Top Themen - Studentenwerk Berlin

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Top Themen - Studentenwerk Berlin
23
Gratismagazin
Mai 2006
4. Jahrgang
Monatszeitschrift des Studentenwerks Berlin
Top Themen:
- Unbeschwert studieren
- Rahmenvertrag unter
Dach und Fach
- Wallis Birds im Interview
- Alles über den
Festivalsommer
Editorial
Integration
ohne wenn und aber
Unsere Gesellschaft ist aufgefordert, Strukturen zur Unterstützung von Menschen mit Behinderung zu schaffen. In
Deutschland findet dies Ausdruck im Grundgesetz, wonach
„niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt“ werden
darf.
Dieses Prinzip wird in der Gesetzgebung, in der Verwaltung und
bei der Rechtsprechung berücksichtigt. So finden sich zahlreiche
Regelungen zum Nachteilsausgleich und zum Schutz der
Rechtsposition von Menschen mit Behinderung.
Im Studentenwerk Berlin ist die praktische Umsetzung dieser
Vorschriften Teil des täglichen Leistungsspektrums. Es wird
eine speziell auf die Probleme von behinderten und chronisch
kranken Studierenden abgestellte Beratung angeboten, die
dieser Studierendengruppe trotz ihrer Beeinträchtigungen ein
chancengleiches Hochschulstudium ohne Diskriminierungen
ermöglichen soll. Über 1 000 Studierende bzw. Abiturienten
suchten im letzten Jahr diese Beratungsstellen auf.
Seit 2001 tritt das Studentenwerk im Rahmen der Vergabe der
Integrationshilfen in die Verpflichtung der Hochschulen ein,
behinderten Studierenden die gleichen Studienbedingungen
wie nichtbehinderten Studierenden zu gewährleisten. Für diese
Integrationshilfen wurden 2005 knapp 240.000 Euro bereit
gestellt.
In den Studentenwohnheimen des Studentenwerks Berlin
gibt es zahlreiche Zimmer für Studierende mit Handicap. Am
Aristotelessteig, am Augustenburger Platz oder am Spandauer
Damm kann behinderten Studierenden auch kurzfristig
ein geeignetes Apartment zur Verfügung gestellt werden.
Rollifahrerinnen und -fahrer haben hier besonders gute
Bedingungen.
Die Beschäftigten des Studentenwerks Berlin kennen die besonderen Probleme behinderter oder chronisch kranker Studierender nicht zuletzt deshalb, weil die Schwerbehindertenquote im
Studentenwerk selbst bei 14 Prozent (2004) liegt. Als Arbeitgeber
sorgt das Studentenwerk dafür, dass diese Beschäftigten
gleichberechtigt und im Rahmen ihrer Möglichkeiten am
Arbeitsleben teilhaben können.
Das werkblatt nimmt sich dem Thema „Studieren und Arbeiten
mit Behinderung“ in dieser Ausgabe ausführlich an.
Daneben berichten wir wie immer über Neuigkeiten aus dem
Studentenwerk, diesmal unter anderem über den Rahmenvertrag zwischen dem Land und dem Studentenwerk Berlin.
Unsere Standardrubriken fehlen natürlich auch in diesem Heft
nicht.
Seite 4
Der neue Rahmenvertrag
zwischen dem Studentenwerk und
dem Land Berlin ist perfekt
Seite 5
Kurz und knapp
Meldungen und Berichte aus dem
Studentenwerk
Seite 6
Gleiche Bildungschancen für alle
Studieren mit Behinderung
Seite 7
Interview mit Sandra Boger
Psychologiestudentin und
Rollstuhlfahrerin
Seite 8
444 Minuten
Heute mit Susanne Hübner
am InfoPoint des Studentenwerks
Seite 9
444 Minuten
Heute mit Susanne Hübner
am InfoPoint des Studentenwerks
Seite 10
Der gute Rat
Alles zum Thema
Schlüsselqualifikation
Seite 11
Vom Campus
Neues aus der Hochschullandschaft
Seite 12
Wallis Birds im Interview
Die Bandleaderin Wallis Bird stellt
sich den Fragen des werkblatts
Seite 13
Kultur Tipps
und Verlosung von einem Liegestuhl,
Flüstertüten und Freikarten
Seite 14
Alles über Festivals
Wo gibt es die größte Schlammrutsche? Wo spielen die besten
Bands?
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre.
Ihre Petra Mai-Hartung
Geschäftsführerin des Studentenwerks Berlin
„Mach mit!
Wie leben die rund zwei Millionen Studierenden in Deutschland
heute? Aus welchen sozialen Schichten kommen sie? Wie finanzieren
sie ihr Studium? Auf diese Fragen will die neue Sozialerhebung des
Studentenwerks Antworten liefern. Im Mai 2006 werden 70 000 nach
dem Zufallsprinzip ausgewählte Studierende gebeten, anonym an der
Befragung teilzunehmen.“
Impressum
Herausgeber: Studentenwerk Berlin und CAMPUSdirekt Deutschland GmbH Redaktion: Jürgen Morgenstern (verantwortlicher Redakteur, V.i.S.d.P.)
Dirk Oberländer, Hans Joachim Gabriel, Anja Schreiber, Ulrich Hackhe, Klaus Krzyszycha, Katja Felski-Krüger Lektorat: Susanne Zweiniger
Gestaltung: genauso.und.anders° graphical wellness Satz und Layout: Stephan König, genauso.und.anders° graphical wellness
Fotos: Stephan König, Studentenwerk Berlin Titelbild: photocase.com
Druck: hk druck & design, Isergebirgsweg 373, 95485 Warmensteinach
Kontakt: werkblatt, Hardenbergstr. 34, 10623 Berlin, Tel.: (030) 31 12 415, Mail: [email protected]
Anzeigen: CAMPUSdirekt Deutschland GmbH, Markgrafenallee 3c, 95448 Bayreuth, Stefanie König, Tel.: (0921) 78 778 59 86
Das werkblatt erscheint in Berlin. Das werkblatt liegt an den Berliner Hochschulen aus. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht die
Meinung der Redaktion wieder. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: www.studentenwerk-berlin.de.
Editorial 3
Rahmenvertrag mit dem Studentenwerk
Berlin unter Dach und Fach
Trotz angespannter Finanzlage Berlins:
Die Leistungsfähigkeit des Studentenwerks bleibt erhalten
„Die vom Studentenwerk Berlin bereitgestellte soziale und wirtschaftliche Infrastruktur am Hochschulstandort Berlin bietet die
Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen
Studienzugang, Studienverlauf und Studienabschluss.“ Das ist Kernaussage des Rahmenvertrags zwischen dem Land Berlin und
dem Studentenwerk, der die Aufgaben
und Pflichten des Studentenwerks und die
finanzielle Unterstützung des Landes bis
zum Jahr 2008 festschreibt. Das werkblatt
berichtete kurz in der letzten Ausgabe. Am
3. April 2006 unterzeichneten der Berliner
Wissenschaftssenator Dr. Thomas Flierl und
die Studentenwerks-Geschäftsführerin Petra
Mai-Hartung das Dokument.
Der Rahmenvertrag erfüllt die Erwartungen
des Studentenwerks zwar nicht vollständig,
so Petra Mai-Hartung. Die Situation des
Studentenwerks würde sich aber ohne
die finanzielle Absicherung des Vertrags
dramatisch verschlechtern. Zudem sei der
Einstieg in eine Rahmenvertragsfinanzierung
der Beginn eines chancenreichen Prozesses,
der dem Studentenwerk auf Dauer mehr
Autonomie für soziales und wirtschaftliches
Handeln in gesellschaftlicher Verantwortung
ermöglichen kann. „Diese Chance sollte das
Studentenwerk unbedingt nutzen“, so MaiHartung.
Die begonnene Studienstrukturreform, Internationalisierung, veränderte Regelstudienzeiten und Verkürzung der Schulzeit sind
Kennzeichen des sich im Umbruch befindlichen Berliner Hochschulsystems. In Hochschulrankings, für die Profilierung des
Hochschulstandorts Berlin und für die langfristige Identifikation Studierender mit ihrer
Hochschule gewinnt die soziale Infrastruktur
der Berliner Hochschulen eine wachsende
Bedeutung. Damit steigen die Anforderungen
an das Leistungsangebot des Studentenwerks
in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht. Das Studentenwerk realisiert in Berlin
4 Der neue Rahmenvertrag
den staatlichen Auftrag, ein wettbewerbsorientiertes Hochschulsystem auch sozial
auszugestalten, um die Chancengerechtigkeit
im Bildungssystem herzustellen und den
Studienerfolg nachhaltig zu fördern.
Ziel des Vertrages ist es, die Leistungsfähigkeit
des Studentenwerks trotz der angespannten
Finanzlage des Landes Berlin zu erhalten.
Die hochschulübergreifende soziale
Infrastruktur durch Bereitstellung von
sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und
gesundheitlichen Dienstleistungen im
Berliner Hochschulraum wird gesichert. Das
Studentenwerk Berlin kann seine Service- und
Beratungsangebote an den Zielsetzungen
und Erfordernissen des sich wandelnden
Berliner Hochschulsystems ausrichten, das
Land Berlin gewährt verlässliche finanzielle
Rahmenbedingungen für die Jahre 2006 bis
2008 und später.
Für konsumtive Zwecke erhält das Studentenwerk Berlin in den Jahren 2006 bis 2008
jeweils 11,5 Mio. Euro. Für Investitionen
werden jährlich 511.000 Euro zur Verfügung
gestellt. Ebenso ist für diesen Zeitraum die
Finanzierung der Integrationshilfen für
behinderte Studierende mit 300.000 Euro und
des Internationalen Studienzentrums mit
153.000 Euro jährlich gesichert.
Der Landesanteil für die Durchführung des
Bundesausbildungsförderungsgesetzes
(BAföG) wurde für das Jahr 2006 mit 5.658.000
Euro und die Jahre 2007 und 2008 mit
5.681.000 Euro festgesetzt.
Planungssicherheit für das Studentenwerk
Für das Studentenwerk bedeutet der abgeschlossene Vertrag ein hohes Maß an
Planungssicherheit, da das Land auf pauschale
Minderausgaben und Bewirtschaftungsauflagen verzichtet, wenn Mittel gespart
werden müssen. Heftig umstritten im Verwaltungsrat des Studentenwerks war eine
Vorbehaltsklausel, nach der der Senat im Fall
einer außergewöhnlichen Haushaltslage des
Landes Berlin Zuschusskürzungen veranlassen
kann. Nach kontroversen Diskussionen stimmt
der Verwaltungsrat am 24. Februar 2006 dem
Vertrag dennoch zu.
Qualitativ hochwertiges und preiswertes
Essensangebot
Im Vertrag wird das Ziel, die Studierenden
an allen Hochschulen mit einem qualitativ
hochwertigen und preiswerten Essensangebot
zu versorgen, festgeschrieben. Das Studentenwerk stellt an seinen Standorten für Studierende, Hochschulangehörige und Gäste
der Hochschulen eine schnell verfügbare
Essenversorgung sicher. Ebenso ist die
Anpassung der Angebote an die räumliche
Verdichtung des Hochschulbetriebes an
einzelnen Standorten zu beachten. Unter der
Prämisse der Kostendeckung ist in Kooperation
mit den Hochschulen die Erweiterung von
Standorten möglich.
Das Studentenwerk Berlin kann seine
Versorgungseinrichtungen auch anderen
Bildungseinrichtungen zur Verfügung stellen
und mit den Schulträgern Verträge zur
Schulverpflegung schließen, wenn dadurch
die Versorgung der Studierenden nicht
beeinträchtigt wird.
Studentenwohnheime sind Teil des
studentischen Lebens
Der Vertrag setzt sich ausdrücklich für Studentenwohnheime als Teil des studentischen
Lebens und einen wesentlichen Beitrag für
die internationale Attraktivität des Hochschulraums Berlin ein. Das Wohnungsangebot des
Studentenwerks soll sich künftig auf hochschulnahe bzw. zentrumsnahe Wohnungen
mit auf die Bedürfnisse der Studierenden
abgestimmten Wohnformen konzentrieren.
Das Studentenwerk wird seinen Wohnheim-
bestand der Nachfragesituation anpassen,
um bei kostendeckend kalkulierten Mieten
dauerhaft ein angemessenes Preis-LeistungsVerhältnis zu gewährleisten.
Bei Unterschreitung einer Versorgungsquote
von sieben Prozent der Studierenden mit
Wohnheimplätzen wird sich das Studentenwerk an den Senat wenden. Ob dann zusätzliche Studentenwohnheime bereitgestellt
werden, ist nach Ansicht des Autors
allerdings fraglich.
Die Bedeutung von geeigneten Wohnheimplätzen für ausländische Studierende, für
Studierende mit Kind und für behinderte
Studierende wird im Vertrag ausdrücklich
bestätigt. Zielgruppengerechte Wohnangebote für Kurzzeitmieter, Austauschstudierende, postgraduale Studiengänge,
Doktoranden und Gastdozenten aus dem
In- und Ausland sind zu schaffen.
Im Rahmenvertrag wird die Vermietung von
mit den Studentenwohnheimen verbundenen
Gewerbeflächen durch das Studentenwerk
als „wirtschaftlich sinnvoll“ angesehen, da
die erzielten Einnahmen die Mieten der
Studierenden stützen. Der Ausschluss der
Rückgabe von Teilen von Gebäudeflächen
bedeutet auch hier auf längere Sicht
Planungs- und Kalkulationssicherheit der
Mieten in den Studentenwohnheimen.
Professionelle Hilfe für Berliner
Studierende
Einigkeit besteht auch in der Notwendigkeit,
die soziale, psychologische und Behindertenberatung sowie die schnelle, professionelle
Hilfe für Berliner Studierende in Notlagen
zu erhalten. Dabei stehen die psychosoziale
Versorgung in Kooperation mit den Berliner
Hochschulen, die Sozialberatung, besonders
für studierende Eltern und ausländische
Studierende, sowie die Behindertenberatung
in Zusammenarbeit mit den Behindertenbeauftragten der Hochschulen im
Vordergrund.
Vertragsverlängerung vorgesehen
Sowohl das Land Berlin als auch das
Studentenwerk streben eine rechtzeitige
Verlängerung des Vertrages an. Damit hätte
das Studentenwerk Berlin auch über 2008
hinaus eine mehrjährige Planungssicherheit.
Langfristig angelegte und längerfristig
wirkende Entwicklungen könnten initiiert
werden. Nicht nur im Interesse des Studentenwerks, sondern besonders im Interesse
der Berliner Studierenden.
[Hagen Box]
Kurz und knapp
Zum 50. Mal Mensa-Aktionswochen: Die Jubiläumsaktionswochen in den Berliner Mensen
Anfang Mai 2006 erfreuten sich wieder großer
Beliebtheit bei den Gästen der Mensen. Unter dem Motto „Best of Berlin Mensa“ wurden
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Nachtrag: Das werkblatt berichtete im letzten Heft zum Benchmark aller Mensen. Die
Toiletten in der TFH, die im Vergleich und der
Bewertung der Mensen von den Gästen kritisiert wurden, stehen in Verantwortung der
Technischen Fachhochschule. Auf diese Feststellung legt der Mensachef, der sich über
die sehr gute Bewertung der TFH-Mensa gefreut hat, mit Recht besonderen Wert.
Illustration: Dietmar Kowall
CampusTV für die Hochschulen: Das Programm, das auf Displays in den Mensen des
Studentenwerks Berlin zu sehen ist, steht als
Informationsplattform auch den universitären oder studentischen Einrichtungen, Fachschaften und Organisationen zur Verfügung,
wenn kein kommerzieller Zweck verfolgt wird.
Interessenten wenden sich bitte an das Studentenwerk Berlin, Herrn Morgenstern (Telefon 3112-415 oder j.morgenstern@studenten
werk-berlin.de).
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B e st o f B e r
Neues Zusatzticket des VBB: Studierende
an Berliner Hochschulen, die während ihres
Studiums ständig im VBB-Tarifgebiet außerhalb des Tarifbereichs Berlin ABC wohnen,
Die 100
können das „Zusatzticket zum Semestertikket Berlin“ kaufen. Damit können diese Studierenden mit Bahnen und Bussen aller VBBVerkehrsunternehmen vom Wohnort bis zur
ersten (bzw. letzten) Haltestelle im Tarifbereich Berlin, Teilbereich C, fahren.
Es kostet im Sommersemester 2006 und
Wintersemester 2006/2007 jeweils 112 Euro.
Das Zusatzticket berechtigt leider nicht zur
unentgeltlichen Mitnahme von Personen
und eines Fahrrades.
n M en sa
B est o f B er li
Mensa und Cafeteria Oberschöneweide übernommen: Das Studentenwerk Berlin hat am
20. Februar 2006 die künftige Mensa und Cafeteria auf dem neuen Campus der FHTW
übernommen. Die ersten Gäste wurden Anfang Mai begrüßt.
Küchenparty in der Mensa: Zur „Langen
Nacht der Wissenschaft“ am 13. Mai gab es
in der Küche der Mensa FU II (Otto-von-Simson-Straße) eine Küchenparty. Matthias
Buchholz, Sternekoch aus dem Hotel Palace,
kochte, die 120 Gäste bekamen ihr Essen direkt in der Küche aus der Kipp-Bratpfanne
und dem Ofen serviert. Der Mensachef, Thomas-Arne Jarocki, berichtete über den Arbeitsalltag in der Küche und das hohe Qualitätsniveau in der Mensa, von dem sich
täglich bis zu 4 500 Gäste überzeugen.
I
Seite 1
Hochschulmesse „Studieren in Berlin und
Brandenburg“: Am 31. März 2006 fand im Roten Rathaus die alljährliche Hochschulmesse
statt. An diesem Tag präsentierten die Berliner
und Brandenburger Hochschulen ihre Studienangebote und luden Schülerinnen und Schüler, Lehrer und Eltern ein, sich über Studienmöglichkeiten in der Region zu informieren.
Parallel fand ein Vortragsprogramm zu Fragen der Studienwahl statt. Dr. Brickwell, Leiter des BAföG-Amts des Studentenwerks, referierte zu Fragen der Studienfinanzierung. Der
Stand des Studentenwerks auf der Messe richtete sich an Interessierte besonders für die Bereiche Studentenwohnheime, Beratungsdienste und BAföG.
Spezialitäten der letzten 49 Aktionen angeboten. Seit nunmehr 25 Jahren offeriert das
Studentenwerk seinen Gästen zweimal jährlich besondere Angebote. So gab es bisher
neben Aktionswochen mit regionalem bzw.
geografischem Bezug wie „Reise durch Europa“, „Spezialitäten aus Bayern“ oder „Tour de
France“ auch Wochen, die sich bestimmten
Themen wie Fisch („Frisch aus dem Meer“)
oder Wild („Aus Wald und Flur“) widmeten.
er k B er li n
Stu d ente n w
Neuer Studienführer für Abiturienten: Einen
Überblick über Studienmöglichkeiten in der
Region bietet die neue Broschüre „Studieren
in Berlin und Brandenburg 2006“. Der Studienführer soll Abiturienten über Bachelor- und
Masterstudiengänge und Bewerbungsverfahren informieren. Mehr Informationen im Internet unter www.studieren-in-bb.de
Kochbuch „Best of Berlin Mensa“ für 4,90 Euro in allen Mensen erhältlich
Gleiche Bildungschancen
für alle
An den Berliner Universitäten und Fachhochschulen bietet das Studentenwerk vielfältige Beratung
und Hilfe für behinderte Studierende.
Es klopft an der Tür von Marlies Blersch von der
Beratungsstelle für behinderte Studierende in
der Hardenbergstraße. Ein junger Mann betritt
den Raum und bittet in gebrochenem Deutsch
um einen Termin, er ist stark hörbehindert und
möchte sich nach Unterstützung erkundigen.
Kein untypischer Fall für die Beraterin des
Studentenwerks. Während bei Menschen im
Rollstuhl oder Blinden die Behinderungen auch
für die Mitmenschen offensichtlich sind, gibt
es auch zahlreiche Handikaps, die nicht auf
den ersten Blick erkennbar sind. Hörbehinderte
gehören ebenso zu jener Gruppe wie chronisch
Kranke und Studierende mit psychischen
Problemen. Der Gesetzgeber bezeichnet
Menschen als behindert, „... wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische
Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit
länger als sechs Monate von dem für das
Lebensalter typischen Zustand abweichen und
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.“ (§ 2 Abs. 1 SGB IX).
Individuelle Hilfe zählt
Im Alltag zählt diese Definition herzlich
wenig, denn bei den Beratungsterminen
sind individuelle Lösungen gefragt. So
hilft das Studentenwerk mit technischer
Ausrüstung wie Lesegeräten, Braille-Zeilen,
Mikroportanlagen, PCs und Laptops. Ebenso
werden individuelle Hilfen organisiert, z.B.
Übersetzungen in Gebärdensprache oder
die Organisation von Helfern, die wichtige
Vorlesungen und Seminare mitschreiben.
Dabei haben die Beraterinnen und Berater
einen ganz klaren Standpunkt, sie blicken
stets aus der Perspektive der Betroffenen
auf die Situation und versuchen immer
möglichst Chancengleichheit herzustellen.
Oft bedeutet dies auch einfach, viele
Gespräche zu führen und Dozentinnen
und Dozenten klar zu machen, dass ein
behinderter Mensch mehr Zeit für die Klausur
benötigt, als ein nicht behinderter oder das
Prüfungsamt davon zu überzeugen, dass
eine 40-Stunden-Woche bei Pflichtpraktika
für chronisch Kranke eine unüberwindliche
Hürde darstellen kann. Zusätzlich kümmert
sich die Beratungsstelle noch um finanzielle
6 Gleiche Bildungschancen für alle
Aspekte, wie Stipendien für Menschen mit
Behinderungen oder zusätzliche Geldmittel
aus den Töpfen des Sozialamts. Dabei bleibt
zumindest den Berliner Studentinnen und
Studenten der Gang zum Amt erspart, denn
die Beratungsstelle des Studentenwerks darf
Anträge auf Hilfen zur Integration annehmen
und prüfen. Monatelanges Warten auf
einen Bescheid hat damit ebenso ein Ende,
wie der doch von vielen als diskriminierend
empfundene Gang zum Sozialamt.
behinderten Mitarbeiters zu nehmen.
Welche finanziellen Unterstützungen gibt
es? Welche Hilfen können die behinderten
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in
Anspruch nehmen und wie reagiert man im
Bewerbungsgespräch argumentativ auf Unsicherheiten des zukünftigen Arbeitgebers?
Alles Fragen, die sich mit weit mehr als der
eigenen Hochschule befassen und nur in
Zusammenarbeit mit Partnern zu beantworten sind.
Doch auch bei der Organisation des Alltags
wird geholfen: Wie stimme ich meinen Zeitplan ab? Woher bekomme ich Pflegeleistungen
und wo wohne ich barrierefrei? Welche Bibliotheken sind behindertengerecht ausgestattet?
Kann ich mit entsprechender Planung auch
ein Auslandssemester wagen? Ein Studium zu
organisieren ist schon ohne Behinderung nicht
völlig stressfrei, an all diesen Fragen merkt
man als gesunder Mensch, wie viel Kraft und
Energie die Betroffenen ein Hochschulstudium
kostet.
Vernetzung & Lobbyarbeit
Beratung auch für Abiturienten
und beim Einstieg in den
Arbeitsmarkt
Doch die vielfältigen Beratungsangebote
setzen nicht erst im Studium an. In Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit gibt es
Infoveranstaltungen für Abiturienten, die all
diese Aspekte thematisieren. Die Seminare
bleiben jedoch nicht im theoretischen
Elfenbeinturm, behinderte Studierende
berichten von ihren positiven wie auch
negativen Erfahrungen und beantworten
natürlich auch Fragen. Am Ende des Studiums
gibt es Hilfen zu den Themen Bewerbung und
Einstieg in den Beruf. In Zusammenarbeit
mit der Zentralstelle für die Vermittlung
behinderter Hochschulabsolventen der
Arbeitsagentur in Bonn wird jährlich ein
Seminar zu diesen Themen veranstaltet.
Zusätzlich gibt es in Berlin seit Jahren ein
Bewerbungstraining, dessen Erfolgsquote
außerordentlich hoch ist. Dabei geht es oft
auch darum, den potentiellen Arbeitgebern
die Bedenken vor der Anstellung eines
Eine gute Vernetzung, sowohl regional als
auch bundesweit, ist der Beratungsstelle des
Studentenwerks deshalb sehr wichtig. So
arbeitet man hier aktiv mit der Arbeitsgruppe
für behinderte Studierende bei der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und
Kultur und überregional mit anderen
deutschen Studentenwerken zusammen und
engagiert sich u.a. in der Fachgruppe Behindertenhilfe des Paritätischen Wohlfahrtsverbands (DPW). Zudem legt man Wert auf
die starke Einbindung der Studierenden;
gemeinsam mit der Interessenvertretung
behinderter Studierender veranstaltet man
regelmäßig Seminare und Tagungen. Dabei
wird auch Lobbyarbeit betrieben, gerade bei
Nachteilsausgleichsregelungen im Rahmen der
Hochschulzulassung behinderter Studierender
oder dem Thema Ausbildung und Einsatz von
Gebärdendolmetschern.
Natürlich ist es mit der Beratung allein
nicht getan, so kümmert man sich in den
Beratungsstellen „nebenbei“ auch noch um
Faltblätter und Informtionsangebote im Internet, die behinderten Studierenden das Leben
leichter machen. Dabei haben die Informationsangebote natürlich auch den Charakter
von Öffentlichkeitsarbeit, denn bei ständig
knapper werdenden Finanzmitteln werden
behinderte Studierende oft „vergessen“. Mit
ihrer umfangreichen Arbeit setzt sich die
Beratungsstelle für behinderte Studierende
seit 1982 für die Belange ihrer Studentinnen
und Studenten ein, inzwischen sorgen
drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für
kompetente Beratung und unkomplizierte
Hilfe. Eine Aufgabe, die für Marlies Blersch
längst mehr als nur ein Broterwerb ist,
schließlich arbeitet sie seit fast 23 Jahren in der
Beratungsstelle. Das Engagement der ersten
Minute ist geblieben, dazu gekommen ist eine
beruhigende Routine und die Gewissheit, für
alles irgendwie eine Lösung zu finden. Gut,
dass Beratung & Hilfe nicht nur bürokratisch
sind...
Holt Euch alle Unterstützung, die Ihr
bekommen könnt!
Interview von Beatrix Gomm mit
Sandra Boger, Psychologiestudentin und
Rollstuhlfahrerin
Sandra Boger ist eine der etwa 15 % aller
Studierenden, die behindert oder chronisch
krank sind. Sie ist von Geburt an schwer
behindert und benutzt einen Elektrorollstuhl.
Frau Boger hat Ihre Diplomarbeit in
Psychologie gerade geschrieben und bereitet
sich nun auf die letzten Abschlussprüfungen
vor. Wie es ihr gelingt, den Studienalltag mit
ihrer Behinderung zu organisieren, schildert
sie dem werkblatt.
Frau Boger, können Sie sich noch daran
erinnern, inwiefern Ihre Behinderung bei Ihrer
Entscheidung für das Psychologiestudium eine
Rolle gespielt hat?
Die Behinderung und der Rolli spielten
eine große Rolle bei meiner Entscheidung!
Theoretisch wusste ich zwar, dass ich Studienhilfe und Fahrtkosten beantragen kann,
aber es war mir nicht klar, wie das alles ablaufen sollte. Damals musste ich die Studienassistenz noch beim Sozialamt beantragen
und das war um einiges komplizierter, als die
Hilfen beim Studentenwerk zu bekommen, wie
es mittlerweile in Berlin möglich ist. Hilfreich
war da kurz vor dem Abitur die Einladung
vom Studentenwerk zu einem Wochenendseminar für Studieninteressierte mit Behinderungen. Besonders wichtig war für mich
der Erfahrungsaustausch mit Studierenden
aus höheren Semestern, die es mit ihrer
Behinderung geschafft hatten, einen Studienplatz zu bekommen und zu studieren. Das hat
mich sehr ermutigt, auch an meinem Wunschstudium, der Psychologie, festzuhalten, obwohl
ich wusste, dass mein NC nicht für eine
sofortige Zulassung reichen würde. Auf dem
Seminar ist mir aber zum ersten Mal durch
Beratung für behinderte und chronisch
kranke Studierende
- der TU, UdK, EFB, TFH, FHW, ASFH
(Marlies Blersch)
Hardenbergstraße 34
10623 Berlin
(030) 31 12 - 311
[email protected]
Di
10.00 – 13.00 Uhr
- der FU (Beatrix Gomm)
Thielallee 38, Raum 11
14195 Berlin
(030) 83 002 - 402
[email protected]
Fr
10.00 – 13.00 Uhr
- der HU, FHTW, KHB, HfM,HfS, KFB, FHVR
(Klaus-Peter Drechsel)
Franz-Mehring-Platz 2
10243 Berlin
(030) 29 302 - 283
[email protected]
Do 10.00 – 13.00 Uhr
die Erfahrungen der anderen behinderten
Studierenden klar geworden, dass meine
Noten nicht unbedingt etwas über meine
Studierfähigkeiten aussagen müssen.
Außerdem habe ich dort auch einiges über
Härtefallanträge erfahren. Diese Möglichkeit,
mit dem Schwerbehindertenausweis eine
sofortige Zulassung über die Härtefallquote
zu beantragen, habe ich dann auch wahrgenommen und so meinen Studienplatz
bekommen.
Studienende zu Hause zu wohnen und jetzt
habe ich eine Wohnung in Friedrichshain
gefunden und ziehe nun, leider mitten im
Examensstress, um in eine eigene Wohnung.
Wie sind Sie denn mit der Rollstuhlzugänglichkeit der FU zurechtgekommen?
Ich habe mich zunächst informiert, wo man in
Berlin überhaupt Psychologie studieren kann
und habe dann gemerkt, dass die FU im Vergleich mit anderen Hochschulen eher rollstuhlfreundlich ausgebaut ist. Die Silberlaube und
auch die Mensen sind gut zugänglich,
allerdings gibt es immer noch einige Seminarräume, die in kleineren Gebäuden untergebracht sind. Dort gab es manchmal Veranstaltungen, die ich gerne besucht hätte, die aber
für mich nicht zu erreichen waren. Heute weiß
ich, dass der Behindertenbeauftragte der FU
die Verlegung der Veranstaltungen in rollstuhlzugängliche Räume veranlassen kann. Aber am
Anfang habe ich immer gedacht, dass ich alles
alleine machen müsste und ich wollte alles
genauso gut und schnell schaffen, wie die
anderen Studierenden auch. Im Nachhinein
habe ich mich dann über mich selbst geärgert
und ich kann nur allen raten, Unterstützung
auch zu nutzen! Mir ist dann bald klar geworden, dass es sinnvoll ist, die mir zustehenden verschiedenen Leistungen und Nachteilsausgleiche auch in Anspruch zu nehmen.
Und, dass ich etwas länger brauche für mein
Studium, finde ich auch nicht schlimm.
Schließlich muss ich auch täglich viel mehr
organisieren und bewältigen, bis ich überhaupt erst mal anfangen kann zu studieren!
Studieren heißt ja auch, sehr flexibel zu
sein. Zum Beispiel, wenn Arbeitsgruppen
kurzfristig angesagt werden oder zusätzliche
Veranstaltungen besucht werden müssen,
die irgendwie auch dazu gehören. Dazu
kommt noch, dass man ja auch mal ungestört
mit den Freundinnen und Freunden in
der Cafeteria abhängen möchte, wie läuft
das, wenn sie auch immer jemanden für
die Studienassistenz dabei haben und auf
vorgeplante Fahrdienste angewiesen sind?
Eins der Probleme ist der sehr unflexible
Fahrdienst, die können manchmal die Termine
nicht genau einhalten, so dass Wartezeiten
entstehen und ich einfach mal so drei Stunden
unterwegs bin jeden Tag, um hin und zurück
zu kommen. Ich habe mir auch überlegt, in ein
rollstuhlgerechtes Studentenwohnheim zu
ziehen, aber mit der Organisation der Pflege
war mir dass doch zu aufwändig. Also habe
ich mit meinen Eltern verhandelt, bis zum
Manchmal fahre ich auch mit den öffentlichen
Verkehrsmitteln, dabei hoffe ich dann immer,
dass alle Aufzüge auch funktionieren!
Sonst heißt es Umwege finden! Mit den
Arbeitsgruppen, dass hat eigentlich gut
funktioniert, meine Kommilitonen waren
da sehr flexibel und sind auch oft zu mir
gekommen oder sie haben sich mit den Zeiten
nach mir gerichtet. Am Anfang des Studiums
hatte ich ja noch keinen Studienhelfer, weil das
Antragsverfahren so langwierig war. Da haben
mir auch meine Kommilitonen geholfen.
Allerdings ist es ein Unterschied, ob man
mal aus Hilfsbereitschaft unterstützt wird,
oder jemanden zu haben, auf den man sich
verlassen kann, auch weil man ihn bezahlt.
Pausen und ungestörte Gespräche in der
Cafeteria habe ich mir übrigens auch gegönnt.
Das musste ich aber erst einmal lernen,
obwohl ich immer ein freundschaftliches
Verhältnis zu meinen Assistenten hatte,
zu sagen, ‚Du kannst jetzt auch mal Pause
machen’.
Haben Sie denn auch die Mensa genutzt? Wie
sind Sie da zu recht gekommen?
Ich bin oft in der Mensa, es gibt da ja extra
kleine Wagen mit Tabletts für Rollstuhlfahrer
und die Mitarbeiterinnen sind auch sehr
hilfsbereit. Leider sind die Türen an der FUMensa nicht automatisch zu öffnen, aber da
immer viele rein und raus gehen, ist das nicht
wirklich ein Problem.
Wenn Sie jetzt gegen Studienende Rückschau
halten, was war das größte Hindernis oder
Problem bei Ihrem Studium?
Unlösbare Probleme gab es eigentlich keine,
sehr angenehm fand ich das Beratungsangebot des Studentenwerks. Ich hatte immer
das Gefühl, einfach mal anrufen zu können
und vor allem war es eine große Erleichterung,
dass die Studienassistenz beim Studentenwerk
unbürokratisch und umgehend bewilligt
wird. Am Anfang hätte ich mir noch mehr
Unterstützung beim Umgang mit den
Studienassistenten gewünscht. Idealerweise
stelle ich mir vor, dass man in Rollenspielen
übt, wie man sich am besten den Assistenten
gegenüber verhält, damit es wirklich auch
eine Erleichterung wird, wenn man jemanden
an seiner Seite hat. Für mich war es ein
interessanter und manchmal schwieriger
Lernprozess, bis sich der Umgang mit den
Assistenten eingespielt hatte: Schließlich
sind es Kommilitonen und man ist zugleich
Freundin, Kollegin und Chefin!
Frau Boger, vielen Dank für das Gespräch und
viel Erfolg für Ihr Examen!
Interview mit Sandra Boger 7
444 Minuten*
Heute mit Susanne Hübner
am InfoPoint des Studentenwerks
Erster Anlaufpunkt beim Studentenwerk
Berlin ist der zentrale InfoPoint im Foyer der
TU-Mensa Hardenbergstraße.
Ob BAföG-Antrag oder Wohnheimplatz,
Orientierung auf dem Campus oder einfach
nur eine schnelle Information – die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinter dem roten
Tresen haben ein offenes Ohr für jede Frage
und jedes Problem. Das müssen ja fast paradiesische Verhältnisse für Studierende sein.
Ob hier Zauberei oder gar Hexerei im Spiel
sind?
Beim Vorgespräch am Telefon erfahre ich, dass
ich Susanne Hübner am Tresen treffen werde.
Sie ist jetzt seit einem Jahr im Team des InfoPoints und weiß über alles Bescheid. Mein
Wissensdurst und meine Erwartungen sind
entsprechend groß.
Im Foyer der Mensa erwartet mich ein betörender, fast verzaubernder Duft nach frischem
Kaffee und leckeren Backwaren, der Backshop
der Mensa hat bereits seit 8 Uhr früh geöffnet. Es riecht so gut und ich könnte schon wieder … aber nein, Frühjahrsdiät. Kann man hier
überhaupt arbeiten oder muss man ständig
naschen?
Im Gebäude herrscht noch Ruhe, nur wenige
Gäste haben sich in der Cafeteria eingefunden. Die Shops und der Aufgang zur Mensa
sind noch geschlossen, Ruhe vor dem alltäglichen Sturm.
8 444 Minuten
Vom Toilettenpapier zum
BAföG-Antrag
Ganz anders am InfoPoint. Ein Mann, vermutlicher ein LKW-Fahrer, steht am Tresen, er will
jetzt und sofort 30 000 Rollen Toilettenpapier
liefern und blockiert mit seinem Wagen die
Einfahrt. Die Lieferung war natürlich nicht
angekündigt, zumindest nicht für heute. Die
blonde Frau am Tresen telefoniert nach einem
Hausarbeiter, der die Lieferung nicht nur
abnehmen, sondern auch gleich ordentlich
verstauen kann. Nach zehn Minuten hat sich
die Aufregung gelegt. Herr Freybote, ein kräftiger Hausarbeiter in den besten Jahren, wird
sich der Sache annehmen. „Das Problem ließ
sich ja glücklicherweise rasch lösen“, meint die
Dame am Tresen.
Noch bevor ich mich ihr vorstellen
kann, klingelt ihr Telefon. Sie klärt ihren
Gesprächspartner am anderen Ende der
Leitung auf: „BAföG-Formulare gibt es am
InfoPoint, sie können aber auch aus dem
Internet herunter geladen werden. … Ja, das
BAföG-Amt hat donnerstags bis 18 Uhr geöffnet…“ Nach knapp zehn Minuten sind offensichtlich auch die letzten Fragen beantwortet.
Nett, freundlich, sachlich….Freundlichkeit ist
also doch keine Hexerei.
Die blonde Frau, es ist Susanne Hübner (43),
begrüßt mich. Gemeinsam mit ihrer Kollegin
Elvira Radicke (48) hat sie heute am InfoPoint
des Studentenwerks die Frühschicht übernommen. Sie erzählt mir, dass dieser InfoPoint erst
im April 2005 in seiner jetzigen Form eingerichtet wurde. „Der Umbau der TU-Mensa und
des Foyers bot eine einmalige Gelegenheit,
hier eine zentrale Anlaufstelle für die Berliner
Studierenden einzurichten. Und es hat sich
gelohnt, im ersten Jahr hatten wir schon
45 000 Besucher.“
Ein Fundbüro und eine
Wohnungsvermittlung
Allmählich kommen mehr Besucher in das
Foyer. Eine junge, etwas schüchterne Frau
kommt mit ihrer resoluten Mutter (oder ist es
etwa umgekehrt) an den Tresen und möchte
wissen, in welchem Studentenwohnheim noch
Wohnplätze frei sind. Nun klingelt aber schon
wieder ein Telefon. Frau Hübner kümmert
sich um den Telefonanruf, Frau Radicke um
die Besucherinnen. Sie druckt rasch eine Liste
freier Wohnplätze aus und gibt die Broschüre
„Budenzauber“ mit auf den Weg. Also doch
Zauberei?
Susanne Hübner hat inzwischen alle Mühe,
den Anrufer zu beruhigen. Der hat am Vortag
seine Tasche mit einem Laptop in der Mensa
vergessen, die Daten auf dem Rechner sind
wichtig für die Magisterarbeit. Er ist völlig aufgelöst. Frau Hübner weiß Bescheid, es wurde
eine Fundsache beim InfoPoint abgegeben.
Man verständigt sich, der Student will gleich
kommen…
Es ist mittlerweile 11 Uhr, die ersten hungrigen Gäste warten auf den Einlass in die
Mensa. Die Stunden sind wie weggezaubert.
Im Konferenzraum des Studentenwerks findet
seit einer Stunde eine Präsentation statt. Alles
lief wunderbar, nun ist der Beamer ausgefallen und der Referent steht Hilfe suchend am
Info-Tresen. Susanne Hübner kann zwar nicht
zaubern, kennt aber die richtigen Telefonnummern und in kurzer Zeit ist Hilfe da.
Unmögliches wird sofort
erledigt, Wunder dauern
etwas länger
Die Zeit vergeht mit zahllosen Anrufen und
Nachfragen, es ist wie verhext: Ich finde kaum
Zeit, mit Frau Hübner mal ein paar Worte zu
wechseln.
Gegen 13 Uhr zieht sich Susanne Hübner in
einen kleinen Nebenraum zurück, wir trinken
gemeinsam einen Tee. Sie erzählt mir, dass sie
schon seit 1981 beim Studentenwerk arbeitet. Sie hat hier Bürokauffrau gelernt und war
bis zum letzten Jahr in der Poststelle tätig. „Da
bekam ich nur Berge von Post zu sehen, kaum
jemand hat sich an meinen Arbeitsplatz verirrt. Ich gehöre zwar schon fast zum Inventar,
aber die Arbeit am InfoPoint, also in der
Öffentlichkeit, war schon eine ganz schöne
Umstellung für mich. Aber meine Kolleginnen
und Kollegen haben mir sehr geholfen. Heute
möchte ich nicht mehr zurück, mir macht
meine Arbeit viel Freude. Wir sind ein gutes
Team“. Sie erzählt mir gerade noch mit leuchtenden Augen, dass sie sich seit Jahren im
Howard-Carpendale-Fanclub engagiert. Sogar
RTL II hat sie dazu schon portraitiert, als es an
der Tür klopft.
Doris Henze, die Betriebssozialarbeiterin
des Studentenwerks, schaut wie eine gute
Fee eben mal bei Susanne Hübner rein und
will wissen, ob es Probleme am Arbeitsplatz
gäbe. „Nein, es ist alles in Ordnung“, strahlt
Frau Hübner. Frau Henze ist dann ebenfalls zufrieden. „Probleme werden bei uns
nicht weggezaubert, sondern offensiv angegangen und gemeinsam gelöst. Besonders
die Gestaltung des Arbeitsplatzes muss den
Erfordernissen entsprechen, Arbeitssicherheit
und Gesundheitsschutz sind keine
Diskussionsmasse.“
Informationsoffensive des
Studentenwerks
Wie ein Geist aus der Flasche taucht Georg
Roschach (49), der Chef der InfoPoints, plötzlich vor mir auf. Der Info-Markt an einer Fachhochschule ist beendet und Herr Roschach
ist froh, dass keine Wünsche offen blieben.
„Manche Studenten können einem ja Löcher
in den Bauch fragen“, lacht er. Und er muss es
ja wissen. Seit 25 Jahren gibt er unermüdlich
Informationen zum Service rund ums Studium
und als alter „BAföG-Fuchs“ hat er auch manchen Insider-Tipp für die Studierenden bereit.
Susanne Hübner ist noch immer beschäftigt, sie berät schon wieder die nächsten
Studierenden. Georg Roschach erzählt mir,
dass es seit Ende 2005 einen zweiten InfoPoint
in der Behrenstraße im BAföG-Amt gibt. „Für
die Studenten an der Humboldt-Universität
ist das natürlich ganz ideal.“ Bevor auch er
sich dem Tagesgeschäft am InfoPoint widmet,
erzählt er mir noch, dass ein dritter InfoPoint
des Studentenwerks in der Mensa FU II in der
Silberlaube vorbereitet wird. „Dann sind wir
an den großen Universitäten präsent“.
Unterdessen wurde auch der Laptop abgeholt, der überglückliche Student schenkt
den Frauen am Tresen einen Strauß bunter
Frühlingsblumen. Susanne Hübner hat endlich
Feierabend, sie fährt nach Hause. Nach soviel
Zauberei könnte man ja beinahe erwarten,
dass es ein „Nimbus 2000“ wäre, es ist aber
nur ein elektrischer Rollstuhl…
[Ch. Gablenz]
* 444 Minuten sind die tägliche Sollarbeitszeit
im Studentenwerk Berlin
444 Minuten
9
Der gute Rat
Die Serie des werkblatts: Tipps und Hilfen für (fast) alle Lebenslagen
Heute: Alles zum Thema Schlüsselqualifikationen.
Präsentationstechniken, Rhetorik oder
Projektmanagement ... die Anzahl der UniVeranstaltungen ist groß, die den Studierenden nicht nur Fachwissen vermitteln, sondern
auch in puncto Schlüsselqualifikationen auf
die Sprünge helfen wollen. Manch ein
Studierender wird sich fragen, welches Angebot für ihn das Richtige ist. Das werkblatt
fragte Experten nach ihren Tipps.
Zu den wichtigsten Ansprechpartnern, wenn
es um Zusatzqualifikationen geht, gehören
die Career Services, die es an vielen deutschen
Hochschulen gibt, so auch der Career Service
an der Technischen Universität Berlin.
„Wir unterstützen Studierende und Absolventen mit karriere- und berufsfördernden
Maßnahmen“, erklärt Agnes von Matuschka,
Projektleiterin des Career Service. Dazu gehört
die Vermittlung von Praktika, Werkstudententätigkeiten und Absolventenstellen im
In- und Ausland. Zu den Veranstaltungen des
Career Service gehören zum Beispiel Trainings
für Assessment-Center sowie Seminare über
Kommunikation oder Präsentation und vieles mehr. „Einen besonderen Schwerpunkt
legen wir auf Softskilltrainings wie Smalltalk,
Networking, Moderation und Zeit-, Selbstund Konfliktmanagement“, so Agnes von
Matuschka.
Auch außerhalb der Universität gibt es
Möglichkeiten, Schlüsselqualifikationen zu
trainieren. So bieten die Hochschulteams der
Arbeitsagenturen in Berlin ebenfalls Weiterbildungsmöglichkeiten an. „Unser Angebot
ist mit den Career Services der Hochschulen
abgestimmt“, berichtet Heike Kuss, Beraterin
beim Hochschulteam Berlin Mitte. Sie rät
Studierenden, sich schon frühzeitig mit ihrem
Berufswunsch auseinanderzusetzen. „Wer
keinen roten Faden hat, kann sich auch keine
sinnvolle Bewerbungsstrategie überlegen“,
betont Heike Kuss. Auch die Entscheidung,
welche Zusatzqualifikationen Studierende
erwerben sollten, sei so nicht zu treffen.
„Denn es gibt für bestimmte Berufe sehr
klare Anforderungsprofile. Über diese sollten sich Studierende klar werden.“ Ein paar
Fragen können dabei helfen, die richtigen
10 Der gute Rat
Seminare auszuwählen: Was kann ich? Wohin
will ich mich beruflich entwickeln? Welche
Voraussetzungen sind dafür erforderlich?
Manche der Angebote rund ums Thema
Zusatzqualifikationen richten sich an spezielle
Zielgruppen. Doch viele sind auch für einen
Großteil der Nachwuchsakademiker interessant. So ist etwa ein Workshop zum Thema
Präsentation für Studierende ganz unterschiedlicher Fachrichtungen sinnvoll: „Im
Bewerbungsgespräch muss sich jeder präsentieren“, so Heike Kuss.
Auch wenn das Angebot breit ist: Studierende
müssen nicht alle Angebote wahrnehmen. In
einer Beratung beim Career Service können sie
herausfinden, welche Schlüsselqualifikation
sie brauchen und welche eher nicht, erklärt
Agnes von Matuschka. Dabei sollten sie auch
ihre fachliche Kompetenz nicht aus den Augen
verlieren.
Der Besuch von Seminaren und Workshops
zum Erwerb von Schlüsselqualifikationen
ist eine Sache, das Üben des Gelernten eine
andere. „Beim Softskilltraining gilt das Gleiche
wie beim PC-Kurs: Sinn macht so ein Kurs
im Besonderen dann, wenn der Teilnehmer
das Gelernte sofort in die Praxis umsetzen
kann“, betont Agnes von Matuschka. Wer das
Gelernte erst ein Jahr später braucht, hat bis
dahin meist die Details vergessen.
Neben einzelnen Veranstaltungen bietet der Career Service der TU auch noch
das Programm PREPARE an. „Es bietet
Studierenden im Rahmen einer jeweils dreiwöchigen Summer- oder Winterschool
die Möglichkeit, auf dem Stellenmarkt
stark nachgefragte Berufskompetenzen
zu erwerben“, berichtet Christine Herker,
Projektleiterin im Career Service. Dabei
werden in je einwöchigen Blockseminaren
berufsrelevante Fähigkeiten wie Sozial- , ITund Managementkompetenzen trainiert.
Gleich im Anschluss an den dreiwöchigen
Blockunterricht sollen die neu erworbenen
Fähigkeiten während eines sechswöchigen
Praxisprojekts in einem Berliner Unternehmen
selbstständig angewendet werden. „Das
PREPARE richtet sich vorrangig an Studierende
der TU Berlin und ist vorzugsweise für
Studierende ab dem 4. Semester gedacht,
aber auch für Absolventen bis ein Jahr nach
ihrem Abschluss“, berichtet Christine Herker.
Doch mit dem Besuch von Workshops und
Seminaren allein ist es nicht getan: Der Erwerb
von Schlüsselqualifikationen wird nicht in
erster Linie durch den Besuch einer Weiterbildungsveranstaltung nachgewiesen, sondern durch die Praxis, so Heike Kuss. Und das
könne auf ganz unterschiedliche Weise passieren, etwa durch ehrenamtliches Engagement,
Praktika, Jobs oder Mannschaftssport.
[Anja Schreiber]
Die Hochschulteams in Berlin:
Agentur für Arbeit Berlin Mitte
Charlottenstr. 87-90
10969 Berlin
Tel.: 030 / 5555 99-1989
Agentur für Arbeit Berlin Nord
Königin-Elisabeth-Str. 49
14059 Berlin
Tel.: 030 / 555570-1989
Agentur für Arbeit Berlin Süd
Wolframstr.89-92
12105 Berlin
Tel.: 030 / 555580-1989
www.arbeitsagentur.de
Career Services in Berlin (Auswahl):
Humboldt-Universität
Career Center
www2.hu-berlin.de/kooperation/berufwissenschaft/careercenter/index.html Technische Universität
Career Service
www.career.tu-berlin.de
Freie Universität
CareerService
www.fu-berlin.de/career
Fachhochschule für Technik und Wirtschaft
Career Service
www.fhtw-berlin.de/careerservice
Technische Fachhochschule Berlin
Career Service
www.tfh-berlin.de/career/
Vom Campus
machen. Neben fachlicher Expertise zählen
dazu die so genannten Soft Skills. Gefragt
sind Fähigkeiten wie schnelles Problemlösen
oder sicheres Präsentieren von Ergebnissen
sowie teamfähiges, kommunikatives und
belastbares Arbeiten. Wer darüber hinaus als
charakterlich gefestigte Persönlichkeit auftritt,
Praxiserfahrung mitbringt, einige Semester im
Ausland studiert hat und mehrere Sprachen
spricht, hat die besten Chancen.
TU-Absolventen begehrt
Wirtschaftsingenieure, Elektrotechniker und
Informatiker der Technischen Universität Berlin
haben bei deutschen Personalchefs einen
ausgesprochen guten Ruf. Eine Umfrage des
Magazins „Wirtschaftswoche“ unter Personalund Rekrutierungsverantwortlichen namhafter
Unternehmen zeigte jetzt, dass die TU Berlin
in den genannten Disziplinen jeweils zu den
Top Ten gehört. Große Unternehmen wie Shell,
Philips oder Siemens wurden danach befragt,
welche Universitäten und Fachhochschulen bei
ihnen besonders hoch im Kurs stehen und von
welchen Hochschulen sie die qualitativ besten
Bewerber erhalten. Das Ergebnis zeigte, dass
Personalchefs nicht unbedingt die Favoriten
von Wissenschaftsrat und DFG, sondern vor
allem jene Unis zu den besten zählen, die ihre
Studierenden fit für den Unternehmensalltag
Neue Leute kennen lernen? Kein Problem.
Unter www.spieleabend.de können sich
Studenten, Hinzugezogene oder einfach nur
Spieleinteressierte anmelden und bei einem
Spieleabend neue Freundschaften knüpfen.
Sollte in der eigenen Studentenbude dazu
kein Platz sein, ist das kein Problem: Das
Vermittlungsverfahren stellt sicher, dass
Nichtraucher untereinander bleiben, Leute mit
kleiner Wohnung zu Menschen mit Platz und
Allergiker nicht zu Hundebesitzern vermittelt
werden. „Wir vermitteln alle Interessierten
noch von Hand und stellen so sicher, dass
auch individuelle Wünsche berücksichtigt
werden“, so André Gutsche, Mitinitiator von
Spieleabend.de. „Wir haben alle Spiele, die wir
auf unserer Webseite vorstellen, auch selber
gespielt.“ Seine Favoriten sind dabei Spiele mit
einfachen Regeln.
www.spieleabend.de
FU Berlin online am
sichtbarsten
Die Freie Universität Berlin ist die sichtbarste
deutsche Hochschule im Internet. Das geht
aus dem „Webometrics Ranking of World
Universities“ der spanischen Forschergruppe
„Laboratorio de Internet“ hervor. Untersucht
wurde, wie häufig die Unis in Suchmaschinen
auftauchen. Weltweit reicht es für die FU zu
Rang 107. Die TU Berlin folgt auf Platz 124,
die Humboldt-Uni auf Platz 159. Die ersten 21
Plätze gehen an Unis in den USA.
Spieleabende für
Studenten
Berliner Studierende sind
sesshaft
Etwa ein Drittel der Studierenden wechselt
zum Studieren in ein anderes Bundesland.
1980 waren es noch 23 Prozent. Große
Unterschiede zeigen sich bei den Fächern
und den Bundesländern. Das hat die
Kultusministerkonferenz (KMK) in ihrem
„Bericht zur Mobilität der Studienanfänger
und Studierenden in Deutschland von 1980 bis
2003“ festgestellt.
Während etwa 23 Prozent der Studienanfänger
in den Ingenieurwissenschaften in ein anderes
Bundesland ziehen, sind es bei der Veterinärmedizin 66 und der Humanmedizin 42
Prozent. Mit einem Plus von 40 000 Studierenden verzeichnete Berlin 2003 den höchsten
Zuwanderungsgewinn. Zugleich sind die
Berliner Landeskinder äußerst sesshaft: 83
Prozent – nur in Nordrhein-Westfalen und
Bayern ist die Quote höher – blieben in der
Heimat. Allerdings finden laut KMK die
meisten Wanderungsbewegungen zwischen
Nachbarländern statt. Daher gebe bei der
Studienortwahl nach wie vor die Nähe der
Hochschule zum Heimatort zumeist den
Ausschlag.
www.kmk.org/statist/Dok_178.pdf
Senior Research Group an
der TU Berlin
Die Senior Research Group (SRG) ist ein
Projekt, das am arbeitswissenschaftlichen
Institut der TU Berlin tätig ist. Es ging aus dem
Projekt Sentha (Seniorengerechte Technik im
häuslichen Alltag) hervor, bei dem sich eine
Gruppe älterer Menschen als Testpersonen mit
Geräten, elektronischen Menüs und ähnlichem
auseinander setzte. Die Beteiligten hatten
daran so viel Spaß, dass sich im Jahr 2001 eine
Gruppe bildete, die sich vornahm, Geräte aktiv
altersgerecht mitzugestalten.
Frauen und Männer gehören zur etwa 20köpfigen Kerngruppe der SRG, darunter
Ingenieure im Ruhestand, Ärztinnen und
Hausfrauen. Ihre Erfahrungen mit Technik
stellen sie unter anderem der Industrie und
der Stiftung Warentest zur Verfügung. Gesucht
werden weitere Firmen, die auf den Rat hören.
Mit einem Fragebogen erforscht die SRG
zurzeit die Erfahrungen von Senioren beim
Technikkauf.
www.srg-berlin.de
Vom Campus
11
Wallis Birds im werkblatt-Interview
auf
Es gibt Menschen, die einfach auf die Bühne
gehören. Die irische Songwriterin Wallis Bird
gehört eindeutig dazu. Die 23-jährige braucht
nicht viel mehr als eine Akustikgitarre und
ihre Begleitband, um in 10 Minuten mit energiegeladener Rockmusik das Publikum auf
ihre Seite zu ziehen. Dabei schaut mancher
verwundert, mit welcher Stimmgewalt die
zierliche Sängerin über die Bühne tobt. Fast
hätte ein Unfall ihre Musikkarriere schon
als Kleinkind vereitelt, denn als zweijährige
geriet Wallis mit ihrer linken Hand in einen
Rasenmäher. Vier Finger wurden ihr abgetrennt, einer konnte nicht wieder angenäht
werden. Trotzdem lernte sie Gitarre spielen
und studierte in Dublin an der Ballyfermont
School Musik. Zahlreiche Liveauftritte u.a.
auf dem Sziget Festival in Budapest und auf
der Berliner Popkom im vergangenen Jahr
sorgten für ein großes Publikum, noch vor
Veröffentlichung der ersten Studio-CD. Vor
einigen Wochen brachte Wallis ihre DebütEP mit dem Titel „Branches Untangle“ heraus, die sechs Songs zwischen Rock, Folk und
Balladen enthält und sich wohltuend von
allen Castingbands abhebt, die derzeit die
Charts dominieren. Erste positive Reaktionen
auf das Debütwerk gibt es schon, so wird die
Single „Blossoms in the Street“ bereits von
verschiedenen Radiostationen gespielt. Was
die temperamentvolle Irin nach Deutschland
verschlagen hat, verrät sie im werkblattInterview.
12 Wallis Bird im Interview
Wie kommst du als irische Musikerin an eine
deutsche Band?
Im Januar letzten Jahres habe ich einen
Bandworkshop in Hammelburg besucht, dabei
habe ich meine Band kennen gelernt. Davor
hatte ich allerdings schon in Dublin Musik
studiert. Ich habe mich damals spontan entschlossen, in Deutschland zu bleiben. Auch
wenn es ein großes Wagnis war, ich sprach
fast kein Deutsch und hatte überhaupt kein
Geld, aber ich musste es einfach tun. Mein
Bauch sagte, dass es richtig sei.
War sofort klar, dass du die Frontfrau werden
wirst?
Ja, das war von vorne rein klar. Ich hatte meine
Musik schon aus Irland mitgebracht. Dort
hatte ich ebenfalls eine Band, die ich allerdings
verlassen habe. Die Songs habe ich komplett
alleine geschrieben, aber wir haben sie als
Band gemeinsam arrangiert. Auch die Texte
stammen aus meiner Feder, der endgültige
Sound ist allerdings ein Produkt der gemeinsamen Arbeit.
Gibt es Unterschiede im Musikbusiness zwischen Irland und Deutschland?
Es ist komplett unterschiedlich. Für mich ist
es einfacher in Deutschland zu arbeiten, hier
läuft alles entspannt und zielstrebig. In Irland
tendieren Musiker doch oft dazu, sich lieber in
eine Kneipe zu setzten, als aufzunehmen. Ich
denke, hier wird härter gearbeitet. Allerdings
ist das Touren in Deutschland für mich schwieriger. Ich rede gerne zwischen den Songs und
König Fußball wird uns in den kommenden Wochen begleiten, vielleicht auch verfolgen, und definitiv manchen einfach nur
nerven. Aber keine Bange, bei der Jägermeister Rock:Liga geht es nicht ums runde Leder.
Im Turnier durften sich bislang ein dutzend
Bands messen, nur die stärksten Teams
schafften es ins Finale. Angriffslustig und
torgefährlich werden die verblieben vier
den Turniersieg unter sich ausmachen.
Jedes Team hat 45 Minuten Zeit, Fans und
vor allem die Jury zu überzeugen. Am Start
sind Mamasweed (psychedelischer Rock aus
Berlin), El*ke (energiegeladener Rock ebenfalls
Berlin), Deichkind (smarter Hip Hop aus
Hamburg) und Christiane Stürmer (Erfolgspoppoetin aus Österreich). Eins ist sicher, nach
vier Halbzeiten steht die Meisterschaft fest
und der Pott wandert an die Siegerband. Das
musikalische Gekicke startet am 20.5. ab 21
Uhr im der Columbiahalle. Tickets kosten günstige 10 Euro.
Columbiahalle
Columbiadamm 13-21
12101 Berlin
www.jaegermeister.de
Das werkblatt verlost 3x2 Freikarten zum
Konzert, 33 Flüstertüten sowie einen stylischen Jägermeister Liegestuhl passend zur
Grillsaison.
erkläre, wie die Lieder entstanden sind. Lange
Zeit hatte ich Angst, dass die Menschen mich
wegen des irischen Akzents nicht verstehen
würden. Aber je länger ich hier lebe, umso
entspannter wird alles. Letztlich wird jeder
mir zuhören, der meine Musik gerne mag,
die Sprache spielt da keine so große Rolle. Ich
möchte auch gerne wieder in Irland spielen,
allerdings will ich erst viel touren und dann
nach Hause, wenn wir richtig professionell
sind. Dann machen wir eine Minitour und treffen all meine alten Freunde.
Eure EP ist gerade erschienen, arbeitet ihr
auch an einem kompletten Album?
Derzeit nehmen wir ein Album auf, das im
nächsten Frühjahr im Februar oder März
herauskommt. Wir legen großen Wert auf
Unabhängigkeit, wir haben eine eigene
Plattenfirma gegründet und verlegen auch
alle Texte selbst. Wenn das Album fix und
fertig produziert ist, werden wir versuchen,
in den Vertrieb eines großen Labels zu kommen. Allerdings möchten wir als Künstler die
Kontrolle über unsere Arbeit behalten und
hoffen, trotzdem erfolgreich zu sein.
Welchen Beruf hättest du, wenn Musikerin
tabu wäre?
Wenn ich nicht Musikerin werden dürfte
(lacht ungläubig)? Oh, dann wäre ich Penner
geworden.
14 Kultur-Tipps
Konzerttermine unter: www.wallisbird.com
[Interview: Dirk M. Oberländer]
Das Frühjahr hat es musikalisch aber auch in
sich. Die Kollegen von Intro laden zu einem
Konzert der besonderen Art. Intro intim nennt
sich die Veranstaltung und gemeint ist ein
kuscheliges Konzert der Bands Radio 4, Kante
und Sometree. Die New Yorker von Radio 4
starteten als Punkband und experimentieren inzwischen quer durch alle Stilrichtungen.
Bissige Texte und ein Hang zur Melancholie
kennzeichnet ihre Musik. Über die Combo
Kante muss man nicht viele Worte verlieren:
nachdenkliche Texte, musikalische Vielfalt von
Diskurspop über Elektronik bis hin zum Jazz,
genau hinhören ist ein Genuss. Letzteres ist
auch bei der aus Hannover stammenden Band
Sometree zu empfehlen, geboten werden
gepflegte Wutausbrüche zu energiegeladenen Gitarrenriffen. Allen Bands gemein ist die
Freude am live rocken, vor allem in übersichtlichen Clubs. Wir freuen uns auf einen kuscheligen Abend am 25.5., ab 21 Uhr im Lido. Die
Karten gibt’s für rund 16 Euro.
Lido
Cuvrystr. 7
10997 Berlin
www.intro.de
Kultur der etwas anderen Art bietet das
Shake Theaterzelt an der Eastside Galery
in Friedrichhain. Die Initiatoren haben sich
dem Volkstheater verschrieben, was allerdings mitnichten bedeutet, dass hier volkstümelnde Schwänke gegeben werden. Vielmehr
sind Dinge erlaubt, die normalerweise im
Kulturbetrieb „verboten“ sind, Essen und
Trinken während der Vorstellung beispielsweise. Die Stücke bieten Improvisation und
Zuschauerbeteiligung, derzeit hat man sich
Shakespeare vorgenommen. Das Programm
Improroyal Theatersport Shakespeare experimentiert mit allen Werken des Meisters.
Heraus kommt allabendlich ein Drama, des-
sen Handlungsstrang das Publikum mitgestaltet, keine Vorstellung gleicht der anderen. Anschließend ist die Diskussion mit den
Darstellerinnen und Darstellern durchaus
erwünscht. Ansehen kann man sich das spannende Improvisationstheater im Zirkuszelt
u.a. am 3.6. um 20:30 Uhr. Der Eintritt kostet
ermäßigt zwischen 5-11 Euro.
Shake!
Straße der Pariser Kommune 1-2 (Ecke
Mühlenstr.)
10243 Berlin
www.shake-berlin.de
Das werkblatt verlost 3x2 Freikarten für
Improroyal Shakespeare, an einem Termin
nach Wahl!
Ein Olympiastadion scheint zur Fußball
WM nicht genug und so stellt Sponsor
Adidas gleich eine Kopie der Sportstätte
direkt vor den Reichstag. Auf rund 40 000
Quadratmetern können so bis zu 10 000 Fans
alle Partien live auf der Großbildleinwand
erleben. Während der spielfreien Zeit treten diverse Musiker von James Blunt bis zu
den Black Eyed Peas auf. Auch das ZDF nutzt
die Arena, um mit seinen Allzweckwaffen
Johannes B. Kerner und Tommy Gottschalk
kurz vor Beginn der WM in einer TV-Show noch
schnell ein Kontingent Freikarten unter den
bislang leer ausgegangen Fans zu verlosen.
Wer also König Fußball als Massenphänomen
beim Public Viewing erleben möchte, sollte
sich die Vorrundentermine mit deutscher
Beteiligung rot im Kalender markieren: 9.6.
gegen Costa Rica, am 14.6. gegen Polen und
am 20.6. Ecuador. Die Karten kosten je 5,50€.
Adidas World of Football
Platz der Republik (am Reichstag)
11011 Berlin
[Dirk M. Oberländer]
Kulturtipps
13
Was wir schon immer
über den Festivalsommer
wissen wollten...
Alle Jahre wieder beginnt im Sommersemester der Kampf gegen die eigene Trägheit.
Schließlich lockt das gute Wetter nach draußen ins Straßencafé um die Ecke oder zur
gemütlichen Grillparty in den Park. Kaum
schaut man nach einigen Wochen wieder in
den Kalender, fallen einem Referatstermine,
Klausuren und fast verpasste Sprechstunden
ein. Also schnell den Laptop ausgepackt
und in die Tasten gehauen, denn mit unseren Festivaltipps ist auch so manches
Wochenende arbeitstechnisch gelaufen. Dabei
sollte man sich rechtzeitig Tickets sichern,
denn die großen Open Airs waren im vergangenen Jahr alle ausverkauft. Doch auch chronische Geldknappheit muss kein Grund sein,
auf gute Bands zu verzichten, denn einige
Festivals sind sogar völlig umsonst. Also Zelt,
Grill & Bier eingepackt, Freund oder Freundin
nicht vergessen und keep on rocking!
Immergut Festival 27. & 28. Mai
Man kann es nicht oft genug sagen, das
Immergut ist der perfekte Start in die
Festivalsaison. Die Veranstalter schaffen es
jedes Jahr wieder, ein spannendes Line-Up
jenseits des Mainstreams zusammenzustellen. Dazu kommt die familiäre Atmosphäre,
mit Aktionen wie dem Immergutzocken.
Bei diesem Fußballturnier spielen Musiker
und Veranstalter gegen Fanmannschaften.
Außerdem gibt es einen Busshuttle zu den
benachbarten Badeseen. Dazu kommen günstige Ticketpreise und ein toller Campingplatz,
der wirklich fast schon vor der Bühne liegt.
Chillen & Rocken in der landschaftlich schönen Provinz. Übrigens fährt vom Bahnhof zum
Festivalgelände ein Shuttlezug! In diesem Jahr
sind u.a. Blumfeld, Die Regierung, Pale und die
Yeah Yeah Yeahs zu hören.
Facts:
Wo: Neustrelitz
Besucher: ca. 6 000
Web: www.immergutrocken.de
Ticketpreis (inkl. Camping): Rund 35 € + VVK
22 Alles über Festivals
Hurricane & Southside Festival 23. - 25. Juni
Beide Veranstaltungen können schon als
Klassiker verbucht werden, die Bands werden zwischen den Locations hin- und hergeflogen. Das verschlafene Neuhausen ob Eck
bei Tuttlingen hat den Vorteil, etwas sonnensicherer zu sein. Natürlich kann man bei teils
über 40 000 Besuchern pro Festival nicht mehr
von einem gemütlichen Konzertwochenende
sprechen, trotzdem läuft immer alles geordnet und erstaunlicherweise übersichtlich ab.
Geklotzt wird dafür auch bei den Bands: Von
Apocalyptica, The B 52’s, Element of Crime,
Fettes Brot, Adam Green über Skin, The Hives,
Muse, Seeed bis hin zu The Strokes, Tomte
und Wir sind Helden reicht die musikalische
Vielfalt. Da sollte für jede/n etwas Passendes
dabei sein. Leider sind die Tickets nicht
ganz billig, der Preis ist im Verhältnis zum
Gebotenen allerdings fair kalkuliert.
Facts:
Wo: Hurricane: Scheeßel, Southside:
Neuhausen ob Eck
Besucher: ca. 50 000 (Hurricane),
ca. 40 000 (Southside)
Web: www.hurricane.de / www.southside.de
Ticketpreis (inkl. Camping): 89 € + VVK
Sziget 9. - 16. August
Für das Sziget gelten eigene Gesetzte. Eine
ganze Woche lang verwandelt sich die
Obudai-Halbinsel in Budapest zum riesigen Festivalgelände. Auf unzähligen kleinen und großen Bühnen spielen bekannte
Popgrößen ebenso wie lokale Bands. Dabei
gibt es jegliche Musikrichtungen von Klassik
über Folklore bis hin zu Heavy Metal. Inmitten
des Getümmels kann fast überall wild gezeltet werden. Vormittags laden Workshops und
Veranstaltungen dazu ein, Menschen aus
ganz Europa kennen zu lernen, abends starten die Konzerte. Trotz der Größe bleibt die
Atmosphäre familiär, nur am Wochenende
wird es zumindest an der Center Stage eng.
Natürlich lockt auch Budapest mit seinen
wirklich beeindruckenden Gebäuden und zahlreichen kulturellen Einrichtungen, Langeweile
kommt nie auf. Auch für den Geldbeutel bleibt
der Urlaub bezahlbar, alkoholfreie Getränke
dürfen in beliebigen Mengen aufs Gelände
und im vergangenen Jahr kostete ein frisch
gezapftes Bier rund 70 Cent. Allein der landschaftlich schöne Campingplatz lohnt die
Anreise. Besucher mit Kindern können entspannen, denn es gibt viele Angebote für
die Kleinen, täglich von 10-18 Uhr ist sogar
ein Festivalkindergarten eingerichtet. Kids
bis 10 haben übrigens freien Eintritt. Doch
auch die Running Order kann sich sehen lassen: Radiohead, Franz Ferdinand, Sick of it all,
Robert Plant, Wir sind Helden und viele andere
sind dabei.
Facts:
Wo: Obudai Donauinsel Budapest
Besucher: ca. 360 000
Web: www.sziget.hu/festival_german
Ticketpreis (inkl. Camping): rund 70 €
spAck Festival 1. - 3. September
Es gibt sie noch, ambitionierte Menschen, die
Festivals organisieren und dankenswerter
Weise auch noch vergessen, Eintritt zu nehmen. So etwas muss man in jedem Fall mit
einem Besuch belohnen, auch wenn der Weg
in die Provinz führt, genauer nach RansbachBaumbach. Dort geben sich etwas weniger
prominente, dafür aber umso spielfreudigere
Musiker das Mikro in die Hand. A Case of
Granada, Andthewinneris, Dave de Bourg,
Deathterror, Elfmorgen, Not Available,
Rantanplan, Six Reasons to Kill und viele
andere mehr sorgen für überwiegend punkige
Unterhaltung.
Facts:
Wo: Ransbach-Baumbach, Waldstadion
Besucher: ca. 6 000
Web: www.spack-festival.de
Tickets: umsonst! Camping: 2 €
Übrigens, weitere Gratis-Festivals findet ihr
unter www.festivalplaner.de in der Rubrik
„umsonst & draußen“.
[Dirk M. Oberländer]