SchiedsamtsZeitung AUFSÄTZE - Bund Deutscher Schiedsmänner

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SchiedsamtsZeitung AUFSÄTZE - Bund Deutscher Schiedsmänner
SchiedsamtsZeitung
Online-Archiv
31. Jahrgang 1960, Heft 01
Seite 4a - 8
Organ des BDS
Bund Deutscher Schiedsmänner und
Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ‹ 44704 Bochum
www.schiedsamt.de ‹ [email protected]
AUFSÄTZE
UNTERSCHIEDE ZWISCHEN BEDROHUNG UND NÖTIGUNG
Referat des Schs. Karl Kleine (Vlotho). gehalten auf denn 27. Lehrgang des SchsSeminars in Bielefeld vom 3. - 5. 9. 1939
Dieses Thema ist für uns Sehr. aus verschiedenen Gründen von besonderem Interesse: Einmal wird es Ihnen wie mir schon oft passiert sein, dass ein Antragsteller im
Sühneverfahren sagte: „Außerdem hat der Gegner mich bedroht," oder auch: „Er hat
die Hand gegen mich erhoben," oder: „Er hat mir Schläge angedroht" usw. „Ich beantrage das Sühneverfahren auch wegen Bedrohung". Die Antragsteller sind dann
meist sehr erstaunt darüber und schwer davon zu überzeugen, dass es sich in ihrem
Falle uni keine Bedrohung handelt, sondern, da auch mindestens bei der Auseinandersetzung Schimpfworte gefallen sind, höchstens um eine Beleidigung. Dürwanger sagt im Handbuch des Privatklagerechts: Die Bedrohung ist eines der Delikte, die im Privatklagewege am häufigsten angeklagt werden und am seltensten tatsächlich vorliegen. Vom Privatkläger (Dürwanger fügt hinzu: „auch von Rechtsanwälten") wird sehr häufig übersehen, dass nicht jede Drohung eine „Bedrohung" im
Sinne des § 241 StGB darstellt.
Aber auch noch aus einem anderen Grunde dürfte das Thema von besonderem Interesse sein: Kommt der Sehnt. nämlich zu der Überzeugung, dass wirklich in einem
gegebenen Falle die Äußerungen eines Gegners die Merkmale einer Drohung im
Sinne des Strafgesetzbuches erkennen lassen, dann hat er — um den Antragsteller
richtig beraten zu können und um sich selbst vor unangenehmen Folgen zu schützen
—sorgfältig zu prüfen, ob es sich um eine „Bedrohung" handelt, die nach § 241 StGB
bestraft werden kann, oder ob es sich um ein anderes Vergehen handelt, das ebenfalls eine Drohung enthalten kann, nämlich um das Vergehen der Nötigung, das nach
§ 240 des StGB geahndet werden muss. Die Nötigung kann von einem Laien mit der
Bedrohung leicht verwechselt werden. Nun ist aber die Unterscheidung, ob im Falle
einer Drohung im Sinne des StGB „Bedrohung" oder „Nötigung" vorliegt, für den
Schm. deswegen wichtig, weil er nach § 33 Sch() bei dem Vergehen der Bedrohung
die zum Zwecke der Sühneverhandlung zuständige Vergleichsbehörde ist, während
das Vergehen der Nötigung nicht sühnefähig ist. Kurz gesagt: Liegt „Bedrohung" vor,
ist der Schm. zuständig, liegt „Nötigung" vor, darf er nicht tätig werden.
Was versteht das StGB nun unter „Bedrohung"? Der § 241 StGB besagt, dass derNachdruck und Vervielfältigung
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Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl,
auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der
Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung
des Carl Heymanns Verlages.
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jenige sich des Vergehens der Bedrohung schuldig macht, der einem anderen mit
der Begehung eines Verbrechens bedroht. Also: Nicht jede Drohung fällt unter den
Tatbestand des § 241 StGB, sondern nur die Bedrohung mit einem Verbrechen. Es
erhebt sich nun die Frage: Was ist ein Verbrechen? Verbrechen sind nach § 1 StGB
diejenigen strafbaren Handlungen, die mit Zuchthaus oder Festungshaft von mehr
als 5 Jahren bedroht sind. Solche Verbrechen sind z. B., um nur die zu nennen, die
am häufigsten vorkommen, Mord, Totschlag, Raub, Notzucht, Sprengstofftaten,
schwere Körperverletzung, Brandstiftung u. a. Nur wer mit solchen Verbrechen droht,
kann sich des Vergehens der Bedrohung im Sinne des § 241 StGB schuldig machen.
Daraus folgt, dass in den meisten Fällen die Drohung mit einer Körperverletzungshandlung keine Bedrohung nach § 241 StGB ist, denn vorsätzliche leichte Körperverletzung und auch gefährliche Körperverletzung sind keine Verbrechen, sondern
nur Vergehen. Das Ausholen zum Schlage stellt die häufigste Drohungsform vor, es
ist aber meist nicht mit einem Verbrechen in Zusammenhang zu bringen, denn mit
der unbewaffneten Hand können im allgemeinen nicht Mord, Totschlag, schwere
oder rötliche Körperverletzung ausgeführt werden. Damit scheiden wohl die meisten
Drohungen aus dem Begriff der „Bedrohung" im Sinne des § 241 StGB aus. Bedrohung kann nur dann vorliegen, wenn mit einem Verbrechen gedroht wird. Aber auch
in solchen Fällen bedarf es in jedem einzelnen Falle einer sorgfältigen Prüfung, ob
wirklich der Tatbestand der Bedrohung gegeben ist. Wichtig dafür ist, dass der mit
einem Verbrechen Drohende dabei auch erkennen lässt, dass die Verwirklichung der
verbrecherischen Handlung von seinem Willen abhängig ist. Dabei scheiden alle
Drohungen aus, für deren Verwirklichung dem Täter die Möglichkeit einer Einflussnahme fehlt. Die Drohung, dass der Blitz jemanden treffen möge, dass eine höhere
Gewalt ihn vernichten möge, oder dass man ihn mit Hilfe übersinnlicher Kräfte zugrunde richten werde, ist keine Drohung im Sinne des Gesetzes. Man wird in solchen
Fällen von Verwünschungen sprechen können, aber nicht von Bedrohungen. Der
Ausdruck: „Du sollst verrecken" kann z. B. eine solche Verwünschung sein. Aber
selbst eine Redewendung wie: „Du Drecksack, mach' dass Du fortkommst, wenn Du
nicht ruhig bist, mache ich Dich einen Kopf kleiner," braucht noch keine Bedrohung
zu sein. Dr. Hülsebusch führt dieses Beispiel in der SchsZtg. Jahrgang 1956, 5. 68 ff.
an: Ein junger Mann, dessen Freundin und er selbst angeblich von einem Arbeiter
beleidigt worden sind, sucht diesen Arbeiter in dessen Wohnung auf und stellt ihn zur
Rede. Der Arbeiter bestreitet die Beleidigung, wird dann plötzlich ausfallend und
lässt sich zu den oben erwähnten Sätzen hinreißen, die darin gipfeln, dass er sagt:
„Wenn Du nicht ruhig bist, mache ich Dich um einen Kopf kleiner". Betrachtet man
die Äußerung des Arbeiters nur für sich, also beschränkt man sich nur auf deren
Wortlaut, so kann man sehr wohl der Auffassung sein, dass die Redewendung: „Ich
mache Dich einen Kopf kleiner" eine Bedrohung mit dem Verbrechen des Totschlags
ist. Dabei kommt es noch nicht einmal darauf an, ob der Täter die Drohung ernstlich
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Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl,
auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der
Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung
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gemeint hat. Entscheidend ist, welchen Eindruck sie auf die Bedrohten machen
musste. Man darf nun aber die Äußerung des Arbeiters nicht für sich allein betrachten, sondern muss sie im Zusammenhang mit dem ganzen Geschehnis sehen. Dabei
kann sich folgendes ergeben: Die angebliche Verbrechensankündigung ist eine
Übertreibung und enthält nichts anderes als ein nachdrückliche Aufforderung des
Arbeiters an den jungen Mann, sich unverzüglich zu entfernen, widrigenfalls man zur
Selbsthilfe schreiten werde. Dr. Hülsebusch, der dieses Beispiel bringt, ist der Meinung, dass diese Auffassung hier zutreffen dürfte. Hinzu kommt, dass es sich in
diesem Falle um einen Fabrikarbeiter handelt, der also einer Gesellschaftsschicht
angehört, die gewohnt ist, sich einer derberen Ausdrucksweise zu bedienen. Ferner
ist die Redewendung im Verlaufe eines erregten Wortwechsels gefallen, und schließlich gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeiter jemals zu Gewalttätigkeit
neigte.
Dieses Beispiel soll zeigen, welche Überlegungen anzustellen sind, um zu prüfen, ob
wirklich der Tat bestand der Bedrohung gegeben ist, selbst wenn der Wortlaut der
Drohung an und für sich auf Bedrohung schließen lässt. dass in den Worten des
Arbeiters, allein schon in dem Wort „Drecksack", eine Beleidigung vorliegt, ist selbstverständlich. Ich werde später noch einmal auf dieses Beispiel zurückkommen, um
zu untersuchen, wie es auch Dr. Hülsebusch a.a.O. tut, ob nicht noch ein anderes
Vergehen in den Worten des Arbeiters liegt als nur eine Beleidigung.
Zusammenfassend möchte ich über den Begriff der Bedrohung sagen: Eine Drohung
ist nur dann eine Bedrohung im Sinne des § 241 StGB, wenn jemand mit einem Verbrechen droht. Dabei muss sich der Drohende bewusst sein — gleichgültig, ob er
selbst seine Drohung ernst gemeint —, dass seine Drohung so beschaffen ist, dass
sie bei dem Bedrohten den Eindruck einer ernst gemeinten machen kann. Z. B. liegt
schon Bedrohung vor, wenn jemand mit einer Scheinschusspistole droht, dem Bedrohten also nichts passieren kann, dieser aber der Meinung sein muss, dass es sich
um eine wirkliche Pistole handelt, mit der er bedroht wird. Denn er bangt allen Ernstes um sein Leben, oder er befürchtet eine sehr schwere Körperverletzung. Das ist
„Bedrohung". Für einen Menschen wäre das Leben ja unerträglich, wenn er infolge
einer Drohung durch einen anderen um sein Leben bangen müsste, dass er Angst
haben müsste, dass ihm sein Hab und Gut geraubt werde, dass er Brandstiftung befürchten müsste oder ähnliche Verbrechen. Sein Rechtsfrieden wäre gestört, seine
Rechtssicherheit wäre erschüttert. Davor soll ihn § 241 StGB bewahren, der die Bedrohung unter Strafe stellt. Der § 241 soll, um es positiv auszudrücken, jedem einzelnen das Vertrauen auf seinen Rechtsfrieden geben und ihm das Gefühl der Rechtssicherheit vermitteln.
Demgegenüber ist der Grundgedanke des § 240 StGB, der von der „Nötigung"
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handelt, ein ganz anderer: Der Gesetzgeber will durch diesen § 240 die Freiheit der
Willensentschließung und die Freiheit der Willensbetätigung des einzelnen schützen.
Er will verhindern, dass irgendjemand uns zwingt — sofern wir rechtmäßig handeln
oder handeln wollen —, gegen unseren Willen uns einem fremden Willen zu beugen,
Entschlüsse zu fassen und auszuführen, die wir bei freier Willensentscheidung nicht
gefasst und nicht ausgeführt hätten. Nimmt uns jemand die Freiheit der Willensentschließung oder die Freiheit der 'Willensbetätigung, dann spricht das Gesetz von
„Nötigung". § 240 StGB lautet:
(1) Wer einen anderen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird wegen
Nötigung mit Gefängnis oder mit Geldstrafe, in besonders schweren Fällen mit
Zuchthaus bis zu 10 Jahren oder mit Gefängnis nicht unter 6 Monaten bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung
des Übels zu dem angestrebten Zwecke als verwerflich anzusehen ist.
(3) Der Versuch ist strafbar.
Die Unterschiede zwischen Bedrohung und Nötigung werden auch deutlich, wenn
man die Mittel untersucht, mit denen man rechtswidrig einem anderen seinen Willen
aufzwingen oder aufzuzwingen versuchen kann. Ein Mittel der Nötigung ist Gewalt.
Dabei ist Gewalt nicht nur im landläufigen Sinne zu verstehen. Es genügt z. B.
schon, dass ein Hauswirt, der aus irgendeinem Grunde nicht wünscht, dass eine bestimmte Person sein Haus betritt, um einen Mieter zu besuchen, sich dem Besucher
einfach in den Weg stellt. Das ist bereits Nötigung durch Gewalt. Nötigung durch Gewalt ist ferner die Anwendung von Hypnose, eines betäubenden oder berauschenden
Mittels, um einen anderen gegen dessen Willen bewusstlos zu machen oder seinen
Willen auszuschalten und seinen eigenen Willen durchzusetzen. Auch wenn sich die
Gewalt nicht unmittelbar gegen eine Person richtet, kann Nötigung vorliegen, wenn z.
B. ein Hauswirt Türen oder Fenster aushebt und seinen Mieter, den er loswerden
will, der Zugluft aussetzt, um ihn zum Ausziehen zu bewegen. Diese Beispiele mögen für die Nötigung durch Gewalt genügen.
Ein weiteres Mittel der Nötigung ist die Drohung mit einem empfindlichen Übel. Da
das Vergehen der Nötigung also auch eine Drohung enthalten kann, wird die Nötigung oft mit Bedrohung verwechselt. Man braucht sich jedoch nur vor Augen zu halten, dass sich Nötigung immer auf eine rechtswidrige Beeinflussung des Willens
einer anderen Person bezieht, Bedrohung dagegen lediglich die Rechtssicherheit
und den Rechtsfrieden einer anderen Person bedroht, um die beiden nicht zu verNachdruck und Vervielfältigung
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wechseln. Um den Tatbestand der „Nötigung" herbeizuführen, bedarf es nicht der
Drohung mit einem Verbrechen, wie bei der „Bedrohung", sondern lediglich der Drohung mit einem empfindlichen Übel, z. B.: „Wenn Du das tust, werde ich dafür
sorgen, dass Du Deine Arbeitsstelle verlierst". Auch die bloße Androhung von Gewalt
kann Drohung mit einem empfindlichen Übel sein.
Betrachten wir noch einmal das bereits bei dem Thema Bedrohung angeführte Beispiel. Der Satz: „Du Drecksack, mach dass Du fortkommst; wenn Du nicht ruhig bist,
mache ich Dich einen Kopf kleiner", zielt auf eine Willensbeeinflussung ab. Der
Arbeiter droht mit einem empfindlichen Übel für den Fall, dass der junge Mann nicht
schweigt und sich entfernt. Das ist „Nötigung". Eine Nötigung ist aber nur dann strafbar, wenn sie rechtswidrig ist. In diesem Falle machte der Arbeiter von seinem Haust
echt Gebrauch. Wenn er dabei auch mit Gewalt drohte, so war er dazu grundsätzlich
berechtigt. Wenn man also die Worte: „Ich mache Dich einen Kopf kleiner", aus den
bereits früher erwähnten Gründen nur als übertriebene, nachdrückliche Aufforderung
des Arbeiters an den jungen Mann, sich zu entfernen, auffassen muss, dann liegt
auch keine Nötigung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel, auch keine versuchte Nötigung vor. Der Arbeiter konnte deshalb für seine Worte nur wegen Beleidigung belangt werden, aber nicht wegen Bedrohung oder Nötigung. Diese Beispiele
mögen genügen.
Abschließend möchte ich die Unterschiede zwischen Bedrohung und Nötigung noch
einmal kurz zusammenfassen:
1. Unterschiede in der Behandlung durch den Schm.: Bedrohung ist sühnepflichtig.
Nötigung ist nicht sühnefähig. Ferner ist zu beachten, dass die Bedrohung im Gegensatz zu den anderen Vergehen, die nach § 33 der SchO nur auf Antrag zu verfolgen
sind, kein Antragdelikt, sondern Offizial-Delikt ist, das auch von der Polizei und der
Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht werden kann. Daraus folgt, dass man für
den Strafantrag bei Bedrohung nicht an die Dreimonatsfrist gebunden ist. Hier
braucht also nicht die Dreimonatsfrist, sondern nur die Frist für die Verjährung beachtet zu werden, die 5 Jahre beträgt. Außerdem folgt daraus, dass auch bei dem
Vergehen der Bedrohung dann der Schm. nicht tätig zu werden braucht, wenn die
Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung übernommen hat. (Siehe AGDirektor Dr. Jahn
in der SchsZtg.
1956 5. 136.)
2. Die wichtigsten Unterschiede zwischen Bedrohung und Nötigung ihrer Natur nach
sind folgende: Bedrohung ist Drohung mit einem Verbrechen zum Zwecke der Einschüchterung, die bewirkt, dass die Rechtssicherheit und der Rechtsfrieden des BeNachdruck und Vervielfältigung
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drohten erschüttert wird. Nötigung verfolgt den Zweck, auf rechtswidrige Weise den
Willen eines anderen im eigenen Sinne zu beeinflussen oder es wenigstens zu versuchen, sei es durch Gewalt, sei es durch Drohung mit einem empfindlichen Übel.
Das braucht bei Nötigung nicht Drohung mit einem Verbrechen zu sein. Es genügt z.
B. die Drohung: „Wenn Du nicht so handelst, wie ich will, dann verlierst Du Deinen
Arbeitsplatz, erleidest Geldeinbuße usw.".
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