Milos 2004 - Hellasfreunde Bern

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Milos 2004 - Hellasfreunde Bern
Hellasfreunde Bern
Kulturelle Vereinigung der Hellasfreunde, 3000 Bern
Bulletin 2012 - 3 / Dezember 2012
1
Titelbild: Theater von Dodoni
Vereinsadresse:
Kulturelle Vereinigung
der Hellasfreunde
3000 Bern
Kontakt:
Internet: www.hellasfreunde.ch
Mail: [email protected]
Tel. Fred Wyss: +41 (0) 031 931 02 13
2
Das Bulletin wird, zumindest auszugsweise,
auch auf unserer Website als PDF aufgeschaltet – allerdings mit ca. 3 Monaten Verzögerung: Mitglieder sollen Vorrang haben!
Zum Verein und zum Bulletin
Fred Wyss
27.9.2012
Inhaltsverzeichnis
Seite
Zum Verein und zum Bulletin
Fred Wyss (Hellasfreunde)
3
Jetzt erst recht!
Sylvia Caviezel (Hellasfreunde)
4
Der Tod des Hauptmanns
Markus List, Leonberg D
6
Die 4 griechischen Vulkan-Inseln
Tobias Schorr, www. volcanodiscovery.com
8
Milos – Insel der Farben
Immo Schröter, www.milos-greece.com
10
Milos 2004
Fred Wyss (Hellasfreunde)
11
Eine Industrieruine auf Milos
Fred Wyss (Hellasfreunde)
14
Aphrodite von Milos
Immo Schröter, www.milos-greece.com
16
Nisyros - Wandern auf einem schlafenden Vulkan
Tobias Schorr, www. volcanodiscovery.com
18
Ein Ouzo für Maria Callas
www.tagespiegel.de
23
Parga – das Auge und Ohr Korfus
Tine Schönwitz, www.tine-schoenwitz.de
26
Das Totenorakel vom Fluss Acheron
Tine Schönwitz, www.tine-schoenwitz.de
29
Suli (Souli), Epirus
Christian Herrmann, www.cyberorange.net/suli/
33
Moscho Tzavela
Wikipedia
35
Zalongo, (Epirus)
www.griechenland-lexikon.de
36
Tepedelenli Ali Pascha
Wikipedia
37
Das Orakel von Dodoni
www.epirus.de
38
Flüge ab Bern nach Griechenland 2013
Pressemitteilung / Internet
39
Presse
Griechenlandzeitung, www.griechenland.net
39
Veranstaltungen
www.hellasfreunde.ch
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Zum Inhalt des Bulletins
Zuverlässig wie immer, hat Sylvia Caviezel einen Reisebericht abgeliefert, diesmal über das
verbrannte Chios. Überraschend lieferte der Karpathos-Kenner Markus List einen gut recherchierten Bericht aus den dunklen Tagen des zweiten Weltkrieges. Markus List hatte im 2011
Texte und Bilder zum Maler Jannis Chapsis geliefert – jetzt hat er sich an uns erinnert.
Ein Schwerpunktthema bilden die griechischen Vulkaninseln. Weil wir am 6. Dezember einen
Vortrag zu diesem Thema hören werden, suchte ich gezielt nach Artikeln dazu. Zwei Artikel
stammen von Tobias Schorr, unserem Referenten vom 6. Dezember.
Ein zweiter Schwerpunkt bildet der südliche Epirus mit Parga und der Insel Lefkada. Wir verbrachten unsere diesjährigen Ferien dort und ich werde am 13. Februar einen Film dazu zeigen. Bei meinen Recherchen über die Gegend stiess ich auf einige interessante Artikel.
Wir danken allen Autoren, denjenigen, die extra etwas für uns geschrieben haben, aber auch
denen, die uns den Abdruck eines bestehenden Artikels gestattet haben.
Das nächste Bulletin erscheint am 5. März, Redaktionsschluss ist am 18. Februar 2013.
Aufruf zur Mitgliederversammlung am 25. Januar 2013
An der Mitgliederversammlung vom 25. Januar 2013 stehen die ordentlichen Wahlen auf dem
Programm. Sechs der sieben Vorstandsmitglieder stellen sich zur Wiederwahl. Philippe Gigon
tritt nach mehrjähriger Vorstandstätigkeit zurück. Wir müssen also an der Mitgliederversammlung ein neues Vorstandsmitglied wählen.
3
Text: Sylvia Caviezel, Fotos: Elisabeth Schmid
Oktober 2012
Jetzt erst recht!
Wie jedes Jahr verbrachte ich auch diesen Herbst meine Ferien in Griechenland, diesmal auf der Insel Chios.
Im letzten Bulletin stand ein Artikel über Mastixbäume und Mastixverarbeitung in Chios
und genau in dieser Gegend sind wir heute unterwegs. Zuerst fahren wir noch durch
grünes, bebautes Gebiet mit Olivenbäumen und nach und nach sehen wir immer mehr
Mastixplantagen. Plötzlich ändert sich das Bild schlagartig: wir fahren durch eine
schwarze, verkohlte Gegend, Opfer der grossen Brände vom August.
Es sieht wirklich trostlos aus, nichts als
schwarze, verbrannte Sträucher, die ehemaligen Mastixbäume. Für lange Zeit ist hier
keine Mastixgewinnung mehr möglich, eine
Katastrophe für die Bauern, die schon vor
dem Brand in einer schwierigen Lage waren!
Zum Glück ändert sich das Bild wieder, als
wir dem Meer zu fahren, dort ist die Natur
wieder unversehrt.
zu. Auch die Nachfrage bei einem Griechen,
der gerade das Trottoir abspritzt. nützt nichts,
Geduld ist gefragt! Aber schliesslich haben
die Tavernenbesitzer ja bis in alle Nacht gearbeitet und müssen ja nicht unbedingt schon
vor 10 Uhr wieder da sein, insbesondere da
ausser uns noch weit und breit keine Touristen zu sehen sind. Schliesslich kommt der
Bäcker mit frischem Brot und telefoniert der
Tavernenbesitzerin, die bald auch erscheint
und uns sehr freundlich bedient.
In Emporios, unserm heutigen Ziel, angekommen, steigen wir aus dem Bus. Es ist
noch früh am Morgen, das Dorf schläft noch.
Wir setzten uns in die Taverne von Maria, wo
wir die Badesachen von unsern Wanderern,
die noch unterwegs sind, deponieren wollen.
Nur eine Kollegin wird ungeduldig, stapft auf
dem Dorfplatz herum und sucht eine offene
Taverne, sie will einen Ouzo haben. Und
überhaupt, wo ist denn hier der Strand? Sie
mustert den kleinen Fischerhafen, Ist das
wohl schon hier? Das ist ja schrecklich! Ich
kann sie diesbezüglich beruhigen, denn der
Strand von Emporios ist noch hinter dem
kleinen Hügel. Aber beim Ouzo suchen kann
ich ihr nicht helfen, es ist definitiv noch alles
Dann spazieren wir über den Hügel, wo der
Vulkanstrand zu finden ist, ein wunderschönes Bild, die schwarzen Kiesel und das
kristallklare Wasser des Meeres. Dazu ist er
fast menschenleer.
Na, wo sind denn hier die Liegestühle, tönt es
fragend hinter mir. Dass es hier keine hat, ist
eine mittlere Katastrophe für meine Kollegin,
wo soll ich mich denn jetzt hinlegen???
Natürlich sind die Kiesel nicht so bequem wie
Liegestühle, aber diesen wunderbaren Strand
mit Stühlen zu "garnieren" wäre wirklich
schade! Wir geniessen die Sonne und das
warme Meer in vollen Zügen. Meine Kollegin
4
Rauchvergiftung drohte. Aber Gott sei Dank
wurde es kein Raub der Flammen! Ich war ja
das erste Mal etwa vor 15 Jahren hier. Mittlerweile ist das Dorf mit seinen Sgraffiti wunderschön renoviert worden und steht unter
Schutz. Viele ältere Frauen sitzen vor ihrer
Haustür und sortieren in einem grossen
Becken die Mastixernte der unversehrt gebliebenen Bäume. Es ist eine Sisyphusarbeit,
denn die Mastixklümpchen sind mit Erde und
Blättern vermischt, die mühsam getrennt werden müssen. Aber wenn man nur ein bisschen griechisch spricht, sind sie glücklich und
wollen alles wissen, woher man kommt, ob
wir verheiratet sind und wie viele Kinder wir
haben. Ich glaube den Zivilstand ledig, wie ich
ihn habe, existiert gar nicht hier. Es gibt viel
zu reden unter den Frauen und sie verstehen
absolut nicht, dass ich keinen Mann habe!
Am Schluss möchte ich nochmals auf die
Brände zurück kommen. Es hat ja ausser im
Mastixgebiet auch im Norden und auf der
Insel Inousses grosse Flächen verbrannt.
ist allerdings schon bald wieder auf dem
Rückweg ins Dorf, diesen Schreck mit dem
unbequemen Strand muss sie unbedingt mit
einem weiteren Ouzo hinunter spülen!
Es ist ein trauriges Bild, links und rechts der
Srasse verkohlte Bäume zu sehen, wo einst
ein mühsam aufgeforsteter Wald stand.
Auf dem Rückweg besuchen wir noch das
Mastixdorf Pirgi, das zwar kurze Zeit evakuiert werden musste, weil die Gefahr einer
Aber auch auf der Insel Chios steht inmitten
der verbrannten
Erde das
Kloster Nea-Moni
mitsamt seinen
Zypressen unversehrt
als
Zeichen
der
Hoffnung.
Und ich denke,
jetzt erst recht
müssen
wir
Griechenland
und der gebeutelten Insel die
Treue halten,
die Menschen
haben es verdient!
5
Der Tod des Hauptmanns
Markus List
Oktober 2012, Leonberg D
Das tragische Ende eines Kommando-Unternehmens im Zweiten Weltkrieg auf der
Insel Karpathos
Karpathos im Jahr 1944. Seit Anfang September 1943 befinden sich rund 800 deutsche
Soldaten auf der zwischen Kreta und Rhodos gelegenen Dodekanes-Insel, um nach der
Kapitulation Italiens am 9. September 1943 die Herrschaft über die Insel von den Italienern zu
übernehmen. Ein Jahr später, am 4. Oktober 1944 verlassen die letzten deutschen Soldaten
Karpathos in Richtung Rhodos. Am Tag darauf entwaffnen aufständische Karpathioten im Dorf
Menetes die verbliebenen Italiener und befreien Karpathos von der Fremdherrschaft.
Nur sechs Wochen vor dem Abzug der Deutschen, in der Nacht vom 24. zum 25. August 1944,
nähert sich das britische Boot HDML 1381 der Westküste der Insel Karpathos. An Bord befinden sich britische Soldaten der Special Boat Squadron (SBS) und fünf Griechen. Die Griechen
sind Angehörige des Ierós Lóchos, der Heiligen Schar oder Heiligen Kompanie, einer
griechischen militärischen Spezialeinheit, die gemeinsam mit der SBS für die Befreiung der
Dodekanes-Inseln kämpft. Ihre Sabotageaktionen richten sich gegen abgelegene feindliche
Wachposten, Funk- und Telegraphenstationen, Hafenanlagen und Treibstoffdepots.
Zwei Stunden nach Mitternacht gehen die fünf Griechen in der Bucht von Proní unterhalb des
Ortes Pylés an Land. Die
Briten sollen den Kommandotrupp drei Tage später am
gleichen Ort wieder abholen.
Doch es kommt anders.
Während sich das Boot HDML
1381 bereits wieder von der
Küste entfernt, ertönt eine
laute Explosion; kurz darauf
wird auf der Insel das vereinbarte Signal zur Abholung
gegeben. Die Briten kehren an
die Küste zurück und müssen
dort feststellen, dass der Kommandotrupp in ein Minenfeld
geraten ist. Der zwanzigjährige Obergefreite Konstantinos Psillís von der
Insel Chios kommt dabei ums Leben, drei
andere Griechen werden verwundet. Einige
Tage später wird Konstantinos Psillís auf dem
Friedhof von Pylés beigesetzt.
Noch lange Jahre nach seinem Tod haben die
Dorfbewohner
am
Nationalfeiertag
dem
Soldaten, der für ihre Freiheit gestorben ist, gedacht und für seine Seelenruhe gebetet. Die
Schulkinder trugen Gedichte vor und sangen ein
ihm gewidmetes Lied:
6
Dieses Lied ist zugleich eine schöne Bestätigung der Aussage des deutsche Archäologen
Ludwig Ross aus seinen „Reisen auf den griechischen Inseln des ägäischen Meeres“ (Band 3,
S. 120) aus dem Jahr 1845: „Es ist ein charakteristischer schöner Zug in der griechischen
Volksdichtung, daß die Gedanken des Sohnes, so oft er sich in Noth und Bedrängniß findet,
immer vorzugsweise auf die Mutter sich richten; der Mutter klagt er sein Leid, die Mutter ruft er
um Hülfe an, und wenn es irgendwo eine Trauerkunde zu melden giebt, da darf sie der Mutter
nur schonend, verhüllt, unter Gleichnissen verborgen beigebracht werden“.
Die Gefangennahme der Besatzung von HDML 1381
Durch das tragische Ereignis und die daraus entstandene Verzögerung war es HDML 1381
nicht mehr möglich, gefahrlos an Rhodos vorbei zur türkischen Küste zurückzukehren. So
wurde beschlossen, den folgenden Tag bis zum Einbruch der Nacht bei der kleinen Insel Syrna
(auch Syrina genannt) 20 Meilen südlich von Astypalea zu verbringen. Das Boot wurde zur
Tarnung mit einem Tarnnetz versehen. Zwei deutsche Sturmboote der Küstenjäger-Abteilung
Brandenburg, die unter dem Kommando von Oberleutnant Bertermann den Auftrag hatten, die
britischen und griechischen Kommandotruppen auf den ägäischen Inseln aufzuspüren,
entdeckten am 26. August 1944 das getarnte Boot und eröffneten das Feuer. Den 14 britischen
und vier griechischen Kommando-Soldaten an Bord von HDML 1381 blieb keine andere Wahl
als sich zu ergeben. Die Kriegsgefangenen kamen über Leros nach Athen und dann in das
Kriegsgefangenenlager Kaisersteinbruch (Burgenland). Auf dem Transport dorthin soll drei
Griechen der Heiligen Schar und einem SBS-Angehörigen die Flucht gelungen sein. Das Boot
HDML 1381 wurde von den „Brandenburgern“ übernommen und war dann bis Mai 1945 unter
dem Namen KJ 25 im Dodekanes im Einsatz. Der letzte Einsatz von KJ 25 im Dienste der
Deutschen war am 9. Mai 1945 die Beförderung des Kommandanten Ostägäis, Generalmajor
Otto Wagener, nach Symi - zur Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde. Danach ging KJ 25
wieder als HDML 1381 in den Besitz der Special Boat Squadron über.
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Die 4 griechischen Vulkan-Inseln
Tobias Schorr
www.methana.com, www.nisyros.de
Methana ist heute ein verschlafener Kurort
und nur wenige wissen, dass man auf der
Halbinsel durch eine Landschaft aus über 30
erloschenen Vulkandomen wandert. Dass die
Region schon in vorgeschichtlicher Zeit
besiedelt war, davon zeugen Reste aus der
Zeit um 1400 v.Chr. und das in der Region
entdeckte „Grab des Theseus“, der eine
mythologische Verbindung zur minoischen
Hochkultur hatte, die durch die gigantische
Vulkankatastrophe auf Santorin um 1627 v.
Chr. in die Krise geriet.
Methana
Um das Jahr 230 v.Chr. tat sich auf einem
Feld der Halbinsel Methana ein Spalt auf.
Nach heftigen Erdbeben quoll zähe Lava aus
dem Erdinneren. Weit bis nach Athen war das
Glühen sichtbar und antike Schriftsteller wie
Ovid und Strabon berichteten von dem
großartigen Naturschauspiel.
Ein Vulkanausbruch ist immer etwas, das die
Menschen in Erinnerung behalten. Innerhalb
weniger Monate wuchs dieser Vulkan quasi
vor den Toren Athens bis auf 412 m Höhe.
Doch erst um 1840 erinnerten sich ein paar
Geologen an diesen Vulkan, als die jüngste
Insel Griechenlands im Santorin-Archipel
ausbrach.
Tom Pfeiffers Fund eines verkohlten Olivenbaums half, den minoischen Vulkanausbruch
auf Santorin auf +- 27 Jahre genau datieren
zu können.
Santorin
Santorin ist eine der weltweit schönsten und
interessantesten Inseln. Hier kann man quasi
durch ein Lehrbuch der Geologie wandern.
Hunderte Vulkanausbrüche in den letzten
zwei Millionen Jahren haben unterschiedliche
Schichten aus Lava, Asche und Bims aufgetürmt. Und unter der letzten, fast 60 Meter
dicken Bimsschicht entdeckte man beim Dorf
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Akrotiri eine minoische Stadt mit bis zu dreistöckigen Häusern.
Im vorgeschichtlichen Pompeji haben sich sogar die wunderschönen Wandmalereien aus
einer Zeit um 1700 v.Chr. erhalten. Die
Bewohner fand man bis heute nicht. Konnten
sie vor der Katastrophe rechtzeitig fliehen?
Oder wurden sie von Tsunamis erfasst? Die
Flutwellen bei der Explosion von Santorin
fanden Eingang in die Mythologie und auch
heute findet man deren Ablagerungen im
Mittelmeerraum.
mineralien. Ein ganzer Hügel wird dort sgar
„Amethystos“ genannt und tatsächlich findet
man dort die violetten Halbedelsteine! Er
wurde in letzter Minute vor der Zerstörung
bewahrt, denn in ihm gibt es abbauwürdige
Gold-Vorkommen. Die Bewohner der Insel
Milos hatten genug, dass ihre Insel durch
Bergwerke zerstört wird. Denn Milos gehört
zu den schönsten Inseln der Kykladen.
Wunderschöne, fjiordartige Buchten und
Sandstrände gehören zu den schönsten im
Mittelmeer.
Nisyros
Eine unbekannte Insel liegt am östlichsten
Rand des Ägäischen Inselbogens. Etwas
südlich der Insel Kos erhebt sich der Kegel
der Vulkaninsel Nisyros. Eine grüne Insel mit
vielen Wanderwegen, ein paar kleinen
Dörfern und einem riesigen Kesseltal, in
dessen Mitte die aktiven Krater heiße
Schwefelgase und Dampf ausstoßen. Dort
gab es 1887 die letzte Dampfexplosion und
1996 befürchtete man nach zahlreichen
Erdbeben schon das erneute Erwachen des
Vulkans. Im Rahmen des europäischen
Forschungsprogramms GEOWARN wird seitdem der Vulkanismus dieser Insel intensiv erforscht. Man möchte ein System schaffen,
das eine rechtzeitige Warnung der 900
Bewohner Nisyros ermöglicht.
Milos
Vulkane sind nicht nur eine Bedrohung, sondern die Quelle des Wohlstands. Viele
wichtige Metalle, die unser tägliches Leben
bestimmen, wären ohne vulkanische Tätigkeit
nicht verfügbar. Die Insel Milos ist eine
Schatzinsel, von der nicht nur die berühmte,
antike Statue der Venus im Louvre stammt,
sondern auch zahlreiche wertvolle Industrie-
Keiner der 4 griechischen Vulkane gleicht
dem anderen. Während Methana und
Nisyros grüne (Halb)Inseln mit Tälern und
Wäldern sind, in denen
man herrlich wandern
kann, sind Milos und
Santorin recht karg,
mit deutlichen Zeichen
des aktiven Vulkanismus. Alle vier gehören
sicher zu den schönsten Inseln Europas.
Text: Tobias Schorr
Bilder: volcanodiscovery
9
Milos, die Insel der Farben
Diese Überschrift liest man recht oft und sie
ist daher auch schon etwas verbraucht. Trotzdem trifft sie das Erscheinungsbild der kleinen, liebenswerten Kykladeninsel sehr genau.
Gemeint sind die Farben der ganz unterschiedlichen Gesteinsformationen, die das Bild der
Insel prägen. Die vulkanische Vergangenheit
hat Milos nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht
eine besondere Stellung eingebracht, sondern auch ein einmaliges Erscheinungsbild
verliehen. Markante und zum Teil recht bizarre Formationen geben vor allem den unzähligen Stränden ihren jeweils ganz individuellen Charakter. Hier, wo das Wasser die verschiedenen Gesteinsschichten freilegt und
langsam aber stetig die Küste formt, zeigen
sich die Farben von Milos. Ob in der blendend
weißen Mondlandschaft von Sarakiniko oder
an den schwefelgelben Steilhängen von
Paleochori, dem Besucher bietet sich immer
wieder aufs Neue ein überraschender und
zugleich faszinierender Anblick. Genau das
macht den Reiz aus und weckt die Neugier,
immer neue Küstenabschnitte zu erkunden.
Immo Schröter
www.milos-greece.com
Vulkanismus hat der Insel Bodenschätze ge
schenkt, durch deren Gewinnung sich ein
Wirtschaftszweig entwickelt hat, der wesentlich älter als der des Tourismus ist. Und bis
heute hat der florierende Tagebau der Insel
ein deutliches Maß an Eigenständigkeit und
Unabhängigkeit gesichert. Dass der Abbau
von Bentonit, Perlit und anderen exotischen
Mineralen Spuren hinterlässt, ist verständlich
und einige Landstriche in Milos haben auch
sicher jedes griechische Inselflair eingebüßt.
Auf der anderen Seite ist aber gerade dieser
Wirtschaftszweig dafür verantwortlich, dass
sich Milos noch nicht in dem Maße dem Massentourismus geöffnet hat wie viele andere
griechische Inseln. Eine verschlafene Inselidylle, die von so vielen Individualreisenden
geschätzt wird, hat eben ihren Preis. Wer das
versteht, sieht vielleicht die Schattenseiten
von Milos mit anderen Augen und erfreut sich
an der Natürlichkeit der Insel und seiner Bewohner. Denn Milos gehört zum Glück nicht
zu den Orten fernab der Zivilisation, die von
der Bevölkerung allmählich aufgegeben werden, wo das Leben langsam erlischt und
junge Menschen in die Städte fliehen. Milos
bietet alles, was man zum Leben braucht,
aber davon eben nicht zuviel. Wer eine perfekte Infrastruktur und touristischen RundumService erwartet, wird hier sicher nicht glücklich werden. Wer aber ein Fleckchen Erde
sucht, das sich seine Ursprünglichkeit bewahrt hat, noch allerlei Ecken und Kanten hat
und in vielerlei Hinsicht auch unbequem ist,
der wird in Milos einen einmaligen Urlaub
verbringen können.
Was die Farben betrifft, kann ich natürlich das
nicht unerwähnt lassen, was eigentlich für fast
alle Kykladeninseln gilt. Das Zusammenspiel
von schneeweißen Häusern, blauem Himmel
und noch blauerem Meer vor einer kargen
Kulisse. Jedes typisch griechische Postkartenmotiv verblasst angesichts der realen Eindrücke, die jeder einmal selbst erlebt haben
sollte. Tagsüber in blendenden Farben, früh
morgens und kurz vor Sonnenuntergang hingegen in ein unglaublich warmes Licht getaucht, das es eben nur hier auf den Kykladen
gibt. Am frühen Abend vor der Panagia Korfiatissa in Plaka sitzend kann man dieses
Schauspiel beispielhaft genießen, wenn die
Sonne in Richtung Antimilos untergeht und
die letzten wärmenden Strahlen übers Meer
schickt.
Die Tatsache, dass in Milos in großem Umfang Tagebau betrieben wird, sorgt immer
wieder für kontroverse Diskussionen. Der
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Fred Wyss
November 2012
Milos 2004
Ich hatte das Bulletin komplett. Nun hat
mir aber „DIE ZEIT“ im letzen Moment den
Abdruck eines Artikels über Milos nur
gegen Bezahlung gestattet. Darum kein
Abdruck. Sie finden den Artikel hier:
http://www.zeit.de/2011/33/Griechenland-Insel-Milos
Nun fehlten mir plötzlich drei Seiten und
etliche Informationen zu Milos – also versuche ich aus der Erinnerung selber etwas
zu schreiben, wir waren ja im 2004 dort.
Gewohnt haben wir damals im Hafenort
Adamas. Viele Leute bezeichnen diesen Ort
als zu lärmig, zu modern. Adamas liegt aber
schön zentral in der windgeschützten Hafenbucht und bietet an Infrastruktur alles, was
der Tourist braucht. Es ist der Verkehrsknotenpunkt der Insel, hier legen die Fähren an,
hier starten die Busse, hier gibt es Autovermieter und hier starten auch die Ausflugsboote, welche die Insel umrunden. Ausserdem gibt es Läden, darunter eine sehr gute
Bäckerei, und eine ganze Anzahl Tavernen.
Die Stadt ist relativ jung (1824 gegründet von
Flüchtlingen aus Kreta), auf dem Hügel rund
um die Kirche hat sie aber durchaus noch
etwas Kykladen-Flair. Sonst dominieren die
Betonbauten.
Die Hafenpromenade war im 2004 bereits
fertig renoviert und massiv verbreitert worden.
Das ist nicht mehr so romantisch wie früher,
dafür gibt es Platz für den Verkehr. Am Ende
der Promenade liegt der Fähranleger, dahinter ein grosser Parkplatz. Sonst ist das Parken entlang der breiten Promenade verboten,
und dieses Verbot wird auch durchgesetzt.
Zwei Polizistinnen, beide in schicken weissen
Uniformen (sogar die Schuhe waren weiss),
die eine hübsch und umgänglich, die andere
eher etwas breit und energisch, haben die
Aufgabe, die Promenade von parkierten Fahrzeugen zu räumen. Das funktionierte so:
Die Polizistin stellt sich demonstrativ vor das
Fahrzeug. Ein Blick in die Runde, dann der
Griff zur Trillerpfeife. Drei Pfiffe, nochmals ein
suchender Blick in die Runde. Wenn nichts
passiert, wechselt die Polizistin den Standort
und stellt sich hinter das Fahrzeug. Es folgt
ein weiterer Pfiff, dann wird der Block
gezückt. Spätestens jetzt kommt in 95% der
Fälle der Besitzer aus einem der Läden oder
Restaurants gestürzt - wenn nicht, hat er
Pech gehabt. So fegen die beiden die etwa
400 m lange Promenade täglich leer, eine
beginnt vorne, die andere hinten. Allerdings nur etwa 60 m hinter ihnen wird die Promenade gleich wieder lückenlos zugeparkt. Eine
Sisyphusarbeit im wahrsten Sinn des Wortes.
Sie wird nur unterbrochen, wenn eine Fähre
anlegt und die Hilfe der beiden Polizistinnen
dort von Nöten ist.
Bei
den
Fähren
handelt es
sich fast
immer um
den grossen, roten Kataraman, namens Highspeed 2 (die Dinger haben keine Namen, sie
sind durchnummeriert). Die Fahrt mit diesen
Schnellfähren ist absolut unromantisch dafür
schnell, man sitzt in Flugzeugsitzen, auf den
Monitoren laufen Trickfilme, aber auf Deck
gehen kann man nicht. Der riesige Katamaran
pendelt zweimal pro Tag zwischen Piräus und
Milos hin und her und schafft die Stecke in
dreieinhalb bis vier Stunden. Leider verdrängt
diese Schnellfähre fast alle anderen Schiffe,
es ist deshalb recht schwierig geworden, von
Milos aus in einer anderen Richtung als nach
Piräus weg zu kommen. Dank der schnellen
Verbindungen gibt es viele WeekendTouristen auf der Insel. Freitag und Samstag
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sind die sonst
leeren,
überteuerten
Bars
oberhalb der Promenade plötzlich
voll, und in den
Tavernen gibt es
Dinge zu essen
(Kokoretsi, ganze Lämmer), die man in den
Tourismusgebieten sonst nicht mehr findet.
Die nähere Umgebung der Stadt kann man in
Spaziergängen erkunden. Westwärts geht’s,
vorbei an einem Sandstrand mit Hotel, zu
einem zweiten, meist leeren Kieselstrand mit
einem französischen Kriegsdenkmal. Dahinter
liegt eine Fundstätte mit Obsidian, das Mineral, das schon vor 7000 Jahren von Milos aus
exportiert wurde. Die Obsidian-Brocken, die
aussehen wie schwarzes Glas, liegen auf
dem Weg herum. Wie die Steinzeitmenschen
kann man mit einem Stein scharfe Messerklingen und Pfeilspitzen abschlagen.
Östlich vom Hafen liegt in etwa 600 m Entfernung ein ganz akzeptabler Sandstrand mit
Tamarisken. Hier steht auch das BergbauMuseum (beachte auch Seite 14).
Eine grössere Wanderung führt via Tripiti
hinauf nach Plaka. Plaka präsentiert sich als
wunderschönes Kykladendorf. Die äusseren
Häuser liegen vorne auf der Krete, mit Blick
hinunter auf die grosse Bucht und westwärts
aufs offene Meer. Man sollte mindestens mal
einen Abend (mit Sonnenuntergang) hier
oben verbringen - und man sollte vorbei an
der fotogenen Panagia Thalassitra- Kirche
hinauf aufs Kastro steigen. Von da oben hat
man nämlich den totalen Überblick über die
Insel. In Plaka gibt es in den windgeschützten
Gassen etliche Tavernen und es soll da oben
auch schöne Unterkünfte geben. Ausserdem
befinden sich hier ein Folkloremuseum und
natürlich das archäologische Museum mit
einer Kopie der Venus (siehe Seite16).
Unterhalb Plaka liegt das Dorf Tripiti mit einigen guten Aussichtstavernen an der engen
Dorfstrasse. Ein Spaziergang führt einen
unterhalb des Dorfes vorbei an den wichtigsten archäologischen Stätten: Die frühchristlichen Katakomben, die Stadtmauern aus
dorischer Zeit, die Fundstätte der Aphrodite
und das schön gelegene römische Theater.
Ganz unten an der Küste liegt die malerische
Siedlung Klima. Am Strand entlang stehen
hier in einer geschlossenen Reihe die typischen, zweistöckigen Bootshäuser, die
Syrmata. Jedes hat im unteren Stockwerk
eine Bootsgarage mit farbigem Garagetor.
Früher hat man hier tatsächlich die Boote
hineingezogen, mit Stahlkabeln (auf gr.
Syrmata). Den Begriff hat man später als
Name für die Häuser übernommen. Heute
dienen die Garagen meist als Wohnzimmer
oder Wohnküche, die Häuser werden als
Wochenendhäuschen verwendet, richtig wohnen tut hier niemand. Einen Laden oder gar
Tavernen gibt es deshalb hier nicht, nur
etwas oberhalb der Siedlung liegt an der
Strasse ein kleines Hotel, in dem man in der
Saison auch etwas zu trinken kriegt.
Die Strasse endet abrupt bei der einzigen
Lücke zwischen den Häusern, direkt am
Meer, Parkmöglichkeiten gibt es hier unten
keine, man muss das Fahrzeug weiter oben
abstellen. Durch die Siedlung geht‘s dann zu
Fuss alles direkt dem Wasser entlang, quasi
über die Terrassen der Häuser.
Der beste Aussichtspunkt ist auf der Mole,
nur dort kann man die Häuser aus Distanz
Plaka
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zu tiefstem Schwarz.
Der spektakulärste Strand
ist der von Sarakiniko.
Eine blendend weisse,
ausgewaschene
und
blankpolierte Felsküste mit
tiefen Buchten und Höhlen.
Man kommt sich vor wie in
der Arktis und würde sich
nicht wundern, wenn plötzlich ein Eisbär daherkäme. Nur die Temperatur ist nicht ganz arktisgerecht. Um ein
Sonnenbad zu nehmen ist es hier, auf diesen
reflektierenden Felsen, viel zu heiss – und
das Aufstellen von Sonnenschirmen ist auf
den Felsen nicht möglich. Wir haben darum
jeweils an einem andern Strand gebadet.
Gebadet? Egal an welchem Strand, irgendwann beginnt man farbige Steine zu sammeln, sei es nur zum Ansehen und Fotografieren oder gar zum mitnehmen. Bekannte
Strände findet man entlang der Ost- und
Südküste, einsamere im äussersten Westen,
nur mit Mietwagen oder Boot erreichbar.
Auf Milos wird intensiv Bergbau getrieben,
irgendwann kommt man unweigerlich durch
grosse Abbaugebiete. Dabei fährt man über
breite, gute Pisten – nur, die sind nicht für
Mietwagenfahrer gemacht. Beachten Sie die
Tafeln mit der Aufschrift „ATTENTION!
FREQUENT CROSSING OF HEAVY TRUCKS“, und
nehmen Sie diese ernst. Die Riesenlaster, die
die Mineralien zu den Verladestationen transportieren, fahren mit Höchstgeschwindigkeit.
Die Fahrer sind wahrscheinlich im Akkord
bezahlt und fahren wie die Verrückten.
Darum, machen Sie Platz, die Laster hupen
zwar laut – aber bremsen?
Trotz Bergbau, Milos ist eine wunderschöne und farbenfrohe Insel, die
dank Bergbau vom Tourismus noch
nicht überschwemmt ist. Da gehen wir
auf jeden Fall nochmals hin!
Klima
von vorne betrachten und fotografieren. Am
schönsten präsentiert sich Klima am Abend,
wenn die Sonne die Häuser schön beleuchtet.
Dann herrscht hier unten Feierabendstimmung. Leute sitzen vor den Häusern, bei der
Mole baden Kinder, (Hobby)-Fischer machen
ihre Boote klar und fahren aus, andere fachen
bereits den Grill an. Eine schöne, friedliche
Stimmung – ganz ohne (andere) Touristen.
Weitere, kleinere Syrmata-Häfen findet man
im Norden der Hafenbucht und an den tiefen
Buchten der Nordküste, die schönsten sind
Fyripotamos, Mandrakia, Mitakas und Agios
Konstantinos. Ganz im Osten der Nordküste
liegt das Fischerdorf Polonia, mit einem hübschen von Tavernen gesäumten Fischerhafen. Von hier fährt eine kleine Fähre hinüber zum Nachbarinselchen Kimolos. In
Pollonia gibt es auch Unterkünfte, es könnte
also durchaus Standort für einen längeren
Aufenthalt sein.
Milos bietet eine Fülle von sehr schönen
Stränden, es gibt hier alles: Felsstrände,
Strände mit farbigen Kieseln oder Sandstrände eingefasst mit farbigen Felsen. Milos
ist bekanntlich eine Vulkaninsel, deshalb
leuchten Berge, Felsen und Steine in allen
Farben von Weiss über Gelb, Grün, Rot bis
Sarakiniko
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Milos-Infos auf Internet:
Schöner Artikel: www.natur-welten.ch/
Reisebericht_Griechenland_Milos.pdf
Umfangreiche Infos: www.milos-greece.com
Eine Ruine auf Milos
Fred Wyss, November 2012
Quelle: Diverse Reiseführern und Websites
Im Sommer 2004 waren wir auf Milos. Eine sehr schöne und interessante Insel, die wir ausgiebig mit dem Mietwagen erkundet hatten. Am letzten Mietwagen-Tag auf der Heimfahrt, machten wir einen Abstecher in die Berge der Südküste. Wir hatten auf der Karte das verlassene
Bergwerk Paliorema entdeckt. Nur, die „Strasse“ war ca. 1 km und weit oberhalb des Bergwerkes abgesperrt, und zwar wirksam mit einem grossen Sandhaufen, und es standen mehrere
Verbotstafeln da, die jegliches Befahren und Begehen des Weges verboten. Wir haben dann,
auch angesichts der fortgeschrittenen Tageszeit, umgedreht. Am folgenden Tag, wieder Fussgänger geworden, besuchten wir das Bergbaumuseum in Adamas. Ein interessantes Museum,
das man eigentlich unbedingt am Anfang des Urlaubes besuchen sollte. Vor allem der Film
über die Bergbautradition, der im Untergeschoss gezeigt wird, ist sehr informativ und zeigt, wie
früher gearbeitet wurde, auch in diesem verlassenen Bergwerk. Uns war damit klar, dass wir
da wirklich etwas verpasst hatten. Aber für diesmal war es zu spät. Jetzt habe ich aus Reiseführern und auf dem Internet die wichtigsten Informationen zusammengesucht.
Die verlassene Schwefelmine in der Bucht
von Paliorema liegt am Ende eines steil eingeschnittenen Tals, umgeben von wilden
Bergen und steilen Felsen, an der schwer zugänglichen Ostküste von Milos. Man kommt
nur zu Fuss oder per Schiff hin.
Hier wurde vor vielen Jahrzehnten Schwefel
abgebaut, aufbereitet und verschifft. Die Mine
ist seit vielen Jahren verlassen, aber fast die
gesamte Installation mit Gebäuden, Maschinen und Ladeanlagen steht noch da. Alles
rostet zwar vor sich hin, die Anlage wirkt aber
noch erstaunlich unberührt und präsentiert
sich als geisterhafte Industrieruine in der
Landschaft.
Die Anlage gibt noch heute einen Eindruck
über die Arbeits- und Lebensbedingungen der Bergmänner
(und Frauen), die hier unter
schwierigsten
Bedingungen
nicht nur arbeiteten, sondern
auch lebten. Von Mitte des 19.
Jahrhundert bis
Mitte 20.
Jahrhunderts, als endlich ein
Fahrweg hierher gebaut wurde, wohnten die Arbeiter jeweils während der ganzen
Woche bei der Mine. Erst am
Samstag kehrten
sie in
stundenlangen Fussmärschen
nach Hause zurück, um bereits
am Montagmorgen wieder bei
der Arbeit zu erscheinen. Während der ersten
Jahre wohnten sie in Höhlen und Hütten, erst
1937 wurden dann Häuser gebaut, die aber
immer noch nicht allen genügend Platz boten.
Wegen der harten Lebens- und Arbeitsbedingungen und der mickrigen Bezahlung gab es
immer wieder Streiks und Aufstände, die
jeweils niedergeschlagen wurden. Erst ab
1952 gab es die erste organisierte Krankenstation und erst ab 1960 eine Pensionskasse
für die Arbeiter. Es gab auch ein einfaches
Lebensmittelgeschäft, in welchem preiswerte
Nahrungsmittel gekauft werden konnten, mit
einer betriebseigenen Währung. Beispiele
solcher Münzen sind im Bergbau-Museum
von Adamas ausgestellt.
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wurde der Schwefel in die riesige Zerkleinerungsmaschine gekippt, pulverisiert und
dann durch unter
Druck gesetzten
Dampf geleitet,
damit er verflüssigt
werden
konnte.
Anschliessend
wurde er in Formen gegossen,
mit Hilfe von
Meerwasser abgekühlt, verpackt
und abtransportiert.
1958 überschwemmte die USA die globalen
Märkte mit grossen Mengen billigem
Schwefel. Bald begann dann auch die Produktion von riesigen Mengen Schwefel aus
Rückständen
der
Ölverarbeitung.
Die
Schwefelproduktion bei Paliorema wurde
zuerst verringert und bald war man gezwungen, die Mine zu schliessen.
Die Anlage wurde verlassen und die Einheimischen entfernten nach und nach die meisten
beweglichen Gegenstände. Geblieben sind
die Gebäude, die Reste der großen, schweren Maschinerie, die Stollen (nicht betreten,
gefährlich!), die Höhlenhäuser, die Brücken,
das Lager und Teile des Kranes beim Ladepier.
Das Gebiet um die Mine wurde 2001 an eine
Privatperson verkauft. Paliorema gilt heute als
ein bemerkenswertes industrielles Denkmal
und es gibt immer wieder Diskussionen
darüber, dass man es erhalten und in ein
Industriemuseum umwandeln sollte.
Die Arbeit der Bergmänner war sehr ungesund, sie arbeiteten normalerweise in Stollen,
in denen es extrem heiss und staubig war,
*Ventilationseinrichtungen“ gab es praktisch
nicht. Lungenflügelinfektionen, Tuberkulose,
Blindheit und Arbeitsunfälle sind einige der
häufig berichteten Probleme.
Am Ende des 19. Jahrhunderts wurden
grosse Mengen Schwefel nach Frankreich
exportiert, dort wurde dieser für die Fumigation der Weinberge benutzt, eine Methode,
die auch in Griechenland angewendet wird.
Im Durchschnitt gab es in der Mine 200-300
Beschäftigte und die durchschnittliche jährliche Produktion wird mit 2000 Tonnen angegeben. Insgesamt produzierte die Grube von
Paliorema etwa 125.000 Tonnen Schwefel.
Im Bereich um die Grube gab es Anlagen wie
einen grossen Generator zur Erzeugung der
Elektrizität, Büros, ein Konstruktionsbüro, ein
Chemielabor, eine Zimmerei, eine Bäckerei,
ein Lebensmittelgeschäft und Wohnhäuser –
aber auch riesige Zerkleinerungsmaschinen,
Steinmühlen sowie Verladeanlagen.
Der Schwefel wurde aus tiefen Stollen aus
dem Berg herausgeholt, und mit Transportloren auf den Berg hinauf transportiert (die
Schienen sind noch zu sehen). Von oben
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Immo Schröter
www.milos.at bzw. www.milos-greece.com
Aphrodite von Milos
Die griechische Geschichte ist seit jeher
eng verbunden mit unzähligen Göttern, Halbgöttern und illustren
Sagengestalten. Götter
wurden in der griechischen Antike verehrt
und angebetet, ihnen zu
Ehren wurden Tempel
erbaut, Opfer gebracht
und auch Kriege geführt.
Eines der bekanntesten
femininen Götterbilder
war und ist die Aphrodite, die griechische
Göttin der Liebe und der
weiblichen Schönheit.
Von
Aphrodite,
der
Liebesgöttin, gibt es in der bildenden Kunst
zahlreiche unterschiedliche Darstellungen.
Eines der bekanntesten Gemälde ist zweifelsohne die "Geburt der Venus" von Botticelli.
Unter den bildhauerischen Werken hingegen
ist das mit Abstand bekannteste Meisterwerk
die Statue der "Venus von Milo", der diese
Seiten gewidmet sind.
Archäologischen Museum in Plaka, dem
Hauptort der Insel Milos.
Aphrodite von Milos
Die Aphrodite von Milos symbolisiert das
Ideal weiblicher Schönheit. Der Marmor, aus
dem sie gefertigt wurde, stammt von der
Kykladeninsel Paros, wobei bis heute nicht
geklärt ist, welcher Bildhauer sie erschaffen
hat. Die kunstvoll und sehr detailliert ausgearbeitete Aphroditestatue ist neben der
Laokoon-Gruppe das berühmteste Beispiel
späthellenistischer Kunstfertigkeit in der
griechischen Antike.
Nach Auffassung der meisten Wissenschaftler stellt die Statue Aphrodite nach dem Bade
in Vorbereitung des Parisurteils dar. Eris, die
Göttin der Zwietracht, hatte einen Streit
zwischen Aphrodite, Pallas Athene und Hera
provoziert, wer von ihnen die Schönste sei.
Zeus bestimmt Paris zum Schiedsrichter und
Aphrodite geht als Siegerin hervor. Doch das
Problem ist damit nicht aus der Welt geschaffen und es folgen weitere Wirrungen bis hin
zum Trojanischen Krieg.
Ein Bauer aus Milos - Giorgos Kentrotas,
Entdecker der Venus von Milos
Am 8. April 1820 wurde die 2,04 m hohe
Statue auf der Insel von einem Bauern
namens Giorgos Kentrotas in der Umgebung
der Ruine des antiken Theaters unweit des
Ortes Tripiti gefunden.
Die Statue war dort in einer Wandnische aufgestellt. Kentrotas war ursprünglich auf der
Suche nach Baumaterial, und er hätte die
Statue sicherlich nicht weiter beachtet. Zufällig beobachtete jedoch ein Matrose der französischen Flotte, der spätere Oberst Olivier
Vautier, die Ausgrabung.
Vautier regte den Bauern zum Weitergraben
an und half ihm sogar bei der Ausgrabung der
Aphrodite-Statue. Er fertigte dann persönlich
Zeichnungen der geborgenen Marmorteile an.
Es wurden der Oberkörper und der untere
Teil der Statue sowie zwei Hermen ausgegraben.
Venus von Milo
Vermutlich um 100 v.Chr. entstand die inzwischen zu Weltruhm gelangte AphroditeStatue von Milos, ausgehend von der römischen Mythologie auch bekannt als Venus
von Milos. Die Aphroditestatue wurde auf der
kleinen griechischen Insel Milos (früher
Melos, französisch Milo) gefunden, die zu den
Kykladen in der Ägäis gehört. Milos zählt zu
den Westkykladen und liegt etwa auf halbem
Weg zwischen Athen und Kreta.
Da die Statue griechischen Ursprungs ist, ist
die
korrekte
Bezeichnung
eindeutig
"Aphrodite von Milos", obgleich sie unter dem
Namen "Venus von Milo" bekannt wurde. Die
Statue ist heute im Pariser Louvre zu
bewundern, lediglich eine Kopie steht im
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Der Weg der Venus in den Louvre
Vautier meldete dann den Fund dem Marquis
de Riviere, dem französischen Botschafter in
Istanbul. Dem Marquis de Riviere war es
durch seine Kontakte möglich, die Statue für
Frankreich zu "erwerben". Der Bauer
Kentrotas war sich der Bedeutung des einzigartigen Fundes nicht bewusst und wurde mit
einigen Geldstücken zufriedengestellt.
Nach einigen Wirren sollte die Statue zunächst nach Konstantinopel verfrachtet
werden, aber dies wussten die Franzosen
noch rechtzeitig zu verhindern. Der Marquis
schenkte die Venus dann dem damaligen
französischen König Louis XVIII. Die Statue
wurde verschifft und erreichte im November
1820 Frankreich.
König Louis XVIII. wiederum überließ die
wertvolle Aphroditestatue im Jahr 1821 dem
Louvre, wo man sie noch heute besichtigen
kann. Seit der Überführung in den Louvre ist
die Statue zu einer weltweiten kunsthistorischen Berühmtheit geworden. In Milos selber ist nur eine Kopie der berühmten Statue
zu besichtigen. Vor dem Originalwerk bilden
sich im Louvre immer wieder lange Besucherschlangen, die die Ausstrahlung der Göttin
der Liebe bewundern.
möglich. Sowohl Alexandros von Antiochia als
auch Hagesandros von Rhodos aus der
Künstlergruppe Anthanadoros, Hagesandros
& Polydoros kommen als Erschaffer der
Aphrodite von Milos in Frage.
Archäologisches Museum von Milos
Das wesentliche Exponat im Archäologischen
Museum in Plaka ist natürlich die Aphroditestatue. Sie empfängt einen überlebensgroß
direkt hinter der Eingangstür im Vorraum.
Tragisch ist nur, dass sie als einziges Ausstellungsstück nicht echt ist. Wenn das
Original zumindest in Athen stünde, würde
man sich hier am Fundort der "Venus von
Milo" sicher mit einer Kopie begnügen. Ob die
Aphrodite aber jemals aus Frankreich heimkehren wird, ist fraglich.
Rätselhafte Vergangenheit
Welche Geschichte die Statue in den annähernd 2000 Jahren bis zu ihrer Entdeckung
aufzuweisen hat, ist bislang unbekannt.
Leider ist die Statue nicht mehr vollständig
erhalten. Beide Arme der Aphrodite fehlen
und sind bis zum heutigen Tag nicht wieder
aufgetaucht. Davon abgesehen hat die Statue
die Jahrtausende relativ unbeschadet überstanden.
Über den Künstler der Statue herrschen
Zweifel. Zusammen mit der Statue der
Aphrodite wurde ein Sockelfragment mit einer
Inschrift gefunden. Die Statue wurde als das
Werk eines gewissen Alexandros oder Hagesandros ausgewiesen. Leider verschwand der
Sockel mit der Inschrift schon bevor die
Statue im Louvre aufgestellt wurde, eine eindeutige Zuordnung ist nun nicht mehr
Falsche Aphrodite am richtigen Platz: Kopie der Venus
von Milo im Archäologischen Museum in Plaka, Milos
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Nisyros - Wandern auf einem schlafenden Vulkan
Tobias Schorr
volcanodiscovery.com
Es gibt viele Inseln in
Griechenland. Einige sind
ganz berühmt und entsprechend vom Tourismus überlaufen. Andere haben ein
Schattendasein. Dies sind
die Inseln, die noch voll von
Geheimnissen und unbekannten
Naturschönheiten
sind. Im Gegensatz zu den
Tourismuszielen haben diese
Inseln ihren Charakter bewahrt. Ein guter Wegweiser
zu reizvollen Gegenden ist
eine eologische Karte. Griechenland liegt auf einer der interessantesten Zonen der Erdkruste. Hier ist immer etwas in Bewegung.
Die Afrikanische Platte schiebt sich unter die
Europas und Kleinasiens. Gewaltige Kräfte
suchen sich ihren Ausweg aus dem Erdinneren. In einer bogenförmigen Zone, nördlich
der Insel Kreta liegt die geologisch interessanteste Region Südosteuropas. Denn hier
quellen die in der Tiefe aufgeschmolzenen
Gebirge in Form aktiver Vulkane an die
Erdoberfläche. Noch ist die Aktivität der
griechischen Vulkane keineswegs beendet!
Die Halbinsel Methana, die Insel Milos, die
Insel Santorin und vor allem die Insel Nisyros
sind Gebiete, in denen in Zukunft weitere
Vulkanausbrüche zu erwarten sind.
Besonders Nisyros ist seit
einigen Jahren in das Interesse der Vulkanologen gerückt. Um 1996 gab es in der
Region zahlreiche Erdbeben,
die auf die Umgebung der fast
kreisrunden Insel konzentriert
waren. Im Hauptort Mandraki
wurden einige Häuser beschädigt. In der Seismologie
(Erdbebenforschung)
sind
Erdbebenstöße in der Umgebung von Vulkanen immer
eine Warnung. Denn sie
können darauf hindeuten,
dass im Untergrund heißes Magma in höhere
Gesteinsschichten aufsteigt und bald Vulkanausbrüche folgen können. Die letzte Eruption,
die heiße Lava förderte liegt zwar schon mehr
als 25.000 Jahre zurück, aber heiße Gaseruptionen gab es in der Zeit von 1871-1887. Seit
2000 wird die Insel im Rahmen des EUProjekt GEOWARN intensiv erforscht. In
dieser Kooperation der wichtigsten europäischen Universitäten wird an einem Frühwarnsystem gearbeitet, dass jederzeit
drohende
Vulkanausbrüche
rechtzeitig
vorhersehen lässt und die Evakuierung der
lokalen Bevölkerung ermöglicht.
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Das Schnellboot pflügt durch das tiefblaue
Meer der Ägäis. Zuerst kann man in der Umgebung einen konischen Felsen entdecken:
Die kleine Vulkaninsel Strongyli. Dann geht
es quasi um die Ecke und das Schnellboot
macht manchmal einen Halt an der Insel Yali,
die fast ausschließlich aus vulkanischem Glas
und anderen wichtigen Rohstoffen besteht,
die industriell abgebaut und in die ganze Welt
exportiert werden. Hier steigen ein paar
Arbeiter ein, die nach Hause fahren. Die
„Panagia Spiliani“ fährt am langen Förderband vorbei, an dem ein Frachtschiff festgemacht hat und nimmt Kurs auf Nisyros. Vom
Schiff aus kann man schon von weitem die für
Vulkane typische, konische Form bewundern.
Bald tauchen die ersten Dörfer aus dem
Dunst auf. Mandraki ist der Hauptort von
Nisyros und sein Hafen. Dort sind zur Mittagszeit nur wenige Leute unterwegs und Touristen sucht man vergebens. Nur wenige
Griechenlandkenner kennen die Insel. Gleich
neben dem Hafen findet man ein paar kleine
Pensionen, wie die familiäre Unterkunft „Tria
Adelfia“. Wer möchte, kann es noch etwas
komfortabler haben und die Hotels Haritos
oder Polyvotis nutzen. Überall ist man auf
Nisyros noch willkommen und es ist normal,
dass die Nisyrer am ausländischen Gast
Interesse haben. Hier hat man noch Zeit für
ein Schwätzchen und schnell sind neue
Freunde gefunden. Als Wanderer ist man
natürlich besonders gerne gesehen, denn im
Gegensatz zu Tageausflüglern bleiben sie ein
paar Tage länger und interessieren sich intensiv für die Region.
Um sich auf die Wanderungen einzustimmen,
sollte man es nicht verpassen, erst einmal in
Ruhe den Hauptort zu erkunden. In zahlreichen kleinen Gässchen findet man schöne
Inselhäuser und versteckte Kapellen. Keiner
hat etwas dagegen, wenn man sich ein Kirchlein in Ruhe auch mal von Innen ansieht. Dort
hängen oft noch uralte Ikonen und in manch
einer Kapelle sind antike Säulenkapitelle verbaut. Denn so klein die Insel erscheint, hat sie
doch eine beeindruckende antike Vergangenheit hinter sich. Noch gibt es zwar keine
Nisyros kann man landschaftlich zu den
schönsten Inseln der Ägäis zählen. Hier
dominiert nicht der graue Kalkstein und karge
Boden, sondern fast das ganze Jahr findet
man grüne Berghänge und kleine Eichenwälder vor. Ein Wanderparadies! Die Landschaft ist bergig und erreicht im Gipfel des
Prophitis Ilias 698 m. In der Mitte der Insel
erstreckt sich das mit Olivenbäumen und
Mandeln bepflanzte Kratertal. Die vier kleinen
Dörfer können es mit den berühmten Dörfern
auf Mykonos oder Paros an Schönheit aufnehmen.
Den Besuch der Insel wird man zwangsläufig
mit dem Besuch der Insel Kos verbinden.
Dorthin fliegen günstige Charterflieger. Als
Alternative gilt die Fahrt mit der Fähre
Diagoras von Piräus direkt nach Nisyros (ca.
16 h Fahrt). Wer genug Zeit hat, kann auch
auf Kos zahlreiche Sehenswürdigkeiten besuchen und in einem der zahlreichen Hotels
übernachten. Abends kann man sehr schön
am antiken Markt flanieren, tagsüber das
Asklepios-Heiligtum oder die venezianische
Burg besichtigen. Kos ist ein vom Tourismus
dominierter Ort und, wer ursprüngliche Natur
und einsame Wanderrouten sucht, wird sich
hier etwas verloren fühlen...
Aber gegen den Frust gibt es ein gutes Mittel:
Entweder man nimmt sich die nächste Fähre,
die an Nisyros halt macht. DER Geheimtipp
ist, mit dem Expressboot Panagia Spiliani von
Kardamena aus zur Vulkaninsel zu fahren!
Kardamena ist so eine Art „Mallorca“ auf Kos
und man ist froh, wenn sich die „Panagia
Spiliani“ endlich aus dem kleinen Hafen bewegt. Und die Aussichten sind berauschend!
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systematischen Ausgrabungen auf Nisyros.
Aber, wer zur nahen Akropolis Paliokastro
spaziert, wird eine der am besten erhaltenen
Festungen des antiken Griechenlands bewundern können. Riesige Quader wurden aus
dem stahlharten Vulkangestein geschlagen.
Selbst mit moderner Technologie wäre auch
heute so ein Bauwerk nur schwer zu machen.
Das Eingangstor der Akropolis ist vollkommen
erhalten. Ein paar Türme stehen noch bis zu
einer Höhe von 3-6 Metern. Von den Mauern
blickt man auf Mandraki und das Ägäische
Meer und bis zur türkischen Küste. Auf einem
Feld innerhalb der Festungsmauern entdeckt
man ein paar perfekt erhaltene, korinthische
Säulenkapitelle. Wie auf allen Festungshügeln (Akropolen) lag auch hier in der Antike
sicher mehr als nur ein Heiligtum mit Tempeln
und Opferaltären. Viel Arbeit wartet auf die
Archäologen...
Nach dem Besuch des Paliokastro kann man
auf den kleinen Feldwegen in Sichtweite
Mandrakis durch die Felder spazieren. Hier
kommt der Reptilien-Fan voll auf seine
Kosten! Auf den Mauern aus Vulkangestein
warten „die Drachen von Nisyros“ auf ihre
Beute. Die bis zu 45 cm langen Echsen gehören zu den Agamen (Agame stelio). Sie
flüchten geräuschvoll, sollte man ihnen zu
nahe kommen. Wer früh am Morgen kommt,
kann sie aus der Nähe beobachten.
(Warnung! Besser nicht fangen, denn die
Echsen haben sehr kräftige Kiefer und ein
Biss kann langwierige Infektionen zur Folge
haben!). Giftige Schlangen sind mir bisher
nicht auf Nisyros begegnet, jedoch sollte man
im hohen Gras immer etwas heftiger auftreten, damit eventuell vorhandene Schlangen
rechtzeitig gewarnt sind und flüchten können.
Das Hauptziel der Insel ist für fast alle
Besucher der aktive Kraterbereich in der
Kaldera (Kesseltal in der Mitte der Insel). Man
kann auch mit dem Bus oder dem Taxi dorthin gelangen. Aber viel schöner ist es auf
kleinen Pfaden dorthin zu spazieren. Die
Route beginnt bei der Akropolis. Dort beginnt
am Helikopterlandeplatz ein Fahrweg der
bergauf führt. Nach etwa 1 km geht es rechts
in Serpentinen hangaufwärts voran. Man
kann einem kleinen, ehemaligen Hohlweg
folgen oder dem Fahrweg folgen. Das spart
ein bisschen Zeit und da so gut wie nie ein
Fahrzeug kommt, wird der Genuss der Wanderung nicht getrübt. Am Wegrand wachsen
Zistrosen und überall duftet es würzig. Im Mai
entdeckt man sogar seltene Orchideen
(Ophrys anatolica). In den kleinen Eichenwäldern am Wegrand sollte man etwas aufmerksamer ins Geäst schauen! Denn auch
dort lauern die typischen Echsen. So manch
ein Singvogel wird ihr Opfer...
Bald wird der Weg flach und ein kleines Tal
tut sich auf. Dort befindet sich an einem kleinen Platz die Evangelistria-Kapelle. In großer
Schrift hat man auf den zementierten Platz
davor „Herzlich Willkommen“ („Kalos Orisate“)
gekalkt. Und an der Kapelle gibt es einen
kleinen Wasserhahn, an dem man manchmal
seine Trinkwasserreseven auffüllen kann.
(Bitte nicht vergessen, den Hahn anschliessend zu schließen, damit nicht das kostbare
Zisternenwasser verloren geht! Und trotzdem
genug Trinkwasser mitnehmen, denn manchmal ist der Hahn trocken!). Man orientiert sich
nun am Berghang, der südlicher Richtung
gegenüber liegt. Dorthin führt ein deutlich eingefasster Steinplattenweg. Das wunderschöne Tal wird von beeindruckenden Vulkandomen umrahmt und von zahlreichen
Eichen beschattet. Der Wanderweg führt am
östlichen Hang „Kato Lakki“ entlang. Am
Wegrand gibt es ganze Wiesen aus Farn und
es blüht im Frühling an allen Ecken. Bald
erreicht man den inneren Hang der Kaldera.
Der Weg wird fast zu einer Halde und man
muss schon aufpassen, ihn nicht zu verlieren.
Aber man braucht eh nur bergab über Terrassenfelder zu wandern. Nach wenigen
Minuten erreicht man die wenig befahrene
Strasse zum Krater. Man hält sich rechts und
erreicht bald ein auffälliges EU-Schild. Wer
neugierig ist, kann einen Fahrweg am rechten
Berghang hochgehen. Man erreicht dann das,
was von einem Geothermalkraftwerk übrig
blieb. Man versuchte durch eine Bohrung die
Erdwärme des Vulkans nutzbar zu machen.
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Durch den Widerstand der Bevölkerung
wurde Nisyros ein hässliches Kraftwerk erspart und europäische Fördermittel versickerten buchstäblich im Boden...
Druckentlastung durch diese natürlichen
Ventile gestört, so kann sich der Überdruck
so weit aufstauen, dass alles explosionsartig
in die Luft geschleudert wird.
Im Moment ist der Krater relativ ruhig. Jedoch
hat man in den letzten Jahren ein Ansteigen
der Temperaturen gemessen. Es ist ein
schlummernder Vulkan, aber kein erloschener! Mit entsprechendem Respekt sollte man
im Krater verhalten. Besondere Vorsicht ist
bei den in der Kratermitte liegenden Dampfaustritten zu bewahren! Im Frühjahr sind sie
oft mit heißem, ätzenden Schlamm gefüllt.
Wer mit einem Bein in solch ein Loch rutscht
muss mit schweren Verbrennungen rechnen!
Auch, wenn manchmal Touristenbusse Gäste
von der Insel Kos zum Tagesausbruch
bringen – dieser Vulkan ist kein Spielplatz!
2000 verunglückte hier der Sohn eines befreundeten Geologen. Es droht noch eine
ganz andere, oft von den Besuchern vernachlässigte Gefahr. Der Krater wird auf
Griechisch auch „Akolos“ genannt, was „ohne
Hintern“ bedeutet. Der gesamte Boden ist mit
kleinen Fumarolen übersät, die den Boden
mit ätzenden Salzen bedecken. Setzt man
sich mit seinem Hosenboden irgendwo hin, so
wird die Textilie bis zum Abend von Säuren
zerfressen sein.
Inzwischen riecht man überall Schwefel.
Neben der aufgegebenen Bohrstelle ragt ein
kleiner Hügel auf, der durch heiße Säuren
und Schwefelverbindungen verändert ist.
Westlich unter ihm gibt es eine Reihe von
Kratern. In ihnen gab es in historischer Zeit
vulkanische Dampfexplosionen. Auch heute
sieht man an ihrem Rand viele kleine Gasaustritte. Auch, wenn man als Wanderer
trittsicher ist, so sollte man auf keinem Fall
versuchen, in einen der Krater zu steigen!
Eine unsichtbare Gefahr droht besonders bei
Windstille. In den Kratern sammeln sich
Gase, die schwerer als Luft sind und es
besteht akute Erstickungsgefahr!
Besser, man geht erst mal zum kleinen Kiosk
von Lefteris und versorgt sich mit Trinkbarem.
Dort gibt es z.B. als Spezialität die typische
Mandelmilch („Soumada“). Danach kann man
sich auf einem kleinen Pfad in den größten
Krater begeben. Der Stephanoskrater ist der
größte und am besten erhaltene Hydrothermalkrater der Welt. Er hat einen Durchmesser von ca. 300 Metern und eine Tiefe
von ungefähr 30 Metern. Die Hydrothermalkrater von Nisyros entstanden durch das
plötzliche Freiwerden von überhitztem
Wasserdampf. In tiefen Spalten und
Störungen unter der Insel kommt das versickerte Grundwasser in Kontakt mit der
heißen Magmakammer. Unter dem Krater
sammelt sich das heiße Gasgemisch und tritt
aus Löchern im Kraterboden aus. Ist die
Hat man genug von dieser bedrohlichen
Mondlandschaft, so kann man ein Stück an
der Strasse bis zum östlichen Kraterrand
gehen und dort sich Richtung südlichem
Kalderahang machen, bis man auf einen
kleinen Fahrweg trifft, der nach Westen führt.
Von hier hat man auch die beste Aussicht auf
alle Krater und dem Profitis Ilias Gipfel. Der
Weg hat nur leichte Steigung und irgendwann
führt er an einem Schwefelgasaustritt vorbei.
Hier kann man dicke Schwefelstücke als
Souvenir sammeln. Für Nachschub sorgt der
Vulkan! Bald erreicht man den Westrand des
Kesseltals und sieht das Meer. Links könnte
man in das wunderschöne Dorf Nikia
hochwandern oder rechts nach Mandraki
zurückwandern. Rechts leuchtet schon bald
das Kloster Stavrou mit seinen wunderschön
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weißgekalten Gebäuden. Es dient als so eine
Art Ferienlager und man kann durch die
Scheiben sogar einen Blick auf die Klosterküche mit ihren riesigen Kesseln werfen. Das
Kloster ist die meiste Zeit des Jahres unbewohnt, aber, wenn es ein Kirchenfest gibt,
dann wird in seinem Hof ausgiebig gefeiert.
(wenn man von Mandraki kommt) bevor man
den Platz mit der Kapelle Evangelistria und
dem auffälligen Schattenbaum erreicht, rechts
am Berghang einen Pfad einschlägt, der dann
bald bergauf geht. Man darf den Weg nicht
mit dem deutlich sichtbaren Weg der ersten
Tour verwechseln! Mit etwas Glück trifft man
sogar einen Bergziegenhirten. Der Wanderweg geht durch wild zerklüftete Vulkanfelsen
immer weiter bergauf. Die Aussicht auf die
Nachbarinseln Strongyli, Yali, und Kos ist
großartig! Irgendwann scheint der Weg sich
zu verlieren, aber man erkennt schon von
weitem einen fast runden Garten mit Nussund Feigenbäumen. Ein kleines Häuschen
und eine Kapelle geben bei schlechtem
Wetter Schutz. Dies ist der „hängende
Garten“ einer der schönsten Plätze der Insel
auf ca. 500 Metern. Aber das ist noch nicht
der höchste Punkt der Insel. Dorthin kommt
der Wanderer, indem man sich etwas rechts
am Berghang hält und weiter aufwärts steigt.
Nach weniger als 10 Minuten sieht man
schon die kleine Gipfel-Kapelle des
Propheten Elias und man ist auf 698 Metern
Höhe. Die Aussicht ist nicht mehr zu übertreffen! Man kann vorsichtig in der Umgebung
des Gipfels kleine Kratersenken entdecken
und in südlicher Richtung einen Blick in die
Kraterkaldera und auf den Stephanoskrater
wagen. Auf keinem Fall sollte man „querfeldein“ wandern, sondern unbedingt so, wie man
kam zurückgehen. Die Hänge des Vulkandoms sind an vielen Stellen brüchig, steil und
mit dichter Macchia bewachsen.
Der Weg ist sehr einfach zu finden. Man folgt
einfach der Erdstrasse, die einen breiten
Wanderweg abgibt. Er führt an ein paar
Kapellen vorbei und schon bald sieht man
wieder das Meer und kann Mandraki und
seine weit leuchtendes Kloster Panagia
Spiliani erkennen. Der Weg führt an der
antiken Akropolis vorbei. Wer Lust hat, stärkt
sich nach dieser Tour in einem der Cafés am
Meer oder am wunderschönen Platz
„Ilikiomeni“ oder man geht unterhalb des
Klosters linker Hand an der Küste zum
Kohlaki-Strand
mit
seinen
glänzendschwarzen Kieseln und genießt das herrlich
erfrischende Meer...
Die schönsten Badestrände befinden sich an
der Ostküste der Insel. Dazu fährt man mit
dem Bus oder Taxi bis Pali und wandert an
der Küste, bis man sein Fleckchen gefunden
hat. Und danach lässt man sich im wunderschönen Fischerhafen Pali mit frischen
Meeresfrüchten verwöhnen... Wer ganz
fleißig ist, wandert an der Küste bis kurz vor
Amfionas und geht dann einem Fahrweg
bergauf zum Kloster Panagia Kyras. Weiter
oben trifft man die selten befahrene Strasse
und kann rechts bis nach Emporio schlendern. Dort kann man z.B. auf dem „Balkon
von Nisyros“, einer guten Taverne lecker
essen und sich ein Taxi zurück nach
Mandraki bestellen. Oder man nimmt Emporio
als Ausgangspunkt und wandert von dort auf
einem alten Pfad zur Evangelistria-Kapelle
und nach Mandraki.
Nisyros ist eine ideale Wanderinsel. Man
findet immer irgendwo Schatten und es gibt
zahlreiche, oft uralte Wege. Es lohnt sich
schon früh am Morgen aufzubrechen und in
Ruhe die Natur und Landschaft zu genießen.
Wer weiß, wie lange das noch möglich ist,
denn niemand weiß, wann der Vulkan
erwacht und alles mit einer dicken Ascheschicht bedeckt. So, wie er es in den vielen
Jahrtausenden zuvor schon viele Male tat...
Die Evangelistria-Kapelle ist auch der Ausgangspunkt einer Tour, die zu den schönsten
Wanderungen des Mittelmeerraumes zählen
kann. Das Ziel ist der höchste Gipfel der
Insel. Der Anfang der Route irritiert manchen
Wanderer. Man orientiert sich, indem man
Text: Tobias Schorr
Bilder: www.volcanodiscovery.co
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Ein Ouzo für Maria Callas
Beim zweiten Ouzo überkommt Anna die Nostalgie. Was waren das für Zeiten damals, als
Onassis noch die großen Feste der Insel mit
seiner Anwesenheit beehrte: Jene Sommernacht etwa, als Maria Callas auf dem Hauptplatz von Lefkada-Stadt spontan mal eben die
Verzweiflungs-Arie der Santuzza aus der
Oper Cavalleria Rusticana anstimmte und es
unter den Hunderten von Zechern so still wurde, dass man eine Stecknadel hätte fallen
hören können. Doch das ist schon Jahrzehnte
her. Auch Annas Hotel ist schon in die Jahre
gekommen. In manchen Zimmern schälen
sich die Tapeten von den Wänden. Aber es
gibt eine Klimaanlage, und die nagelneuen
Fenster schließen dicht.
Text: www.tagesspiegel.de, 10.03.2001
Fotos: Fred Wyss
Kastell aus dem 14. Jahrhundert wacht über
die Zufahrt nach Lefkada, doch die dicken
Wehrmauern von Santo Mauro sind inzwischen nurmehr pittoreske Wegmarke. Lefkada-Stadt ist ein fast orientalisch anmutender Ort, der sich in den letzten Jahren heraus
gemacht hat. Eine ausgedehnte Fußgängerzone wurde angelegt, Straßencafés und malerisch dekorierte Tavernen gibt es zuhauf.
Was wichtig ist, denn das "Nirikos" steht genau dort, wo der schmale Damm endet und
sich aller Verkehr auf die Insel verteilt.
Die Fassaden der Häuser leuchten in Pastellfarben, die auf Wellblechverkleidungen aufgetragen sind. Lefkada wurde immer wieder von
schweren Erdbeben heimgesucht. Darum
sind die Häuser hier traditionell nicht aus
Stein, sondern aus elastischerem Holz, das
mit Fachwerk ausgefugt wird. Holz ist in Griechenland rar, und weil das feuchte Winterklima den Konstruktionen zusetzt, werden die
Häuser seit Jahrzehnten mit Blech verkleidet,
um ihre empfindliche Substanz zu schützen.
Die Erdbebengefahr erklärt auch, warum die
Kirchen der Insel fast stets einschiffige Basiliken mit rundem Tonnengewölbe sind, das
Erschütterungen am besten verträgt. Und weil
Kirchtürme bei Beben eine massive Gefahr
darstellen, sind sie auf Lefkada nie fest gemauert, sondern schlichte Metallgerüste, in
die die Glocke gehängt wird.
Doch Lefkada ist gar keine echte Insel. Es
waren die Korinther, Typen, die sich wie
Konquistadoren aufführten, wie Anna sagt,
die die einstige Halbinsel im ionischen Meer
mittels eines Durchstiches vom Festland abtrennten. Aus rein praktischen Gründen übrigens. Es war bequemer, im sicheren Schutz
der Küste zu segeln, statt einen großen Törn
hinaus ins ionische Meer zu machen.
Heute überquert man den schmalen Kanal
mittels einer Schiffbrücke: Roll-on-roll-off über
50 Meter blaues Wasser. Wenn wirklich ein
Kahn durch den Kanal will, dreht sich der
mobile Ponton zu Seite und Lefkada ist für ein
paar Minuten ein wirkliches Eiland.
Der korinthische Durchstich ist noch heute
beeindruckend befestigt. Ein venezianisches
23
Lefkada, in jüngerer Vergangenheit oft auch
Lefkas genannt, hieß im Altertum Leukas und
ist nach dem Gebirge an seiner Südspitze
benannt, dessen schneeweiße Felsen senkrecht ins Meer abfallen. Diese heute Kap
Dukato genannte Landspitze, ist der Legende
nach jener Platz, an dem sich Sappho in die
Tiefe gestürzt haben soll, nachdem Phaon
ihre Liebe verschmähte. Die lefkadischen
Felsen haben wegen dieses allerdings nicht
verbürgten Dramas einen festen Platz in der
Mythologie. Nachweislich korrekt ist dagegen,
dass die Insel bereits in neolithischer Zeit
besiedelt war. Gleichfalls nachgewiesen ist
auch, dass Lefkada in antiker Zeit eine wichtige Rolle spielte und seine Schiffe an allen
legendären Schlachten teilnahmen. Doch so
viel Ruhm und Ehre war dem deutschen
Archäologen Wilhelm Dörpfeld noch nicht
genug. Er verstieg sich in die Hypothese, nur
Lefkada könne das homerische Ithaka gewesen sein, die Heimat des Odysseus.
Homers Helden lebten in der Zeit von 1550
bis 1100 vor Christus. So sehr sich Dörpfeld
auch mühte, er fand keine Überreste aus
dieser Zeit. Dörpfeld gab nie seine Theorie
über das "wahre Ithaka" auf und hielt der
Insel die Treue bis in den Tod. Sein Grab
kann in Vlicho besichtigt werden. Die Flaniermeile der Inselhauptstadt ist heute nach ihm
benannt.
In jüngster Vergangenheit machte Lefkada
vor allem wegen der vorgelagerten Insel
Skorpios, dem Privateiland des Tankerkönigs
Aristoteles Onassis, von sich reden. Der einst
aus Smyrna, dem heutigen Izmir, Vertriebene
wollte sich hier eine neue hellenische Heimat
schaffen. Onassis galt als Mann des Volkes,
von seinen zwanglosen Auftritten in den
Cafés und Kneipen von Lefkada spricht man
noch heute gern. Skorpios darf nicht besichtigt werden. Doch von den Ausflugsbooten,
die fast täglich von Nidri durch die Inselwelt
zwischen Lefkada und dem Festland touren,
ergibt sich immerhin ein Blick auf die Solitude
des Tycoons. Nidri ist der einzige Ort auf Lefkada, der fest in der Hand - vor allem englischer - Touristen ist. Wilhelm Dörpfeld wäre
überrascht, wie geschäftig es in seiner Wahlheimat und dem vermeintlichen einstigen
Königssitz des Odysseus zugeht.
Wesentlich stiller präsentiert sich das fruchtbare Hinterland von Nidri mit seinen Obstund Olivengärten. Ein Traumziel für Wanderer
ist der Wasserfall, der sich am Ende einer
engen, von Farn und Blumen überwucherten
Schlucht in einen smaragdgrünen kühlen Pool
stürzt. Noch weiter südlich ist selbst an der
Küste kaum noch Betrieb. In der glasklaren
Kiesbucht von Poros gibt es nur wenige private Zimmervermieter und einen gut gepflegten
Campingplatz. Wie ein Fjord schneidet die
benachbarte Bucht von Sivota, in der
24
Dörpfeld den Odysseus gestrandet glaubte,
tief ins Land. Auch hier geht es selbst im
Hochsommer beschaulich zu. Fischerboote
liegen am Kai und werden in einer winzigen
Werft mit neuen Schichten grellbunter Farbe
bepinselt. Der malerische Hafen Vasiliki an
der gleichnamigen, weiten Bucht ist der Ausgangspunkt für Schiffsausflüge zu den lefkadischen Felsen. Einst stand hier ein Apollotempel, heute hält ein Leuchtturm einsame
Wacht.
Karia ist das einzige Bergdorf, das am Tourismus partizipiert. Die kleine Platia wird von
wenigen Cafés und Tavernen gesäumt, in
Kunstgewerbeläden kann man lokale Webarbeiten und Stickereien kaufen. Am Ortsausgang findet sich das private Volkskundemuseum, über das Herr Katopodis wacht. Alte
Trachten, Webstühle und feine Handarbeiten
sind zu besichtigen. Einmal im Jahr quillt
Karia fast von Menschen über. Mitte August
feiert man hier in glühender Hitze eine traditionelle lefkadische Hochzeit, die zur Freude
von Einheimischen wie Fremden prachtvoll in
historischen Kostümen inszeniert wird. Der
Wein fließt in Strömen, der Duft von gegrilltem Hammel zieht durch die Gassen.
Nirgends zeigt sich Lefkadas wilde Westküste
spektakulärer als in Porto Katsiki. Grelltürkises Wasser umflutet das bizarr geformte
Felsufer mit dem schmalen Streifen hellen
Sandes. Treppen führen in die Tiefe zum fotogenen Badeplatz. Weiter nach Norden liegt
die Steilküste in absoluter Abgeschiedenheit.
Kein Dorf säumt die schroffen Abhänge, und
auch die Straße hält gebührenden Abstand.
Die Terrassenfelder im gebirgigen Landesinneren sind zum großen Teil verlassen. Mitten
in der Einsamkeit der weiten Hochebene zwischen Hortata und Eglouvi liegt die Kapelle
Agios Donatos. Anfang August wird das
Linsenfest gefeiert, bei dem es Eintopf satt für
alle gibt und man sich in großen Kreisen in
althergebrachten Volkstänzen ergeht.
Der August ist auf Lefkada ohnehin der Monat
der großen Feste. In der malerischen Kulisse
des Kastells wird das Literatur- und Kunstfestival dargeboten. Auf dem weiten Platz am
Ende des Damms findet das große internationale Folklorefestival statt, für das Tanzund Musikgruppen aus aller Welt anreisen.
Dann ist Annas Terrasse der Logenplatz für
die Honoratioren, und es ist fast so schön wie
damals, als die Callas plötzlich ihre Arie in die
lefkadische Nacht hinaus sang.
25
Parga - das Auge und Ohr Korfus
Copyrights "Tine Schönwitz,
www.tine-schoenwitz.de.
„Die Venezianer waren wahrscheinlich etwas fitter als ich!“, schnauft Ekaterini Stamati
(59) auf dem steilen Weg hinauf zu Pargas Festung, die hoch oben über der Stadt auf
einem Felsen thront. Der kleine idyllische Urlaubsort Parga auf dem Festland des ionischen Meeres liegt 77 km nördlich von Preveza und 48 km südlich von Igoumenitsa in
einer beschaulichen Bucht. Mehrere kleine Inseln sind vorgelagert. Das malerische
Städtchen im Epirus zählt nicht nur zu den schönsten Orten Griechenlands, es hat auch
eine lange legenden- und schlachtenreiche Geschichte.
Dorf von seiner Entdeckung. Daraufhin
gingen alle gemeinsam los, um die Ikone in
die Kirche des alten Dorfes nach Palioparga
zu bringen. Am nächsten Tag aber war die
Ikone wieder in der Höhle. Nach diesem
Wunder bauten die Einwohner die Stadt mit
ungefähr 400 Häusern rund um die Stelle der
Höhle und siedelten um an den Ort des heutigen Parga. Die Panagiopoula genannte Ikone
befindet sich heute in der Kirche Agios Nikolaos in Parga.
Wegen der strategisch gut geschützten Lage
vergrößerte sich in den folgenden Jahren die
Einwohnerzahl. Immer mehr Anwohner der
umliegenden Gegenden siedelten sich an, um
den Beutezügen der Albaner zu entgegen. In
derselben Zeit schlossen die Einwohner einen
Bund mit den Normannen, den damaligen
Herrschern von Korfu. Sie übernahmen auch
über Parga die Herrschaft und boten Protektion gegen die Angriffe der Slawen, Albaner
und Türken. Mit ihrer Hilfe wurde das erste
Kastell der Stadt gebaut. Der Herrschaft der
Normannen auf Korfu folgte 1401 die Herrschaft der Venezianer. Mit kurzen Unterbrechungen hielt diese fast vier Jahrhunderte bis
1797 an und bewahrte Parga eine gewisse
Form von Unabhängigkeit und Schutz. Die
Venezianer pflanzten in großer Zahl Olivenbäume, die bis heute der Region ihr Gesicht
geben. „Es soll bis zu 100000 Olivenbäume
rund um Parga geben“, vermutet Ekaterini
Stamati. „Viele der Olivenbäume sind heute
über 1000 Jahre alt.“ Seitdem floriert hier der
Olivenhandel, der immer noch eine Haupteinnahmequelle der Einwohner ist.
Auch das heutige „Kastro“ entstand in der Zeit
der Venezianer. Sie vergrößerten die Festung
Erstmals wurde Parga im Jahr 1337 in einem
Handelsvertrag zwischen Venedig und dem
Bischof von Rumänien schriftlich erwähnt. Um
den Angriffen der Albaner zu entgehen, bauten die Einwohner von Parga um 1360 die
Stadt auf dem von drei Seiten umspülten
hohen Felsen, auf dem heute die Festung
steht. Dieser Ort wird Palioparga (Altes
Parga) genannt. Für den Ursprung des Namens Parga gibt es mehrere Ansätze: Man
vermutet, dass der erste Name Parageiros
oder Paragaia, Ypargos oder Ypagogos war,
der durch Umschreibung des slawischen
Wortes Prag, welches „Hafen“ bedeutet, zu
Parga wurde. In eine ähnliche Richtung geht
die Vermutung, Parga leite sich von „pergo“
oder „pergomai“ ab, welches so viel bedeutet
wie „sich verschanzen“. In den ersten venezianischen Texten taucht der Ort auf unter
dem Namen La Barga oder Labarga.
Die Umsiedlung vom alten Parga zu seiner
heutigen Stelle fußt auf einer Legende. Ein
Schäfer fand an der Stelle des heutigen
Parga eine Höhle, die hell erleuchtet war. In
der Höhle befand sich eine Ikone der Heiligen
Maria, vor der eine Kerze brannte. Der
Schäfer berichtete den anderen Leuten im
26
und brachten sie mit 20 Kanonen auf den
neuesten technischen Stand. Die Festung
wurde zweimal zerstört. Zum dritten und
letzten Mal wurde sie 1571 wiederaufgebaut.
Das Eingangstor krönt der geflügelte Löwe,
das Herrschaftszeichen der Venezianer. Er ist
zugleich Symbol des Heiligen Markus, des
Schutzpatrons von Venedig. Die Festung teilt
sich in eine untere und eine obere Terrasse.
„Wenn man es erstmal bis hier oben geschafft
hat, kann man fast bis Italien gucken!“
schwärmt Ekaterini, „aber ob alle, die Parga
erobern wollten, vorher gewusst haben, wie
mühsam der Anstieg ist?“. Tatsächlich bietet
vor allem die obere Terrasse der Festung
einen atemberaubenden Blick über das
ionische Meer. Vor dem klarblauen Himmel
zeichnen sich deutlich die Silhouetten der
ionischen Inseln Paxos und Antipaxos ab.
Von Korfu sieht man die Südspitze. Im Süden
erheben sich die Berge der Insel Lefkada,
und noch weiter südlich erkennt man in einem
mystischen Blau sogar die Berge Kefallonias.
Trotz dieses nur mit Anstrengungen zu erklimmenden Bollwerks wurde Parga immer
wieder attackiert. Die Türken griffen erstmals
1452 an, ein Jahr vor dem Fall Konstantinopels. Eine Armee von 12000 osmanischen
Soldaten eroberte die Stadt und unterdrückte
sie zwei Jahre lang. Parga ereilte somit dasselbe Schicksal wie die anderen Städte im
Epirus, die eine nach der anderen in die
Hände der Türken fielen. 1537 wurde der Ort
durch Barbarossa, einen furchterregenden
Admiral der osmanischen Flotte, drei Jahre
lang besetzt und schließlich total zerstört. Die
überlebenden Einwohner flüchteten in die
nahen Dörfer und Städte.
1540 fiel das Gebiet mit Hilfe Korfus wieder
zurück an Venedig. Mit dem Friedensvertrag
zwischen dem Venezianischen und Osmanischen Reich begann für Parga von 1573 bis
1644 eine fruchtbare, von vielen Freiheiten
gekennzeichnete Periode. Parga bekam
immer mehr Macht und finanzielle Unterstützung von Venedig und wurde so ein starker und wichtiger Handelsknoten zwischen
Osten und Westen. Die Venezianer bezeichneten Parga deshalb als „das Auge und Ohr
Korfus, das es galt, um jeden Preis zu verteidigen“. Durch Parga sah und hörte der
Senat Venedigs alles, was sich im benachbarten Epirus, und von dort aus in der nahen
Türkei, ereignete. 1797 ergab sich Venedig
den Truppen Napoleons. Zwei Jahre später
wurde es durch die russisch-türkische Flotte
besetzt. Ab 1800 versuchte der türkische
Tyrann Ali Pasha immer wieder erfolglos,
Parga einzunehmen. 1807 kam Parga durch
den Vertrag von Tilsit erneut unter französische Herrschaft. Nun wagte es Ali Pasha
nicht, Parga anzugreifen, denn die Franzosen
gründeten eine kleine Garnison in Parga. Er
erbaute sich deshalb gegenüber von Parga
auf der Anhöhe des Dorfes Anthousa eine
eigene Festung, um von hier aus seine
Kreuzzüge gegen Parga zu organisieren. „Im
Sommer joggen manchmal lebensmüde
Touristen da hinauf“, erwähnt Ekaterini kopfschüttelnd. „Die meisten aber ziehen eher die
kleine Ali-Pasha-Bahn vor, die mehrmals
täglich hinauffährt!“
Neben zahlreichen Italienern, Schweden und
Norwegern verbringen auch viele englische
Touristen jedes Jahr ihren Urlaub in Parga.
„Kaalimääärrra, good morning!“ ruft William
27
Hanson Ekaterini zu. „Welcome!“ antwortet
sie lachend. Der 46-jährige Lehrer aus Nottingham und seine Familie sind schon seit
über 10 Jahren gern gesehene Stammgäste
in Parga. Das war nicht immer so. Napoleons
1815 verlorene Schlacht bei Waterloo gegen
Admiral Wellington hatte schreckliche Folgen
für Pargas Geschichte. Angestachelt von britischen Agenten überraschten und entwaffneten Pargas Einwohner die Franzosen und
übergaben ihre Stadt den Engländern. Die
Briten aber wollten nur ein Exempel statuieren und erwirken, dass die Türken ihre Niederlage im Ionischen Meer offiziell zugaben.
Am 15. März 1817 verkauften die englischen
Eroberer Parga für 150000 Pfund an Ali
Pasha und die Türken. „Als Kind war ich deshalb immer sehr böse auf die englischen
Touristen!“, verrät Ekaterini, die in Parga
geboren wurde.
ten. Fast 100 Jahre blieb Parga unter türkischer Herrschaft, bis 1913 die Stadt befreit
wurde. 1930 kehrten auch die heiligen Andenken zurück.
Heute ist Parga wieder griechisch und im
Sommer vor allem eins: gastfreundlich und
multikulturell. Und heute wie damals begeistert die fantastische Aussicht von den beiden
Festungen über das ganze ionische Meer,
auch wenn bereits der Weg dorthin wortwörtlich atemberaubend ist.
Mit dem Verkauf durch die Engländer fiel eine
der letzten griechischen Bastionen in türkische Hand. Das zweite Tor der Festung ziert
seitdem der zweiköpfige Adler. Ali Pasha hielt
sich für den Eroberer des Byzantinischen
Reichs und verwendete deshalb das gleiche
Symbol wie die Byzantiner. Leider ist der
Adler heute zugewachsen und deshalb kaum
zu sehen. Neben den Warenlagern errichtete
Ali Pasha auch ein türkisches Hamam in der
Festung.
Noch im gleichen Jahr am 15. April gruben
Pargas Einwohner aus Furcht vor dem türkischen Tyrannen und seinen Truppen in ihrer
Verzweiflung die Knochen ihrer verstorbenen
Angehörigen aus. Mit den Gebeinen ihrer
Liebsten und anderen heiligen Andenken
flüchteten 4000 Männer, Frauen und Kinder
im Morgengrauen auf Barken nach Korfu.
Hierhin hatten die Türken nie einen Fuß gesetzt. Im selben Moment marschierten 300
Soldaten Ali Pashas in Parga ein. 1831 kehrten einige der Einwohner nach Parga zurück
und sahen, dass nichts mehr ihnen gehörte.
Die Türken lebten in ihren Häusern und zwangen die Rückkehrer, als Arbeiter auf ihren
eigenen Grundstücken und Feldern zu schuf28
Das Totenorakel vom Fluss Acheron
- Rendezvous im Hades
Ein gellender Schrei durchbricht die Ruhe der
sommerlichen Landschaft. Aus dem Untergrund sind eilige Schritte auf Metall zu hören.
Sogleich stürmt Nancy, eine 43-jährige Ärztin
aus Belgien, die steile Eisentreppe empor.
Der Schreck ist ihr ins Gesicht geschrieben.
„Das da unten ist der pure Horror, mein Mann
wird sich freuen!“ keucht sie, während Dierek
(45) gebannt dem Fremdenführer einer
Reisegruppe lauscht. „In Australien hat er
mich nicht vor den Spinnen in den Bäumen
gewarnt. Jetzt kann ich mich revanchieren!“
Die schmale Treppe ist die Pforte zur Unterwelt. Unten angekommen sieht man zunächst
fast nichts. Obwohl der 15m mal 4,25m große
Raum mit Leuchten ausgestattet ist, müssen
sich die Augen erst an das diffuse Licht gewöhnen. Feuchte, dumpfe Luft schlägt einem
entgegen. Auf dem glitschigen Boden stehen
Wasserpfützen. Man muss aufpassen, dass
man nicht ausrutscht. Die nassen felsigen
Wände neigen sich als Tonnengewölbe in
fünfzehn Säulen kathedralenhaft nach oben.
Nur ein leises Schmatzen ist zu hören. Der
Blick folgt diesem Geräusch. Zunächst sind
es schwarze Punkte. Nach einer Weile haben
sich die Pupillen dem Dämmerlicht angepasst. Dann sieht man sie: Kopfüber an der
Decke hängt eine riesige Traube von Fledermäusen.
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des Flusses Acheron. Im zehnten Gesang der
Odyssee ist der Ort so exakt beschrieben,
dass die Archäologen tatsächlich fündig wurden. Die Ausgrabungsstätte der auf das 14.
Jahrhundert vor Christus datierten antiken
Stadt Ephyra befindet sich im Epirus in der
Nähe des malerischen Ferienortes Parga
südlich vom Dorf Mesopotamos auf einem
Hügel. Das Heiligtum selbst wird datiert auf
Ende des 4., Anfang des 3. Jahrhunderts vor
Christus. Es handelt sich um einen 62,4m mal
46,3m großen Gebäudekomplex, umgeben
von einer Mauer. Der Eingang befindet sich
Zwischen 1958 und 1964 begab sich Sotirios
Dakaris, Archäologe an der Uni Ioannina, auf
die Suche nach dem bei Homer erwähnten
Nekromanteio (dt. Totenorakel) in der Nähe
29
auf der Nordseite. Die Ortsbeschreibungen in
der Odyssee sind so genau, dass es schon
zu Zeiten Homers an diesem Ort ein Totenorakel gegeben haben muss. Man ist sich
sicher, dass Homer selbst dort war oder zumindest einen Ortskundigen kennen lernte.
Es ist jedoch umstritten, ob es sich bei den
Funden Dakaris’ um Überreste des Totenorakels von Homer handelt oder vielleicht nur
um die eines befestigten Adelssitzes aus
hellenistischer Zeit.
Zunächst entdeckte Dakaris 1958 auf dem
felsigen Hügel unter den Ruinen des im 18.
Jahrhunderts erbauten Klosters `Johannes
der Täufer´ und dem Friedhof von Mesopotamos die 3,35m dicken Mauern des 22m²
großen zentralen Raums. Zwei parallele
Mauern teilen das Quadrat in einen großen
Hauptraum und sechs kleinere, mit sich korrespondierende Lagerräume. Weitere kleinere
Räume und Korridore wurden im Norden,
Süden und Osten der Ausgrabungsstätte
gefunden. Erst in seiner zweiten Ausgrabungskampagne von 1976/77 entdeckte
Dakaris, dass sich darunter ein weiterer
Raum befand. In der Antike galt diese Krypta
als Palast von Hades und Persephone. Der
zentrale Raum darüber war der Kultraum, wo
die Begegnung mit den Toten stattfand.
Auch Odysseus steigt in diese Totenwelt
herab. In der Odyssee sucht er auf Rat der
Hexe Circe in der Unterwelt nach dem gestorbenen blinden Seher Teiresias. Nach Homer
ist Teiresias der einzige, der seinen Verstand
mit in den Hades nehmen konnte. Wegen dieser von Persephone gewährten Gunst kann
er Odysseus den Weg zurück nach Ithaka beschreiben. Im elften Gesang geht Odysseus
an den Rand des Ozeans, hebt eine Grube
aus und schüttet für die Toten ein Honiggemisch, süßen Wein, Wasser und Weißmehl
hinein. Er schneidet seinen besten Tieren
über der Grube den Hals ab und lässt ihr Blut
in den Schlund der Erde rinnen. Nachdem er
das getan hat, erheben sich die Seelen der
Toten aus dem Dunkel des Hades.
In der Antike besuchten die Menschen das
Nekromanteio, um mit ihren verstorbenen
Angehörigen in Kontakt zu treten und ihre
eigene Zukunft zu erfahren. Die Bizarrheit
und mystische Atmosphäre der umgebenden
Landschaft verhalf den Priestern, den
Glauben vom Reich der Toten aufrechtzuerhalten. Heute ist die Landschaft rund um das
Nekromanteio kultiviert und trockengelegt.
Man nimmt jedoch an, dass damals die
Gegend eine morastige, neblige, modrige
Sumpflandschaft war. Daher dachte man, der
Fluss Acheron sei der Styx, der Fluss, der zur
Unterwelt führte. In der griechischen Mythologie wurde im Styx Achilles, der bedeutendste Kämpfer im Trojanischen Krieg und Sohn
von Peleus und Thetis, getauft. Das Bad im
Styx sollte ihm Unsterblichkeit verleihen.
Thetis hielt das Kind während der Taufzeremonie an der Ferse fest. Dadurch wurde
diese Stelle nicht vom Wasser des Styx
benetzt. Die Ferse blieb seine Schwachstelle,
die Achilles beim Kampf um Troja zum tödlichen Verhängnis wurde.
Der Acheron schlängelt sich beim Dorf Gliki in
einem schmalen Kiesbett durch eine heute
malerische, stille Landschaft mit mehreren
kleinen felsigen Höhlen. Er fließt in Richtung
des ungefähr 30 Kilometer südöstlich von
Parga gelegenen Dorfes Mesopotamos und
mündet anschließend ins Ionische Meer. In
den Sommermonaten erreicht man die Ausläufer des Acheron mit kleinen Ausflugsschiffen ab dem Hafen von Parga in ungefähr
einer Stunde. Der Acheron entspringt in
mehreren Quellen. Im Sommer kann man zu
den Quellen durch den Fluss waten oder mit
30
festem Schuhwerk die Wanderung flussaufwärts antreten. Den Wanderer erwartet eine
faszinierende Landschaft: Große ausladende
Platanen überspannen das von türkisblau bis
dunkelgrün schimmernde, eiskalte Wasser.
Es ist an manchen Stellen nur 20 bis 30
Zentimeter, an anderen aber 1,5 Meter tief.
Rechts und links erheben sich meterhohe
Felswände, aus denen immer wieder kleine
Quellen entspringen. Die Natur bietet hier ein
reiches Biotop mit Vogelnestern, Reihern,
Wildenten, Wasserschildkröten und Bibern.
Im Platanenwald findet man neben Eichen
und Liguster auch Kräuter wie Oregano, Thymian und Salbei.
Unterwelt über Generationen hinweg weiterzuvererben.
In diesem unterirdischen Reich, so glaubte
man in der Antike, lebte Hades, der Herrscher
der Unterwelt und Gott der Toten, mit seiner
Frau Persephone, der Göttin der Rache. Auch
die Erinyen, die drei Rachegöttinnen, und
Hypnos, der Gott des Schlafes, lebten in
dieser Welt. Heute steigen die Besucher über
eine neuzeitliche steile, sehr schmale Eisentreppe in den Palast des Hades hinab. Damals jedoch hatte – außer den Priestern - zu
diesem unterirdischen Raum niemand Zutritt.
Hier, so glaubte man, kreisten die Geister der
Toten. Hermes, der Götterbote, brachte sie zu
Charon, dem greisen Fährmann auf dem
Styx. Er fuhr die Seelen der Toten zum Eingang des Hades. Charon nahm aber nur die
Seelen derjenigen mit, die einen Obulus entrichtet und die Begräbnisriten empfangen
hatten. Der Obulus war eine Münze unter der
Zunge der Verstorbenen. Den Seelen, die
kein rituelles Begräbnis erhalten hatten, verweigerte Charon den Zutritt in sein Boot. Sie
waren dazu verdammt, 100 Jahre am Styx
auszuharren.
Aber auch Lebende konnten die Unterwelt besuchen, um ihre verstorbenen Angehörigen
zu treffen. In der Begegnung mit dem Toten
erhofften sie sich, etwas über ihre eigene Zukunft zu erfahren. Die Kommunikation mit
dem Jenseits regelten die Priester des Heiligtums, indem sie verschiedene spirituelle Riten
abhielten. Ein Besucher betrat zunächst das
Heiligtum durch den Nordeingang. Er musste
verschiedene Opfergaben mitbringen wie
Honig, Wein, Wasser, Milch und das Blut von
Opfertieren. Anschließend führte sein Weg
über einen Vorhof und einen engen Korridor,
gesäumt von den sechs verschiedenen Vorratskammern, außen um den eigentlichen
Kultraum herum. Der Bittsteller pilgerte für 29
Tage, wie der Verlauf des Mondes, in der
Finsternis umher und musste sich zur Vorbereitung auf das große Ereignis wochenlang
den spirituellen Behandlungen durch die
Priester unterziehen. Sie gaben ihm Totenspeisen, eine Diät aus Getreide und Bohnen.
Damals stürzte sich wahrscheinlich der heute
zahm vor sich hin plätschernde Acheron
wütend 58 Kilometer, teilweise unterirdisch,
zwischen den Schluchten hindurch. Seitenflüsse mündeten in den inzwischen trocken
gelegten Acherousia-See, den „See des
Hades“, wo sich heute die Ebene von Phanari
befindet. In der Antike muss von der dunstigen Gegend eine Mystik ausgegangen sein,
der sich die Besucher dieses Ortes kaum entziehen konnten. Und so war es für die
Priester einfach, den Mythos vom Tor zur
31
Sie traktierten den Ratsuchenden innerlich
und äußerlich mit einem Gebräu und Dämpfen aus zahlreichen Kräutern und Gewürzen
der umliegenden Natur. Sie unterzogen ihn
spirituellen Reinigungen und Meditationen,
bis er schließlich in Trance fiel. „Diese Prozeduren in Kombination mit den berauschenden Getränken haben wohl die Sinne vernebelt!“ vermutet Petros (39), einer der Fremdenführer des Nekromanteios. „Die Bittsteller
gaben in ihrem Wahn alles Mögliche über ihr
Leben preis. Diese Informationen haben die
Priester anschließend für die Begegnung mit
den toten Angehörigen verwendet. Es wurde
aber auch Wein und Honig in den Lagerräumen gehortet,“ berichtet Petros. „Aber
diese Gaben waren wahrscheinlich nur für die
Priester!“ Halluzinierend betrat der Besucher
schließlich durch das Labyrinth den zentralen
Kultraum. Das Labyrinth, damals verschlossen mit schweren Bronzetüren, war die Übergangszone zwischen Leben und Tod. Die
polygonalen, labyrinthischen Mauern wurden
167 nach Christus bei einem Brand zerstört.
„Im Kultraum fand die unheimliche Begegnung mit den Geistern der Toten statt. Mittels
einer Art Flaschenzug erschien im Halbdunkel
ein Priester“, verrät Petros. Die dafür benötigten Zahnräder des Krans wurden in den Ausgrabungen entdeckt. In ihrem Drogenrausch
glaubten die benebelten Bittsteller, den Geist
des Verstorbenen vor sich zu haben. Das war
wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass
die Mauern im Hauptheiligtum 3,35 Meter dick
waren. Dadurch wurden Geheimwege geschaffen, 1,50 Meter bis 2,40 Meter breit, in
denen die Priester sich unbemerkt bewegen
konnten. In der darunter liegenden Krypta
warteten Priester auf die Fragen der Bittsteller. „Durch die Akustik des Tonnengewölbes
aus porösem Kalkstein schallten die Antworten der Priester bis nach oben zu den Besuchern“, weiß Petros. „Die Stimmen klangen
verzerrt und stiegen wie aus der Unterwelt
nach oben.“
Da aber auch in der Antike die Menschen immer mehr an diesen übernatürlichen Dingen
zu zweifeln begannen, versuchten die Prie-
ster alles, um die Erscheinung der Geister so
realistisch wie möglich zu gestalten. Bei den
Ausgrabungen fand man Amphoren, einen
Kessel aus Bronze, Tongefäße und Eisenschalen, auf denen das Gebräu gekocht
wurde. Außerdem entdeckte man eiserne
Wagenräder, Katapulte und Schleudern.
Innerhalb dieser Mauern muss eine Atmosphäre voller Lärm und Gerüche aller Art geherrscht haben.
Nach der Kommunikation mit der Totenwelt
wurde der Besucher vorbei am dreiköpfigen,
drachenschwänzigen Hund Cerberus, der den
Abstieg in den „Palast des Hades“ bewachte,
wieder ans Tageslicht geführt. Es wurde ihm
aufgetragen, kein Wort über das Geschehene
zu verlieren. Im Falle der Untreue gegenüber
den Göttern der Unterwelt würde er mit dem
Tod bestraft.
„Ungefähr 35.000 Touristen aus der ganzen
Welt besuchen jährlich das Nekromanteio“,
schätzt Petros. „Die Besucher sind fasziniert,
wenn sie erfahren, dass sie sich an einem Ort
der griechischen Mythologie befinden.“ Das
Nekromanteio ist das ganze Jahr täglich von
9 bis 15 Uhr geöffnet.
Das belgische Arztehepaar Nancy und Dierek
verbringt zum dritten Mal den Urlaub in
Griechenland. „Leider kennen wir uns in der
griechischen Mythologie nicht sehr gut aus“,
bedauert Nancy, „aber nach dem Besuch des
Nekromanteios wird sich das sicher ändern.“
„Zumindest können wir durch unseren Job ein
paar Brocken Altgriechisch!“ prahlt Dierek auf
seinem Weg zu der schmalen Eisentreppe.
„Ich habe jetzt ein Rendezvous mit Persephone“, scherzt er, „sieht man da unten überhaupt was?“ „Rutsch nicht aus!“ grinst Nancy.
Hinter der Hand verrät sie: „Dierek hat Microchiropteraphobie!“ ( Angst vor Fledermäusen).
32
Christian Herrmann
www.cyberorange.net/suli/
Suli (Souli), Epirus
Suli liegt im Epirus, der nordwestlichen Region Griechenlands. Im 18. Jahrhundert
bildete sich dort ein autonomer "Staat im Staat", der in dauerndem Kriegszustand mit
den osmanischen Besatzern lag. Für viele Griechen und Albaner gilt Suli als einer der
Ursprünge ihres heutigen Nationalstaates. Im übrigen Europa ist der ungewöhnliche Ort
in Vergessenheit geraten. Diese Seite bemüht sich, die Erinnerung an diesen Schauplatz
europäischer Geschichte wieder herzustellen.
Suli - Geschichte eines vergessenen Ortes
Der Reisende, der von Igoumenitsa oder
Preveza kommend, der Küstenstraße durch
den Epirus folgt, erreicht südlich von Parga
eine weite, von Flüssen und Bewässerungskanälen durchzogene Ebene. Der Acheron,
der Unterweltsfluß der Antike, hat hier ein
Delta geschaffen, das im Osten von einer
hohen Gebirgswand überragt wird. Bis zu
1600 m ragen hier Berggipfel aus der küstennahen Ebene steil in den Himmel. Es sind die
Berge von Suli.
"Suli", kolorierter Stahlstich, Buchillustration aus der Mitte
des 19. Jahrhunderts
Wann diese Berge erstmals besiedelt wurden
ist unklar, sicher ist jedoch, dass sich dort
albanische Stämme niederließen, die während der Islamisierung Albaniens an ihrem
christlichen Glauben festhielten. Der Epirus
war damals ein gemischter, griechisch-albanischer Kulturraum. Im heutigen griechischen
Teil ist dies - als Folge des zweiten Weltkriegs- nur noch an einzelnen Ortsnamen ablesbar. Im nördlichen, heute albanischen Teil,
ist dies deutlicher, auch wenn die dortigen
Griechen einem starken Assimilationsdruck
ausgesetzt sind. Im osmanischen Reich
unterschieden die türkischen Besatzer nach
Religionszugehörigkeit, nicht nach ethnischer
Zugehörigkeit, und so wurde Suli auch eine
Zuflucht für Griechen, die mit der türkischen
Obrigkeit in Konflikt geraten waren. In Suli
bildete sich ein "Staat im Staat", der über
lange Zeit eine regionale Autonomie verteidigen konnte.
Mitte des 18. Jahrhunderts umfasste die
"Konföderation von Suli" 60 Dörfer. Ihr Zentrum waren die Dörfer Suli und Samoniva, die
Festungen Kiafa, Kunghi und Avarikos. Die
Ruinenfelder um das heutige Dorf Suli lassen
auch heute noch den Umfang der damaligen
"Das Tal von Suli und der Acheron", Stahlstich aus
einer englischen Reisebeschreibung. Zu sehen ist der
Fußweg entlang des Acheron. Er ist noch begehbar.
Besiedlung ahnen. Einige Tausend Menschen
lebten hier. Eine Armee von 2000 Kämpfern
sicherte die Unabhängigkeit der Gebirgsrepublik. Ein Zeitzeuge schrieb: "Kein Suliote geht
dem Handel nach, oder hat irgendein Handwerk erlernt. Alles was sie von Kindheit an
erlernt haben, ist der Gebrauch ihrer Waffen."
Die Türken versuchten wiederholt ihre Kontrolle über die aufständische Region wieder
herzustellen. 1731 wurde Hatzi Achmet,
Pascha von Ioannina, vom Sultan beauftragt,
Suli zu unterwerfen. Seine Armee von 8000
Mann scheiterte. 1754 erlitt Mustafa Pascha
mit einer ebenso großen Armee dasselbe
Schicksal. In den folgenden Jahren versuch33
ten es Mustafa Kokka mit 4000 Soldaten und
Bekir Pascha mit 5000, beide vergebens.
1759 wurde Dost Bey, der Kommandeur von
Dhelvinou, von den Sulioten geschlagen.
Maxoud Aga von Margariti, Gouverneur von
Arta, erging es 1762 nicht besser. 1772 griff
Suleiman Tsapari Suli an, seine 9000 Mann
starke Armee wurde vernichtet. 1775 scheiterte eine Expedition von Kurt Pascha.
Als 1788 der berüchtigte Ali Pascha Herrscher über das Paschalik Ioannina wurde,
versuchte er 15 Jahre lang, Suli zu unterwerfen. Zunächst vergebens. 1790 scheiterte
eine Armee von 3000 Albanern. Auch durch
die Geiselnahme einiger ihrer Führer ließen
sich die Sulioten nicht bezwingen. Im darauf
folgenden Angriff auf die Gebirgsrepublik töteten allein die suliotischen Frauen 700 von Alis
Soldaten und verfolgten die Überlebenden.
Unterstützung erhielten die Sulioten aus dem
Ausland, vor allem von Russland und England. Sie lieferten Waffen und Munition. Die
europäischen Großmächte sahen in den
Sulioten ein willkommenes Mittel, das osmanische Reich zu schwächen. Als es der englischen Diplomatie jedoch opportuner erschien,
die Türkei gegen Napoleon zu stabilisieren,
wurden die Waffenlieferungen eingestellt.
Ohne Nachschub und unter dem Druck jahrelanger Belagerung zerbrach die Einheit der
suliotischen Clans. Der einflussreiche Botsaris-Clan verhandelte mit Ali Pascha. Er vereinbarte die Übergabe der Festungen gegen
freien Abzug auf die ionischen Inseln, die von
England besetzt waren. Weihnachten 1803
zogen die meisten Sulioten ab. Diejenigen, die
blieben, leisteten erbitterten Widerstand
gegen die anrückende türkische Armee. Der
Mönch Samuil sprengte sich und andere auf
der Festung Kunghi selbst in die Luft. Unterdessen brach Ali Pascha seine Zusage über
freien Abzug. Die osmanische Armee griff die
Abziehenden an, der Abzug geriet zur
Katastrophe. Bei Zalongo stürzte sich eine
Gruppe von suliotischen Frauen mit ihren
Kindern von einer Felsklippe, um der Gefangennahme durch die Türken zu entgehen.
Eine andere Gruppe sprengte sich in der
Festung des Küstendorfes Riza selbst in die
Luft. Viele jedoch erreichten den englischen
Hafen Parga und ließen sich dort oder auf
den benachbarten ionischen Inseln nieder.
Die politische Instabilität auf dem Balkan
nahm in den folgenden Jahren zu. Als sich
die Anzeichen für einen Aufstand der
Griechen gegen die türkische Herrschaft
mehrten, sah Ali Pascha seine Chance, den
Epirus als eigenständigen Staat aus dem
osmanischen Imperium zu lösen.
1820 rief er die Sulioten zur Hilfe, sie kehrten
auf das Festland zurück und unterstützten ihren ehemaligen Feind gegen den Sultan. Das
Unternehmen scheiterte, die türkische Armee
nahm Ioannina ein und tötete Ali Pascha.
Der Tod des
Markos
Botsaris war
ein beliebtes
Motiv für
Propagandadrucke, die in
Europa für die
Unterstützung
des griechischen Freiheitskampfes warben.
Katharina "Rosa" Botsaris
war Hofdame im Dienste
von Königin Amalia von
Griechenland. Sie war eine
bewunderte Schönheit
ihrer Zeit an europäischen
Höfen.
Gemälde von J. Stieler,
München, 1841
"Die Felsen von Suli", Zeichn. von Edward Lear, 1849
34
Viele Sulioten schlossen sich daraufhin dem
griechischen Aufstand an, der 1821 begonnen hatte. Mit Markos Botsaris und Kitsos
Tsavellas stellten sie zwei der berühmtesten
Revolutionsgeneräle.
albanische Stamm, der soviel für das Entstehen eines griechischen Nationalstaats leistete, ist als Gemeinschaft von der Geschichte vernichtet worden. Sein Herkunftsort ist
eine Trümmerwüste. Seine Nachkommen
leben über Griechenland und die ganze Welt
verstreut.
Suliotische Einheiten kämpften auf dem gesamten nördlichen Festland. Gemeinsam mit
Kriegsfreiwilligen aus ganz Europa ließen
viele von ihnen ihr Leben bei der Verteidigung
von Messolongi. Lord Byron, der prominenteste europäische Freiwillige der Revolutionsarmee und kommandierender General in
Westgriechenland, versuchte sie in eine reguläre Armee zu integrieren und scheiterte damit. Die Clan-Struktur der Sulioten ließ sich
nicht in die Armee integrieren.
Die Festung Kiafa befindet sich auf dem
Hügel in der Bildmitte. Am rechten Bildrand
geht‘s zur "Treppe der Tsavellena", dem alten Fußweg in die Ebene, der nach einer
legendären suliotischen Frauengestalten benant ist. Die suliotischen Frauen versorgten
die belagerten Festungen in gefährlichen
Nachtmärschen
mit
Nachschub.
Die
Tsavellena ist in einem Volkslied präsent.
Die Befreiung ihrer Heimat erlebte keiner der
damals lebenden Sulioten. Bis 1909 unterhielt
die türkische Armee einen Stützpunkt auf der
Festung Kiafa. Erst 1913, im Balkankrieg, er
eroberte die griechische Armee große Teile
des Epirus und gliederte sie Griechenland an.
Der Preis, den die Sulioten für ihre Unbeugsamkeit zahlten, war hoch. Der griechisch-
aus Wikipedia, der freien
Enzyklopädie
Moscho Tzavela
Moscho Tzavela (1760-1803) war eine souliotische
Heldin in den Jahre vor dem Ausbruch des
griechischen Unabhängigkeitskrieges, welche sowohl
in der modernen griechischen wie albanischen
Literatur erwähnt wird.
Moscho Tzavela war die Frau von Lambros Tzavelas,
mit dem sie einen Sohn hatte. Sie kommandierte eine
Gruppe von 400 weiblichen Rebellen in der siegreichen Schlacht von Kiafa gegen die Armee von Ali
Pasha. Diese aus Albanern bestehende Armee wurde
am 20. Juli 1792 vernichtend geschlagen, sie verlor
2.000 - 3.000 Mann, während dem auf solitischer Seite
nur 74 getötet wurden.
Später, nach der Niederlage der Sulioten, floh Moscho
Tsavela nach Parga und zog dann weiter auf die
Ionischen Inseln , wo sie 1803 starb. Menschen, die
sie auf Korfu trafen, beschrieben sie als eine leichte
Frau mit einem schönen Gesicht und einem
funkelnden Blick.
35
Zalongo (Epirus)
www.griechenland-lexikon.de
Fährt man von Preveza auf der Hauptstrasse hoch
Richtung Parga, so entdeckt man nach ca. einem
Drittel Fahrt rechts oben auf dem Berg Zalongo eine
grosse weisse Skulptur. Es stellt vier Frauen dar, die
sich an den Händen halten und sich tanzend auf den
Abgrund zubewegen.
Die Geschichte
Der Berg Zalongo befindet sich in der Nähe der SouliDörfer im nordwestgriechischen Epirus. In den Souli-Dörfern hatten sich griechische Familien
zurückgezogen, die der Tyrannei der osmanischen Herrscher entgehen wollten. Um sich ernähren zu können, hatten sie umliegende türkische und albanische Ortschaften überfallen und
beraubt. Gleichzeitig kämpften sie im Widerstand gegen die türkischen Besatzer. Die SouliDörfer konnten dadurch bis zum Jahr 1803 nicht von den Türken eingenommen werden. Im
Dezember 1803 gerieten sie aber unter starken Druck durch den türkischen Herrscher im
Epirus, Ali Pascha und unterschrieben daraufhin einen Vertrag, der ihnen freies Geleit aus
ihren Dörfern gewähren sollte. Da sie Ali Pascha nicht vertrauten, teilten sie sich in drei
Gruppen mit verschiedenen Zielen. Nur eine der Gruppen schaffte es, wenn auch mit großen
Verlusten, ihr Ziel zu erreichen. Die anderen beiden Gruppen kämpften, bis ihnen Munition und
Verpflegung ausgingen. Die wenigen verbliebenen Männer verschanzten sich bei dem Kloster
am Berg Zalongo und kämpften dort bis sie alle gefangen genommen und gefoltert wurden.
Ihre Frauen und Kinder schickten sie auf den Kamm des Zalongo.
Als die Frauen mitbekamen, was mit ihren Männern geschehen war, und weil sie wussten, wie
die Leute Ali Paschas mit gefangenen Frauen und Kindern verfuhren, fassten sie einen mutigen Entschluss. Sie tanzten auf dem Gipfel des Zalongo im Kreis und jede Frau die dabei mit
ihrem Kind an den Rand der Klippe kam, sprang mutig hinunter.
An dieser Stelle ist heute das Denkmal von Zalongo, eine riesige Stein-Skulptur, die zum Gedenken an diese tapferen Frauen von Souli errichtet wurde., zu besichtigen.
Ein traditionelles Lied dazu:
Das Denkmal ist in Revision
und momentan nicht zugänglich
36
Tepedelenli Ali Pascha
aus Wikipedia, der
freien Enzyklopädie
Tepedelenli Ali Pascha, auch Ali Pascha von Janina oder Löwe von Ioannina genannt, wurde
als Sohn eines Paschas in der Gegend um
Tepelena in Südalbanien geboren. Nach dem Tode
seines Vaters 1754 gewann er in wechselvollen
Kämpfen die diesem entrissenen Besitzungen
zurück. 1787 wurde er vom osmanischen Sultan
wegen der im Kriege gegen Russland und Österreich geleisteten Dienste zum Pascha von Trikala
in Thessalien ernannt.
Seit 1807 herrschte Ali Pascha von Ioannina aus
faktisch unabhängig von der Hohen Pforte, obwohl
er jährlich einen bestimmten Tribut nach Konstantinopel schickte. Ali Pascha verfügte über eine
große Zahl bewaffneter Kämpfer und beherrschte
um 1810 Südalbanien, Epirus, Thessalien und das
südwestliche Makedonien. Seine Armee umfasste
um 1815 ca. 100.000 Mann. Er paktierte mit den
Aufständischen der griechischen Unabhängigkeitsbewegung. Für seine Untreue wurde er 1820
von Sultan Mahmud II. geächtet. Im Oktober erschien eine osmanische Armee vor Ioannina. Ali
Pascha versuchte im Januar 1821 vergeblich die
Belagerung zu durchbrechen und blieb über ein
Jahr in seiner Festung eingeschlossen. Am 5.
Februar 1822 wurde er bei einem Treffen mit Abgesandten des Kriegsministers Kurschid Pascha
auf der Insel im See von Ioannina ermordet. Seine
drei Söhne wurden hingerichtet, seine griechische
Frau Vassiliki wurde inhaftiert. Sie starb 1835 in
Messolongi.
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Ali Pascha-Moschee in Ioannina
Das Orakel von Dodoni
www.epirus.de
18 km von Ioannina am Fuß des Berges Tommaros (Olytsika) befindet sich die antike Stadt
Dodoni mit dem gleichnamigen Orakel und
dem Amphitheater. Bis zum Jahre 1876 war
es den Archäologen zwar bekannt, dass es
Dodoni gab, man hatte es aber an anderen
Stellen in Epirus vermutet.
komme von Dias (Zeus) und seiner Frau
Dioni (Mutter der Göttin Aphrodite), andere
wiederum von Dodoii einer Nymphe, Tochter
des Ozeanus und Tithia. Andere glauben, der
Name kommt vom Fluss Dodona in Epirus,
sollte dieser schon vor Entstehung so geheißen haben.
Die Ruinen am Fuße des Berges wurden als
Überreste der antiken Stadt Passarona vermutet. Nach Ausgrabungen, die 1878 an der
Stelle, unter Leitung des bekannten griechischen Archäologen K. Karapanos begannen,
wurde klar, dass es sich hier um die sagenumwobene antike Dodoni handelt.
Zu seiner großen Bekanntheit kam Dodoni
wie schon erwähnt durch das Totenorakel. Es
wurde außer von Herodot auch von Omiros
(Homer) erwähnt.
Die Priester deuteten das Rascheln der
Blätter der alten Eiche und das Läuten einer
Glocke aus Kupfer, an der ein Band mit der
Figur eines Kindes hing. Später soll die
Glocke durch Bronzegefäße ersetzt worden
sein. Außer den Priestern gab es auch drei
Priesterinnen, die Deutungen wurden aber
nur von den Männern gesprochen.
Archäologische Forschungen haben ergeben,
dass an der Stelle schon 3000 v.Chr. ein
Schrein stand zur Anbetung der Göttin Erde.
Nach einer Sage sollen zwei Vögel aus Ägypten losgeflogen sein. Einer der beiden landete
in Libyen an der Stelle, wo dann das Orakel
des Ammon Zeus gebaut wurde und der
zweite landete auf der Eiche, neben der das
Orakel von Dodoni entstand, um Zeus und
seine Frau Dioni zu ehren. Weitere verehrte
Götter waren Dimitra (Mutter Erde) und
Apollon.
Das Orakel hatte großen Einfluss in den
Angelegenheiten Griechenlands. Dadurch
war es reich von den Spenden und Geschenken der Gläubigen.
221 v.Chr. wurde Dodoni zum ersten Mal zerstört von General Dorimachus, weil sich die
Epiroten mit den Makedonen und Achaiern
verbündeten. Dei zweite Zerstörung erfolgte
168 v.Chr. durch die Römer unter Emilius
Paulus und endgültig einige Jahre später
durch den König der Pontier Mithidratis.
Schon Herodot beschrieb in seinen Werken
Dodoni als ältestes Orakel Griechenlands.
Über die Entstehung des Namen Dodoni ist
man sich nicht einig. Manche glauben, er
38
Flüge ab Bern nach Griechenland 2013
Neue Flüge von SkyWork Airlines ab Bern
Pressemitteilg. SkyWork 21.08./ 6.9.2012
Bereits aktuell: Thessaloniki auch im Winter
 Thessaloniki: ab 28. 10. 2012, jeden Mi, Fr, So, Rückflüge: Do, Sa, Mo (Nachtflüge)
Zusätzlich ab Sommer 2013:
 Heraklion:
ab 21. 5. 2013, jeden Donnerstag
 Mykonos:
ab 7. 5. 2013, jeden Dienstag
 Preveza:
ab 6. 5. 2013, jeden Montag
 Santorini:
ab 7. 5. 3013, jeden Dienstag
 Zakynthos:
ab 3. 5. 2013, jeden Freitag
Alle Flüge können bereits zu günstigen Tarifen gebucht werden, auf www.flyskywork.com.
Pauschal-Reisen für diese Destinationen bei Skywork Travel (ehem. Aaretal-Reisen).
Flüge von Helvetic Airways ab Bern
(zusammengesucht auf www.helvetictours.ch)
 Heraklion:
ab 15. 5. 2013, jeden Mittwoch
 Kos:
ab 16. 5. 2013, jeden Donnerstag
 Zakinthos
ab 10. 5. 2013, jeden Freitag
Flüge und Pauschalreisen bei Kuoni/Helvetictours: www.helvetictours.ch
Aus der Presse
Ganz Lesbos als Geopark anerkannt
Griechenlandzeitung 26.9.2012
Die Insel Lesbos wurde in ihrer Gesamtheit von der UNESCO als Geopark anerkannt und in
das entsprechende globale Netzwerk aufgenommen. Die Entscheidung fiel am Freitag im
portugiesischen Porto. Bislang stand nur der versteinerte Wald in Sigri im Westen der Insel auf
der UNESCO-Schutzliste. Um die Anerkennung der gesamten Insel als Geopark und die Aufnahme in das Netzwerk hatte sich am 30. November die Kommune Lesbos in Zusammenarbeit
mit der Ägäis-Universität und dem Naturkundemuseum von Sigri beworben. Sie wurde darin
von zahlreichen anderen Trägern wie dem XIV. Amt für byzantinische Altertümer, dem Amt für
jüngere Monumente der Region Nordägäis, dem Forstamt Lesbos, den beiden Olivenölmuseen
der Insel, dem Ouzo-Museum in Plomari, dem Tériade-Kunstmuseum und der Universität
Athen (Naturgeschichtliche Sammlung Vrissa) unterstützt. (GZak)
Kommission für Rückgabe der „Elgin Marbles“
Griechenlandzeitung 26.9.2012
Auf Initiative des stellvertretenden Ministers für Kultur Kostas Tzavaras wurde eine Beraterkommission für die Unterstützung der langjährigen griechischen Forderung nach Rückgabe der
Parthenonskulpturen („Elgin Marbles“) aus dem British Museum gebildet. Die Mitglieder sind
Juristen, Archäologen und ein Vertreter des Außenministeriums. Die Aufgabe der Kommission
wird nicht einfach sein, da es zur Zeit des Elgin’schen Kunstraubes Anfang des 19. Jahrhunderts keine völkerrechtlich bindenden Verträge über den Schutz des Kulturerbes gab und
Griechenland als Staat nicht bestand. London lehnt eine solche Rückgabe einer seiner Hauptattraktionen denn auch diskussionslos ab. Athen wiederum argumentiert damit, dass die
Skulpturen als Tempelschmuck Teil eines Ganzen waren, und ist bereit, auch andere
Lösungen wie eine Dauerleihgabe zu akzeptieren. (GZak)
Griechenlandzeitung 23. 10.2012
Im griechischen Flugverkehr kommt es zu einer Fusion der zwei größten Spieler auf dem
Markt: Aegean Airlines übernimmt einen 100-Prozent-Anteil an der ehemaligen Staatsfirma
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Aegean Airlines schluckt Olympic Air
Olympic Air. Aegean, die nach langem Konkurrenzkampf Olympic als größte Fluglinie
Griechenlands ablöste, wird insgesamt 72 Mio. Euro zahlen, um der Beteiligungsfirma Marfin
Investment Group (MIG) das gesamte Aktienpaket von Olympic abzukaufen. Die beiden Firmen kommen nur zusammen auf die nötige Größe, um mit der internationalen Konkurrenz mithalten zu können, sagte der Vorsitzende von Aegean Theodoros Vassilakis. Zudem warnte er,
dass die für das Land strategisch wichtige Tourismusbranche „in volle Abhängigkeit von ausländischen Fluggesellschaften gerät”. Allerdings muss auch noch die griechische Wettbewerbsbehörde ihr Plazet geben. Aegean und Olympic bringen es gemeinsam auf 36 Maschinen vom Typ Airbus sowie weitere 14 vom Typ Bombardier. Der Traditionsname Olympic
bleibt erhalten, beide Firmen sollen ihre Markennamen wie bislang weiterführen. (GZdd)
Vulkan von Santorin regt sich
Griechenlandzeitung 31.10..2012
Der Vulkan von Santorin zeigt erste Anzeichen einer Aktivierung. Aus diesem Grund soll er
schon bald im 24-Stunden-Takt überwacht werden. Die Magmablase unter dem Vulkan soll
mittlerweile sehr schnell wachsen. Das Internetportal Sofokleus.gr berichtete am letzten Mittwoch, dass das Volumen bereits 15mal größer sein soll als das Londoner Olympiastadion.
Britische und griechische Wissenschaftler sprechen von einem „gigantischen Ballon“ geschmolzenen Gesteins unterhalb.
Soviel Magma habe es hier seit mindestens 70 Jahren nicht mehr gegeben. Die Insel Nea
Kameni in der Caldera, die den heutigen Vulkan bildet, sei zudem innerhalb von 16 Monaten
etwa 14 Zentimeter höher geworden.
Das Amt für Erdbebenschutz will nun die Ausmaße des Magmas abschätzen, um für einen
möglichen Vulkanausbruch entsprechende Vorkehrungen treffen zu können. Für die Installation der dafür notwendigen Messsystems werden 54.251 Euro benötigt, für die das Verkehrsund Infrastrukturministerium aufkommen wird. Im 20. Jahrhundert erlebte der Kameni-Vulkan
drei Ausbrüche, zuletzt 1950. (GZeh)
Veranstaltungen
alle, die bei Redaktionsschluss bekannt waren.
Aktuelle Infos auf: www.hellasfreunde.ch
Ab sofort bis 31. März im Gwattzentrum
Wegen Umbau finden die griechische Wochen nicht in gewohnter Weise statt - aber griechisch
Essen kann man dort in gewohnter Art. Live-Musik gibt‘s dann zweimal im März, Infos folgen.
Donnerstag, 10. Januar bis Sonntag, 13. Januar 2013, «Ferienmesse», Messeplatz Bern
Öffnungszeiten: Do./Fr.13.00 – 20.00 Uhr, Sa./So.10.00 – 18.00 Uhr
Eintritt: CHF 13.–, Senioren ab 60 Jahre CHF 8.– (nur Do, Fr), Kinder bis 16 Jahre gratis.
Freitag, 25. Jan. 2013, Tell-Saal
Mitgliederversammlung der Hellasfreunde Bern, anschliessend gemütlicher Teil mit einem
kleinen Imbiss, offeriert vom Verein. Die Gelegenheit miteinander zu diskutieren und Erfahrungen auszutauschen. Anmeldung erforderlich, siehe spezielle Einladung und Anmeldeformular.
Mittwoch, 13. Feb. 2013, Tell-Saal
Lefkada und Parga mit Epirus - Video-Film von Fred Wyss. Gezeigt wird die ländliche Insel
Lefkada, sowie das naheliegende Festland, das gebirgige Gebiet des Epirus zwischen den
Städten Preveza, Igoumenitsa und Ioannina.
Hellasfreunde Bern - Eintritt frei
Dienstag, 5. März 2013, Tell-Saal
Thessaloniki – Zwischen byzantinischen Kirchen und Partymeilen - Vortrag von Daniel
Infanger. Daniel Infanger hat als Austauschstudent in Thessaloniki ein Jahr orthodoxe Theologie studiert. Seine Berichte ergänzt er mit Einsichten in die orthodoxe Theologie sowie musikalischen Einlagen auf der Bouzouki.
Hellasfreunde Bern - Eintritt frei
40