Wände einzureißen – und ganz nebenbei für einen Wasserrohrbruch zu sorgen. An die benötigte Stille, um sich mit Hingabe dem Neuerwerb zu widmen, ist da gar nicht zu denken. Den Bühnenursprung merkt man Lecontes Film zwar nach wie vor an, was sich allerdings nicht nachteilig bemerkbar macht. Seine rasante Inszenierung und das punktgenaue Spiel seines gut besetzten Hauptdarstellers sowie einige formidabel gecastete Nebenrollen (u.a. Rossy de Palma aus den Pedro-AlmodóvarFilmen als spanische Haushaltshilfe, Jean-Pierre Marielle in einem Gastauftritt gegen Ende) lassen den turbulenten Ulk wie im Flug vorübergehen. Die Geschichte selbst ist nicht sonderlich tiefsinnig, sondern speist sich in erster Linie aus einigen slapstickhaften Verwicklungen und den Unwägbarkeiten von Murphys Gesetz, aber das exzellente Komödientiming auf allen Ebenen und ein liebenswert-versöhnlicher Schluss können für diese nette Komödie einnehmen. FRANK BRENNER NUR EINE STUNDE RUHE! F 2014 - Komödie - 79 Min - Regie: Patrice Leconte mit: Christian Clavier, Carole Bouquet, Valérie Bonneton Start: 16.4. BO: Metropolis/Casablanca, UCI, DO: Cinestar, DU: Filmforum, UCI, E: Filmkunsttheater, GE: Schauburg, HE: Filmwelt, OB: Lichtburg Am Rande – NUR EINE STUNDE RUHE! Die französische Komödie ist heute ohne den Schauspieler und Drehbuchautoren Christian Clavier (62) schwer vorzustellen. Er ist der bekannteste Protagonist der Theatergruppe des Splendid, einem Pariser Theater-Café, das er 1974 zusammen mit Autoren und Schauspielern gründete, die zum Teil seine Schulfreunde gewesen waren. Die Filmkarriere verdankt er besonders den gemeinsam umgesetzten Filmen, die zunächst auf den eigenen Bühnenstücken basierten, darunter vor allem die Cluburlaub-Parodie „Die Strandflitzer“ (1978), deren Erfolg direkt eine Fortsetzung verlangte, und der Kultfilm „Da graust sich ja der Weihnachtsmann“ (1982). Leider schafften es manche der Filme nicht nach Deutschland. Anders sah Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche 31 es 1993 mit dem Hit „Die Besucher“ aus, eine von Clavier mitverfasste Zeitreise-Komödie, in der er an der Seite von Jean Reno spielte. DuoQualitäten konnte er auch mit Gérard Depardieu entfalten, sowohl in der teuren Actionkomödie „Die Schutzengel“ (1995) wie auch als Asterix in den ersten beiden Asterix-und-Obelix-Verfilmungen. „Monsieur Claude und seine Töchter“ wurde nach einem dritten „Strandflitzer“-Film letztes Jahr einer seiner größten Hits, der auch in Deutschland 3,8 Millionen Zuschauer ins Kino lockte. Der Erfolg bei allen Altersgruppen führte dazu, dass er mittlerweile nach London flüchtete, um halbwegs normal leben zu können. JAN SCHLIECKER Mein Meein i Lesezeichen Film-Kritik Home – Ein smektakulärer Trip Kocan Kadar Konuş Der Nanny Start: 26.3. TRK ‘14 - Komödie - Regie: Kıvanç Baruönü Start: 26.3. D 2014 - Kom. - Regie: Schweighöfer, Künstler Start: 26.3. Der Außerirdische Oh kommt auf seinem Heimatplaneten nicht sonderlich gut klar und flieht auf die Erde. Dort trifft er auf das Mädchen Tip, mit dem er um den Globus reist. Das Animationsabenteuer ist „die erste postapokalyptische animierte RoadMovie-Buddy-Komödie samt Invasion von Außerirdischen“, sagt Regisseur Tim Johnson. Oh! HE Die 30-jährige Efsun träumt von der großen Liebe, aber das will nicht so richtig klappen. Die weibliche Verwandtschaft will Abhilfe schaffen: Schwestern, Cousine, Tante und Mutter erklären Efsun die Waffen und Kniffe der Frauen. Und just zum Ende der Lehrzeit begegnet sie ihrem Jugendschwarm wieder. Romantische Komödie von Kivanç Baruonu. HE Rolf (Milan Peschel) muss seine Wohnung räumen, damit Clemens (Matthias Schweighöfer) sein Bauprojekt verwirklichen kann. Der gekündigte Mieter schwört Rache und heuert bei Clemens als männliches Kindermädchen an, um dessen Familie zu infiltrieren. Dabei hat er allerdings nicht mit den äußerst wehrhaften Kindern gerechnet. HE Fast & Furious 7 Halbe Brüder Der Knastcoach USA 2015 - Trickfilm - Regie: Tim Johnson USA 2015 - Action - Regie: James Wan Start: 1.4. D 2015 - Komödie - Regie: Christian Alvart Start: 9.4. USA 2015 - Komödie - Regie: Etan Cohen Start: 23.4. Paul Walker hat abgedankt, nun sitzen Jason Statham erneut und Kurt Russell erstmals mit hinterm Steuer. Ian, Owens Bruder, begibt sich auf Rachefeldzug, da mischen natürlich auch Dom Toretto und seine Copiloten mit. Freie Fahrt für freie Amerikaner – „Saw“-Regisseur James Wan arrangiert diesmal Tempo, Crashs und Testosteron. HE Ein deutscher Familienvater, ein verweichlichter Türke und ein rappender Afrikaner verlieren ihre Mutter und erfahren beim Notar, dass sie Halbbrüder sind. Nun winkt allen dreien eine Erbschaft, die sie sich aber erst verdienen müssen. Mutters Wille erlegt ihnen Zusammenhalt auf, und das ist nicht die letzte Herausforderung auf ihrem Roadtrip. HE Schluss mit dem Lotterleben: Der schwerreiche Hedgefonds-Manager James wird wegen Betrugs zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Ihm bleibt noch ein Monat bis Haftantritt. Die Zeit will er nutzen, um sich auf das Leben hinter Gittern vorzubereiten. Einer seiner Angestellten, der Autowäscher Darnell soll ihm dabei helfen. HE Die Coopers – Schlimmer geht immer Top Five Warte, bis es dunkel wird USA 2014 - Komödie - Regie: Miguel Arteta USA 2014 - Komödie - Regie: Chris Rock Start: 9.4. Start: 16.4. USA 2014 - Horror - Regie: A. Gomez-Rejon Start: 9.4. Alles läuft gut bei den Coopers. Außer beim Jüngsten, dem elfjährigen Alexander, der den schlimmsten Tag in seinem Leben durchlebt. Und da der Rest der Familie darauf pfeift, verflucht Alexander den Clan, und siehe da, am nächsten Tag geht für alle alles schief. Familienkomödie über den Wert von Zusammenhalt und über schlechte Tage. HE Chris Rock („Lethal Weapon 4“, „Kindsköpfe“) führt Regie und übernimmt zugleich die Hauptrolle in seiner Komödie. Der Komödiant verkörpert einen erfolgreichen King of Comedy, der irgendwann keine Lust mehr hat auf Quatsch und Klamauk und sich an ernstere Gefilde herantasten will. Unterstützung erfährt er dabei durch die Journalistin Chelsea. HE Der Slasher-Streifen „The Town that Dreaded Sundown” von 1976 folgte der blutigen Spur eines maskierten Killers in einer texanischen Grenzgemeinde. Dieser Film spinnt die Geschichte gewitzt fort. Regisseur Alfonso Gomez-Rejon findet den eleganten Zugang, indem er dem Vorbild huldigt, eigene filmische Akzente setzt. HE Der Kaufhaus Cop 2 Gespensterjäger Run All Night USA 2014 - Komödie - Regie: Andy Fickman Start: 16.4. D/A/IR 2015 - Fantasy - Regie: Tobi Baumann Start: 2.4. USA 2015 - Action - Regie: J. Collet-Serra Start: 16.4. Beleibt und ungeschickt, das funktioniert in Hollywood noch immer. Und deshalb darf Kevin James noch einmal ran als trotteliger Sicherheitsbeamter Paul Blart. Den verschlägt es diesmal nach Las Vegas, „der am besten bewachte Ort der Welt“, haha. Diebe haben es in großem Stil auf die Stadt abgesehen, Blart funkt dazwischen. Mit Slapstick, Sprüchen und Gewicht. HE Schleimmonster, Dämonen und Gespensterjäger: Das klingt ganz nach einem Warm-Up für die „Ghostbuster“-Reboot im kommenden Jahr. In dieser deutschen Produktion darf nun erst einmal Anke Engelke als Gespensterjägerin bösen Geistern den Garaus machen. An der Seite der wenig kinderlieben Frau: ein Kind... HE Nach seinem kleinen, doch durchaus gelungenen Actionthriller „Non-Stop“ setzt Regisseur Jaume Collet-Serra erneut auf Liam Neeson. Der verkörpert den ehemaligen und mittlerweile recht abgebrannten Killer Jimmy. Der muss sich seiner Vergangenheit stellen, als ein Detektiv und einstmals Verbündete Jagd auf ihn machen und das Leben von Jimmys Sohn gefährden. Actionthriller. HE Mein Film, mein Kino, meine Meinung trailer verlost 2 Filmpakete (Hörbuch, T-Shirt). E-Mail bis 5.4. an [email protected], Kennwort: Gespensterjäger 32 trailer-ruhr.de Forum Hintergrund Aus dem Kabinett der schrägen Persönlichkeiten: Blixa Bargeld (Alexander Scheer) Er lebt dieses Leben „Tod den Hippies!! – Es lebe der Punk!“ von Oskar Roehler Stimmungsbild des Westberliner Nachtlebens in den 80er Jahren. C Skurrile Komödie Robert (Tom Schilling) hat genug vom Hippie-Kult auf seiner Schule und haut ab nach Westberlin. Sein alter Kumpel Schwarz (Wilson Gonzalez Ochsenknecht) besitzt dort eine Peep-Show, bei der Robert als Putzkraft anheuert. Ab jetzt heißt es Wichskabinen sauber machen und den Mädchen „Schweinsbraten“ servieren. Dabei verliebt er sich in Sanja (Emilia Schüle), eine amerikanische Nachtclubtänzerin. Zwischen der legendären Bar „Risiko“ und ihren Anarcho-Behausungen lassen sich die beiden gestrandeten Seelen durch die Berliner Nacht treiben. Verfallene Bauten, billiger Schnaps und jede Menge Platz zum Sein – West-Berlin Anfang der 80er klingt nach Anarchie pur, und so erweckt dieser Film doch eine gewisse Wehmut, nicht dabei gewesen zu sein. Kein Plan, keine Zukunft, das Leben nehmen, wie es kommt. Ist es nicht das, wonach sich der Öko-Spießer von heute insgeheim sehnt? Oskar Roehler bedient diese Sehnsucht mit einer gehörigen Portion Ironie und Skurrilitäten an jeder Ecke und bezieht sich dabei auf seinen autobiografisch geprägten Roman „Mein Leben als Affenarsch“. Ob Hannelore Hoger als Ex-Frau vom RAF-Kassenwart über einen geplanten Mord fabuliert oder Frederick Lau als schwuler Nazi im Fetischmilieu seine Erfüllung findet: Oskar Roehlers Kabinett der schrägen Persönlichkeiten kann sich sehen lassen. Wobei einige Figuren eher Karikaturen ähneln als vielfältigen Charakteren und man sich bei mancher Szene fragt, ob leichtes Overacting und Text-wie-abgelesen- sprechen als Stilmittel verstanden werden. Ist aber wurscht, denn die wahren Gefühle zeigt Tom Schilling in der Rolle als Robert. Es verletzt ihn, dass seine Mutter im Fernsehen davon redet, ihn besser hätte abtreiben lassen sollen, und sein Vater nur „die Gudrun” von der RAF zu lieben scheint. Auch mit Selbstreferenzen wird nicht gespart, so denkt man bei Hannelore Hoger zunächst unfreiwillig an Bella Block mit Fetischhut und bei genauerem Hinsehen an Röhlers Film „Die Unberührbare“ aus dem Jahr 2000 mit Hannelore Elsner. Auch thematisch passt die Verbindung: Während Oskar Roehler in „Die Unberührbare“ die Zeit nach dem Mauerfall verarbeitet, beschäftigt er sich in „Tod den Hippies!! Es lebe der Punk!“ mit der Zeit davor. Die größte Huldigung erhält jedoch die legendäre Bar „Risiko“ in Berlin-Kreuzberg. Dort tummelte sich vor 25 Jahren von Wim Wenders bis Nick Cave alles, was Rang und Namen hatte, bzw. alles, was total dicht sein wollte. Auch wenn der Film hier und da dramaturgisch etwas holperig ist, taugt er doch als skurriles Stimmungsbild West-Berlins der 80er Jahre. Mal bunt, mal schwarzweiß, mit vielen Popkultur-Zitaten und einer ordentlichen Dosis schwarzem Humor kann man sich getrost mit ein paar Freunden und einem sprudelnden Kaltgetränk auf den Weg nach Absurdistan machen. NINA HEINRICHS TOD DEN HIPPIES!! – ES LEBE DER PUNK! D 2015 - Drama - 104 Min - ab 16 J. - Regie: Oskar Roehler mit: Tom Schilling, Wilson Gonzalez Ochsenknecht, Emilia Schüle Start: 26.3. DO: Camera Am Rande – TOD DEN HIPPIES!! ES LEBE DER PUNK! Ob Emos, Skins, Skater, Rocker oder Raver – die Welt der Jugendsubkulturen ist ein reicher Fundus für Kuriositäten und fortgeschrittenes Nerdtum, oder wird zumindest von Außenstehenden häufig so wahrgenommen. Ist man jedoch ein „Insider“ und versteht die diversen Codes und Symbole, öffnen sich faszinierende und komplexe Parallelwelten. Heutzutage scheint es, als habe sich jedes noch so spezifische Sub-sub-Genre einer Jugendkultur bequem in seiner Nische eingerichtet und alle Spielarten existierten friedlich nebeneinander her. Das Internet hat hier womöglich zu mehr gegenseitigem Verständnis, aber auch mehr Abschottung geführt. Das war in den späten 70ern noch anders, die Anzahl der vorangegangen Nachkriegs- Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche 33 Jugendkulturen war noch beinahe an einer Hand abzuzählen und für eine emporkommende Szene gehörte es sich, sich nicht nur vom Establishment, sondern insbesondere von den älteren Bewegungen abzugrenzen, ein fast schon ritueller Generationenkonflikt. Die friedliebenden Hippies, die in den 60ern noch als Protest gegen ihre Elterngeneration auftraten, wurden ein paar Jahre später von der Jugend als zunehmend angepasst und verlogen wahrgenommen, berühmt ist der Sex Pistols-Slogan „Never Trust a Hippie“. Doch auch die Punks konnten nicht die ewig rebellierende Jugend pachten, Altpunks gibt es heute genauso wie Althippies, einige von ihnen gehören sogar zum Establishment. BENJAMIN SEIM Mein Meein i Lesezeichen Film-Kritik The Pyramid – Grab des Grauens USA 2014 - Horror - 89 Min - ab 16 J. - Regie: Gregory Levasseur Cake Start: 16.4. USA 2014 - Drama / Komödie - 102 Min. - Regie: Daniel Barnz Start: 9.4. Wehe, man stört den Schlaf der Toten! Eine Handvoll US-Archäologen (Denis O’Hare, Ashley Hinshaw) kann es mal wieder nicht lassen. Die Forscher purzeln in Ägypten in eine alte, ungewöhnliche, weil dreiseitige Pyramide und verlaufen sich. Schon bald stellen sie fest, dass in dem gruftigen Labyrinth Arges lauert. Mumien-Spuk von Alexander Ajas Kollege Grégory Levasseur. HE Claire (Jennifer Aniston, „Wir sind die Millers“) ist am Ende. Ihre emotionalen Probleme hinterlassen auch physische Spuren, Alkohol- und Medikamentenmissbrauch gepaart mit cholerischen Ausfällen haben den Gatten und Freunde gleichermaßen vergrault. Der Selbstmord einer Frau aus der Selbsthilfegruppe gibt Claire neue Impulse. Krankheitsdrama von Daniel Barnz („Beastly“). HE DO: Cinestar BO: Union, E: Filmkunsttheater, GE: Apollo Marvels Avenger:Age AvengersThe 2: Age of Ultron of Ultron USA 2015 - Action / Science Fiction - 150 Min - Regie: Joss Whedon Mara und der Feuerbringer Start: 23.4. D 2015 - Fantasy / Abenteuer - 94 Min - ab 6 J. - Regie: Tommy Krappweis Start: 2.4. Es geht mittlerweile wild zu im Kino-Comic-Universum. War früher noch alles übersichtlich, kämpft heute jeder gegen jeden oder, wie hier, mit jedem. Das hat bereits im ersten Teil der „Avengers“ ganz gut funktioniert. Hier bekommt die gebündelte Power noch Unterstützung durch Scarlet Witch und Quicksilver – und Baron Wolfgang von Strucker (Thomas Kretschmann) als neuen Gegner.HE Diese Fantasy-Produktion bedient sich der nordisch-germanischen Götterwelt und begleitet die vierzehnjährige Mara auf einer abenteuerlichen Reise. Die Außenseiterin erfährt, dass sie eine Seherin ist und den Weltuntergang verhindern kann. Mit Jan Josef Liefers, Chr. Maria Herbst und einem Lindwurm. HE BO: UCI, Union, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, Filmkunsttheater, GE: Apollo, Schauburg, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemaxx, Filmpassage, OB: Lichtburg Shana – The Wolf’s Music CH/CDN 2014 - Drama - 96 Min. - Regie: Nino Jacusso trailer verlost 2 x Das Buch zum Film. E-Mail bis 19.4. an [email protected], Kennwort: Feuerbringer BO: UCI, Union, DO: Cinestar, DU: UCI, E: Cinemaxx, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemaxx, Filmpassage, OB: Lichtburg The F-Word – Von wegen nur gute Freunde! Start: 23.4. IR/CDN 2014 - Komödie - 113 Min - ab 6 J. - Regie: Michael Dowse Start: 9.4. Das Indianermädchen Shana lebt mit ihrem Vater in einem Dorf in Kanada. Seit zwei Jahren wird ihre Mutter vermisst, Shana zieht sich immer mehr zurück in ihre Briefe und ihr Geigenspiel. Ihr Schicksal führt sie schließlich für drei Tage und drei Nächte in den Wald, wo sie einem Wolf und den Geistern ihrer Ahnen begegnet. Familientauglich verfilmte Indianerlegende. HE „Liebe ist doof“, findet Wallace (Daniel Radcliffe), seitdem seine letzte Beziehung in die Brüche gegangen ist. So begegnet er dem anderen Geschlecht bevorzugt mit Distanz und Zynismus. Das ändert sich, als er die Trickfilmzeichnerin Chantry (Zoe Kazan, „Ruby Sparks“) kennen lernt. Solide romantische Komödie über das für und wider von Freundschaft und Liebe. HE DO: sweetSixteen E: Filmkunsttheater, GE: Apollo Ex Machina USA/GB 2014 - Drama / Science Fiction - 108 Min - Regie: Alex Garland Judgment – Grenze der Hoffnung Start: 23.4 BUL/D/MAZ 2014 - Drama - 107 Min - Regie: Stephan Komandarev Start: 23.4. Alex Garland verfasste die Drehbücher zu Danny Boyles „28 Days Later“ und „Sunshine“. Mit „Ex Machina“ verfilmt er nun erstmals sein Script selbst. Ein junger Programmierer (Domhnall Gleeson) wird ins Domizil seines Konzernchefs geladen. Dort begegnet er einer Roboterfrau, die auch zu Dialog und Emotion befähigt ist. Quasi „Her“ zum Anfassen. Nachdenkliches Sci-Fi-Drama. HE Mityo lebt mit seinem Sohn in einem Dorf an der bulgarisch-türkischen Grenze. Als er seinen Job verliert, lässt sich Mityo als Fluchthelfer anheuern. Das Grenzgebiet an den Judgment-Felsen reißt bei dem ehemaligen Soldaten Erinnerungen auf. Melodram über Schuld und Versöhnung, angesiedelt in einer rauen Gegend, die heute syrischen Flüchtlingen als Tor zum Westen gilt. HE BO: Metropolis/Casablanca, UCI, DU: UCI, GE: Apollo DO: sweetSixteen Mein Film, mein Kino, meine Meinung 34 trailer-ruhr.de Forum Sind, was sie seien möchten: Sebastian, Ellie und Andreas Thomas (James Franco) auf tragischer, bildprächtiger Schicksalsbewältigung I Am What I Am Das Leben aus den Fugen „Something Must Break“ von Ester Martin Bergsmark „Every Thing Will Be Fine“ von Wim Wenders Der androgyne Sebastian verliebt sich in den Halbstarken Andreas. C Selbstfindung zwischen den Geschlechtern Ein Schriftsteller, der ein Kind überfährt, versucht mit seiner Schuld klarzukommen. C Kammerspiel um ein Trauma Sowohl die Regisseurin Ester Martin Bergsmark als auch die Romanautorin Eli Levén, auf deren autobiografischer Vorlage Bergsmarks Regiedebüt basiert, scheren sich nicht um klassische Geschlechterfragen. Sie definieren sich als intersexuell, genau wie ihre von Saga Becker sehr eindringlich verkörperte Hauptfigur Sebastian, der viel lieber seine imaginäre Schwester Ellie sein möchte. Diese Authentizität ist die große Stärke dieses mitunter etwas holprig inszenierten Erstlingsfilms, bei dem es um die zaghafte Annäherung zweier junger Menschen geht, die sich und ihre Sexualität entdecken. Ein interessantes Jugendporträt, das von Liebesnöten in einer Zeit erzählt, in der man sich nicht mehr um eindeutige geschlechtliche Zuordnungen scheren muss und einfach das sein kann, was man sein möchte. FRANK BRENNER Seit seinem dreidimensionalen Tanzfilm „Pina“ scheint sich Wim Wenders in das 3-D Format verliebt zu haben, wagt er sich jetzt doch, die Technik erstmals im Arthouse-Kino einzusetzen. Zudem in einem Genre, das dem Actionaffinen 3-D Kino diametral entgegensteht: im (erweiterten) Kammerspiel. Wie er uns mit geradezu fotografisch kadrierten Bildern die Räume öffnet und auch in die Charaktere der Protagonisten eintauchen lässt, das ist großes, humanistisches Kino voller Empathie, das die Frage nach Schuld und Vergebung aber nicht pathetisch überhöht, sondern ihm durch das wahrhaftige Spiel der Darsteller eine berührende Alltäglichkeit verleiht. ROLF-RUEDIGER HAMACHER trailer verlost 2x2 Karten. E-Mail bis 5.4. an [email protected], Kennwort: Every Thing SOMETHING MUST BREAK Chicago 2014: Bester Film; Göteborg 2014: Beste Regie; Rotterdam 2014: Beste Regie S 2014 - Drama - 85 Min - ab 16 J. - Regie: Ester Martin Bergsmark mit: Saga Becker, Iggy Malmborg, Shima Niavarani EVERY THING WILL BE FINE Start: 26.3. DO: sweetSixteen D/CDN/S/N 2015 - Drama - 118 Min - Regie: Wim Wenders mit: James Franco, Charlotte Gainsbourg, Rachel McAdams Start: 2.4. BO: Metropolis/Casablanca, UCI, E: Filmkunsttheater, GE: Apollo, OB: Lichtburg Best Exotic Marigold Hotel 2 IUSA/GB 2014 - Komödie / Drama - 123 Min - Regie: John Madden Start: 2.4. Judi Dench, Maggie Smith, Bill Nighy & Co. erleben auch in der Fortsetzung turbulente Liebschaften, Altersmarotten und Missverständnisse vor indischer Urlaubskulisse. Die Komödie wartet mit Darstellern von Weltrang und geschliffenen Dialogen auf, sowie mit der sympathischen Einsicht, dass auch Menschen im hohen Alter noch pubertär und unbeholfen durchs Leben gehen. CS BO: Metropolis/Casablanca, UCI, Union, E: Cinemaxx, Mül: Filmpassage u.v.m. Verfehlung D 2014 - Drama - 95 Min - ab 12 J. - Regie: Gerd Schneider Start: 26.3. Einem Priester wird sexueller Missbrauch vorgeworfen. Sein langjähriger Freund und Kollege stürzt in tiefe Zweifel. Das klerikale Umfeld setzt alles daran, den Fall zu vertuschen und die Fallhöhe zu relativieren. Die hier dargestellte peinliche Haltung der Kirche und deren eigennützige, geradezu absurde Auslegung christlicher Werte ist erschütternd, weil so wahr. HE BO: Metropolis/Casablanca, DO: sweetSixteen, E: Filmkunsttheater Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche Betörend, schwarzweiß, schaurig: The Girl (Sheila Vand) Randzonen „A Girl Walks Home Alone at Night“ von Ana Lily Amirpour Durch eine trostlose Stadt schleichen merkwürdige Gestalten. C Stylisher Vampir-Film Noir In der trostlosen iranischen Stadt Bad City braust ein cooler James-DeanVerschnitt mit seinem schicken Ford Thunderbird davon. Kurz darauf wird ihm der Wagen von einem fiesen Dealer abgenommen. Doch der Dealer lebt nicht lange. Schuld daran ist eine junge, hübsche, verschleiert Frau, die nachts auf einem Skateboard durch die Straßen rollt. Sie ist ein Vampir, und als sie auf Arash, den James Dean-Verschnitt trifft, kommt dieser gerade als Dracula verkleidet von einer Kostümparty… Wesentlich verrückter kann man sich einen iranischen Vampir-Film kaum vorstellen. Dabei ist das in den USA in schwarzweiß gedrehte Langfilmdebüt von Ana Lily Amirpour, das natürlich an Jarmuschs letzten Film erinnert, zum einen extrem stylish, zum anderen von einer spannungsvollen Ruhe getragen. Betörend! CHRISTIAN MEYER A GIRL WALKS HOME ALONE AT NIGHT USA 2014 - Horror / Mystery - 99 Min - ab 12 J. - Regie: Ana Lily Amirpour mit: Sheila Vand, Arash Marandi, Marshall Manesh Start: 23.4. BO: Metropolis/Casablanca, DO: sweetSixteen, E: Filmkunsttheater 35 Mein Meein i Lesezeichen ComicKultur EIN FILM VON ANDRE A ROGGON Richtungsweisend Wie sich Journalismus und grafisches Erzählen befruchten HELGE SCHNEIDER HIER UND DORT In den letzten Jahren haben Autoren immer häufiger den Comic als Medium für Sachthemen gewählt. Für „Ghetto Brothers“ haben sich der in New York lebende Fotograf und Journalist Julian Voloj und die Hamburger Illustratorin Claudia Ahlering zusammengetan. In der Graphic Novel, die für beide ein Debüt ist, erzählen sie von den Banden und der Gewalt im New York der frühen 70er Jahre. Vor allem skizzieren sie aber, wie es Benjamin Melendez, dem Anführer der Ghetto Brothers, gelingt, einen Frieden zwischen den Gangs herzustellen, der dazu führt, dass in den nächsten Jahren Konflikte nur noch ohne Waffen ausgefochten wurden. Denn aus diesem Waffenstillstand entstand Hip-Hop, bei dem man sich tanzend, rappend, DJ-end oder sprayend herausfordert, und nicht mit Waffen. Der grafische Stil wirkt flüchtig wie diese so kleine und doch so wirkungsvolle historische Episode (Avant Verlag). Um Banden geht es auch in „Weisse Wölfe“ des Journalisten David Schraven, der mit dem Illustrator Jan Feindt für sein Buch über rechten Terror in Deutschland zusammengearbeitet hat. Das Buch verbindet Einblicke in Schrevens Recherchearbeit mit der Biografie eines jungen Mannes, der sich immer mehr in die rechte Szene verstrickt. Dazwischen gibt es Auszüge aus den „Turner Diaries“ von William L. Pierce, die seit 1978 als Vorlage zahlreicher rechter Terrorakte gilt. Hier wird beschrieben, wie man sich in kleinen Zellen von bis zu vier Mann „führerlos“ gegen den Staat auflehnen kann, wenn auch die Zellen miteinander verbunden sind. Die Propaganda läuft wiederum zu großen Teilen über den Nazirock. Wer da im Falle der NSU noch von Einzeltätern redet, hat die Netzwerkarbeit der Täter nicht verstanden. Die Zeichnungen von Jan Feindt sind so sperrig wie das Thema unangenehm ist. Ein wichtiges Buch, dessen Verlag das gemeinnützige Recherchebüro Correkt!v ist (www.correctiv.org). Ab ins Reich der Fantasie: Der in Frankreich lebende Andreas Martens Künstler veröffentlicht seit 1978 Comics und ist seitdem als Andreas vor allem im franco-belgischen Raum sehr erfolgreich. Seine achtbändge Serie „Rork“ ist Fantasy im Sinne von Lovecraft, seine feinen Zeichnungen erinnern an alte Stiche, der Seitenaufbau ist hingegen sehr flexibel und bewegt. Nicht nur die Pointen der Kurzgeschichten um Rork sind von Humor durchzogen, wodurch sich Andreas von anderen Lovecraft-Jüngern deutlich abhebt. Nun ist der erste von zwei Bänden der Gesamtausgabe um die haarsträubenden Abenteuer des weißhaarigen Mysterienerkunders erschienen (Schreiber & Leser). W W W.MUELHEIM MUEL MU ELHE HE E IM I -TE E X A S.DE S .DE . DE D Deutlich von Humor geprägt ist auch die Fantastik von Marc-Antoine Mathieu. Mit seiner Reihe um den Büroangestellten Julius Corentin Acquefacques in einer kafkaesk beklemmenden Welt widmet er sich mit jedem Band einem neuen Aspekt des Mediums und des Erzählens. In „Die Verschiebung“ verschläft Julius seine Geschichte – der Comic beginnt auf Seite 7 und der Protagonist hechelt seiner Story hinterher, während die Nebenfiguren gelangweilt im Nichts herumstochern … und philosophieren. Das ist großartig und urkomisch. In „Richtung“ versucht Mathieu Ähnliches, nur ohne Story. Die Hauptfiguren: Ein Mann und viele Richtungspfeile, denen er folgt. Das ist raffiniert und sieht nach schickem Coffeetable Book aus, kann aber auf ganzer Länge kaum so begeistern wie seine narrativen Werke (beide Reprodukt). CHRISTIAN MEYER AB 23. APRIL: RIO MÜLHEIM CASABLANCA BOCHUM s ROXY KINO DORTMUND FILMFORUM DUISBURG s EULENSPIEGEL ESSEN trailer-ruhr.de Forum Mein Me e in i Lesezeichen trailer verlost 1x „Weisse Wölfe - Eine grafische Reportage über rechten Terror“ von David Schraven & Jan Feindt, erschienen im Verlag Correkt!v. E-Mail bis 19.4. an [email protected], Kennwort: Weisse Wölfe 36 Literatur-Kalender Ruhr 22.03.2011 21.04.2015 Aus dem südlichen Ruhrgebiet: Sarah Wedler und Nadine d’Arachart, Foto: M. Reiter Literatur-Termine im April Bochum – Schauspielhaus Essen – Weststadthalle 0234 333 30 0201 244 888 90 Axel Hacke: Das kolumnistische Manifest Mi 15.4. 20 Uhr Ausgewählte Kolumnen aus über 25 Jahren Tätigkeit für das Magazin der Süddeutschen Zeitung. Christoph Maria Herbst: Er ist wieder da So 12.4. 19.30 Uhr Wenn Stromberg in die Rolle Hitlers schlüpft, strömt das Publikum. Ist Autor Timur Vermes überhaupt mal selbst auf Lesereise mit seinem Buch gegangen? Bochum – Schauspielhaus Essen – Buchhandlung Proust 0234 333 30 0201 23 40 44 Jochen Malmsheimer: Halt mal, Schatz! Do 23.4. 20 Uhr Zückt Jochen Malmsheimer doch noch einmal seinen Klassiker aus dem Jahre 2002 über „Planung, Kiellegung, Stapellauf und Betrieb eines Kindes“ – zeitlos! „Reim Dich oder…“ – Friederike Kempner und Julie Schrader, die ungekrönten Königinnen des unfreiwilligen Humors Mi 15.4. 20 Uhr Ein wahres Schatzkästchen (unfreiwillig) komischer Lyrik öffnen Heike Trinker und Joachim Henn. Schiefe Bilder und schlecht sitzende Reime dürften das Publikum bestens unterhalten. Bochum – Bier-Café 0234 36 16 18 18 Literaturshow: Nadine d‘Arachart und Sarah Wedler Mi 22.4. 20.15 Uhr Das Hattinger Autorinnenduo (Literaturportrait 03/12) zu Gast in Bochum. Dazu gibt’s Buchtipps und Live-Musik. Dortmund – Theater im Depot 0231 98 21 20 Rolf Dennemann: Kartoffeln mit Speck Sa 25.4. 20 Uhr Eine kulinarische Ruhrgebiets-Biografie von der Hausschlachtung auf dem elterlichen Hof über Heringsstipp bei der Oma hin zu Sternerestaurants – der Regisseur, Schauspieler und Autor nutzt die Erinnerungsfähigkeit der Geschmackssinne, um (Familien-) geschichte mal ganz anders zu erzählen. Dortmund – Ekamina im Sissikingkong 0231 728 25 78 Dond & Daniel lesen Gion Mathias Cavelty Do 2.4. 20 Uhr „Endlich Nichtleser“ hieß im Jahr 2000 der dritte Band einer Trilogie, in der sich der Schweizer Autor verschiedenster literarischer Stile bedient und höchst komisch ad absurdum führt. Ein gefundenes Fressen für die beiden (vor-) lesenden Buchhändler. Duisburg – Grammatikoff 0203 36 39 96 81 Philipp Möller: Isch hab Geisterblitz Mi 15.4. 19.30 Uhr Der ehemalige Lehrer und jetzige Bestseller-Autor („Isch geh Schulhof“) präsentiert in seiner neuen Leseshow weitere Einblicke in Sprachverwirrung und Bildungschaos. Hinter allem Witz tieftraurig. Auch in Essen (14.4. Zeche Carl) und Bochum (16.4. Zeche Bochum)! Eintritt: 10,00 € - 19.30 Uhr 24.03.2011 29.04.2015 Essen – Medienforum des Bistums 0201 220 42 74 Rupert Neudeck: Radikal leben Di 21.4. 19.30 Uhr „Freiheit erfordert Mut. Und Mut heißt, mit dem Risiko des Schadens zu leben“ ist eine der Erkenntnisse, die der Cap Anamur-Gründer Neudeck in seinen Visionen für eine bessere Welt formuliert. 12.05.2015 30.03.2011 Gelsenkirchen – Die flora 0209 169 91 05 Tayfun Demir: Gast mit Unbehagen (Huzursuz Misafir) Di 28.4. 19.30 Uhr Der Autor, Bibliothekar und Verleger liest aus seiner Autobiografie. Gelsenkirchen – Hans-Sachs-Haus 0209 16 90 Sabine Heinrich: Sehnsucht ist ein Notfall Sa 18.4. 20 Uhr Mit diesem Generationen-RoadmovieRoman hat die bekannte Radiomoderatorin ein gelungenes Debüt vorgelegt. Hattingen – Mayersche Buchhandlung 02324 919 86 80 Tanya Stewner: Eine Eule steckt den Kopf nicht in den Sand Fr. 24.4. 11 Uhr Im neuesten Band der vor allem bei Mädchen beliebten Kinderbuchreihe um Liliane Susewind muss nicht nur eine Eule, sondern gleich ein ganzer Wald gerettet werden. Vormittags leider nur für Schulen interessant. Am 22.4. auch in Herne! Empfehlungen von Frank Schorneck 37 Für immer anders – Wenn Familien Zeiten der Trauer erleben Kinder, Jugendliche und Erwachsene „Radikal haben leben“ viele Fragen und Gedanken, Lesung und Gespräch mit RupertKrankheit, Neudeck wenn lebensbegrenzende Radikalität ist für Rupert Neudeck Lebensthema und der Tod und das, was danach kommt, Lebenswerk zugleich. In seinem Buch „Radikal leben“ aktuell wird.(Lebens-)Weg Gespräch und Vortrag zeigt er diesen auf und entwirft Visionen, wie die von Welt Beispielen besser werden anhand auskönnte. der Das Buch ist einalltäglichen Resümee derTrauerpraxis. Gedanken, Aktionen und Visionen Neudecks, das Mut macht, sich der humanitären BeEintritt: 8,00 ¼ - 19.30 Uhr wegung anzuschließen. Gott sei Dank in der Welt! Ein Konzil verändert die Kirche Lebenskönnerschaft – Auf der Grundlage der Publikation Impulse aus der Philosophie der Lebenskunst “Die Kircheimder Weltgesellschaft. Filmgespräche Medienforum Leitung: Minten, Mülheim Das II.Marcus Vatikanische Konzil und die Themen Globalisierung des Katholizismus“ Ŗ8QPFGT.KGDGKPFGT(COKNKG von Dr. Stefan Nacke sollen nach Ŗ8QPFGT.KGDG\W(TGWPFGP einem Impulsreferat des Autors aus Ŗ8QPFGT.KGDG\W(GKPFGP Ŗ8QPFGT.KGDG\W9GUGPWPF&KPIGP\WT9GNV unterschiedlichen Perspektiven die Ŗ 8QP FGT .KGDG \WO .GDGP \W GKPGO Herausforderungen, dieWPF heute mit &CT×DGThinaus dem Zweiten Vatikanischen Konzil Eintritt: frei - 19.30 Uhr für die Menschen verknüpft sind, diskutiert werden. „Und immer stark sein - Die Eintritt: frei - 19.30 UhrGeschichten unserer Mütter“ Lesung und Gespräch mit Ute Elisabeth Mordhost Die hohe Kunst Weltrettung Stellvertretend für eine der ganze Generation von Frauen, dieDas zwischen den beiden geboren wurKomischste aus Weltkriegen dem wirklich den, erzählt Ute Elisabeth Mordhorst in ihrem Buch wahren Leben mit dem Kabarettisten die Geschichte ihrer Mutter: wie sich ein Krieg anfühlt, Kai Magnus Sting wenn man weder Uniform noch Waffe hat, welche Alsund Rastelli derDurchhaltewillen gesprochenen Kraft welchen es und braucht, Familiengeschliffenen am Leben zu erhalten, ohne selbst ausreichend Rede, als gnadenloser Verdienstmöglichkeiten zu haben und wie sich das Menschenbeobachter und MenschenWirtschaftswunder anfühlt, wenn man nach getaner kenner, als Parodist des Lebens, Aufräumarbeit in den Trümmern nach Hause geschickt Terrorist des Wortes und Meister des muss. wird und mühsam um seine Rechte kämpfen Eintritt: frei - 19.30 Uhr Zwischenmenschlichen hat Sting seine Lieblingsnummern im Gepäck und die ein oder andere neue Geschichte. Eintritt: 10,00 ¼ - 19.30 Uhr Kartenvorverkauf Medienforum des Bistums Essen Zwölfling 14 / 45127 Essen Tel.: 0201 / 2204-274 Fax: 0201 / 2204-272 [email protected] Popkultur an der Ruhr Improvisierte Musik in NRW Grandbrothers, Foto: jonas lindström Feier des Minimalismus Die Grandbrothers erfinden sich ihren eigenen Musikstil Von Timon-Karl Kaleyta In der Kunst liegt die größte Meisterschaft darin, eine Anstrengung kinderleicht und gleichzeitig zwingend logisch erscheinen zu lassen – die Reduzierung auf ein maximales Minimum in Form und Ausdruck ist der Schlüssel zu einer gelingenden Ästhetik. Bei Mies van der Rohe, einem der großen Architekten der Moderne, hieß das: „So „Zwei Deutsche spielen ihren einfach wie möglich, koste es, was es komplett-analogen Konzertwolle.“ Es ist das Mantra – beginnend flügel-Drumcomputer“ bei Minimal Art und Bauhaus – das uns heute in allen Bereichen von Kunst, Design und Werbung begleitet. Wäre dieses Prinzip leicht zu reproduzieren, läge darin keine Meisterschaft. Es ist gerade das Kennzeichen von Virtuosität, dass sie einen Kosmos an Sinn und Arbeit in ein Produkt von besonderer Klarheit verwandelt. Es ist auch das Erfolgsprinzip von Apple: „Reduce to the max“, obgleich dieser Claim nun wieder von Mercedes Benz stammt. Vor diesem Hintergrund sollten wir das Projekt der beiden Düsseldorfer Musiker Erol Sarp (geboren in Wuppertal) und Lucas Vogel betrachten, die seit 2011 die Formation Grandbrothers bilden. Es dürfte eine der musikalisch ambitioniertesten Platten des Jahres sein, die Sarp und Vogel nun auf dem Berliner Label FILM veröffentlichen. Die bereits im Februar 2014 veröffentlichte Single „Ezra Was Right“ stieß auf internationale Anerkennung bei Musikern und Produzenten, lief auf renommierten Radiostationen in England und fand mit seinen Remixen den Weg in Japans Clubs. Zwei Jahre Studioarbeit stecken in der nun fertigen LP, doch es ist gar nicht so leicht zu beschreiben, was auf „Dilation“ eigentlich geschieht – so elaboriert ist das Ganze. Geschäftsführer und Gründer von FILM, sowie Entdecker der Grandbrothers sind der gebürtige Herner Dominik Grötz und Daniel Breuer aus Aachen. Partnern erklären sie das Projekt meist so: „Zwei Deutsche spielen ihren selbst-gebauten komplett-analogen KonzertflügelDrumcomputer.“ Die Technik der beiden Musiker ist in der Tat extravagant und einzigartig. Zwar klingen sämtliche Stücke, als wären sie von Synthesizern durchzogen, in Wahrheit aber kommt jeder Ton aus dem Flügel selbst. Über einen Laptop werden mechanische Hämmerchen im Inneren des Instruments angesteuert von hier aus nimmt jeder Sound seinen Anfang. Was uns die Grandbrother anbieten klingt derart neu und ausgereift, dass man kaum glauben mag, hier über ein hiesiges Produkt zu sprechen. Die Formsprache ist das Gegenteil von gefällig, und doch erschließt sich beim ersten Hören alles. Kein Ton ist zu viel, die Arrangements sind aufgeräumt wie selten – das Genre bewegt sich irgendwo zwischen IDM, Ambient, Minimal und Techno. Besagte Apparatur zur Tonabnahme ziert auch das Artwork von „Dilation“. Ein ausgestreckter Arm reckt das für die Musik der Grandbrothers zentrale Modul in Agitprop-Manier in die Höhe, im Hintergrund sehen wir ein mächtiges Blau, das an den Künstler Yves Klein erinnert Timon-Karl Kaleyta Autor & Journalist – und der ist bekanntlich: Wegbereiter des MinimalisLeiter des Instituts für mus. Zeitgenossenschaft Moerser Stadtmusikant Colin Stetson Aura intakt 44. Moerser Festival versammelt internationale Sets Von Maxi Braun Für das Moers Festival war es in den letzten Jahren finanziell oft kniffelig. Da half auch die Tradition als international anerkanntes New Jazz Festival nicht. Zu den Sparmaßnahmen gehörten 2014 die Verabschiedung vom Flair eines Niederrhein-Woodstock und der Umzug in eine Festspielhalle. Die Atmosphäre hat sich verändert, die Aura eines Experimentierfeldes blieb intakt, wie die erfolgreiche Bilanz von 12.000 Besuchern im letzten Jahr belegt. Saniert ist Moers aber nicht. Diesmal fallen dem Sparzwang z.B. zwei Schulpro- „Die Akustik der Festspielhalle jekte frühkindlicher Musikförderung schmeichelt Big Bands wie zum Opfer. In der Institution des auch dem intimen Set“ „Improviser in Residence“ bleibt die Nachwuchsförderung aber implizit erhalten. 2015 wird der Saxofonist und Klarinettist Hayden Chisholm nicht nur Konzerte und Projekte organisieren, sondern auch mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Der Neuseeländer löste bereits im Januar die Pianistin Julia Hülsmann als Improviser ab. Zur Eröffnung spielt er mit dem Lucerne Jazz Orchestra auf. Gefolgt von The Nest, hinter dem Christoph Clöser steckt, Mastermind des Doom/Metal&AmbientProjekts Bohren & der Club of Gore. Den Abschluss am Freitag liefert mit den Family Jones Singers ein Gospel-Funk-Oktett aus Texas, das Reiner Michalke erst im Januar in einem kleinen New Yorker Club entdeckte. Seit zehn Jahren künstlerischer Leiter in Moers, kuratiert Michalke durchaus subjektiv und nach eigenem Gusto. Nicht jeder Gig sagt da jedem Besucher gleichermaßen zu, aber Offenheit gehört bei Fans der Improvisierten Musik zum guten Ton. Die Herkunft der KünstlerInnen ist so vielseitig wie die musikalischen Stile, die sie pflegen. Neben hauptsächlich europäischen und US-amerikanischen Formationen, bilden Bassekou Kouyaté aus Mali oder das Ziad Rajab Trio, dessen Wurzeln in Aleppo liegen, die exotische Ausnahme. Die Akustik der Festspielhalle schmeichelt Big Bands wie auch dem intimen Set. Über die Verpflichtung Colin Stetsons dürfte sich keiner beschweren. Der Multiinstrumentalist arbeitete schon mit Tom Waits oder Feist und sprengt gern die Grenzen Improvisierter Musik. Besonders vielversprechend ist sowohl seine Kollaboration mit Sarah Neufeld, Violinistin der kanadischen Indierockband Arcade Fire, als auch Stetsons Interpretation der „Symphony of Sorrowful Songs“ des Komponisten Henryk Mikolaj Górecki. Die Variationen sind noch offen, viel tiefes Holz wird wohl dabei sein. Der mit einem elfköpfigen Orchester aufgeführten Sinfonie liegen drei Texte der polnischen Geschichte zugrunde, alle handeln von Kriegsleid in verschiedenen Epochen. Wie Stetsons Variation auch ausfallen wird, auch in ihrer puren Instrumentalität wird sie allein der Vorlage wegen eine politische Dimension enthalten. Wie jede Kunstform spiegelt Improvisierte Musik das Lebensgefühl des Moments, in der sie entsteht; ihre Reaktionszeit ist nur weitaus kürzer, aktueller. Die kriegerischen Konflikte unserer Gegenwart werden bei Stetson nonverbal anklingen. Im Fokus steht aber auch 2015 das musikalische Programm, das erneut mit dem Abgefahrenen liebäugelt und mit der Belastbarkeit und Offenheit des Publikums experimentiert. Moers Festival | 22.-25.5. | Festivalhalle Moers, Venloer Straße www.moers-festival.de Grandbrothers: „Dilation“ | FILM 38 kunst & gut Ralph Fleck vor „Man Booker Prize“ im Atelier Kirchzarten 2011, © Foto: Ilse Irmgard Klär Die Mittel der Malerei Ralph Fleck im Museum Küppersmühle in Duisburg Dass Ralph Fleck so weit gehen würde … war eigentlich zu erwarten. In der opulenten Ausstellung in der Küppersmühle in Duisburg stößt man auf zwei überraschende Gemälde aus dem vergangenen Jahr. Den Betrachter leicht überragend, zeigen sie nichts als rechteckige Farbfelder verschiedener Größe, die vor einem weißen Grund schweben, im Weiß sind ihre Schatten eingezeichnet. Schon darin teilt sich mit, dass Ralph Fleck, der einer der wichtigsten gegenständlichen Maler hierzulande ist, nicht zum Konstruktivisten geworden ist. Die zweite Information liefern die Bildtitel: „Amsterdambild“. Natürlich liegt in der Darstellung eine Referenz an den holländischen Maler Piet Mondrian (aber auch an Gerhard Richter!) vor. Wichtiger ist aber, dass Fleck hier seine eigenen Vorstellungen von Amsterdam in Farben transzendiert. Er liefert Stimmungen und Temperierungen, welche sich für ihn aus dem Klang der Urbanität ergeben, komprimiert wie auf einer Farbtafel. Ralph Fleck wurde 1951 in Freiburg im Breisgau geboren. Bis heute lebt er in Südbaden, wenn er nicht auf ausgedehnten Reisen ist, bei denen er sich die Landschaften und Städte malerisch aneignet. Er hat an der Kunstakademie Karlsruhe bei Peter Dreher studiert. Zu den Kommilitonen von Fleck, der später selbst als Professor an der Kunstakademie Nürnberg unterrichtet hat, gehören Artur Stoll und Friedemann Hahn, die ebenfalls in realistischer Malerei unmittelbare Wirklichkeit festhalten. Daneben ist für Fleck das Aufblitzen von Humor kennzeichnend. Das wird in der Ausstellung etwa bei den frühen „Schnappschüssen“ mit Einheimischen und Touristen, gemalt mit Ölfarbe auf Packpapier (wodurch sich eine dunkel verfließende Korona um die Figur bildet), deutlich oder bei den neueren überlebensgroßen Ausschnitten aus Buchregalen, in denen die Buchrücken und Cover nicht nur die Lektüre verraten, sondern in ihrer Farbigkeit als aufreizende Raster wirken. Amsterdam, das er über seine dortige Galerie Josine Bokhoven kennengelernt und erkundet hat, hat sich schon vor vielen Jahren als Sujet innerhalb seiner Stadtbilder etabliert. Fleck malt die Städte zumeist von oben, in wechselnden Perspektiven, oft mit Blick auf wichtige Architekturen und Stadtanlagen. Die Amsterdam-Bilder teilen den Verlauf der Grachten mit, sie sind pittoresk und dann, im Festhalten moderner Bauten, lakonisch konzentriert. Eines kennzeichnet überhaupt die Malerei von Ralph Fleck: Schaut man auf die Gemälde mit Abstand, dann ist alles klar und deutlich zu erkennen, aber mit der Annäherung werden sie zunehmend abstrakt, bis hin zur puren Malerei. Die Farben kräuseln sich pastos und verschmelzen miteinander oder sie sind – vor allem in den neueren Bildern – mit feinem Pinsel plan gestrichen. Malerei ist unmittelbare Erfahrung, die unermüdlich bleibt: Fleck arbeitet seit jeher in Werkgruppen, bei denen ein Sujet aus verschiedenen Blickwinkeln, unter unterschiedlichen Witterungsverhältnissen und in Varianten der Motive wiedergegeben ist. Kann es sein, dass seine Malerei im letzten Jahrzehnt sachlicher geworden ist, die Farbe weniger aufgeworfen ist und kaum aus dem Bild tropft? Vielleicht sind die frühen Bilder mit den nebelverhangenen Alpen und dem Blick in den Seerosenteich von Giverny doch experimenteller, riskanter und berührender. Dazu vermissen wir in der Ausstellung die Fokussierungen alltäglicher Nahrungsmittel und Speisen, mit denen er sich in die Tradition der Stilllebenmalerei einklinkt. Oder die Seestücke, die Wasser eine Form geben und doch seine flüchtige Zuständlichkeit vermitteln. Also, hoffentlich wird in der Küppersmühle Duisburg deutlich, was für ein großartiger, reflektierter und origineller Maler Ralph Fleck schon seit Jahrzehnten ist. 39 THOMAS HIRSCH „Ralph Fleck – Malerische Grenzauflösungen“ | bis 26.4. Museum Küppersmühle in Duisburg | 0228 93 45 50 Kunst in NRW Kunstwandel Abb. 1 Salomon, Selbstbildnis 1940, © Charlotte Salomon Foundation Bildergeschichte in den Tod Ernsthaft ironisch Das Leben ist ein Theater, Tragödien seine Lieblingsstücke. Die Jüdin Charlotte Salomon stellte sich diese Frage wohl häufig, lebte sie doch in einer Zeit, in der Komödien keine Gegenwart mehr hatten, das Leben selbst keine Bedeutung mehr und Vergangenheit schon gar keine Zukunft verhieß. Und doch, Charlotte Salomons kurze künstlerische Visite auf diesem Planeten (geboren am 16. April 1917 in Berlin, ermordet am 10. Oktober 1943 im KZ Auschwitz-Birkenau) hat einen bleibenden Eindruck und Spuren hinterlassen, die andere künstlerische Arbeiten beeinflussten und spätestens seit ihrer Präsentation auf der documenta 13 (2012) zu Recht wieder mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gelangten, als Künstlerin, die früh sehr modern ihre Biografie und das Geschehen um sie herum in eine monumentale Bildergeschichte verarbeitete. Das Kunstmuseum Bochum zeigt gerade rund 250 Bilder aus dem Fundus der Berliner Künstlerin, der vom Jewish Historical Museum Amsterdam verwaltet wird. Das sind mehr als 1300 kleine Gouachen, die in nur fast zwei Jahren, im Exil bei den Großeltern im französischen Villefranche-sur-Mer bei Nizza entstanden sind. Rein rechnerisch sind das mehr als zwei Arbeiten jeden Tag, jeden Tag unter der Sonne der Riviera, aber mit der existenziellen Angst und dem Druck auf der jungen Psyche. „Ich hab genug von diesem Leben, ich hab genug von dieser Zeit“ steht auf einem der kleinen Bilder, die die große Halle im Bochumer Museum nebeneinander komplett umrahmen, man läuft entlang wie in einem Comic und es ist doch ein traditionelles Singspiel. „Leben? Oder Theater?“ nennt sie die 769 Gouachen, die sie zu einem Zyklus zusammengestellt hat und die nur in die Jetztzeit gerettet wurden, weil sie sie vor ihrer Deportation einem Arzt übergeben hat. Kein Wunder, dass gleich am Eingang der Halle ihr „Der Tod und das Mädchen“ nach dem gleichnamigen Matthias-Claudius-Text hängt. Parallel dazu hat im Gelsenkirchener Musiktheater im Revier (MiR) die Uraufführung von „Charlotte Salomon: Der Tod und die Malerin“ seine Premiere gehabt. Die dortige Ballettchefin Bridget Breiner hat das Schicksal der Malerin zur Musik der US-Komponistin Michelle DiBucci choreografiert. Es ist ein Reigen der Selbstmörder, eine traurige Reihung in der Familie der Charlotte Salomon und ein Umstand, der ihr nach dem Freitod ihrer Großmutter in Frankreich erst klar wird. Viele der Gouachen handeln davon, auch das letzte in der letzten Ecke. Da sagt Charlotte zu ihrem Großvater, dass sie das Gefühl habe, „als ob man die ganze Welt wieder zusammensetzen müsste.“ Und was ist seine Antwort? „Nun nimm dir doch schon endlich das Leben.“ Es wäre eins gewesen, das sie nie richtig gehabt hat. Die Mutter stirbt früh (Suizid), der Vater heiratet eine bekannte Sängerin, in deren Gesangslehrer verliebt sie sich unglücklich, das Kunststudium bricht sie ab, nachdem ihr ein Kunstpreis verweigert wird, was sie aufrecht hält, ist ihre bemerkenswerte Malerei, nein eigentlich ist es das eindrucksvolle Gesamtkunstwerk. Leben? Oder Theater? Wir wählen die Freiheit. Von Thomas Hirsch Eine Retrospektive ist immer eine heikle Sache. Sie hat die Verpflichtung, alle relevanten Werkphasen zu berücksichtigen und weckt die Erwartung auf neue Erkenntnisse. Für die Ausstellung von Sigmar Polke in Köln bedeutete dies, eine Vielzahl künstlerischer Medien „Höhere Wesen und experimenteller Methoden einzubeziehen. befahlen“ Polke, der 1941 in Schlesien geboren wurde, an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Gerhard Hoehme und K.O. Götz studiert hat und später Professor in Hamburg war, ist 2010 in Köln gestorben. Seit langem gehört er mit Baselitz, Anselm Kiefer und Gerhard Richter zu den weltweit renommierten Malern aus Deutschland. Das überrascht insofern, als sich sein Werk wie ein Chamäleon verhält und jeder schnellen Rubrizierung entzieht. Es ist aufregend disparat. Ausgehend von der realistischen Malerei, in der er sich auch mit der Abstraktion auseinandersetzt und die Pop Art berührt, schlägt Polke frühzeitig verschiedene stilistische Modi ein. Seit Beginn der 80er Jahre erneuert er sein Werk sozusagen, indem er mit wechselnden Malmaterialien und mit chemischen Methoden arbeitet und transparente Folien als Leinwände verwendet oder diese wiederum durch Folien verdeckt. Diese Hinterfragung der Malerei selbst – neben die u.a. das Filmen und die Fotografie sowie Objekte treten – verdeckt ein bisschen, dass Polke ein zutiefst gesellschaftskritischer Künstler war. Zusammen mit Gerhard Richter, Manfred Kuttner und Konrad Lueg hatte er 1963 den „Kapitalistischen Realismus“ als Stilrichtung proklamiert. Polkes zentrales Thema ist das gesellschaftliche Leben in Deutschland in blühenden wirtschaftlichen Zeiten mit der Verdrängung der Nazi-Verbrechen. Zur nachdenklichen Ironie und Doppelbödigkeit trägt bei, dass er auf die kitschigen Rapporte bedruckter Stoffe malt oder seine Darstellungen aus Rasterpunkten aufbaut. Er wehrte sich gegen die Vorstellung vom Künstler als Genie und kokettierte dazu mit der Kraft des Übersinnlichen. „Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen!“ (1969) heißt eines seiner bekanntesten, in Köln ausgestellten Gemälde: In eine weiß gemalte Leinwand ragt von oben eine schräge schwarze Fläche, im unteren Bereich ist wie mit Schreibmaschine der Titel notiert. So war das mit der Kunst und den Erwartungshaltungen. „Charlotte Salomon. Leben? Oder Theater?“ im Museum Bochum PETER ORTMANN „Charlotte Salomon: Leben? Oder Theater?“ | bis 22.5. Kunstmuseum Bochum | 0234 910 42 30 „Charlotte Salomon: Der Tod und die Malerin“ | Do 23.4. 19.30 Uhr MiR, Gelsenkirchen | 0209 409 72 00 Sigmar Polke im Museum Ludwig in Köln Thomas Hirsch Kunsthistoriker, Kurator und Journalist Werkschauen mochte er nicht, hatte aber eingewilligt, als eine Anfrage aus der sicheren Ferne, vom Museum of Modern Art in New York kam. Vorbereitet vom MOMA und der Tate Modern in London, ist diese Retrospektive nun in Köln zu sehen. In seiner gediegenen Schau versucht das Museum Ludwig den Maler und den kritischen Künstler gleichermaßen herauszuarbeiten. Ob Polke diese museale Wertschätzung gefallen hätte? „Sigmar Polke – Alibis“ | bis 5.7. | Museum Ludwig in Köln 0221 22 12 61 65 Abb.1: Sigmar Polke, Fensterfront, 1994 © The Estate of Sigmar Polke / VG Bild-Kunst Bonn, Foto: Rheinisches Bildarchiv 40 Sammlung „Das Material ist nicht für die Ewigkeit gedacht“ Der Recklinghäuser Museumschef zur Ruhrfestspiel-Installation von Daniel Buren ihm benutzten Streifen. Das Bild war ohne Botschaft. Das war ein ganz wichtiger Aspekt. Und er hat über Jahrzehnte geschafft, diese Grundidee immer weiter zu treiben. Bis man so weit war, das auch als schön zu empfinden. Also als Dekor in einem positiven Sinne. Aber es ist auch immer ein Eingriff – ob er in Weimar die Wände aufschlitzt oder am belgischen Strand diese Windfaden setzt. Da setzt er sich mit dem Wind und dem Licht und den Elementen auseinander, macht sie sozusagen erst sichtbar, und das ist eine wunderschöne Erscheinung, aber Deshalb harmonisiert Buren „Das hat eine räumliche, es ist eben auch mehr als nur jetzt das Festspielhaus? aber auch emotionale Wirkung und darum geht wunderschön. Harmonisiert – ich würde sagen, es uns eigentlich“ er verändert es. Harmonisiert ist Klar. Und das Prinzip für die eine ästhetische Kategorie. Insofern habe ich da auch nichts gegen. Da ist ein Farbwahl des Rasterbilds, ist das Zufall – wie Künstler, der eine Architektur verändert und so die bei Richters Domfenster in Köln? Möglichkeit gibt, sie unter anderen Blickwinkeln Nein. Die Auswahl der Farben, die Strukturierung zu sehen, sie gleichsam auflöst, und das ist ein sehr und Aufteilung der Farben geschieht nach einem System. Es ist kein Zufall. Es sind ja auch nur sehr interessanter Aspekt. wenige Farben, fünf, wenn man das Weiß mit hinDas wird also ein adhäsives Folien-Tête-à-Tête zuzählt. Und sie werden nach einer bestimmten Reihenfolge sortiert: nämlich nach dem Alphamit dem Besucher? So kann man das ausdrücken. Mir ist wichtig an bet. Also blau kommt vor grün, und weiß steht der Stelle, dass das Ganze ein immaterielles Werk am Ende. Buren fängt also links unten in der Ecke ist. Denn es geht nicht um die Folie, sondern es an und geht dann in die Schräge, über die ganze geht um das Licht. Das Licht, das in das Festspiel- Front. Das ist auf den ersten Blick ein etwas einfahaus hineinfällt oder aus der Kunsthalle heraustritt ches System, aber auch interessant, denn in jedem – eine Lichterscheinung in der Nacht – und einfach Land sieht es anders aus. Diese Treppenfolge ist da ist. Das hat eine räumliche, aber auch emotio- nicht kryptisch, wie bei Richters Zufalls-System. nale Wirkung, und darum geht es uns eigentlich. Und es gibt eine leichte Störung, das sind die weiDas Innen-Außen spielt am Festspielhaus eine sehr ßen Felder, die eben gestreift sind, und da tauchen dann sozusagen als Eigenzitat seine Streifen wiegroße Rolle. der auf. trailer: Herr Ullrich, war die Auswahl von Daniel Buren bei einem Blick der Ruhrfestspiele auf Frankreich zwangsläufig? Prof. Dr. Ferdinand Ullrich: Ich will nicht unbedingt sagen, dass die Auswahl von Buren zwangsläufig war, aber es lag auch nahe. Für mich ist es eine Gelegenheit gewesen, einen Künstler, den ich in seiner Radikalität sehr schätze, dafür anzusprechen. Und habe ihn kennengelernt als einen ausgesprochen sympathischen, unprätentiösen Künstler. Also kein Konzept von Farbenlehre? Nein. Es ist keine Farbenlehre. Außer die dümmste aller Farbenehren, wenn man so will, nämlich die des Alphabets. (lacht) Daniel Buren in Paris. Ein durchaus radikaler Künstler, der das Bild an sich in Frage gestellt hat, Foto: Ferdinand Ullrich Ist dieses Konzept der Verfremdung wichtiger als eine immanente Form der Dekoration? Der Begriff der Dekoration kommt vielleicht schnell auf. Aber man muss eben die ganze Entwicklung von Daniel Buren sehen. Er war ja Ende der 1970er, Anfang der 80er Jahre, aus der 68er-Bewegung kommend, ein durchaus radikaler Künstler, der das Bild an sich in Frage gestellt hat. Durch die von Warum gibt es keine Ausstellung in der Kunsthalle Recklinghausen? Also die Kunsthalle ist belegt. Sie wird ab dem 13. Mai an einer großen China-Ausstellung beteiligt sein und chinesische Malerei zeigen. Das war sehr lange vorgeplant, aber es hat den dringlichen Wunsch gegeben, auch eine Ruhrfestspiele-Ausstellung zu veranstalten. Und dann haben wir aus der Not, die wir hatten, eine Tugend gemacht. Also dann versuchen wir doch im öffentlichen Raum etwas zu machen und gleichzeitig die Gebäude, die Architekturen, die bei den Ruhrfestspielen eine Rolle spielen, das Festspielhaus auf der einen Seite und die Kunsthalle auf der anderen, mit ins Spiel zu bringen und dort von innen auch nach außen zu strahlen. Also eine Installation an den Fenstern? Ja. An den beiden Fassaden des Festspielhauses und der Kunsthalle. 41 ZUR PERSON 1972-78 Studium der Bildenden Kunst an der Kunstakademie Münster. Meisterschüler bei Timm Ulrichs. 1978-81 Studium Kunstgeschichte, Philosophie und Pädagogik an der RUB Bochum. Promotion über die Künstlergruppe „junger westen“. Seit 1988 ist Ferdinand Ullrich Direktor der Museen der Stadt Recklinghausen, seit 2002 Honorarprofessor für Kunst und Öffentlichkeit an der Kunstakademie Münster. Foto: Kunsthalle Recklinghausen Wenn die Kunst von Buren so ein Mehrwert ist für die Festspielhalle, warum bleibt so was nicht dauerhaft? Unser Wunsch wäre es durchaus, so etwas dauerhaft zu installieren. Dann müsste man aber über einen Ankauf des Werkes diskutieren. Und das kostet natürlich viel Geld. Zunächst ist es temporär gedacht und auch so angelegt. Das hat auch mit den Materialien zu tun – die sind nicht für ewig gedacht. Ansonsten müsste man die Gläser selber farbig einpassen und das wäre eher etwas, wenn man neu bauen würde. Die Folien halten schon eine Weile, aber eben nicht ewig. Sie werden dann hinterher wieder abgenommen. Das kalkulieren wir mit ein, und es muss dann auch relativ flott gehen, denn die dürfen nicht zu fest kleben. INTERVIEW: PETER ORTMANN Ruhrfestspiele | 1.5.-14.6. | Recklinghausen, Marl und Herten | www.ruhrfestspiele.de RuhrKunst Aus der Tiefe Abb. 1 Arnulf Rainer im Kunstmuseum Ahlen Das Kunstmuseum Ahlen macht regelmäßig mit hochkarätigen Werkschauen zur Gegenwartskunst von sich reden. Dies trifft nun erst recht auf die Ausstellung mit Arnulf Rainer zu. Äußerer Anlass ist der 85. Geburtstag des Malers und Zeichners, der seit den 1970er Jahren über sein Heimatland Österreich hinaus internationales Renommee besitzt. Die Malerei von Arnulf Rainer basiert auf den Avantgarden der Nachkriegsjahrzehnte. Sein Gestus ist expressiv, mithin spontan und ausufernd, aber doch kontrolliert und in der Auseinandersetzung mit dem Purismus von ZERO geschult. Dazu gehört die Rücknahme der Buntfarbigkeit zugunsten der Hinwendung zum Schwarz. Und Rainer bringt, ähnlich der theatralischen Inszenierung der Wiener Aktionisten, die eigene Körperlichkeit ein. Er hat sich fotografiert und diese s/w-Fotos impulsiv über- und partiell zugemalt. Der Grad der Übermalung wechselt, trägt mitunter etwas von einem Vorhang, der sich öffnet oder verschließt. Das Gesicht grimassiert oder ist in sich gekehrt. Arnulf Rainer behält die prozessuale Überzeichnung des fotografischen Selbstporträts über die Jahrzehnte hinweg bei, das ist eine der Erkenntnisse dieser Ausstellung. Deutlich wird auch, wie sich aus der einzelnen fließenden Linie ein dunkler Schleier entwickelt, der zur Kreuzform als bildstiftendem Motiv zwischen Stabilität und Bewegtheit führt. Die Kunst von Arnulf Rainer ist durch und durch existenziell und mit Energie und Intensität aufgeladen: Hier geht ein Künstler aufs Ganze. Zu den Leistungen des Kunstmuseums Ahlen gehört, dieses Werk von seinen Anfängen an vorzustellen und dabei die Schwerpunkte herauszuarbeiten. Nun sehen wir auch das Spätwerk mit den rein malerischen bildfüllenden Farbschlieren, die noch die Aspekte des Kontemplativen und Sakralen betonen, und den Übermalungen fotografischer Reproduktionen von Meisterwerken der Kunstgeschichte. Und auch wenn diese Bilder nicht mehr die Härte früherer Jahre besitzen, führt auch hier die Linie zu Implosionen und Neuinterpretationen. In der Zerstörung steckt bei Arnulf Rainer doch der Schöpfungsgedanke. THOMAS HIRSCH „Arnulf Rainer. Malerei, Arbeiten auf Papier“ bis 26.4. | Kunstmuseum Ahlen | 02382 918 30 Abb. 1: Arnulf Rainer, O.T., 1998/99, Ölkreide, Öl auf Papier auf Holz, 81,5 x 123 cm, © Atelier Arnulf Rainer, Foto: Robert Zahornicky, VG Bild-Kunst, Bonn Leben zeichnen Abb. 2 Kunst aus Israel in Mülheim Erstaunlich, was Zeichnung alles ist. Sie kann unmittelbare, spontane Geste sein wie auch tastende Aneignung. Sie steht knapp und krude auf der Fläche und dann wieder formuliert sie räumliche Tiefe. Sie besteht aus den Strichen für Barthaare, kann opulent die Grenze zur Malerei überschreiten und sich mit der Collage verbünden und sogar Skulptur sein. Oder sie liegt im Video als gemächliche Bewegung vor: In der eindrucksvollen Ausstellung „Konturen des Alltags“ im Kunstmuseum Mülheim handelt es sich um das Auflösen von Teeblättern. Dahinter ist, auf Abstand gerückt, die Kulisse der Stadt Tel Aviv zu sehen. Die statische Perspektive – eine Kamera filmt durch ein Teeglas – verhält sich zwischen träumerischer Poesie und harter historischer Erinnerung, dann wenn wir die dunklen Partikel als Fetzen verbrannten Papiers deuten. Aber das ist nur eine, eher diskrete Ebene dieser Ausstellung von vier etablierten Künstlern der mittleren bis jungen Generation aus Israel. Die andere, deutlichere Ebene ist der Alltag mit seinen zwischenmenschlichen Beziehungen, aber auch der prekären, von Krieg und Konflikten gekennzeichneten Gegenwart Israels. Zeichnung wird hier zum geeigneten Medium, mitunter auch Psychogramm, so auch im Kunstmuseum in der Alten Post. Initiator der Ausstellung ist der in Duisburg lebende Gil Shachar. In Mülheim zeigt er seine hyperrealistischen Abgüsse von Büsten und von teils eingerissenen Papieren, auf welche er Schattenporträts gezeichnet hat. Yoav Efrati ist mit einer lapidaren Zeichnungsserie vertreten, welche Streit, Harmonie und Rollenverhalten im familiären Bereich vor Augen führt. Yitzhak Golombek eignet sich die Alltagswelt mit frei umkreisenden Zeichnungen und plastischen Anordnungen gewöhnlicher Gegenstände an. Und Talia Keinan, von der auch das Video stammt, zeichnet virtuos Transformationen, die in ihrer unglaublichen Schönheit niemals nur sind, was sie vorgeben. Im Kunstmuseum Mülheim zeigt die „Kunst aus Israel“ nicht das, was wir reflexartig annehmen, aber sie schließt es auch nicht aus. THOMAS HIRSCH „Zeitgenössische Kunst aus Israel“ | bis 26.4. Kunstmuseum Mülheim a.d. Ruhr | 0208 455 41 38 trailer verlost 1x2 Karten für „Konturen des Alltags“ E-Mail bis 12.4. an [email protected] Kennwort: Konturen des Alltags Abb. 2: Gil Shachar, O.T., 2012, Bleistift auf Epoxydharz, 70 x 100 x 6 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn, Foto: Egbert Trogemann 42 Raum für die Kunst der Kölner Liste, Foto: Presse Der Wert von Allem Anders als die anderen. Die Kölner Liste Kunst ist längst abgekoppelt von der Kunst selbst. Was heute als wichtiges Werk definiert wird, entscheiden immer häufiger Protagonisten, die entweder mit der Materie selbst überhaupt nichts zu tun haben (Banker, Hedgefonds-Manager, Kriminelle) oder solche, die an hohen Preisen partizipieren, ohne selbst tatsächlich involviert zu sein, der Fall Achenbach war in NRW sicher ein gelungenes Beispiel. Aber es gibt sie natürlich noch, die Arbeiten ohne merkwürdige Provenienz, ohne Potential als Kunstaktie, ohne Wenn und Aber. Man muss sie eben nur finden. Die Messe „Kölner Liste“ ist eine solche Entdeckermesse für zeitgenössische Kunst. Hier kann der Sammler oder der, der es noch werden will, durch 30 Galerieprogramme und Projekträume flanieren, auf der Suche nach dem kommenden Star oder nach dem Lieblingswerk des Spaziergangs. Erschwinglich ist das alles allemal, gemäßigtes Preissegment ist da der verschleiernde Fachbegriff, der natürlich auch signalisiert: Hier gibt’s wohl nichts für einen Apfel oder ein Ei. Wählen kann man zwischen Malerei, Zeichnungen und Grafik über Skulpturen bis hin zur Installationen, Video-Kunst und Performance. Einfach ist der Kunstkauf eben nicht, und vergessen Sie den Begriff Wachstumspotential, der ist genauso irreführend wie der Begriff Gewinnchance. Gekauft werden sollte ausschließlich nach Gefallen und nicht nach monetären Erwägungen. Das geht meistens schief. Anders ist das natürlich in der Kölner Parallelmesse Art Cologne. Hier versucht man, das Niveau von Basel oder Maastricht zu erreichen. Selbst ein Kaufhaus für Reiche zu werden, die auch gern einmal Unsummen für Alte Meister hinblättern. Angesichts dieser Entwicklung nimmt die Kölner Liste ihre Aufgabe, Kunstliebhabern und jungen Sammlern eine Orientierungsplattform zu bieten, sehr ernst. Ein Van-Gogh-Aquarell für zehn Millionen Dollar wie in Maastricht angeboten, wird man zwar auf der Kölner Liste 2015 nicht finden, dafür aber vielleicht das eindrucksvolle Portrait einer freizügigen Lady mit Schlange von Mariano-Vargas. PETER ORTMANN Kölner Liste | Do 16.4. - So 19.4. | Dock.One, Köln kölner-liste.org Kunst-Kalender KREFELD – Haus Esters/Haus Lange www.kunstmuseenkrefeld.de Imi Knoebel / David Reed bis 23.8. Zwei international arrivierte Vertreter der gegenstandsfreien Malerei, die Farbe und deren Präsenz behandeln und dazu völlig verschiedene Wege einschlagen LEVERKUSEN – Museum Morsbroich www.museum-morsbroich.de more Konzeption Conception now bis 19.4. Ausgehend von einer Ausstellung zur Konzeptkunst 1969 am selben Ort, werden konzeptuelle künstlerische Beiträge der jüngsten Zeit präsentiert MARL – Skulpturenmuseum Glaskasten www.skulpturenmuseum-glaskasten-marl.de Gerlinde Beck bis 12.4. Vorgestellt werden die Raumchoreografien und Klangstraßen der Bildhauerin (1930-2006), die mit einem stereometrischen Vokabular Musik und Tanz umschreibt MÜLHEIM – Kunstmuseum www.kunstmuseum-mh.de Konturen des Alltags bis 26.4. Vier Künstler aus Israel, die mit unterschiedlichen, meist auf der Zeichnung basierenden Medien das Prekäre und Gewöhnliche ihres Alltags aufgreifen OBERHAUSEN – Ludwiggalerie www.ludwiggalerie.de Ralph Fleck, Alpenstück 14/VIII, 1989, Öl auf Leinwand, 200 x 250 cm, Privatsammlung, © VG Bild-Kunst, Bonn; Foto: Henning Krause, Ausstellung Küppersmühle Duisburg Museumslandschaft NRW PADERBORN – Städtische Galerie AHLEN – Kunstmuseum www.kunstmuseum-ahlen.de Arnulf Rainer bis 26.4. Werkschau zum 85. Geburtstag des großen österreichischen Künstlers, der v.a. mit seinen eruptiven Durchstreichungen des eigenen Porträts bekannt wurde DORTMUND – Museum Ostwall HERFORD – Marta www.museumostwall.dortmund.de marta-herford.de Arche Noah bis 12.4. Anhand von Kunst der Moderne bis heute wird beleuchtet, wie sich unser Verhältnis zur Tierwelt gewandelt hat und heute Wissenschaft als Thema mitschwingt BEDBURG-HAU – Museum Moyland (Un)möglich! bis 31.5. Reale und fiktive, teils auch „unmögliche“ Architekturen und Konzepte von Künstlern wie Theo van Doesburg über Constant bis hin zu Thomas Schütte und Caroline Bayer DÜSSELDORF – K20 moyland.de www.kunstsammlung.de Around the World bis 26.4. Farbfotografie vor 1914 aus der Sammlung des Bankiers Albert Kahn, die heute hohe ethnographische, dokumentarische und künstlerische Bedeutung besitzt. Günther Uecker bis 10.5. Der Düsseldorfer „Nagel“-Künstler und Hauptvertreter der ZERO-Bewegung mit mehreren wichtigen Installationen und Nagelreliefs zum 85. Geburtstag BOCHUM – Kunstmuseum www.kunstmuseumbochum.de Charlotte Salomon bis 25.5. Die rund 800, ergreifenden Blätter der Bildfolge „Leben? Oder Theater?“ der jüdischen Künstlerin, die 26-jährig im KZ Auschwitz ermordet wurde Herlinde Koelbl bis 3.5. Werkschau der Münchner Fotografin, die v.a. mit ihren Langzeitstudien von Politikern bekannt wurde und systematisch Aspekte der deutschen Gesellschaft untersucht KÖLN – Museum für Angewandte Kunst DUISBURG – Museum Küppersmühle www.makk.de System Design bis 7.6. Systeme als ordnungs- und chaosstiftende bildnerische und funktionale Verfahren im Design der letzten 100 Jahre mit Werken u.a. von Breuer und Wagenfeld www.museum-kueppersmuehle.de KÖLN – Käthe Kollwitz Museum Ralph Fleck bis 26.4. Eine Übersicht zum Freiburger Maler, der mit seiner „malerischen“, anfänglich expressiven Malerei Bücherregale, Stadtansichten, Alpen u.a. in Reihen festhält www.kollwitz.de BONN – Bundeskunsthalle DUISBURG – Lehmbruck Museum www.kah-bonn.de www.lehmbruckmuseum.de KÖLN – Museum Ludwig Karl Lagerfeld bis 13.9. Karl Lagerfelds Beiträge zur Mode – als Skizze, Fotografie, Accessoire, Kulisse und fertiges Kleidungsstück – in einem Überblick, der sechs Jahrzehnte umfasst Wiebke Siem bis 19.4. Mit ihren realistischen gegenständlichen und figürlichen Fragmenten thematisiert Wiebke Siem (*1954) die Erinnerung an alltägliche Geborgenheit und Kindheit BONN – Kunstmuseum ESSEN – Museum Folkwang www.kunstmuseum-bonn.de www.museum-folkwang.de KÖLN – Museum für Ostasiatische Kunst Larry Sultan bis 17.5. Der kalifornische Fotograf (19462009) mit seiner ersten deutschen Retrospektive, die seinen konzeptuellen Ansatz und seine investigative Dokumentation verdeutlicht Detlef Orlopp bis 19.4. Werkschau des Fotografen (*1937) mit den frühen Porträts und den zeitlich entrückten s/w-Aufnahmen von Landschaftsstrukturen und Wasseroberflächen Boro – Stoffe des Lebens bis 2.8. Eindrucksvolle Flicken-Kleidungen, die von der japanischen Landbevölkerung aus eigentlich kostbaren BaumwollGewändern zusammengenäht wurden Karin Kneffel bis 19.4. Die wichtige, in Düsseldorf lebende, an der Münchner Kunstakademie lehrende gegenständliche Malerin mit ihren Aquarellen vor allem der letzten Jahre www.museum-ludwig.de Sigmar Polke 14.3.-5.7. Retrospektive zum berühmten Künstler, der in seiner oft gesellschaftskritischen Malerei experimentell gearbeitet und auch Filme, Fotografien, Objekte u.a. geschaffen hat www.museenkoeln.de KÖLN – Römisch-Germanisches Museum BOTTROP – Museum Quadrat HAGEN – Osthaus Museum www.quadrat-bottrop.de www.osthausmuseum.de Ricarda Saro bis 24.5. Der aus Spanien stammende Maler mit seinen gegenstandsfreien bildnerischen Untersuchungen der Farbe und von Farbwirkungen im schichtweisen Auftrag Hundertwasser bis 10.5. Werkschau des österreichischen Universalkünstlers, der mit seinen Gemälden und Architekturen und mit seinem ökologischen Engagement berühmt wurde www.museenkoeln.de 43 Göbekli Tepe bis 26.4. Vorgestellt werden die archäologischen Ausgrabungen am Berg Göbekli Tepe in der Südosttürkei, wo sich im frühen Neolithikum ein Bergheiligtum befand www.brueghel-ausstellung.de Die Brueghel-Familie bis 21.6. Die berühmte flämische Malerfamilie aus dem 16. und 17. Jahrhundert mit vier Generationen, die sich unterschiedlichen motivischen Schwerpunkten widmeten REMAGEN – Bahnhof Rolandseck www.arpmuseum.org Revolution der Bilder bis 6.9. Eine Ausstellung der Kunstkammer Rau zu drei Jahrhunderten französischer Malerei mit Werken etwa von Claude Monet, Poussin und Auguste Renoir SIEGEN – Museum für Gegenwartskunst www.mgk-siegen.de Lucian Freud und das Tier bis 7.6. Tierdarstellungen, teils in Verbindung mit Menschen, des britischen Malers (19222011), der mit drastisch realistischen Porträts berühmt wurde WUPPERTAL – Neuer Kunstverein www.neuerkunstvereinwuppertal.de hobbypopMUSEUM 18.4.-10.5. Die aus Düsseldorf stammende Gruppe mit sechs Künstlern bzw. Architekten, die in der Zusammenarbeit vor Ort eine begehbare malerische Installation schaffen WUPPERTAL – Von der Heydt-Kunsthalle www.von-der-heydt-kunsthalle.de Jan Albers bis 28.6. Neuere Arbeiten des Düsseldorfer Künstlers (geb. 1971), der in der Auseinandersetzung mit Farbe und Struktur Malerei als Medium befragt WUPPERTAL – Waldfrieden www.skulpturenpark-waldfrieden.de Erwin Wurm 11.4.-12.7. Der angesagte österreichische Künstler, der in seinen Werken der skulpturalen Verfasstheit des menschlichen Körpers nachgeht, hier nun am Modus Haus Empfehlungen von Thomas Hirsch Zentrum für Internationale Lichtkunst Unna RWE Stiftung für Energie und Gesellschaft INTERNATIONAL LIGHT ART AWARD 2015 Exhibition THE FUTURE OF LIGHT ART Martin Hesselmeier & Andreas Muxel Iván Navarro Dirk Vollenbroich Zentrum für Internationale Lichtkunst Unna Centre for International Light Art Unna Lindenplatz 1 – 59423 Unna www.ilaa.eu | Facebook: ILAA www.lichtkunst-unna.de culture club präsentiert: Fotografie Die Entdeckermesse für zeitgenössische Kunst in Köln,The New Yorker | DOCK.ONE Hafenstraße 1 | 51063 Köln Do – Sa 13 – 21 h | So 10 – 18 h mit ArtBrunch Ticket inkl. Katalog 13 | erm. 9 www.koelner-liste.org culture club präsentiert: Ballett HERLINDE KOELBL: AUSSTELLUNG LIVE: IWAN DER SCHRECKLICHE Mit ihren fotografischen Langzeitprojekten gehört Herlinde Koelbl zu den prominentesten Fotografen in Deutschland. Dabei liegt ihren Aufnahmen ein konzeptueller Ansatz zugrunde, so bezieht sie Videointerviews und Texte ein. Ihre wohl bekannteste Serie „Spuren der Macht“ porträtiert dokumentarisch in regelmäßigen Abständen deutsche Spitzenpolitiker. Die Ludwiggalerie unternimmt nun einen Überblick über Koelbls Gesamtwerk. Juri Grigorowitsch inszeniert mit dem Bolschoi Theater die tragische Geschichte von Iwan IV in gleichermaßen starkem und anmutigem Tanz. Seine Choreografie voller Energie, Stärke und wilder Sprünge, beinhaltet auch große Anmut und Zartheit in den weiblichen Rollen. Erleben Sie diese wundervolle theatralische Erfahrung live auf der Leinwand! Ludwiggalerie Oberhausen Konrad-Adenauer-Alle 46 46049 Oberhausen Tickets: 0208 412 49 28 trailer verlost 3x2 Karten für einen Wunschtermin. E-Mail bis zum 13.4. an [email protected] Kennwort: Herlinde Koelbl Ausstellung bis So 3.5. CineStar Dortmund Steinstraße 44 44147 Dortmund 0451 7030200 trailer verlost 2x2 Karten. E-Mail bis 12.4. an [email protected] Kennwort: Iwan Dortmund So 19.4. 17 Uhr Auswahl RUHRGEBIET KULTURKANAL So 26.4. 14 Uhr Schiffsparade Kulturkanal 2015 Charlotte Salomon, aus: Leben? oder Theater? 1940-1942, Collection Jewish Historical Museum, © Charlotte Salomon Foundation Vom Ufer oder an Bord feierten letztes Jahr rund 10.000 Besucher die Schiffsparade auf dem Rhein-Herne-Kanal, welche die Fahrgastschiffsaison offiziell eröffnete. Auch 2015 versammeln sich an der Schleuse Gelsenkirchen wieder Passagierschiffe und Motoryachten – in diesem Jahr sind außerdem Kanuten und Ruderer dabei. Um 14 Uhr macht sich die Parade auf den Weg zum Kaisergarten Oberhausen, in dem das feierliche Abschlussfest die Kapitäne und Fahrgäste mit Verpflegung, Musik, Blasorchester und Chor erwartet. Wer nicht nur zusehen, sondern live dabei sein will, kann Tickets für Fahrten ab Mülheim, Duisburg, Oberhausen, Gelsenkirchen, Herne und Recklinghausen erwerben. Infos: www.kulturkanal.ruhr Die fast 800 Blätter umfassende Bildfolge „Leben? oder Theater?“, die Charlotte Salomon zwischen 1940 und 1942 gemalt und gezeichnet hat, ist ein intensives, berührendes Zeugnis ihres Lebens in diesen Jahren. Aber es ist auch aus kunsthistorischer Sicht ein außerordentliches Ereignis. Angefertigt zur psychischen Therapie, findet Charlotte Salomon, die als Jüdin 1943 im Alter von 26 Jahren in Auschwitz ermordet wurde, hier zu modernen Ausdrucksformen des Narrativen und Szenischen, die weit ihrer Zeit voraus waren. Info: 0234 910 42 30 SISSIKINGKONG DORTMUND WESTFALENHALLE DIVERSE ORTE Deichkind Di 14.4. - So 19.4. Internationales Frauenfilmfestival Dortmund | Köln BAHNHOF LANGENDREER Mi 1.4. 19 Uhr Antilopen Gang bis 25.5., Di-So 10-17, Mi 10-20 Uhr Charlotte Salomon DÜSSELDORF CAPITOL THEATER tap dogs Locas In Love Schon seit Jahren gehören die Kölner Locas In Love zu den besten Indie-PopBands der Republik. Der folgerichtige Erfolg kam verzögert, ist mittlerweile aber da: Das großartige neue Album mit dem irrwitzigen Titel „Use Your Illusion 3&4“ (na, klingelt was?) erreichte als erstes in der Bandgeschichte die Charts. Dementsprechend voll könnte es im kleinen Sissikingkong werden. Am besten früh kommen, denn das sich der Besuch lohnt, steht außer Frage. Info: 0231 728 25 78 In punkto Erfolg, scheint es für Deichkind nach oben keine Grenze zu geben: Ihre Shows werden schon seit vielen Jahren gefeiert, jetzt sind sie mit ihrem neuen Album „Niveau Weshalb Warum“ auch noch auf Platz 1 der Albumcharts gelandet – erstmals in ihrer Karriere. Nach diesem Triumph geht es für die Hamburger wieder auf Tour, und man kann sich sicher sein, dass sie auch dieses Mal ein irrwitziges Electro-Rap-Feuerwerk abbrennen werden. Info: 0231 120 46 66 Foto: Ralf Brinkhoff In seiner Garage brachte der Australier Dein Perry sich nach der Schule gemeinsam mit Freunden den Stepptanz bei. Abgeschreckt von den spärlichen Berufsmöglichkeiten arbeitete er schließlich jedoch als Stahlbauschlosser, bis er nach einigen Jahren erneut den Sprung ins Showbusiness wagte – und auch schaffte. Mit seinen Schulfreunden rief er die Formation Tap Brothers ins Leben, die später in tap dogs umbenannt wurde. Geprägt von seinem beruflichen Hintergrund verband er schnelle Stepptanzelemente mit dem industriellen Bühnenbild einer Baustelle und schuf so eine moderne Show. Seit ihrer Gründung haben tap dogs in rund 330 Städten getanzt und elf internationale Auszeichnungen erhalten. Tanz und Percussion in einer energiegeladenen Mischung. Info: 0211 15 92 62 60 trailer verlost 3x2 Karten für den 8.5. E-Mail bis zum 26.4. an [email protected], Kennwort: tap dogs DUISBURG LEHMBRUCK MUSEUM bis 19.4., Mi-Sa 12-18, Do 12-21, So 11-18 Uhr Wiebke Siem Wiebke Siem (*1954 in Kiel, lebt in Berlin) zählt hierzulande zu den wichtigen figürlichen Bildhauern der mittleren Generation; unlängst wurde sie für ihr Gesamtwerk mit dem Kaiserring in Goslar ausgezeichnet. Ihre Plastiken sind eher ESSEN MUSEUM FOLKWANG bis 31.5., Di-So 10-18, Do, Fr 10-20 Uhr Joan Mitchell – The Scetchbook Drawings Flankiert von einem großformatigen Gemälde auf Leinwand, werden line- r e m h e n e g n A t l a SAMMLUNG h t n fe IN BEWEGUNG Au Victor Vasarély, Orion, 1964 © VG Bild-Kunst, Bonn 2015 KUNSTMUSEUM „Komfort“ lautet das Thema des diesjährigen Internationalen Frauenfilmfestivals. Filme über die Arbeiterinnen im Ruhrgebiet oder die perspektivlose Jugend in den Banlieues sowie Diskussionen zu kritischen Themen wie der Frauenquote wagen sich über die Grenzen der Komfortzone. Die Ausstellung „to seek out, to explore, to doze, to snooze“ lädt ein, Komfort abseits des Films auf verschiedene Weisen zu erfahren und zu erkunden. Mit dem RWE Filmpreis in Höhe von 15.000 Euro sollen aufstrebende und still, konzentriert auf atmosphärisch aufgeladene Gesten, welche mitunter die Realität simulieren, vorgetragen in wechselnden Größenverhältnissen. Siem weckt Erinnerungen besonders an unsere Kindheit; sie hinterfragt unsere Vorstellungen von Heimat und Geborgenheit. Info: 0203 283 26 30 8.5.-16.8. Sa 25.4. 20 Uhr Sa 11.4. 20 Uhr BOCHUM Spätestens mit ihrem letztjährigen HitAlbum „Aversion“ ist die Düsseldorfer Antilopen Gang ihrem Ziel, deutschsprachigen Hip-Hop auf den Kopf zu stellen, ein gutes Stück nähergekommen. Gerade die Single „Beate Zschäpe hört U2“ hat in Sachen ‚Protestsong im Rap’ neue Maßstäbe gesetzt. Sprachlich geschliffen, politisch eindeutig und mit einem hintergründigen Witz. Jetzt ist das Trio abermals auf Tour, um mit ihrer Botschaft immer neue Fans zu erreichen. Info: 0234 687 16 10 renommierte Regisseurinnen gefördert werden. Es treten unter anderem Filme aus Südamerika, Fernost und dem Iran an. Der trailer Ruhr-Publikumspreis gibt zusätzlich den Zuschauerinnen und Zuschauern eine Stimme. Sechs Tage lang bietet das Internationale Frauenfilmfestival mit verschiedenen Filmreihen eine Plattform für die Beschäftigung mit Themen wie Nachhaltigkeit, Globalisierung und Arbeit sowie für persönliche Geschichten aus aller Welt und mehr. Info: www.frauenfilmfestival.eu 21.MÄRZ—30.AUGUST 2015 MUSEUM OSTWALL IM DORTMUNDER U LEONIE-REYGERS-TERRASSE 44137 DORTMUND WWW.MUSEUMOSTWALL.DORTMUND.DE Kulturpartner: 45 MO SCHAUFENSTER # 13 FLORIAN HÜTTNER REVIERE UMS DORTMUNDER U 8. MAI—30. AUGUST 2015 Auswahl Auswahl PACT ZOLLVEREIN Mi 8.4. - So 12.4. Kate McIntosh Portrait Die Neuseeländerin und ausgebildete Tänzerin Kate McIntosh arbeitet als Choreographin, Regisseurin und Performerin und wirkt an Arbeiten aus dem Bereich Theater, Performance, Videokunst und Installation mit. Mit Werken unter anderem von Wendy Houstoun und dem Meryl Tankard Australian Dance Theatre sowie mit selbst produzierten Stücken tourt McIntosh seit 1995 auch auf internationaler Ebene. Ihre Performancearbeiten „Dark Matters“ über das Sein oder Nichtsein, die Zeit und grundlegende philosophische Fragen sowie „All Ears“, ein Stück voller akustischer Experimente, stellte sie bereits 2010 und 2013 im pact Zollverein vor. An verschiedenen Tagen im April führt sie im Rahmen des „Kate McIntosh Portraits“ die Produktionen nun wieder auf und präsentiert zusätz- lich eine Video- und eine Live-Installation. Es findet außerdem ein Künstlerbrunch statt, zu dem sie in englischer Sprache von ihrer Arbeit erzählt. Info: www.pact-zollverein.de PHILHARMONIE ESSEN Sa 25.4. 20 Uhr Takeover! Clubbing By MIKI & Moonbootica Hip-Hop meets Klassik: Im Rahmen der „Takeover“-Reihe, in der ein kammermusikalisches Ensemble moderne Stücke interpretiert, kooperiert die Essener Philharmonie diesmal mit dem Hotel Shanghai. Crossover-Violinist MIKI spielt gemeinsam mit dem handmade Ensemble und dem Hamburger Musikprojekt Moonbootica. Dieses wurde von den DJs KoweSix und Tobitob gegründet. Ursprünglich als Partyreihe in einigen Hamburger Clubs gedacht, hat das Duo mit Moonbootica inzwischen ein eigenes Album veröffentlicht und internationale Referenzen gesammelt – unter anderem arbeiteten sie mit Robbie Williams und Hurts. Die Electro-Formation, das Ensemble und der Violinist laden zu einem gemeinsamen Konzertabend mit anschließender Clubnacht. Info: 0201 812 22 00 ZECHE CARL Di 14.4. 20 Uhr The Pains Of Being Pure At Heart In den letzten zwei Jahren hatten die New Yorker The Pains Of Being Pure At Heart eine schwere Prüfung zu bestehen: Gleich drei Mitglieder verließen die Band, bleiben ihr aber freundschaftlich verbunden. Vergangenes Jahr bestand die neue Formation rund um Frontmann Kip Berman ihre Feuertaufe mit dem neuen Album „Days Of Abandon“ auch live in Deutschland mit Bravour. Jetzt kommen die Indie-Popper mit den wunderbaren Melodien erneut auf Tour. Info: 0201 834 44 10 OBERHAUSEN LUDWIGGALERIE bis 3.5., Di-So 11-18 Uhr Rudolf Holtappel Aufbruch ins neue Jahrtausend prägnant und anschaulich vermittelt. Info: 0208 412 49 28 LUDWIGGALERIE bis 3.5., Di-So 11-18 Uhr Herlinde Koelbl Mit ihren fotografischen Langzeitprojekten gehört Herlinde Koelbl zu den prominentesten Fotografen in Deutschland. Dabei liegt ihren Aufnahmen, die seit den 1970er Jahren entstehen, ein konzeptueller Ansatz zugrunde, der sich noch in der Umsetzung äußert. So bezieht sie auch Videointerviews und Texte ein. Ihre wohl bekannteste Serie „Spuren der Macht“ porträtiert dokumentarisch in regelmäßigen Abständen deutsche Spitzenpolitiker. Die Ludwiggalerie unternimmt nun einen Überblick über Koelbls Gesamtwerk. Info: 0208 412 49 28 ZUSAMMENGESTELLT VON: THOMAS HIRSCH, ANNA LENKEWITZ, ALINA SEICHE, CHRISTIAN STEINBRINK Rudolf Holtappel (1923-2013) gehört zu den wichtigsten dokumentarischen Fotografen in Deutschland. Über Jahrzehnte hat er – mit Schwerpunkt auf den Menschen, etwa in seinen Kaufhaus-Szenen, Industrieaufnahmen und seiner Theaterfotografie – das alltägliche und das öffentliche Leben insbesondere im Ruhrgebiet festgehalten und auch die Wirtschaftswunderjahre, den Strukturwandel und den Meisterwerke der Druckgrafik: 26.04. | URBAN URTYP #41 PABLO PICASSO Marilyn Mazur Die Suite Vollard Veranstalter-Infos an: [email protected] trailer bietet Platz für freie AutorInnen! edenundteam.de ar sich verdichtende Farbzeichnungen aus einem Skizzenbuch vorgestellt. Die US-Amerikanerin Joan Mitchell (19251992), die 1959 nach Frankreich übergesiedelt ist und nahe bei Paris gelebt hat, gehört zu den bedeutenden, aber wenig bekannten Vertretern des Abstrakten Expressionismus. Ausgangspunkt ihrer Bilder sind Erlebnisse in der Natur – das ist nun auch Leitthema der ausgestellten Blätter, die bei aller Kleinheit monumental wirken und bei denen jeder Strich Sinn macht. Info: 0201 884 54 44 mit Makiko Hirabayashi Trio aus der Sammlung des Kunstmuseums Mülheim an der Ruhr 15. März –28. Juni 2015 03.04. | MATTHÄUS-PASSION 18.04. | LORD OF THE LOST 24.04. | JANUS christuskirche-bochum.de/tickets und an allen besseren VVK-Stellen. 46 culture club culture club culture club Auswahl IMPRESSUM präsentiert: Show präsentiert: Kino präsentiert: Film APASSIONATA – DIE GOLDENE SPUR M – EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER ELSER Die Erfolgsshow kehrt zurück: Erzähler Pierre nimmt das Publikum mit auf eine Reise in seine Jugend, die ihn des Nachts in ein Museum verschlägt. Als dieses Museum auf einmal zum Leben erwacht, findet sich Pierre inmitten einer fantastischen Welt wieder, der Gefühle von Liebe, Freundschaft und Freiheit zu Grunde liegen. Mensch und Pferd begegnen sich in abenteuerlicher Action, lustigen Showeinlagen und ergreifender Harmonie. In der Schwarzweiß-Großstadt von Fritz Lang geht ein Kindermörder um. „M“ (1931), das Lang mit seiner Ehefrau Thea von Harbou schrieb, gibt nach realen Fällen ein authentisches Porträt von Massenhysterie, Berliner Unterwelt und den damaligen Fahndungsmethoden der Polizei. Das Filmforum zeigt der Film in der Reihe Anfänge des deutschen Tonfilms. Am 8. November 1939 entgeht Adolf Hitler durch Zufall einem Bombenattentat. Der Einzeltäter wird gefasst und verhört. Das Drama vollzieht die Geschichte des einstigen Pazifisten Georg Elser und dessen schleichendes Erwachen zum Attentäter nach. Großartig gespielt, von Oliver Hirschbiegel schmerzhaft inszeniert. Hauptdarsteller Christian Friedel ist bei dieser besonderen Vorstellung zu Gast. ISS DOME Theodorstraße 281 40472 Düsseldorf 0211 892 77 00 filmforum Duisburg Dellplatz 16 47049 Duisburg 0203 28 54 73 trailer verlost 3x2 Karten. E-Mail bis 24.5. an [email protected] Kennwort: Apassionata So 31.5. 14 Uhr trailer verlost 3x2 Karten E-Mail bis 12.4. an [email protected] Kennwort: M Do 23.4. 18 Uhr Casablanca Filmtheater Kortumstraße 11 44787 Bochum 0234 325 91 77 trailer verlost 1x2 Karten. E-Mail bis 12.4. an [email protected] Kennwort: Elser So 19.4. 17.30 Uhr POST www.kulturkanal.ruhr AN DIE REDAKTION DEN FEMINISMUS HINÜBERRETTEN! betr.: Thema 0315 FRAUENMENSCHEN 2015 Erlebnispassage der Metropole Ruhr im Emscher Landschaftspark In Zeiten, in denen einen Birgit Kelle in Zeitungen und in Fernsehsendungen weiterhin ihre erzkonservativen Überzeugen zur Rolle der Frau, zu Homosexuellen und der richtigen Form der Liebe verbreiten darf, ist es immer Zeit für einen modernen Feminismus. Auch wenn sich die Gegner vielleicht gewandelt haben und heute andere Formen der Partizipation auf der Agenda stehen, die feministische Sache muss auch im 21. Jahrhundert für sich die passende Form finden. Herausgeber: trailer-ruhr Verlag Joachim Berndt, Büro Bochum Dr.-C.-Otto-Str. 196, 44879 Bochum Tel: 0234-94191-0, Fax: -91 E-Mail: [email protected] www.trailer-ruhr.de Chefredaktion: Maxi Braun (v.i.S.d.P.) Red. Mitarbeit an dieser Ausgabe: Silvia Bahl, Frank Brenner, Nathanael Brohammer, Hartmut Ernst, Sanje Gautam, Rolf-Ruediger Hamacher, Nina Heinrichs, Thomas Hirsch, Tom Jost, Timon-Karl Kaleyta, Anna Lenkewitz, Thomas Linden, Jules Lux, Karsten Mark, Lisa Mertens, Christian Meyer, Anne Nüme, Peter Ortmann, Jan Schliecker, Carla Schmidt, Frank Schorneck, Alina Seiche, Benjamin Seim, Christian Steinbrink, Nina Ryschawy, Jon Witte, Hans-Christoph Zimmermann Projektleitung: Birgit Michels Grafik: Amélie Kai, Dominik Empl, Thomas Müller Anzeigenverwaltung: BERNDT MEDIA Joachim Berndt Dr.-C.-Otto-Str. 196, 44879 Bochum Tel. 0234-94191-0, Fax -94191-91 E-Mail: [email protected] www.berndt-media.de Druckerei: Graphischer Betrieb Henke GmbH Engeldorfer Straße 25 50321 Brühl Buchhaltung: Karin Okniewski Alle nicht gesondert gekennzeichneten Bilder sind Pressefotos. Heute schon digitale Fingerabdrücke hinterlassen? trailerRuhr Die Auflage unterliegt der ständigen Kontrolle der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern. Durch Berndt Media werden auch folgende Kultur-, Kino- und Bildungsmagazine (Köln, Wuppertal, Aachen und Düsseldorf) vertreten: Von Gabriele F.-L. Schiffsparade 26.04.15 Erlebnisprogramm Foto-Caching+ Hafenfeste Wir freuen uns auf weitere Zuschriften oder Online-Kommentare [email protected] Regionalverband Ruhr Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor. Die veröffentlichten Kommentare geben nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder. trailer wird d auff 10 00 % Recyyclingpapieer gedrruckkt April 2015 www.trailer-ruhr.de Das MeinungsMagazin NUR EINE STUNDE RUHE! EIN FILM VON PATRICE LECONTE facebook.com/einestunderuhe ab 16.4. im Kino