Immobilien - PATRIZIA Immobilien AG
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PATRIZIA Immobilien k Die PATRIZIA Immobilien AG ist seit über 30 PATRIZIA Immobilien AG PATRIZIA Bürohaus Fuggerstraße 26 86150 Augsburg Telefon +49 821 50910 - 000 Telefax +49 821 50910 - 999 [email protected] www.patrizia.ag Jahren mit mehr als 800 Mitarbeitern in mehr als zehn Ländern als Investor und Dienstleister auf dem Immobilienmarkt tätig. Das Spektrum der PATRIZIA umfasst dabei den Ankauf, das Management, die Wertsteigerung und den Verkauf von Wohn- und Gewerbeimmobilien über eigene lizensierte Investmentplattformen. Als anerkannter Geschäftspartner agiert das Unternehmen gleichermaßen für große institutionelle Investoren wie auch für Privatanleger national und international und deckt die gesamte Wertschöpfungskette rund um die Immobilie ab. Derzeit betreut das Unternehmen ein Immobilienvermögen von rund 17 Mrd. Euro, größtenteils als Co-Investor und Portfoliomanager für Versicherungen, Altersvorsorgeeinrichtungen, Staatsfonds, Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Weitere Informationen finden Sie unter www.patrizia.ag. 2 magaz n 01|16 Inhalt Reif für die Insel Was haben Leonardo DiCaprio und Dieter Hallervorden gemeinsam? Beide sind stolze Besitzer eines Eilands. Und sie sind nicht allein. Was am Inselkauf so fasziniert – Markus Deselaers geht einem Phänomen auf den Grund. 22 Eisen & Granit Zimmer frei! Wenn sich Metall und Stein bei Josep Maria Sirvent in inniger Umarmung begegnen, ergänzen sie sich gegenseitig in Harmonie und Eleganz zu etwas Einzigartigem. Eine Werkschau. Lange Zeit verwehrten ihnen Anleger einen Platz in den Investmentkreisen. Aber das war einmal, denn: Egal, wie viele Sterne sie haben – am Investmenthimmel haben sich Hotelimmobilien inzwischen zum regelrechten Star gemausert. 8 30 Mehr als nur Gebäude 4 Dach über dem Kopf, Arbeitsplatz, historischer Zeitzeuge, Renditeobjekt, architektonische Schönheit oder gar Politikum. All das und noch vieles mehr ist die Immobilie. Christian Hunziker wagt einen Deutungsversuch. Aus der Not...12 ... kann durch innovative Konzepte durchaus auch eine Tugend werden. Oder wie im Fall des niederländischen Einzelhandelsmarktes eine Chance für neue Geschäftsmodelle. Autor Paul Wessels bleibt optimistisch. Flucht nach vorne 14 Der anhaltende Strom Vertriebener in Deutschland stellt die Immobilienwirtschaft vor eine ihrer größten Herausforderungen. Und diese nimmt sie an. Miriam Beul-Ramacher über eine Branche, die ein Stück zusammengerückt ist. 18 Von Risiko bis Renditeturbo Welche Motivation steckt hinter dem Wunsch, in Immobilien zu investieren? Dieser Frage sowie den unterschiedlichen Möglichkeiten, dies zu tun, geht Markus Gotzi nach. 26 Vom Eigentümer zum Mieter... ... und damit genau den umgekehrten Weg vieler europäischer Nachbarländer versuchen seit geraumer Zeit die Engländer einzuschlagen. David Hatcher über die Chancen, das „Einig Owner“-Land doch noch zur Mieteroase zu machen. 36 Gemeinsam Zukunft bauen Alexander Busl und Constanze Egger von der KinderHaus-Stiftung sprechen im Interview über Potenziale, Pläne, Prozesse und warum Stiftungsarbeit auch immer eine Herzensangelegenheit ist. IMPRESSUM Herausgeber: PATRIZIA Immobilien AG | PATRIZIA Bürohaus | Fuggerstraße 26 | 86150 Augsburg | Phone +49 821 50910-000 | Fax +49 821 50910-999 | [email protected] | www.patrizia.ag V.i.S.d.P.: Andreas Menke (Group Head of Corporate Communications) Verlag: vmm wirtschaftsverlag gmbh & co. kg | Augsburg | www.vmm-wirtschaftsverlag.de Autoren dieser Ausgabe: Simone Wipplinger (Chefredaktion), Miriam Beul-Ramacher, Markus Deselaers, Markus Gotzi, David Hatcher, Christian Hunziker, Susanne Stauß, Paul Wessels Bildquellen: Jutta Schär | akg-images: Rainer Hackenberg, ClassicStock/H. ARMSTRONG ROBERTS | Rainer Viertlböck | photocase.de: Joerg Schmalenberger | thinkstock: iStock/ chalabala/ryooota/LCalek | picture alliance: empics, dpa, Jochen Eckel , Neil Emmerson/ robertharding | Fotolia: © Dario Lo Presti | Josep Maria Sirvent | PATRIZIA Immobilien AG Grafik: Anne Gierlich, Nedim Hadzovic Lektorat: Martina Walz Druckerei: AZ Druck und Datentechnik, Kempten Disclaimer: Dieses Magazin stellt keine Anregung oder Aufforderung zum Kauf, Verkauf oder sonstigem Handel von Wertpapieren der PATRIZIA Immobilien AG dar. Die zur Verfügung gestellten Informationen und Daten bieten dem Leser einen Überblick über das Unternehmen zu Informationszwecken. Dieses Magazin enthält keine Informationen, aufgrund derer wertpapierrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden können. | | | 3 magaz n 01|16 kEDITORIAL k Die Unbewegliche… … so wird die Immobilie gerne genannt. Attribute wie starr und statisch werden ihr nachgesagt, ein unverrückbarer Sachwert ist sie, ein immobiles Wirtschaftsgut. Das alles trifft tatsächlich ja auch zu, vor allem wenn man streng nach dem Wortsinn des Begriffs „Immobilie“ geht. Dennoch: Für mich, als jemand, der sich der Immobilie seit über drei Jahrzehnten mit Haut und Haaren verschrieben hat, greifen all diese Auslegungen und Deutungen viel zu kurz! Denn in Wirklichkeit kenne ich selbst kaum etwas, das uns alle so bewegt wie diese vermeintlich Unbewegliche: Sie ist das Zuhause, in dem wir leben, der Ort, an dem Karriere stattfindet, der Raum, in dem Angebot und Nachfrage sich begegnen, und das Feriendomizil, das Träume wahr werden lässt. Sie ist der architektonische Zeitzeuge, der Jahrhunderte der Menschheitsgeschichte auf nur einen Blick anschaulich macht, der der Sonne, dem Wind und dem Regen getrotzt und Zeitgeist(er) kommen und gehen gesehen hat. Die Immobilie steht für Trauer und Verlust, wenn man durch Krieg und Vertreibung den Schutz des eigenen Heims verloren hat. Und sie symbolisiert gleichzeitig die Hoffnung all derer, die sich auf den Weg gemacht haben, ein neues Zuhause zu finden, in dem sie ohne Angst sein können. Natürlich ist die Immobilie auch Renditeobjekt, Rentenaufbesserer, Geldvermehrer und Investmentstrategie. Moralisch steht sie selbst dabei gänzlich über den Dingen, ist erhaben, manchmal erstaunt, aber stets duldsam angesichts der Tatsache, wie viel Raum für Spekulation und Kontroverse sie doch bietet. Ich selbst habe die Immobilie immer vor allem als Lebenswelt verstanden, mal im engeren und mal im weiteren Sinne, egal, ob privater Raum oder geschäftliche Nutzfläche. Ihr Fixpunkt ist dabei stets der Mensch. Genau das ist es übrigens, was die Arbeit mit Immobilien so spannend für mich, für uns alle bei PATRIZIA macht. Denn diese vermeintlich Unbewegliche fordert und bewegt uns alle zutiefst. Jeden Tag aufs Neue. Bewegten Lesespaß rund um die Immobilie wünscht Ihnen jetzt Ihr Wolfgang Egger Vorstandsvorsitzender PATRIZIA Immobilien AG 4 magaz n 01|16 Wirtschaftsgut mit Wohlfühlfaktor Wie man mit Immobilien Geld verdienen kann, bewegt viele Menschen. Doch die Immobilie ist mehr als ein beliebiges Sachgut. In Immobilien wird gewohnt, gearbeitet, geliebt und gestritten. Immobilien spiegeln gesellschaftliche Entwicklungen, prägen unsere Städte, befeuern architektonische Diskussionen und führen zu politischen Kontroversen. Ein Blick auf ein unbewegliches Gut, das die Menschen in unterschiedlichster Weise bewegt. magaz n 01|16 5 6 E in Frühlingstag in einem Dorf in der Mecklenburgischen Seenplatte. Der Hausherr führt seine Gäste durch das im späten 17. Jahrhundert errichtete Herrenhaus, in dem seit einigen Jahren ein Hotel untergebracht ist. Von den komplizierten verwandtschaftlichen Beziehungen der ursprünglichen Eigentümerfamilie erzählt der stolze Besitzer, vom verwahrlosten Zustand des Gebäudes in den Neunzigerjahren, von den Herausforderungen bei der Sanierung und davon, wie lange es gedauert hat, bis das Hotel profitabel war. Deutlich wird dabei: Für den Hotelier in Mecklenburg-Vorpommern ist das historische Herrenhaus zum Lebensinhalt geworden. Szenenwechsel. Wir schreiben das Jahr 2006. Der deutsche Immobilienmarkt ist ins Blickfeld internationaler Investoren geraten. Es ist die Zeit, in der die ExcelAkrobaten das Sagen haben – smarte Investmentspezialisten, die virtuos mit Zahlen umgehen, aber wenig Ahnung von Immobilien haben. Eine Besichtigung der Wohnanlagen, die sie kaufen, halten sie für überflüssig; schließlich locken traumhafte Renditen auf das Eigenkapital, wenn man denn den Leverage-Effekt zu nutzen weiß. Instandhaltungskosten? Unwichtig. Deutsches Mietrecht? „What the hell is a Mieterhöhungsklausel?“, soll ein Investor damals indigniert gefragt haben. „NICHT NUR UMMAUERTER MIET-ERTRAG“ Für diese Investoren, von denen sich nach dem Ende des Booms mancher eine blutige Nase holte, stellte die Immobilie schlicht und einfach ein Wirtschaftsgut dar, ähnlich wie Zahnpasta, Konservendosen oder Schrauben. Ganz anders die Sicht des Hoteliers in Mecklenburg-Vorpommern: Für ihn ist die Immobilie zwar ebenfalls ein Anlageobjekt, darüber hinaus aber auch ein emotionaler Wert. Damit trifft der Eigentümer den Kern der Immobilie besser als die Excel-Akrobaten. Denn die Immobilie ist mehr als steingewordenes Investmentziel. Sie ist der Ort, an dem sich Menschen zu Hause fühlen und ihrer Arbeit nachgehen; sie prägt unsere Städte und entfacht ästhetische Debatten; sie ist politischer Zankapfel und Gegenstand wirtschaftstheoretischer Grundsatzdebatten. „Häuser“, formulieren es der Immobilienökonom Tobias Just und der Fondsmanager Steffen Uttich in ihrem Buch „Es sind nicht nur Gebäude“, „können eben auch ein Zuhause sein – und nicht nur ummauerter Mietertrag“. magaz n 01|16 Derzeit allerdings steht in der öffentlichen Wahrnehmung der ummauerte Mietertrag im Vordergrund. „Reich werden mit Immobilien“ oder „Erfolgreich mit Immobilieninvestments“: Eine schwer zu überblickende Vielzahl an Publikationen mit diesen und ähnlichen Titeln gibt Privatleuten Tipps, wie sich mit Immobilien ein Vermögen aufbauen lässt. Dabei erwecken diese Bücher gelegentlich den irrigen Eindruck, bei einer Investition in Immobilien könne nichts schiefgehen. Pfiffige Vertriebsleute, die Pflegeapartments und Studentenwohnungen einzeln an Kapitalanleger verkaufen, haben den Begriff der „Rundumsorglos-Immobilie“ erfunden – und verschweigen dabei, dass eine Immobilie immer der sorgsamen Betreuung (sei es durch den Eigentümer selbst oder durch Dienstleister) bedarf, um eine ordentliche Rendite zu liefern. WIE GESELLSCHAFTLICHE ENTWICKLUNGEN DIE IMMOBILIE BEWEGEN Eine wesentliche Herausforderung beim Umgang mit Immobilien besteht darin, dass die Immobilie selbst zwar immobil ist und ihren Standort nicht verändern kann, sich aber in einem stetig wandelnden Umfeld befindet. Gesellschaftliche Veränderungen wirken sich immer auf Immobilien aus. So berichtet ein führender Projektentwickler, dass sein Unternehmen den Eingangsbereich von Bürogebäuden heute ganz anders plane als noch vor wenigen Jahren: nicht mehr großzügig repräsentativ, sondern mit Gemeinschaftsflächen, die zur Kommunikation einladen. Seit Zukunftsforscher den Trend zum Teilen (die sogenannte Shareconomy) ausgerufen haben, experimentieren Bauträger auch in Wohngebäuden mit gemeinsamen Aufenthaltsräumen und Großküchen. Und welche Folgen der boomende Onlinehandel hat, lässt sich bei Einzelhandelsimmobilien besichtigen. Am deutlichsten wird das Spannungsfeld zwischen der Unverrückbarkeit der Immobilie an sich und der Dynamik der gesellschaftlichen Veränderungen bei Wohnimmobilien. Es ist noch nicht lange her, da erklärte ein Vertreter der Berliner Wohnungswirtschaft, Einzimmerwohnungen seien quasi unvermietbar, da selbst Menschen mit kleinem Budget mindestens zwei Zimmer wollten. Heute, auf einem deutlich enger gewordenen Wohnungsmarkt, gelten in Großstädten 20 Quadratmeter kleine Mikroapartments als letzter Schrei und ultimativer Renditekick. Ein anderes Beispiel: In den Jahren 7 magaz n 01|16 nach der Jahrtausendwende brachen Städte wie Leipzig und Dresden mit staatlichen Fördermitteln Tausende von Wohnungen ab. Viele davon würden heute wieder dringend benötigt, zumal der Zustrom von Hunderttausenden schutzsuchender Menschen gerade sämtliche Bevölkerungsprognosen über den Haufen wirft. „Wir müssen auf Sicht fahren“, sagt deshalb die Vorstandschefin eines großen städtischen Wohnungsunternehmens, wenn man sie fragt, wie man vor dem Hintergrund der sich wandelnden Anforderungen Neubauten planen soll. Vielleicht hilft aber auch ein Blick in die Vergangenheit. Zu den beliebtesten Immobilien zählen die gut hundert Jahre alten Wohnungen aus der Gründerzeit, deren Grundrisse sich als ausgesprochen flexibel erwiesen haben. In ihnen leben heute Familien und kreative Freiberufler, sie dienen als Arztpraxen und Anwaltskanzleien, und die Läden im Erdgeschoss beherbergen manchmal Galerien und sogar Kindertagesstätten. ZANKAPFEL DER POLITIK Paradoxerweise waren es genau diese Wohnungen, die im frühen 20. Jahrhundert als menschenfeindliche Mietskasernen geschmäht wurden. „Man kann mit einer Wohnung einen Menschen genauso töten wie mit einer Axt“, sagte der Zeichner und Schriftsteller Heinrich Zille mit Blick auf heillos überbelegte Hinterhofwohnungen, in die kaum ein Sonnenstrahl fiel und in denen sich Schlafgänger im Schichtbetrieb ein Bett teilten. Immobilien, Wohnimmobilien zumal, sind eben immer auch ein soziales Gut. Sie bilden die Voraussetzung für ein menschenwürdiges Leben. Aus diesem Grund beschäftigt sich auch die Politik mit Immobilien. „Angesichts von Knappheiten auf immer mehr regionalen Wohnungsmärkten kommt der sozialen Sicherung angemessenen Wohnens eine besonders wichtige Rolle zu“, hält die Bundesregierung in ihrem jüngsten Wohngeldund Mietenbericht fest. In Deutschland sind nur wenige Wirtschaftsbereiche so stark reguliert wie der (Wohn-)Immobilienmarkt. Über die Angemessenheit der einzelnen Maßnahmen wie Mietpreisbremse und Kündigungsschutz mag man streiten; den Wohnungsmarkt aber komplett den freien Kräften des Marktes zu überlassen, können sich nur Immobilieninvestoren wünschen, für die soziale Verantwortung ein Fremdwort ist. „Bezahlbarer Wohnraum“ lautet die zentrale Forderung in der politischen Debatte. Immer öfter geht sie mit dem Vorschlag einher, aus Kostengründen energetische und ästhetische Standards zu senken. Doch ist das sinnvoll? Immobilien bleiben für Jahrzehnte oder Jahrhunderte stehen und prägen unsere Umwelt in dieser Zeit entscheidend. So ist es nur logisch, dass sich nicht nur Wirtschaftsexperten für Immobilien interessieren, sondern auch Kulturenthusiasten, wie immer wieder aufflammende Architektur- und Stadtplanungsdebatten – etwa über den Wiederaufbau der Altstadt von Frankfurt am Main oder die Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses – zeigen. Dass diese Debatten bei öffentlichen Gebäuden besonders intensiv geführt werden, ist kein Zufall. Immobilien sind eben nicht nur trautes Heim, sondern auch öffentlicher Treffpunkt. In Bahnhöfen und Einkaufszentren, in Theatern und Schwimmhallen, in Hotels und Restaurants treffen ganz unterschiedliche Menschen aufeinander. Diese Immobilien sind Bühnen des Miteinanders, gesellschaftliche Kristallisationspunkte, urbane Orte im besten Sinn. Selbst den Auswirkungen der Digitalisierung trotzt diese soziale Funktion: Jugendliche können sich zwar ein Leben ohne Smartphone nicht vorstellen, treffen sich aber trotzdem im Shoppingcenter, obwohl sie fast alles, was es dort zu kaufen gibt, im Internet bestellen können. Und obgleich man sich Tausende von Filmen per Streaming am heimischen Computer anschauen kann, strömen die Menschen weiter in die Kinos. Ja, die Immobilie ist ein Wirtschaftsgut. Aber ohne Immobilien gibt es keine Kommunikation, keine Kreativität, keine Geborgenheit, keine Gemeinschaft. Wer sein Geld in Immobilien investiert, tut gut daran, diese immateriellen Seiten der Immobilie im Auge zu behalten. v Christian Hunziker kCHRISTIAN HUNZIKER Christian Hunziker ist auch nach fast zwanzig Jahren als freier Immobilienjournalist noch immer fasziniert von der Vielfalt der Themen, die mit Immobilien verbunden sind. Dabei hat er ein ambivalentes Verhältnis zum Gegenstand seiner Berichterstattung. Wenn er ein Einkaufszentrum besucht, hat er spätestens nach zehn Minuten Kopfschmerzen und Fluchtgedanken. Dafür begeistern den studierten Historiker und Germanisten romanische Dorfkirchen, stilvolle Gründerzeithäuser und spannende Neubauten. Hunzikers journalistisches Thema ist die Immobilienwirtschaft in ihrer ganzen Bandbreite – von der Preisentwicklung von Wohnimmobilien in seiner Wahlheimat Berlin bis hin zum asiatischen Büroimmobilienmarkt. Lesen kann man die Ergebnisse seiner Recherchen u.a. im Handelsblatt, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und in diversen Fachzeitschriften. 8 magaz n 01|16 magaz n 01|16 Eine Branche professionalisiert sich Das Gasthaus zum Spessart, ein Highway-Motel, eine Luxusherberge: Hotels, Begegnungsstätten von Menschen unterschiedlichster Kulturen und individueller Schicksale, üben seit jeher eine Faszination auf Autoren und Filmemacher aus – auf Investoren hingegen eher weniger. Aus mangelndem Vertrauen in die Pächter und lückenhafter eigener Expertise galten Hotelimmobilien in Investmentkreisen lange Zeit als schwarze Schafe. Doch das war einmal. 9 10 I nsbesondere der deutsche Hotelinvestmentmarkt erlebt gerade eine Blütezeit. In 2015 lag sein bislang hochgerechneter Rekordumsatz bei rund 4,4 Milliarden Euro. Hotelexperten gehen von weiteren Zuwächsen aus und Investoren unterschiedlichster Couleur verlieren zunehmend ihre Furcht vor dem Exoten Hotelimmobilie. Die Hotellerie selbst präsentiert dabei inzwischen eine Vielzahl attraktiver Konzepte: vom seit der letzten Wirtschaftskrise gehypten Budgethotel über junge und legere Designmodelle, klassische Businesshäuser im 3- bis 4-Sterne-Segment oder neue Formen der Ferienhotellerie bis hin zu luxuriösen neuen Objekten oder außergewöhnlichen Konversionen restaurierter Botschaften oder herrschaftlicher Stadtvillen. Der Wandel im gesellschaftlichen Leben und die gewachsene Erwartung an die Flexibilität von Arbeitnehmern brachte zudem in den vergangenen Jahren Dynamik in eine hierzulande lange in einer Nische eingekuschelte Hotelspezies: die Longstay-Konzepte. „Die Nachfrage nach Hotelimmobilien ist auf einem Niveau, das es vorher so noch nicht gegeben hat“, erklärte Olivia Kaussen, Head of Hotels Germany & CEE bei CBRE, im November 2015. „Das betrifft nationale und in- PATRIZIA & HOTELS PATRIZIA verwaltet im Hotelbereich mittlerweile ein Immobilienvermögen von rund 400 Mio. Euro. Die meisten der aktuell 20 Hotelimmobilien entfallen auf den Spezialfonds „PATRIZIA Hotel-Invest Deutschland I“. Andere Häuser gehören zu den Spezialfonds „PATRIZIA Gewerbe-Immobilien Deutschland I“, „PATRIZIA Europa Plus Invest RABW“, „LB-VA Immoinvest“ oder wurden von der PATRIZIA GrundInvest für einen Privatanlegerfonds angekauft. Der PATRIZIA Hotel-Invest Deutschland I ist ein Immobilienspezialfonds, der in qualitativ hochwertige Hotelimmobilien im 2- bis 4-Sterne-Bereich in Deutschland investiert. Ziel ist der Aufbau eines langfristigen, ertrags- und wertbeständigen Portfolios, um einen stabilen Cashflow und nachhaltige Renditen für die Investoren zu erzielen. Der Investitionsfokus liegt auf Hotelimmobilien, deren wirtschaftliches Alter nicht über 15 Jahren liegt und die je nach Sternekategorie über 80 bis 200 Zimmer verfügen. Die Auswahl erfolgt nach anerkannten Hotel-Ratingverfahren und qualifizierter Bonitätsprüfung. Es wird eine breite geografische Streuung in guten Lagen von Großstädten bzw. Ballungsräumen mit Wachstumsperspektive angestrebt. magaz n 01|16 ternationale Investoren und Portfolios genauso wie einzelne Objekte.“ Zu den größten Deals des dritten Quartals 2015 in Deutschland zählten zwei Einzeltransaktionen im Segment vier bis fünf Sterne: Der Verkauf des Sofitel Munich Bayerpost mit 396 Zimmern und Suiten für geschätzte 180 Millionen Euro sowie der Eigentümerwechsel beim andel’s Hotel Berlin mit 557 Zimmern für insgesamt 105 Millionen Euro. Gehandelt wurden in diesem Zeitraum zudem zahlreiche Häuser im 2- bis 3-Sterne-Bereich wie beispielsweise das erst 2017 eröffnende Hampton by Hilton am Berliner Alexanderplatz, das Ibis-Hotel Hamburg Airport oder verschiedene B&B-Hotels. Als eine der einflussreichsten Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte auf die gesamte Branche bezeichnet Prof. Stephan A. Gerhard von der Treugast Solution Group aus München ihre inzwischen starke Industrialisierung. „Früher genügten schöne Zimmer und das ‚Betüddeln‘ der Gäste, heute ist die Hotellerie zum Immobilienbusiness geworden“, sagt er. „Hotels sind ein Handelsgut, bei dessen Handel in der Regel höhere Renditen entstehen als im Betrieb.“ Vorteile von Hotelimmobilien liegen auf der Hand: In bester Lage gibt es hier – im Gegensatz zu Büroimmobilien – keine Leerstände, langfristig vermietete Hotels bieten Renditen von bis zu sechs Prozent. Und ein Betreiberwechsel ist in den meisten Fällen kein Problem mehr, weil sich die Standards der großen Ketten sehr ähneln. „Früher noch als riskante Betreiberimmobilie verrufen, sind Hotels heute insbesondere aufgrund der langfristigen Miet-, Pacht- und Hybridverträge für viele Investoren attraktiv“, bestätigt auch Matthias Niemeyer, Vorsitzender der Plattform Hotelimmobilien des ZIA Zentraler Immobilien Ausschusses e.V. Der Ende 2015 gemeinsam von ZIA und Deloitte veröffentlichte Hotel-Investment-Survey 2015 unterstreicht diesen Wandel glasklar: 70 Prozent aller darin befragten Investoren gehen 2016 wieder von einer überdurchschnittlichen Nachfrage nach Hotelimmobilien in Deutschland aus. Damit sind Hotels das zweitbeliebteste Immobiliensegment nach Wohnimmobilien (78 Prozent). Businesshotels bleiben der am stärksten nachgefragte Beherbergungstyp. Über 90 Prozent geben an, bereits in dieses Segment investiert zu haben, 69 Prozent wollen dies auch in Zukunft verstärkt tun. Businesshotels in sehr guten Lagen, so Kay Constanze Strobl, Manager Real Estate & Hospitality der Deloitte & Touche GmbH, stünden weiterhin im Fokus der Investoren: „Zahlreiche professionelle Betreiber haben sich auf sie spezialisiert und schaffen durch ihre Expansion ein neues Angebot für Investoren.“ 11 magaz n 01|16 Christian Walter, Geschäftsführer bei PKF hotelexperts in Wien, spricht von einer Institutionalisierung der Branche. „Ein Bereich der Institutionalisierung ist der der professionellen und eher großen Betreiber“, erklärt er. „Wir haben es mit immer größer werdenden global tätigen Hotelgruppen zu tun, die den Markt ständig mit neuen Marken fluten. Jüngste Beispiele dafür sind die Übernahme von Starwood durch Marriott und die Übernahme der französischen Louvre-Hotels durch die chinesische Hotelgruppe Jin Jiang. Die Markenpenetration steigt an, diese Institutionalisierung trägt dazu bei, dass es der Investor mit professionell strukturierten Prozessen und Standards zu tun hat, die mehr Planungssicherheit mit sich bringen und dabei helfen, Fehler zu vermeiden.“ Auch sei eine Professionalisierung der sogenannten White-Label-Betreiber zu beobachten. Darunter verstehen sich Betriebsgesellschaften, die Häuser pachten und sie in der Regel per Franchisevertrag einer globalen Marke anschließen. Dies ist vor allem der Abneigung dieser Marken gegenüber den von Investoren aus der DACH-Region geforderten Pachtverträgen geschuldet. „Noch vor ein paar Jahren war die Auswahl an White-Label-Betreibern eher dürftig. Um an den Pachtvertrag zu kommen, musste sich der Investor an eher kleine Organisationen mit schwacher Eigenkapitaldecke und dürftigem Track Record wenden. Heute gibt es zahlreiche Alternativen, die ohne Weiteres finanzierungsfähig sind; mittlerweile sind unter den White-Label-Betreibern multinationale Unternehmen, die teilweise sogar strategische Partnerschaften mit ausgewählten Hotelketten bilden“, so Walter. Zudem hätten die Planungs- und Finanzierungsprozesse an Professionalität gewonnen. „Projekte werden nicht mehr so einfach durchgewinkt. Eine Finanzierungszusage ohne Vorliegen einer umfassenden Machbarkeitsstudie (Feasibility Study) mit Worst-Case-Betrachtung ist so gut wie unmöglich. Das Risk Management der Banken übt entsprechenden Druck auf die Finanzierungsabteilungen aus und diese geben den Druck an die Projektentwickler bzw. Investoren weiter“, sagt der Experte. Ein neues Projekt werde meist erst dann von den vielen Hotelgruppen eingehend geprüft, wenn eine entsprechende Feasibility Study vorliege. Zudem sei es heute gang und gäbe, Profis mit Hotelsachverstand in die Planung eines Hotels einzubinden. Institutionalisiert hätten sich aber auch die Investoren selbst durch den Aufbau von internen, spezialisierten Teams, die sich mit der Spezialimmobilie Hotel – bei Akquisition sowie während Halteperioden – befassen. Seien die internen Ressourcen beschränkt, werde zunehmend auf Asset- oder PerformanceManagement-Leistungen eines externen Asset-Managers zurückgegriffen, der die Interessen des Investors gegenüber dem Betreiber vertrete. Martina Fidlschuster, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens Hotour aus Frankfurt am Main, sieht in der wachsenden Transparenz der Branche einen weiteren Grund für deren professionellere Wahrnehmung. „In den Medien wird heute mehr über Hotels berichtet, die Hotelinvestment-Community ist größer geworden, es gibt Konferenzen, Schulungen, Seminare, in denen Immobilieninvestoren so viel Hotel-Know-how lernen, dass sie beginnen, die Branche zu verstehen“, sagt sie. „Dazu haben u.a. Consultants, Makler, die ZIA und auch der Gemeinschaftsstand World of Hospitality auf der Expo Real beigetragen.“ Die Entwicklung der Hotelimmobilien zum begehrten Anlageobjekt prägt inzwischen auch die Ausbildung im operativen Management. „Führungskräfte internationaler Hotelgruppen erhalten heute eine betriebswirtschaftliche Ausbildung, die meist Leadership-Themen enthält. Das ist gut für die Mitarbeiter und für die Hotelkette selbst, die von den Kenntnissen in Kosten-/ Leistungsrechnung und Marketing profitiert. Für den Hoteleigentümer zahlt es sich aus, wenn GMs nicht nur bis zum Vorsteuergewinn rechnen, sondern auch die Brücke zum Nachsteuergewinn schlagen können“, erklärt Markus Beike, Managing Director Head of Northern & Eastern Europe bei CBRE. Hat die Professionalisierung der Betreiber also gar keinen Haken für den Investor? „Naja“, meint Gerhard. „Je professioneller der Betreiber ist, desto schwieriger wird es für die Immobilieneigentümer, ihre eigenen Anliegen durchzusetzen.“ Doch alles in allem überwiegen auch seiner Ansicht nach die Vorteile: „Mit einem professionelleren Betreiber lassen sich leichter Gespräche führen und je besser das Management, desto höher die Überschüsse und desto besser der Immobilienwert“, resümiert er. v Susanne Stauß kSUSANNE STAUSS Jahrgang 1961, zählt zu den bekanntesten deutschen Hotel-Fachjournalisten. Über einen Ferienjob in der Schweiz wurde sie als Studentin vom Hotelvirus infiziert und wechselte von Sprachwissenschaften zum dualen Studium der Hotelbetriebswirtschaft mit eindrucksvollen Erfahrungen im operativen Hotelbetrieb. Seit 30 Jahren begleitet sie die Entwicklung der deutschen Hotellerie vom Mama-Papa-Betrieb zum begehrten Investmentobjekt und ist jeden Tag aufs Neue fasziniert von den Menschen, Storys und Strategien dieser lebendigen Branche. 12 magaz n 01|16 D ie V&D-Handelskette besitzt 62 Warenhäuser auf mehr als 600.000 Quadratmetern Ladenfläche, die Restaurantkette La Place, eine Tochter von V&D, hat inzwischen 250 Filialen und mit Macintosh und seinen Marken Scapino, Manfield, Dolcis und Invito kommen noch einmal 683 Läden sowie nochmals über 500.000 Quadratmeter Ladenfläche dazu. Rechnet man DA noch dazu, so sind weitere 266 Ladenstandorte gefährdet. Es ist schon ein bisschen ironisch, dass Daniel Ropers, Spitzenmann des führenden niederländischen Onlinegeschäfts Bol.com, kurz vor Weihnachten Zahlen genannt hat, die Betreiber, Marken-Franchisenehmer und Ladenbesitzer als schockierend empfunden haben müssen. In Interviews mit verschiedenen Medien teilte er mit, dass der Umsatz von Bol.com im Jahre 2014 den Umsatz von V&D deutlich überstiegen hat. Die Bol.com-Website besuchen inzwischen pro Woche mehr Leute als die Supermärkte des Schwesterunternehmens und Marktführers Albert Heijn, der wöchentlich immerhin sechs Millionen Besucher in seinen Läden zählt. „Bei Bol.com sind es inzwischen mehr als sieben Millionen pro Woche“, betont Ropers. Und er wies in diesem Zusammenhang noch darauf hin, dass er gerade die geschäftigste Woche seit der Gründung seines Unternehmens hinter sich hat. Dass ausgerechnet der V&D-Webshop bislang die einzige Sparte des insolventen Handelsriesen ist, die aktuell „bis auf Weiteres“ geschlossen wurde, ist unterm Strich auch der beste Beweis dafür, wie sehr traditionelle Einzelhändler inzwischen von ihren Onlinekollegen abgehängt wurden. Ist der heranrollende Leerstandstsunami also noch zu stoppen? Ich persönlich stimme Jeroen Lokerse von Cushman & Wakefield zu. Er ist der Auffassung, dass dies sehr wohl möglich ist. Er ist die treibende Kraft hinter den Zugeständnissen, die die Gebäudeeigentümer letztes Jahr in Richtung V&D gemacht haben. Diese waren schließlich auch ein Grund für Sun Capital, wieder beinahe 50 Millionen Euro in die Kaufhauskette zu investieren. Ein Markt erfindet sich neu Der niederländische Einzelhandelsmarkt erlebt eine nie da gewesene Veränderung: Mit der Insolvenz ehemaliger Marktgrößen wie V&D, Macintosh Retail Groep und der Drogeriekette DA droht ein regelrechter ‚Tsunami‘ an leer stehendem Ladenraum. Die Folgen davon wird das ganze Land zu spüren bekommen. Kleineren Warenhäusern und Geschäften eröffnet diese Entwicklung aber auch enorme Chancen für neue – internationale – Formen des Einzelhandels sowie lokales Unternehmertum. 13 magaz n 01|16 Grundsätzlich bietet der niederländische Markt Kaufhäusern im mittleren Segment durchaus eine Perspektive. So ist die deutsche Kaufhauskette Galeria Kaufhof ein heißer Interessent für die Übernahme des insolventen V&D. Galeria Kaufhof selbst wurde Mitte vorigen Jahres vom kanadischen Handelsunternehmen Hudson’s Bay übernommen, das gerne in Europa expandieren möchte. Betreffen wird das allerdings nicht alle Standorten, an denen V&D derzeit vertreten ist, und sicher auch nur einen Teil der Flächen an den jeweils chancenreichsten Niederlassungen. Durchgestartet wird also wenn, dann mit abgespeckten Filialen in den großen Städten. Die Insolvenz bietet dabei übrigens auch den Vorteil, Personalkosten – per se der größte Kostenfaktor eines realen Kaufhauses – nachhaltig zu reduzieren. Mit seiner Positionierung in Europa möchte Hudson’s unter anderem gerne die Outlet-Version von Saks Fifth Avenue mit Namen Saks OFF 5th weiter ausbauen. Die Kaufhäuser von Kaufhof in Deutschland verfügen wie die von V&D über sehr viel Platz. Das bietet Hudson’s die Möglichkeit, allerlei hochwertige Marken, die hierzulande noch relativ unbekannt sind, nach Europa zu bringen. Auch die zu V&D gehörige Restaurantkette La Place ist für Hudson’s interessant und würde dem Unternehmen große Synergieeffekte bieten. Für die verbleibenden Gebäude von V&D besteht aber durchaus auch Hoffnung – wie sich erst kürzlich gezeigt hat. So hat Primark die Niederlassungen von De Bijenkorf in Arnheim und Enschede sowie den H&M-Laden von V&D in Oosterhout übernommen. Ein aktuelles Beispiel für die Wiederbelebung eines großen Kaufhausgebäudes sind auch die Läden, die H&M vor Kurzem in den zwei Gebäuden von De Bonneterie in Amsterdam und Den Haag eröffnet hat. Dort präsentiert sich der schwedische Einzelhändler mit neuen High-End-Läden, ohne jedoch die typische, vertraute Inneneinrichtung von De Bonneterie aufzugeben. Wer die lange Liste von Eigentümern der V&D-Läden sieht, dem wird auffallen, dass der Bestand äußerst zersplittert ist. Das hat die Verhandlungen insgesamt so kompliziert gestaltet und macht eine Gesamtlösung bis heute eher unwahrscheinlich. Den Immobilieneigentümern wurde übrigens als Gegenleistung für eine Mietpreissenkung Einsicht in die Bücher von V&D angeboten. Und es ist sehr wahrscheinlich, dass diese daraus die Schlussfolgerung gezogen haben, dass es höchste Zeit für den Ausstieg ist und schnelle alternative Szenarien auf den Tisch kommen müssen. Für diese Eigentümer ist es wichtig zu wissen, dass die Konjunktur weiter anzieht, dass Verbraucher nächstes Jahr ein paar Hundert Euro mehr im Geldbeutel haben und dass internationale Einzelhandelsketten mit großem Interesse auf die Niederlande blicken. Für die kleineren Läden von V&D und die Niederlassungen von Macintosh und DA, die nicht an Topstandorten, sondern auch in kleineren Gemeinden liegen, sind die Szenarien weniger hoffnungsvoll. Ein Ansatz könnte sein, dass Immobilieneigentümer gemeinsam mit den Behörden und Unternehmen vor Ort Lösungen zu finden versuchen. Es gibt verschiedene lokale Initiativen, aus denen sich auch neue Formen des Einzelhandels ergeben könnten. Mithilfe der Immobilieneigentümer, die ihrerseits sicher eine solche kreative, lokale Lösung ebenfalls dem langen Leerstand des eigenen oder des Nachbargebäudes vorziehen, könnten solche Ansätze dann auch tatsächlich umgesetzt werden. v Paul Wessels kPAUL WESSELS Paul Wessels (MRICS) studierte Wirtschaftswissenschaften und Journalismus und begann seine Laufbahn bei der führenden niederländischen Tageszeitung NRC Handelsblad. Mitte der 1990er-Jahren wurde er stellvertretender Chefredakteur der Immobilienzeitschrift Vastgoedmarkt. Sein Engagement für eine stärkere Transparenz auf dem Immobilienmarkt veranlasste ihn, im Jahre 2000 PropertyNL mitzugründen. PropertyNL erwarb sich eine führende Stellung auf dem Markt der unabhängigen Forschung für die gewerbliche Immobilienbranche in den Niederlanden. Eine europäische Dimension erreichte das Geschäft 2006 mit der Einführung von PropertyEU, einem Nachrichten- und Forschungsjournal, das Partnerschaften mit Expo Real in München, ICSC, RICS und dem Urban Land Institute unterhält. Seit 2009 entwickelt PropertyEU neue professionelle Plattformen wie das Who’s Who Network und PropertyEU Investors. 14 Eine Branche bricht Tabus Stadtentwickler steigen ins Containergeschäft ein, Schulen, Lagerhallen und sogar Rollfelder werden zu Flüchtlingsdörfern umfunktioniert, Gewerbemakler vermitteln Wohnungen: Mit dem Flüchtlingsstrom fallen viele Tabus. In Teilen der Immobilienwirtschaft wirkt die Not der Vertriebenen wie ein Turbo. Selbst die Politik ist dynamisch wie nie, sie bewilligt, novelliert und schmiedet mitunter erstaunliche Allianzen. magaz n 01|16 magaz n 01|16 15 16 magaz n 01|16 N ach dem Pleiteprojekt Flughafen Berlin-Brandenburg wird das Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziale (Lageso) wohl zum zweiten Synonym für Chaoswirtschaft in der Bundeshauptstadt. Seit September kamen 45.000 Flüchtlinge in die Stadt. Trotz Termin werden sie nicht abgefertigt, trotz vorhandener Zelte können sie sich nicht aufwärmen. In allen anderen Bundesländern wird der dauerhafte Ausnahmezustand besser gemanagt. Vergessen wird da leicht: Auch in Berlin fielen und fallen Tabus, um das Unterbringungsproblem in den Griff zu bekommen. So bereitet der Senat derzeit ein „Gesetzespaket zur Vermeidung von Obdachlosigkeit“ vor, um künftig das zu verhindern, was vor den Toren des Lageso lange Zeit – wenn auch ungewollt – praktiziert wurde. Und weil nicht jede Turnhalle, jede Schule oder jeder Bunker in Null Komma nichts umgewandelt werden kann oder soll, werden natürlich auch an der Spree heilige Kühe geschlachtet: So soll es auf dem Tempelhofer Feld, das laut Bürgerentscheid nicht bebaut werden darf, schon bald Flüchtlingsquartiere geben. Ebenso im leer stehenden Kongresscenter ICC, wegen Asbestbelastung bisher nicht einmal als Übergangslösung im Gespräch. Die Zahl der inzwischen umgenutzten Immobilien in der Bundeshauptstadt muss beachtlich sein. Wie viele es in Summe sind, weiß aber niemand. Ein Gesetz zur Beschlagnahmung von leeren Gewerbeimmobilien zur Unterbringung von Flüchtlingen hat bisher zwar nur Hamburg auf den Weg gebracht. Und damit Eigentümer und Verbände kräftig aufgeschreckt. Das Mittel der „einvernehmlichen Beschlagnahme“ kommt aber auch in Berlin längst zur Anwendung. So dient heute unter anderem ein Gebäude aus dem Portfolio des Energiekonzerns Vattenfall als Flüchtlingsunterkunft. „Der Konzern hat die Immobilie proaktiv und freiwillig angeboten“, hieß es dazu aus der Presseabteilung. v PATRIZIA ermöglicht 450 Flüchtlingen Unterkunft auf dem ehemaligen Siemens-Campus in München. ALTE HASEN ENTDECKEN NEUE GESCHÄFTSFELDER BESTÄNDE PRÜFEN, DATEN OFFENLEGEN Ob nun freiwillig oder aus der Not heraus: Mit dem Flüchtlingsstrom kommt Bewegung in den Immobilienmarkt. Er provoziert Umdenken, forciert Prozesse, bringt neue Geschäftsfelder und überraschende Allianzen hervor. Und: Öffentlich und Privat rücken in der Not enger zusammen. Alle Hände voll zu tun haben natürlich vor allem diejenigen Player, die Flächen anbieten oder entsprechend umwandeln können, allen voran Entwickler, Hochbau- sowie Wohnungsunternehmen. Gleich mit mehreren Geschäftsfeldern involviert ist etwa Bilfinger Berger Real Estate (BBRE). Bereits im Spätsommer hat der Branchenriese Kommunen in Brandenburg, Sachsen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen angesprochen und Grundstücke sowie leer stehende Gebäude zur Unterbringung von Flüchtlingen angeboten. Im Rahmen seiner Corporate-Citizenship-Aktivitäten will der Konzern sein gesellschaftliches Engagement zur Unterstützung der Hilfesuchenden fortsetzen. Dr. Jochen Keysberg, Vorstand Bilfinger SE: „Die Immobilienwirtschaft kann wesentlich zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen beitragen. Bei der Bewältigung des Stroms an Asylsuchenden in Deutschland unterstützt Bilfinger durch das Angebot an Städte und Kommunen, Flächen und Grundstücke aus dem Konzern-Immobilienbestand zu nutzen. Auch der Integration von Asylbewerbern und anerkannten Personen durch Beschäftigung im Konzern steht Bilfinger mit großer Offenheit gegenüber.“ Anpassungen und Erweiterungen ihrer Geschäftsmodelle registrieren auch Immobilienvermittler. So hat der Hamburger Senat ganze MaklerSuchtrupps damit beauftragt, leer stehende Gewerbeimmobilien zu identifizieren, die sich in Wohngebäude umfunktionieren lassen. Makler zählten bislang zwar nicht zum engsten Dienstleisterkreis der öffentlichen Hand. Doch besondere Ereignisse erfordern neue Strategien. Nur: Wer kommt für die Vermittlungsleistung auf? Maklerprovision aus Steuergeldern? Das war bisher jedenfalls ein No-Go. „Ziel muss sein, dass die Kommunen von Provisionen freigestellt sind“, sagt Andreas Rehberg, Geschäftsführer des Hamburger Maklerunternehmens Grossmann & Berger. Was kaum verwundert: Insbesondere die Planungs- und Bausparten im Konzern brummen. So hat das Unternehmen Bilfinger Bauperformance (BBP) im Herbst mit einer Tochtergesellschaft der Stadt Hamburg einen Rahmenvertrag über den Bau von acht Asylunterkünften abgeschlossen. BBP übernimmt die Generalplanung und Projektsteuerung für den Bau von Modulfertighäusern für rund 500 Menschen, die Mitte 2016 bezugsfertig sein sollen. Hinzu kommen Unterkünfte in Massivbauweise für mindestens 600 Asylsuchende, deren Fertigstellung für Mitte 2017 geplant ist. Auch die Hochbausparte profitiert vom gewachsenen Wohnflächenbedarf. So wandelt die Bilfinger Hochbau GmbH in Regensburg eine Kaserne in eine Erstaufnahmeeinrichtung für 300 Asylbewerber um, in Böblingen errichtet sie ein neues Flüchtlingswohnheim. Die Facility-Manager im Hause registrieren ebenfalls Auftragszuwachs. In und um Chemnitz kümmert sich die Facility-Services-Sparte von Bilfinger um das technische Gebäudemanagement in sechs Asyleinrichtungen. Und selbst die Property- und Asset-Manager spüren den hohen Bedarf an Flächen. „Wir haben jede Menge Anfragen für Immobilien, die wir im Auftrag anderer Eigentümer managen, vor allem in Hamburg und im Rhein-Main-Gebiet. In diesen Fällen prüfen wir die Verkaufsbereitschaft der Besitzer sowie die Möglichkeit, die zumeist gewerblich genutzten Objekte in Wohngebäude umzuwandeln“, sagt Carsten Wesner, Co-Head Business Development bei Bilfinger Real Estate. 17 magaz n 01|16 In Nordrhein-Westfalen schmieden öffentliche und private Akteure ebenfalls neue Allianzen, um das Beherbergungsproblem zu lösen. Das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr (MBWSV) des Landes NRW hat gemeinsam mit dem Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (VdW) Rheinland Westfalen eine Internetplattform initiiert. Ausgewählte Immobilienkonzerne, Städte und private Vermieter sollen der Datenbank leere Wohnungen melden, damit die Kommunen sie anmieten und systematisch Flüchtlingen zuweisen können. Der Bedarf ist in der Tat enorm. Das NRW-Ministerium geht davon aus, dass durch den Flüchtlingszuzug in den kommenden Jahren 200.000 Wohnungen benötigt werden. Davon sollen rund 80.000 aus dem Bestand gewonnen werden. „Ein realistisches Ziel könnte die Bereitstellung von zusätzlichen 50.000 bis 100.000 leeren Wohnungen sein“, schätzt Thomas Hegel, CEO der LEG Immobilien AG, die mit knapp 110.000 Wohnungen einer der größten Vermieter im Bundesland ist. Seit dem Beginn der Flüchtlingskrise hat der Düsseldorfer Konzern 550 Wohnungen aus dem eigenen Bestand über Mietverträge mit den Städten für Schutzsuchende zur Verfügung gestellt. „Das sind weit mehr Wohnungen, als wir anfangs geschätzt haben“, räumt Hegel ein. In einer Pilotphase beteiligen sich an der Plattform die großen Wohnungsunternehmen LEG Immobilien AG, Vonovia, Vivawest, VBW Bauen und Wohnen sowie die vier Großstädte Essen, Dortmund, Gelsenkirchen und Bochum. EINSTIEG INS CONTAINERGESCHÄFT Die gemeinsame Aktivierung ungenutzter Bestände ist sicherlich ein lobenswertes Ziel. Ganz ohne Neubau wird die Beherbergungsnot indes kaum zu lindern sein. Doch von der Planung bis zur Fertigstellung vergehen Jahre. Zwar verlangen Unternehmen und Verbände in seltener Eintracht eine Straffung der Genehmigungsverfahren sowie die Herabsetzung der strengen deutschen Baustandards, um die Produktionszeiten zu verkürzen. Doch Menschen, die jetzt in Zelten leben, profitieren von solchen Ansätzen nicht. Als preiswerte und rasch verfügbare Alternative bieten sich Fertighäuser an, wie sie beispielsweise die DSK | BIG Bau-Unternehmensgruppe (DSK BIG) eigens zur Flüchtlingsunterbringung gemeinsam mit Partnern aus China und Norddeutschland entwickelt hat. Bei der Lösung aus China handelt es sich um schnell produzierbare Wohnmodule, die für weniger als 1.000 Euro pro Quadratmeter realisiert werden können und in Mengen von bis zu 1.000 Stück pro Monat lieferbar sind. Die Wohnelemente sind weltweit bereits als Schulen, Kitas und bei den UN-Friedensgruppen im Einsatz. Die zweite Fertighausvariante stammt aus Schleswig-Holstein. Wie die Module aus Übersee erfüllt diese alle deutschen Energiestandards und kann wie ein Stecksystem ergänzt und erweitert werden. Die DSK BIG bietet den Kommunen eine Komplettlösung an, von der Grundstückssuche über die Erschließung und Baurechtschaffung bis zur Gestaltung der Außenanlagen. „Als bundesweit tätiger Stadtentwickler kennen wir die Bedürfnisse der Kommunen. Und wissen, dass eine schnelle und einfache Abwicklung aus einer Hand sehr wichtig ist“, sagt Dr. Marc Weinstock, geschäftsführender Gesellschafter der DSK BIG. Auch die CG-Gruppe, bisher vor allem auf den Bau von Wohnimmobilien spezialisiert, setzt sich im Zuge ihres ersten Wohnheimprojekts mit dem Thema Modulbau auseinander. Auf dem Areal des Postbahnhofes in Leipzig-Schönefeld richtet die Gruppe in den kommenden Monaten eine Unterkunft für mindestens 700 Flüchtlinge ein. Die Unterkunft wird aus Leichtbaumodulen erstellt, die das Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik in Halle zusammen mit einem Leipziger Unternehmen entwickelt hat. Jedes Modul bietet 15 Quadratmeter Wohnraum, zwei Betten und einen eigenen Sanitärbereich. Das Besondere: Die Fertighäuser werden vom Leipziger Künstler Michael Fischer-Art gestaltet. Christoph Gröner, Gründer und Vorstand der CG-Gruppe, will mit seinem Containerprojekt eben auch die Kommune entlasten. „Notleidende sollen ein Dach über den Kopf bekommen und die Leipziger Sporthallen wieder den Kindern zur Verfügung stehen“, sagt der Großinvestor. v Miriam Beul-Ramacher kMIRIAM BEUL-RAMACHER Miriam Beul-Ramacher erliegt jeden Tag ihrem angeborenen Schreibtrieb, vertreibt sich ihre Arbeitszeit aber genauso gerne talkend. Auf Fachmessen und Kongressen ist sie regelmäßig als Moderatorin zu sehen. Doch am Anfang ihrer Karriere stand zweifelsohne das getippte Wort. Schon während ihres Studiums in Berlin berichtete sie für das Kölner Fachmagazin Immobilien Manager über den Bauboom des Nachwende-Berlins. Immobilienstorys aus Prag, Paris, Warschau, Bukarest, Moskau, Budapest, New York, Chicago, Dubai und Deutschland folgten. Bis heute schreibt die Literatur-, Film- und Kommunikationswissenschaftlerin (MA) über Stadtentwicklungs- und Immobilienthemen für Spezialmedien, Unternehmenspublikationen, die Tages- und Wirtschaftspresse. Zu ihren festen Auftraggebern zählen FAZ, Die Welt, Süddeutsche Zeitung, Immobilien Manager und Capital. 18 Alle Wege führen zur Immobilie Grundbuch statt Sparbuch – So werben Makler und Verkäufer für Investitionen in Immobilien. Und rennen damit offene Türen ein. Bei Minizinsen auf dem Sparkonto und bei Staatsanleihen suchen private Kapitalanleger Alternativen und landen häufig bei der Immobilie. Doch anders als beim Sparbuch ist die Immobilieninvestition in der Regel mit viel Aufwand verbunden. Dabei können die Anleger viele Fehler machen. magaz n 01|16 magaz n 01|16 19 20 D magaz n 01|16 as Ergebnis ist ernüchternd. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung ermittelte vor einem Jahr in einer Studie die Renditen von Immobilieninvestitionen privater Kapitalanleger und kam zu dem Schluss: Nur die Hälfte von ihnen erzielte mit vermieteten Eigentumswohnungen und vergleichbaren direkten Investitionen Renditen oberhalb der Inflationsgrenze. Lohnt sich nicht, fassten die Medien damals zusammen. Doch das ist zu kurz gesprungen. Wer sich Zeit nimmt bei seiner Investition, wer Märkte, Standorte, Anbieter und Gelegenheiten prüft, der kann als Privatanleger durchaus mit Immobilien Geld verdienen. Immobilie. Damit meine ich nicht nur Standort und Lage, sondern auch den bautechnischen Zustand“, sagt Christoph Weber, Vorstandsvorsitzender des Verbands unabhängiger Family Offices (VUFO). Bevor er im Auftrag seiner Kunden Immobilien erwirbt, beauftragt er Architekten und andere Experten damit, die potenziellen Investitionsobjekte zu begutachten. Am Ende steht ein Bericht über 20 bis 30 Seiten. Weber ist klar, dass ein privater Käufer solch einen Aufwand nicht betreiben kann. „Jeder kennt aber aus seinem privaten Umfeld bestimmt qualifizierte Handwerker oder Makler. Nehmen Sie diese Fachleute zum Besichtigungstermin mit“, rät er. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gibt sich viel Mühe mit der Prüfung und Gestattung der Fonds neuer Generation. Verwahrstellen und Kapitalverwaltungsgesellschaften wurden als zusätzliche Sicherheitsbausteine eingeführt. Unter dem Strich hebt die Regulierung das Investment auf Augenhöhe mit anderen regulierten Kapitalmarktprodukten. Betrug und Beschiss sollte demnach nicht mehr möglich sein. „Die Regulierung durch das Kapitalanlagegesetzbuch ist richtig und wichtig“, kommentiert Eric Romba, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Sachwerte und Investmentvermögen, die verordneten Kontrollen. Welche Motivation steckt hinter dem Wunsch, einen Teil des Ersparten in Immobilien zu investieren? Vermögende Investoren betrachten Immobilieninvestitionen häufig weniger als Renditeturbo, sondern als Möglichkeit, ihr Kapital zu erhalten. Sie verzichten daher häufig darauf, einen Kredit aufzunehmen. Wer sich aufgrund der niedrigen Zinsen für eine Fremdfinanzierung entscheidet, tilgt zügig. Diese Vorgehensweise sollte ein Vorbild auch für Anleger mit durchschnittlichem Vermögen sein. Weber hat festgestellt, dass viele Immobilienanleger den Verwaltungsaufwand ihres Investments unterschätzen. Sie müssen außerdem berücksichtigen, dass ein Teil der Nebenkosten nicht auf die Mieter umgelegt werden kann. Nicht zu vergessen sind Rücklagen für Renovierungen und Reparaturen. Vielen privaten Vermietern fehle außerdem die nötige Härte. Sie würden auf Mieterhöhungen verzichten, um sich Stress mit den Mietern zu ersparen. Ob sich die Angebote rechnen, steht auf einem anderen Blatt, denn genau das prüft die BaFin nicht. An diesem Punkt sollten Anleger den Botschaften der Anbieter daher weiterhin nicht blind vertrauen, sondern den Vermittlern und Beratern kritische Fragen stellen. Hilfreich ist auch ein Blick in die bisherige Leistungsbilanz des jeweiligen Fondsinitiators. Diese Betrachtung ist zwar rückwärts gewandt, aber wer in der Vergangenheit gute Ergebnisse für seine Kunden erzielte, dürfte auch künftig fair mit ihnen umgehen. Wer dagegen mit seinen Prognosen mehrfach schiefgelegen hat, qualifiziert sich nicht unbedingt für die Platzierung weiterer Kapitalanlagen. Geht es um den Kapitalerhalt, kann sich so auch der Kauf einer Eigentumswohnung zum 30-Fachen der Jahresmiete rechnen. In gefragten Städten wie München und Hamburg sind solche Preise inzwischen keine Seltenheit mehr. Nach Abzug aller anfänglichen Kosten wie Maklercourtage, Grunderwerbsteuer und Notargebühren ergibt sich daraus zwar nur eine magere Rendite. Doch dass die Eigentümer auf lange Sicht Geld verlieren, erscheint unrealistisch. In den angesagten Metropolen dürften Wohnungen in guten Lagen dauerhaft gefragt bleiben und zumindest ihren Wert behalten. Wer, wie bei Immobilien nicht unüblich, in Generationen denkt, sollte mit solch einem Investment auf der sicheren Seite sein. Voraussetzung ist, dass sich die Anleger keinen Schrott andrehen lassen. Steckt der Schwamm im Keller? Verdeckt eine Pinselsanierung Schimmel an den Wänden? Gibt die Heizungsanlage in Kürze ihren Geist auf? Diese Fragen kann ein durchschnittlicher Privatinvestor kaum beantworten. „Entscheidend für ein erfolgreiches Investment ist eine sorgfältige Prüfung der Umso verwunderlicher ist es, dass die privat vermietete Eigentumswohnung die Nummer eins unter den Immobilieninvestitionen darstellt. Nach aktuellen Daten des Statistischen Bundesamts vermieten knapp elf Millionen Menschen in Deutschland ein Haus oder eine Wohnung als Kapitalanlage. Als Alternative drängt sich die indirekte Investition auf, entweder über einen offenen Immobilienfonds oder einen geschlossenen AIF, was für Alternativer Investmentfonds steht und den früher geläufigen Begriff geschlossenen Fonds abgelöst hat. Die Fonds kommen vor allem für Kapitalanleger in Frage, die ihr Investment von Profis managen und verwalten lassen wollen. Geschlossener Fonds? Da war doch was? In den Medien machte die Branche zuletzt vor allem mit Skandalen Schlagzeilen. Die Anbieter S&K und Wölbern Invest zum Beispiel veruntreuten Millionenbeträge ihrer Kunden. Aber sie stehen keinesfalls stellvertretend für einen Markt, den vielmehr eine große Zahl seriöser Fondsinitiatoren mit hervorragender Leistungsbilanz prägt. Außerdem sorgt die Umsetzung der europäischen AIFM-Richtlinie in deutsches Recht inzwischen für zusätzliche Sicherheit der Anleger. 21 magaz n 01|16 Anleger. Solche Entwicklungen sollen die neuen Vorschriften vermeiden. So kommen neue Anleger beispielsweise frühestens nach zwei Jahren wieder an ihr Geld. Ohne Wartezeiten können Anleger von Immobilienaktien ihr Investment beenden. Die Wertentwicklung einiger Immobilien-AGs im vergangenen Jahr war extrem positiv. „Immobilienaktien haben zuletzt rasante Kurssprünge hingelegt. Inzwischen steigen ihre Kurse doppelt so schnell wie der DAX“, schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung schon im Frühjahr 2014. Dabei war die Rallye damals noch längst nicht beendet. Die Kurse mancher Immobilienaktien stiegen innerhalb eines Jahres um rund 150 Prozent. Die Aktiengesellschaften profitieren unter anderem von den niedrigen Hypothekenzinsen und finanzieren Neubauten, den Kauf von Bestandsimmobilien und Renovierungen mit billigen Darlehen. Anleger müssen sich aber bewusst sein, dass die Volatilität der Börsen auch in die andere Richtung zielen kann. Wer Aktien zu teuer kauft, muss Kursverluste einkalkulieren. Daher bieten sich die Papiere eher für spekulativ handelnde Investoren an und weniger für private Anleger, die mit Immobilien ihr Portfolio stabilisieren möchten. Die in Aussicht gestellten Renditen aktueller Angebote erscheinen durchaus attraktiv. Geschlossene AIFs mit konkreten Immobilien zum Beispiel aus den Segmenten Einzelhandel, Büro, Pflegeheime und Wohnungen stellen ihren Zeichnern Ausschüttungen in Aussicht, die weit über den Möglichkeiten des Kapitalmarktes liegen. Allerdings müssen sich Anleger darüber im Klaren sein, dass sie ihr Geld mit geschlossenen Vehikeln langfristig anlegen – was dem Wesen einer Immobilieninvestition ja nicht unbedingt widerspricht. Auch Käufer von offenen Immobilienfonds kommen, anders als früher, nicht mehr jederzeit an ihr Geld. Hier gelten ebenfalls neue Regeln, seit die offenen Fonds wegen Liquiditätsproblemen ihre Tore schließen mussten. Professionelle Investoren nutzten seinerzeit die Publikumsfonds, um freie Mittel zu parken und brachten sie in Schwierigkeiten, als sie auf einen Schlag ihr Kapital wieder abzogen. Das führte dazu, dass eine Vielzahl der Fonds abgewickelt werden musste – häufig mit erheblichen Kapitalverlusten ihrer v Markus Gotzi kMARKUS GOTZI Immobilien ziehen sich wie gemauert durch den Lebenslauf des freien Journalisten Markus Gotzi: vom Berater in der Baufinanzierungsabteilung bei der Deutschen Bank, in seinem früheren Leben, über seinen ersten Fernsehbeitrag beim WDR in Münster – Thema: vorbildliche Gewerbeimmobilien – bis zur Konzeption des Capital-Immobilien-Kompasses. Als Chefredakteur des Fondsbriefs weiß er, dass sich längst nicht alle Immobilieninvestitionen lohnen und wundert sich immer wieder, wie blauäugig und unkritisch manche Sparer ihr Kapital anlegen. 22 Eine kleine Welt für sich Längst ist der Besitz einer eigenen Insel nicht mehr nur ein High-Society-Thema. Wer in Gedanken dabei in der Südsee startet, könnte jedoch deutlich weiter nördlich fündig werden – auch übers Internet. magaz n 01|16 magaz n 01|16 23 24 magaz n 01|16 25 magaz n 01|16 VON MANA-HATA ZU MANHATTAN Ein berühmter Insel-Deal geht auf den 4. Mai 1626 zurück. Bis zu diesem Tag gehört eine Halbinsel im heutigen Hudson River zum Stammesgebiet der Lenape-Indianer. Sie nennen sie in ihrer Sprache „Mana-hata“, die hügelige Insel. Die Niederländische WestindienKompanie erwirbt von den Lenape die Landnutzungsrechte und gründet das Fort Neu-Amsterdam. Schwarzbuntes Milchvieh grast vor den Toren, die Straßen heißen Breeder Weg (heute: Broadway) oder Wallstraat. 1664 übernehmen die Engländer das Fort im Handstreich und nennen es: New York. Drei Jahre später erhalten die Niederländer bei Friedensverhandlungen für Manhattan die kleine indonesische Insel Run, auf der die begehrten Muskatnüsse wachsen. Im Nachhinein betrachtet ein eher ungünstiger Tausch. ROBINSON UND SEINE ENKEL Daniel Defoe legte 1719 mit „The Life And Strange Surprizing Adventures Of Robinson Crusoe“ den Grundstein des Genres der Robinsonade. Es folgte die „Insel Felsenburg. Wunderliche Fata einiger Seefahrer“ von Gottfried Schnabel. Der heute fast vergessene Roman war einer der ersten deutschen Bestseller. 1881 erschien „Die Schatzinsel“ von Robert Louis Stevenson, die etliche Adaptionen und Verfilmungen nach sich zog. Die Robinson-Geschichte hat zuletzt US-Filmregisseur Robert Zemeckis im Jahr 2000 mit „Cast away – Verschollen“ aufgegriffen. Auch Gegenmodelle zur Insel-idylle wurden Weltliteratur: etwa „Herr der Fliegen“ von William Golding aus dem Jahr 1954 oder „Flucht von Alcatraz“ von J. Campbell Bruce (1963). INSEL-ERKENNTNISSE Der britische Naturforscher Charles Darwin veröffentlichte 1859 sein Hauptwerk „On the Origin of Species“, zu deutsch „Über die Entstehung der Arten". Nach einer Schiffsreise auch nach Südamerika, Australien und Südafrika zog er Bilanz. Darwin stellte fest, dass die Tierwelt der Galapagosinseln – beispielsweise spezielle Finken- und Schildkrötenarten – als Modell für die Prinzipien von Selektion, Konkurrenzkampf und der Ausbildung von speziellen Artmerkmalen dienen können. „A little world within itself“ – so bezeichnete Darwin das, auf was er unter anderem seine bahnbrechende Evolutionstheorie stützen konnte. E einem angesichts des Animations-Charmes und der Parole „Zeit für Gefühle“ eher die Robinsons aus dem Filmklassiker „Die Reifeprüfung“ als Taufpaten einfallen könnten. So besitzen die US-Schauspieler Johnny Depp, Leonardo DiCaprio und Nicolas Cage (mindestens) eine Insel. Schon legendär ist Necker Island in der Karibik: Das Eiland hat 1978 der britische Virgin-Schallplattenboss und Ballonfahrer Sir Richard Branson gekauft – für rund 180.000 Dollar. Weitere 10 Millionen Dollar hat Branson investiert: Sein 30 Hektar großes Hide-away mit LuxusChalet, 50 Angestellten und 200 Flamingos kann man auch mieten – zum Tagessatz von rund 40.000 Dollar. Nachempfinden kann man es den DiCaprios oder Hallervordens: Eine eigene Insel bietet neben dem Urlaubsund Rückzugsaspekt etwas, was durch nichts zu ersetzen ist - Einzigartigkeit. In Zeiten niedriger Zinsen und schwankender Aktienbörsen geraten Inseln so auch immer stärker ins Blickfeld breiterer Investorenkreise. Zumal ein Kauf heute nicht nur der Triple-A-Prominenz vorbehalten ist: „Unsere Hauptklientel ist der gehobene Mittelstand, der zwischen 200.000 und 3,5 Millionen Euro investiert“, sagt Farhad Vladi. Der Gründer von Vladi Private Islands mit Sitz in Hamburg ist seit 1971 im Geschäft und hat bislang nach eigenen Angaben mehr als 2.650 Inseln vermittelt. in Sandhügel mit einer Palme, Meer und Sonne. Das Piktogramm erkennt jeder: eine Insel. Es steht für Urlaub, Natur, Entspannung – und den Rückzug aufs Wesentliche. Freiheit durch Beschränkung, sozusagen. Kein Wunder, dass einsame Inseln auf Hollywoodstars und Wirtschaftskapitäne seit jeher eine magische Anziehungskraft ausüben: Ruhe statt Rampenlicht, blaue Lagune statt Boulevard. Ein bekannter deutscher Inselbesitzer ist etwa der ExGEA-Group-Chef und langjährige Commerzbank-Aufsichtsrat Otto Happel, der das Seychelleneiland Frégate für den nachhaltigen Luxustourismus erschloss. Komiker Dieter Hallervorden nutzt als zweite Heimat die bretonische Insel Costaérès mit zugehörigem neugotischen Schloss. TV-Moderator Jörg Pilawa hat 2009 Hunt Island in der ostkanadischen Provinz Nova Scotia erworben. Laut Pilawa faszinieren dort die drei großen Ws: „Wälder, Wildnis, Wale.“ Stammvater der Inselsehnsucht ist Robinson Crusoe, der als schottischer Seefahrer Alexander Selkirk wirklich gelebt und Anfang des 18. Jahrhunderts mehrere Jahre auf einer unbewohnten Insel des Juan-FernándezArchipels zugebracht hat. Von Daniel Defoe als Romanfigur verewigt, begründete Crusoe das, was bis heute als „Robinsonade“ in Buch- und Filmform weiterlebt. Auch hat sich ein Reiseclub nach ihm benannt – wobei Vladi war auch Partner der Kaffee- und Allesverkäuferkette Tchibo, die Mitte 2015 unter dem Motto „Urlaub wie Johnny, Céline oder Nicolas“ sieben Inseln in der Preisklasse von 60.000 bis 990.000 Euro online feilbot – nebst Möbeln und Accessoires für das nötige „FincaFeeling“. Die Offerte sorgte in den Medien für gemischte Reaktionen. So befürchtete die „Süddeutsche Zeitung“, dass bald wohl auch „böhmische Volkstanzgruppen oder der Kölner Dom“ im Tchibo-Programm zu erwarten sein dürften. Auch schienen die günstigsten Tchibo-Eilande aufgrund großer Kargheit nur für extrem hartgesottene Outdoor-Freaks geeignet. Der Marketingeffekt war aber groß. Aktuell listet die Website von Vladi Private Islands über 490 Objekte. Die Suchskala geht bei 5.400 Euro (zurzeit: „0 Objekte“) los – und endet bei 200 Millionen Euro. Wer mag, kann aktuell für umgerechnet 59.950 Euro in Zentralkanada einsteigen: Mill Cove Peninsula, 6.798 Quadratmeter Fläche, Lunenburg County. Oder für 495.000 Euro in Finnland: Kalskär Island bei Turku, 36.150 Quadratmeter mit Blockhütte. Wen es in wärmere Gefilde zieht, der findet in Griechenland für 1,6 Millionen Euro die Insel St. Athanasios im Golf von Korinth: 10.811 Quadratmeter, mit Olivenbäumen. Doch ist in Hellas Vorsicht geboten: Die wirtschaftlich klamme Lage des Landes führt zwar dazu, dass momentan eine ganze Reihe Inseln am Markt ist. Ausländische Investoren müssen sich aber auf eine kafkaeske Prozedur mit 32 behördlichen Genehmigungen einlassen. Vladi: „So ist dort de facto kaum ein Ausländer unter den Inselbesitzern.“ Eine Ausnahme ist der Emir von Katar, der rund 12,5 Millionen Euro in mehrere Inseln investiert hat – und zugleich mehr als zwei Milliarden Euro in griechische Banken, Goldminen und einen Investitionsfonds einzahlte, wie die „Welt“ berichtete. Neben rechtlichen Fragen nennt Vladi ein politisch solides Umfeld, Festlandnähe und Bebaubarkeit als wichtige Prokriterien für eine Insel. Hinzu kommt, dass eine medizinische Versorgung binnen 90 Minuten zu erreichen ist – und ob vor Ort ausländische Investoren überhaupt akzeptiert werden. Diese kommen im Übrigen verstärkt aus Fernost: Das liegt zum einen daran, dass Chinesen der Erwerb von heimischen Inseln nur für 50 Jahre und unter strengen Auflagen möglich ist. Es gibt bereits einen chinesischen „Club der Inselbesitzer“, der über 50 Mitglieder zählt und vom 42-jährigen Medizinunternehmer Lin Dong ins Leben gerufen wurde. Dong gibt an, mehr als 30 Inseln im Privatportfolio zu haben. „Während Europäer mit dem Inselkauf Strand und Sonne verbinden, wollen Chinesen in der Regel mit ihrem Investment Geld verdienen“, berichtet Vladi. Inselschnäppchen per Internet werden dort etwa über die Auktionsseite Taobao.com gemacht, wo im März 2015 drei Objekte – in Fidschi, Kanada und Griechenland – für Beträge zwischen 1,7 und 5 Millionen Yuan, also umgerechnet zwischen 250.000 und 720.000 Euro, den Besitzer wechselten. Internationale Bieterkonkurrenz gibt es zudem noch von ganz anderer Seite. Zu umtriebigen Inselkäufern gehören nicht zuletzt Staaten, Nicht-Regierungsorganisationen und Umweltschutzinstitutionen, in deren Besitz sich ohnehin weltweit die meisten Inseln befinden. Oft gelten hier auch Vorkaufsrechte: Die kanadische Regierung beispielsweise ist dafür bekannt, Inseln gleich im Dutzend zu kaufen. Indes herrscht vor Ort nicht wirklich Marktknappheit: Vladi Private Islands listet gegenwärtig allein in Zentral-, Ost- und Westkanada 142 Offerten. Teils zu Preisen, für die man in Hamburg, Frankfurt oder München keine akzeptable Einzimmerwohnung mehr bekommt. Wer erst mal reinschnuppern möchte: Jörg Pilawas Hunt Island ist für 290 Kanada-Dollar, das sind umgerechnet rund 190 Euro, pro Tag zu mieten. Zwar ohne Palme und Meer. Aber dafür mit einem 12 Kilometer langen See. Und die Sonne scheint in Nova Scotia auch. v Markus Deselaers kMARKUS DESELAERS Markus Deselaers, Jahrgang 1965, ist studierter Kulturwissenschaftler und Chefredakteur Sonderpublikationen beim Hamburger Kapitalanlagemagazin DAS INVESTMENT. Seit 1998 ist der gebürtige Hannoveraner als Journalist in der Finanz- und Kapitalanlagebranche tätig. Er bereist mit seiner Familie gern Skandinavien – und kennt das Gefühl gut, das sich nach zwei Minuten auf einem Schiff in Richtung einer Insel einstellt: ganz weit weg vom Alltag zu sein. 26 magaz n 01|16 Heiß diskutiert: zur Miete wohnen in UK Wer je einen Abend in einem echten britischen Pub verbracht hat, weiß, dass eines so sicher ist wie das Amen in der Kirche: Erst werden dort ausführlich die Fußballergebnisse diskutiert und anschließend kommt die Sprache unweigerlich auf die überhöhten Wohnungspreise. Ganz besonders ausgeprägt ist dieses Phänomen in London. Das Haus des Engländers ist bekanntlich seine Burg. Und das Streben nach den eigenen vier Wänden ist nicht nur fest in der britischen Seele verwurzelt, nein: Es gründet schon beinahe auf so etwas wie „erlernter“ Besessenheit. Wer zur Miete wohnt, statt sich etwas Eigenes anzuschaffen, wird geradezu mitleidig belächelt und allein die Vorstellung ruft bei vielen Engländern Unwohlsein hervor. magaz n 01|16 27 28 A uch für den Staat hat die Förderung des Wohneigentums weiterhin Priorität. Das ist aber nicht weiter verwunderlich, denn schließlich können Politiker mit dem Wahlversprechen von bezahlbaren Wohnungen wirksam auf Stimmenfang gehen. Im November gab die konservative Regierung bekannt, dass Erstkäufer einen Nachlass von 20 Prozent auf 200.000 Neubauten erhalten sollen, die mit 2,3 Mrd. Pfund aus öffentlichen Geldern finanziert werden. Bewohner von Sozialwohnungen können ihre Wohnungen überdies im Rahmen des „Help to Buy“-Programms kaufen. Diese Politik ist jedoch umstritten. Schließlich dürften die genannten Maßnahmen zur Förderung des Wohneigentums die Preise besonders in London weiter in die Höhe treiben. Auf Dauer könnte das zu einer untragbaren Situation im wirtschaftlichen Zentrum des Landes führen. „Dieses kurzsichtige politische Ziel untergräbt die Londoner Wirtschaft langfristig. Arbeitnehmer werden gezwungen sein, die überhöhten Wohnungspreise hinzunehmen oder in günstigere Bezirke abzuwandern“, so Adam Challis, Head of Residential Research bei JLL. Für nahezu unbezahlbare Preise sorgte bisher nicht nur die hohe Nachfrage, sondern auch das auffallende Unvermögen Großbritanniens, ausreichend Wohnraum bereitzustellen. Allein zur Deckung des aktuellen Bedarfs würden eine Million Wohnungen benötigt. Allerdings mehren sich angesichts dieser Dynamik die Anzeichen dafür, dass die Fixierung auf Wohneigentum allmählich nachlässt. Viele Millennials, die die Erfahrung gemacht haben, dass ihre eigenen Eltern alle zur Verfügung stehenden Mittel in Wohneigentum gesteckt haben (wo sie nun „immobil“ festsitzen), und deren eigener beruflicher Werdegang zudem durch die weltweite Finanzkrise stark erschwert bzw. ausgebremst wurde, haben den Traum, sich selbst jemals Wohneigentum leisten zu können, längst aufgegeben. „Früher war der Eigennutzungsanteil hoch, weil eine Vollfinanzierung möglich und finanzierbar war“, so Yolande Barnes, World Research Director bei Savills. „Heute ist die Eigennutzung rückläufig, weil Kredite immer sel- magaz n 01|16 tener gewährt werden. Der Eigenkapitalanteil ist höher, sodass Wohneigentum nicht nur teurer wird, sondern für viele Menschen in unerreichbare Ferne rückt.“ Statistiken des Council of Mortgage Lenders zufolge wohnten ca. 64 Prozent der in den Sechziger- oder Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts Geborenen mit 35 bereits im eigenen Heim. Bei den Geburtenjahrgängen der 1980er-Jahre sank der Anteil bereits auf 44 Prozent und der Council geht davon aus, dass nur 39 Prozent der in den 1990er-Jahren Geborenen im Alter von 35 Jahren Wohneigentum besitzen werden. „Bei der Einstellung zu den eigenen vier Wänden liegen Welten zwischen Millennials und Babyboomern“, so Alex Greaves, Head of Residential Investment bei M&G Investments. „Zwar streben Millennials durchaus nach der eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus, allerdings nicht in dem Alter, in dem der durchschnittliche Babyboomer sein erstes Haus kaufte, sondern erheblich später. Mietwohnungen sind zu einer äußerst beliebten Alternative geworden, da sie sowohl mehr Mobilität als auch oft mehr Wohnqualität bieten. Die jüngere Generation ist weitaus mobiler, bleibt in der Regel nicht das ganze Leben lang demselben Arbeitgeber treu, und Mietwohnungen bieten die nötige Flexibilität für diesen Lebensstil.“ Bisher waren Mieter mit einem größtenteils unprofessionellen und unreglementierten Markt konfrontiert, in dem private Vermieter vorherrschten, die ihre Rente mit ein oder zwei Mietobjekten aufstockten. Neuerdings greift der Staat auf diesem Sektor aber härter durch. Im November wurde in diesem Zuge für solche Vermieter zum Beispiel eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer um satte 3 Prozent erhoben. Diese Neuerung gilt jedoch nicht für institutionelle Investoren. In Verbindung mit der höheren Nachfrage nach Mietwohnungen in der neuen Generation zeichnet sich damit eine hervorragende Gelegenheit ab, in den privaten Mietsektor zu inves- 29 magaz n 01|16 tieren und diesen aufzubauen. Laut der British Property Federation warten Investitionswerte von rund 30 Mrd. Pfund nur darauf, bei entsprechender Gelegenheit investiert zu werden. „Der private Mietwohnungsmarkt ist schlecht beleumundet, und viele Menschen entscheiden sich, nach entsprechenden Erfahrungen mit unprofessionellen Vermietern und Immobilienmaklern auf Abstand zur Miete zu gehen“, erklärt Ian Fletcher, Directory of Policy (Real Estate) bei der BPF. „Beim Bau von Mietobjekten mit professionellem Management, in denen Mieter als Kunden betrachtet werden, besteht eine große Marktlücke.“ Das hat dazu geführt, dass einige der größten institutionellen und Rentenfondsinvestoren Europas bereits erste Schritte in diesem Sektor unternommen haben, unter anderem PATRIZIA, LaSalle Investment Management, M&G Gatehouse Bank und Legal & General. Der Trend steckt aber derzeit noch in den Kinderschuhen. Bisher sind in London 14.000 Wohneinheiten in Planung, im Bau befindlich oder fertiggestellt, während der Rest Großbritanniens mit insgesamt nur 7.000 Einheiten weit abgeschlagen hinterherhinkt. Ein voll ausgereifter privater Mietsektor kann tatsächlich nur durch mehr staatliche Förderung erreicht werden. Der allgemeine Bestandsmangel und die hohen Preise verleiten Vermieter und Baugesellschaften oft dazu, Häuser und Wohnungen zu verkaufen. Größere privat vermietete Bestände aufzubauen ist finanziell nicht erstrebenswert. Die Schaffung einer Raumplanungskategorie speziell für private Mietobjekte könnte den britischen Markt ein gutes Stück weiterbringen. Es wäre außerdem nützlich, auch mehr staatliche Flächen für solchen Wohnraum zu nutzen. „Wir haben noch einen weiten Weg vor uns, doch ein neuer Boom bei zweckgebauten Immobilien wird das Angebot an privat vermieteten Objekten in britischen Ballungsgebieten in den nächsten zehn Jahren vollkommen verändern“, so Challis von JLL. „Der Planungs- und Bauprozess ist mit diversen Problemen behaftet, die es unterm Strich verhindert haben, dass mehr speziell zur Miete errichtete Objekte entstanden sind. Dazu zählt insbesondere die mangelnde Fähigkeit bzw. Bereitschaft vieler örtlicher Behörden zur flexiblen Handhabung der Anforderungen an bezahlbaren Wohnraum.“ Die Schuld liegt jedoch nicht alleine bei den Behörden. Seit Jahrzehnten wird darüber geredet, welche Vorteile ein ausgereifter privater Mietsektor, der eine den Verbindlichkeiten angemessene Rendite generiert, für institutionelle Anleger hätte. Bislang ist hier nichts passiert – mangelnde Innovationskraft und das zögerliche Anlaufen von Investitionen nach der internationalen Finanzkrise haben es verhindert. „Die Branche musste sich auf eine neue Art von Wohnimmobilien einstellen. Bauherren, Geldgeber, Architekten und Immobilienmanager mussten ihre Vorstellungen von Immobilieneigentum aktiv anpassen und zum einen lernen, die Bedeutung eines regelmäßigen Cashflows zu schätzen, und zum anderen, wie man mit Kunden umgeht, die eher mieten als kaufen möchten“, so Challis. Unter dem Strich darf man festhalten: Das Nichtvorhandensein eines privaten Mietsektors stellt ein langfristiges Strukturproblem für die britische Wirtschaft dar. Dieses lässt sich jedoch mit den richtigen Immobilien lösen. Und das wird sich nicht nur für Mieter lohnen – auch für Entwickler und Vermieter dürfte es sich als äußerst lukrativ erweisen. Alex Greaves von M&G stellt fest: „Träger haben die Chance, Wohnimmobilienbestände aus einer Hand aufzubauen, also mit einheitlichen Eigentums- und Managementverhältnissen. In Konsequenz führt das zu mehr Nachhaltigkeit, einem stärkeren Gemeinschaftsgefühl, besserem Service, mehr Effizienz und stellt schließlich und endlich eine einmalige Gelegenheit für Mieter und Anleger dar.“ v David Hatcher kDAVID HATCHER David Hatcher leitet den Bereich Nachrichten und Finanzen bei der Estates Gazette, Großbritanniens größter Zeitschrift für den kommerziellen Immobiliensektor. Sein Zuständigkeitsbereich umfasst die Nachrichten- und Finanzberichterstattung in der Online- und der Printausgabe der Estates Gazette. David wohnt und arbeitet in der Londoner Innenstadt und ist überzeugt, dass die Entwicklung des privaten Mietsektors in seiner Heimat zwar noch einen weiten Weg vor sich hat, sich aber langfristig als Ausweg aus der britischen Wohnungskrise entpuppen könnte. 30 Der Künstleringenieur Josep Maria Sirvents monumentale Skulpturen aus Eisen und Granit versinnbildlichen die Spannung zwischen Härte und Geschmeidigkeit, warmen Rosttönen und kaltem Stein, Vergangenheit und Gegenwart, zwei Landschaften und zahllosen Erfahrungen. Seine Werke zeugen von der Anteilnahme des Künstlers an Menschen und Dingen, die seinem Leben Bedeutung verleihen, vom innigen Dialog mit wesentlichen Orientierungspunkten wie Kindern und Familie. Im estatements Magazin spricht Sirvent darüber, wie Natur, Architektur und Menschen den Entstehungsprozess seiner Skulpturen beeinflussen. k 1992 Madera Caoba y Acero Corten Patinado 250 x 75 x 19 cm, Cabo Blanco (Mallorca). magaz n 01|16 15 magaz n 01|16 15 31 32 estatements: Welche Bedeutung haben Immobilien für Sie? Josep Maria Sirvent: Architektonische Räume, also Immobilien entfalten ihren Sinn nur, wenn sie Teil des menschlichen Lebens, Teil des Seins werden. Auch mein bildhauerisches Werk steht stets in direktem Kontakt und Dialog mit dem Menschen und der Architektur bzw. Natur, in der die jeweilige Skulptur errichtet wurde. estatements: Herr Sirvent, haben Sie eine Lieblingsimmobilie? Sirvent: Ich interessiere mich sehr für das Schaffen von Antoni Gaudí, Le Corbusier, Frank Lloyd, Tafado Ando, William Morris, Walter Gropius oder Zaha Hadid. All diese Architekten und Künstler waren und sind für mein Leben und meine Arbeit ein wichtiger Bezugspunkt. Selbstverständlich gibt es von ihnen sehr viele Gebäude, die mich unglaublich beeindrucken. Dennoch gibt es eines, das ich als das vielleicht prägendste Gebäude seit früher Kindheit und Jugend an betrachte: den „Barcelona-Pavillon“ in meiner Heimatstadt Barcelona. Ludwig Mies van der Rohe hat ihn zur Weltausstellung 1929 für die damalige Weimarer Republik entworfen. estatements: In Ihren Skulpturen treffen verschiedene bewegliche Elemente in Harmonie und gleichzeitig Gegenspiel aufeinander. Ist Ihre Kunst grundsätzlich stärker von der Mobilität oder Immobilität gekennzeichnet? Sirvent: Ich denke, mein Werk steht im Spannungsverhältnis von Bewegung und Präsenz. Statt findet das Ganze immer vor dem Hintergrund des architektonischen und menschlichen Umfeldes, in dem die jeweilige Skulptur steht. Ihre Werke sind bedingt durch ihre Größe und Schwere ja im Wortsinne auch „Immobilien“, also unbewegliche Güter. Hinkt dieser Vergleich? Sirvent: Das könnte man tatsächlich so verstehen. Denn: Jedes Einzelne meiner Werke ist – wie das bei Immobilien ja tatsächlich auch der Fall ist – exakt für das konkrete Umfeld, in dem es installiert wurde, geschaffen und entwickelt worden. In gewisser Weise oder besser gesagt „im Wortsinn“ gibt es da also durchaus Parallelen. Stehen Ihre Werke nach der Installation für sich allein oder gehen sie eine Symbiose mit ihrer Umgebung ein? Sirvent: Ich sage immer: Die Zeit muss reif sein für ein Kunstwerk. Das A und O in der Vorschaffensphase ist für mich immer der Raum oder Ort, an dem das Werk seinen Platz finden soll. Diesen gilt es zu ergründen und verstehen zu lernen. Dessen architektonisches Umfeld, aber auch die Natur darum herum sind dann die entscheidenden Faktoren, anhand derer ich den Maßstab und die inhaltliche Ausrichtung der Skulptur festlege. In allen meinen Arbeiten will ich ein sehr direktes Verhältnis sowohl zu ihrem Umfeld als auch den Menschen ausdrücken. Und durch ihre Schlichtheit sollen sie den Weg zum Essenziellen aufzeigen. Das estatements Magazin bedankt sich für das Interview! magaz n 01|16 magaz n 01|16 33 34 magaz n 01|16 kJOSEP MARIA SIRVENT k Josep Maria Sirvent in seinem Werk Porta de Fornalutx, 2008 Granito Blanco y Acero Corten, 800 x 300 x 130 cm, Mallorca. Durch die hochpräzise Handhabung natürlicher Stoffe wie Granit, Marmor, Cortenstahl und Eisen zeichnet sich Josep Maria Sirvent als Ingenieur unter den Künstlern aus. Seine Werke leben von der einzigartigen Spannung zwischen der Kraft des Materials und dem Mythos des Ursprünglichen, von einem engen Dialog, einer innigen Umarmung von Stein und Metall. Diese Einheit, die den gemeinsamen Ursprung manifestiert, zeugt weder von Hierarchien noch von Unterschieden, sondern von gegenseitiger Ergänzung, Harmonie und Eleganz. Im Pyrenäendorf Llivia, wo die natürliche Landschaft von Eisen und Granit geprägt ist, begann sein bildhauerisches Schaffen. Bei der Arbeit mit beiden Stoffen führte er ihre Symbolkraft in mächtigen Kunstwerken zusammen, in denen Eisen Kraft, Ausgewogenheit und Beständigkeit symbolisiert, während Granit mit seiner Reinheit, Formbarkeit und Ambivalenz den Kontrapunkt bildet. Ab den 1990er-Jahren brach seine neue Schaffensphase an, in der seine Werke die Einheit von Material und Stil fortsetzen, jedoch stärker von Formalisierung, Verfeinerung, Reinheit und Monumentalität zeugen. 36 magaz n 01|16 magaz n 01|16 37 Immobilien, die bewegen Eben erst hat die PATRIZIA KinderHausStiftung ihr neuestes Projekt, eine weiterführende Schule in Kameruns Hauptstadt Yaoundé, fertiggestellt. Es ist bereits das zwölfte KinderHaus weltweit und es sollen noch viele weitere folgen. Im estatements Magazin sprechen Alexander Busl, seit Juli 2015 in der Geschäftsführung der Stiftung, und Stiftungsvorstand Constanze Egger gemeinsam über Potenziale, Pläne, Prozesse – und was Stiftungsarbeit für sie ganz persönlich bedeutet. v David (10) beim Unterricht im KinderHaus in Buyamba, Uganda. 38 magaz n 01|16 k k Gemeinsames Mittagessen im KinderHaus in Byamba, Uganda. Herr Busl, Sie sind seit etwa einem halben Jahr bei der KinderHaus-Stiftung – Was beeindruckt Sie bislang am meisten? Alexander Busl: Die vergleichsweise hohe Geschwindigkeit und die Dynamik, mit der die Stiftung agiert. Von der Idee, deren Diskussion bis hin zur Entscheidung ist die Zeitspanne sehr kurz. Entsprechend schnell erfolgt die Umsetzung. Auffallend ist darüber hinaus das Potenzial, das die Stiftung grundsätzlich mit sich bringt. Von meiner Warte aus spreche ich hier speziell vom Fundraising und den vielen Möglichkeiten, dieses auszubauen. Frau Egger, wie sehen Sie die Stiftung aktuell? Constanze Egger: Wir arbeiten momentan daran, uns auf Augenhöhe mit der PATRIZIA Immobilien AG zu bringen. Diese ist ja in den letzten Jahren stark gewachsen. Dieses Wachstum und das daraus entstandene Netzwerk wollen wir künftig stärker nutzen. Wir möchten deutlicher in der Öffentlichkeit platzieren, dass wir mit dem Bau unserer KinderHäuser große, notwendige soziale Projekte umsetzen. Wen wollen Sie damit ansprechen? A. Busl: Viele große Unternehmen wollen sich sozial engagieren und ihrer Verantwortung nachkommen. Genau die möchten wir als Mitmacher gewinnen, uns diesen öffnen und ihnen auf hohem Niveau und mit großer Professionalität die Möglichkeit bieten, sich ohne eigenen strukturellen Aufwand sozial zu engagieren. Sekundarschule: das KinderHaus in Sondoveni, Peru. sind also vergleichsweise wendig und schnell in unseren Entscheidungsprozessen. In der Zusammenarbeit mit unseren Partnern stellen wir auch immer wieder fest, dass wir Projekte strenger prüfen, Dinge tiefer und langfristiger durchdenken. Daraus ergibt sich, dass wir vieles auch ablehnen. Nur Projekte, die unserem Qualitätsanspruch und einer entsprechend dahinterliegenden, ja, Checkliste genügen und nachhaltig im Sinne von zukunftssicher sind, gehen wir an. bereits eine erhöhte Taktung erkennen. Vier unserer KinderHäuser haben wir in Deutschland errichtet und es ist ein Fakt, dass Projekte in Deutschland wesentlich zeitintensiver als anderswo auf der Welt sind – im Schnitt sprechen wir von mindestens drei Jahren. Für europäische Projekte brauchen wir also mehr Zeit und dennoch ist es keineswegs utopisch, mindestens zwei KinderHäuser pro Jahr zu eröffnen. Im Gegenteil! Wir wollen sogar eigentlich mehr schaffen. Wo sehen Sie die größten Entwicklungspotenziale? A. Busl: Wir möchten beim Prozessmanagement innerhalb der Stiftung noch professioneller werden. Auch die Projektentwicklung der Häuser kann optimiert werden, indem man das „Was will ich wo mit wem machen?“ zusammenbringt und klärt, bevor man in die Planung des konkreten Baus geht. Wenn wir beispielsweise vorhaben, ein KinderHaus auf dem afrikanischen Kontinent zu bauen und eine große deutsche Firma dort bereits eine Niederlassung hat, sollten wir diese im Vorfeld unbedingt ansprechen. Und falls es seitens des Unternehmens eine Affinität für die Förderung von Schulthemen gibt, macht es sicher mehr Sinn, gemeinsam eine Schule als ein Waisenhaus zu realisieren. Der Partner vor Ort wird gegebenenfalls auch schon einen Betreiber vor Augen haben, den man früh mit an Bord nehmen kann. Projekte können so bereits in einem sehr frühen Stadium nochmals wesentlich zielgenauer konzipiert werden. A. Busl: Hinzu kommt, dass sich die Stiftung mit den ersten zwölf KinderHäusern stark professionalisiert hat und inzwischen bestens verdrahtet ist. Dennoch geht es uns ganz klar stets um die Einhaltung unserer qualitativen Standards. Wir möchten aber auf jeden Fall in der genannten Taktung weitermachen und so viele KinderHäuser wie möglich umsetzen. Das treibt uns an. Und die Potenziale sind vorhanden – wir wollen sie nutzen und nehmen jede Herausforderung gerne an! Was bedeutet das für Stiftungspartnerschaften bzw. Sponsorings? C. Egger: Wir erweitern unser Angebot vor allem für Unternehmen. Diese können sich zu den unterschiedlichsten Graden bei einem Projekt einbringen – einmalig oder über einen gewissen Zeitraum fortlaufend, rein finanziell oder gestaltend. Dafür bekommen sie neben dem guten Gefühl, sinnvoll und nachhaltig geholfen zu haben, on top die gesamte Projektsteuerung, die PR und das Marketing und somit die Möglichkeit, das eigene Engagement ohne Aufwand intern und extern zu kommunizieren. Gemeinsam Zukunft bauen – So lautet der Slogan für die KinderHausStiftung. Was steht dahinter? A. Busl: Projekte strategischer angehen – wie gerade beschrieben. Außerdem möchten wir viel mehr Beteiligte, mit denen wir gemeinsam Zukunft in Form von KinderHäusern bauen können. Soziale Projekte sind per se eine Aufgabe für jedermann – im privaten Umfeld ebenso wie für ein Unternehmen. Und letztlich drückt der Slogan das aus, was die Stiftung seit jeher tut – sich durch den Bau von Häusern für die Zukunft von Kindern einsetzen. Was unterscheidet die KinderHaus-Stiftung von anderen Hilfsorganisationen? C. Egger: Der Punkt ist: Wir können nur sozial sein, wenn wir wirtschaftlich sind. Und so führen wir die Stiftung seit jeher durch die Unternehmerbrille, Die Stiftung hat bislang zwölf KinderHäuser eröffnet. Bis 2024 sollen jährlich mindestens zwei weitere hinzukommen. Warum diese erhöhte Taktung? C. Egger: Schaut man sich die letzten drei Stiftungsjahre an, so kann man 39 magaz n 01|16 k Die Schulräume im KinderHaus in Buyamba: Hier gibt es eine Vorschulklasse sowie die Grundschulklassen 1 bis 7. zurückzugeben. Ich empfinde es als ein tief aus dem Inneren kommendes Bedürfnis, eine sinnvolle Arbeit im Sinne der sozialen Verantwortung, die jeder Einzelne von uns hat, zu leisten. A. Busl: Mein Antrieb ist die Sinnhaftigkeit unserer Tätigkeit: Das Wissen, dass wir es mit unseren KinderHäusern schaffen, dass Kinder lernen können, als Waisen aufgenommen und versorgt werden oder schlicht durch eine Klinik überleben können. Dieses Gefühl macht das eigene Leben ein Stückchen besser. Und die Möglichkeit, dass noch mehr Mitmacher ein Teil dieses Gefühls werden, das wollen wir bis 2024 umsetzen. Das estatements Magazin bedankt sich für das Gespräch. Haben Sie Standortpräferenzen hinsichtlich der neuen KinderHäuser? C. Egger: Nein, wir beschränken uns ganz bewusst nicht. Eine gute, überzeugende Projektidee werden wir immer – egal, wo diese lokalisiert ist – prüfen. Warum gibt es außer in Deutschland keine KinderHäuser in Europa? C. Egger: Bislang konnte uns noch kein europäisches Konzept voll und ganz überzeugen. Es ist aber unser großer Wunsch, speziell an den europäischen PATRIZIA Standorten, KinderHäuser zu realisieren. Was haben Sie sich in Bezug auf die bestehenden Häuser vorgenommen? C. Egger: Innerhalb der letzten drei Jahre haben wir bis auf unser Haus in Nepal alle KinderHäuser mit Stiftungsvertretern besucht. Auch künftig sollen deutsche Häuser einmal pro Jahr, alle anderen Häuser zumindest alle zwei Jahre besucht werden. Damit sichern wir unseren Qualitätsanspruch auch im laufenden Betrieb. Was ist für Sie beide jeweils der größte Motor, der Sie bei der Stiftungsarbeit antreibt? C. Egger: Das eigene Know-how zu nutzen, um anderen Menschen etwas kPATRIZIA KINDERHAUS-STIFTUNG Constanze Egger (rechts) engagiert sich seit der ersten Stunde (1999) bei der PATRIZIA KinderHaus-Stiftung. Seit 2009 ist sie Vorsitzende des Vorstandes und in dieser Position unter anderem für Strategie, Finanzen und Neuprojektierungen zuständig. Alexander Busl (links) ist seit 2015 in der Geschäftsführung der PATRIZIA KinderHausStiftung tätig. Seine Hauptaufgaben innerhalb der Stiftung umfassen neben deren strategischer Weiterentwicklung schwerpunktmäßig das Fundraising sowie die Spender- und Sponsorenbetreuung. PATRIZIA Immobilien k Die PATRIZIA Immobilien AG ist seit über 30 PATRIZIA Immobilien AG PATRIZIA Bürohaus Fuggerstraße 26 86150 Augsburg Telefon +49 821 50910 - 000 Telefax +49 821 50910 - 999 [email protected] www.patrizia.ag Jahren mit mehr als 800 Mitarbeitern in mehr als zehn Ländern als Investor und Dienstleister auf dem Immobilienmarkt tätig. Das Spektrum der PATRIZIA umfasst dabei den Ankauf, das Management, die Wertsteigerung und den Verkauf von Wohn- und Gewerbeimmobilien über eigene lizensierte Investmentplattformen. Als anerkannter Geschäftspartner agiert das Unternehmen gleichermaßen für große institutionelle Investoren wie auch für Privatanleger national und international und deckt die gesamte Wertschöpfungskette rund um die Immobilie ab. Derzeit betreut das Unternehmen ein Immobilienvermögen von rund 17 Mrd. Euro, größtenteils als Co-Investor und Portfoliomanager für Versicherungen, Altersvorsorgeeinrichtungen, Staatsfonds, Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Weitere Informationen finden Sie unter www.patrizia.ag.