„Im Hurricane kann jede lahme Ente fliegen“ Mallorcas

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„Im Hurricane kann jede lahme Ente fliegen“ Mallorcas
„Im Hurricane kann jede lahme Ente fliegen“ Mallorcas Immobilienmarkt in der
Krise?
von Ass. jur. Lutz Minkner, CEO Minkner & Partner
Die deutschen und spanischen Medien bringen täglich Berichte über das „Platzen der
Immobilienblase“, über Zusammenbrüche großer spanischer Bauunternehmen, daraus resultierende
Bankpleiten, bedenkliche neue Zahlen zur Arbeitslosigkeit, Wohnungsleerstand und drohende
Zwangsversteigerungen. Diese Berichte sind oft nicht fundiert recherchiert und beleuchten nur
Teilaspekte des spanischen Immobilienmarktes. Teilweise verwirren und verunsichern sie mehr, als
sie aufklären und sie schaffen auch dort, wo der Markt stabil ist, eine „gefühlte Krise“.
Mit dem nachfolgenden Beitrag, der sich an die deutschen Kunden von Minkner & Partner wendet, soll
das aktuelle Marktgeschehen dargestellt und analysiert werden und aufzeigen, welcher Markt auf
Mallorca von der Krise betroffen ist, wo der Markt stabil ist und wo weitere Preissteigerungen, ja auch
die gibt es, zu erwarten sind.
Die spanische Immobilienkrise
Die weltweite Immobilienkrise hat nun auch Spanien erreicht. In global verknüpften Märkten mit
international agierenden Bauträgern, Banken und Investmentgesellschaften schwappen wirtschaftliche
Eruptionen in den USA auch nach Europa über. Aber es ist nicht nur der zusammengebrochene
Immobilienmarkt in den USA, der die Krise in Spanien erklärt. Es gibt auch eine Vielzahl
hausgemachter Ursachen: Spaniens Wirtschaft wuchs in den vergangenen Jahren um jährlich 3,75%.
Noch 2006 wurden in Spanien 700.000 neue Häuser gebaut, mehr als in Deutschland, Frankreich und
Großbritannien zusammen. Ermöglicht wurde dies durch eine allein wachstumsorientierte
Finanzpolitik. Spaniens Banken wollten sich kein Geschäft entgehen lassen: Finanzierungen von
100% mit Laufzeiten von bis zu 50 Jahren machten es nicht nur Hasardeuren leicht, auch der „kleine
Mann“ wurde verleitet, in das eigene Haus, die eigene Wohnung zu investieren, ohne an
wirtschaftliche Veränderungen, mögliche Arbeitslosigkeit und ähnliches zu denken.
Bekanntlich leben 85% der Spanier in eigenen Immobilien – allerdings sind sie überwiegend bis zum
Schornstein mit Hypotheken belastet. Nur – anders als in Deutschland – nicht zu einem Festzins,
sondern mit variablem Zins, gekoppelt an den Euribor. Der Euribor lag vor wenigen Jahren noch bei
2%, am Jahresanfang erreichte er 5,4%, d.h., die monatlichen Ausgaben der Haushalte für die
Bedienung der Hypothekenzinsen haben sich verdoppelt. Die Folge ist: Viele versuchen, schnell und
unter Wert zu verkaufen, um der drohenden Zwangsversteigerung zu entgehen. Dadurch kommt eine
große Anzahl guter Gebrauchtwohnungen zu kleinem Preis auf den Markt. Neubauwohnungen lassen
sich zu den kalkulierten Preisen kaum noch verkaufen. Letzteres wiederum hat zur Folge, dass
Bauträgergesellschaften (siehe auf Mallorca die Drac-Gruppe und auf dem Festland der Marktführer
Fadesa) in die Insolvenz gehen, auch Bankpleiten zu erwarten sind. Weitere Folge ist zunehmende
Arbeitslosigkeit. In Zahlen: In diesem Jahr werden etwa 700.000 neuerbaute Wohnungen auf den
Markt kommen, die zu den kalkulierten Preisen nicht verkäuflich sind, auch nicht für eine Miete, die
sich rechnet, vermietet werden können. Durch die Konkurse der Baugesellschaften wird es etwa
1.000.000 zusätzliche Arbeitslose geben. Derzeit schon nimmt Spanien mit einer Arbeitslosigkeit von
knapp 10% eine Spitzenstellung in der EURO-Zone ein. Steigende Lebensmittel- und Energiepreise
führten dazu, dass im Mai die Einzelhandelsumsätze um 5,3% fielen. Die Automobilindustrie klagt gar
über einen Umsatzrückgang von 31%.
Vielschichtiges Marktgeschehen auf Mallorca
Das dargestellte Krisenszenario hat auch den rein spanischen Markt auf Mallorca erreicht. Meist junge
Familien, die sich Neubauwohnungen an Palmas Stadtrand oder ein kleines Dorfhaus gekauft hatten,
können ihre Hypotheken nicht mehr bedienen und versuchen, um der Zwangsversteigerung zu
entgehen, durch Billigverkauf „mit einem blauen Auge“ davonzukommen. Die Nachfrage dieses
Publikums nach Neubauwohnungen (siehe die neu errichteten Hochhäuser rechts und links der Via
Cintura) geht gegen Null. Hinzu kommt, dass die Banken generell die Notbremse gezogen haben und
nur noch höchst zögerlich Kredite ausreichen.
Ganz anders sieht es bei den Wohnungen und Villen im Küstenbereich – besonders im Südwesten
der Insel – aus. Dort haben wir überwiegend internationale Eigentümer mit lastenfreien Immobilien.
Hier drücken weder Hypothekenlast, noch Arbeitslosigkeit. Hinzu kommt, dass in Teilbereichen –
besonders bei Baugrundstücken – ein Verkäufermarkt besteht, d.h. die Nachfrage größer ist als das
Angebot. Es verwundert deshalb den Fachmann nicht, dass die Universität der Balearen in einer
soeben veröffentlichten Studie auch für das 1. Halbjahr 2008 für diesen Bereich Preissteigerungen
von knapp 5% ermittelt hat. Allerdings stellen wir in diesem prosperierenden Teilmarkt auch eine
„gefühlte Krise“ fest: Durch die undifferenzierten Pressemitteilungen sind verkaufswillige Eigentümer
verunsichert und eher bereit, über den verlangten Kaufpreis zu diskutieren. „Schnäppchenjäger“ aus
Deutschland versuchen, unsittliche Angebote durchzusetzen. Manch einer hat damit aufgrund der
eingetretenen Verunsicherung sogar Erfolg.
Gänzlich unberührt von der spanischen Krise sind die sogenannten Premium-Objekte im
Preissegment von mehreren Millionen. Hier sind einerseits die Eigentümer meist wirtschaftlich in der
Lage, ihren Preis und etwaige Irritationen im Markt auszusitzen. Auch die Kaufinteressenten zahlen für
diese „Objekte der Begierde“ den Preis, den sie ihnen wert sind. Der eine oder andere deutsche
Immobilieneigentümer, dessen Immobilie nicht im begehrten, mit internationalen Eigentümern
besetzten südwestlichen Küstenstreifen liegt, wird, wenn er verkaufen will, deutliche Preisabschläge in
Kauf nehmen müssen, nämlich immer dann, wenn seine Immobilie sich in einem Umfeld mit
überwiegend spanischen Eigentümern befindet. Ein Beispiel aus der Praxis: Wir haben vor einem
halben Jahr die lastenfreie Finca bei Llucmajor für einen deutschen Eigentümer auf € 1.500.000,eingewertet. In den letzten Monaten sind in der Nachbarschaft mehrere gleichwertige Fincas
spanischer Eigentümer auf den Markt gekommen. Nur – diese Fincas sind hoch belastet, die
Eigentümer können die Kredite nicht mehr bedienen und müssen verkaufen. Diese Objekte kommen
nun für € 1.200.000,- auf den Markt. Will der deutsche Eigentümer j e t z t verkaufen, muss auch er
seinen Preis reduzieren.
Des einen Freud, des anderen Leid
Im rein spanischen Markt und da, wo spanische und internationale Verkäufer in Wettbewerb treten,
sinken derzeit die Preise, um bis zu 25%. Eine internationale Nachfrage nach Stadtrandwohnungen in
Palma, Manacor oder Inca ist allerdings nicht zu verzeichnen, denn das internationale Publikum hat
andere Vorstellungen von seinem Zweit- oder Ferienwohnsitz. Im Segment der ländlichen Anwesen
schlägt jetzt die Stunde der Investoren und Schnäppchenjäger: So manche Finca wird in diesen
Wochen zum Schnäppchenpreis den Eigentümer wechseln.
Mallorca Magazin Nr. 44 vom 30. Oktober 2008