Erfahrungsbericht ERASMUS in Huelva im Frühlingssemester 2012

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Erfahrungsbericht ERASMUS in Huelva im Frühlingssemester 2012
Erfahrungsbericht ERASMUS in Huelva im Frühlingssemester 2012
Vorbereitung:
Die Bewerbung an der Gastschule war relativ einfach. Ein Motivationsschreiben und das Ausfüllen
der Standard-ERASMUS-Formulare genügten. Auf der Homepage sind ausführlich alle ERASMUSPartner-Universitäten aufgeführt. Bei mir im Speziellen war glücklicherweise eine Anmeldung trotz
langem Ende der Bewerbungsfrist möglich. Im Nachhinein habe ich erfahren, dass die Universität in
Huelva eine Anweisung hat sämtliche anfragenden Auslandsstudenten aufzunehmen. Nach der Bestätigungsmail der Gasthochschule wurde ich automatisch in den ERASMUS- und Universitäts-E-MailVerteiler aufgenommen. So bekam ich relativ zeitig (bereits 2 Monate vor Studienbeginn) den Hinweis mich für meine gewünschten Kurse online einzuschreiben. Dies klappte hervorragend. Anderen
Studenten anderer Universitäten wurde dies teilweise nicht kommuniziert, weshalb diese ihre gewünschten Kurse wegen Überfüllung nicht besuchen konnten.
Ich habe im Vorfeld noch versucht Kontakt mit ehemaligen Würzburger Studenten, die nach Huelva
gegangen waren, aufzunehmen, jedoch wurde mir vom International Office nur die E-Mail-Adresse
von einer Person mitgeteilt und von meiner Fakultät die von zweien. Keine der drei genannten Personen hat auf meine E-Mails reagiert, weswegen ich relativ unvorbereitet nach Huelva ging. Lediglich
einige wenige Erfahrungsberichte, die ich mittels Google fand, konnten mir einen kleinen Überblick
über die folgenden 5 Monate bieten.
Unterkunft:
Ich habe gehofft Informationen und Tipps bzgl. der Unterkunft durch die E-Mail Kontakte zu erfahren. Da sich jedoch keiner meldete, stand ich vor der Überlegung, ob ich bei meiner Ankunft direkt
vor Ort nach einer WG suchen und die ersten Nächte im Hostel verbringen sollte oder mich bereits
im Vorfeld von Deutschland aus um eine Unterkunft bemühen sollte. Ich entschied mich für Zweiteres, da man doch mit relativ vielen Habseligkeiten anreist und ich dies als Hindernis bei der Suche
empfand. Das International Office von Huelva bietet Hilfe bei der Wohnungssuche an, ich habe jedoch zufällig auch eine Facebook Gruppe gefunden, in der unter anderem auch angemietete Wohnungen von ERASMUS-Studenten des Herbstsemesters an die des Frühlingssemesters vermittelt
werden. So fand ich drei Wochen zuvor eine Wohnung in einer Vierer-WG. Wichtig war für mich dabei, dass ich nicht mit Deutschen und auch nicht mit Studenten desselben Landes zusammenwohne,
da damit alle gezwungen sind Spanisch oder Englisch zu sprechen. Dies wurde mir auch bestätigt.
Jedoch stellte sich bei meiner Ankunft heraus, dass zwei Personen inzwischen abgesagt hatten und
letztendlich ich mit drei Personen aus Litauen zusammengelebt habe. Im Nachhinein betrachtet hätte
ich eigentlich umziehen müssen, aufgrund der guten Lage meiner Wohnung und des vermutlich hohen Stresses habe ich aber davon abgesehen: Eine Fehlentscheidung. Da meiner Mitbewohner immer nur in ihrer Landessprache miteinander gesprochen haben, war ein Einstieg in ein Gespräch
niemals möglich, weswegen ich dann verstärkt den Kontakt zu anderen gesucht habe.
Generell ist die Wohnungssuche in Spanien aber nicht sehr schwierig, da viele Wohnungen leer stehen und somit schnell (und zeitlich befristet) bezogen werden können. Wichtig dabei ist, sich relativ
zeitnah eine spanische Mobilfunknummer zuzulegen.
Studium an der Gasthochschule:
Natürlich ist die akademische Qualität außerhalb von Deutschland zumeist geringer, welches auch
auf Spanien zutrifft. Da das zumeist jedoch nicht der primäre Grund für ein ERASMUSAuslandssemester ist, sei dies zu verkraften. Ich selbst habe nur englischsprachige Kurse besucht, da
ich mir mit lediglich einem Sprachlevel von A1 nicht zugetraut hatte, Prüfungen in spanischer Sprache
abzulegen. Außerordentliche englische Sprachfähigkeiten darf man von den Dozenten nicht erwarten, eine Verständigung und Stoffvermittlung ist aber überwiegend gegeben. Es ist zu empfehlen am
besten gleich von Deutschland aus ein oder zwei Passfotos mitzubringen, da man eines für die Beantragung des Studentenausweises benötigt. Dies sollte man gleich zu Beginn machen (Formular bekommt man im International Office; abgeben muss man es bei einer Bank (Cajasol?). Die Erstellung
dieser Karte dauert mindestens einen Monat, häufig sogar zwei. Für die Zeit dazwischen bekommt
man einen vorübergehenden Studentenausweis auf DIN A 4 Format, den aber nur die wenigsten
Busunternehmen/Kinos/etc. anerkennen. Als Student der Wirtschaftswissenschaften hat man generell alle Kurse im selben Fakultätsgebäude (La Merced; in der Innenstadt). Ein Kurs fand bei mir jedoch am Hauptcampus statt, wo ich einmal wöchentlich mit dem Bus ca. 25 Minuten hinfahren
musste. Das Mensaessen habe ich nie wahrgenommen. Einen Copyshop gibt es im Gebäude, es gibt
jedoch auch mehrere außerhalb, welche längere Öffnungszeiten haben. Alle Kurse haben Anwesenheitspflicht, d.h. wenn man nicht an einer Mindestanzahl teilgenommen hat, wird man im Extremfall
nicht zur Klausur zugelassen (ich kenne jedoch keinen, bei dem dies passiert ist). Darüber hinaus trägt
die Anwesenheit auch einen Teil zur Gesamtnote bei, meist zwischen 10% und 20%.
Wie bereits im Absatz zuvor erwähnt, kann man sich die Kurse schon zuvor online ansehen und eine
(englische) Modulbeschreibung abrufen. Wenn man sich Kurse in Würzburg anrechnen lassen will
(was oft ratsam ist, weil es nicht ganz so schwer ist, vernünftige Noten zu erreichen), sollte man vor
Antritt mit den Modulbeschreibungen zu den entsprechenden Lehrstühlen gehen und die Professoren fragen, ob sie denn dieses Fach äquivalent zu einem Fach aus ihrem Lehrangebot anerkennen.
Ansonsten bestanden meine gewählten Fächer fast immer aus einem oder mehreren Gruppenreferaten (meist 3 oder 4 Personen) und einer Abschlussklausur; manchmal auch aus Hausaufgaben. Die
Deadlines sind meist frühzeitig bekannt, sodass bei ordentlicher Arbeitsweise kein Stress entsteht.
Durch die Gruppenarbeiten lernt man auch relativ schnell verschiedene Leute kennen.
W-LAN war in allen Uni-Gebäuden gegeben, lediglich an Steckdosen war es knapp. Meist waren pro
Hörsaal nur vier Steckdosen, in der großen Aula mit Arbeitstischen sogar nur drei vorhanden. Ein
funktionstüchtiger Laptop-Akku bzw. ein Mehrfachstecker ist empfehlenswert.
Alltag und Freizeit:
Huelva hat zwar 150.000 Einwohner, im Grunde ist die Stadt jedoch relativ klein und zentral gestaltet. Die Cafés, Bars, Diskotheken, Tapas-Läden, etc. konzentrieren sich im Wesentlichen auf einige
wenige, sodass man meistens auf ERASMUS-Studenten trifft, wenn man einen der Orte aufsucht.
Sportangebote seitens der Universität sind vorhanden, aber es finden sich auch schnell privat Fußballtruppen oder Ähnliches zusammen. Das Leben ist ein bisschen billiger als in Deutschland, allerdings fordern die meisten Aktivitäten mehr Geld als zuvor vielleicht eingeplant. Wenn man jedoch
erst einmal dort ist, möchte man natürlich „nichts verpassen“. Erwähnenswert ist auch die studentische Organisation ESN, welche für eine einmalige Aufnahmegebühr von 5 Euro (Passfoto notwendig
für den Ausweis!) vielfältige Aktivitäten organsiert. So werden Städtereisen, Partys, kulturelle Feste,
etc. organisiert. Diese Angebote wurden von einer großen Masse angenommen. Darüber hinaus helfen sie auch bei Problemen. Sollte man der spanischen Sprache nicht so mächtig sein und man hat
ein behördliches oder medizinisches Problem, so begleiten sie einen dorthin und regeln es bzw.
übersetzen ins Englische. Der Alltag ist generell recht abwechslungsreich, da bei ca. 250 ERASMUSStudenten pro Semester (Tendenz steigend) viele Freunde/Leute gefunden und für Aktivitäten begeistert werden können. Die Lage Huelvas lädt förmlich dazu ein die schönen Strände Portugals zu
besuchen. Zudem liegen Sevilla und andere atemberaubende Städte Andalusiens nicht weit weg und
sind auf jeden Fall eine Reise wert. Außerdem liegen 2 Strände in der Nähe von Huelva, die man
stündlich nach 20 bzw. 40 Minuten Fahrtzeit mit den Überlandbussen erreicht. Bei diesen gibt es eine
Ermäßigung, wenn man seinen Studentenausweis vorzeigt. Für die Stadtfahrten empfiehlt es sich
gleich zu Beginn eine Bonocard des örtlichen Busunternehmens zu besorgen, die man an TabaccoLäden auflädt und fortan bargeldlos für 52ct pro Fahrt den Bus benutzen kann.
Generell ist im Frühlingssemester mehr an Aktivitäten geboten als im Herbstsemester. Diverse Ferias,
die Semana Santa oder die Stierkämpfe sind nur einige wenige herausragende.
Das Nachtleben findet in der Regel von Mittwoch bis Samstag statt, an den übrigen Tagen haben die
Diskotheken und viele Bars geschlossen; vereinzelte haben bis Mitternacht geöffnet.
Fazit:
Eine frühe Anreise ist zu empfehlen. Vor allem wenn man die Sprache nur auf einem A-Level beherrscht, sollte man den dreiwöchigen Intensivkurs wahrnehmen und weiterhin fleißig Spanisch studieren, da unter den ERASMUS-Studenten oft nur Englisch gesprochen wird. So lernt man gleich ein
paar Leute kennen und kann frühzeitig Städteausflüge oder sonstige Aktivitäten planen.
Meine beste Erfahrung waren die neuen Freunde, die ich gewonnen habe, der riesen Spaß und das
Kennenlernen von anderen Mentalitäten.
Zu den vermeidbaren Erfahrungen zählt sicher die Tatsache, dass ich ausgeraubt wurde und mir dabei auch noch den Arm gebrochen habe. Dies hat aber wohl weniger mit ERASMUS zu tun, als mit
einigen wenigen (arbeitslosen?) Kriminellen...
Definitiv unfair finde ich, wie unterschiedlich die finanzielle ERASMUS-Unterstützung bei den einzelnen Ländern ist. Ich musste mit 120 Euro im Monate zurechtkommen, meine litauischen Mitbewohner haben 350 Euro im Monat bekommen und irische Studenten sogar 600 Euro pro Monat. Worin
hier die Gerechtigkeit besteht, ist mir ziemlich rätselhaft, da die Lebenskosten in Huelva für jeden
gleich hoch sind und Irland trotz Krise sicherlich nicht am Hungertuch nagt.
Würzburg, den 10.07.2012
Christoph Walter