§ 14 Nichtabnahme- und Vorfälligkeitsentschädigung

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§ 14 Nichtabnahme- und Vorfälligkeitsentschädigung
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§ 14 Nichtabnahme- und Vorfälligkeitsentschädigung
Schrifttum
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Knops
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Kap. II – Kredit und Kreditsicherheiten
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rationale Umgang mit zu verzinsendem Geld – die Leibnitz-Euler-Rechnung, ZVersWiss 2001, 23; Steiner, Anm. zu OLG Stuttgart, Urt. v. 09.12.1998, Az. 9 U 177/98, ZfIR 1999, 675; Tiffe, Anm. zu BGH,
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Vorfälligkeitsentschädigung, VuR 2002, 403; Weber, Das Vorfälligkeitsentgelt bei vorzeitiger Rückzahlung eines Hypothekendarlehens, NJW 1995, 2951; Anm. zu BGH, Urt. v. 30.11.1989, Az. III ZR 197/88,
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oder Ersatz des Erfüllungsinteresses: eine rechtsökonomische Analyse vorzeitiger Darlehensablösungen,
in: Effiziente Verhaltenssteuerung und Kooperation im Zivilrecht, 1997, S. 108; Vorfälligkeitsentschädigung und Wettbewerb, ZBB 1997, 48; Wenzel, Vorfälligkeitsausgleich bei Nichtabnahme oder vorzeitiger
Beendigung langfristiger Hypothekarkredite, ZfIR 2001, 93; Vorzeitige Beendigung von Hypothekardarlehen, WM 1997, 2340; Rechtliche Grundlagen der Vereinbarung eines Vorfälligkeitsentgelts mit Verbrauchern, WM 1995, 1433; Westermann, Anm. zu BGH, Urt. v. 1.7.1997, DZWiR 1998, 27; Wilk, Zinsfortzahlungsklausel und vorzeitige Darlehenstilgung, DB 1991, 1207; Wimmer, Vorfälligkeitsentschädigung:
BGH-konformer Nachweis, BKR 2002, 479; Vorfälligkeitsentschädigung und höchstrichterliche Rechtsprechung, Sparkasse 1998, 326; Wimmer/Rösler, Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Beendigung
von Darlehensverträgen – Bewertung aktueller Fragen aus rechtlicher und finanzmathematischer Sicht,
WM 2005, 1873; Wittig/Wittig, Das neue Darlehensrecht in der Praxis, WM 2002, 145.
Knops
§ 14 Nichtabnahme- und Vorfälligkeitsentschädigung
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Inhaltsübersicht
A. Nichtabnahme und Entschädigung . . . . . . . . . . . 1
I.
Anspruchsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
II. Kündigung und Nichtabnahme . . . . . . . . . . 3
B. Vorfälligkeitsentschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . 4
I.
§ 247 BGB a. F. für Verträge bis zum
31.12.1987. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
II. § 609a BGB a. F. für Verträge
vom 1.1.1987 bis 31.12.2000 . . . . . . . . . . . 8
1. Lösungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2. Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
III. § 490 II BGB für Verträge ab 1.1.2001 . . . 16
1. Festzinsdarlehen und
Grundpfandsicherung. . . . . . . . . . . . . . 18
2. Kündigungsgrund und -erklärung . . . . 19
3. Kündigungsfrist und -folgen . . . . . . . . 21
C. Grundlagen und Berechnung der
Entschädigungsforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
I. Aktiv/Aktiv-Methode . . . . . . . . . . . . . . 24
1. Zinsmargenschaden . . . . . . . . . . . . . . . 25
2. Zinsverschlechterungsschaden. . . . . . . 34
3. Alternative oder kumulative
Berechnung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
II. Aktiv/Passiv-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . 36
1. Anlagetitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
2. Wiederanlage und Berechnung . . . . . . 41
III. Zinsverbesserungsvorteil. . . . . . . . . . . . . . 43
IV. Geschützter Zinszeitraum, Sondertilgung
und Abzinsung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
V.
Disagioerstattung, Risikoprämien und
sonstige Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VI. Sonderproblem: Vorfälligkeitsentschädigung bei fehlendem Lösungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Überprüfung nach § 138 BGB. . . . . . .
2. Angemessenheitskontrolle . . . . . . . . . .
D. Rechnungslegung, Abwicklung und
Rückforderbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.
Abrechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II. Abwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
III. Rückforderbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
E. Ausnahmen und Auswege . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.
Abnahme, Laufzeitverlängerung und
Umschuldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II. Ersatzkreditnehmerstellung. . . . . . . . . . . .
III. Vorteilsausgleich durch Ersatzgeschäft. . .
IV. Kündigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Kündigung des Kreditnehmers . . . . . .
2. Kündigung des Kreditgebers . . . . . . . .
V. Rückzahlung ohne Kündigung . . . . . . . . .
1. Leistung nach § 271 II BGB . . . . . . . .
2. Zahlung auf die Grundschuld . . . . . . .
VI. Immobiliarkredite mit
Kapitallebensversicherung . . . . . . . . . . . .
D. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
47
49
52
53
53
55
57
58
58
59
61
63
63
66
68
68
69
71
72
Stichwortverzeichnis
§ 247 BGB a. F.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
§ 490 II BGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
§ 609a BGB a. F.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Abnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
Abrechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
Abwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Abzinsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
Aktiv/Aktiv-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Aktiv/Passiv-Methode. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Anlagetitel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 f.
Auswege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 f.
Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 f.
Bestimmungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Disagioerstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Ersatzgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
Ersatzkreditnehmerstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
Festzinsdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Grundpfandsicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Grundstücksveräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Höhere Beleihung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Kapitallebensversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Kumulative Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Kündigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 f.
Kündigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Kündigungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Kündigungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Laufzeitverlängerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
Nichtabnahmeentschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . .1 f.
Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
Refinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Risikoprämien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Rückforderbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
Sondertilgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
Umschuldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
Unternehmerdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
Verbraucherdarlehensverträge . . . . . . . . . . . . . . . . 66
Vorfälligkeitsentschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . .4 f.
Vorteilsausgleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
Vorzeitige Leistung nach § 271 II BGB . . . . . . . . . 68
Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Wiederanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
Zahlung auf die Grundschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
Zinsmargenschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
Zinsverbesserungsvorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
Zinsverschlechterungsschaden . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Zinszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
A. Nichtabnahme und Entschädigung
Bei der sog. Nichtabnahmeentschädigung geht es um den Schaden, den das Kreditinstitut
dadurch erleidet, dass die Darlehensvaluta durch den Kreditnehmer nicht abgenommen
wird. Die Gründe hierfür sind vielfältig (Derleder, JZ 1989, 165 f.), beruhen aber in erster
Linie auf einem Widerruf oder einer Kündigung der Bank vor Auszahlung und daneben
Knops
1
420
Kap. II – Kredit und Kreditsicherheiten
auf einer echten Nichtabnahme oder Kündigung vor Darlehensvalutierung durch den
Kunden (dazu unten Rn. 2 f.). Die Nichtabnahmeentschädigung dient dem Ausgleich des
Zinsschadens, der dem Kreditgeber hinsichtlich der entgangenen Marge und dem Refinanzierungsschaden nach Ansicht der Rechtsprechung entstehen soll (dazu insbesondere Rn. 23 f.).
2
I. Anspruchsgrundlage. Eine Nichtabnahmeentschädigung kommt in Betracht, wenn
sich der private Darlehensnehmer individualvertraglich zur Abnahme des Kapitals verpflichtet hat. Eine formularmäßige Auferlegung einer solchen Pflicht ist nur gegenüber
Kaufleuten wirksam (§ 9 Rn. 10). Hinsichtlich der Anspruchsgrundlage der Nichtabnahmeentschädigung ist zu differenzieren: Die Verpflichtung zur Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung beruht auf einer positiven Vertragsverletzung, wenn der Kreditnehmer
die Abnahme des Darlehens bereits vor Fälligkeit ernsthaft und endgültig verweigert hat
(BGH WM 2006, 429 (430); BGHZ 146, 5 (8) = WM 2001, 20; 2001, 350; 1982, 907
(908)). Nach Fälligkeit der Abnahme soll sich dagegen der Anspruch der Bank aus den
§§ 280, 281 II, 323, 324 BGB bzw. § 326 BGB a. F. (BGH WM 2006, 429 (430); BGH
WM 1991, 760 m. Anm. Derleder, EWiR 1991, 443) ergeben, eine Hinweispflicht des
Darlehensgebers auf die Risiken einer Nichtabnahme bestehe nicht (BGH WM 2006, 429
(431)). Beide Annahmen fordern zum Widerspruch heraus: Beim verzinslichen Darlehen
sind nur die Kapitalbelassung auf Zeit und die Zinszahlung synallagmatisch verknüpft
(Knops, ZfIR 1998, 577 (579 m. w. N.); die Abnahmepflicht steht nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis und ist deshalb lediglich Nebenpflicht (BGH NJW-RR 1990, 432; Köndgen, S. 74; Derleder, JZ 1989, 165 (168); K. Schmidt, JZ 1976, 756 (758); a.A. Bamberger/
Roth-Rohe, § 488 Rn. 24). Genau besehen könnte damit nur eine analoge Anwendung der
genannten Normen in Betracht kommen (Knops, S. 138 Fn. 272) oder aber gleich auf eine
positive Forderungsverletzung auszuweichen sein. Ohne eine ausdrückliche Bestimmung
im Darlehensvertrag ist die Nebenpflichtverletzung nicht selbständig einklagbar, so dass
es bei der Sanktionierung durch Schadensersatzansprüche zwar grundsätzlich bleibt (Derleder, JZ 1989, 165 (169)), aber der Gläubiger eben Schadensersatz wegen Nichterfüllung
nur dieser Pflicht verlangen kann (Huber, § 44 II 2). Nur wenn der Schuldner sich mit einer Hauptleistung in Verzug befindet, kann der Gläubiger Schadensersatz wegen Nichterfüllung des ganzen Vertrages beanspruchen. Ansonsten wäre auch kein Unterschied zu
dem Fall zu erkennen, in dem der Kreditnehmer mit der Hauptpflicht, Zinsen zu zahlen,
in Verzug kommt und die Bank dann berechtigterweise nach § 326 BGB a. F. vorgeht. Allerdings kann ohne Auszahlung keine Verzinsung beginnen (h. M.; so auch BGH WM
2006, 429 (431); a. A. Mülbert, WM 2002, 465 (470 f.) mit gewagtem Vergleich zu dem
systematisch ganz anderen § 537 I BGB). Anspruchsgrund für das Verlangen einer Nichtabnahmeentschädigung sind daher bei Verzug die §§ 280, 281 BGB bzw. § 286 BGB a.
F. bei Altfällen (dazu unten Rn. 8 f.). Danach kann die Bank ihren Verzugsschaden liquidieren und nach Interessenwegfall alternativ Schadensersatz verlangen. Es handelt sich
dann bei der Nichtabnahmeentschädigung um entgangenen Gewinn i.S.d. § 252 BGB
(BGH WM 2006, 429 (431)). Voraussetzung ist aber immer die vorherige individualvertragliche Festlegung einer Abnahmepflicht.
3
II. Kündigung und Nichtabnahme. Bei Darlehen, die in der Form eines sog. „Krediteröffnungsvertrages“ gewährt werden, steht dem Kreditnehmer der Abruf des Darlehens
frei. Eine über die üblicherweise vereinbarte Bereitstellungsprovision hinausgehende
Nichtabnahmeentschädigung darf dann vom Kreditgeber nicht verlangt werden (Huber,
§ 6 III 3 Fn. 61). Auch in allen übrigen Darlehensverträgen ist der Schuldner bei Nichtabnahme des Darlehens im Zweifel nicht zur Zahlung der Vertragszinsen, sondern nur der
regelmäßig niedriger liegenden sog. Bereitstellungszinsen verpflichtet, soweit diese – wie
Knops
§ 14 Nichtabnahme- und Vorfälligkeitsentschädigung
421
formularmäßig häufig – wirksam vereinbart worden sind (BGH WM 1978, 422 (423)).
Bei diesen handelt es sich nicht um Zinsen im eigentlichen Sinne (§ 11 Rn. 2), sondern um
die Gegenleistung des Darlehensnehmers dafür, dass die Bank die versprochenen Darlehensmittel während der Zeit, bis zu dem der Abruf möglich ist, bereit hält (BGH NJW-RR
1986, 467 (487); KG WM 2001, 2204 (2205)). Voraussetzung für die Geltendmachung einer Nichtabnahmeentschädigung ist vielmehr, dass der Gläubiger den Darlehensvertrag
vor Valutierung wirksam nach § 490 I BGB kündigt oder der Kreditnehmer die Abnahme
ernstlich und endgültig verweigert, woran angesichts der (finanziellen) Folgen hohe Anforderungen zu stellen sind. Nach altem Recht war demgegenüber vor Überlassung der
Valuta keine Kündigung durch den Darlehensgeber möglich (BGH WM 1983, 358), nur
Widerruf des Darlehenversprechens nach § 610 BGB a. F.
B. Vorfälligkeitsentschädigung
4
Wesentlich komplexer ist die Rechtslage nach Valutierung, wenn zumeist auf Wunsch des
Kreditnehmers das Darlehen vorzeitig beendet werden soll. Dabei haben Immobiliarkredite, mit denen oft der Grundstückserwerb an sich oder Baumaßnahmen finanziert
werden, eine überragende wirtschaftliche Bedeutung. Bedingt durch die Langfristigkeit
derartiger Verträge, die nicht selten eine Laufzeit von mehreren Jahrzehnten aufweisen,
ändern sich häufig die Bedingungen unter denen der Vertrag begründet worden ist. Ein typischer Fall ist daher seit Jahrzehnten, dass viele Kreditnehmer während der Vertragslaufzeit aufgrund Arbeitsplatzwechsels oder -verlustes, Einkommenseinbußen, familiären
Veränderungen oder Ähnlichem genötigt sind, das beliehene Grundstück zu veräußern
und den Kreditvertrag vorzeitig zu beenden oder zu versuchen, ihre Kreditierung auszuweiten, was oftmals von der Hausbank verweigert wird. Die Rechtslage differiert, je nachdem, wann der Kreditvertrag geschlossen wurde: Für Verträge bis zum 31.12.1987 gilt
nach wie vor § 247 a. F.; für fortlaufende Kreditverträge vom 1.1.1987 bis 31.12.2000
§ 609a BGB a. F. und seit dem 1.1.2001 die Regelung des § 490 II BGB.
I. § 247 BGB a. F. für Verträge bis zum 31.12.1987. Nach dem unabdingbaren § 247
BGB a. F. können Kredite, die vor dem 1.1.1987 abgeschlossen wurden und mit mehr als
6,0 % per anno zu verzinsen sind, nach dem Ablauf von sechs Monaten jederzeit unter
Einhaltung einer Frist von weiteren sechs Monaten gekündigt werden, ohne dass der
Kreditgeber die Annnahme der Valuta verweigern noch einen Betrag für die vorzeitige
Rückzahlung verlangen darf (BGHZ 111, 287 = NJW 1990, 2250; 79, 163 = JZ 1981,
312). Zahlt der Kreditnehmer eine geforderte Vorfälligkeitsentschädigung nicht, steht der
Bank kein Zurückbehaltungsrecht an den bei Darlehenshingabe gewährten Sicherheiten
zu (Pleyer, NJW 1978, 2128). Vielmehr würde sich die Bank bei einer Verweigerung der
Grundschuldfreigabe wegen positiver Vertragsverletzung schadensersatzpflichtig machen.
5
Bei Abschnittsfinanzierungen verbleibt es unter Berücksichtigung des Anlasses der Eingehung der Kreditverbindlichkeit und der Ratio der Übergangsregeln selbst dann bei der
Anwendbarkeit des § 247 BGB a. F. und dem Ausschluss einer Vorfälligkeitsentschädigung, wenn die Änderungen Vereinbarungen über Kündigung, Rückzahlungsort oder
-zeit oder den Vertragszins betreffen. Auch ein Austausch von Sicherungsobjekten oder
zusätzlichen Sicherheiten ändert an dem Charakter des Vertrages nichts (AG Köln WM
2002, 2244). Liegt dagegen eine ganz umfassende Änderungs- oder Prolongationsvereinbarung hinsichtlich eines vor dem 1.1.1987 geschlossenen Darlehensvertrages vor, führt
dies, soweit die Fälligkeit neu bestimmt wird, zum Ende des ursprünglichen Darlehens
und zu einem Neuvertrag mit Anwendung des § 609a BGB a. F. (Hopt/Mülbert, § 609a
Rn. 53) oder § 490 BGB. Ist aber im Vorhinein vereinbart, dass die Kreditgewährung über
6
Knops
422
Kap. II – Kredit und Kreditsicherheiten
den Zeitpunkt der Konditionenanpassung hinausgeht, verbleibt es bei der Anwendbarkeit
des § 247 BGB a. F., weil die Valuta nach dem Vertragsprogramm nicht fällig zu stellen ist.
7
Sinn und Zweck der Vorschrift des § 247 BGB a. F. war, den Schuldner gegen übermäßige
Zinsen und die wirtschaftliche Übermacht des Gläubigers zu schützen (Staudinger-K.
Schmidt, 12. Aufl., § 247 Rn. 2, 23; MünchKommBGB-Maydell, 2. Aufl., § 247 Rn. 17).
1987 wurde diese verbraucherschützende Regelung mit der Mehrheit der damaligen
Regierungskoalition auf Druck der Banken (MünchKommBGB-Westermann, 3. Aufl.,
§ 609a Rn. 1 m. w. N.) und mit Unterstützung mancher Autoren (vor allem Canaris, WM
1982, 254; WM 1978, 686 (687)) abgeschafft.
8
II. § 609a BGB a. F. für Verträge vom 1.1.1987 bis 31.12.2000. Stattdessen wurde
§ 609a BGB a. F. eingeführt, nach dem grundpfandlich gesicherte Kredite erst nach Ablauf der meist zehn Jahre dauernden Zinsbindungsfrist kündbar sind. Für die Bereitschaft
zur vorzeitigen Valutaannahme verlangten die Banken sodann überwiegend ganz erhebliche Vorfälligkeitsentschädigungen, deren Grund und Höhe oftmals entweder überhaupt
nicht oder nur unzureichend erläutert wurden. Dabei belief sich die Verjährung auf 30 Jahre (§ 195 BGB a.F., vgl. BGH WM 2006, 429 (431)). Als noch krassere Reaktion verweigerten die Kreditinstitute teilweise aber auch die Annahme der Valuta überhaupt, meist
mit dem Hinweis auf ein fehlendes Kündigungs- oder Beendigungsrecht des Darlehensnehmers, mit dem Effekt, dass das Grundstück häufig unveräußerlich wurde. Damit erzwangen die Banken die Zahlung von Beträgen, die nach einer Untersuchung durchschnittlich um 50 % über den nach schadensrechtlichen Grundsätzen ermittelten Beträgen
lagen (Wehrt, in: Ott/Schäfer, S. 108) und daher oft „willkürlich“ waren (Reifner, WM
1996, 2094 (2097); NJW 1995, 86 (87); Fleischer, Kreditpraxis 1995, 12 f.). Insbesondere
bei Eintreten wirtschaftlicher Not auf Seiten des Kreditnehmers erhoben sich daher früh
Stimmen, die ein vorzeitiges Lösungsrecht aus dem Kreditvertrag befürworteten (vor
allem Reifner, S. 240 ff.). Als der Missbrauch rasant anstieg und diese Auffassung von
Verbraucherseite (u. a. Metz, ZBB 1994, 205) Unterstützung bekam, reagierte eine Vielzahl von Bankvertretern (u. a. Wenzel, WM 1995, 1433; 1997, 2340; ZfIR 2001, 93; Lang/
Beyer, WM 1997, 897; Rösler, BB 1997, 1369; Marburger, ZBB 1998, 30; Früh, NJW
1999, 2623; Heymann/Rösler, ZIP 2001, 441) – in den Fachzeitschriften oft nicht als solche erkennbar –, hielten zumeist unisono den Grundsatz der Vertragstreue hoch und verteidigten die Praxis der sog. „Aufhebungsverträge“. Ausgewogene Stellungnahmen Dritter (u. a. Köndgen, in: Ott/Schäfer, S. 135 f.; Maul, BB 2000, 2477; Knops, ZfIR 2001,
438; Mankowski/Knöfel, ZBB 2001, 335), die sich um einen angemessenen Ausgleich
zwischen den widerstreitenden Interessen bemühten, waren selten. Der auch in den Unterinstanzen spürbare Problemdruck erfuhr zunächst durch zwei Entscheidungen des BGH
vom 1.7.1997 eine deutliche Entlastung, in denen für zwei – allerdings recht eng umrissene – Fallgruppen der Grundstücksveräußerung und der Verweigerung der weiteren Kreditaufnahme dem Kreditnehmer die Möglichkeit zur vorzeitigen Rückzahlung der Valuta
zugestanden wurde (BGHZ 136, 161 = WM 1997, 1747 u. 1997, 1799). Damit war zuerst
das „Ob“ der vorzeitigen Kreditbeendigung geklärt, obgleich es durch die Urteile in dogmatischer Hinsicht zu neuen Unklarheiten kam (Köndgen, ZIP 1997, 1645; ebenso Canaris, FS Zöllner, S. 1055 (1058)). Zugleich blieben zahlreiche Fragen – vor allem über
das „Wie“ der Entschädigung bezüglich Rechtsnatur, Berechnung und Rückforderung –
offen, die nur detailweise mit den bislang letzten Entscheidung des BGH (WM 2003,
1261; BGHZ 146, 5 = WM 2001, 20) beantwortet wurden (dazu unten Rn. 23 f.). Bankseitig wurden die Grundsatzentscheidungen in offensichtlicher Verkennung der Realität
als überflüssig angesehen (Früh, NJW 1999, 2623 (2626)) oder als Einzelentscheidungen
deklariert und die Übertragbarkeit auf gleich gelagerte Fälle abgelehnt (Krüger, WM
Knops
§ 14 Nichtabnahme- und Vorfälligkeitsentschädigung
423
1999, 1402 (1403 Fußn. 4 m. w. N.)). Presseberichten zufolge, ignorieren denn auch immer noch mehr als 80 % der Kreditinstitute die aktuelle Rechtsprechung des BGH zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung („Weg mit teuren Hypotheken“ unter http://
finanzen.focus.msn.de/D/ DJ/DJ13/dj13.htm) – ein Zustand der auch bei unzulässigen
Bankentgelten vielfach verbreitet ist (Nobbe, Der Bundesgerichtshof, S. 1 (5)). Dabei
handelt es sich bei den Verträgen, die in der Zeit vom 1.1.1987 bis 31.12.2000 abgeschlossen wurden, um die mit Abstand größte Gruppe derzeit laufender Engagements, wobei
auch bereits gezahlte Vorfälligkeitsentschädigungen nachträglich überprüft werden können. Im Einzelnen:
1. Lösungsrecht. Nach der zum alten Recht entwickelten Ansicht des BGH steht dem
Kreditnehmer unter bestimmten Vorrausetzungen kein Anspruch auf Vertragsaufhebung
oder Vertragsauflösung, sondern lediglich ein „Anspruch auf Modifizierung des Vertragsinhaltes ohne Reduzierung des Leistungsumfanges“ zu. Dieser liege in der Beseitigung
der vertraglichen Erfüllungssperre, d. h. in einer Vorverlegung des Erfüllungszeitpunktes
mit der Folge, dass der Kreditnehmer seine Verbindlichkeit vorzeitig erfüllen könne
(BGHZ 136, 161 = WM 1997, 1747). Genau besehen beinhaltet die Annahme des BGH
einen tautologischen Schluss, da bei Vorverlegung des Erfüllungszeitraumes die Leistung
des Kreditnehmers gerade nicht vorzeitig sein kann. Mit der bisherigen Dogmatik lässt
sich ein Lösungsrecht ebenfalls nicht vereinbaren (Knops, S. 142 f.), so dass insbesondere
die Konstruktion einer „Anpassung des Erfüllungszeitraumes“ mit den überwiegenden
Stimmen aus Wissenschaft (Köndgen, ZIP 1997, 1645; Medicus, EWiR 1997, 921 (922))
und Banken (Wenzel, ZfIR 2001, 93 (96); Früh, NJW 1999, 2623 (2626); Marburger,
ZBB 1998, 30 (31)) mangels hinreichender Begründung und dogmatischer Verankerung
abzulehnen ist, was den BGH in den jüngsten diesen Themenkomplex betreffenden Entscheidungen aber auch nicht veranlasst hat, eine Präzisierung der schwierigen normativen
Anknüpfung herbeizuführen (s. BGH WM 2003, 1261; BGHZ 146, 5 = WM 2001, 20).
Nach wie vor bleibt klärungsbedürftig, ob es einen derartigen Lösungsanspruch bei allen
Dauerschuldverhältnissen geben oder ob dieser Anspruch auf Immobiliarkreditverhältnisse beschränkt bleiben soll (Medicus, EWiR 1997, 921 (922)). Soweit man mit dem
BGH eine Lösung der aufgezeigten Problematik mittels der herkömmlichen Vertragsbeendigungsinstrumente verneinen will, kommt nur ein Rückzahlungsrecht sui generis in
Betracht (Knops, S. 144; Derleder/Beining, ZBB 2001, 1 (2)), weil nach Ansicht des BGH
der Primäranspruch des Kreditgebers auf Erfüllung unberührt bleiben soll.
9
Obwohl dem schon § 301 BGB entgegensteht, ist unter diesen Prämissen des BGH in den
betreffenden Altfällen als rechtsdogmatische Grundlage der Vorfälligkeitsentschädigung § 324 BGB a. F. anzusehen: Mit dem aus § 242 BGB (Nobbe, Rn. 703) – zutreffend
fürwahr aus § 271 II BGB (Knops, VuR 2001, 239 f.) – hergeleiteten Recht des Kreditnehmers auf vorzeitige Rückzahlung endet die Valutaüberlassung durch den Kreditgeber
und damit auch wegen der synallagmatischen Verknüpfung von Kapitalbelassung und
Zinspflicht zum einen und aufgrund des geltenden zinsrechtlichen Akzessorietätsprinzips
zum anderen, dessen Vergütungsanspruch wegen der Zinsen (Knops, ZfIR 1998, 577 (580
m. w. N.). Da der Darlehensnehmer aber nach Ansicht des BGH diesen Kapitalrückfluss
zu vertreten habe, weil das Verwendungsrisiko des Darlehens allein in seinen Bereich falle
(BGHZ 136, 161 = WM 1997, 1747), kann der Zinsanspruch des Gläubigers als Primäranspruch nur nach § 324 I 1 BGB a. F. fortbestehen. Nach § 324 I 2 BGB a. F. muss sich
die Bank dasjenige anrechnen lassen, was sie infolge der Befreiung erspart oder durch anderweitige Verwendung erwirbt oder zu erwerben unterlässt. Sie erhält somit nicht die gesamten vertraglich vereinbarten Zinsen, sondern den abgezinzten und unter Berücksichtigung einer Wiederanlage der vorzeitig zurückgeflossenen Valuta geminderten Betrag.
10
Knops
424
Kap. II – Kredit und Kreditsicherheiten
Wenn aber der Kreditnehmer schuldhaft weder den Rückfluss des Kapitals noch die Unmöglichkeit der den Kreditgeber treffenden Überlassungspflicht zu vertreten hat, ergibt
sich die Rechtsfolge aus § 323 I BGB a. F., wonach der Kreditgeber als der eine Teil den
Anspruch auf die Gegenleistung des Kreditnehmers als den anderen Teil, nämlich den
Zinszahlungsanspruch verliert. Ansonsten ist § 325 BGB a. F. einschlägig (Knops, S. 198;
so wohl auch Huber, § 2 V 4, § 46 IV 3).
11
2. Fallgruppen. In folgenden Fällen kommt ein Lösungsrecht des Kreditnehmers in Betracht:
a) Grundstücksveräußerung. Ein Anspruch auf Vertragsaufhebung gegen Valutarückerstattung und Vorfälligkeitsentschädigung besteht meist in Fällen geplanter Grundstücksveräußerung (BGHZ 136, 161 (166) = WM 1997, 1747). Das Lösungsrecht folgt
vor allem aus der notwendigen Erhaltung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit und
Eigentumsfreiheit des Kreditnehmers, hinter dem das Interesse des Kreditgebers an dem
Vertrag festzuhalten, zurückstehen muss (im Einzelnen Knops, S. 117 ff.). Voraussetzung
ist, dass die Ablösung des Kredits nebst Lastenfreistellung erforderlich sein muss, um den
Verkauf zu ermöglichen (BGH WM 2003, 1261 (1262)). Dies ist regelmäßig der Fall,
wenn der Käufer das Darlehen nicht übernehmen oder das Grundstück nur lastenfrei erwerben will. Weshalb der Kreditnehmer sein Grundstück veräußern will, ist unerheblich.
Mit dem Auflösungsverlangen muss der Darlehensnehmer gegenüber dem Kreditinstitut
seine Verkaufsabsicht nachweisen. Dies geschieht entweder durch Benennung eines Käufers, der aber wegen der absoluten Üblichkeit nicht noch gesondert bestätigen muss, dass
er das Darlehen nicht übernimmt oder nur lastenfrei kaufen will. Mittels der Kaufvertragsurkunde kann der Kreditnehmer nachweisen, dass der Kaufpreis die Ablösesumme der
Bank abdeckt. Eine Bestätigung des beurkundenden Notars ist aber ebenfalls ausreichend.
Ist noch kein Käufer gefunden, kann die Verkaufsabsicht auch durch Vorlage eines Maklervertrages unterlegt werden. Eine Vertragsauflösung nebst Grundpfandrechtsfreigabe
ist dann aber zumeist faktisch nicht möglich, da erst aus dem Kaufpreis die Ablösebeträge
getilgt werden können. Sind Drittmittel vorhanden, sollte eine Ablösung nicht scheitern,
wenn nur das Grundstück verwertet wird. Ein vorzeitiges Tilgungsrecht besteht auch
dann, wenn ein Kreditnehmer seinen Miteigentumsanteil an dem Grundstück, zu dessen
Finanzierung das Darlehen bestimmt war, auf den anderen Eigentümer übertragen will
(LG Bremen VuR 2000, 350). Eine berechtigte Verwertung liegt auch vor, wenn das betroffene Objekt im Rahmen einer Erbauseinandersetzung veräußert (Böhm, ZEV 2002,
337) oder aber auch nur aufgeteilt wird und die Last auf mehrere Schultern verteilt werden
soll.
12
Das Lösungsrecht besteht nicht nur bei der Veräußerung persönlich genutzter Grundstücke, sondern findet auch bei gewerblichen Objekten Anwendung. Bei der Vertragsauflösung geht es wesentlich um die Gewährleistung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit nach § 1136 BGB, wonach nicht zwischen privaten oder gewerblichen Eigentümern differenziert wird. Gewerblich genutzte oder Gewerbetreibenden gehörende
Grundstücke unterliegen auch im Sachenrecht keinen Sonderregelungen, so dass auch bei
diesen eine außerplanmäßige Grundpfandkreditablösung möglich sein muss. Ist das
Grundstück schon veräußert, soll es nach Ansicht des BGH keinen Grund mehr für die
vorzeitige Kreditauflösung geben (BGH WM 2003, 1261 (1262)). Eine Umschreibung
trotz bestehender Grundpfandrechte ist zwar grds. möglich. Darauf lassen sich Käufer
aber regelmäßig nicht ein. Gleichwohl liegt auch bei einer Parteivereinbarung, welche die
Reihenfolge von Umschuldung und Umschreibung umkehrt, noch eine Verwertung des
Grundstücks vor, die den Kreditnehmer zur vorzeitigen Beendigung des Immobiliarkreditvertrages gegen Vorfälligkeitsentschädigung berechtigt. Günstige Veräußerungs-
Knops
§ 14 Nichtabnahme- und Vorfälligkeitsentschädigung
425
möglichkeiten erfordern eben oft schnelles Handeln, ohne dass dadurch das überwiegende
Interesse des Kreditnehmers zugunsten der Banken verschoben oder gar aufgehoben werden würde.
b) Höhere Beleihung. Wenn der Eigentümer das Grundstück für eine weitere Kreditaufnahme benötigt, wird ihm ebenfalls ein Recht zu der Lösung vom Vertrag zugestanden
(BGH WM 1997, 1799). Erforderlich ist damit der Wunsch des Kreditnehmers, das
Grundstück zur Absicherung eines erheblich umfangreicheren, bei der bisher finanzierenden Bank nicht erhältlichen Darlehens zu verwenden. Der Grund für die weitere Finanzierung ist auch hier unerheblich, da wiederum die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit
der Grundstückseigentümer auf dem Spiel steht. Faktische, nicht rechtliche Voraussetzung der Ablösung ist eine Kreditzusage eines anderen Darlehensgebers. Allerdings kann
ein Missbrauch vorliegen, wenn an den Darlehensgeber unrealistische und überzogene
Kreditanfragen herangetragen werden, um dessen Negierung zu provozieren und daraus
wiederum ein Auflösungsrecht herzuleiten. Allerdings kann es nicht auf die Vorstellungen
der Bank ankommen, welcher Kreditbetrag noch realistisch ist. Er wird vielmehr objektiv
hinsichtlich des Nominalbetrages durch den Wert des belasteten Grundstücks oder des
Nominalbetrages der eingetragenen Grundpfandrechte bestimmt, wobei es auf gesetzliche Beleihungsgrenzen oder bankinterne Beleihungsrichtlinien nicht ankommen kann.
Es geht um den realisierbaren Wert des Objekts als Sicherheit. Hält sich die Kreditanfrage
in diesem (ggf. durch Sachverständigengutachten zu ermittelnden) Rahmen, kann von
einem Missbrauch nicht die Rede sein.
13
c) Weitere Gründe. Fraglich bleibt, ob darüber hinaus auch ein genereller Umschuldungswunsch den Kreditnehmer, auch ohne Grundstücksverwertung zur außerplanmäßigen Ablösung berechtigt. Dies wäre für ihn vor allem dann interessant, wenn das Zinsniveau gegenüber dem abgeschlossenen Vertrag soweit absinkt, dass ein Neuabschluss
sich auch dann wirtschaftlich lohnen würde, wenn der Kreditnehmer sein Disagio verliert,
zu einer Vorfälligkeitsentschädigung verpflichtet wird und zudem die sonstigen anfallenden Transaktionskosten zu tragen hat. Ein schützenswertes Interesse an der vorzeitigen
Ablösung ist in diesem Fall regelmäßig nicht erkennbar, auch wenn sich Zinssatzveränderungen von wenigen Zehntelprozenten zu erheblichen absoluten Beträgen addieren
können. Demgegenüber ist zu berücksichtigen, dass der Kreditnehmer bei Zinssteigerungen durch die Festzinsbindung vor höheren Kosten (zum Nachteil der Bank) geschützt
wird. Eine Verweigerung des Auflösungsverlangens durch die Bank gegenüber dem Kreditnehmer stellt daher im Normalfall keine unangemessene Härte dar. Fließen dem Kreditnehmer freie oder zusätzliche Mittel (etwa durch eine Erbschaft oder den Verkauf eines
anderen Grundstücks) zu, hat dies mit der Realisierung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit oder einer sozialen Notlage nichts zu tun. Aus diesem Grund kann er das Darlehen
nicht vorzeitig bedienen (BGH WM 2003, 1261 (1262 m. w. N.); OLG Köln WM 1999,
1167) – s. aber Rn. 19.
14
Zu diskutieren ist schließlich, ob das Scheitern des finanzierten Projekts (Grundstückserwerb, Hausbau etc.) den Kreditnehmer dazu berechtigen kann, von der Bank die vorzeitige Beendigung oder gar Rückgängigmachung des Kreditvertrages zu verlangen.
Scheitert der Finanzierungsgrund, ist der Kreditnehmer in der Regel nicht nur dazu verpflichtet, die veranlassten Vertragskosten zu tragen, sondern für die nicht abgenommene
Valuta zunächst Bereitstellungszinsen und später ggf. eine Nichtabnahmeentschädigung
zu zahlen, die das gesamte bereinigte Zinsinteresse der Bank umfasst. Ist das Darlehen
nich valutiert, entsteht kein Zinsanspruch der Bank. Auch bei individualvertraglich vereinbarter Nichtabnahmeentschädigung den Kreditnehmer für den gesamten Zeitraum der
Zinsbindung auch mit der Grundschuld haften zu lassen, ohne dass er nur einen Cent der
15
Knops
426
Kap. II – Kredit und Kreditsicherheiten
Valuta erhalten hat und ihn keinerlei Verschulden an dem Nichtzustandekommen des
finanzierten Geschäfts trifft, ist nicht allein mit der bloßen Berufung auf die Grundsätze
der Vertragsfreiheit zu rechtfertigen. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen Kreditnehmer eine Finanzierung nur über diese eine Bank möglich gemacht wurde oder das
Institut über seine Kreditnehmerrolle in Bezug auf das Projekt hinaus tätig geworden ist
oder Vertrauen in Anspruch genommen hat. Im Übrigen haben die Rechtsgrundsätze zur
Vermeidung von Übersicherungen dafür zu sorgen, dass den Banken aus dem Fehlschlagen des Finanzierungsprojektes keine ungerechtfertigten Vorteile auch in vollstreckungsrechtlicher Hinsicht erwachsen.
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III. § 490 II BGB für Verträge ab 1.1.2001. Die bisherige Rechtsprechung zur vorzeitigen Immobiliarkreditbeendigung ist im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung in § 490
II BGB im Wesentlichen – jedenfalls nicht weiter als bisher – kodifiziert worden. Der Gesetzgeber wollte hierzu ausdrücklich eine inhaltliche Änderung der Rechtslage nicht herbeiführen, sondern lediglich größere Rechtsklarheit für den Rechtsanwender schaffen
(Begr. RegE, BR-Drs. 338/01, S. 690; Fraktionsentwurf, BT-Drs. 14/6040, S. 254 f.; BTDrs 14/7052, S. 200). Danach kann der Darlehensnehmer den Grundpfandkredit kündigen, wenn seine berechtigten Interessen, insbesondere die anderweitige Verwertung des
Haftungsobjekts, dies gebieten. Dann hat er dem Gläubiger den daraus entstehenden
Schaden zu ersetzen. Nochmalige Klarstellung hat die gesetzgeberische Lösung hinsichtlich der Natur des zu leistenden Ersatzes an den Gläubiger gebracht. Es handelt sich um
Schadensersatz (so bereits BGHZ 146, 5 = WM 2001, 20; NJW 1998, 592 (593)), nicht
um eine Aufopferungsentschädigung (MünchKommBGB-Berger, § 490 Rn. 34, nur in ihrer Ausgestaltung den Grundsätzen des Schadensrechts folgend), ein „Auflösungsentgelt“ oder Ähnliches. Anders als der BGH, hat sich der Gesetzgeber beherzt für die Konstruktion des Beendigungsrechts als außerordentliches Kündigungsrecht entschieden.
Darin liegt der gegenüber der unbefriedigenden dogmatischen Lösung des BGH zutreffendere Ansatz, für den Kreditnehmer mit Verwertungsabsicht ein Lösungsrecht und
zugleich für die Banken dem Grunde nach (zur Höhe Rn. 23 f.) eine Kompensation für
tatsächlich erlittene Verluste zu schaffen. Damit wird erstmals bei einem Dauerschuldverhältnis gesetzlich festgeschrieben, dass der Kündigende, obwohl ihm ein wichtiger
Grund zur sofortigen Vertragsauflösung zusteht, dem Gläubiger für die Vertragsauflösung
Schadensersatz leisten muss. Für den auf Austausch von Einzelleistungen angelegten
Werkvertrag bestimmt § 649 BGB die Zahlung der (ggf. herabzusetzenden) Vergütung
trotz Kündigung; § 122 BGB normiert eine Schadensersatzpflicht des Anfechtenden. Ob
angesichts dessen eine derartige verschuldensunabhängige Schadensersatzpflicht gleich
„systemfremd“ (Reifner, ZBB 2001, 193 (200)) oder „systemwidrig“ (Köndgen, WM
2001, 1637 (1644)) ist, mag bezweifelt werden, wenn der Gesetzgeber – wie zuvor die
Rechtsprechung – ein einseitiges Leistungsrecht nur gegen Gegenleistung gewähren will
und auch schon vorher nur in (allerdings situationsspezifisch verallgemeinerungswürdigen) Einzelfällen angenommen wurde, dass auch der Kündigende zur Kompensation der
Vermögenseinbußen des Kündigungsempfängers verpflichtet sein kann (vgl. die Zusammenstellung bei Oetker, S. 190 ff.).
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Wie sich aus der Zusammenschau mit § 489 I Nr. 2 BGB ergibt, ist das Recht nach § 490
II BGB als besondere außerordentliche Kündigung notwendig unabdingbar für Verbraucher, also weder durch AGB (Rösler/Wimmer/Lang, S. 83) noch individualvertraglich ausschließbar (so auch Mankowski/Knöfel, ZBB 2001, 335 (351); a. A. Mülbert,
WM 2002, 465 (475) in unzutreffender Einordnung als Sonderregelung zum Wegfall der
Geschäftsgrundlage). Die Unwirksamkeit eines formularmäßigen Ausschlusses soll
trotz Nichtbenennung der Norm in § 507 BGB auch für Existenzgründer gelten (Jauer-
Knops
§ 14 Nichtabnahme- und Vorfälligkeitsentschädigung
427
nig-Berger, § 490 Rn. 8). Im Fall des § 490 II BGB sind die Kündigungsvoraussetzungen folgende:
1. Festzinsdarlehen und Grundpfandsicherung. Voraussetzung ist nach § 490 II 1 BGB
wie bei § 609a I Nr. 3, II BGB a. F. zunächst, dass bei dem Darlehen für einen bestimmten
Zeitraum ein fester Zinssatz vereinbart ist und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffpfandrecht gesichert ist. Ob letztgenanntes Kriterium bereits erfüllt ist, wenn die grundpfandliche Sicherung lediglich vereinbart worden ist (OLG Stuttgart WM 1999, 1007
m. zust. Anmn. Steiner, ZfIR 1999, 675, Frisch, EWiR 1999, 1047 und Mülbert, WuB I G
1-4.99; Staudinger-Hopt/Mülbert, 12. Aufl., § 609a Rn. 33; Palandt-Weidenkaff, § 489
Rn. 7; Heymann, BB 1987, 415 (419); Weber, WuB I E 4.-5.90 und wohl auch KG WM
2001, 2204; dagegen Dörrie, ZfIR 2002, 89 (90) u. Bülow, WM 2001, 2225), bleibt umstritten und gewinnt besondere Aktualität bei dem sog. Forward-Darlehen, bei denen die
besondere Gefahr besteht, das durch das Hinausschieben von Kreditauszahlung die vom
Gesetzgeber mit 10 Jahren vorgesehene Obergrenze der Vertragsbindung ohne Kündigungsmöglichkeit umgangen wird. Nach dem Wortlaut des § 490 II BGB beginnt der
Kündigungsauschluss erst (und endet spätestens nach zehn Jahren), wenn das Grundpfandrecht tatsächlich eingetragen wurde; es kommt somit auf das Bestehen der Sicherung an (MünchKommBGB-Westermann, 3. Aufl., § 609a Rn. 27; Hopt/Mülbert, WM
1990, SB 3, S. 3 (14); Häuser/Welter, NJW 1987, 17 (20)). Systematisch wird zudem in
der Gesetzgebung klar zwischen einem tatsächlich gesicherten Anspruch einerseits und
einer (noch) zu sichernden Forderung andererseits unterschieden. Wenn der Gesetzgeber
bereits die Vereinbarung eines Grundpfandrechts als ausreichend angesehen hätte, dürfte
es im Gesetzestext nicht heißen „gesichert ist“, sondern vielmehr „vereinbart worden ist“
oder wie in § 492 I a S. 2 BGB „von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig
gemacht wird“, wo es auf den Willen des Kreditgebers ankommt, das Darlehen mit einer
dinglichen Sicherung zu verknüpfen. Bei § 490 II BGB, wie auch bei der vorherigen Regelung des § 609a BGB a. F. kommt es hingegen auf den tatsächlichen Zustand und eben
nicht auf die vertragliche Vereinbarung an. Wenn der Gesetzgeber anderer Auffassung
wäre, hätte er bei Neuschaffung des § 490 II BGB und insbesondere des § 492 I a BGB
die Differenzierung aufgeben oder einheitlich die Abhängigkeit der Sicherung vom Willen der Parteien verbindlich festschreiben können. Durch die bewusst differenzierte Formulierung des Gesetzgebers wird das Gegenteil bestätigt. Die Interessen des Gläubigers
bei Nichtentstehen des Grundpfandrechts werden dadurch gewahrt, dass er zur Auszahlung der Valuta nicht verpflichtet ist, weil die Sicherheitenbestellung zumeist konditional
mit der Darlehenszusage verknüpft wird (Knops, ZfIR 1998, 577 (578)). Ist das Darlehen
hingegen bereits valutiert und fällt die Sicherung später weg, wird der Bank ein vertraglicher Sicherungsbestellungsanspruch zugestanden. Entscheidend ist somit allein der tatsächliche Zustand (im Einzelnen Knops/Stempel, ZfIR 2000, 769 f.; zust. Bülow, VerbrKrG, § 504 Fn. 47; Antrag beim Grundbuchamt ausreichend MünchKommBGBWestermann, 3. Aufl., § 609a Rn. 27; Schimansky/Bunte/Lwowski-Häuser, § 83 Rn. 152;
Häuser/Welter, NJW 1987, 17 (20); Kollhosser/Schweitzer, JA 1987, 345 (348)). Dies gilt
gleichermaßen für Verbraucher-, Unternehmer- oder Forward-Darlehen, wobei insbesondere bei letztgenannten so ausgeschlossen wird, dass der Kreditnehmer nicht über die Forwardzeit mehr als zehn Jahre an den Kreditvertrag gebunden bleibt – und nicht bis zu fünf
(!) Jahre länger (a. A. unter Missachtung von Wortlaut und ratio der §§ 489 I Nr. 3 und
1136 BGB Peters/Wehrt, WM 2003, 1509 (1512)). Für eine Vollbesicherung muss der
Kredit zudem auch der Höhe nach tatsächlich durch das Grundpfandrecht gesichert, die
vorhandene Sicherung also vollwertig sein (Staudinger-Hopt/Mülbert, 12. Aufl., § 609a
Rn. 33; Soergel-Häuser, 12. Aufl., § 609a Rn. 14). Andernfalls kann der Kreditnehmer
teilweise kündigen.
Knops
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Kap. II – Kredit und Kreditsicherheiten
2. Kündigungsgrund und -erklärung. Unter Einhaltung der Frist des § 489 I Nr. 2 BGB
ist der Kreditnehmer zur Kündigung berechtigt, wenn seine berechtigten Interessen dies
gebieten. Als ein solches wird in § 490 II S. 2 BGB ausdrücklich die anderweitige Verwertung der beliehenen Sache und somit als Kündigungsgrund anerkannt. Damit ist insbesondere der Verkauf und die höhere oder anderweitige Belastung bei einem anderen Sicherungsnehmer gemeint, wozu der bisherige Gläubiger in die Löschung des bestellten
Grundpfandrechts einwilligen muss. Der Grund für die Verwertungsabsicht ist schon nach
dem Gesetzeswortlaut gleichgültig (Palandt-Weidenkaff, § 490 Rn. 12). Allein deswegen
muss dessen Ursache dem Kreditnehmer auch nicht bei Vertragsschluss unbekannt gewesen sein (a. A. ohne Begründung Jauernig-Berger, § 490 Rn. 10). Dies zeigt sich zudem
daran, dass der Kreditnehmer nicht einmal den Grund für die Verwertungsabsicht in seiner
Kündigung angeben muss (BGHZ 161, 196 = WM 2005, 322 (323); BGHZ 158, 11 = WM
2004, 780 (781)), sondern nach dem Gesetzeswortlaut darauf bestehen kann, das Grundstück gegen Rückgewähr der Valuta und Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung lastenfrei veräußern zu können. Aus diesem Grund bleibt auch für eine entsprechende Anwendung des § 314 III BGB (so wiederum ohne Begrünung Jauernig-Berger, § 490 Rn. 10)
kein Raum, wonach der Berechtigte nur innerhalb angemessener Frist kündigen kann,
nachdem er vom Kündigungsgrund erfahren hat. Der (künstliche) Aufbau von derartigen
„Kündigungshemmern“ ist abzulehnen und wird vom Gesetz auch nicht gedeckt. Bei
Vollkompensation hat der Gläubiger daran nicht einmal ein billiges Interesse. Dadurch,
dass in § 490 II 2 BGB die Verwertung der beliehenen Sachen nur exemplarisch („insbesondere“) genannt ist, bleiben weitere Fallgruppen offen, nach denen dem Kreditnehmer ein berechtigtes Interesse an der vorzeitigen Vertragsauflösung zustehen kann. Die in
Betracht kommenden Fallgruppen sollen dabei mit dem Verwertungsinteresse vergleichbar sein (BT-Drucks. 14/6040, S. 254).So soll etwa kein berechtigtes Interesse vorliegen,
wenn der Darlehensnehmer lediglich kündigen will, um ein Neudarlehen von einem Dritten zu einem (auch wesentlich) niedrigeren Zins zu erhalten (OLG Naumburg WM 2007,
1923 = WuB I E 1-1.08 (Freitag); LG Magdeburg, Urt. V. 19.09.2006, Az. 10 O 630/06
(abrufbar bei www.juris.de); LG München I WM 2004, 626; Schelske, EWiR 2007, 519
(520); Becher/Lauterbach, WM 2004, 1163 (1166 ff.) m.w.N.; Palandt-Weidenkaff, § 490
Rn. 12; Münchener Kommentar-Berger, § 490, Rn. 29 m.w.N.; a.A. noch Palandt-Putzo,
62. Aufl. 2003, § 409 Rn. 12)., was angesichts der erforderlichen Verwertungsintention
nicht gerechtfertigt erscheint (oben Rn. 14). Ein Gegensatz zwischen dem Interesse der
Bank an kongruenter Refinanzierung und einem „rein kapitalistischen Interesse des Darlehensnehmers“ (so Becher/Lauterbach, WM 2004, 1663 (1667)) gibt es nicht. Die Bank
erhält über die Vorfälligkeitsentschädigung ihr (abgezinstes) Vertragsinteresse, wird mithin im Ergebnis so gestellt, als hätte der Kreditnehmer – wenn auch zeitlich früher – den
berechtigten Zinsanspruch voll erfüllt. An und für sich ist damit gar kein Grund mehr erkennbar, um den Kreditnehmer mit dem Interesse an der Verwertung oder Umschuldung
an dem Vertrag festzuhalten.
Nicht überzeugend ist in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass der Kreditnehmer
deswegen an den geschlossenen Vertrag gebunden bleibe, weil der Gläubiger ein Interesse
an einer kongruenten Refinanzierung habe (Becher/Lauterbach, WM 2004, 1663) und der
Kreditnehmer hierfür das Risiko der späteren Entwicklung des Marktzinses zu tragen
habe (Freitag, WuB I E 1-1.08 m.w.N.). Refinanzierungen werden durch die Bank zwar
regelmäßig behauptet, erfolgen jedoch nicht zwangsläufig (vgl. insb. Rn. 26). Zudem wird
die Bank bei vorzeitiger Rückführung durch die Vorfälligkeitsentschädigung voll kompensiert, bei deren Berechnung gerade auch die (konkret angefallenen) Refinanzierungskosten miteinbezogen werden können, soweit die Berechnung nach der Aktiv/Aktiv-Me-
Knops
§ 14 Nichtabnahme- und Vorfälligkeitsentschädigung
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thode erfolgt (vgl. Rn. 26 ff.). Zudem steht dem Kreditnehmer immer nach Ende der
Festzinsperiode vor der Prolongation ein ordentliches Kündigungsrecht zu. Mangels geschützter Zinserwartung der Bank muss er dann selbstverständlich kein Vorfälligkeitsentschädigung zahlen, auch wenn der Vertrag noch Jahre hätte weiter geführt werden
sollen. Auch ohne Verwertungsinteresse hat der Kreditnehmer einen Anspruch auf Vertragsauflösung ohne Vorfälligkeitsentschädigung, jedenfalls wenn sein Interesse an günstigeren Zinskonditionen aus einer drastischen Veränderung seiner Einkommensverhältnisse rührt und er ohne Umschuldung nicht in der Lage wäre, die beliehene Immobilie zu
halten (OLG Naumburg WM 2007, 1923 (1924) a.A. Schelske, EWiR 2007, 519 (520)).
Anm.
Die Kündigung erklären kann nur der Kreditnehmer, nicht auch der Eigentümer, der sein
Grundstück verwerten will und dies zu Gunsten des Kreditnehmers zur Verfügung gestellt
hat. Zur Kündigung berechtigt sein kann in diesem Fall aber gleich wohl auch der Darlehensnehmer. § 490 II 2 BGB spricht nur von der Verwertung der beliehenen Sache, nicht
davon, dass diese dem Darlehensnehmer auch gehören muss. Vielmehr kann das die Gläubigerinteressen überragende Verwertungsinteresse des Eigentümers und Grundpfandrechtbestellers – nicht nur angesichts § 1136 BGB (s. Knops, S. 118 f.) – auf den Darlehensnehmer durchschlagen und diesen zur Kündigung berechtigen. Die Wirksamkeit
der Kündigung selbst ist wegen der fehlenden Verknüpfung von § 490 II S. 2 und 3 BGB
nicht von der Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung abhängig. Die geplante, aber nicht
Gesetz gewordene Abhängigkeit hätte z. T. praktisch unlösbare Komplikationen ausgelöst
(vgl. Mankowski/Knöfel, ZBB 2001, 335 f.).
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3. Kündigungsfrist und -folgen. Nach Kündigung hat der Darlehensgeber und Sicherungsnehmer Anspruch auf die Rückzahlung der offenstehenden Valuta und Schadensersatz in Form einer Vorfälligkeitsentschädigung. Berechnet werden müssen beide Beträge auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung, der nach Kündigungserklärung entsprechend § 498 I Nr. 2 BGB drei Monate danach liegt, frühestens jedoch
insgesamt neun Monate nach Empfang der Darlehensvaluta. Es handelt sich um eine zum
Kündigungsrecht des Kreditgebers aus § 490 I BGB fristasymmetrische Einschränkung
ohne sachliche Begründung (zum Verstoß gegen Art. 8 der Richtlinie 93/13 EWG Knops,
S. 97 zu § 609a BGB a. F.). Bis dahin schuldet der Kreditnehmer weiter die Vertragszinsen; erst ab Wirksamwerden der Kündigung (und Rückerstattung) schuldet er eine Vorfälligkeitsentschädigung, nicht aber bereits zum Zeitpunkt ihres Zugangs (a. A. Bamberger/Roth-Rohe, § 490 Rn. 27).
21
Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung hat der Gesetzgeber ausdrücklich der
Rechtsprechung überlassen, weil entsprechende Grundsätze im Detail einer Kodifikation nicht zugänglich seien und angesichts der Änderungen der wirtschaftlichen Bedingungen offen gehalten werden müssten (Begr. RegE, BR-Drs. 338/01, S. 601; Begr. Fraktionsentwurf, BT-Drs. 14/6040, S. 255). Damit ist auch klargestellt, dass es keinen
Bestandsschutz der bisherigen Berechnung auf Grundlage des § 609a BGB a. F. geben
kann. Stand dem Kreditgeber zuvor eine seine Interessen wahrende Vorfälligkeitsentschädigung zu, hat der Kreditnehmer nun nach berechtigter außerordentlicher Kündigung dem
Kreditgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung,
nicht der vorzeitigen Rückgewähr entsteht. Zahlt der Darlehensnehmer aber aufgrund der
berechtigten Kündigung die Valuta zurück, können wegen der synallagmatischen Verknüpfung und wegen des zinsrechtlichen Akzessorietätsprinzips keine Zinsen mehr entstehen (RGZ 53, 294 (297); allg. M.), weshalb ein Zinsschaden insoweit erst gar nicht entstehen würde. Hier zeigt sich, dass mit Änderung der dogmatischen Grundlage des
Lösungsrechts auch Grund und Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung beeinflusst werden.
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Knops
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Kap. II – Kredit und Kreditsicherheiten
Neben § 490 II BGB bleibt als außerordentliche Kündigung § 314 BGB nach dessen Abs.
3 ebenso anwendbar wie die Geschäftsgrundlagenstörung nach § 311 BGB. In diesen Fällen kann eine Vorfälligkeitsentschädigung nicht verlangt werden.
23
C. Grundlagen und Berechnung der Entschädigungsforderung
Aufgrund funktionaler Ähnlichkeiten zwischen Nichtabnahmeentschädigung und Vorfälligkeitsentschädigung werden beide Institute hinsichtlich der den Banken zugestandenen
Beträgen nahezu völlig gleich berechnet (BGHZ 146, 5 = WM 2001, 20; PWW-KessalWulf, § 490 Rn. 5), wodurch schon unter Regime des § 609a BGB a. F. auch eine Entscheidung über die Charakterisierung der Vorfälligkeitsentschädigung als Schadensersatz
gefallen war (BGH NJW 1998, 592 (593); Rösler/Wimmer/Lang, S. 115). Dies stellt § 490
II S. 3 BGB „…hat …Schaden zu ersetzen“ im Sinne einer Legaldefinition (Begr. RegE,
BR-Drs. 338/01, S. 601) nunmehr nochmals klar, so dass der gegenteiligen Auffassung
endgültig der Boden entzogen wird (OLG Hamm WM 2005, 1265; a. A. noch JauernigBerger, § 490 Rn. 12). Es ist kein Entgelt (BGH WM 1997, 1799) und der Darlehensgeber
darf aus der vorzeitigen Beendigung keine Vorteile ziehen (BGHZ 158, 11 = WM 2004,
780 (782); BGHZ 136, 161 (166) = WM 1997, 1747 = BGH NJW 1997, 2878 für § 609
a.F.), Bamberger/Roth-Rohe, § 490 Rn. 31 m. w. N.). Vorfälligkeitsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind in der Regel notwendig, um auch außerhalb von § 492
BGB bzw. § 4 I VerbrKrG a. F. für die notwendige Klarheit bei Vertragsschluss zu sorgen
(zum Transparenzverstoß bei fehlenden Klauseln in AGB Knops, S. 109 f. und allg. de
lege ferenda Köndgen, WM 2001, 1637 (1644)). Allerdings dürfen derartige Klauseln
keine Festsetzungen oder Pauschalisierungen enthalten, die den Realitäten nicht entsprechen (vgl. BGH WM 1999, 840 (841); 1998, 70; MünchKommBGB-Berger, § 488 Rn. 81;
§ 490 Rn. 37). Absolute oder prozentuale Festlegung einer solchen Entschädigung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, ohne einen Vorbehalt des Nachweises eines höheren
bzw. niedrigeren Schadens verstoßen regelmäßig gegen § 309 Nr.5b bzw. § 307 BGB
(§ 11 Nr.5 b bzw. § 9 AGBG a.F. s. OLG Köln VersR 2004, 1422 f.). Sie müssen zudem
wenigstens die Abhängigkeit von Laufzeit und Restvaluta deutlich machen und die wesentlichen Merkmale der Berechnung angeben (zum Ganzen Knops, S. 102 f.). Die Berechnung von Nichtabnahme- und Vorfälligkeitsentschädigung vollzieht sich wesentlich
nach zwei Berechnungsarten (je bestätigt durch BGH WM 2005, 322 (324); kritisch nunmehr mit beachtlichen Gründen Reifner, Die Entschädigung bei vorfälligen Immobiliendarlehen.
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I. Aktiv/Aktiv-Methode. Diese Berechnungsart unterstellt zunächst, dass die vorzeitig
zurückgeflossene Valuta wieder in neuen Kreditgeschäften angelegt wird. Im Anschluss
an den grundlegenden Aufsatz von Derleder (JZ 1989, 165 (173 f.)) unterscheidet der
BGH sowohl bei der Nichtabnahme des Kredites durch den Darlehensnehmer als auch bei
der Vorfälligkeitsentschädigung zwischen Zinsmargen- und Zinsverschlechterungsschaden (BGH WM 1991, 760 u. BGHZ 136, 161 (168 f.) = WM 1997, 1747; BGHZ 133, 355
(361) = WM 1996, 2046; krit. zur Aufspaltung Derleder/Knops/Bamberger-Seckelmann,
1. Aufl., § 10 II).
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1. Zinsmargenschaden. Der Zinsmargenschaden bezeichnet den Nachteil der Bank, der
daraus entsteht, dass zwischen den Vertragszinsen und den Refinanzierungskosten nebst
Kosten der Bank ein Saldo entsteht (Derleder, JZ 1989, 165 (170)). Dieser abzuzinsende
Betrag wird auch als Zinsspanne bezeichnet, von der jeweils der Anteil der Verwaltungskosten während der Darlehenslaufzeit und die anteilige Risikoprämie abzuziehen sind
(BGH NJW 1997, 2875 (2877); WM 1996, 2047 (2049); 1991, 760; Canaris, S. 3 (40);
Reich, S. 43 (51); Metz, in: Metz/Wenzel, Rn. 108; a. A. noch hinsichtlich des Verwal-
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