ein Markt mit Zukunft
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ein Markt mit Zukunft
Georgien Ein Markt mit Zukunft DWV (Deutsche Wirtschaftsvereinigung) und GTAI (Germany Trade & Invest) Gemeinschaftspublikation Sehr geehrte Damen und Herren, als Deutsche Wirtschaftsvereinigung (DWV) stehen wir an der Seite aller an den deutschgeorgischen Wirtschaftsbeziehungen Interessierten. Für ein erfolgreiches Engagement mit diesem freien Land an der Nahtstelle zwischen Europa und Asien benötigen Sie fundierte Informationen. Wir freuen uns, dass wir als einer der größten bilateralen Wirtschaftsverbände im Land Ihnen gemeinsam mit Germany Trade & Invest, der Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland, solch aktuelles „Know-how“ liefern können. Zugleich danken wir Rödl & Partner, Tbilisi, für den Beitrag zu den rechtlichen Rahmenbedingungen und Steuern. Zögern Sie nicht, von unserem umfangreichen Dienstleistungsportfolio zu Ihrer Unterstützung Gebrauch zu machen. Über unsere Website www.georgien.ahk.de sowie im unmittelbaren Kontakt stehen wir Ihnen mit diesem gerne zur Verfügung! Ihnen ein gutes Gelingen! Oliver Regner Geschäftsführer Deutsche Wirtschaftsvereinigung (DWV) Oliver Regner Dr. Uwe Strohbach Natia Gobejishvili Geschäftsführer DWV Repräsentant für Zentralasien und Südkaukasus GTAI Projektmanagerin DWV Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 2|Seite Sehr geehrte Damen und Herren, das moderne, sich schnell entwickelnde Georgien ragt innerhalb der Kaukasusregion durch seine liberale und investitionsfreundliche Wirtschaftspolitik hervor. Etwa 300 im Land aktive deutsche Unternehmen zeugen vom Vertrauen in die politische Stabilität und rechtsstaatliche Entwicklung des Landes. Durch sein offenes Geschäftsklima, niedrige Steuern und ein modernes Arbeitsrecht empfiehlt sich Georgien deutschen Firmen als Produktionsstandort und Handelsdrehkreuz im Kaukasus. Strategisch bildet das Land einen wichtigen Brückenkopf auf der neu entstehenden Seidenstraße zwischen Orient und Okzident. Durch Georgien führen wichtige Öl- und Gaspipelines. Internationale Gelder fließen in den Ausbau der Verkehrs- und Energieinfrastruktur. Umfassende öffentliche Förderprogramme beleben den Agrarsektor. Wirtschaftliche Zugpferde sind auch die Ernährungswirtschaft und der Tourismussektor. Georgiens Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union dürfte Handel und Investitionen weiter anschieben. Das umfassende Freihandelsabkommen ermöglicht georgischen Firmen einen freieren Zugang zum europäischen Markt. Weitere Erleichterungen winken, wenn nicht nur Deutsche, sondern auch Georgier in Kürze - wie beabsichtigt - visumfrei in das jeweilige Partnerland reisen können. "Made in Germany" genießt in Georgien einen guten Ruf. Punkten können deutsche Partner in Georgien im Maschinenbau, im Agrar- und Bausektor, in der Abfall- und Abwasserwirtschaft sowie bei erneuerbaren Energien. Germany Trade & Invest begleitet die bilaterale Kooperation durch systematische Berichterstattung über aktuelle Wirtschafts- und Branchentrends, aber auch gezielte Zusammenarbeit mit georgischen Investoren. Auf unserer Homepage finden Sie unter www.gtai.de/georgien aktuelle Informationen zu Entwicklungen und Projekten in Georgien. Viel Erfolg für Ihr Georgien-Geschäft! Edda Wolf Leiterin des Bereichs GUS/Südosteuropa Germany Trade and Invest Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH der Bundesrepublik Deutschland Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 3|Seite Inhaltsverzeichnis Vorwort ........................................................................................................................................................ 2 1 Dienstleistungen der DWV und GTAI ................................................................................................... 5 2 Allgemeine Daten.................................................................................................................................. 7 3 Wirtschaftsentwicklung und -struktur .................................................................................................. 9 4 5 3.1 Makroökonomische Entwicklung .................................................................................................. 9 3.2 Außenhandel ............................................................................................................................... 12 3.3 Wirtschaftsstruktur ..................................................................................................................... 15 Investitionsklima, Arbeitsmarkt und Löhne ........................................................................................ 21 4.1 Investitionsklima ......................................................................................................................... 21 4.2 Arbeitsmarkt und Löhne ............................................................................................................. 27 4.3 Berufsbildung .............................................................................................................................. 34 Wachstumsbrachen ............................................................................................................................ 36 5.1 5.1.1 Energie/Hydroenergetik...................................................................................................... 36 5.1.2 Transport und Logistik ........................................................................................................ 37 5.1.3 Wasser/Abwasser ............................................................................................................... 45 5.1.4 Hochbau .............................................................................................................................. 46 5.2 Landwirtschaft ............................................................................................................................ 48 5.3 Industrie ...................................................................................................................................... 51 5.3.1 Getränke- und Lebensmittelindustrie ................................................................................. 51 5.3.2 Sonstige verarbeitende Industrie........................................................................................ 53 5.3.3 Bergbau ............................................................................................................................... 55 5.4 6 Infrastruktur und Hochbau ......................................................................................................... 36 Tourismus.................................................................................................................................... 56 Rechtliche Rahmenbedingungen und Steuern ................................................................................... 58 6.1 Assoziierungs- und Freihandelsabkommen mit der EU .............................................................. 58 6.2 Gesellschaftsrecht ....................................................................................................................... 58 6.3 Steuerrecht ................................................................................................................................. 61 6.4 Arbeitsrecht………………................................................................................................................65 Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 4|Seite 1 Dienstleistungen der DWV und GTAI Dienstleistungsangebot der Deutschen Wirtschaftsvereinigung Die DWV bietet ein breites Spektrum an Dienstleistungen an, um die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Georgien wirksam zu unterstützen. Zugleich besteht eine enge Kooperation mit Armenien. 1 Markteintritt Geschäftspartnersuche Individuelle Absatzberatung Adressrecherche Unternehmerreisen 2 Marktstudien 3 Bonitätsprüfung/Mediation/Unterstützung bei Streitigkeiten 4 Ausschreibungsservices Informationen über Ausschreibungen Begleitung bei der Ausschreibungsteilnahme Übersetzungen von Ausschreibungstexten 5 Personaldienstleistungen Schaltung eines Inserats und Betreuung des Bewerbungsprozesses Kandidatenauswahl Trainings und Seminare 6 Unternehmerreisen 7 Messedienstleistungen 8 Geschäftspräsenz/Büroservices Arbeitsplatz und Büroinfrastruktur Virtuelles Büro Tiflis Telefonservices 9 Übersetzungsdienstleistungen 10 Unternehmenswerbung Bannerwerbung auf der DWV-Website Werbung in Publikationen und auf Veranstaltungen Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 5|Seite Dienstleistungen der GTAI Germany Trade & Invest ist die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland. Die Gesellschaft sichert und schafft Arbeitsplätze und stärkt damit den Wirtschaftsstandort Deutschland. Mit über 50 Standorten weltweit und dem Partnernetzwerk unterstützt Germany Trade & Invest deutsche Unternehmen bei ihrem Weg ins Ausland, wirbt für den Standort Deutschland und begleitet ausländische Unternehmen bei der Ansiedlung in Deutschland. Exportförderung Germany Trade & Invest unterstützt den deutschen Mittelstand im globalen Wettbewerb mit kundenspezifischen Analysen über Chancen und Risiken auf Auslandsmärkten. Mit seinem umfassenden Informationsangebot zu mehr als 120 Ländern liefert Germany Trade & Invest die Wissensgrundlage für den Erfolg der deutschen Exportwirtschaft im Ausland. Investorenberatung Germany Trade & Invest unterstützt und berät ausländische Investoren vom Markteintritt bis zur Ansiedlung in Deutschland. Die Gesellschaft verfolgt damit das Ziel, durch Unternehmensansiedlungen Arbeitsplätze zu schaffen und die deutsche Wirtschaft zu stärken. Um das Ansiedlungsvorhaben so einfach wie möglich zu gestalten, arbeitet Germany Trade & Invest als „One- Stop-Agency“ und bietet ausländischen Investoren ein umfassendes Serviceangebot. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 6|Seite 2 Allgemeine Daten Landkarte Georgien Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 7|Seite Geographische Lage: Georgien liegt östlich des Schwarzen Meeres und südlich des Großen Kaukasus an der Grenze von Asien zu Europa. Das Land grenzt im Norden an die Russische Föderation, im Süden an die Türkei und Armenien und im Osten an Aserbaidschan. Fläche: 69.900 qkm (entspricht in etwa der Fläche Tschechiens, Irlands oder des Freistaates Bayern; circa ein Fünftel des Territoriums entfällt auf die abtrünnigen Konfliktgebiete Abchasien und Südossetien) Bevölkerung: 3,72 Mio. Einwohner (1.1.2016) Hauptstadt: Tiflis (Tbilisi; 1,12 Mio. Einwohner, inoffiziell circa 1,3 Mio. Einwohner) Amtssprache: Georgisch Klima: Sieben Klimazonen von subtropisch-feucht im Westen bis zu einem trockenen und gemäßigten Kontinentalklima im Osten Verwaltungsstruktur: Hauptstadt Tiflis (Tbilisi), Autonome Republik Adscharien und neun Regionen Währung: Lari (GEL) – 1 Lari = 100 Tetri Religion: Georgisch-orthodox; Georgien war nach Armenien das zweite Land der Welt, welches das Christentum zur Staatsreligion erklärte Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 8|Seite 3 Wirtschaftsentwicklung und -struktur 3.1 Makroökonomische Entwicklung Wirtschaft bleibt auf Wachstumskurs Die Wirtschaft Georgiens wird 2016 um etwa 2,5 % bis maximal 3,0 % zulegen. Die Regierung rechnet sogar mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,0 % bis 3,5 %. Sie setzt auf eine anhaltende Belebung der Investitionen, des Baugewerbes, der Landwirtschaft und des Tourismus. Die Experten des Internationalen Währungsfonds und der Ratingagentur Fitch erwarten dagegen nur ein Plus von 2,5 %. Wirtschaftliche Entwicklung 2014 bis 2016 (reale Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %) Kennziffer 2015 4,6 7,3 2,8 -10,1 2016 2,5 5,0 27,9 8,0 19,9 8,9 15,0 7,0 BIP Einfuhr (Waren, cif) 2) Bruttoanlageinvestitionen 2) Privater Verbrauch 2) 1) 1) 2014 2) Prognosen; nominale Veränderungen Quellen: Nationales Statistikbüro, IWF, Germany Trade and Invest (Prognosen) Das Land kann somit nicht an die 2010 bis 2012 erzielten BIP-Zuwächse von im Schnitt jährlich 6,6 % anknüpfen. Ein solches Wachstum ist angesichts des großen technisch-technologischen Nachholbedarfs und der in vielen Branchen noch brachliegenden Potenziale für eine sich dauerhaft stabil entwickelnde Wirtschaft jedoch unabdingbar. Die bescheidenen Erwartungen sind hauptsächlich den Auswirkungen externer Faktoren auf die georgische Wirtschaft geschuldet. Hierzu zählen die Wirtschaftskrise in wichtigen Exportländern Georgiens (Russland, Aserbaidschan und Ukraine), die Abwertung der Nationalwährung GEL gegenüber dem USDollar von Ende 2014 bis Anfang 2016 um gut ein Drittel und sinkende private Geldtransfers aus dem Ausland. Auch hausgemachte Probleme, wie die in einigen Sektoren nur halbherzig durchgeführten oder noch ausgebliebenen Reformen, sind Gründe für das schwache Wirtschaftswachstum. Weitere Fortschritte in der Reformpolitik sind jedoch in Sicht. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 9|Seite Wirtschaftliche Eckdaten Indikator BIP (nominal, Mrd. USD) BIP pro Kopf (USD) 1) Bevölkerung (Mio.) 2) Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 USD = Lari, GEL) 2013 16,14 2014 16,51 2015 13,96 3.599,6 (4.311,9) 3.676,2 (4.410,2) 3.743,1 4,48 (3,73) 1,6634 4,49 (3,73) 1,7659 3,73 2,2702 1) Angaben in Klammern: Neuberechnungen auf der Basis des vorläufigen Ergebnisses des Zensus von 2014; jeweils zum 1.1., Angaben in Klammern: vorläufige Ergebnisse des Zensus von 2014 Quellen: Nationales Statistikbüro, Statistisches Bundesamt, Berechnungen von Germany Trade and Invest 2) Investitionsbelebung setzt sich fort Eine positive Entwicklung lässt sich bei den Bruttoanlageinvestitionen beobachten. Sie legten 2014 und 2015, bemessen in GEL, jeweils zweistellig zu. Das in US-Dollar umgerechnete Investitionsvolumen lag jedoch 2015 aufgrund der Währungsabwertung um knapp 0,3 Mrd. USD unter dem Vorjahreswert von 4,27 Mrd. USD. Für 2016 hat die Kaukasusrepublik gute Aussichten auf ein weiteres Anziehen der Investitionen um nominal 15 % und mehr. Partnerschaftsfonds: Hinter dem Namen JSC Partnership Fund verbirgt sich ein 2011 gegründeter staatlicher Investitionsfonds auf der Basis der Aktiva großer staatlicher Unternehmen aus den Bereichen Transport, Energie und Infrastruktur (darunter vor allem der Eisenbahngesellschaft, des Öl- und Gaskonzerns sowie des Stromnetzbetreibers). Hauptziel des Fonds ist die Mitfinanzierung privater Investitionsprojekte in Georgien zu Beginn ihrer Entwicklung (Eigenkapital, Mezzanine etc.). Der Gesamtwert der bereits umgesetzten oder der sich gegenwärtig in der Realisierung befindenden Projekte liegt bei weit über 1 Mrd. USD. Hierzu zählen Vorhaben in solchen Sparten wie Hydroenergetik, Tourismus, Land- und Nahrungsmittelwirtschaft oder pharmazeutische Produktion. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 10 | S e i t e Für die günstige Prognose zur Investitionsentwicklung sprechen rege ins Land fließende internationale Fördergelder und Kredite für die Erneuerung und den Ausbau der Infrastruktur, der Ernährungswirtschaft und anderer Sektoren sowie verschiedene Förderprogramme für unternehmerische Initiativen in der Landwirtschaft, in der Industrie und im Tourismus. Wachsende Aktivitäten bei der Mitfinanzierung prioritärer privater Projekte in der Wirtschaft entwickeln der private, mit 6 Mrd. USD ausgestattete Georgian Co-Investment Fund sowie der staatliche Partnerschaftsfonds. Die von der georgischen Regierung in den vergangenen drei Jahren gestarteten Initiativen zur Ankurbelung der Investitionen werden künftig weiter ausgebaut. So gelten seit 2016 verbesserte Förderkonditionen für das mit Erfolg seit Juni 2014 laufende staatliche Programm zur Förderung der einheimischen Produktion namens "Produce in Georgia". Nutznießer sind private kleine und mittlere investitionswillige Unternehmen, die für die Realisierung ihrer Vorhaben je nach Projektart ein Darlehen in nationaler Währung oder in Devisen in Höhe von mindestens 150.000 GEL (rund 60.000 USD) beziehungsweise 75.000 USD aufnehmen. Produce in Georgia: Das staatliche Programm Produce in Georgia zielt darauf ab, Unternehmensgründungen, insbesondere in der Industrie und im Agrarsektor, zu fördern sowie das Exportpotenzial zu steigern. Die Initiative bietet finanzielle Unterstützung mittels Zinsvergünstigungen, einen Zugang zu Immobilien zu einem symbolischen Preis sowie Beratungsleistungen. Voraussetzung für die Inanspruchnahme eines geförderten Darlehens ist, dass von der Kreditsumme mindestens 80% für den Kauf von Maschinen und Ausrüstungen verwendet werden. Bis Anfang April 2016 wurden mit Geldern aus dem Programm rund 150 neue Produktionsstätten gegründet und 750 bestehende Betriebe modernisiert. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 11 | S e i t e Neue Reforminitiative gestartet Im Frühjahr 2016 kündigte die Regierung ein neues Reformprogramm an. Es soll zu einer signifikanten Belebung der Wirtschaft und einer Ausweitung des Anteils kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) an der gesamtwirtschaftlichen Produktion beitragen. Der Anteil des KMUSektors am BIP liegt heute noch unter 20 %. Die Reformmaßnahmen umfassen die Gewährung von Steueranreizen für investitionswillige Firmen, die Umsetzung eines effizienten Front-OfficeKonzeptes in der öffentlichen Verwaltung, einen massiven Ausbau des Berufsschulwesens, einen Bürokratieabbau im Interesse einer zügigen Realisierung von Infrastrukturprojekten sowie eine verstärkte Förderung privater Investitionen in allen Landesteilen. Die Regierung beabsichtigt auch die Gründung einer neuen zentralen wirtschaftsfördernden Einrichtung, mit Fokus auf der Gewinnung von Investoren in Regionen außerhalb der großen Ballungsgebiete Georgiens. Sowohl die Realisierung des Reformpakts als auch die erwartete Wiederbelebung der Volkswirtschaften in den GUS-Hauptpartnerländern dürften ab 2017 wieder zu einem höheren realen BIP-Wachstum in Georgien von etwa 4,0 % bis 4,5 % führen. 3.2 Außenhandel Der Außenhandel ging 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 13,3 % auf 9,9 Mrd. USD zurück. Der Einbruch bei den Warenexporten um 23 % auf 2,2 Mrd. USD ist auf den massiv eingebrochenen Pkw-Reexport nach Aserbaidschan und Armenien, die schwache Nachfrage nach wichtigen georgischen Exportgütern (vor allem Mineralwasser und Wein) in den Krisenländern Russland, Ukraine und Kasachstan sowie gesunkene Weltmarktpreise für Ferrolegierungen zurückzuführen. Hinter dem Rückgang der Warenimporte um 10,1 % auf 7,7 Mrd. USD stehen Mindereinfuhren von Pkw (für den Re-Export) und geringe Preise für eingeführte Ölprodukte. Unter Herausrechnung eines großen einmaligen Sonderpostens im Import aus Irland (Präparate gegen Hepatitis C) sind die Einfuhren um 15 % auf 7,3 Mrd. USD gesunken. Entwicklung des Außenhandels (in Mio. USD; nominale Veränd. gegenüber Vorjahr in %) 1) 2012 2013 2014 2015 Umsatz, insgesamt Warenimporte (cif) 10.413 8.037 10.921 8.012 11.454 8.593 9.931 7.727 Veränderung 2015/2014 -13,3 -10,1 Warenexporte (fob) Handelsbilanzsaldo 2.376 -5.661 2.909 -5.103 2.861 -5.732 2.204 -5.523 -23,0 3,6 1) ohne nichtorganisierten Handel Quelle: Nationales Statistikbüro Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 12 | S e i t e Die Einfuhren übersteigen die Ausfuhren traditionell um ein Mehrfaches. Im Schnitt übertrafen die Importe 2011 bis 2015 die Exporte um den Faktor 3,2. Hierfür gibt es mehrere Gründe. Zum einen muss Georgien das Gros seines Bedarfs an strategischen Ressourcen (Gas, Ölprodukte, Metalle und Holz) und Nahrungsgütern (inklusive Weizen) einführen und zum anderen ist die Exportwirtschaft bisher nur auf einige wenige und zudem wenig veredelte Produkte ausgerichtet (Ferrolegierungen, Kupfererze/-konzentrate, Kfz/Re-Exporte, Waren des AgrarIndustrie-Komplexes wie Haselnüsse, Wein, Mineralwasser und Dünger). Die zehn bedeutendsten Hauptexportgüter stehen für zwei Drittel aller georgischen Ausfuhren. Die Prognosen für den Außenhandel im Jahr 2016 sind bedingt durch viele Unwägbarkeiten widersprüchlich. Die Unsicherheiten gelten angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage in den wichtigen Abnehmerländern der GUS vor allem für den Export. Für die Ausfuhren prognostizieren die meisten Landeskenner einen Rückgang oder bestenfalls eine Stagnation. Die Importe könnten angesichts der anhaltenden Investitionsbelebung im Land um einige Prozentpunkte steigen. Der schwache Privatverbrauch dürfte diesen Trend jedoch drosseln. Hauptwarengruppen im Import (in Mio. USD; nominale Veränd. gegenüber Vorjahr in %) 1) SITC Warengruppe 2012 2013 2014 2015 Arzneimittel Öl und Ölprodukte Kraftfahrzeuge (Pkw, vorwiegend Re-Exporte) Erdgas 233 951 663 281 954 711 315 918 715 745 2) 657 463 Veränderung 2015/2014 136,5 -28,4 -35,2 318 317 369 419 13,6 Kupfererze und -konzentrate Telefone für mobile und andere drahtlose Netze 0,01 119 113 152 165 196 208 149 26,1 -24,0 Getreide (Weizen) Tabakwaren (Zigaretten) 234 91 185 96 152 116 119 104 -21,7 -10,3 18 93 10 65 7 91 73 64 942,9 -29,6 Stahlrohre Eisen und Stahl, auch Teile 1) ohne nichtorganisierten Handel; Das Importvolumen umfasst nach Angaben des Ministeriums für Gesundheitswesen eine Sonderbeschaffung von Präparaten gegen Hepatitis C in Höhe von rund 400 Mio. USD Weitere bedeutende Importpositionen: EDV-Technik, elektrotechnische Erzeugnisse für die Stromwirtschaft, Kühl- und Gefriertechnik, Textilien und Bekleidung, Schokolade und Schokoladenerzeugnisse, Unterhaltungselektronik Quelle: Nationales Statistikbüro 2) Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 13 | S e i t e Hauptwarengruppen im Export (in Mio. USD; nominale Veränd. gegenüber Vorjahr in %) 1) SITC Warengruppe 2012 2013 2014 2015 54 162 248 271 Veränderung 2015/2014 9,3 261 587 231 704 286 518 195 180 -31,8 -65,3 Haselnüsse 84 167 183 176 -3,8 Arzneimittel (dosierte Waren) 52 52 92 141 53,3 137 65 131 128 138 180 110 96 -20,3 -46,6 27 59 41 107 36 137 85 88 136,1 -35,8 80 511 100 774 95 826 65 612 -31,5 -25,9 Kupfererze, -konzentrate Ferrolegierungen Kfz (Pkw, Re-Export) Stickstoffdünger Wein Öl und Ölprodukte Mineralwasser, auch kohlensäureund zuckerhaltiges Quellwasser Spirituosen Insgesamt: Agrarprodukte, Nahrungsmittel und Getränke 1) ohne nichtorganisierten Handel Quelle: Nationales Statistikbüro Hauptbezugsländer Georgiens (in Mio. USD; nominale Veränd. gegenüber Vorjahr in %)1) Land 2012 2013 2014 2015 Türkei Russland VR China 1.469 476 614 1.409 584 612 1.727 575 733 1.331 623 587 Veränderung 2015/2014 -22,9 8,3 -19,9 Aserbaidschan Irland 692 11 653 11 638 10 543 456 2) -14,9 4460,0 Ukraine Deutschland 588 540 601 449 546 466 455 431 -16,7 -7,5 USA VAE 213 184 254 211 287 199 252 213 -12.2 7,0 259 2.426 30,2 323 2.264 28,3 311 2.370 27,6 207 2.519 32,6 -33,4 6,3 - Rumänien EU-Länder, insgesamt Anteil am Gesamtimport (in %) 1 ) ohne nichtorganisierten Handel; ) einmaliger Großimport von Arzneimitteln durch das Ministerium für Gesundheitswesen Quelle: Nationales Statistikbüro 2 Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 14 | S e i t e Hauptausfuhrländer Georgiens (in Mio. USD; nominale Veränd. gegenüber Vorjahr in %)1) Land 2012 2013 2014 2015 Aserbaidschan 629 710 545 240 Veränderung 2015/2014 -56,0 Bulgarien Türkei 70 140 151 184 167 239 214 186 28,1 -22,2 Armenien 258 315 288 180 -37,5 Russland 47 190 275 163 -40,7 VR China USA 26 226 34 137 90 207 126 104 40,0 -49,8 16 39 53 23 73 81 55 69 86 97 76 74 76,4 10,1 -14,0 352 14,8 607 20,9 624 21,8 646 29,3 3,5 - Usbekistan Deutschland Italien EU-Länder, insgesamt Anteil am Gesamtexport (in %) 1) ohne nichtorganisierten Handel Quelle: Nationales Statistikbüro 3.3 Wirtschaftsstruktur Die georgische Volkswirtschaft befindet sich in einer Etappe der wirtschaftlichen Konsolidierung und Neuausrichtung. Einer der Standortvorteile Georgiens ist seine strategisch günstige Lage zwischen Europa und Asien. Diese ermöglicht es dem Land, sich als regionaler Energie-Hub und regionales Handelszentrum für den Südkaukasus und als Transitland für Waren zwischen Europa, Zentral- und Ostasien sowie Nah- und Mittelost zu positionieren. Georgien ist schon heute ein wichtiger Korridor für den Transport von Öl und Gas aus Aserbaidschan sowie von Öl und Ölprodukten aus Kasachstan in die Türkei und von dort aus nach Europa. Ein weiterer Trumpf des Landes ist sein großes Wasserkraft-Potenzial. Darauf entfallen mehr als 90 % aller energetischen Ressourcen Georgiens. Das wirtschaftlich nutzbare jährliche Wasserkraftpotenzial an den etwa 300 Flussläufen geben Experten mit 32 Mrd. kWh an. Dies entspricht in etwa dem Vierfachen der bisher genutzten Ressourcen. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 15 | S e i t e Die heute abbaufähigen Reserven fossiler Energiequellen erreichen mit Ausnahme von Kohle (201 Mio. t) nur eine bescheidene Größenordnung. Sie betragen laut offiziellen Angaben etwa 5 Mio. t Erdöl und 8 Mrd. cbm Gas. Die Ressourcen werden 700 Mio. t Kohle, 50 Mio. t Öl und 102 Mrd. cbm Gas beziffert. Die Förderung betrug 2015 lediglich 40.153 t Öl und 16,5 Mio. cbm Gas. Hinweis: Weitere Informationen über mineralische Ressourcen einschließlich des Bergbaus siehe Abschnitt 5.3.3 (Bergbau). Außerdem verfügt Georgien über rund 2.000 registrierte Süßwasserquellen mit einer jährlichen durchschnittlichen Zuflussmenge von etwa 250 Mrd. Liter Wasser, 22 unterirdische Heil- und Mineralwasserquellen (40 Mrd. Liter/Jahr) sowie circa 2.300 sonstige Heil- und Mineralwasserquellen (130 Mio. Liter/Tag). Zu den Vorzügen des Wirtschaftsstandorts Georgiens zählen günstige klimatische Bedingungen für den Ausbau des Agrarsektors, ein großes touristisches Potenzial und die beachtlichen Geschäftschancen bei der Modernisierung und dem Ausbau der Infrastruktur (Transport, Wasser/Abwasser, Energie, soziale Objekte). Projekt der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zur Privatwirtschaftsentwicklung im Südkaukasus: Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fördert die GIZ zahlreiche Initiativen, um durch ein breitenwirksames Wachstum das Stadt-Land-Gefälle und die Armut insbesondere in ländlichen Regionen zu reduzieren. Besonders in den Bereichen Landwirtschaft, Tourismus und Bau berät die GIZ staatliche und private Organisationen bei der Entwicklung von Strategien, fördert die Privatwirtschaft in bestimmten Wertschöpfungsketten und unterstützt bei der beruflichen Qualifizierung. Im Laufe der vergangenen drei Jahre hat die GIZ beispielsweise die Qualifizierung von Inhabern und Mitarbeitern kleiner Hotels, Architekten, Designern und Baufachleuten hinsichtlich Energieeffizienz sowie die Förderung von Weinproduzenten, die nach dem für Georgien typischen Qvevri-Verfahren keltern, vorangetrieben. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 16 | S e i t e Sektorale Struktur Die Wirtschaftsstruktur Georgiens hat sich nach dem Zusammenbruch der UdSSR grundlegend verändert. Die Anfang der 1990er Jahre vollzogene marktwirtschaftliche Schocktherapie (Preisund Handelsliberalisierung, freier Kapitalverkehr und Privatisierung) sowie die Zuspitzung innerethnischer Konflikte in den abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien führten bis 1994 zu einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 74,6 % gegenüber 1989. Nach einer kurzen zweijährigen Stabilisierungs- und Wachstumsphase hat sich der Aufwärtstrend infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise in Russland, eines sich verschlechternden Geschäftsklimas, einer ausufernden Korruption, nachlassender Reformbemühungen und sich erneut zuspitzender innerethnischer Spannungen wieder abgeflacht. © DWV, GTAI © HeidelbergCement Erst nach der „Rosenrevolution“ (2003), aus der die Opposition unter Michail Saakaschwili als Sieger hervorging, ging es dank neoliberaler Wirtschaftsreformen und einer effektiven Korruptionsbekämpfung deutlich aufwärts. Das neoliberale Wirtschaftssystem gelangte aber zunehmend an seine Grenzen. In Verbindung mit dem russisch-georgischen Fünf-Tage-Krieg um die Gebiete Südossetien und Abchasien im August 2008 sowie den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise musste Georgiens Wirtschaft wiederholt einen Rückschlag hinnehmen. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 17 | S e i t e Mangelnde wirtschaftsfördernde Reformen, zunehmende staatliche Interventionen, der Konfrontationskurs der Regierung gegenüber Russland und soziale Probleme waren die Hauptgründe für einen erneuten Machtwechsel im Herbst 2012. Der kurze Abriss der Wirtschaftsentwicklung seit 1991 erklärt, warum das Land bis heute auf keine solide Basis für eine sich dauerhaft selbst tragende und dynamisch entwickelnde Wirtschaft verweisen kann. Die starke Importlastigkeit der Wirtschaft, das hohe Gewicht von Transitwaren am Export (um die 30 %), erhebliche private Geldtransfers aus dem Ausland und massive internationale Geberleistungen machen die Wirtschaft anfällig gegenüber exogenen Schocks. Die verarbeitende Industrie und die Landwirtschaft weisen immer noch eine geringe Effizienz aus. Die Herausbildung von Schlüsselsektoren, die sich auf lokale Standortvorzüge stützen können, kommt nicht schnell genug voran. Der öffentliche und der private Verbrauch machten in den vergangenen vier Jahren etwa 80 % bis 90 % des BIP aus. Diese hohe Quote weist auf eine im internationalen Vergleich starke Konsumorientierung der Wirtschaft hin. Die seit Ende 2012 amtierende Regierung hat mit beachtlichem Erfolg viele der von der Vorgängerregierung unterlassenen Reformen auf den Weg gebracht und zu einem großen Teil schon umgesetzt. Sie fördert prioritäre Wirtschaftssektoren und unternimmt ernsthafte Bemühungen für eine signifikante Verbesserung der Rahmenbedingungen hin zu einer nachhaltigen und stabilen Wirtschaftsentwicklung im Land. Diese Initiativen spiegeln sich vor allem in der Förderung des Agrar-Industrie-Komplexes, in der Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen in allen Bereichen des verarbeitenden Gewerbes, in der Förderung des Tourismus und vor allem in der Wiederbelebung des Handels mit Russland wider. Die DWV bietet Unternehmen, die an einem Markteintritt in Georgien oder Armenien interessiert sind, individuelle Beratungsgespräche an. Neben der Beantwortung Ihrer individuellen Fragen, liefern wir Informationen über die Wirtschaftsstandorte, Registrierungsverfahren, Genehmigungen, Zollangelegenheiten etc. Auch nennen wir Ihnen für Ihre individuellen Anliegen geeignete Ansprechpartner. Diese kurzen Erstberatungen sind kostenfrei. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 18 | S e i t e In der sich langsam wieder belebenden verarbeitenden Industrie, deren mengenmäßiger Ausstoß heute nur circa ein Fünftel des Niveaus von Ende der 1980er Jahre erreicht, dominieren die Nahrungs- und Genussmittelindustrie und die Produktion von Metallen und fertigen Metallerzeugnissen. Es folgen die Baustoffindustrie (Schwerpunkt: Zement und Betonerzeugnisse), einige wenige Segmente der chemischen Industrie (vorrangig Produktion von Düngemitteln) sowie die Kunststoff- und die Pharma-Industrie. Die einst starke Textil- und Bekleidungsindustrie ist heute nur noch mit etwa 1 % an der industriellen Erzeugung des Landes beteiligt, gegenüber annähernd 20 % Ende der 1980er Jahre. Bedeutung der Wirtschaftssektoren (Anteile in %) Sektoren Anteil am BIP Anzahl der Angestellten 2006 2015 87.300 105.200 54.700 78.200 2006 17,0 9,9 2015 16,5 9,8 ..Lebensmittel- und Getränkeindustrie ..Chemie- und Kunststoffindustrie 4,6 1,3 4,5 1,2 21.300 6.000 29.300 8.800 ..Baustoffindustrie/Produktion nichtmetallischer Erzeugnisse ..Produktion von Basismetallen und metallischen Erzeugnissen 2. Bauwirtschaft 1,1 1,4 6.400 7.200 1,4 1,5 5.200 13.300 7,9 8,0 46.700 59.900 3. Dienstleistungen .ohne öffentliche Verwaltung und Bildung 60,4 50,6 66,3 52,1 202.8000 k.A. 368.600 k.A. .Groß-/Einzelhandel, Reparatur von Kfz 15,6 16,6 39.100 128.900 .Transport und Kommunikation 13,3 10,7 53.300 57.500 .Gesundheit, soziale Dienste 5,0 6,0 50.400 58.000 .Immobilien, unternehmensnahe Dienste 3,8 6,6 24.000 51.800 .Hotel- und Gaststättenwesen 2,6 2,5 11.000 29.100 11,5 9,2 4.000 11.300 19,4 17,0 k.A. k.A. 7,0 7,3 k.A. k.A. 1. Industrie insgesamt 1) .Verarbeitende Industrie 4. Landwirtschaft Memo: Agrarbusiness insgesamt (Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie) Tourismuswirtschaft insgesamt 1) darin enthalten: Bergbau, verarbeitendes Gewerbe, Strom-, Gas- und Wasserversorgung sowie die Produktion in Haushalten (Anteil der Produktion in Haushalten an der Industrieproduktion insgesamt 2015: 2,6 %) Quelle: Nationales Statistikbüro Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 19 | S e i t e Regionale Struktur Die Hauptstadt Tiflis ist das bedeutendste Wirtschaftszentrum Georgiens. In die Landesmetropole fließen alljährlich drei Viertel der im Land realisierten Investitionen. Ihr Anteil an der Warenproduktion und der Erbringung von Dienstleistungen in der Republik betrug unter Beachtung der dort ansässigen Firmenzentralen 2010 bis 2015 im Schnitt rund zwei Drittel. Auf die Stadt entfallen rund sieben Zehntel der alljährlich in Georgien realisierten Bauleistungen und gut vier Zehntel des landesweiten Industrieausstoßes. In der lokalen Industrie dominieren die Nahrungsmittel- und Baustoffindustrie sowie die Energiewirtschaft. Die aktuelle sozioökonomische Lage in Tiflis ist nicht zufriedenstellend. Die meisten Industriebetriebe, die 1990 insgesamt 17,4 % der Fläche des damaligen Stadtgebietes (378 qkm) einnahmen (Schwermaschinenbau, Elektronik und Mikroelektronik, Textil- und Lebensmittelindustrie), meldeten in den 1990er Jahren Konkurs an. Mittel- und langfristig hat die Stadt gute Entwicklungsmöglichkeiten. Dies gilt sowohl für den weiteren Ausbau des Dienstleistungsgewerbes als auch für einige Branchen der Industrie, so für die Nahrungsmittelindustrie, technologieorientierte Sektoren der elektrotechnischen Industrie, den Maschinenbau und die Baustoffindustrie. Die in der Metropole geplanten städtebaulichen Aktivitäten sind in einem von der Stadtverwaltung (Tbilisi City Hall) verabschiedeten Masterplan skizziert. Zweitwichtigste Industrieregion Georgiens ist die südlich und östlich der Hauptstadt gelegene Region Niederkartlien. Ihr Anteil an der landesweiten Industrieproduktion beträgt rund ein Fünftel und am Gesamtumsatz aller georgischen Unternehmen circa 6 %. Das lokale Industriegeschehen prägen die in der regionalen Hauptstadt Rustavi und ihrem Umland ansässigen Unternehmen GeoSteel (Stahlguss, Betonstahl-Walzgut), Rusmetall (Ferrolegierungen), Rustavi Steel (Stahlarmaturen, Rohre), Azot (Düngemittel und andere Chemieerzeugnisse), HeidelbergCement (Zement), Carriage Building Company (rollendes Material, Güter- und Reisezugwagen), Kazbegi (Brauerei) und Mtkvari Energy/Inter RAO (Stromund Wärmenergieerzeugung), die im Landkreis Bolnisi tätigen Unternehmen RMG Copper und Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 20 | S e i t e RMG Gold (Abbau von kupferhaltigen Erzen und goldhaltigen sekundären Quarziten, Produktion von Kupfer- und Golderzkonzentrat) und Marneuli Food Factory in Marneuli, ein Hersteller von Obst- und Gemüsekonserven. Imeretien mit der lokalen Hauptstadt und zweitgrößten georgischen Stadt Kutaisi ist das westgeorgische Wirtschaftszentrum und steht für knapp 5 % der landesweit erzielten Unternehmensumsätze. Die größten lokalen Betriebe sind Georgian American Alloys (Manganerzförderer Chiatura Manganese Mine und Siliziumaufbereitungswerk Zestafoni Ferroalloy Plant) und Chiaturmanganum Georgia (Manganerzförderung, Produktion von Ferromangan und -siliziummangan in Nakhshirgele/Imeretien und Rustavi/Niederkartlien). In Imeretien gibt es nennenswerte Kapazitäten in der Nahrungsmittel-, der Textil- und der holzverarbeitenden Industrie. Der Tourismus in der Region profitiert von der Inbetriebnahme des neuen internationalen Flughafens Kutaisi Ende 2012. Die im Südwesten Georgiens und am Schwarzen Meer gelegene Autonome Republik Adscharien gilt nach der georgischen Hauptstadt als bedeutendster Standort für private Investitionen (Schwerpunkte: Tourismus/Hotels, Infrastruktur). Das Verwaltungsgebiet steht für 7 % der für das Land insgesamt ausgewiesenen Unternehmensumsätze. Bedeutendste Wirtschaftssektoren sind der Fremdenverkehr, der Agrar-Industrie-Komplex und die Bekleidungsindustrie. Ein 2011 verabschiedetes Programm für die Entwicklung des Berg- und Skitourismus sieht bis 2020 die Herausbildung weiterer konkurrenzfähiger Fremdenverkehrscluster mit mehr als 20 touristischen Zentren vor. 4 Investitionsklima, Arbeitsmarkt und Löhne 4.1 Investitionsklima Georgien hat als Wirtschaftsstandort einige Trümpfe in der Hand. Das Land bietet ein liberales Handelsregime: WTO-Mitglied seit 2000, zollfreie Einfuhr von 90 % aller Waren, kaum Export-/ Importlizenzen, -genehmigungen und -beschränkungen, einfache Aus- und Einfuhrverfahren sowie freies Handelsregime mit der GUS, der Türkei und in naher Zukunft auch mit der VR China. Das mit der EU abgeschlossene Assoziierungsabkommen umfasst umfangreiche Erleichterungen für den Zugang georgischer Produkte zu den Märkten der EU. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 21 | S e i t e Weitere Vorzüge des Standortes sind die politische Stabilität, eine effiziente und geschäftsfreundliche Verwaltung geringe Steuern (Gewinnsteuersatz: 15 %), ein liberales Bankensystem und eine geringe Korruptionsanfälligkeit. Das Land bietet Investoren komparative Kostenvorteile wie geringe Stromtarife sowie günstige Lohn- und Lohnnebenkosten. Investoren schätzen das recht hohe Bildungsniveau der Arbeitskräfte. Insbesondere in technisch orientierten Berufsgruppen besteht jedoch ein Fachkräftemangel. Georgien als Wirtschaftsstandort im internationalen Vergleich Index Ease of Doing Business (World Bank) Global Competitiveness Index (World Economic Forum) Economic Freedom Index (Heritage Foundation) Economic Freedom of the World Index (The Fraser Institute) Corruption Perceptions Index (Transparency International) World Justice Project (WJP) Rule of Law Index (The World Justice Project) Rang (von Ländern; Jahr ) Wertung 24 (von 189; 2016) Spitzenreiter bei der Unternehmerfreundlichkeit in Osteuropa (GUS) inklusive Südkaukasus und Zentralasien 66 (von 140; 2015-2016) Wettbewerbsfähigkeit zeigt im Trend nach oben 23 (von 178: 2016) weitest gehende wirtschaftliche Freiheit 12 (von 157; 2015) weitestgehende wirtschaftliche Freiheit 48 (von 168; 2015) geringste Korruptionswahrnehmung in Osteuropa (GUS) inklusive Südkaukasus und Zentralasien 29 (von 102; 2015) höchstes Niveau bei der Einhaltung rechtsstaatlicher Standards in Osteuropa (GUS) inklusive Südkaukasus und Zentralasien Die guten unternehmerischen Rahmenbedingungen spiegeln sich in den vorderen Platzierungen Georgiens in internationalen Rankings und Wettbewerbslisten wider. In dem von der Weltbank jährlich erstellten Index über das Geschäftsklima „Doing Business“ hat Georgien einen kräftigen Sprung nach vorn gemacht: von Rang 112 (unter 145 untersuchten Ländern) im Jahr 2005 auf Platz 24 im Jahr 2016 (unter 189 Ländern). Spitzenpositionen nimmt das Land bei solchen Kriterien wie Registrierung von Grundstückseigentum (Rang 3), Firmengründung (Rang 6), Kreditvergabe (Rang 7), Beantragung und Erhalt von Baugenehmigungen (Rang 11) und Durchsetzung von Verträgen (Rang 13) ein. Bei den Insolvenzregelungen (Rang 101), hat das Land noch einen erheblichen Handlungsbedarf. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 22 | S e i t e Ein detaillierter Blick auf die in den Geschäftsklimaindex eingehenden Bewertungen zeigt aber auch, dass der bisher von der Regierung verfolgte massive formale Abbau von Bürokratie in dem Index überbewertet wird. Markwirtschaftlich konforme und sozial orientierte Regelungen sowie die Schaffung international üblicher Rahmenbedingungen für die internationale Wettbewerbsfähigkeit blieben über viele Jahre hinweg zu einem erheblichen Teil auf der Strecke. Doch auch hier lassen sich in den letzten drei Jahren deutliche Verbesserungen beobachten (Einführung von Hygiene- und Umweltstandards, neuen Baunormen oder international üblichen arbeitsrechtlichen Regelungen). Im Vergleich zum Ranking Doing Business, das eher die formalen Rahmenbedingungen für unternehmerische Initiativen mit Bezug auf die staatliche Regulierung untersucht, analysiert das Weltwirtschaftsforum in seinem alljährlich erstellten „Global Competitiveness Report“ die Wettbewerbsfähigkeit und damit auch die Wachstumschancen in den Ländern. Im jüngsten Report von 2015-2016 platziert sich Georgien mit Rang 66 im Mittelfeld unter allen 140 analysierten Ländern (Nachbarn Armenien und Aserbaidschan: Ränge 82 und 40). Nachholbedarf besteht laut Weltwirtschaftsforum vor allem bei folgenden Aspekten: Verbesserung des makroökonomischen Klimas einschließlich weiterer Wiederbelebung der Wirtschaftsbeziehungen mit Russland, Transportinfrastruktur, Qualität staatlicher Verwaltung, Hoch- und Berufsschulausbildung, Abbau monopolistischer Strukturen in einigen Wirtschaftssektoren, Aufbau einer leistungsfähigen Zulieferindustrie, weitere Eindämmung der Arbeitslosigkeit und Armut eines Großteils der Bevölkerung. Bei den Pro-Kopf-Einkommen liegt Georgien unter allen Nachfolgerepubliken der UdSSR im deutlich hinteren Feld. In Georgien tätige ausländische Investoren bemängeln zu langsame Rechtsverfahren. Positiv bewerten sie die 2011 eingeführte Institution eines Wirtschaftsombudsmanns (BusinessOmbudsman, seit Januar 2013: Giorgi Gakharia), der Kapitalanleger und ausländische Firmen bei der Lösung geschäftlicher Probleme zügig und kompetent unterstützt. Dies gilt insbesondere bei Streitfällen mit der staatlichen Verwaltung. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 23 | S e i t e Länderrating des Weltwirtschaftsforums 2015-2006 (wirtschaftlicher Rang von 140 Ländern) Kriterien Gesamtrang Georgien Aserbaidschan 66 40 Deutschland 4 1 Institutionen (bewertet unter anderem Eigentumsrechte, Unabhängigkeit der Justiz, Intensität der Auditierung) 2 Infrastruktur 40 64 20 61 65 7 3 Makroökonomisches Umfeld 51 10 20 4 Gesundheit und Grundschule 65 102 13 5 Höhere Bildung und Ausbildung 6 Effizienz der Gütermärkte (benötigte Zeit für Firmengründung, Wettbewerbsintensität, Besteuerung, Zollvorschriften) 87 48 89 66 17 23 7 Effizienz des Arbeitsmarkts 32 30 28 8 Entwicklung des Finanzmarkts (bewertet unter anderem Beschränkungen der Kapitalströme) 68 114 18 9 Technologische Reife 10 Marktgröße 72 99 57 67 12 5 11 Qualität des Geschäftsumfeldes 112 73 3 12 Innovation 123 61 6 Quelle: World Economic Forum Nach der „Rosenrevolution“ (2003), die Georgien den Weg zu einer umfassenden Liberalisierung des Geschäftsklimas und zur Abschaffung der alten Korruptionssysteme ebnete, hat sich der Nettozufluss ausländischer Direktinvestitionen in das Land sichtlich verstärkt. Im Jahr 2014 wurde mit einem Zufluss von knapp 1,8 Mrd. USD das bislang zweitbeste Ergebnis nach 2007 (2,0 Mrd. USD) erreicht. Die Angaben sind aufgrund unterschiedlicher Erhebungsmethoden nur bedingt miteinander vergleichbar. Im Jahr 2015 erreichten die Investitionen eine Höhe von 1,3 Mrd. USD. Im Schnitt bewegte sich der Nettozufluss 2011 bis 2015 auf jährlich 1,2 Mrd. USD. Das Niveau bei den Investitionen kann sich unter Beachtung der schwierigen internationalen Rahmenbedingungen für Engagements in der Region Südkaukasus/Zentralasien sehen lassen. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 24 | S e i t e Das Gros der Investitionen kam aus Aserbaidschan (2011 bis 2015: 1,16 Mrd. USD), den Niederlanden (919 Mio. USD) und Großbritannien (510 Mio. USD). Bei den Investitionen aus den Niederlanden handelt es sich größtenteils um Kapitalanlagen von Firmen aus anderen Ländern. Diese Investoren sind in Amsterdam oder in niederländischen Offshorezonen registriert. Hauptanlagesektoren waren bis 2015: Transport und Kommunikation (1,37 Mrd. USD), Energie (907 Mio. USD), Finanzen (902 Mio. USD) und verarbeitende Industrie (684 Mio. USD). Unter den ausländischen Großinvestoren in Georgien ragt das Unternehmen SOCAR Energy Georgia, das Standbein der staatlichen aserbaidschanischen Ölgesellschaft SOCAR in Georgien, hervor. Bedeutende Investoren im Energiesektor sind ferner die russische Energieholding INTER RAO UES (Stromnetzgesellschaft JSC Telasi, Wasserkraftwerke), das tschechische Unternehmen Energo-Pro (Wasserkraftwerke) und die kasachische Öl- und Gasholding KazMunaiGaz (Ölterminal Batumi). Türkische Firmen engagieren sich in der Hydroenergetik, beim Ausbau der touristischen Infrastruktur, in der Bekleidungsindustrie und in der Ernährungswirtschaft. Die Aktivitäten chinesischer Investoren konzentrieren sich auf das Baugewerbe, den Bankensektor und die Landwirtschaft. In unserem Büro in Tbilisi bieten wir die verschiedensten Office-Dienstleistungen an, maßgeschneidert auf Ihren individuellen Bedarf. Das Team der DWV steht Ihnen vor Ort dergestalt zur Verfügung, dass Sie in Georgien präsent sein können ohne eigene Mitarbeiter und Infrastruktur unterhalten zu müssen. Unsere Dienstleistungen umfassen unter anderem: • Physische Adresse • Telefon- und Emailservice • Kommunikation mit Behörden, Anwälten etc. • Marketingaktionen • Bereitstellung eines Arbeitsplatzes inklusive Büroinfrastruktur Alle Dienstleistungen sowie die Kommunikation (in Georgisch) werden durch qualifizierte bilinguale (deutsch-georgische) DWV-Mitarbeiter durchgeführt. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 25 | S e i t e Entwicklung ausländischer Direktinvestitionen (Nettozufluss in Mio. USD) 2015 2011-20151) 1.315 6.045 2011 1.117 2012 912 2013 942 2014 1.759 .Aserbaidschan 138 59 82 341 542 1.162 .Niederlande .Großbritannien 242 55 35 94 153 55 374 108 111 198 919 510 .Luxemburg 43 42 143 110 87 425 .Türkei 76 81 43 63 77 340 .VR China .USA 10 28 36 20 90 45 218 182 58 35 331 310 .Deutschland .Russland .Panama 26 55 2 139 2) 20 10 22 2 26 4 82 71 6 49 7 197 208 186 Nach Hauptbranchen .Transport/Kommunikation 127 73 140 434 594 1.368 .Energiewirtschaft .Finanzwirtschaft 203 168 179 162 245 166 190 115 90 191 907 902 .Verarbeitende Industrie 120 168 100 205 91 684 48 42 50 317 128 585 225 53 42 139 48 507 .Hotel-/Gaststättenwesen 23 18 -13 125 61 214 .Bergbau 40 5 44 43 43 175 .Gesundheit/soziale Dienste 17 18 0 -9 66 92 .Land-/Fischwirtschaft 15 16 12 13 29 85 131 178 156 188 10 663 805 693 688 1.327 1.094 4.607 94 66 39 55 62 57 159 94 121 51 475 323 147 42 14 55 55 313 5 21 52 74 38 190 Nettozufluss, insgesamt Nach Hauptherkunftsländern .Bauwirtschaft .Immobilienwirtschaft .Andere Sektoren Nach Hauptregionen .Tiflis .Adscharien .Mengrelien/Oberswanetien, Gurien .Niederkartlien .Samzche-Dschachawetien 1) Der Nettozufluss ausländischer Direktinvestitionen betrug seit der Erlangung der staatlichen Unabhängigkeit Georgiens 1991 bis Ende 2015 rund 14,6 Mrd. USD; 2) Die Angabe umfasst ein Anfang 2013 von HeidelbergCement an die Tochterfirma HeidelbergCement Georgia erneut übertragenes Darlehen über etwa 100 Mio. Euro (eine Rückbuchung erfolgte Ende 2012). Der Betrag ging trotz des unberücksichtigten Abflusses im Vorjahr als Neuzufluss in die Anlagestatistik ein. Quelle: Nationales Statistikbüro, Nationalbank Georgiens Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 26 | S e i t e Deutsche Investitionen sind vorrangig im verarbeitenden und im Dienstleistungsgewerbe aktiv. Der Hauptinvestor HeidelbergCement investierte seit 2006 mehr als 300 Mio. USD in Fabriken für die Produktion von Zement und Transport. Das Gros der übrigen Investitionen aus Deutschland entfällt auf die ProCredit Bank Georgia (ProCreditHolding AG & Co. KGaA), Caparol Georgia (Sparten: Farben/Lacke, Grundierungen, Spachtelmasse, Mörtel, Bautenschutz), Knauf Georgia (Gipskartonplatten und Gips), Hipp Georgia (Babynahrung und Apfelsaftkonzentrat, Anbau und Verarbeitung von Obst und Gemüse), Henkel (Bauklebstoff-Trockengemischen), Schuchmann Wines (Weinanbau und -verarbeitung) und Essential Oils of Georgia (ätherische Öle, Extrakte und Hydrolate aus frischen Heil-, Duft- und Gewürzpflanzen). 4.2 Arbeitsmarkt und Löhne Georgiens Arbeitsmarkt befindet sich im Umbruch. Trotz Bildungsinitiativen im Berufs- und Hochschulwesen mangelt es in vielen Sektoren an Fachkräften. Zugleich gibt es viele Arbeitslose. Vor allem jungen Menschen fehlen Jobs. Internationale Firmen finden auf dem Markt nur schwer geeignete Mitarbeiter. Der Arbeitsmarkt ist stark dereguliert, das Arbeitsrecht liberal. Löhne und Gehälter sind niedrig. Im 2014 betrug die offizielle Arbeitslosenquote 12,4 % (246.000 Arbeitslose), nach 14,6 % und 15,0 % in den Jahren 2013 und 2012. Offizielle Angaben für 2015 liegen noch nicht vor. Laut georgischen Experten dürfte die reale Arbeitslosenquote 35 % bis 40 % betragen, unter Berücksichtigung von unfreiwilliger Teilzeit- sowie ineffektiver Beschäftigung sogar bis zu 50 %. Die offizielle Arbeitslosenquote auf dem Lande belief sich in den letzten Jahren im Schnitt auf mehr als 20 %, in den Städten bei 5 % bis 6 %. Besorgniserregend ist die hohe Jugendarbeitslosigkeit. Etwa 30 % der Arbeitslosen verfügen über einen Universitätsabschluss. Allgemeine Arbeitsmarktdaten 2014 Bevölkerung (in Mio., 2015) 3,73 Erwerbspersonen (Bevölkerung älter als 15 und jünger als 65 Jahre; in Mio., 2015) Erwerbstätige Bevölkerung (in Mio.) 2,56 1,99 Beschäftigte (in Mio.) Arbeitslosenquote, offizielle (in %; nach ILO-Definition) 1,75 12,4 Analphabetenquote (in %) Universitätsabschluss (in % der Erwerbspersonen, 2013) 0,3 26,1 Quellen: Geostat, UNICEF (Welfare Monitoring Survey) Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 27 | S e i t e Von den 2014 offiziell 1,75 Mio. Beschäftigten waren drei Fünftel selbstständig und zwei Fünftel abhängig Beschäftigte. Vier Fünftel der Selbstbeschäftigten sind Landbesitzer, Bauern und deren Familien. Ein Fünftel stellen Straßenhändler, Taxifahrer und kleine Dienstleister. Das Gros der Selbstbeschäftigten wäre lieber fest angestellt und müsste eigentlich als arbeitssuchend erfasst werden. Von allen abhängig Beschäftigten sind etwa 40 % öffentlich Bedienstete. Diese Zahlen weisen auf eine geringe Größe des regulären privaten Arbeitsmarktes hin. Die hohe Zahl der Arbeitslosen und Selbstbeschäftigten lässt auf den ersten Blick ein flexibel nutzbares Arbeitskräftepotenzial vermuten. In der Praxis jedoch verweist jeder dritte, in einigen Regionen sogar jeder zweite Arbeitgeber auf Probleme bei der Rekrutierung. Aktuell werden im Privatsektor vor allem Verkaufsmanager, Buchhalter, Ingenieure, Finanzfachkräfte, Programmierer, Krankenschwestern/ -pfleger sowie Facharbeiter technischer Fachrichtungen gesucht. Die meisten Arbeitsangebote entfallen auf Tiflis und die Region Imeretien. Die Ursachen für den Fachkräftemangel sind vielschichtig. Der Zusammenbruch der UdSSR und innerethnische Konflikte führten zum Niedergang der georgischen Wirtschaft und des Bildungssystems. Viele Fachkräfte wanderten in andere Branchen, vornehmlich in den Handel, oder ins Ausland ab. Seit der Unabhängigkeitserklärung Georgiens 1991 haben das Land weit mehr als 1 Mio. Menschen vorwiegend aus ökonomischen Gründen verlassen. Senior Experten Service: Der „Senior Experten Service - Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit“ ermöglicht es Menschen im Ruhestand, ihre jahrzehntelange Berufserfahrung an Fach- und Führungskräfte weiterzugeben. Im Rahmen dieses Ehrenamts leisten Ruheständler Hilfe zur Selbsthilfe indem sie im In- und Ausland ihre Kenntnisse weitergeben. Dabei finden die Einsätze vor allem in kleinen und mittleren Industrie- und Handwerksbetrieben sowie in Einrichtungen der Berufsbildung und des Gesundheitswesen statt, aber auch beispielweise für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Die Einsatzdauer beläuft sich meist auf drei bis sechs Wochen, wobei die Höchstdauer bei sechs Monaten liegt. Die Deutsche Wirtschaftsvereinigung (DWV) ist exklusive Vertreterin des SES in Georgien und steht für alle Anfragen und Bedarfe gerne zur Verfügung. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 28 | S e i t e Die 2011/12 gestartete Reform im Berufsschulwesen (Neuordnung der Schulen, Einführung internationaler Standards, neues Finanzierungssystem) und ein 2013 verabschiedetes mittelfristiges Ausbauprogramm zeigen erste Erfolge. Dennoch nehmen bislang immer noch wenige Schulabgänger eine reguläre Berufsausbildung auf. Ausländische und größere georgische Firmen lösen das Problem fehlender Fachkräfte häufig mit interner Ausbildung und Schulung über "trainings on the job". In Georgien schließen im internationalen Vergleich überdurchschnittlich viele junge Menschen ein Hochschulstudium ab. Fachrichtungen wie BWL, Jura und Sprachwissenschaften dominieren. Ingenieur- und Naturwissenschaften sind bei den Studenten weniger gefragt. Georgiens Hochschulwesen wurde in den Jahren 2004/2005 umfassend reformiert, unter anderem durch die Teilnahme am Bologna-Prozess und an Akkreditierungsverfahren zur Qualitätssicherung. Es steht heute auf einer soliden, transparenten und weitestgehend korruptionsfreien Grundlage. Arbeitgeber beklagen jedoch, dass die Ausbildung an den Universitäten noch zu wenig praxisrelevant sei. Mehrere Tausende Georgier studieren derzeit an deutschen Hochschulen. Das Centrum für internationale Migration und Entwicklung (CIM) betreut im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ein Programm "Rückkehrende Fachkräfte". Es unterstützt die berufliche Integration von rückkehrinteressierten Hochschulabsolventen, so auch von Absolventen aus Georgien. Georgische Arbeitnehmer verfügen über gute Fremdsprachenkenntnisse, vor allem in Russisch, Englisch und Deutsch. Der Fremdsprachenschwerpunkt hat sich bei jüngeren Managern von Russisch auf Englisch verschoben. Die Deutsche Wirtschaftsvereinigung Georgien (DWV) bietet gezielte Personalsuche an, um die richtigen Kandidaten für Sie zu finden. Dank unseres guten Netzwerkes und unserer ausführlichen Datenbank können wir praxiserfahrene Mitarbeiter und gut ausgebildete Absolventen passgenau vermitteln. Firmen, die zweisprachige Mitarbeiter suchen, wird anhand des gewünschten Mitarbeiterprofils unverbindlich ein standardisierter Fragebogen übersandt. Auf Anfrage werden Lebensläufe der Kandidaten zugesandt. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 29 | S e i t e Die Personalsuche läuft meist über ein persönliches Kontaktnetz. Zur Anwerbung führen viele Unternehmen in Hochschulen Präsentationen durch. Bei der Suche nach Managern der oberen und mittleren Ebene werden von ausländischen Firmen häufig die Dienste internationaler Personalberatungen genutzt. Die Vermittlungsgebühren der professionellen Berater liegen bei 10 bis 15 % eines Jahresgehalts. Sie gewähren mitunter eine Garantie von drei bis sechs Monaten für den Verbleib des Arbeitnehmers im Unternehmen. Anderenfalls wird kostenlos für Ersatz gesorgt. Den Arbeitsämtern sprechen westliche Unternehmen wenig Kompetenz zu. Das Lohnniveau ist im Vergleich zu vielen Ländern der GUS niedrig. Es gibt keinen gesetzlichen Mindestlohn. Das real gezahlte durchschnittliche Salär dürfte ohne Berücksichtigung der Besserverdiener, die den Mittelwert des Lohngefüges deutlich erhöhen, gegenwärtig kaum mehr als 250 bis 280 Euro betragen. Löhne und Gehälter machen im Schnitt ein Drittel der Gesamteinnahmen aller privaten Haushalte aus. Nur in Tiflis ist diese Quote mit etwa 50 % höher. Entwicklung der durchschnittlichen Bruttomonatslöhne abhängig Beschäftigter Nominal (in GEL) 2012 712,5 2013 773,1 2014 818,0 2015 1) 932,9 Männer Frauen 859,6 517,9 920,3 585,0 980,0 617,9 1.084,4 673,4 12,0 13,4 8,5 6,1 5,8 3,8 7,8 2,9 335,6 349,9 348,6 370,1 Nominale Veränderung (in %) Reale Veränderung (in %) Nominal (in Euro) 1) vorläufige Angaben auf der Basis von Quartalszahlen, die Veränderungen beziehen sich auf die Quartalsangaben des Vorjahres; die Quartalszahlen fallen im Schnitt um etwa 5 % höher als die später veröffentlichen Jahresangaben aus; Jahresdurchschnittskurse für 1 Euro: 2012: 2,1232 GEL; 2013: 2,2094 GEL; 2014: 2,3462 GEL; 2015: 2,5204 GEL Quellen: Nationales Statistikbüro, Berechnungen von Germany Trade and Invest Zahlreiche Angestellte müssen mit einem Salär auskommen, das an der Grenze oder unterhalb des realen Existenzminimums liegt. Die deutliche Abwertung der Nationalwährung gegenüber US-Dollar und Euro seit 2014 bis Ende 2015 führte dazu, dass die aktuellen Gehälter, gemessen in diesen Währungen, stagnieren und zum Teil auch sinken. Lohnsenkungen sind vor allem in den Sektoren Handel, Dienstleistungen und Bauwirtschaft zu beobachten. Das sind jene Wirtschaftsbereiche, die infolge der Währungsabwertung mit besonders hohen Umsatzeinbußen zu kämpfen haben. Im Schnitt betragen die Einschnitte beim Bruttomonatslohn 150 bis 300 GEL (etwa 60 bis 120 Euro). Das gesunkene Lohnniveau spiegelt sich auch in den veröffentlichten Stellenangeboten wider. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 30 | S e i t e Durchschnittliche Bruttomonatslöhne aller abhängig Beschäftigten nach Branchen Branche (Anzahl der abhängig Beschäftigten bzw. Angestellten, in 1.000 Personen; 2014) Veränderung 2015/14 (in %) 2015 (in Euro) 932,9 7,8 370,1 .Finanzvermittlung (k.A.) 1.690,1 6,0 670,6 .Bauwirtschaft (68) 1.343,5 16,2 533,1 .Transport/Kommunikation (59) .Erzeugung und Verteilung von Strom, Gas und Wasser (22) 1.216,3 1.114,6 4,8 6,3 482,6 442,2 .Immobilien/Vermietung, unternehmensnahe Dienste (59) 1.120,2 15,4 444,5 .Bergbau (7) .Groß-/Einzelhandel, Kfz-Dienste (139) .Verarbeitende Industrie (84) 1.189,5 787,5 811,0 9,1 1,9 5,1 471,9 312,5 321,8 .Gesundheit/soziale Dienste (58) .Land-/Forstwirtschaft (11) 845,0 607,4 16,2 13,2 335,3 241,0 .Hotel-/ Gaststättenwesen (31) 598,0 11,9 237,3 Wirtschaft insgesamt (592) 1) 2015 (in GEL) 1) 2) 3) 2) 3) Berechnung nach Quartalsangaben; nominale Veränderung gegenüber den Vorjahresquartalen; Anzahl der Beschäftigten ohne öffentliche Verwaltung und Finanzvermittlung Quelle: Berechnungen von Germany Trade and Invest nach Angaben des Nationalen Statistikbüros Durchschnittliche Nettogehälter für qualifizierte Beschäftigte für den Bedarf ausländischer Firmen nach ausgewählten Positionen (Stand: Frühjahr 2016) Position Geschäftsführer/-in einer größeren Niederlassung Gehalt in USD 4.500 bis 8.000 Geschäftsführer/-in eines kleinen bis mittleren Unternehmens Vertriebsleiter/-in 3.000 bis 4.000 2.000 bis 2.800 Ingenieur/-in 800 bis 1.800 Programmierer/-in Sekretär/-in mit Fremdsprachenkenntnissen 800 bis 1.700 600 bis 800 Buchhalter/-in Kraftfahrer/-in 1.200 bis 1.600 500 bis 600 Quelle: zusammengestellt und berechnet von Germany Trade and Invest nach Angaben georgischer Personaldienstleister und aktuellen Stellenangeboten Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 31 | S e i t e Georgische Arbeitnehmer erwarten von ausländischen Arbeitgebern häufig einen Aufschlag von 50 % und mehr auf das übliche Gehalt. Für Mitarbeiter im mittleren Management sind in Tiflis 1.500 USD bis 2.500 USD Monatsgehalt üblich. Für das gehobene Management sind Gehälter ab 2.500 USD bis 3.500 USD die Regel. Laut offiziellen Angaben waren 2015 mehr als 100.000 Beschäftige in Unternehmen ausländischer juristischer und natürlicher Personen tätig. Deren durchschnittlicher Bruttolohn lag im Land im Schnitt um 45 % bis 50 % über den im Land gezahlten Durchschnittslohn. In der Hauptstadt werden die höchsten Gehälter gezahlt. Laut Personalvermittlern ist hier ein Zuschlag von 25 % bis 35 % üblich; oft auch bis zu 50 %. Das Gehaltsgefälle zwischen den übrigen Regionen ist überschaubar. Das Existenzminimum lag im Frühjahr 2016 (Januar bis März) für einen Ein-Personen-Haushalt bei umgerechnet rund 55 Euro und für einen ZweiPersonen-Haushalt bei 88 Euro. Es müsste nach Meinung von Experten real mindestens in etwa doppelt so hoch sein. Durchschnittliche Bruttomonatslöhne nach Hauptwirtschaftsregionen 1) Region (Anzahl der abhängig Beschäftigten bzw. Angestellten, in 1.000 Personen; 2014) Hochlohnregionen 2014 (in Euro) 2015 (in GEL) 2) Veränd. 2015/14 3) 2015 (in Euro) 2) .Hauptstadt Tiflis (372) .Autonome Republik Adscharien (55) .Kvemo Kartli (Niederkartlien; 35) 392,2 274,9 294,2 1.017,5 893,4 805,3 7,4 28,4 6,2 409,7 359,7 324,3 Niedriglohnregionen Samagrelo-Zemo Svaneti (MingrelienOberswanetien; 27) 257,9 693,8 4,7 279,4 .Imereti (Imeretien; 47) 215,3 603,1 5,6 242,9 .Kakheti (Kachetien; 18) 196,2 520,6 2,6 209,6 1) Angaben für abhängig Beschäftigte ohne Berücksichtigung der Angestellten in der öffentlichen Verwaltung und in der Finanzvermittlung; 2) Januar bis September, Berechnung nach Quartalsangaben; 3) Veränderung Januar bis September 2015 gegenüber den drei Vorjahresquartalen Quelle: Berechnungen von Germany Trade and Invest nach Angaben des Nationalen Statistikbüros Gehaltsauszahlungen an den Steuerbehörden vorbei direkt auf die Hand sind in Georgien angesichts hoher Strafen wenig verbreitet. Da kaum Sozialabgaben anfallen, ist der Anreiz zu solchen illegalen Praktiken gering. Insofern kommen die offiziellen Zahlen der Statistikbehörde zu Löhnen und Gehältern der Realität relativ nah. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 32 | S e i t e Weitere Lohnbestandteile Angesichts der prekären Lage auf dem Arbeitsmarkt kommt der langfristigen Bindung der Beschäftigten an das Unternehmen eine große Bedeutung zu. Die Fluktuation ist nicht so stark wie in den meisten GUS-Staaten. Trotzdem sollten die Karriereaussichten im Interesse der Bindung des Arbeitnehmers an das Unternehmen nicht außer Acht gelassen und ein gutes Betriebsklima gepflegt werden. Provisionen werden vor allem bei Verkaufsmanagern gezahlt. Die Gewährung von Zusatzleistungen ist insgesamt noch wenig verbreitet. Lediglich das TopManagement kommt oft in den Genuss der Nutzung eines Dienstwagens und anderer Gratifikationen. Große Betriebe betreiben Werkskantinen. Die Investitionen in die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern (Fachschulungen, Ausbau von PC- und Fremdsprachkenntnissen) bewegen sich in Georgien noch auf einem ausgesprochen niedrigen Niveau. Laut offiziellen Untersuchungen betragen die jährlichen Ausgaben der Arbeitgeber für berufsbildende Maßnahmen (Aus- und Weiterbildung) pro Beschäftigten in der Wirtschaft im Schnitt nur 2 Euro bis 3 Euro. Sozialversicherungsbeiträge Im neoliberalen Wirtschaftsmodell Georgiens liegt die Verantwortung für die soziale Grundabsicherung größtenteils beim Arbeitnehmer. Weder Arbeitgeber, individuelle Unternehmen noch Arbeitnehmer sind gesetzlich zu Zahlungen in eine Sozialversicherung (Renten-, Kranken-, Arbeitslosenversicherung) verpflichtet. Arbeitnehmer zahlen nur Einkommensteuer in Höhe von 20 % des Bruttolohns an den Staat (ein Einzelunternehmer bis zu einer bestimmten Grenze). Diese Gelder fließen in das staatliche Sozialsystem. Frauen haben mit Erreichen des 60. Lebensjahres und Männer mit Erreichen des 64. Lebensjahres Anspruch auf eine kleine gesetzliche Altersrente. Der Renteneintritt kann um vier Jahre aufgeschoben werden. Viele Bürger nutzen die Angebote privater Versicherungen für den Abschluss freiwilliger Rentenversicherungen. Zuzahlungen durch den Arbeitgeber sind auf vertraglicher Grundlage möglich. Das in den Jahren 2013 bis 2015 von der Regierung umgesetzte Universale Gesundheitsprogramm (UGP) ermöglicht heute allen Einwohnern (ausgenommen ausschließlich Privatversicherte) mittels einer öffentlich finanzierten Krankenversicherung einen kostenlosen beziehungsweise bezahlbaren Zugang zu einer medizinischen Grundversorgung, darunter vor allem zu Behandlungen in privaten und staatlichen Krankenhäusern. Die Hälfte der Bevölkerung war bis zu der Einführung des UGP nicht versichert. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 33 | S e i t e Per 1.1.2016 verfügten gut 600.000 Einwohner über eine ausschließlich private oder eine das UGP ergänzende private Police. Vier private Anbieter bestimmen das Branchengeschäft (IMEDI L/Aldagi, Vienna Insurance Group, Ardi und PSP). Die privaten Akteure decken im Vergleich zum allgemeinen Gesundheitsprogramm ein breiteres Spektrum an medizinischen Leistungen ab. Die freiwillige Übernahme der Kosten für eine private Krankenversicherung durch Arbeitgeber im Privatsektor der Wirtschaft ist relativ wenig verbreitet. Auf längere Sicht ist allein schon aus Gründen des sozialen Friedens im Land davon auszugehen, dass das Sozialsystem künftig zumindest teilweise auch eine generelle direkte finanzielle Beteiligung durch die Arbeitgeber erfordern wird. 4.3 Berufsbildung Für die wirtschaftliche Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen sind qualifizierte Fachkräfte unverzichtbar. Um den damit einhergehenden Anforderungen besser gerecht zu werden, initiierte das georgische Bildungsministerium einen 7-Jahres-Plan (20132020) zum Aufbau einer praxisnahen, sich stark am europäischen System orientierenden Berufsbildung. Das duale Ausbildungssystem nach deutschem Muster nimmt in diesem Zusammenhang eine hervorgehobene Rolle ein. So teilte der georgische Premierminister Giorgi Kvirikashvili im Februar 2016 mit: „I believe that the German model is the best …“, „German model of vocational education and dual system will guarantee achievement of the set goals.“ Zurzeit bieten etwa 25 Berufsbildungs-Colleges und einige Hochschulen sog. Berufsausbildungen an. Offiziell wird in Georgien in etwa 100 verschiedenen Berufen ausgebildet, stark frequentiert sind vor allem Tourismus (Hotelfach, Koch), Bau (Fliesenleger, Verputzer) und Landwirtschaft (Gärtner, Winzer). Auch soll in Kooperation mit der Wirtschaft ein „Work Based Learning (WBL) Concept" implementiert werden: „Lernen am Arbeitsplatz“ als Bildungsstrategie, welche Schülern Berufserfahrungen außerhalb des Klassenraums bieten soll, damit sie wissenschaftliche und technische Fähigkeiten anwenden und ihre Beschäftigungsfähigkeit entwickeln können. „Work Based" bedeutet allerdings nicht, dass man Erfahrungen und Fähigkeiten am Arbeitsplatz während eines normalen Arbeitstages erlernt, sondern es ähnelt in seiner Mischung aus Praxis und Theorie eher einem dualen Studium. Anwendungsbeispiele bieten ein sog. Job Shadowing von Studierenden am Arbeitsplatz oder Gewerbe- und Industrieexkursionen. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 34 | S e i t e Neben Unterstützungsmaßnahmen durch die Deutsche Wirtschaftsvereinigung (DWV), die wegen einer zu stark auf eine universitäre Bildung ausgerichteten Mentalität in Georgien bis hinein in imagebildende Kampagnen gehen, gibt es eine Reihe von Kooperationsansätzen mit deutschen Bildungsanbietern. Als Beispiele seien das auf den Südkaukasus ausgerichtete Personalentwicklungsprogramm „Master Trainer in Technical Vocational Education and Training (TVET)" genannt, das in Zusammenarbeit mit der Universität Magdeburg umgesetzt wird, oder ein geplantes überbetriebliches Ausbildungsmodell mit der Handwerkskammer Leipzig. Ersteres wird von der GIZ gefördert und kann auf einen Masterabschluss angerechnet werden. Letzteres wird in besonderem Maße vom Botschafter Georgiens in Deutschland, Prof. Lado Chanturia, vorangetrieben. Sobald es um die Einholung von Expertise aus Deutschland für die Entwicklung des georgischen Berufsbildungssystems geht, stoßen auch die Angebote des Senior Experten Service (SES) auf reges Interesse. Der SES wird in Georgien von der DWV vertreten, die auch intensiv zu Einsatzmöglichkeiten berät und die Einsätze vor Ort begleitet. Das georgische Berufsbildungssystem bietet deutschen Firmen bzw. ihren georgischen Niederlassungen und Partnern verschiedene Möglichkeiten, um in direkter Kooperation mit Berufsbildungs-Colleges oder dem Bildungsministerium Berufsbildungsinhalte den Unternehmensbedürfnissen anzupassen. Dazu gehören Business Advisory Councils, bei denen sich regionale Kooperationspartner der Privatwirtschaft zusammenfinden, um zusammen mit dem College Form und Inhalt der Ausbildung zu gestalten. Ebenso Sektorkomitees, die unter Beteiligung von Bildungsfachleuten und Interessenvertretern der Wirtschaft insbesondere Berufsstandards für bestimmte Wirtschaftsbereiche erarbeiten, oder Zentren zur Berufsorientierung und Arbeitsvermittlung, bei denen Unternehmen bei der Berufsberatung mitwirken und nicht nur Auszubildende gewinnen, sondern auch unmittelbar Arbeitskräfte rekrutieren können. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 35 | S e i t e 5 Wachstumsbranchen 5.1 Infrastruktur und Hochbau 5.1.1 Energie/Hydroenergetik Georgien will zu einem international starken Stromexporteur aufsteigen. Stromexporte sollen maßgeblich zur Eindämmung des großen Handelsbilanzdefizits beitragen. Das Land verfügt in seinen Wasserläufen über große und noch wenig genutzte hydroenergetische Ressourcen für die Erzeugung von preiswertem Strom. Die Nachbarländer brauchen von Jahr zu Jahr mehr Elektrizität. Der türkische Stromnetzbetreiber TEIAS (Türkiye Elektrik Iletim) erwartet bis 2023 in etwa eine Verdoppelung der Inlandsnachfrage nach Strom gegenüber 2013. Mehr Importe seien unausweichlich. Auch die südrussischen Regionen und den Iran hat Georgien als perspektivreiche Absatzmärkte im Visier. Bis 2020 soll die jährliche Stromerzeugung auf 15,2 Mrd. kWh und bis 2025 auf 37,7 Mrd. kWh gegenüber heute 10,8 Mrd. kWh steigen. Die Prognose fußt hauptsächlich auf dem Ausbau der Hydroenergetik. Gegenwärtig werden mehr als 100 hydroenergetische Objekte mit einer installierten Leistung von mehr als 4.000 MW, einer jahresdurchschnittlichen Stromerzeugung von gut 16 Mrd. kWh vorbereitet oder sind zum Teil auch schon im Bau. Der Projektwert beträgt circa 6,5 Mrd. USD Für Kraftwerke mit einer installierten Leistung von 3.000 MW und einer jährlichen durchschnittlichen Elektrizitätserzeugung von 11 Mrd. kWh wurden bereits Lizenzen erteilt oder werden zurzeit im Rahmen der Baugenehmigungsverfahren detaillierte Studien erstellt. Die Kosten für diese Projekte werden auf 5 Mrd. USD veranschlagt. Prognosen für die Stromwirtschaft Georgiens (in Mrd. kWh) Stromerzeugung .Wasserkraftwerke 2015 10,83 8,75 2019 13,71 12,30 2020 15,15 13,24 2025 37,67 24,40 2030 50,31 24,40 Inlandsnachfrage 10,38 10,15 10,66 13,61 17,37 Export 0,66 3,01 3,88 22,57 31,15 Import 0,70 0,0 0,0 0,0 0,0 Quelle: Ministerium für Energie Georgiens Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 36 | S e i t e Unter Einberechnung mittelfristig geplanter Investitionen in die Stromübertragung und -verteilung, von Ausbauaktivitäten für die konventionale Stromerzeugung und einiger weniger Vorhaben in der Windkraftbranche summiert sich das aktuelle Projektportfolio mit Realisierungszeitraum bis etwa 2025 auf mindestens 7 Mrd. USD beziehungsweise im Schnitt auf jährlich circa 700 Mio. USD. Ein Zehntel dieses Betrages dürfte auf die Modernisierung energetischer Anlagen entfallen. Die Vorbereitungen für den Bau von vier großen Wasserkraftwerken laufen auf Hochtouren. Es handelt sich um die Objekte Khudoni (702 MW), Namakhvani (433 MW), Tskhenistskali (347 MW) und Nenskra (280 MW). Die ausländischen Direktinvestitionen in der Stromwirtschaft betrugen 2011 bis 2015 im Schnitt jährlich 181 Mio. USD und machten damit fast ein Sechstel der in jenem Zeitraum insgesamt ins Land geflossenen ausländischen Direktinvestitionen aus. Im Trend nach oben zeigen die Aktivitäten ausländischer und inländischer Banken für die Finanzierung energetischer Projekte. So investierten georgische Banken 2013 bis 2015 rund 130 Mio. USD in die Branche, darunter allein 100 Mio. USD in den Bau von 17 Wasserkraftwerken. Im genannten Zeitraum gingen im Land zwölf solcher Objekte mit einer installierten Gesamtkapazität von 170 MW und realisierten Investitionen in Höhe von 283 Mio. USD in Betrieb. 5.1.2 Transport und Logistik Die Wirtschaft der südkaukasischen Republik Georgien verfügt über einen großen komparativen Vorteil: Dank ihrer günstigen geographischen Lage zwischen Europa und Zentralasien und ebenso zwischen Russland und der Türkei hat das Land gute Chancen, sich zu einem leistungsfähigen internationalen Transitkorridor zu entwickeln. Noch liegt das Potenzial größtenteils brach. Doch Besserung ist in Sicht. Allein in den Jahren bis 2020/21 fließen voraussichtlich bis zu 5,0 Mrd. USD in den Ausbau der Transportwege. Die geplanten Projekte in den Branchen Straßenbau, Hafenwirtschaft, Gleis- und Pipelinebau dürften die Transport- und Logistikbranche im Land deutlich beflügeln. Laut einer Analyse von Golden Fleece Capital, Tiflis, könnte sich der jährliche Beitrag des Sektors zur gesamtwirtschaftlichen Produktion bis 2020 gegenüber dem heutigen Niveau von 1,7 Mrd. USD (2015) vervielfachen und bei einer intensiven Nutzung aller Potenziale auf bis zu 9 Mrd. USD emporschnellen. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 37 | S e i t e Quelle: Gebrüder Weiss LLC, Transport and Logistics, Europe Street 4, Tbilisi Georgia Die Hauptstadt Tiflis ist das einzige große nationale Logistikzentrum und zugleich ein bedeutender internationaler Verkehrsknotenpunkt im Südkaukasus. Die Stadt steht für etwa 80 % des Groß- und Einzelhandels, 70 % der ausgeführten Bauleistungen und 40 % des Industrieausstoßes Georgiens. In der Stadt und ihrem weiteren Umland leben zwei Fünftel der Bevölkerung des Landes. Die 25 km südöstlich von Tiflis entfernte Stadt Rustavi gilt als zweitbedeutendster Binnenlogistikstandort. Sie ist das Zentrum der Schwerindustrie Georgiens (Eisen/Stahl, Zement und Düngemittel). Den Häfen am Schwarzen Meer und dem internationalen Transportkorridor TRACECA (Europa - Kaukasus - Asien) kommt in der Perspektive ein deutlich wachsendes Gewicht als Umschlagplatz sowohl für den Transport von Öl und Ölprodukten aus Zentralasien und Aserbaidschan nach Europa, als auch für den internationalen Containertransport zu. Groß ist in den georgischen Transportzentren der Nachholbedarf beim Ausbau der quantitativen Transportumschlag- und Logistikkapazitäten und bei der Errichtung einer modernen intermodalen Infrastruktur. Das wachsende Tourismusgeschäft lässt weitere Investitionen in die Modernisierung von Flughäfen und des Straßennetzes in den touristisch attraktiven Regionen erwarten. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 38 | S e i t e Entwicklung der Gütertransporte in Georgien (in Mio. t) 2005 2010 2011 2012 2013 2014 Frachttransport .Landtransport/Luftfracht 69,8 45,8 71,1 48,4 71,1 48,9 71,0 49,2 69,4 47,6 67,7 46,5 ..Automobiltransport ..Bahntransport 26,9 18,9 28,5 19,9 28,8 20,1 29,1 20,1 29,4 18,2 29,8 16,7 1) ..Luftfracht (in 1.000 t) .Häfen (Frachtumschlag) 6,9 24,0 15,4 22,7 15,9 22,2 16,5 21,8 16,7 21,8 16,9 21,2 ..Seehafen Batumi 10,9 8,0 7,9 7,9 8,3 6,3 …Frachtterminal …Ölterminal 2) 1,2 9,7 1,9 6,1 1,5 5,4 1,6 5,3 1,7 5,6 1,2 4,4 …Container (in 1.000 TEU) ..Seehafen Poti (vorwiegend Massen- und Trockengüter) …Container (in 1.000 TEU) 0,0 6,1 16,3 7,3 45,4 7,2 73,1 7,5 72,1 7,4 62,0 8,6 106,5 209,8 254,0 284,6 331,3 385,0 .Ölterminal Supsa 3) 7,0 4,0 3,8 3,9 4,0 4,2 .Ölterminal Kulevi Memo: 4) 0,0 3,4 3,3 2,5 2,1 2,1 106,5 226,1 299,4 357,7 403,4 447,0 Containerumschlag insgesamt (in 1.000 TEU) 5) 1) darunter 9,2 Mio. t Trockengüter und 7,5 Mio. t Flüssiggüter; vorwiegend Umschlag von Öl und Ölprodukten aus Aserbaidschan und Kasachstan; 3) Terminal im Besitz des britischen Mineralölunternehmens BP (Weitertransport von Öl aus der Pipeline Baku – Supsa); 4) Terminal im Besitz der aserbaidschanischen Ölgesellschaft SOCAR, auch Verladung von Öl und Ölprodukten aus Kasachstan und Turkmenistan; 5) Marktführer sind die Reedereien MSC (Mediterranean Shipping Company) und Maersk Quellen: Zusammengestellt nach Angaben des Nationalen Statistikbüros Georgiens, des Ministeriums für Wirtschaft und Nachhaltige Entwicklung Georgiens und Pressemeldungen 2) Maritimer Transportsektor steht vor Investitionsschub Erhebliche Wachstumsimpulse für die Transportbranche Georgiens gehen von den geplanten Vorhaben im maritimen Sektor aus. An der georgischen Küste des Schwarzen Meeres gibt es zwei Seehäfen in Poti und Batumi sowie an den Standorten Kulevi und Supsa zwei Ölterminals. Der Seehafen Poti verfügt über eine Wassertiefe von 8 bis 11 Metern, 15 Liegeplätze und eine jährliche Umschlagkapazität von 5,6 Mio. t Trockengütern, 4,5 Mio. t Containerfracht und 2,0 Mio. t Flüssiggütern. Die Gesellschaft APM Terminals Poti (Teil der dänischen A.P. MoellerDeutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 39 | S e i t e Maersk Group) ist seit 2011 Mehrheitseigner des Hafens (Aktienanteil: 80 %). Poti ist dank der RoRo-Linie Burgas/Bulgarien - Poti - Noworossijsk/Russland - Burgas, der größte Containerumschlagplatz Georgiens. Die Umschlagkapazität des Containerterminals beträgt heute bis zu 600.000 TEU. Die Gesellschaft APM Terminals Poti strebt die Umsetzung eines ambitionierten Ausbauplans an. Die für die erste Projektphase 2016 bis 2018 veranschlagten Investitionen in Höhe von 250 Mio. USD sind vorrangig für die Errichtung von zwei 300 Meter langen Tiefsee-Liegeplätzen für Containerschiffe mit einer Ladungskapazität von jeweils 9.000 TEU bestimmt. Die ContainerUmschlagkapazität im Hafen erhöht sich damit auf 1 Mio. TEU. Sie soll in der Perspektive auf 2 Mio. TEU und der Frachtumschlag in Poti insgesamt auf bis zu 50 Mio. t steigen. Den Masterplan für das Ausbauprojekt hat die niederländische Gesellschaft Royal Haskoning DHV erstellt. Die Projektumsetzung wird sich infolge der gegenwärtig schwierigen Umsatzentwicklung im Hafen voraussichtlich verzögern. Grund ist der seit einiger Zeit geringe Güterumschlag für den Bedarf Aserbaidschans und Armeniens. Der Hafen Batumi verfügt über eine Wassertiefe von 9 bis 12 Metern, acht Liegeplätze und eine jährliche Umschlagkapazität von 14 Mio. t Flüssiggütern (Ölprodukten), 2 Mio. t Massengütern und 1,0 Mio. t Containerfracht. Der Manager des Hafens, das kasachische Mineralölunternehmen KazMunayGas, ist im Besitz der drei hiesigen Terminals für Mineralölprodukte und eines Terminals für Flüssiggas. Betreiber des lokalen Containerterminals (drei Standplätze für den Containerumschlag und ein Umschlagplatz für Fährdienste) ist die Batumi International Container Terminal LLC (Teil der ICTSI Inc., Philippinen). Die Umschlagkapazität des Containerterminals beträgt 100.000 TEU/Jahr. Der Anteil Georgiens am Containerumschlag aller Häfen am Schwarzen Meer beträgt seit Jahren relativ stabile 12 % bis 13 %. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 40 | S e i t e Anfang Februar 2016 gab die Regierung den Sieger der Ausschreibung für den Bau eines gänzlich neuen Tiefseehafens in Anaklia bekannt: das Anaklia Development Consortium. Partner des Konsortiums sind die US-amerikanische Gesellschaft Conti International und die georgische TBC Holding. Weitere bedeutende Partner des Projekts sind der Infrastruktur-Berater Moffatt & Nichol und das Beratungsunternehmen Maritime & Transport Business Solutions. Die Bau des Hafens mit einem Projektwert von 2,5 Mrd. $ startet voraussichtlich noch 2016. Das Projekt umfasst neun Phasen. Etwa ab 2025 soll die jährliche Umschlagkapazität bis zu 100 Mio. t Güter erreichen. Die Planungen sehen vor, das der Hafen drei Jahre nach seiner Grundsteinlegung seinen operativen Betrieb mit einer jährlichen Umschlagkapazität von bis zu 7 Mio. t Gütern aufnehmen soll. Die geplanten Liegeplätze sind für Schiffe mit einer Ladungskapazität von bis zu 10.000 TEU ausgerichtet. Inwieweit sich das Hafenprojekt in der geplanten Größe als wirtschaftlich erweisen wird, lässt sich heute schwer einschätzen. Kritische Stimmen verweisen auf das Konkurrenzvorhaben im Seehafen Poti und auch darauf, dass die gegenwärtig vorhandenen Umschlagkapazitäten in den beiden Häfen Georgiens nur zu weniger als 50 % ausgelastet sind. Andererseits lassen die an Dynamik zunehmenden internationalen Initiativen für den geplanten Ausbau des Transportkorridors VR China - Türkei/Europa via Georgien ein in der Perspektive deutlich steigendes Transitaufkommen erwarten. Die Georgische Eisenbahn (Sakartvelos Rkinigza/SR) befindet sich zu 100 % in Staatsbesitz. Das fast gänzlich elektrifizierte Schienennetz umfasst eine Länge von 1.576 km (1.1.2015; Breitspurgleise mit Ausnahme einer Teilstrecke auf der touristischen Trasse Bordschomi Bakuriani). Ein Fünftel des Netzes ist zweigleisig. Die Hauptrasse verbindet Tiflis mit den Häfen in Poti und Batumi. Internationale Strecken führen nach Aserbaidschan, Armenien und in die Türkei. Die Bahn steht für knapp zwei Fünftel des auf dem Landweg realisierten Frachtaufkommens in Georgien. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 41 | S e i t e Für 2017 ist die Inbetriebnahme der 826 km langen und von der Regierung Aserbaidschans finanzierten Bahntrasse Baku/Aserbaidschan - Tiflis - Kars/Türkei (BTK) geplant. Der georgische Abschnitt ist fertiggestellt. Laut offiziellen Angaben sollen in der Anfangsphase jährlich 5,0 Mio. t Fracht über die BTK-Trasse transportiert werden, später bis zu 15 Mio. t. Das nach dem Regierungswechsel 2012 gestoppte Projekt für den Bau einer Umgehungstrasse der Eisenbahn in der Hauptstadt Tiflis (Verlagerung der Gleise vom Stadtzentrum in den Nordosten der Stadt) soll in absehbarer Zeit in einer modifizierten Variante umgesetzt werden. An den Details für die Überarbeitung des Vorhabens wird zurzeit gearbeitet. Die Kosten für die Fertigstellung der Trasse bezifferte die Regierung 2013 auf etwa 140 Mio. USD. Ausbauaktivitäten hegt die Gesellschaft Trans Caucasus Terminal, eine Tochterfirma der Georgischen Bahn. Sie betreibt Containerterminals in Tiflis und Poti. Mittel- und langfristig hat Georgien gute Chancen, sich auch zu einem regionalen Luftverkehrskreuz zu entwickeln. Das Interesse ausländischer Fluggesellschaften am Standort nimmt deutlich zu. In den Flughäfen Tiflis, Batumi und Kutaisi wurden 2015 nach Angaben der Flugbehörde CAA 2,26 Mio. Fluggäste abgefertigt (+12,6 % gegenüber 2014; Kapazität: 3 Mio. Fluggäste/Jahr), darunter in Tiflis 1,85 Mio., in Batumi 226.500 und in Kutaisi 183.000 Passagiere. Der Standort Kutaisi entwickelt sich zu einem lokalen Drehkreuz für Billigfluggesellschaften. Betreiber des Flughafens in Tiflis (www.tbilisiairport.com) sind die türkische Gesellschaft TAV Havalaimanlari Holding A.S./TAV Georgia (Managementvertrag bis 2027) und die französische Gesellschaft Aeroports de Paris. Den Flughafen in Batumi (wwww.batumiairport.com) betreibt ebenfalls TAV (Managementvertrag bis 2027). Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 42 | S e i t e Ost-West-Achse ist Straßenprojekt Nummer eins im Land In den Straßenbau Georgiens sind in den Jahren 2000 bis 2014 mit massiver finanzieller Unterstützung internationaler Geber schon mehr als 1,5 Mrd. USD geflossen. Dennoch ist der Nachholbedarf bei der Schaffung leistungsfähiger Transportkorridore und regionaler Trassen weiterhin groß. Der aktuelle Fokus in der Bausparte liegt auf der Errichtung einer Verkehrsachse, die den Osten des Landes mit der Küste des Schwarzen Meeres in Westgeorgien verbindet. Für das Prestigeprojekt werden bis zu seiner Fertigstellung 2020/21 Kosten in Höhe von etwa 2,3 Mrd. USD veranschlagt. Ausschreibungen für den Bau weiterer Teilstrecken sind schon fest geplant. Die Trasse erstreckt sich über insgesamt 455 km vom Grenzübergang Tsiteli Khidi (Rote Brücke) an der Grenze zu Aserbaidschan im Südosten Niederkartliens bis zur Hafenstadt Poti am Schwarzen Meer beziehungsweise bis zur türkischen Grenze in Westgeorgien. Die Ost-WestAchse ist eine wichtige Transitstrecke mit einem hohen Lkw-Aufkommen und ein wesentliches Teilstück der in letzter Zeit schrittweise wieder auflebenden internationalen Verkehrsader entlang der Großen Seidenstraße. Zwei Drittel der Einwohner Georgiens leben im direkten oder nahen Einzugsgebiet der Trasse. An der Finanzierung des Projekts sind internationale Geber maßgeblich beteiligt, darunter die Weltbank, die Europäische Investitionsbank (EIB), die Japan International Cooperation Agency (JICA) und die Asiatische Entwicklungsbank (ADB). Straßennetz Georgiens nach Straßenkategorien 2015 (in km) Straßenkategorie Straßen, insgesamt .Kompetenzbereich der Straßenbaubehörde Roads Department ..internationale Straßen ..Straßen von gesamtstaatlicher Bedeutung .Kompetenzbereich der kommunalen Selbstverwaltungen ..lokale Straßen Georgien, insgesamt 1) 20.327 1.603 5.298 13.426 1) nach Angaben des Nationalen Statistikbüros entfallen rund 900 km Straßen (200 internationale, 400 gesamtstaatliche und 300 lokale Straßen) auf die abtrünnige Republik Abchasien Quelle: Roads Department of the Ministry of Regional Development and Infrastructure of Georgia, Nationales Statistikbüro Der offizielle Start für das Projekt, das in mehreren aufeinanderfolgenden Etappen realisiert wird, erfolgte 2006/2007. In den Jahren 2013 bis 2015 sind im Schnitt jährlich 280 Mio. GEL (knapp 150 Mio. USD) in das Vorhaben geflossen. Bis 2016 wurde etwa ein Drittel der geplanten Strecke auf den neuesten technischen Stand gebracht beziehungsweis neu errichtet. Laut Angaben der Straßenbaubehörde wurden 2013 bis 2015 insgesamt rund 90 km neue Straßen Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 43 | S e i t e fertiggestellt, darunter allein 44 km im Jahr 2015. Gegenwärtig befinden sich rund 100 km Straßen der Ost-West-Verbindung in der Bauausführung oder einer fortgeschrittenen Planungsphase. Für Straßenzüge mit einer Länge von mehr als 200 km sind die Vorbereitungen angelaufen. Im Verlaufe des Jahres 2016 ist der Startschuss für die Umsetzung der fünften Etappe des „EastWest Highway Improvement Project“ der Weltbank geplant. Es sieht die Planung und den Bau einer rund 15 km langen vierspurigen Trasse zwischen Zemo Osiauri und Chumateleti (in vier Phasen) bis 2019/20 vor. Die Weltbank (IBRD) finanziert das Projekt mit 140 Mio. USD und die EIB mit weiteren 49,5 Mio. USD. Im März 2016 unterzeichneten Vertreter der JICA und der Regierung Georgiens eine Vereinbarung über die Bereitstellung eines zusätzlichen Darlehens über 4,41 Mrd. Yen (40 Mio. USD) für den Bau des Ost-West-Autobahnabschnittes Zestafoni - Kutaisi - Samtredia (East-West Highway Improvement Project II). Die ADB stellt eine zusätzliche Tranche über 140 Mio. USD für die weitere Realisierung des „Road Corridor Improvement Project“ bereit. Die Mittel sind für den Ausbau und die Modernisierung der 33,6 km langen Teilstrecke Khevi Ubisa - Shorapani - Argveti bestimmt. Die Weltbank engagiert sich mit einem Darlehen über 40 Mio. USD auch bei der Finanzierung von Projekten für die Modernisierung des regionalen Straßennetzes (Realisierungszeitraum: 2016 bis 2021) in den Regionen Gurien, Mzcheta-Mtianeti, Ratscha-Letschchumi und Innerkartlien. Mit dem Kredit unterstützt sie die Umsetzung des von der georgischen Straßenbaubehörde beschlossenen mittelfristigen Programms für die Wartung, Reparatur und Erneuerung von 970 km regionalen und Nebenstraßen. Insgesamt will die Straßenbaubehörde 2016 und 2017 unter Einbeziehung internationaler Kredite umgerechnet jeweils circa 250 Mio. USD in den Straßenbau einschließlich Wartungsarbeiten investieren. Im Frühjahr 2016 kündigt die Regierung an, auch Straßenbauprojekte für den Bedarf der Tourismuswirtschaft zügiger als bisher voranzubringen. Dies gelte vor allem für Straßenzüge zwischen der zweitgrößten Stadt Kutaisi und der südgeorgischen Region SamzcheDschawachetien (Kurort Abastumani) sowie der nördlichen Region Swanetien. Ein konkreter Entwicklungsplan für diese Vorhaben wird zurzeit erstellt. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 44 | S e i t e 5.1.3 Wasser/Abwasser Die Wasserwirtschaft Georgiens hat sich ambitionierte Ziele gesteckt: Im Jahr 2020 sollen die Wasserhähne in fast allen größeren Städten 24 Stunden am Tag Trinkwasser liefern und die Wasserversorgung sowie die Abwassersysteme internationalen Standards entsprechen. Die Investitionen in den Sektor dürften 2016 bis 2019 ein Volumen von mindestens 400 Mio. USD erreichen. Hinter der Finanzierung der Projekte stehen hauptsächlich internationale Geber- und Förderbanken. Noch ist die georgische Wasser- und Abwasserwirtschaft weit von den erklärten Zielen entfernt. Ein Zehntel der städtischen und die Hälfte der ländlichen Einwohner haben keine zentrale Wasserversorgung. Zudem gibt in den meisten Städten (mit Ausnahme der Hauptstadt Tiflis) kein Trinkwasser rund um die Uhr. Selbst in einigen Stadtteilen von Tiflis bleiben die Wasserhähne sporadisch immer wieder einmal trocken. Viel zu tun bleibt bei der Verbesserung der Wasserqualität. Auch die Abwasserwirtschaft steht vor anspruchsvollen Aufgaben. Mittelfristig sollen die Abwassernetze in einigen lokalen Hauptstädten, in 51 Landkreis- und mehreren Tourismuszentren rehabilitiert oder neue Kläranlagen gebaut werden. Die Regierungsstrategie für die Wasser- und Abwasserbranche rechnet für 2011 bis 2020 mit einem Kapitalzufluss von 1,65 Mrd. USD. Die Gelder sollen jeweils zur Hälfte in die Bereiche Trink- und Abwasser fließen. Die Umsetzung der Strategie erfolgt in den Jahren bis 2013 nur sehr schleppend. Seit 2014/15 kommt dank mehrerer größerer Kredite internationaler Geber- und Förderbanken Bewegung in die Branche. Die Europäische Investitionsbank (EIB) finanziert zwei größere Projekte. Das Water Infrastructure Modernization Project (WIMP, Phase 2) läuft bis 2017 und ist mit einem Kredit über 40 Mio. Euro und weiteren Auslandszuschüssen über 8 Mio. Euro ausgestattet. Im Herbst 2015 wurde ein EIB-Projekt über 100 Mio. Euro besiegelt. Es sieht vor, die Abwasseranlagen in der zweitgrößten georgischen Stadt Kutaisi (201.000 Einwohner) zu sanieren und auszubauen. Das Projekt ist Teil einer Initiative zur Erneuerung der Wasser- und Abwasserwirtschaft in Westgeorgien bis 2018/19. Das Gesamtprojekt hat einen Finanzierungsrahmen in Höhe von 280 Mio. Euro. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 45 | S e i t e Hauptkreditgeber ist die Asiatische Entwicklungsbank (ADB, 172 Mio. Euro). Die ADB-Gelder fließen in die Wasserversorgung in Kutaisi, den Aufbau einer Wasserver- und Abwasserentsorgung in Ureki, ein Trinkwasserprojekt in Zugdidi und in die Abwasserentsorgung der Hafenstadt Poti. Für die Umsetzung der langfristigen Wasser- und Abwasserstrategie Georgiens stellt die ADB 500 Mio. USD in mehreren Tranchen im Zeitraum 2012 bis 2019 bereit. International gefördert werden auch die Erneuerung und der Ausbau der Wasser- und Abwassersysteme in der Stadt Batumi und deren umliegenden Gemeinden. Das Projekt wird maßgeblich von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) finanziert. Ende 2015 unterzeichneten das georgische Finanzministerium und die KfW einen Kreditvertrag über 32 Mio. Euro für die vierte und letzte Projektphase. In den Startlöchern steht ein neues Projekt der Weltbank. Im Rahmen des Second Regional and Municipal Infrastructure Development Project stellt die Bank im Zeitraum 2016 bis 2019 rund 20 Mio. USD für die Verbesserung der Wasserver- und Abwasserentsorgung in mehreren georgischen Städten und Gemeinden bereit. 5.1.4 Hochbau Das Baugewerbe Georgiens zeigt nach einer Durststrecke seit 2014 wieder nach oben. Die realen Zuwachsraten der Branche betrugen 2014 und 2015 beachtliche 13,1 % und 15,2 %. Der Gesamtumsatz der Baubranche lag aber 2015 mit umgerechnet 1,65 Mrd. Euro infolge der Währungsabwertung noch ein gutes Stück unter dem entsprechenden Wert von 2012 (2,09 Mrd. Euro). Die realen Zuwächse gehen sowohl auf das Konto von Infrastrukturprojekten als auch von Aktivitäten im Hochbau. Marktkenner erwarten für 2016 ein weiteres reales Wachstum des Baugewerbes um mindestens 10 % bis 12 %. Nach Angaben von Colliers International Georgia gibt es gegenwärtig im Land etwa 350 größere, mittlere und kleine Wohnentwicklungsprojekte mit mehr als 20.000 geplanten Wohneinheiten. Die Hochburg des georgischen Hochbaus ist und bleibt die Landesmetropole Tiflis. Auf Rang zwei folgt die Autonome Republik Adscharien mit ihren besonders regen Bauaktivitäten für die Entwicklung des Tourismus. Mehrere georgische und ausländische Bauentwickler kündigten in letzter Zeit die Realisierung neuer ambitionierter Stadtentwicklungsprojekte an. Darüber hinaus gibt es in fast allen Landesteilen zahlreiche Projekte für den Ausbau der touristischen Infrastruktur. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 46 | S e i t e Ausgewählte laufende und vorgesehene größere Entwicklungsprojekte im Hochbau Georgiens Projekt Kontaktpartner Regionalentwicklungsprojekt Gonio nahe Batumi, Adscharien (Umwidmung eines früheren Militärgeländes zu einem Industrie-, Dienstleistungs- und Tourismuszentrum, Errichtung von Wohnvierteln, Bürobauten, Handels- und sozialen Einrichtungen sowie eines Technologiezentrums, erste Projektplanungen sind angelaufen, geschätzter Projektwert: bis zu 5 Mrd. USD) Regierung der Autonomen Republik Adscharien, ICBT Group. Eco Green City - Entwicklungsprojekt Tbilisi Sea, Tiflis (Wohn- und Geschäftsbauten, öffentliche Objekte wie Schulen und Krankenhäuser in der Nachbarschaft des Erholungssees von Tiflis, Projekt in Vorbereitung, Projektwert: bis zu 1 Mrd. USD, darunter 1. Ausbauphase: 100 Mio. USD) Tbilisi City Municipality (www.adjara.gov.ge, www.icbt.ge) (www.tbilisi.gov.ge) Panorama Tbilisi, Tiflis Georgian Co-Investment (vier Hotels, Konferenzzentrum, Wohnungen, Sportobjekte Fund Umgestaltung des Stadtzentrums nahe des Platzes des Friedens, (www.gcfund.ge) Projekt in Vorbereitung, Projektwert: etwa 500 Mio. USD) Green Valley City, Tiflis (zehn größere Wohnbauten mit 510 Wohneinheiten, Luxusvillen, Flächen für Dienstleistungen, Sport/Freizeit; Gesamtfläche: 88.000 qm; Projekt in Vorbereitung, Projektwert: 136 Mio. USD) Green Valley International Real Estate Group Tbilisi Gardens, Tiflis (Wohngebiet im Stadtteil Saburtalo mit bis zu 150.000 qm Wohnflächen und mehr als 1.000 Wohnungen, Hochhäuser, Projekt in Vorbereitung, Projektwert: 130 Mio. USD) Quadrum Property Group Tbilisi City, Tiflis (Büro/Handel, Wohnungen im Stadtteil Saburtalo, Gesamtfläche: 200.000 qm, Projekt in einer frühen Planungsphase, Projektwert: etwa 100 Mio. USD) Archi Group, Business Group Valencia Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 (VAE; www.greenvalleyuae.com) (www.quadrumglobal.com) (www.archi.ge, www.valencia.ge) 47 | S e i t e Axis Towers, Tiflis Georgian Co-Investment (zwei 41etagige Wolkenkratzer im Stadtteil Vake, Gesamtfläche: Fund (www.gcfund.ge), Axis 94.000 qm, Fünf-Sterne-Hotel Pullmann mit 234 Zimmern, (www.axistowers.ge) Büros/Konferenzsaal, 87 Wohnungen, Flächen für Handel, Freizeit und Sport, Realisierung bis 2018/19, Projektwert: 83 Mio. USD) Galeria Tiflis (Handels- und Vergnügungszentrum im Gebäude des ehemaligen Zentralkaufhauses, Gesamtfläche: 22.000 qm, Realisierung bis 2017; Projektwert: 77 Mio. USD) Wohnkomplex Didube Tower, Tiflis (33 Etagen, auch Büros und Handelsflächen, Realisierungszeitraum: Ende 2015 bis Ende 2018, keine Angaben zum Projektwert) Komplex aus zwei Wolkenkratzern, Tiflis (Wohnungen, Hotel/Büros, Projekt in einer frühen Planungsphase, keine Angaben zum Projektwert) Georgian Co-Investment Fund (www.gcfund.ge) Partner: Colliers International Georgia (www.colliers.com/en-ge/georgia) Royal Group (www.royalgroup.ge) Dhabi Group (VAE, www.dhabiholdings.ae) Quelle: zusammengestellt von Germany Trade and Invest nach Presse- und Unternehmensmeldungen 5.2 Landwirtschaft Ein mildes Klima, lange Vegetationsperioden, günstige Boden- und Wasserverhältnisse, eine gute Infrastruktur für die Bedienung von Exportmärkten, eine niedrige Steuerbelastung, große ungenutzte Potenziale für den Ausbau der Agrarproduktion einschließlich der Marke „Bio“ für die Versorgung von bis zu 10 Mio. Menschen und ein immenser Modernisierungs- und Erneuerungsbedarf bilden eine solide Basis für vielversprechende Engagements in der georgischen Landwirtschaft. Zu Sowjetzeiten galt Georgien dank seiner gefragten Agrarprodukte als eine besonders reiche Unionsrepublik. Monokulturen für den Bedarf von 250 Mio. Einwohnern prägten jedoch den Sektor: Tee und Zitrusfrüchte in Westgeorgien sowie Wein in Ostgeorgien. Der dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 folgende Niedergang des Agrarsektors setzte sich noch 20 Jahre fort. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 48 | S e i t e Branche ist Empfänger vieler Fördertöpfe aus dem Im- und Ausland Die seit 2012 amtierende Regierung hat die forcierte Entwicklung des Agrarsektors auf die Agenda ihrer wirtschaftspolitischen Prioritäten gesetzt. Erste Ergebnisse der Neuausrichtung können sich sehen lassen. In die Branche fließen heute erhebliche Mittel aus internationalen und nationalen Fördertöpfen. Allein aus dem Europäischen Nachbarschaftsprogramm für die Landwirtschaft und die ländliche Entwicklung (ENPARD) können im Zeitraum März 2013 bis März 2018 Gelder in Höhe von 52 Mio. Euro abgerufen werden. Weitere 10 Mio. Euro stellt die EU für den Sektor Milch-, Haselnuss- und Gemüseproduktion im Interesse der Anpassung dieser Produktionssektoren an neue Standards zur Verfügung. Der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) fördert 2015 bis 2018 mit 20 Mio. USD die Schaffung kompletter Wertschöpfungsketten in der Land- und Ernährungswirtschaft. Die Liste internationaler Kreditgeber ist noch lang. Im Staatshaushalt für 2016 sind Fördermittel in Höhe von umgerechnet circa 140 Mio. USD eingestellt. Davon fließen 18 Mio. USD in das seit 2013 laufende Programm “Projekt günstiger Agrarkredite“. Bis 1.1.2016 wurden im Rahmen der Initiative 25.290 Einzelvorhaben für die Schaffung neuer oder die Modernisierung bestehender Kapazitäten mit insgesamt etwa 435 Mio. USD finanziell unterstützt. Kleine Farmer mit Ackerflächen von bis zu 0,25 ha beziehungsweise 1,25 ha (Anbau mehrjähriger Kulturen) profitieren bei ihrer alljährlichen Frühjahrsbestellung von einem ebenfalls seit 2013 laufenden „Projekt für die Förderung von Farmern mit kleinen Bodenflächen“ (Förderrahmen 2016: 21 Mio. USD). In den Jahren 2013 bis 2015 wurden hierfür mehr als 120 Mio. USD bereitgestellt. Haushaltsmittel fließen 2016 in die Unterstützung der Weinwirtschaft (11 Mio. USD), die Tilgung von Finanzierungskosten für die Beschaffung von Landtechnik (23 Mio. USD), die Bezuschussung von Landwirtschaftsversicherungen (9 Mio. USD) und in die Förderung von landwirtschaftlichen Kooperativen (3 Mio. USD). Ein größerer Posten an Fördermitteln ist für die Modernisierung und den Ausbau der Bewässerungswirtschaft reserviert (27 Mio. USD). Ferner hat die Regierung Ende 2015 ein neues Programm für die Wiederbelebung des Teeanbaus aufgelegt (Georgian Tea). Ziel der Initiative ist eine schrittweise Ausdehnung gegenwärtig brachliegender Teeplantagen in staatlichem Besitz um insgesamt 7.000 ha. Ein weiteres Anfang 2016 verabschiedetes Förderprogramm zielt auf die Unterstützung der gegenwärtig etwa 30 bestehenden Kooperativen für die Milcherzeugung ab. Die Gelder sind für die Mitfinanzierung von Milchsammelstellen, die Beschaffung von Ausrüstungen für die Qualitätskontrolle sowie die Verarbeitung von Milch zu Käse und anderen Milcherzeugnissen bestimmt. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 49 | S e i t e Georgien und die Haselnuss • • • • • Weltweit fünftgrößter Produzent Hauptexportware der Landwirtschaft Abnehmer: bis zu 90 % EU-Länder Hauptanbaugebiete in Westgeorgien: Mingrelien, Gurien, Imeretien Aufkommen 2013 bis 2015: im Schnitt 38.600 t pro Jahr Tipp für Georgien-Reisende: Probieren Sie die köstliche georgische Süßigkeit Tschurtschchela - eine mit Traubensaft überzogene Haselnuss- oder Walnuss-„Wurst“! In der effektiven Erzeugung von Rohmilch und Milcherzeugnissen und ebenso von Fleischprodukten besteht in Georgien noch ein besonders großer Nachholbedarf. Unter den aktuellen Projekten, die mit ausländischer Unterstützung in der tierischen Produktion realisiert werden, liefert das Engagement der Gesellschaft Blauenstein Georgien ein gutes Beispiel. Das Unternehmen, das eng mit Partnern aus der Schweiz kooperiert, will in den kommenden zwei bis drei Jahren bis zu 20 kleine Tierzuchtfarmen vorwiegend für die Produktion von Milcherzeugnissen gründen und in das Projekt bis zu 18 Mio. GEL (8 Mio. USD) investieren. Blauenstein Georgien hat bereits mehrere Pilotprojekte für die Tierzucht im Norden Georgiens (Region Ratscha-Letschchumi und Niederswanetien) mit Erfolg gestartet und in dieses Projekt etwa 7 Mio. USD investiert. Auf der Projektliste des Unternehmens steht auf mittlere Sicht auch die Errichtung einer Käserei. Ungeachtet der verstärkten Förderung des Agrarsektors sind die Ergebnisse bei der Wiederbelebung der Landwirtschaft noch lange nicht zufriedenstellend. Der Wirtschaftszweig, in dem mehr als die Hälfte aller Beschäftigten des Landes tätig ist, steht nur für 9 % des Bruttoinlandsprodukts (2015). Es überwiegt immer noch die Subsistenzwirtschaft. Die durchschnittliche Fläche der Farmen beträgt geringe 1,55 ha. Die Gründung von Kooperativen auf der Basis des Zusammenschlusses kleiner Bauernwirtschaften kommt zwar voran, aber noch nicht in dem gewünschten Tempo. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 50 | S e i t e Die Außenhandelsbilanz mit agrarischen Erzeugnissen, Nahrungsmitteln und Getränken weist weiterhin ein erhebliches Defizit aus. Im Jahr 2015 betrugen die entsprechenden Importe 1,1 Mrd. USD, die Exporte dagegen nur 0,6 Mrd. USD. Als gegenwärtig größte Schwachstelle bei der Nutzung der Potenziale erweisen sich fehlende Verarbeitungskapazitäten, eine kaum entwickelte Infrastruktur für das agrarwirtschaftlich ausgerichtete Berufsschulwesen, ein mangelhaftes Fachwissen und Management der agrarischen Erzeuger und nicht zuletzt knappe finanzielle Ressourcen für neue Projekte. 5.3 Industrie 5.3.1 Getränke- und Lebensmittelindustrie Die Nahrungsmittelindustrie ist mit einem Ausstoß von rund 1,3 Mrd. USD (2015) der bedeutendste Industriezweig Georgiens. Sie steht heute für fast die Hälfte des Ausstoßes im verarbeitenden Gewerbe des Landes und ist zugleich der wichtigste Abnahmesektor für ausländische Maschinen und Ausrüstungen. Die Branche umfasst zwei Kategorien: die vorwiegend auf den Export orientierte Produktion von Wein, abgefülltem Mineralwasser, Spirituosen, Obst- und Gemüsekonserven, Tabakerzeugnissen und ätherischen Ölen für den Bedarf der Lebensmittel-, Pharma-, Kosmetikund Parfümindustrie sowie die fast ausschließlich für den Inlandsverbrauch bestimmte Produktion von Milch, Milchprodukten, Fleisch und Fleischwaren, pflanzlichen Ölen und Fetten, Back- und Teigwaren einschließlich der nur in einem sehr geringem Volumen exportierten Produkte Bier und Limonaden. Die Weinherstellung ist das Kleinod der georgischen Industrie. Das Land verfügt über Jahrtausende alte Traditionen im Weinbau und bei der Weinherstellung. Mit einem 2006 verhängten Abnahmestopp durch den Hauptabnehmer Russland brachen die Weinausfuhren und damit auch die Produktion stark ein. Von den im Jahr 2005 exportierten 63 Mio. Flaschen gingen 47 Mio. nach Russland. Das bis Frühjahr 2013 währende Weinembargo hatte aber auch seine guten Seiten. Die Weinhersteller mussten neue anspruchsvolle Märkte erschließen. Die Neuausrichtung des Absatzmarktes führte zu einer Qualitätssteigerung der Exportweine. Das heute bestehende umfassende und effektive Kontroll- und Prüfsystem gibt Produktfälschungen kaum noch eine Chance. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 51 | S e i t e Georgiens Exporte von natürlichen und aromatisierten Weinen (in Mio. USD) 2006 bis 2010 38,2 1) 2011 56,3 2012 66,4 2013 129,5 2014 182,6 2015 96,8 1) Durchschnitt pro Jahr Quelle: Nationales Statistikbüro Dank der Umorientierung auf mehr Qualitätswein und neue Märkte sowie des aufgehobenen Importembargos durch Russland erreichte die Exportmenge 2014 mit 45,9 Mio. Litern wieder das Vorkrisenniveau von 2005 (41,6 Mio. Liter). Die Produktion stieg auf die Rekordmarke von 51 Mio. Liter (wertmäßiger Ausstoß: 145 Mio. USD). Die Währungs- und Wirtschaftskrise in den Hauptabnahmeländern Russland, Ukraine und Kasachstan führte 2015 zu einer massiven Schrumpfung der Weinausfuhren und damit auch der Produktion. Für 2016 wird wieder ein Zuwachs erwartet (Januar bis April 2016: +15 % auf 27 Mio. USD). Die Weinherstellung bleibt auch künftig eine tragende Säule in der Wirtschafts- und Exportstruktur Georgiens und ebenso beim Import von Getränketechnik. Neue Märkte in Mittel- und Westeuropa sowie Asien hat das Land als Absatzmärkte stärker im Visier. Hierzu zählen Polen und die VR China. In China gibt es heute schon sechs Häuser oder Zentren des georgischen Weins. Die Exporte an chinesische Abnehmer legten 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 22 % auf 2,7 Mio. Flaschen zu. Sie sollen ab 2020 die Marke von 10 Mio. Flaschen übersteigen. Zahlreiche, reichhaltige und qualitativ hochwertige Mineralwasserquellen zählen zu den wichtigsten natürlichen Ressourcen Georgiens. Bekannt sind mehr als 2.000 solcher Quellen. Einige davon spielen für die Exportwirtschaft eine große Rolle: Bordschomi, Nabeghlavi und Sairme. Russland, andere GUS-Republiken und das Baltikum sind die Hauptabsatzmärkte für abgefülltes Mineralwasser. Die Branche bietet noch viel Ausbaupotenzial. Georgiens Exporte von mineralischem und stillem Wasser (in Mio. USD) 2006 bis 2010 28,3 1) 2011 47,6 2012 59,4 2013 106,9 2014 137,1 2015 82,2 1) Durchschnitt pro Jahr Quelle: Nationales Statistikbüro Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 52 | S e i t e Die drittbedeutendste Sparte in der georgischen Getränkeindustrie ist die Produktion von Weinbrand, Whisky, Wodka, Likören und anderen Spirituosen. Der traditionelle georgische Traubenwodka Chacha (Tschatscha) darf natürlich in der Aufzählung nicht fehlen. Exportfavoriten sind die Weinbrandmarken Sarjishvili und Old Kakheti sowie verschiedene Whisky-Marken. Hauptexportmärkte für „harte Getränke“ sind Russland, die Ukraine und die Niederlande. Georgiens Exporte von Weinbrand und anderen Spirituosen (in Mio. USD) 2006 bis 2010 51,2 1) 2011 67,9 2012 80,0 2013 99,9 2014 95,2 2015 64,9 1) Durchschnitt pro Jahr Quelle: Nationales Statistikbüro Von großer Bedeutung für den lokalen Markt ist die Produktion von Erfrischungsgetränken und Säften. In der Perspektive sollen auch die Exporte ausgeweitet werden. Georgien genießt zu Recht den Ruf als „Land der Limonaden“. Hergestellt werden die Getränke fast ausschließlich mit natürlichen Aromen in verschiedensten Geschmacksrichtungen wie Birne, Zitrone, Traube oder Estragon. Die jährlichen Exporte von Limonaden betrugen in den vergangenen Jahren zwischen 15 Mio. USD und 30 Mio. USD. Die Ausfuhren von Säften sind zwischen 8 Mio. USD und 10 Mio. USD pro Jahr noch bescheiden. Vier Brauereien brauen Bier fast ausschließlich für den einheimischen Markt. Eine Marktbelebung lässt sich in letzter Zeit dank staatlicher Fördergelder auch in anderen Sparten der Nahrungsmittelindustrie wie der Verarbeitung von Fleisch, Milch und Tee beobachten. 5.3.2 Sonstige verarbeitende Industrie Das sonstige verarbeitende Gewerbe ist noch schwach entwickelt und bietet viel Ausbaupotenzial. Es konzentriert sich, gemessen am jährlichen Umsatz, auf die Sektoren Metalle/Metallerzeugnisse einschließlich Stahl (2015: 437 Mio. USD), Baustoffe/andere Nichterzmaterialien (385 Mio. USD), chemische Industrie einschließlich der Sparte Pharmazeutika (246 Mio. USD) sowie Kunststoff- und Gummiindustrie (104 Mio. USD). Nennenswert ist noch die Textil- und Bekleidungsindustrie (77 Mio. USD). Im sehr kleinen Maschinenbau verdient der Waggonbaubetrieb in Tiflis Erwähnung (Bau und Modernisierung von Güterwagen). Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 53 | S e i t e Der Löwenanteil des Gesamtumsatzes der sonstigen verarbeitenden Industrie entfällt auf folgende Produktgruppen: • • • • Mangan-Ferrolegierungen (Sililiziummanganaufbereitungswerk Zestafoni Ferroalloy Plant der Gesellschaft Manganese Zestafoni, und Rusmetali, Rustavi) Stahl/Stahlerzeugnisse (Rustavi Steel, GeoSteel, beide Rustavi, Eurasia Steel, Kutaisi) Zement (HeidelbergCement; drei Zement- und zwölf Transportbetonfabriken; Georgian Building Group/Kavkaz Cement) und Stickstoffdünger (Azoti, Rustavi, auch Produktion von Ammoniak, Natriumzyanid und Salpetersäure). Die Textil- und Bekleidungsindustrie repräsentieren fünf größere türkische Gesellschaften beziehungsweise türkisch-georgische Joint Ventures, circa ein Dutzend nennenswerte georgische Unternehmen und etwa 180 Mikrofirmen. Die Branchenexporte, darunter vor allem Sport- und Spezialbekleidung, haben sich 2011 bis 2014 gegenüber 2010 auf 94 Mio. USD verdoppelt. Abnehmer von fast der Hälfte der Ausfuhren ist die Türkei. In der pharmazeutischen Industrie sind annähernd 70 Firmen tätig. Zwei Unternehmen, GMP und Aversi Rational, stehen für vier Fünftel bis neun Zehntel des Branchenausstoßes. Die Exporte von Pharmazeutika erreichten 2014 ein Volumen von 91 Mio. USD gegenüber erst 52 Mio. USD im Jahr 2010. Den Abbau der bestehenden großen Defizite im verarbeitenden Gewerbe hat die Regierung zu einem ihrer vorrangigen wirtschaftspolitischen Ziele erklärt. Seit Juni 2014 können Unternehmen, die sich beim Ausbau der Industrie engagieren wollen, die Angebote aus dem Förderprogramm „Produce in Georgia“ nutzen. Viele Projekte unterschiedlichster Branchen von der Milchverarbeitung über die Produktion von Baustoffen und Kunststoffen bis hin zur elektronischen Industrie wurden schon auf den Weg gebracht, nicht wenige davon in Kooperation mit ausländischen Technologie- und Ausrüstungslieferanten. Eine ganze Reihe weiterer Vorhaben für den Ausbau der verarbeitenden Industrie, darunter auch einige Großprojekte, sind in naher Zukunft und auf mittlere Sicht geplant. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 54 | S e i t e 5.3.3 Bergbau Georgien ist aus Sicht der Rohstoffsicherung für Deutschland mit Blick auf die mineralischen Rohstoffressourcen neuer Bergbauprojekte kaum von Bedeutung. Das Land verfügt über begrenzte mineralische Rohstoffe. Sie befinden sich zu einem großen Teil in Regionen mit schwierigen bergbaugeologischen Bedingungen. Nach Angaben des Ministeriums für Energiewirtschaft und natürliche Ressourcen sind 450 Lagerstätten mit 27 verschiedenen mineralischen Rohstoffen bilanziert. Zu nennen sind vor allem Vorkommen an Manganerzen (nachgewiesene Reserven: 222 Mio. t, darunter etwa 90 % im Tschiatura-Becken) sowie Kupferund Golderzen. Der Anteil Georgiens an der heutigen Weltproduktion beträgt bei Manganerzen 0,9 %, bei Kupfer- und Golderzen jeweils 0,1 %. Das entsprechende Gewicht an der Weltraffinadeproduktion beträgt bei Manganlegierungen und Ferromangan 1,7 % beziehungsweise 0,2 %. Georgien verfügt auch über eine ganze Reihe von Industriemineralien und Rohstoffen für die Bauindustrie (Bentonit- und Zementton, Kalkstein, Gips, Talk, Quarzsande, Dolomit, Zeolithe, Diatomit, Serpentinit, Perlit und Verblendstein) sowie Kohle. Erwähnenswert sind Vorräte an Zink, Blei, Silber, Quecksilber sowie den seltenen Metallen Antimon und Arsen. Die Aktivitäten im Erzbergbau entfallen im Wesentlichen auf die Unternehmen Georgian Manganese (Chiatura Manganese Mine/Manganerz-Bergbaubetrieb), RMG - Rich Metalls Group mit den Betrieben RMG Cooper (Förderung von Kupfererzen und Produktion von Kupferkonzentrat), RMG Gold (Förderung von Golderzen und Verarbeitungen zu Gold-DoréLegierungen) und Rusmetali (drei Manganerzgruben in der Region Terdjola). Die Gesellschaft Noricum Gold will im Herbst mit der Produktion von Gold im Vertragsgebiet Kvemo Bolnisi starten. Die Industrieholding Georgian Industrial Group beziehungsweise deren Tochtergesellschaft Saknakhshiri LLC ist der einzige georgische Kohleförderer (2014: Förderung von 350.00 t Kohle). Das Unternehmen hegt auf mittlere Sicht Pläne für den Ausbau der jährlichen Kohleförderung auf bis zu 2,0 Mio. t. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 55 | S e i t e 5.4 Tourismus Der Tourismus gilt in Georgien als einer der sich am dynamischsten entwickelnden und perspektivreichsten Wirtschaftssektoren. Die Kaukasusrepublik verfügt über viele kulturhistorische und landschaftliche Reichtümer, ideale natürliche Bedingungen für den Bade-, Wander-, Kur- und Skitourismus sowie günstige Voraussetzungen für den Ausbau der Kongresstouristik und die Ausweitung eines besonderen Freizeitangebotes, die im Land legalisierte Glücksspielbranche. Schon heute gibt es in Georgien rund ein Dutzend Casinos, die ihre Umsätze von Jahr zu Jahr steigern. Das Einreisen in das Land ist unkompliziert. Bürger aus zahlreichen Ländern, darunter aus allen Staaten der EU, können bei Aufenthalten bis zu einem Jahr, innerhalb dessen es maximale Aufenthaltsdauern gibt, ohne Visum ins Land reisen. Die Branche bietet vielversprechende Geschäftschancen in den Sektoren Hotelbau- und -ausstattung, Sport- und Freizeiteinrichtungen, Verpflegung, Agenturdienste und Entertainment. Die Städte Tiflis und Batumi sind die Hochburgen des touristischen Gewerbes. Nach Angaben der Agentur für Investitionsförderung der Autonomen Republik Adscharien, Batumi Investment Agency, beträgt das aktuelle Investitionsportfolio für Hotelbauten in der Region mit geplanter Umsetzung 2016 bis 2020 mehr als 0,6 Mrd. USD. Kaum weniger Hotelprojekte gibt es in der Hauptstadt Tiflis. Wintersport- und Kurzentren planen ambitionierte Ausbauprojekte. Seit dem Frühjahr 2016 können Unternehmen für die Modernisierung und den Ausbau touristischer Objekte in allen Landesteilen mit Ausnahme von Tiflis und Batumi Fördermittel aus dem Programm „Empfange Gäste in Georgien“ abrufen. Der direkte Beitrag des Tourismus zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) Georgiens dürfte laut einer Analyse der Welttourismusorganisation (World Travel and Tourism Council/WTTC) bis 2025 im Schnitt um jährlich 6,6 % beziehungsweise von 1,8 Mrd. GEL (0,8 Mrd. USD; 2015) auf 3,4 Mrd. GEL (1,4 Mrd. USD) steigen. Unter Einschluss aller indirekten Effekte der Branche für die Wirtschaft ist bis 2025 im Schnitt ein Plus von 6,5 % pro Jahr beziehungsweise ein absoluter Zuwachs von 6,1 Mrd. GEL (2,7 Mrd. USD) auf 11,5 Mrd. GEL (4,6 Mrd. USD) realistisch. Im Jahr 2025 dürften 100.000 Personen direkt im touristischen Gewerbe tätig sein, 15.000 mehr als heute. In ihren Analysen bewerten die WTTC-Spezialisten Georgien als eines der Länder mit den besten Aussichten für ein langfristiges Wachstum in der Tourismuswirtschaft. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 56 | S e i t e Die Nationalbank Georgiens erwartet 2025 Deviseneinahmen aus dem internationalen Tourismus in Höhe von bis zu 5,5 Mrd. USD. Dieses Volumen entspricht fast einer Verdreifachung gegenüber dem Niveau von 2015. Kenndaten der Entwicklung des Fremdenverkehrs in Georgien (in Mio. USD) Kategorie Einreisen von Ausländern (in Mio. Personen) 2012 4,43 2013 5,39 2014 5,52 2015 5,90 Veränd. 1) 6,9 .Aufenthalt von 24 Stunden und mehr 1,79 2,07 2,23 2,28 2,2 .Transit 0,75 1,19 1,14 1,40 22,8 1.588,9 1.584,5 1.738,2 1.547,0 14,4 2) 144,3 195,2 221,2 219,9 27,8 503,3 506,6 528,2 463,0 12,7 74,7 74,1 70,6 59,0 7,5 449,3 84,2 319,4 97,9 406,1 103,6 305,0 89,8 -3,4 11,4 332,9 6,7 1.410,9 391,4 6,5 1.719,7 408,4 7,0 1.787,1 410,2 7,3 1.935,9 29,1 8,3 Gewährte touristische und artverwandte Dienstleistungen, insgesamt .Hotel, Herbergen, Camping .Gaststättengewerbe und Catering .Bahntransport .Land- und Wassertransport .Flugtransport .Reisebüros, sonstige touristische Dienste Anteil des Tourismussektors am BIP (in %) Deviseneinnahmen aus dem internationalen Tourismus 1) 2) Veränderung gegenüber Vorjahresperiode in %; Veränderung auf der Basis der Nationalwährung GEL Quelle: Zusammengestellt von Germany Trade and Invest nach Angaben von Geostat, der Nationalbank Georgiens und des Ministeriums des Innern Georgiens Die Prognosen sind angesichts der schon über viele Jahre hinweg positiven Entwicklung des Fremdenverkehrs realistisch. Innerhalb von zehn Jahren (2006 bis 2015) hat sich die Anzahl der jährlich in die Kaukasusrepublik einreisenden Ausländer fast verzehnfacht (Zuwachs im Zeitraum Januar bis April 2016 gegenüber der Vorjahresperiode: +15 % auf 1,6 Mio. Gäste). Die Anzahl der Besucher aus Deutschland hat sich 2010 bis 2015 von 17.600 auf 37.000 mehr als verdoppelt. Laut der Prognose der nationalen Tourismusbehörde GNTA werden 2025 voraussichtlich bis zu 11 Mio. ausländische Besucher nach Georgien kommen. Offiziell gelten 40 % der alljährlich ins Land einreisenden Gäste als touristische Besucher. Das sind jene Personen, die sich im Land 24 Stunden und mehr aufhalten. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 57 | S e i t e Hinter dem heutigen und erwarteten Wachstum der Anzahl „echter Touristen“ steht nicht zuletzt der Ausbau des internationalen Flugverkehrs. In Georgien sind heute 26 Fluggesellschaften aktiv. Die ungarische Billigfluglinie Wizz Air kündigte eine kräftige Expansion am Standort Kutaisi an. Die zweitgrößte georgische Stadt soll ab Herbst 2016 von sieben neuen europäischen Standorten, darunter aus Berlin-Schönefeld, München-Memmingen und Dortmund, zweimal wöchentlich angeflogen werden. 6 Rechtliche Rahmenbedingungen und Steuern 6.1 Rahmenbedingungen und DCFTA Im Rahmen des Assoziierungsabkommens mit der EU verpflichtet sich Georgien, die demokratischen Grundsätze, die Menschenrechte und Grundfreiheiten, wie unter anderem in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UN 1948 verankert und wie in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten 1950 definiert, einzuhalten. Neben diesen Verpflichtungen umfasst das Abkommen auch Reformen zur Stärkung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung sowie die Angleichung von Standards in unterschiedlichsten Bereichen. Während dieses Abkommen noch nicht in Kraft getreten ist, da noch nicht alle Parlamente der Mitgliedsländer zugestimmt haben, gilt das dort verankerte Freihandelsabkommen (Deep and Comprehensive Free Trade Agreement (DCFTA)) bereits seit 2014. Es beinhaltet unter anderem den zollfreien Warenverkehr zwischen der EU und Georgien, die Festlegung gemeinsamer Standards sowie Regelungen zum Verbraucherschutz. Im Rahmen des DCFTA wird der Warenverkehr standardisiert und liberalisiert, um eine Intensivierung des Handels zwischen Georgien und der EU zu erreichen. 6.2 Gesellschaftsrecht Die gesellschaftsrechtlichen Belange sind in Georgien im Gesetz über die gewerblichen Unternehmen geregelt. Gemäß Artikel 2.1 dieses Gesetzes gibt es folgende gewerbliche Subjekte: Einzelunternehmer, Unternehmergenossenschaft, Gesellschaft mit Solidarhaftung, Kommanditgesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaft und Kooperative. Somit sind nach dem georgischen Recht Personengesellschaften sowie Kapitalgesellschaften als Gesellschaftsformen möglich. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 58 | S e i t e Personengesellschaften: • Offene Handelsgesellschaft (General Partnership) In der offenen Handelsgesellschaft haften die Gesellschafter mit ihrem persönlichen Vermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Eine offene Handelsgesellschaft wird durch Zusammenschluss von zwei oder mehr natürlichen Personen gegründet. Die Partner haften gesamtschuldnerisch. Für eine offene Handelsgesellschaft gibt es keine Vorschriften zum Mindestkapital. Die Gesellschaft besitzt jedoch eine eigene Rechtspersönlichkeit. • Kommanditgesellschaft Die georgische Kommanditgesellschaft ist mit der deutschen Kommanditgesellschaft vergleichbar. Sie besteht aus mindestens zwei oder mehr natürlichen oder juristischen Personen. Sie ist eine Gesellschaft, in der die Komplementäre für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft mit ihrem gesamten Vermögen haften, die Kommanditisten lediglich im Rahmen ihrer Einlagen. Die Kommanditisten sind allerdings nicht an der Geschäftsführung der Gesellschaft beteiligt, im Gegensatz zu den Komplementären. Für eine Kommanditgesellschaft schreibt die georgische Gesetzgebung kein Mindestkapital vor. Personengesellschaften werden als Gesellschaftsform in Georgien nicht sehr oft gewählt. Sie bieten den Gesellschaftern kaum steuerliche Vorteile und sind wegen der persönlichen Haftung mit hohen Risiken verbunden. Aus diesen Gründen sind in Georgien Kapitalgesellschaften die am weitesten verbreiteten Gesellschaftsformen. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 59 | S e i t e Kapitalgesellschaften: • Gesellschaft mit beschränkter Haftung Diese Gesellschaftsform ist mit der deutschen GmbH vergleichbar. Das Haftungsrisiko ist auf das Vermögen der Gesellschaft beschränkt, der Gesellschafter an sich haftet nur mit den in das Unternehmen getätigten Investitionen. Die Gesellschaft kann von natürlichen oder juristischen Personen gegründet werden. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann von einer einzigen Person gegründet werden. Das Unternehmergesetz legt für eine GmbH ein Stammkapital fest, welches in beliebiger Höhe per Gesellschaftsvertrag festgesetzt werden kann (in bestimmten Fällen, z.B. bei Versicherungsgesellschaften ist ein Mindeststammkapital erforderlich, um eine Lizenz zu erhalten). Dieses muss bei Gründung eingezahlt sein. Die Gesellschafterversammlung ist das oberste Verwaltungsorgan der GmbH und entscheidet folglich über die strategische Ausrichtung der Gesellschaft. Das Tagesgeschäft und die Vertretung erfolgen dann durch die Geschäftsführung (Direktor/en). Die Gesellschaft haftet für alle geschäftsbezogenen Handlungen des Direktors, nicht jedoch für dessen unredliches Verhalten, das dieser selbst zu verantworten hat. • Aktiengesellschaft (Joint Stock Company) Eine Aktiengesellschaft bedarf ebenfalls nur eines Aktionärs zur Gründung. Wie bei der GmbH ist auch hier die Haftung beschränkt auf das Gesellschaftsvermögen und, für den Aktionär, auf die Höhe seiner Einlage. Auch die Aktiengesellschaft bedarf zur Gründung eines Grundkapitals, dessen Ober- oder Untergrenze nicht gesetzlich, sondern durch die Aktionäre vertraglich festgelegt wird. Um Aktien der Gesellschaft erwerben zu können, ist ein Beitrag in das Grundkapital zu leisten. Die Ausgabe der Aktien kann in Form von Vorzugsaktien und Stammaktien erfolgen. Hierbei gewähren Vorzugsaktien kein Stimmrecht, jedoch den Anspruch auf einen fixen Dividendenbetrag. Stammaktien hingegen garantieren dem Aktionär Stimmrechte in der Hauptversammlung entsprechend der Anzahl der gehaltenen Aktien. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 60 | S e i t e Wichtigstes Organ der Aktiengesellschaft ist die Hauptversammlung, die über die strategische Ausrichtung und die Wahl des Aufsichtsrates des Unternehmens entscheidet. Ein Aufsichtsrat ist bei offenen oder von der Georgischen Nationalbank zugelassenen Unternehmen obligatorisch, bei geschlossenen Gesellschaften erst ab 100 Aktionären. Der Aufsichtsrat bestimmt und kontrolliert die Geschäftsführung der Aktiengesellschaft. • Kooperative Die Kooperative (Cooperative, Co) ist eine Organisation, deren Mitglieder sowohl natürliche als auch juristische Personen sein können. Gegründet wird die Kooperative durch Einzahlung eines von den Mitgliedern festgelegten Mindestbetrages. Sie dient dem gemeinsamen wirtschaftlichen Nutzen und der Steigerung des Profits ihrer Mitglieder. Die Kooperative soll dabei primär die Durchsetzung der Interessen ihrer Mitglieder und nur sekundär deren monetären Vorteil fördern. Die Haftung für Verbindlichkeiten ist auf das Vermögen der Kooperative beschränkt. 6.3 Steuerrecht Steuerarten Gemäß dem Steuergesetzbuch gibt es nur sechs Arten von Steuern in Georgien. Davon sind fünf nationale Steuern (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer, Verbrauchssteuer, Einfuhrsteuer), wohingegen die Vermögensteuer eine örtliche Steuer im Sinne einer Kommunalsteuer ist. Einkommensteuer Einkommensteuerpflichtig sind alle natürlichen Personen. Hierbei ist unbeschränkt und damit mit dem weltweit erzielten Einkommen steuerpflichtig, wer einen Wohnsitz in Georgien hat. Die Verpflichtung zur Entrichtung dieser Steuer trifft jedoch auch nichtansässige, beschränkt steuerpflichtige Personen. Dann liegt der Besteuerung dank der einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen jedoch nur das in Georgien erzielte Einkommen zugrunde. Als Einkommen im Sinne des georgischen Steuerrechts gelten Einkünfte aus einem Beschäftigungsverhältnis (Lohn/Gehalt sowie geldwerte Vorteile), einer wirtschaftlichen Betätigung (insb. Dividenden) und andere Einnahmen, worunter z.B. der vorteilhafte Warenerwerb oder auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften fallen können. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 61 | S e i t e Verlustrückträge sind ausgeschlossen, während Verlustvorträge in Abhängigkeit vom Engagement des Steuerzahlers als Unternehmer in künftige Steuerjahre möglich sind. Die Besteuerung erfolgt für das Kalenderjahr und beträgt derzeit 20 %. Zinsen und Dividenden werden mit 5 % besteuert. Körperschaftsteuer (Gewinnsteuer) Ebenso wie für die Festsetzung der Einkommensteuer wird der Körperschaftsteuer das Kalenderjahr zugrunde gelegt. Der Steuersatz beträgt 15 %. Unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind, mit Hinblick auf die Doppelbesteuerungsabkommen, diejenigen ausländischen Unternehmen, die in Georgien eine Betriebsstätte unterhalten oder sonstige Einkünfte generieren. Unternehmen und Einzelunternehmer sind verpflichtet die Körperschaftsteuer vierteljährlich abzuführen, und zwar in Höhe von jeweils 25 % des gesamten Körperschaftsteuerbetrages, der auf den Einkünften des letzten Steuerjahres basiert. Die Zahlungen müssen bis spätestens 15. Mai, 15. Juli, 15. September und 15. Dezember ausgewiesen werden. Unternehmen, die im Vorjahr keinen besteuerbaren Gewinn erzielt haben, unterliegen dieser Vorauszahlungspflicht nicht. Die Körperschaftsteuer wird anhand von IFRS und einigen steuerrechtlichen Modifizierungen festgesetzt. Als Körperschaftsteuersubjekte werden alle Unternehmen behandelt, die nicht als Kleinst- oder Kleinunternehmen (Micro Business, Small Business) zu klassifizieren sind. Denn diese können vereinfachten Buchhaltungsregeln und Steuervorteilen (Besteuerung nur nach Einkommensteuergesetzen) unterliegen. Die Einordnung als solche orientiert sich an Kriterien wie der Anzahl der Arbeitnehmer und dem jährlichem Einkommen. Auch im Rahmen der Körperschaftsteuer ist der Verlustvortrag möglich, nicht aber der Verlustnachtrag. Zudem kennt das georgische Steuerrecht zahlreiche Abzugstatbestände. Grundsätzlich ist hiernach abzugsfähig, was aufgebracht wird, um das besteuerte Aufkommen zu generieren, wie z.B. die Herstellungskosten der Verkaufsgüter, Betriebsstoffe oder Löhne und Gehälter. Nicht abziehbare Ausgaben des Unternehmens sind generell solche, die nicht der Förderung des eigentlichen Unternehmens oder des eigentlichen Unternehmenszwecks dienen, so wie beispielsweise die Körperschaftsteuer an sich, Straf- und Bußgelder, aber auch Ausgaben, die für die Inanspruchnahme eines Micro-Business anfallen. Ferner ist auch das Instrument der Abschreibung, je nach Abschreibungsgegenstand oder -gruppe anhand unterschiedlicher Methoden, anwendbar. Dividenden unterliegen einer Quellensteuer in Höhe von 5 %, allerdings nur insofern, als sie an Privatpersonen, Non-Profit-Organisationen oder Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 62 | S e i t e ausländische Unternehmen ausgeschüttet werden. Ansonsten sind sie steuerfrei. Die Zinsertragsteuer liegt grundsätzlich bei 5 %. Unter bestimmten Voraussetzungen entfällt die Hinzurechnung der Zinsen zum steuerbaren Einkommen jedoch. Umsatzsteuer Die georgische Umsatzsteuer liegt bei 18 % und ist monatlich abzuführen. Sie fällt bei jeglicher Erbringung von Leistung oder Lieferung von Ware in Georgien sowie dem Warenimport und – export nach und aus Georgien an. Bei lediglich vorübergehenden Importen liegt der Steuersatz bei 0,54 % pro angefangenem Monat, im Gesamten jedoch nicht über 18 %. Eine Berechtigung zum Abzug der Umsatzsteuer hat nur, wer als Umsatzsteuerzahler registriert ist oder zu einer Registrierung verpflichtet wäre. Die Registrierungspflicht besteht für Geschäftstätige, die innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von zwölf Monaten Geschäftsvorfälle in einem Gesamtumfang von 100.000,- GEL zu verzeichnen haben, es sei denn, deren Tätigkeit ist allein auf eine Freihandelszone beschränkt. Ebenso obligatorisch und innerhalb von zwei Tagen hat sich beispielsweise zu registrieren, wer binnen eines Tages ein oder mehrere Güter im Gesamtwert von über 100.000 GEL ausführt. Darüber hinaus kann eine freiwillige Registrierung eines jeden Steuerzahlers erfolgen. Die Registrierung erfolgt unkompliziert und gewöhnlich innerhalb eines Tages. Eine Abmeldung aus dem Register ist infolge Liquidierung oder auf Antrag möglich. Gemäß dem georgischen Steuergesetzbuch gibt es zwei Arten von Steuerbefreiung, solche mit und solche ohne Recht auf Vorsteuerabzug. Verbrauchssteuern In Georgien werden Verbrauchssteuern auf alkoholhaltige Getränke, Tabakwaren, Fahrzeuge und Mineralstoffe wie Öl und Gas erhoben. Die Festsetzung richtet sich nach der Größe der erstandenen Menge, wobei der Steuersatz je nach Verbrauchsgut unterschiedlich ist. Zudem müssen Alkoholika (ab 1,15 % Alkoholgehalt) und Tabakwaren mit einem entsprechenden Steuersiegel versehen werden. Während die Verbrauchssteuer für importierte Waren direkt bei der Einfuhr entrichtet wird, bedarf es im Übrigen derzeit einer monatlichen Anzeige. Verbrauchssteuern sind zu entrichten im Falle der Herstellung von verbrauchssteuerpflichtigen Waren in Georgien; des Imports oder Exports von verbrauchssteuerpflichtigen Waren nach oder aus Georgien; der Herstellung nicht verbrauchssteuerpflichtiger Waren aus verbrauchssteuerpflichtigen Waren; der Versorgung mit Flüssiggas und/oder Erdgas für Fahrzeuge sowie der Erbringung von Mobilfunkleistungen. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 63 | S e i t e Eine Befreiung von Verbrauchssteuern mit Recht auf Vorsteuerabzug besteht beim Export von verbrauchssteuerpflichtigen Waren (ausgenommen Eisen- und Nichteisenschrott) und der Lieferung von georgischen Waren zum Verkauf in Duty-Free-Zonen. Importsteuer Die Importsteuer ist von Personen zu entrichten, die Waren in das Wirtschaftsgebiet Georgiens einführen. Sie fällt entweder im Bezug auf den Wert oder das Volumen der Ware an. Der Steuersatz der Importsteuer orientiert sich an der Art der einzuführenden Ware. Hier können drei Hauptgruppen unterschieden werden: 1. Gruppe: Nahrungsmittel, Mineralwasser, Säfte, Holz, Beton, Stein, Kleidung und Juwelierwaren besteuert mit 12 %; 2. Gruppe: Privateigentum, Kabel, Schweinefleisch, Käse und weitere bestimmte Arten von Nahrungsmitteln mit 5 %; 3. Gruppe: u.a. Alkoholika und Fahrzeuge, besteuert mit variablen Steuersätzen. Zahlreiche Güter unterliegen einer Steuerbefreiung. Hierunter fallen insbesondere humanitäre Hilfsgüter und Güter zur Bewältigung von Naturkatastrophen ebenso Waren, die dem internationalen Personenverkehr dienen, Baby- und Diabetikernahrung, sowie Waren aus einer Sonderwirtschaftszone. Vermögensteuer Auch dieser Steuerart liegt das Kalenderjahr zugrunde. Die lokale Vermögensteuer darf einen Höchstsatz von 1 % nicht überschreiten. Die Erhebung der Steuer unterscheidet sich für Privatpersonen und Unternehmen. Bei inländischen Privatpersonen ist der Anknüpfungspunkt der Besteuerung die Rechtsposition des Eigentums. Besteuerbare Objekte sind jedwede Immobilien und Grundstücke inklusive deren Bebauung (gleich welchen Fortschritts), Yachten und Motorboote, Flugzeuge und Hubschrauber sowie von Ausländern/ ausländischen Unternehmern geleaste Objekte. Ausländer, die sich in Georgien wirtschaftlich engagieren, müssen hingegen die Vermögensteuer auf alle materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände entrichten. Sowohl inländische als auch ausländische Privatpersonen können aber von Steuerbefreiungstatbeständen profitieren. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 64 | S e i t e Die Besteuerung der in- und ausländischen Unternehmer erfolgt anhand der Bilanz auf deren Sachanlagen, nicht installierte Maschinen, Anlagen im Bau, Anlagevermögen sowie angemietete Vermögensgegenstände. 6.4 Arbeitsrecht Gesetzliche Regelungen auf einen Blick Vergütung Mindestlohn Freie Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Keiner Arbeitsstunden pro Woche Im Allgemeinen: 40 und bei erforderlichen betrieblichen Bedarf/Schichtsystem: 48 Keine gesetzlichen Vorgaben, unbegrenzt unter Beachtung einer mindestens zwölfstündigen Erholungsphase zwischen den Arbeitstagen oder zwei Schichten 17 (1./ 2.1., 7.1., 19.1., 3.3., 8.3., 9.4., Ostern (Freitag bis Montag), 9.5., 12.5., 26.5., 28.8., 14.10., 23.11.) Mindestens 24 Arbeitstage pro Jahr Mindestens 15 Kalendertage pro Jahr Zulässige Überstunden Gesetzliche Feiertage Bezahlte Urlaubstage Gesetzlich garantierte unbezahlte Freistellung (Urlaub) Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit Probezeit Während einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit wird kein Lohn gezahlt (häufig Anrechnung auf Urlaub), jedoch ist laut einem Dekret des Arbeitsministeriums eine finanzielle Unterstützung (Beihilfe) durch den Arbeitgeber vorgesehen Maximal sechs Monate Quelle: Arbeitsgesetzbuch Georgiens Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 65 | S e i t e Rechtsgrundlagen Die arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind im Arbeitsgesetzbuch Georgiens (AGB) vom 25.5.2006 in der Fassung späterer Ergänzungen und Änderungen geregelt. Mit der Inkraftsetzung einer umfangreichen Gesetzesnovelle am 4.7.2013 hat die seit Oktober 2012 amtierende Regierung das von der Vorgängerregierung 2006 beschlossene ultraliberale Arbeitsrecht in einigen grundlegenden Passagen dem international üblichen arbeitsrechtlichen Regelwerk angepasst und die bestehende weitgehende Deregulierung von Arbeitsverhältnissen aufgehoben. Dennoch ist die heutige georgische Arbeitsgesetzgebung noch von internationalen Standards entfernt. Das betrifft unter anderem die nicht oder unzureichend geregelten Bereiche Arbeitsschutz und -sicherheit, die Arbeitsaufsicht (Inspektion) und einige bisher nicht ratifizierte Konventionen der ILO über die Arbeitssicherheit. Die AGB-erwähnte Novelle bietet zudem der Arbeitgeberseite aufgrund unpräziser Formulierungen oder unzureichender Regelungen einen großen Spielraum bei der Auslegung. Auch die Professionalität der Gerichte in arbeitsrechtlichen Fragen ist nicht ausreichend. Arbeitsgerichte gibt es in Georgien nicht. Streitigkeiten in arbeitsrechtlichen Fragen werden von den Zivilgerichten entschieden. Georgien verfügt im internationalen Vergleich auch nach der Inkraftsetzung der AGB-Novelle über ein sehr liberales, flexibles und arbeitgeberfreundliches Arbeitsrecht. Die georgische Gesetzgebung kennt keine Einschränkungen für die Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter. Vertragsabschluss Ein Arbeitsvertrag kann mündlich oder schriftlich für eine befristete oder unbefristete Zeit abgeschlossen werden. Er ist jedoch obligatorisch schriftlich abzuschließen, wenn das Beschäftigungsverhältnis länger als drei Monate dauert. Arbeitsverträge, die die Vereinbarung einer Probezeit vorsehen, bedürfen grundsätzlich der Schriftform. Die wesentlichen Bedingungen des Arbeitsvertrages sind in Punkt 9 des Artikels 6 aufgeführt: Datum des Arbeitsbeginns und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, Arbeits- und Erholungszeit, Arbeitsort, Funktion (Stelle) und Art der zu erbringenden Arbeit, Vergütung und Zahlungsbedingungen, Modalitäten für die Zahlung von Überstunden, Anzahl der bezahlten und unbezahlten Urlaubstage sowie die Modalitäten für die Inanspruchnahme von Urlaub. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 66 | S e i t e Interne Arbeitsvorschriften können Bestandteil des Arbeitsvertrages werden. Wesentliche Bedingungen des Arbeitsvertrages können nur durch Vereinbarung beider Seiten geändert werden. Befristete Arbeitsverträge können nur für maximal ein Jahr und unter bestimmten Voraussetzungen abgeschlossen werden. Diese sind gegeben, wenn die Beschäftigung das Erbringen eines bestimmten Arbeitsumfanges (einer bestimmten Leistung) oder das Ausführen von Saisonarbeiten vorsieht, wenn sich der Arbeitsumfang vorübergehend erhöht, wenn ein vorübergehend auf der Arbeit fehlender Arbeitnehmer (ruhendes Arbeitsverhältnis) ersetzt wird oder andere objektive Gründe vorliegen, die den Abschluss eines Vertrages für eine bestimmte Zeit rechtfertigen. Wird der Arbeitsvertrag für einen Zeitraum von mehr als 30 Monaten abgeschlossen oder dauert das Beschäftigungsverhältnis infolge eines wiederholt oder mehrfach wiederholt abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrages mehr als 30 Monate, gilt, dass der Arbeitsvertrag für eine unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde. Eine Aneinanderreihung von befristeten Verträgen ist in der Regel nur bis zu einer maximalen Laufzeit von 30 Monaten möglich. Rechte und Pflichten der Vertragsparteien Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Stellenbewerber über die künftig zu erfüllenden Arbeitsaufgaben, die Form des Arbeitsvertrages, die Fristen des Arbeitsvertrages, die Arbeitsbedingungen, die Stellung des Arbeitnehmers im Beschäftigungsverhältnis und über die Vergütung zu informieren. Er ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer einen für das Leben und die Gesundheit sicheren Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und ihn vollständig, objektiv und verständlich über mögliche Risiken am Arbeitsplatz zu informieren. Für gesundheitliche Schäden, die der Arbeitnehmer bei der Ausübung seiner Arbeit erleidet, muss der Arbeitgeber aufkommen (Zahlung der Behandlungskosten und einer Entschädigung). Der Arbeitgeber ist berechtigt, interne Arbeitsvorschriften festzulegen und ist gleichzeitig verpflichtet, den Arbeitnehmer mit diesen vertraut zu machen. In den schriftlich fixierten Vorschriften können unter anderem folgende Punkte geregelt werden: Dauer der Arbeitswoche sowie Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit beziehungsweise Dauer der Schicht, Dauer der Erholungspause, Zeit, Ort und Modalitäten der Lohnzahlung, Dauer und Modalitäten für die Gewährung des bezahlten und unbezahlten Urlaubs sowie die Arten möglicher Leistungsprämien und Strafen. Interne Arbeitsvorschriften dürfen nicht im Widerspruch zu individuellen Arbeitsverträgen, Kollektivverträgen und dem AGB stehen. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 67 | S e i t e Der Arbeitnehmer muss die Arbeit persönlich ausführen. Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass für einen bestimmten Zeitraum eine dritte Person die Arbeit ausführen kann. Der Arbeitnehmer ist in bestimmten Fällen verpflichtet, Überstunden zu leisten (ohne zusätzliche Entlohnung: Vermeidung von Katastrophen oder Beseitigung der Folgen von Katastrophen; mit angemessener Entlohnung: Vermeidung von Havarien im Unternehmen oder Beseitigung von Havarieschäden). Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf insgesamt 730 Kalendertage Schwangerschafts-, Mutterschafts- und Erziehungsurlaub, von denen 183 Tage (bei Mehrlingsgeburten und Schwangerschaftskomplikationen 200 Tage) vom Staat bezahlt werden. Den Urlaubszeitraum kann der Arbeitnehmer beliebig auf die Zeit vor oder nach der Geburt verteilen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können sich über eine zusätzliche Bezahlung einigen. Arbeitnehmer können bei Bedarf einen zusätzlichen unbezahlten Kinderbetreuungsurlaub von insgesamt zwölf Wochen bis zum 5. Geburtstag des Kindes in Anspruch nehmen (ohne Unterbrechung oder in Teilen von nicht weniger als zwei Wochen). Das Recht der Freistellung steht jeder Person zu, die sich tatsächlich um das Kind kümmert. Vertragsbeendigung Gründe für eine Vertragsbeendigung können folgende Sachverhalte sein: a) die wirtschaftliche Lage sowie technologische oder organisatorische Veränderungen machen einen Abbau von Arbeitskräften erforderlich, b) der Ablauf der Frist des Arbeitsvertrages, c) die Erfüllung der im Arbeitsvertrag vorgesehenen Arbeit, d) die Aufgabe einer Stelle/Tätigkeit durch den Arbeitnehmer auf eigenen Wunsch (auf der Grundlage eines schriftlichen Antrages), e) eine schriftliche Vereinbarung der Parteien über eine Vertragsbeendigung, f) eine nicht der Stelle/auszuführenden Arbeit entsprechende Qualifikation (berufliche Fähigkeiten) des Arbeitnehmers, g) eine grobe Verletzung der sich aus dem individuellen oder Kollektivvertrag und/oder aus den internehmen Arbeitsvorschriften (sofern Bestandteil des Arbeitsvertrages) ergebenden Verpflichtungen durch den Arbeitnehmer, h) eine Verletzung der sich aus dem individuellen oder Kollektivvertrag und/oder aus den interne Arbeitsvorschriften (sofern Bestandteil des Arbeitsvertrages) ergebenden Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 68 | S e i t e Verpflichtungen durch den Arbeitnehmer, sofern innerhalb des letzten Jahres schon einmal eine Disziplinarmaßnahme in Übereinstimmung mit den genannten Verträgen oder Vorschriften ausgesprochen wurde, i) eine längere Arbeitsunfähigkeit und zwar dann, wenn die Dauer der Arbeitsunfähigkeit 40 Kalendertage hintereinander übersteigt oder die Gesamtdauer der Arbeitsunfähigkeit innerhalb von sechs Monaten 60 Kalendertagte übersteigt und der Arbeitnehmer bereits den ihm zustehenden bezahlten Jahresurlaub in Anspruch genommen hat, j) rechtskräftige Gerichtsentscheidungen über eine nicht gesetzliche Anerkennung von Streiks, k) die Eröffnung eines Liquidationsverfahrens (Liquidierung einer juristischen Person), l) ein anderer objektiver Grund, der zur Beendigung eines Arbeitsvertrages berechtigt. Kündigungen haben schriftlich zu erfolgen. Die Kündigungsfrist beträgt grundsätzlich 30 Tage. Bei einer Kündigung seitens des Arbeitgebers (in den Fällen a, f, i und l) muss der Arbeitnehmer mindestens 30 Tage vorher über diese Kündigung schriftlich informiert werden und der Arbeitgeber ist zur Zahlung einer Abfindung von mindestens einem Monatsgehalt innerhalb von 30 Tagen ab dem Tag der Beendigung des Arbeitsvertrages verpflichtet. Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer auch mindestens drei Tage vorher über den Kündigungstermin schriftlich informieren, muss ihm dann aber einen Lohnausgleich für zwei Monate innerhalb von 30 Tagen ab dem Tag der Vertragsbeendigung zahlen. Für Massenentlassungen (ab 100 Mitarbeiter) im Falle des unter a) genannten Kündigungsgrunds sind besondere Informationspflichten gegenüber dem Ministerium für Arbeit, Gesundheitswesen und Soziales zu beachten. Wenn der Arbeitnehmer Initiator der Kündigung ist, muss er den Arbeitgeber mindestens 30 Tage im Voraus schriftlich über die Kündigung benachrichtigen (sofern im Arbeitsvertrag nichts anderes geregelt ist). Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 69 | S e i t e Kontakt Deutsche Wirtschaftsvereinigung (DWV) Georgien 24 Rustaveli Avenue, 0108 Tbilisi, Georgien T. +995 (32) 220 5767, E-Mail: [email protected] Internet: www.georgien.ahk.de Germany Trade and Invest Villemombler Straße 76, 53123 Bonn T. +49(0)228 24993-0, E-Mail: [email protected] T. +49(0)228 24993-268, E-Mail: [email protected] Ansprechpartnerin: Katrin Kossorz Internet: www.gtai.de Rödl & Partner 24 Rustaveli Avenue, 0108 Tbilisi, Georgien T. +995 (32) 299 5905, E-Mail: [email protected] Internet: www.roedl.de Autoren Dr. Uwe Strohbach (Wirtschaft/Investitionen und Arbeitsrecht), Oliver Regner, Natia Gobejishvili, Klaus Kessler, Sergi Jorbenadze, Thomas Börner und Moritz Maluska Fotos/Grafiken Enterprise Georgia, Fotolia, Gebrüder Weiss, HeidelbergCement, Oliver Regner, Poti FTZ Stand Mai 2016 Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck - auch teilweise - nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. Für die Richtigkeit der in dieser Publikation enthaltenen Angaben können wir trotz sorgfältiger Überprüfung keine Gewähr übernehmen. Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest Mai 2016 70 | S e i t e