SchiedsamtsZeitung Ärger um Taubenhaltung
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SchiedsamtsZeitung Ärger um Taubenhaltung
SchiedsamtsZeitung Online-Archiv 65. Jahrgang 1994, Heft 07 Seite 101a-103 Organ des BDS Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 44704 Bochum www.schiedsamt.de [email protected] Ärger um Taubenhaltung Überblick über die Rechtsentwicklung von Detlef Stollenwerk, Plaidt Mit der Haltung von Tauben sind vielfach Probleme verbunden. Nicht nur weil nach wissenschaftlichen Erkenntnissen von Tauben, insbesondere von Wildtauben Krankheitsgefahren ausgehen können. Tauben werden meist als störend empfunden wegen der damit verbundenen Lärm- und Geruchsbelästigung, nicht zuletzt wegen möglicher Verschmutzung von Nachbargrundstücken durch Taubenkot. Juristisch werden Tauben als sogenannte »Grobimmissionen« i.S. der Vorschrift des 906 Bürgerlichen Gesetzbuches eingestuft, bei welchem dem Nachbar ein Abwehranspruch entsteht, wenn die Zuführung dieser Immission für ihn eine wesentliche Beeinträchtigung darstellt. So jedenfalls OLG Düsseldorf (OLGZ 80, 16 und MDR 68, 841; Münchner Kommentar Säcker, BGB 2. Aufl. Anm. zu § 906, Rd.Nr. 72). Wesentliche Beeinträchtigung des Nachbarn Der Nachbar kann sich gegen die Taubenhaltung wenden, wenn er nachweisen kann, dass durch Haltung der Tiere für ihn eine wesentliche Beeinträchtigung (z.B. durch Taubengurren, Beschmutzung seines Grundstücks pp.) entsteht. Dennoch kann nach einer Entscheidung des OLG Düsseldorf trotz Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung die Taubenhaltung zulässig sein, wenn diese ortsüblich ist (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, Urt. vom 27.6.1979). dass der Nachbar in diesem Falle die Taubenhaltung dulden muss, so der Richter, ergebe sich aus dem so genannten »gemeinschaftlichen Nachbarschaftsverhältnis«, welches aus den Vorschriften des § 242 Bürgerliches Gesetzbuch auf Grundlage von Treu und Glauben durch die Rechtsprechung entwickelt wurde. Eine ähnliche Ansicht vertritt auch das OLG Celle (ZMR 89, 150), welches jedoch unter Berücksichtigung möglicher Beeinträchtigungen für die Nachbarn eine Reduzierung der Taubenhaltung auf 20 Tiere und eine Einschränkung der »Flugzeiten« für geboten hält. Lärmbelästigung durch Taubengurren Uneinig sind die Gerichte auch zu der Frage der Lärmbelästigung. Das OLG Celle (ZMR 89, 150) ist der Meinung, dass das Gurren der Tiere allenfalls eine unwesentliche Beeinträchtigung darstelle. Das OLG Stuttgart, Urt. vom 24.11.65, Az. 1 SS 496/65 sieht eine Störung durch Taubengurren bei einer Belästigung ab morgens 6.00 Uhr. Das AG Hamburg-Altona, Urteil vom 9.5.69, Az. 314 C 202/69, ZMR 70, 244 ging noch einen Schritt weiter und stellte fest, dass bereits ein Taubenpaar empfindliche Leute stören könnte. Das Nachdruck und Vervielfältigung Seite 1/3 Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages. SchiedsamtsZeitung Online-Archiv 65. Jahrgang 1994, Heft 07 Seite 101a-103 Organ des BDS Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 44704 Bochum www.schiedsamt.de [email protected] Gurren von etwa 50 Tauben müsse daher in keinem Fall hingenommen werden. Auch das LG Hamburg, Urt. vom 20.8.91, DWW 91, 339 hielt wegen möglicher Lärmbelästigung für die Nachbarschaft eine Reduzierung der Tauben auf 10 Stück für geboten. Zu einer ähnlichen Überzeugung kam auch das OLG Hamm in einer Entscheidung vom 11.4.88, MRD 88, 966. Taubenkot auf Nachbargrundstück Bzgl. der Frage des Taubenkots sind die Richter durchaus der Auffassung, dass dies grundsätzlich nicht uneingeschränkt vom Nachbarn hinzunehmen sei. Das OLG Celle (NJW-RR 89, 783) ist der Meinung, dass ein genereller Unterlassungsanspruch gegen Taubenkot zu weit führen würde, da ansonsten mit einer Ausrottung freifliegender Tiere zu rechnen wäre. Eine Reduzierung der Tauben und der Flugzeiten sei jedoch ein erträglicher Ausgleich zwischen Taubenfreund und -gegner. Schließlich werde ein Grundstück, so das Argument der Richter, auch von wildlebenden Tieren (z.B. Sing- oder Rabenvögel) überflogen, gegen welche auch keine Abwehrmaßnahmen mög¬lich sind. Das Landgericht München sprach sich zur Minderung von Beeinträchtigungen dafür aus, dass die Taubenanzahl auf 105 Tiere beschränkt und die Flugzeit auf 1 Stunde täglich festgesetzt werde (NJW-RR 92, 462). Erfolg hatte jemand, der gegen seinen benachbarten Taubenfreund wegen Beeinträchtigung seines Grundstücks ein Taubenfütterungsverbot durchsetzte (vgl. Entscheidung AG Karlsruhe, Urteil vom 27.3.91, NJW-RR 92, 463). Gleiche Auffassung in Bezug auf Wildtaubenfütterung hat das LG Berlin, MDR 66, 146 und das AG Hamburg Altona, Urteil vom 9.5.69, Az. 314 C 202/69. Verkotung des Balkons als Mietmangel Bzgl. der Verkotung von Balkonen durch Taubenkot vertritt das AG Hamburg (Urt. vom 10.1.90, Az. 41 C 1766/89) die Ansicht, dass der Vermieter bei einer bestehenden Taubenplage die Beseitigungspflicht habe. Das LG Kleve stellt dagegen in einer Entscheidung vom 28.1.86, NJW-RR 1344, 86 fest, dass die Verkotung des Wohnungsbalkons und die damit verbundene Geruchsbelästigung keinen Fehler der Mietsache darstelle und folglich auch nicht zur Mietminderung berechtige. Polizeiliches Taubenfütterungsverbot als Möglichkeit einer Gefahrenbekämpfung In Baden-Württemberg hatte eine Stadt zur Verhütung der von verwilderten Haustauben ausgehenden Gefahren durch Polizeiverordnung ein Taubenfütterungsverbot erlassen. Die darauf erlassene polizeiliche Verfügung die einem Taubenfreund untersagte die Tiere zu füttern, wurde verwaltungsgerichtlich angefochten, jedoch ohne Erfolg. Nachdruck und Vervielfältigung Seite 2/3 Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages. SchiedsamtsZeitung Online-Archiv 65. Jahrgang 1994, Heft 07 Seite 101a-103 Organ des BDS Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 44704 Bochum www.schiedsamt.de [email protected] Der VGH Baden-Württemberg (Urt. vom 1.7.91, Az. 1 S 473/90) stellte fest, dass eine Polizeiverordnung mit einem entsprechenden Inhalt formell und materiell nicht zu beanstanden sei. In der Tat stellten nach vorgelegten Gutachten des zuständigen Gesundheitsamtes die im Stadtbereich vorhandenen verwilderten Haustauben ein abstrakte Gefahr dar. Das durch die Polizeiverordnung normierte Taubenfütterungsverbot biete eine Möglichkeit dar, dieser Gefahr entgegen zu wirken. Schlußbetrachtung Tatsache ist, dass eine Taubenhaltung in der Regel mit gewissen Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft verbunden ist. Selbst der Taubenliebhaber wird dies bei vernünftiger Betrachtung bejahen müssen. Bei der Beurteilung der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung muss man jedoch sowohl das jeweilige Gebiet, die Bebauungsdichte, die jeweilige Taubenzahl und die Flugzeiten berücksichtigen. Nach Auffassung des Verfassers führt der aus § 906 Bürgerliches Gesetzbuch abgeleitete Abwehranspruch bzgl. Immissionen vorn Nachbargrundstück zu weit, wenn er zur Folge hätte, dass eine planungsrechtlich zulässige Taubenhaltung gänzlich untersagt würde. Das Oberlandesgericht Celle hat jedoch sehr richtig festgestellt, dass die entstehende Beeinträchtigung vor allem dadurch entscheidend vermindert werden kann, wenn man im Streitfall die Taubenzahl und Flugzeiten festschreibt. Nachdruck und Vervielfältigung Seite 3/3 Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages.