Heumilch macht frei
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Heumilch macht frei
Agrarmanagement Heumilch macht frei Die Heumilchproduktion hat sich in Österreich längst zu einer sicheren Einkommensschiene für mittlere bis kleine Milchviehbetriebe entwickelt. Den Mehraufwand der arbeits- und zeitaufwändigeren Dürrfutterernte nehmen diese für einen höheren Milchauszahlungspreis gerne in Kauf. Große Milchviehbetriebe tun sich dagegen mit der Umstellung schwer. Auf dem »Ragerhof« im Ostallgäu hat man sich dieser Herausforderung gestellt. Alexander und Markus Fischer sind ein halbes Jahr nach der Umstellung überzeugte Heumilchbauern. scheuen. Die Besonderheit aber ist, dass Markus Fischer seine Kühe ab diesem Winter erstmals allein nur mit Heu und Grumet füttert und die Silagewirtschaft damit ad acta gelegt hat. Markus Fischer ist einer von ca. 700 in Deutschland wirtschaftenden Heumilch-Bauern! Nie ohne Heu Kein Silogeruch, fester Kot und saubere Tiere – Dürrfutter ist für Fischer Medizin für die Kuh! Fotos: Metz M arkus Fischer bewirtschaftet zusammen mit seiner Familie den auf 800 Höhenmeter gelegenen Ragerhof bei Eggenthal. 75 Kühe stehen im Lauf- stall, 63 ha Dauergrünland werden bewirtschaftet. Mit einem Herdendurchschnitt von über 8 000 kg Milch braucht der KuLaP-Betrieb keine Vergleiche zu Der Weg zur Umstellung war dabei nicht von langer Hand vorgezeichnet, sondern eher spontan. Eines brachte Markus Fischer aber mit: Seine Überzeugung, dass gutes Dürrfutter seinen Kühen gut tut. Obwohl der Betrieb schon vor mehr als zehn Jahren auf Ganzjahressilage umgestellt hatte, war Trocknungsheu immer ein wichtiger Bestandteil der Fütterung. Fischer erklärt weshalb: »Heu ist gesundheitsfördernd, es steigert die Futteraufnahme und puscht die Grundfutterleistung. Darauf wollten wir am Ragerhof nie verzichten.« Weil aber die Lagerkapazitäten für das Grundfutter auf dem Be- HALLEN STALLBAU PHOTOVOLTAIK Wir danken Familie Fischer für die gute Zusammenarbeit und wünschen viel Glück und Erfolg mit Ihrer Heutrocknungshalle! Wir lieferten Familie Fischer: 54 m x 20 m Heutrocknungshalle D-86807 Buchloe | Tel. +49 82 41 - 96 82 - 0 www.hoermann-info.com Komplette Planung | Oberbau | Türen & Tore Anzeigen informieren! Allgäuer Bauernblatt 1/2014 31 Agrarmanagement Der Blick unter den Lüftungsrost offenbart ein ausgeklügeltes Bauprinzip. Der Baustoff Holz ist allgegenwärtig. trieb immer schon zu knapp bemessen waren, beschäftigte man sich seit Längerem mit der Planung zum Bau einer Futterhalle. Fischer: »Maschinenhalle, Tiefsiloanlage und Heutrocknung sollten unter dem Dach einer großen Mehrzweckhalle vereinigt werden. Die Planung war abgeschlossen und die Bagger waren schon angerollt, doch dann kam alles anders!« Bei der Besichtigung einiger Heutrocknungsanlagen im Allgäu war Fischer mit dem Thema Heumilch in Kontakt gekommen und damit veränderte sich etwas in seinem Denken als Milcherzeuger ganz nachhaltig. Die Idee, dass Milch nicht gleich Milch ist und dass man für besondere Qualität einen höheren Preis erwirtschaften kann, ließ Fischer nicht mehr los! »Natürlich ist Heumilchproduktion eine Nische, aber jene, die diese Nische besetzen, machen sich ein Stück weit frei von den Zwängen unseres liberalisierten Turbomilchmarktes. Da wollten wir dabei sein!« Über die Osterfeiertage des Jahr 2013 fiel für die Familie Fischer die EntBei der Halle für die Heulagerung der Familie Fischer führten wir die Erd- und Baumeisterarbeiten aus. Wir bedanken uns für das entgegengebrachte Vertrauen und wünschen viel Erfolg. BAUGESCHÄFT 32 Am Bildschirm sind alle Arbeitsprozesse der Trocknung übersichtlich dargestellt. scheidung, anstelle einer Mehrzweckhalle eine reine Heulagerhalle mit Trocknung zu bauen und ins Lager der Heumilch-Bauern zu wechseln. Luftentfeuchter statt erhitzte Warmluft Nachdem sich Markus Fischer intensiv mit den verschiedenen Möglichkeiten der Heutrocknung befasst hatte, entschied er sich für das System des österreichischen Herstellers Reindl. Dieser arbeitet nicht wie eine herkömmliche Trocknung mit erhitzter Warmluft, sondern mit einem Luftentfeuchter. Die angesaugte Trocknungsluft strömt vor dem Gebläse durch einen großen Kondensator, welcher der Luft die Feuchtigkeit entzieht. An sonnigen Tagen wird die Luft unter dem Dach abgesaugt und leicht vorgewärmt (bis 45 °C an sonnigen Tagen) der Lüftung zugeführt. In der Nacht oder bei schlechtem Wetter arbeitet diese im Umluftbetrieb. Ausströmende Luft aus der Lüftungsbox wird wieder angesaugt, entfeuchtet und erneut in den Stock geblasen. Dieses System garantiert eine hohe Trocknungsgeschwindigkeit. Die Kapazität der Anlage auf dem Ragerhof schwankt zwischen 30 (1. Schnitt) und 50 ha pro Tag. Groß genug, um mit den großen Futtermengen im Frühjahr klar zu kommen. Da die aktuell 76 Kühe im Sommer neuerdings wieder mit Frischgras gefüttert werden, muss ein Teil der Futterfläche hierfür vorgehalten werden. Die Lüftungskapazität erlaubt es Fischer auch, relativ grünes Futter zu bergen. »Wir versuchen immer einen wirtschaftlichen Kompromiss zwischen der Dauer von Boden- und Lüftungstrock- Gebläse: Dieser 45 kW Lüfter sorgt für richtig Dampf unterm Dach. nung zu finden. Länger als eine Nacht liegt das Futter nicht auf dem Feld. Damit bleiben die wertvollen Bestandteile im Futter erhalten und die Qualität ist hoch«, so der Betriebsleiter. Die Stromkosten hat Fischer dabei immer im Blick. Eine 200 kWP Photovoltaikanlage auf dem Dach der Trocknungshalle liefert an sonnigen Tagen wertvolle Energie für den Eigenverbrauch. Insgesamt ist die Halle für eine Lagerkapazität von 7 000 m³ Dürrfutter ausgelegt. Dies entspricht einer Jahreserntemenge von etwa 70 ha. Erste Erfahrungen Nach dem ersten Sommer ohne Grassilage und den Erfahrungen von zwei Monaten Winterfütterung ist Markus Fischer mit den Ergebnissen zufrieden: »Die Milchleistung der Herde ist bei gleicher Kraftfuttermenge um ca. 10 % gestiegen, parallel dazu haben sich Tiergesundheit Allgäuer Bauernblatt 1/2014 Agrarmanagement Der »Oldi« zieht den Verteilwagen mit der wertvollen Heufracht mühelos durch den Stall. Die Fütterungstechnik ist einfach und günstig. und Milchinhaltsstoffe positiv entwickelt«. Besonders überrascht hat Fischer der »Gras-Effekt« im Sommer: »Leistungsmäßig hat uns das schon sehr gepuscht! Ich hatte über die Jahre ganz vergessen, wie günstig man mit Frischgras Milch erzeugen kann.« Finanziell interessant ist die Heumilch-Produktion auch Die Schatzkammer: Jede der vier Trocknungskammern hat eine Grundfläche von 223 m². Insgesamt fasst die Halle 7 000 m3 Dürrfutter. dank des höheren Milchauszahlungspreises. Fischers Abnehmer, die Schönegger Käse-Alm, bezahlt aktuell einen Zuschlag von 4 Cent für den Liter Heumilch. Inklusive aller Zuschläge und hoher Inhaltstoffe (4,23 % Fett und 4 % Eiweiß) erzielte Fischer so im November einen Bruttomilchpreis von stattlichen 51 Cent. Dem gegenüber steht ein höheres Wetterrisiko, die Kosten für die Trocknungshalle, zusätzliche Energiekosten und ein höherer Zeit- und Personalaufwand während der Ernte. Trotzdem ist Fischer zufrieden: »Unser erstes Heumilch-Jahr ist gut gelaufen und ein Zurück können wir uns derzeit nicht mehr vorstellen.« G. Metz