Kundenkontakt-Management: Qualitätsmessung am Beispiel der
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Kundenkontakt-Management: Qualitätsmessung am Beispiel der
Kundenkontakt-Management: Qualitätsmessung am Beispiel der Nahrungs- und Genußmittel-Branche von Thorsten Hennig Arbeitspapier 5/1995 des imug Institut für Markt Umwelt und Gesellschaft, Hannover imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ Inhaltsgliederung 1. ÜBERSICHT 3 2. EINORDNUNG 3 3. KUNDENKONTAKTMANANAGEMENT ALS FORM DER UNTERNEHMERISCHEN KOMMUNIKATION 4 4. DIE MESSUNG DER QUALITÄT DES KUNDENKONTAKT-MANAGEMENTS 7 4.1. Forschungsüberblick 7 4.2. Darstellung des verwendeten Ansatzes 9 4.2.1. Kriterienauswahl und -verknüpfung 10 4.2.2. Gewichtung der Teilqualitäten und der Indikatoren 14 4.2.3. Datenerhebung 15 4.2.3.1. Vorgehensweise 15 4.2.3.2. Meßtheoretische Beurteilung 17 5. ERGEBNISSE DER UNTERSUCHUNG 18 5.1. Allgemeine Aussagen: Index der Kundenkontakt-Qualität in der Nahrungs- und Genußmittelindustrie 18 5.2. Hypothesenformulierung 21 5.3. Hypothesenprüfung 23 5.3.1. Größenhypothese 23 5.3.2. Grundsatzhypothese 24 5.3.3. Kompetenzhypothese 25 5.3.4. Zentralisierungshypothese 25 5.3.5. Produktgruppenhypothese 27 5.3.6. Offenheitshypothese 28 6. ZUSAMMENFASSUNG UND SCHLUßFOLGERUNGEN Seite 2 29 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ 1. Übersicht Beziehungsmarketing im Sinne einer auf langfristige Hersteller-Kunden-Beziehungen ausgerichteten Unternehmenskonzeption gewinnt aufgrund von Marktsättigungs- und Individualisierungstendenzen auch für Konsumgütermärkte zunehmend an Bedeutung. Das Management von insbesondere kundenseitig initiierten Kundenkontakten wie Anfragen, Nachfragen und Beschwerden stellt ein beachtliches Potential zur Schaffung, Intensivierung und Aufrechterhaltung von persönlichen Kundenbeziehungen bereit, das von vielen Produktanbietern gegenwärtig weitgehend vernachlässigt wird. Ein Ansatz zur Messung der Kundenkontakt-Qualität wird vorgestellt und die Ergebnisse seiner empirischen Anwendung für die Nahrungs- und Genußmittel-Branche geschildert. 2. Einordnung Die Bedeutung von Kunden-Hersteller-Beziehungen gewinnt im Marketing zunehmend an Bedeutung (vgl. Backhaus 1993, Diller/Kusterer 1988, Diller/Meffert 1994). Dabei kann festgestellt werden, daß Aussagen, die zunächst im Rahmen des KeyAccount-Managements für den Business-to-Business-Bereich Geltung erlangt haben, neuerdings auch verstärkten Eingang in das Konsumgüter-Marketing finden (vgl. Hentschel 1992). Als Gründe für diese Schwerpunktverlagerung im Marketing („Paradigmenwechsel“, vgl. Diller 1991) sind u.a. zu nennen: die zunehmende Sättigung einer Vielzahl von Konsumgütermärkten (vgl. Bauer 1988, Hansen 1990, S. 450), die einen Wertzuwachs des einzelnen Kunden bedingt, die schnellere Veralterung neu eingeführter Produkte (Davidow/Malone 1993), welche die Amortisation neuartiger Produktgruppen an langfristige Kundenbeziehungen bindet, sowie verstärkte Individualisierungstendenzen im Konsumentenbereich (vgl. Beyering 1987), die eine Abkehr von traditionellen (anonymen) Marktbearbeitungstechniken erfordern. Das zunehmende Interesse an der dauerhaften Bindung von Kunden in Literatur und Praxis findet seinen Ausdruck in einer Vielzahl von neugeschaffenen Begriffen wie Beziehungsmanagement, Dialogmarketing, Relationship-Marketing, LoyaltyMarketing etc., die sich ergänzende und z.T. sogar ersetzende Konzeptionen beschreiben (Schleuning 1994). Gemeinsam ist allen genannten Konzepten die Verlagerung des Betrachtungsschwerpunktes weg von der Kunden(neu)gewinnung hin zur langfristigen Kundenbindung. Das aktionsbezogene, statische Marketing weicht somit zunehmend einem interaktionsbezogenen, dynamisch-prozessuralen Marketing-Verständnis, für das die Bezeichnung Beziehungsmarketing gewählt wird (vgl. Hentschel 1992, Diller/Meffert 1994). Seite 3 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ Die neuartige Ausrichtung des Marketings initiiert eine veränderte Gewichtung des traditionellen Marketing-Instrumentenkasten. Neben der verstärkten Betrachtung bzw. Neuentdeckung von nachkaufphasenspezifischen Instrumenten (vgl. Hansen/Jeschke 1992, Jeschke 1994) wie Kundenservice, Redistribution und Beschwerdemanagement (vgl. Hansen/Schoenheit 1987, Riemer 1986, Bruhn 1982) muß insbesondere die unternehmerische Kommunikationspolitik den Anforderungen eines individualisierten und interaktiven Beziehungsmarketing Rechnung tragen. Ausdruck dieser Entwicklung ist eine zunehmende Verschmelzung der Instrumentalbereiche Kommunikations-, Beschwerde- und Servicepolitik bei der Bearbeitung von Kundenkontakten (Beschwerden etc.). Die genannten Veränderungen erfordern eine Neubewertung der verschiedenen Kommunikationsformen im Hinblick auf ihre jeweilige Zielerreichung für das Marketing. Die Massenkommunikation und insbesondere die Werbung (vgl. Schweiger/Schrattenegger 1989, S. 8ff.) erscheinen aufgrund ihrer hohen Streuverluste (vgl. Kroeber-Riel 1992) und instrumenteigenen Anonymität nur sehr begrenzt in der Lage, dauerhafte kundenspezifische Hersteller-Kunden-Beziehungen aufzubauen (x). Besondere Wichtigkeit für die Ziele des Beziehungsmarketing kommt stattdessen der dialogischen Hersteller-Kunden-Kommunikation zu, wobei der Dialogbegriff im ursprünglichen Sinne als wechselseitiger Informationsaustausch mit der gegenseitigen Bereitschaft zur Beeinflussung durch den anderen aufzufassen ist (vgl. Raabe 1994, Hansen/Schoenheit 1985, Schleuning 1994). Insbesondere bei solchen Dialogen, die kundenseitig initiiert sind, kann von einem vergleichsweise großen Interesse bzw. Involvement des Interessenten bzw. Kunden ausgegangen werden kann. Insofern beinhalten persönliche Kundendialoge ein beachtliches Potential für die Schaffung von Konsumentenzufriedenheit und für Aufbau, Intensivierung und Aufrechterhaltung von Kundenbeziehungen im Sinne des Beziehungsmarketing. 3. Kundenkontaktmananagement als Form der unternehmerischen Kommunikation Die Kommunikation zwischen Hersteller und Kunden kann auf vielfältige Weise ablaufen (vgl. Diller 1992a). Abbildung 1 gibt einen Überblick über verschiedene Formen der Kommunikation. Seite 4 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ Hersteller-KundenKommunikation Beteiligte einseitige Kommunikation Auslöser Unternehmen Art andere Werbung Mailings (Scheindialog) zweiseitige Kommunikation Unternehmen Kundenclub Veranstaltungen (Kochkurse etc.) Kunde Anfragen Beschwerden andere Quelle: Eigene Erstellung Während die einseitige Kommunikation (Werbung, Public Relations etc.) in erster Linie auf die Beeinflussung des anonymen Kunden zum (einmaligen) Kauf abzielt (Transaktionsbezug) und längerfristige Wirkungen hier nur im Rahmen von Einstellungsbildungs- und Unternehmens-/Marken-Wiedererkennungseffekten erzielt werden, ist die dialogische Kommunikation aufgrund ihrer individualisierten und interaktionellen Sichtweise besonders geeignet, eine Beziehung zwischen Hersteller und Kunde/Interessent über den einmaligen Kauf hinaus aktiv zu unterstützen (Interaktionsbezug). Im Fall der zweiseitigen Kommunikation besteht ein persönlicher Kontakt zwischen dem Kunden/ Interessenten einerseits und dem Unternehmen andererseits, der die durch den Kunden wahrgenommene komplexe Produktqualität nachhaltig beeinflussen und entsprechende Folgenreaktionen wie Zufriedenheit, Wiederkäufe etc. auslösen bzw. unterstützen kann. Bei der Ausgestaltung der dialogischen Hersteller-Kunden-Kommunikation lassen sich die folgenden Kommunikationsformen unterscheiden: dialogische Kommunikation mit Kontaktauslösung durch den Hersteller [Kundenclubs, Hersteller-Veranstaltungen (Kundenschulungen) etc. (Stippel 1986, Albers 1992)] dialogische Kommunikation mit Kontaktauslösung durch den Kunden [Beschwerdemanagement, Anfragemanagement etc. (Hansen/Jeschke 1992, 1994, Wimmer 1985)]. Die erstgenannten Instrumente (Kontaktauslösung durch den Hersteller) stellen unternehmensinitiierte Kommunikationsformen dar; die zweite Kategorie hingegen basiert auf Kundenaktivitäten und soll entsprechend als kundeninitierter Kontakt bezeichnet werden. Bei kundeninitiierten Kontakten können i.d.R. ein echter Bedürfnisbezug sowie ein vergleichsweise hohes kundenseitiges Involvement Seite 5 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ vorausgesetzt werden, während im Fall der Herstellerinitiierung die Möglichkeit besteht, daß sog. „Scheinbedürfnisse“ des Kunden durch die HerstellerKommunikation erst geweckt und zunächst erfüllt werden, die später in einer Nachkaufunzufriedenheit resultieren und eine dauerhafte Beziehung nicht begründen, sondern stattdessen erschweren bzw. sogar unmöglich machen. Die Verwendung des Marketingbegriffs im Sinne einer tatsächlichen Orientierung an langfristigen Verbraucherinteressen ebenso wie die problematische Bewertbarkeit unternehmensinitiierter Kontaktsituationen aus Kundensicht erfordern eine differenziertere Auseinandersetzung mit herstellerinitiierten Dialogformen, die hier nicht geleistet werden soll. Im folgenden wird deshalb aus den genannten Gründen eine Beschränkung auf kundeninitiierte Kontaktformen vorgenommen. Im Fall des kundeninitiierten Kontaktmanagements können verschiedene Kontaktsituationen unterschieden werden, wobei eine Einteilung in Anlehnung an die verschiedenen Kauf- bzw. Konsumphasen (vgl. Jeschke 1994, Wilkie 1986) sinnvoll erscheint (vgl. Abbildung 2). Zu beachten ist der prozessurale des Kaufvorgangs, der eine trennscharfe Abgrenzung von Phasen bzw. Kontaktarten nicht zuläßt. So lassen sich etwa Anfragen im Fall des Wiederholungskaufs auch als Nachkaufaktivität interpretieren. Kundeninitiierte Kommunikation Phase Art Gegenstand Vorkaufphase Anfragen grundsätzliche Produktinformationen Kaufphase Beratung detaillierte Produktinformationen Nachkaufphase Beschwerde Nachfragen (Verwendung etc.) Produktprobleme Quelle: Eigene Erstellung Als Instrumente im Rahmen des Beziehungsmarketings geeignet erscheinen von den genannten Kontakten nur solche, die auch durch den Produkthersteller unmittelbar und aktiv beeinflussbar und gestaltbar sind. Während es sich bei Anfragen, Beschwerden und Nachfragen zumindest teilweise um unmittelbare Kunden-Hersteller-Kontakte handelt, gilt dieses für den betrachteten Konsumgütersektor für eine Vielzahl von Beratungskontakten nicht. Da die überwiegende Zahl von Konsumgütern über die Zwischeninstanz Handel abgesetzt werden, besteht zumindest in Seite 6 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ solchen Fällen, in denen der Handel über eine hohe Eigenständigkeit und Alternativenvielzahl verfügt, nur eine sehr begrenzte Instrumentalisierbarkeit der Kundenkontaktqualität im Hinblick auf die Ziele des herstellerseitigen Beziehungsmarketing. Im Fall der Nahrungs- und Genußmittelindustrie, der hier im Rahmen einer empirischen Untersuchung betrachtet wird, ist die Bedeutung und Eigenständigkeit des Handels besonders extensiv ausgeprägt. Die Einbeziehung des Kundenkontaktes in der Kaufphase hätte insofern eine Verlagerung des Untersuchungsschwerpunktes in Richtung Hersteller-Händler-Beziehungen bedeutet (vertikales Marketing), die hier nicht angestrebt wird. Für die Messung der Kundenkontakt-Qualität in der Nahrungs- und Genußmittelbranche wird daher im folgenden die Beratungsqualität in der Kaufphase nicht berücksichtigt (1). Stattdessen wird eine Begrenzung auf Anfragen, Beschwerden und Nachfragen vorgenommen. Die organisationale Ausgestaltung dieser Kontaktarten wird als Kundenkontakt-Management bezeichnet. 4. Die Messung der Qualität des Kundenkontakt-Managements Nachdem die Bedeutung und Instrumente des Kontaktmanagements für den Fall kundenseitiger Kontaktaufnahme dargelegt worden sind, wird nachfolgend ein Überblick über die in der Literatur diskutierten Verfahren zur Messung der Kundenkontakt-Qualität gegeben und ein eigener Ansatz zur Qualitätsmessung vorgestellt. Daran anschließend werden die empirische Anwendung des Ansatzes auf eine ausgewählte Branche (Nahrungs- und Genußmittel, im folgenden kurz: NuG) geschildert und die erzielten Ergebnisse im Überblick dargestellt. Die Studie wurde vom Institut für Markt Umwelt Gesellschaft (imug), Hannover, durchgeführt; sie ist Teil eines umfassenden Unternehmenstestes der Nahrungs- und Genußmittelbranche (2). 4.1. Forschungsüberblick Die Qualität dialogischer Kunden-Hersteller-Kommunikation ist Gegenstand verschiedener Teilbereiche des Marketing und der Verbraucherpolitik. Theoretische bzw. empirische Ansätze finden sich insbesondere in den folgenden drei Forschungsbereichen: Beschwerdemanagement-Forschung. Hier stellt sich u.a. die Frage, welche Faktoren für die Erzielung von konsumentenseitiger Beschwerdezufriedenheit bzw. - unzufriedenheit ausschlaggebend sind. Da für den Kundenkontakt „Beschwerde“ ein enger Zusammenhang zwischen Beschwerdezufriedenheit und unternehmensseitiger Kontaktqualität unterstellt werden kann, müssen zufriedenheitsrelevante Einflußgrößen auch bei der Messung der KundenkontaktQualität Berücksichtigung finden. Als solche Einflußgrößen, die einer unternehmensseitigen Veränderbarkeit unterliegen (3), werden in der Literatur Seite 7 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ u.a. genannt (Bruhn 1987, Goodman et al. 1987, Stickel 1994): das Beschwerdeergebnis, die einfache Erreichbarkeit des zuständigen Ansprechpartners, eine schnelle, individuelle und wenig umständliche Bearbeitung der Beschwerde sowie das jeweilige Interaktionsverhalten des Unternehmens. Betont wird das Ausmaß der Kundenzentrierung, "d.h. das Eingehen des Kundenkontaktpersonals auf die persönliche Problemlage des Beschwerdeführers" (Hansen/Jeschke 1991, Hansen 1990). Die genannten Faktoren finden im Rahmen der durchgeführten Untersuchung als Qualitätskriterien Berücksichtung. Dienstleistungsqualitäts-Forschung. Die Integration externer Faktoren (der Konsument selbst, Konsumenteneigentum) erfordert i.d.R. ein hohes Maß an dialogischer Kommunikation zwischen dem Hersteller der Dienstleistung und dem Konsumenten. Die Beurteilung der Kommunikation ist im Dienstleistungsfall oft kaum trennbar von der Beurteilung der erhaltenen Dienstleistung. Für die hier vorzunehmende Messung der Kundenkontakt-Qualität von Interesse ist die Einteilung des Dienstleistungsprozesses in drei Phasen und entsprechende Teilqualitäten (Potentialqualität, Prozessqualität, Ergebnisqualität)durch Donabedian (vgl. Donabedian 19xx). Ansätze zur Identifizierung allgemeingültiger Qualitäts-Dimensionen (vgl. Parasuraman et al. 19xx, xx) sind selbst im Rahmen des Dienstleistungsmarketings umstritten (vgl. Hentschel 19xx) und enthalten keine auf die kundeninitiierte Kommunikation übertragbaren Informationen. Die Qualität von Dienstleistungen wird u.a. anhand von Multiattributiv-Verfahren gemessen, wobei für das kompensatorische, linear-additive Modell gute Validitätsergebnisse vorliegen (vgl. Hentschel 1991a). Dieses Modell wird im folgenden auch zur Messung der Kundenkontakt-Qualität verwendet. Beratungsqualitäts-Forschung. Im Schnittpunkt von Marketing und Verbraucherpolitik stellt die Beratungsqualität einen wesentlichen Untersuchungsgegenstand dar (Lübke/Schoenheit 1985). Forschungsschwerpunkte sind überwiegend die Beratungen zum unmittelbaren Kaufzeitpunkt in Gestalt von Face-to-FaceKontakten (vgl. Schoenheit 1985), weniger Vorkauf- und Nachkaufkontakte. Empirische Messungen der Beratungsqualität finden sich in unregelmäßiggn Abständen in den Arbeiten der Stiftung Warentest (vgl. test 1989, test 19xx), wobei i.d.R. aufgrund des gegebenen Zieles der Verbraucherinformation besonderer Wert auf die Objektivierbarkeit der Beurteilungskriterien gelegt und die wissenschaftlich-theoretische Begründung der verwendeten Indikatoren und Indikatorgewichte vernachlässigt wird (vgl. Kroeber-Riel 1992). Die Ergebnisse dieser Arbeiten sind für die Messung der Kundenkontakt-Qualität insofern von Interesse, da sie stets eklatante Leistungsdefizite der dialogischen Kommunikation von Unternehmen aufweisen und somit die Notwendigkeit der Durchführung von eigenständigen Analysen auf diesem Gebiet bestätigen. Zusammengefaßt kann gesagt werden, daß in verschiedenen Forschungsbereichen Erkenntnisse über die Qualität von Kunden-Hersteller-Kommunikationen vorliegen. Die Mehrzahl dieser Daten besitzt indes qualitativen Charakter und analysiert in Seite 8 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ erster Linie Kausalstrukturen. Die vorliegenden Resultate zur Messung von Kontaktqualität beziehen sich in erster Linie auf die Veräußerung von Dienstleistungen und sind nur sehr begrenzt auf andere Branchen und Produktgruppen übertragbar bzw. besitzen eine ungenügende theoretische Fundierung. Es besteht somit Bedarf an einem Instrument, das theoretisch fundiert und zugleich in der Lage ist, die Kundenkontakt-Qualität von Unternehmen auf vergleichsweise wenig aufwendige Weise empirisch zu erfassen. 4.2. Darstellung des verwendeten Ansatzes Um die Qualität der Unternehmenskommunikation beurteilen zu können, bedarf es zunächst der Festlegung einer geeigneten Perspektive. Entsprechend der hier gewählten weitsichtigen und interaktionssorientierten Sichtweise des Beziehungsmarketing kann als Qualität nur bezeichnet werden, was dazu geeignet ist, langfristige Konsumenteninteressen zu befriedigen und dauerhafte KundenHersteller-Beziehungen zu begründen bzw. zu erhalten. Aufgabe einer Qualitätsmessung ist somit zunächst die Identifizierung langfristiger Konsumenteninteressen im Rahmen von Hersteller-Kunden-Kontaktsituationen und deren Verknüpfung im Rahmen eines reliablen und validen Meßmodells. Anschließend erfolgt die Gewichtung der Kriterien aus Konsumentensicht und schließlich die empirische Überprüfung der so definierten Kriterien und Gewichte an der Unternehmensrealität. Abbildung 3 stellt den Ablauf der Untersuchung dar. Identifizierung von konsumentenseitigen Kriterien und modelhafte Verknüpfung Gewichtung der Kriterien empirische Messung der Kriterien Quelle: Eigene Erstellung Seite 9 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ 4.2.1. Kriterienauswahl und -verknüpfung Bei der Kriterienauswahl wurden neben sog. objektiven Kriterien auch subjektive Kriterien in das Untersuchungsdesign einbezogen. Diese Vorgehensweise entspricht der gewählten kundenseitigen Perspektive, die eine Berücksichtigung subjektiv wahrgenommener Aspekte wie Gesprächsatmosphäre etc. notwenig werden läßt. Eine Außerachtlassung derartiger „weicher“ Kriterien, wie sie i.d.R. von der Stiftung Warentest vorgenommen wird, besitzt u.U. erhebliche negative Auswirkungen auf die Validität der Messung (vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 319). Die Problematik der Verwendung von subjektiven Kriterien (insbesondere die Gefahr geringer Reliabilität) wird durch den Einsatz eines geringen Interviewerstabes und in starkem Umfang standardisierten Versuchsbedingungen gemindert. Im Rahmen des gewählten Ansatzes wird die Gesamtqualität des unternehmerischen Kundenkontaktmanagements als Summe verschiedener gewichteter Teilqualitäten (Beschwerdemanagementqualität, Anfragenmanagementqualität etc.) interpretiert. Für jede Teilqualität werden spezifische Kriterien identifiziert (z.B. Gesprächsatmosphäre, Erreichbarkeit), die wiederum anhand von Multi-Items-Skalen (vgl. Churchill 1979) operationalisiert werden (wie Freundlichkeit, Adressenaufdruck etc.). Formal findet ein linear-additives Multiattributverfahren Verwendung (adaequacy-importance-Modell), das wie folgt dargestellt werden kann: QkUk T w Q t t ( kUk ) t 1 mit Qt ( kUk ) f ( K1 , K2 ,..., Kn ) , wobei QkUk Qualität der kUk - Gesamt Qt ( kUk ) Qualität der t - ten Teilkomponente der kUk - Gesamt wt Wichtigkeit der t - ten Teilqualität Ki Kriterium der t - ten Teilqualität Die gewählte kompositionelle Vorgehensweise besitzt gegenüber einer ganzheitlichen Beurteilung den Vorteil, daß eine Schwächen/ Stärken-Ermittlung und -Attribuierung möglich ist und somit negative wie positive Teilqualitäten separat ausgewiesen werden. Für die beteiligten Unternehmen ist es anhand dieser Methode möglich, gezielte Schwachstellenanalysen durchzuführen und eine Verbesserung der eigenen Kundenkontakt-Qualität zu erreichen. Die einzelnen Teilergebnisse finden sich in Anhang 1. Als Teilqualitäten der Kundenkommunikation werden drei verschiedene Kontaktsituationen verwendet. Dabei handelt es sich um: a) schriftliche Anfragen, die ein grundsätzliches (allgemeines) Themengebiet zum Gegenstand haben und sich nicht auf einen konkreten Kaufvorgang in der Vergangenheit beziehen. Seite 10 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ b) mündliche (telefonische) Beschwerden, die ein konkretes Produktproblem thematisieren, das mit einem spezifischen Kaufvorgang in Verbindung steht. Die Problemverursachung liegt hier nicht im Verantwortungsbereich des Kunden. c) mündliche (telefonische) Nachfragen, die die konkrete Verwendung eines gekauften Produktes zum Gegenstand haben. Hier liegt die Problemverursachung im Verantwortungsbereich des Kunden, der den Hersteller um Auskunft bittet (z.B. hinsichtlich der Verwendung eines vom Kunden zu lange bzw. unsachgemäß gelagerten Produktes). Die Teilqualitäten werden anhand verschiedener Kriterien (Variablen) gemessen. Diese Variablen werden nachfolgend hinsichtlich ihrer jeweiligen Bedeutung für die betrachtete Teilqualität geschildert. Für schriftliche und telefonische Kontaktsituationen werden spezifische Kriterien zur Beurteilung herangezogen. Ein einheitlicher Kriterienkatalog erscheint aufgrund der unterschiedlichen Konsumentenerwartungen bei schriftlichen Anfragen und (fern)mündlichen Kontakten wenig sinnvoll zur Erfassung der jeweiligen Teilqualitäten. Bei den beiden telefonischen Kontaktsituationen werden zum Teil einheitliche, teilweise auch kontaktspezifische Kriterien verwendet. ad a) schriftliche Anfrage Für den Fall der schriftlichen Anfrage werden fünf ständige Kriterien gewählt, bei denen eine Beeinflussung der vom Konsumenten bzw. Anfrager wahrgenommenen Kontaktqualität angenommen wird. Diese Basiskriterien werden durch ein optionales Zusatzkriterium ergänzt. Als Basiskriterien finden Verwendung: Die Erreichbarkeit des Produktherstellers. Wesentlichen Einfluß auf die Beurtei- lung der Anfragequalität durch den Konsumenten dürfte der Aufwand besitzen, den ein anfragewilliger Konsument zur Ermittlung der Herstelleranschrift auf sich nehmen muß. In der vorliegenden Untersuchung wird davon ausgegangen, daß die Erreichbarkeit des Herstellers keine zusätzlichen positiven (im Fall der Anschriftsangabe), sondern ausschließlich negative Wirkungen (im Fall der Nichtangabe) aufweisen kann. Die Tatsache, ob überhaupt geantwortet wird. Es wird angenommen, daß bereits die eigentliche Unternehmensresponse (unabhängig von den Response-Inhalten) vom Kunden/Interessenten positiv beurteilt wird. Die Antwortdauer. Es wird unterstellt, daß die Qualität der Unternehmensantwort mit zunehmender Antwortdauer weniger positiv beurteilt wird, wobei eine Antwortverweigerung als negativer Extremwert angesehen werden kann. Der Zusammenhang zwischen Antwortdauer und Zufriedenheit dürfte insbesondere bei dringenden Konsumenteninteressen stark ausgeprägt sein. Seite 11 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ Die Sorgfalt der Bearbeitung. Je sorgfältiger ein Unternehmen eine Anfrage beantwortet, desto zufriedener wird der Konsument mit dem Kontakt sein. Da Sorgfalt ein qualitatives und vergleichsweise schwer faßbares Konstrukt mit indirektem empirischen Zugang darstellt, erfolgt seine Messung über eine MultiItemskala mit den Variablen „Serienbrief bzw. indiv. Schreiben", Länge des Schreibens und Beigabe von themenbezogenen Ergänzungsinformationen. Die Plausibilität der Antwort. Unabhängig von der Antwortdauer und der Bearbeitungssorgfalt dürfte auch die Plausibilität der erhaltenen Antwort zu einer Zufriedenheit des Konsumenten beitragen. Insbesondere sollte das Antwortschreiben keine offensichtlichen Unsachlichkeiten oder gar Falschinformationen beinhalten („Zucker macht nicht dick"). Zusätzliche Berücksichtigung finden besondere Aktivitäten des Unternehmens, etwa die Zusendung von Probierwaren. Diese Aktivitäten stellen i.d.R. unerwartete Zusatzleistungen („added values“) dar, die ein besonders hohes Potential zur positiven Beeinflussung des Kunden besitzen und zur Etablierung eines einzigartigen und nachhaltigen Unternehmensimages im Sinne einer Extra Value Proposition (EVP, vgl. Rapp/Collins 1990) im Kopf des Kunden beitragen können. Aufgrund ihres optionalen Charakters werden bei der Bewertung der Kundenkontakt-Qualität von Unternehmen Zusatzleistungen bei Durchführung als Bonus-Komponente positiv, bei Unterlassen indes nicht als Malus-Komponente einbezogen (4). Die folgende Abbildung faßt die für den Bereich der schriftlichen Anfrage verwendeten Kriterien zusammen. Kriterien "schriftliche Anfrage" Erreichbarkeit Antwort Antwortdauer Sorgfalt Zusatzleistungen Plausibilität Quelle: Eigene Erstellung ad b) Telefonische Beschwerde Für die Beurteilung der Qualität von nachkaufbezogenen Beschwerdetelefonaten werden drei Basiskriterien verwendet, die in einem prozessuralen Verhältnis zueinander stehen. Bei der Kriterienauswahl wurde eine Kundenperspektive eingenommen und von der o.g. Nähe von kundenseitig wahrgenommener Beschwerdezufriedenheit und unternehmerischer Beschwerdemanagementqualität ausgegangen. Die gewählten Kriterien entsprechen daher weitgehend den in der Literatur als Determinanten der Beschwerdezufriedenheit von Konsumenten angegeben Einflußgrößen (vgl. Goodwin/Ross 1990, S. 41ff., Stickel 1994) (5). Sie können folgendermaßen beschrieben werden: Seite 12 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ Die Komfortabilität der Kontaktaufnahme, d.h. die Anstrengungen, die zum Erreichen eines fachlich kompetenten Ansprechpartners im Unternehmen von Seiten des Konsumenten vorgenommen werden müssen ("Beschwerdeaufwand"). Zur Messung der Komfortabilität werden zwei objektiv meßbare und metrisch skalierte Indikatoren herangezogen, nämlich die Zeit bis zur telefonischen Verbindung mit dem Ansprechpartner sowie die Anzahl der bis dahin durchlaufenen Kontakte in- und außerhalb des Unternehmens. Darüberhinaus werden die tages- und wochenzeitliche Erreichbarkeit des Unternehmens (z.B. 24-Stunden-Service) sowie die Kosten des Beschwerdekontaktes gemessen. Die Gesprächsatmosphäre ("Beschwerdekommunikationsqualität"). Unabhängig von den getätigten Anstrengungen und dem erzielten Ergebnis kann davon ausgegangen werden, daß auch der Gesprächsverlauf per se einen Einfluß auf die (Beschwerde-)Zufriedenheit des Konsumenten ausübt und sein künftiges Verhalten beeinflußt. Die Operationalisierung der von dem Kunden i.d.R. sehr subjektiv empfundenen Gesprächsatmosphäre erfolgt über eine mehrstufige Multi-Itemskala mit den Variablen "Freundlichkeit", "nimmt sich Zeit", "Hilfsbereitschaft", "interessiert sich für das Problem" und "vermittelt Problemlösungswillen". Zur Steigerung der Meßgenauigkeit wurde die Beschwerdesituation (Tonfall, Beschwerdetext, Reaktion) starkt eingegrenzt und ein geringer Interviewerstab eingesetzt (2 Beschwerder). Das Gesprächsergebnis ("Beschwerdeergebnisqualität"). Die Wahrnehmung und Beurteilung eines Hersteller-Kunden-Kontaktes wird durch den Kunden in erheblichem Maße durch das Gesprächsergebnis geprägt. Als Indikator-Variablen werden hier die Plausibilität der Erklärung, die Zusage von Schadenersatzleistungen im Beschwerdefall sowie die Zusage der Klärung der Problemursache innerhalb des Unternehmens verwendet. Analog zur schriftlichen Anfrage wird die Erbringung von Zusatzleistungen über den eigentlichen Schaden hinaus als Bonus-Kriterium zusätzlich berücksichtigt, da bei ihnen von einem nachhaltigen Effekt auf die Nachkauf-Zufriedenheit des Beschwerders ausgegangen werden kann. ad c) Telefonische Nachfrage Für die Beurteilung der Qualität der telefonischen Nachfragekontakte wurde weitgehend auf die Kriterienliste des Beschwerdeverhaltens (s.o.) zurückgegriffen. Da es sich hier aber im Unterschied zur Beschwerde um einen kundenseitig verursachten Mangel handelte, wurde bei der Nachfragebeurteilung die Ergebniskomponte unberücksichtigt gelassen. Die folgende Abbildung faßt die Kriteriensysteme zur Messung der Qualität der telefonischen Kontakte zusammen. Seite 13 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ Kriterien "telefonische Kontakte" Beschwerde Nachfrage Kontaktaufnahme Zeit Kontaktzahl Erreichbarkeit Kosten Atmosphäre Freundlichkeit nimmt sich Zeit Hilfsbereitschaft Probleminteresse Problemlösungswillen Ergebnis Plausibilität Schadenersatz Klärung Zusatzleistungen Quelle: Eigene Erstellung 4.2.2. Gewichtung der Teilqualitäten und der Indikatoren Um eine Zusammenfügung der verschiedenen Teilergebnisse im Rahmen des verwendeten Meßmodells zu einem Gesamtwert zu ermöglichen, muß die Bedeutung der Teilqualitäten sowie der gemessenen Indikatoren festgestellt werden. Da eine direkte Abfrage von Wichtigkeiten der einzelnen Variablen aufgrund der fehlenden Berücksichtigung von trade-off-Prozessen kaum interpretierbare Resultate erbringt, wird hier auf die Konstantsummenmethode zurückgegriffen (vgl. Hammann/Erichson 1994, S. 309ff.). So wurde eine Gruppe von 10 Probanden gebeten (convenience sample), jeweils 100 Punkte entsprechend der wahrgenommenen Wichtigkeit für die Kommunikationsqualität auf die verschiedenen Teilqualitäten bzw. Variablen zu verteilen. Die Abbildung 3 faßt die Ergebnisse zusammen. Seite 14 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ Zeit 0,35 Zusatzleistungen Kontaktzahl 0/0,18 0,25/0,25 schriftlich 0,35 Antwort 0,15 0,23/0,19 Antwortdauer 0,15 Sorgfalt 0,14 nimmt sich Zeit Kontaktaufnahme Interesse Plausibilität 0,16 0,17 0,17 0,16 0,2 Hilfsbereitschaft Atmosphäre 0,46 0,35/0,3 0,54 0,38 0,65 Beschwerde telefonisch 0,35 Erreichbarkeit 0,15/0,11 0,27/0,22 KundenKontaktQualität Erreichbarkeit Nachfrage 0,22 Kosten Freundlichkeit Aufmerksamkeit 0,4 Ergebnis 0,6 Kontaktaufnahme (wie Beschwerde) 0,42/0,37 Plausibilität 0,23/0,18 Schadenersatz Atmosphäre (wie Beschwerde) 0/0,15 Klärung 0,4 0,35/0,3 Problemlösungswillen Zusatzanreize Die Messung der Variablen erfolgte jeweils unter Verwendung von 4-stufigen Ratingskalen, wobei der Wert 4 die Optimalausprägung, 1 hingegen den schlechtest möglichen Wert darstellte. Auf diese Weise konnte ein quasi-metrisches Skalenniveau erzielt werden, welches die Anwendung quantitativer Auswertungsmethoden zuläßt (vgl. Böhler 1992, S. 101). 4.2.3. Datenerhebung 4.2.3.1. Vorgehensweise Für die empirische Anwendung des dargestellten Qualitätsmessinstrumentes wurden die 50 größten (umsatzstärksten) Unternehmen der Nahrungs-und Genußmittelbranche (NuG) ausgewählt (Lebensmittelzeitung 1994, GWH 1993, imug 1995). Das Teilnehmerfeld wurde ergänzt um solche Unternehmen der NuG-Branche, die im Rahmen des imug-Unternehmenstestes (5) ein überdurchschnittliches Informationsverhalten gezeigt hatten (6). Da ein Großteil der Unternehmen zahlreiche verschiedene Markenartikel vertreibt, die ihrerseits Gegenstand von umfangreichen Marken- bzw. Linienerweiterungsaktivitäten sind, wurde jeweils eine bundesweit distribuierte Kernmarke des Unternehmens zum Gegenstand der vorzunehmenden Kundenkontakte gewählt. In einzelnen Fällen, in denen keine national distribuierte Marke existierte, wurden regionale bzw. lokale Marken herangezogen (Deller, MöweNudeln, Sachsenmilch). Die Abbildung xx zeigt eine Auflistung aller 79 im Untersuchungsverlauf kontaktierten Unternehmen (und der jeweiligen Marken) in alphabetischer Reihenfolge. Agrarfrost BAT/Lucky Strike Apollinaris Bavaria/Astra Bahlsen/Leibnitz Beckers Bester Seite 15 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ Berentzen Brauerei Beck/Becks CPC Deutschland/Knorr Eduscho Frikifrisch Gubor Henkell + Söhnlein/Henkell trocken Hohes C Karlsberg Kraft Jacobs Suchard/Milka Lohmann/Wiesenhof-Hähnchen May Werke/May Getränke Milupa Nestle/Lünebest Pepsi-Cola Procter&Gamble/Dittmeyer/Valensina Reemtsma/West Rothmans/Dunhill Schwartauer Werke Staatlich Fachingen Stute Tchibo Union/Rama Weber/Golden Toast Zentis Bitburger Blaue Quellen/Harzer Grauhof Clausthaler/Binding Brauerei Coca-Cola Deller Eckes/Granini Erasco Ferrero/Kinderschokolade Gerolsteiner Mineralbrunnen Gervais-Danone Haribo Harry-Brot Herforder Hochland Holsten Homann/Homa Katjes Kellogg Langnese-Iglo/Langnese Licher Ludwig/Trumpf Mars Melitta Merci Möwe Müller/R'Activ Odenwald Oetker Pfeifer&Langen/Kölner Zucker Philip Morris/Marlboro Racke/Racke auchzart Rau/Deli Reform Reynolds/Camel Ritter/Rittersport Sachsenmilch Schöller Schwarze + Schlichte/Schwarze Weizen Seagram/Mumm Frühstückskorn Stollwerck/Alpia Storck/Storcks Riesen Südmilch Südzucker Überkinger/Hirschquelle Underberg VK Mühlen/VK-Mühlen Warsteiner Weltmarken/Baileys Wendeln-Brot Quelle: Eigene Erstellung Bei der Datensammlung wurde im einzelnen wie folgt vorgegangen: Jedem Unternehmen wurde Ende Juli 1994 ein Schreiben zugesandt, in dem es um Aufklärung hinsichtlich der Kennzeichnungspflicht von Inhalts- und Zusatzstoffen in Lebensmitteln allgemein sowie auf die jeweils betroffene Produktgruppe und Marke bezogen gebeten wurde (Anfrage). Bei der privaten Anfrageperson handelte es sich um einen langjährigen Kunden des Unternehmens. Aus dem Antwortverhalten der Unternehmen ist ersichtlich, daß der Simulationscharakter des Schreibens nicht erkenntlich war. Um eine produktgruppenübergreifende Vergleichbarkeit der Anfragemanagementqualität zu ermöglichen und zugleich die produkttypologisch bedingten Besonderheiten der Unternehmen zu berücksichtigen, wurden produktgruppenspezifische Spezifikationen des grundsätzlich gleichen Anfragegegenstandes vorgenommen (Getränke, Zigaretten, Lebensmittel). Jedes Unternehmen wurde darüberhinaus zweifach telefonisch kontaktiert. Auf diese Weise konnte ein breites Problemspektrum des Nachkaufverhaltens (Kundenbeschwerde, Kundennachfrage) untersucht werden; zugleich erlaubt die gewählte Vorgehensweise Aussagen hinsichtlich der Validität der Forschungsanordnung (s.u.). Die Gespräche wurden jeweils in zwei Zeitintervallen (9 bis 12 Uhr, 14 bis 16 Uhr) im August 1994 durchgeführt, um den Einfluß von Störvariablen (Tischpausen etc.) auf das Untersuchungsergebnis zu reduzieren. Seite 16 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ 4.2.3.2. Meßtheoretische Beurteilung Die Festlegung der Anzahl und Ausgestaltung der im Untersuchungsverlauf vorzunehmenden Kontakte erfolgt unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien, insbesondere der Reliabiliät, der internen (inneren) Validität und der externen Validität des Forschungsdesigns. Im folgenden soll die gewählte Untersuchungsanordnung hinsichtlich dieser Kriterien beurteilt werden. Die Reliabilität, d.h. die Genauigkeit der gemessenen Qualitätswerte (vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 1991, S. 1024), fordert u.a. eine Wiederholbarkeit der Ergebnisse im Rahmen von Retest-Studien unter unveränderten Bedingungen. Hierbei geht es vor allem um die Frage, ob einzelne Anrufe den Rückschluß auf eine unbekannte Gesamtqualität zulassen oder unkontrollierte Zufallseinflüsse eine signifikante Ergebnisverzerrung bewirken. Neben empirischen Restriktionen (komplexer Fragen- und Themenbereich, flexible und dynamische Umweltbedingungen, Individualität von Kundenkontakten) sind insbesondere zwei Aspekte zu nennen, die die Vertretbarkeit der gewählten Vorgehensweise nahelegen. Zum einen kann davon ausgegangen werden, daß der unternehmensinterne Bearbeitungsprozess von schriftlichen Anfragen in starkem Maße formalisierte Strukturen aufweist. Daraus folgt, daß nur geringe konsumentenindividuelle Antwortschwankungen existieren und das gemessene Bearbeitungsverhalten folglich den Rückschluß auf ein Gesamturteil erlaubt. Zum anderen wurde ein Teil der Kriterien dergestalt gewählt, daß es sich dabei um institutionalisierte Größen (Adressenaufdruck, telefonische Erreichbarkeit, Gesprächskosten) handelt, die ebenfalls keinen signifikanten Leistungsschwankungen unterworfen sein sollten. Der Mittelwert der gemessenen Korrelationen zwischen institutionalisierten Nachfrage- und Beschwerdekomponenten von x(r) 0,65 bestätigt dies. Hinsichtlich der Kontakthäufigkeit ist zu bemerken, daß eine Steigerung der Kontaktmenge einher geht mit der Gefahr von Reaktanzeffekten, die zu grundlegenden Ergebnisverzerrungen bzw. -verfälschungen führen können und die Validität der Messung negativ beeinflussen. Dies gilt für die vorliegende Untersuchung in besonderem Maße, da von einer Sensibilisierung der kontaktierten Unternehmen durch eine annähernd zeitgleich durchgeführte umfangreiche Unternehmensbefragung auszugehen war (vgl. imug 1995). Festzuhalten bleibt schließlich, daß es sich bei dem vorgestellten Ansatz zur Messung der Kundenkontakt-Qualität nicht in erster Linie um ein Instrument zur Gewinnung kardinaler Qualitätsdaten handelt, sondern es primär darum geht, Mängel im unternehmerischen Kundenkontaktmanagement aufzuzeigen und gezielte Schwachstellenzuweisung betreiben zu können, um auf Basis der gewonnenen Daten eine Verbesserung der Kundenkontaktfunktion des jeweiligen Unternehmens bzw. im Extremfall der gesamten Branche zu erreichen. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint der Verzicht auf zusätzliche Kontrollkontakte zulässig. Seite 17 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ Hinsichtlich der internen (inneren) Validität, d.h. der Frage, in wieweit das gewählte Forschungsdesign in der Lage ist, die Kundenkontakt-Qualität eines Unternehmens auf angemessene Weise wiederzugeben (vgl. Brockhoff 1993, S. 207f.), müssen die verwendeten Kriterien und Indikatoren sowie die Kriterien- und Indikatorgewichte auf ihre Aussagekräftigkeit hin überprüft werden. Da es sich bei der Qualität der Bearbeitung von kundeninitiierten Kontakten um ein offenkundig vielschichtiges, mehrdimensionales und komplexes Konstrukt handelt, wurde ein kompositioneller Meßansatz gewählt, der eine Vielzahl unterschiedlicher Aspekte und Teilqualitäten berücksichtigt, separat erfaßt und bewertet. Unterschieden wurden insbesondere Kontaktarten (schriftlich/mündlich), Problembereiche (Fragestellungen), Ursachenattribuierung (herstellerverursacht/ selbstverursacht), Kriterien und Bewertungsweisen (Standardfaktoren/ Bonus-/ Malusfaktoren). Die einzelnen Daten wurden in Form eines adaeqacyimportance-Modells zusammengefügt, welches eine vergleichsweise hohe kognitive Auseinandersetzung des Konsumenten mit dem Problemgegenstand voraussetzt. Dieser extensive kognitive Prozess wird durch das im Kontaktfall zu erwartende hohe situative Involvement (vgl. Kroeber-Riel 1992) gerechtfertigt. Bei der externen Validität der Messung, d.h. der Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse (vgl. Hammann/Erichson 1994, S. 159), ist auf die obigen Aussagen insbesondere zur Reliabilität zu verweisen. Zudem erscheint der Umfang der vorliegenden Untersuchung durchaus geeignet, Rückschlüsse auf den Zustand des Kundenkontaktmanagements und den Kundenwert in der Nahrungs- und Genußmittelbranche zu ziehen; entsprechende Aussagen finden sich im folgenden Kapitel. Für weiterführende Aussagen, etwa branchenübergreifender Art, sind die Ergebnisse hingegen nicht geeignet. Hierzu bedarf es zusätzlicher Untersuchungen. 5. Ergebnisse der Untersuchung Im folgenden sollen die Resultate der durchgeführten Untersuchung dargestellt werden. Dabei werden zunächst allgemeine Ergebnisse geschildert, bevor im Anschluß daran verschiedene Hypothesen bezüglich der Kundenkontaktqualität der NuG-Branche formuliert und anhand der gewonnen Daten auf ihre Haltbarkeit hin überprüft werden. 5.1. Allgemeine Aussagen: Index der Kundenkontakt-Qualität in der Nahrungsund Genußmittelindustrie Die Abbildung xx gibt die Durchschnittswerte der Gesamtqualität sowie der drei Teilqualitäten über alle kontaktierten Unternehmen wieder. Der Mittelwert der Gesamtqualität beträgt 2,65; die Ergebnisse der Teilqualitäten schwanken nicht signifikant zwischen 2,50 (Nachfragen) und 2,72 (Beschwerden). Alle Werte weichen erheblich von dem zu erreichenden Idealwert von 4,0 ab. Seite 18 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ M i t t e l w e r t e K K Q u a l i t ä t 4,00 3,50 3,00 2.72 2.65 2,50 2.65 2.50 2,00 1,50 1,00 Anfrage Beschwerde Nachfrage Gesamt-Qualität Kundenkontakt-Arten Die Ergebnisse der Messung der Qualität des Kundenkontaktmanagements zeigen zunächst, daß in der Nahrungs- und Genußmittelindustrie ein Handlungs- und Verbesserungspotential auf dem Gebiet der persönlichen Kundenkommunikation besteht. Diese Erkenntnis entspricht den Ergebnissen anderer vorliegender Untersuchungen (vgl. Stickel 1994) und verweist insofern auf eine hohe Konstruktvalidität der durchgeführten Untersuchung. Zugleich kann festgestellt werden, daß die Kundenkontakt-Qualität der NuG-Branche eine sehr heterogene Struktur aufweist. Während einzelne Unternehmen bereits eine ausgeprägte Kundenorientierung i.S. eines leistungsfähigen Kundenkontaktmanagement aufweisen und der Bedeutung persönlicher kundeninitiierter Kundenkontakte entsprechend agieren, behandeln andere Unternehmen den Kunden äußerst mangelhaft. Folgen sind kostspielige kundenseitige Unzufriedenheit und im Extremfall die Abwanderung des Kunden zu Wettbewerbern. Die schädigende Wirkung von negativen Kontakterfahrungen dürfte aufgrund des anzunehmenden hohen Involvements des Konsumenten im persönlichen Kontakt mit dem Unternehmen als hoch einzustufen sein. Abbildung xx zeigt die hinsichtlich der gemessenen Kundenkontakt-Qualitäten jeweils zehn besten und zehn schlechtesten Unternehmen. Rang- Gesamtqualität Wert Anfrage-Qualität Wert Beschwerde- platz Wert Qualität Nachfrage- Wert Qualität 1 Herforder 3,47 Herforder 4,00 Milupa 3,85 Milupa 3,88 2 Harzer 3,45 Golden 3,77 Gerolsteiner 3,47 Underberg 3,70 3,39 West/ 3,25 Grauhof/ Blaue Quellen 3 Underberg Toast/Weber 3,41 Harzer Mineralbrunnen 3,76 Harry-Brot Grauhof/Blaue Reemtsma Quellen 4 Milupa 3,40 Katjes 3,62 Odenwald Seite 19 3,39 Staatlich 3,15 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ Fachingen 5 Golden Toast/ 3,36 Rauchzart/Racke 3,61 Weber 6 Lünebest/ Nestle Clausthaler/ Binding 3,38 R'Activ/ Müller 3,10 3,37 Storcks Riesen/ 3,04 Brauerei 3,32 Lünebest/ Nestle 3,60 Harzer Grauhof/ Blaue Quellen Storck 7 Rauchzart/Racke 3,22 Homa/Homann 3,50 Underberg 3,37 Eduscho 3,04 8 Gubor 3,13 Underberg 3,32 Apollinaris 3,32 Hirschquelle/ 3,04 Überkinger 9 Katjes 3,11 Gubor 10 Schöller 3,09 Marlboro/ 3,25 Haribo 3,30 Tchibo 3,04 Philip 3,25 Valensina/ Dittmeyer 3,30 Zentis 3,04 Anfrage-Qualität Wert Beschwerde- Wert Morris Rang- Gesamtqualität Wert platz 70 Qualität Wiesenhof- Nachfrage- Wert Qualität 2,19 Coca-Cola 2,00 Möwe 1,96 Bitburger 1,71 2,18 Dunhill/ Rothmans 1,99 Homa/ Homann 1,96 Marlboro/ Philip 1,54 Hähnchen/ Lohmann 71 Stute Morris 72 Granini/Eckes 2,10 Schwartauer 1,97 Berentzen 73 Gervais Danone 2,06 Astra/ Bavaria 1,94 Marlboro/ Philip 1,95 Rama/ Union 1,51 1,86 Camel/ 1,40 Morris 74 Sachsenmilch 2,06 Wiesenhof- 1,92 Frikifrisch Reynolds 1,75 Hähnchen/ Lucky Strike/ 1,24 BAT Lohmann 75 Pepsi-Cola 1,84 Gerolsteiner 1,85 Hohes C/ Eckes 1,61 Mineralbrunnen 76 Hohes C/ Eckes 1,82 Kinderschokolade/ Dunhill/ 1,12 Rothmans 1,84 Sachsenmilch 1,51 Ferrero 77 Dunhill/ Valensina/ 1,00* Dittmeyer * 1,59 Holsten 1,84 Dunhill/ Rothmans 1,31 Granini/Eckes 1,00* Hohes C/ Eckes 1,00* Coca-Cola 1,00* Rothmans * 78 Camel/ Reynolds 1,58 Pepsi-Cola 1,00* Gervais Danone 1,00* 79 Coca-Cola 1,46 Camel/ Reynolds 1,00* Coca-Cola 1,00* * * * * * = Keine Antwort auf beide Anfragen ** = Trotz zahlreicher Bemühungen kein Gespräch zustandegekommen Die negativen Beurteilungen der Kundenkontaktfunktion können auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden. Insbesondere sind zu nennen: In den meisten Fällen werden unaufgeforderte Kundenkontakte von Unternehmen als effizienzmindend und störend eingestuft und entsprechend restriktiv behandelt. Die mangelhafte Kundenkontakt-Qualität ist in diesen Fällen Ausdruck einer unzureichenden Kunden- und Beziehungsorientierung; ein transaktionsbetontes Marketingverständnis herrscht vor. Ein weiterer Grund für defizitäre Kundenkontakt-Qualität liegt in der ungenügenden und folglich z.T. kundenfeindlichen Organisation der Behandlung von Kundenkontakten. Mangelnde Zuständigkeiten und Entscheidungskompetenzen sowie Seite 20 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ langwierige und umständliche Bearbeitungswege führen hier zur Verärgerung des u.U. markentreuen und umsatzstarken Kunden. Darüberhinaus kann festgestellt werden, daß insbesondere imageorientierte Großunternehmen (z.B. Coca Cola) eine Vielzahl von Serviceeinrichtungen (wie 0130-Nummern, Beratungsstellen etc.) anbieten, jedoch die Pflege dieser Kundenkontaktinstrumente vernachlässigt wird (z.B. keine Verbindung bzw. dauerhafter Besetzton bei Hotline, Serienbrief und Werbebroschüren statt Antwort bei schriftlicher Anfrage). In diesen Fällen ist aufgrund der positiven Erwartungshaltung (Anspruchsniveau) des Kunden von einer verstärkten Unzufriedenheitswirkung auszugehen. Die verschiedenen Teilqualitäten weisen keine signifikanten Qualitätsunterschiede auf. Die obigen Aussagen hinsichtlich der Kundenkontakt-Qualität der NuG-Industrie können insofern auf schriftliche wie fernmündliche Kontaktarten bezogen werden. Festgehalten werden kann an dieser Stelle zunächst, daß die im Rahmen des Beziehungsmarketing an Bedeutung gewinnenden Erfolgs- und Kundenbindungspotentiale des Kundenkontaktmanagement von den Unternehmen der Nahrungs- und Genußmittelbranche stark unterschiedlich und i.d.R. nur sehr begrenzt genutzt werden. Kundenkontakte werden nur von einer geringen Zahl von Unternehmen als proaktives Chancenpotential wahrgenommen und entsprechend ausgestaltet (5). Es existiert somit ein umfangreiches Verbessungspotential im persönlichen Kontakt mit dem Kunden, welches seinerseits Auswirkungen auf Kundenzufriedenheit und Marktstrukturen besitzt. 5.2. Hypothesenformulierung Um zusätzliche Einsichten hinsichtlich der Kundenkontakt-Qualität der NuG-Branche zu gewinnen, werden im folgenden verschiedene Hypothesen über Struktur, Ursachen, Dimensionen etc. der Kontaktqualität formuliert. Die Überprüfung dieser theoretisch abgeleiteten Hypothesen anhand der zuvor empirisch gewonnenen Daten erlaubt weiterführende Aussagen über das Forschungskonstrukt „Kundenkontaktqualität“. Hypothese 1: Die Kontaktqualität ist positiv korreliert mit der Größe des jeweiligen Unternehmens (Größenhypothese). Es wird angenommen, daß die Wahrnehmung von Kundenkontakten als Marketingchance und die daraus resultierende kostenverursachende Einrichtung und Schulung von Kundenkontaktstellen im Unternehmen insbesondere bei organisatorisch entwickelten, tendenziell finanzstärkeren Großunternehmen angetroffen wird. Seite 21 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ Hypothese 2: Die verschiedenen Teilqualitäten sind positiv miteinander korreliert (Grundsatzhypothese). Es wird unterstellt, daß die telefonische bzw. schriftliche Kontaktqualität kein zufälliges Ergebnis ist, sondern das Resultat einer Verankerung bzw. Nichtverankerung von Kundenwert und -beziehungen in den Unternehmensgrundsätzen, die mitarbeiterund mediumübergreifend auf das Kundenkontaktverhalten ausstrahlen. Hypothese 3: Die Kundenkontakt-Qualität korreliert mit der Kompetenz des Kontaktbearbeiters, wobei eine hohe hierarchische Kompetenz mit einer hohen Kontaktqualität einhergeht (Kompetenzhypothese). Hier wird unterstellt, das eine hochrangige hierarchische Anbindung des Kundenkontaktmanagements qualitätssteigernde Wirkungen besitzt. Hypothese 4: Die einheitliche Bearbeitung von Kundenkontakten im Unternehmen bewirkt eine signifikant höhere Kundenkontaktqualität als eine dezentralisierte Bearbeitung (Zentralisierungshypothese). Es wird angenommen, daß die organisationale Zentralisierung von Kundenkontakten eine stärkere Verinnerlichung der Kundenorientierung der betroffenen Mitarbeiter zur Folge hat, als diese bei Aufgabendezentralisierung möglich wäre. Hypothese 5: Die Kundenkontaktqualität wird signifikant von der Produktgruppe beeinflußt, der das jeweilige Produkt zuzuordnen ist (Produktgruppenhypothese). Grundlage dieser Aussage ist die Annahme, daß produkt- bzw. produktgruppenspezifische Faktoren wie Natürlichkeit, Anwendungsgebiet, öffentliches Interesse etc. den Stand der unternehmensseitigen Kontaktqualität bestimmen. Zudem kann damit gerechnet werden, daß Bench Marking-Effekte in produktgruppenindividuellen Qualitätsniveaus resultieren. Hypothese 6: Die Kundenkontakt-Qualität ist bei Unternehmen mit offener gesellschaftlicher Kommunikation signifikant höher als bei informationsrestriktiven Unternehmen (Offenheitshypothese). Es wird angenommen, daß es sich bei Unternehmensoffenheit um ein handlungsübergreifendes Konstrukt handelt, das u.a. auch die Kundenkontaktfunktion von Unternehmen positiv beeinflußt. Die genannten Hypothesen werden nachfolgend auf ihre empirische Haltbarkeit hin untersucht. Seite 22 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ 5.3. Hypothesenprüfung 5.3.1. Größenhypothese Zur Überprüfung der Hypothese 1 wurde der Umsatz der Unternehmen zur Operationalisierung des Konstruktes „Unternehmensgröße“ herangezogen. Als Umsatz wurde der für sämtliche Unternehmen zugängliche Unternehmensumsatz des Jahres 1991 ohne Berücksichtigung der Umsätze von Mehrheitsbeteiligungen verwendet (GWH 1993); zusätzlich zur absoluten Umsatzgröße wurde eine Einteilung der Umsätze in fünf Klassen vorgenommen. Abbildung xx zeigt die Ergebnisse in Form des Produktmomentskorrelationskoeffizienten r sowie des jeweiligen Signifikanzniveaus (2-seitiger Test) (7). Qualität absoluter Unterneh- klassifizierter Unter- mensumsatz nehmensumsatz Gesamtqualität -0,33 (0,00) -0,39 (0,00) Anfrage-Qualität -0,13 (n.s.) -0,28 (0,01) Beschwerde-Qualität -0,28 (0,01) -0,21 (0,06) Nachfrage-Qualität -0,44 (0,00) -0,40 (0,00) Die Hypothese, derzufolge Großunternehmen ein kundennäheres Kontaktmanagement aufweisen, kann folglich nicht bestätigt werden. Stattdessen verweisen die durchweg negativen und überwiegend siginifikanten Korrelationen darauf, daß die Kundenkontakt-Qualität mit anwachsender Unternehmensgröße tendenziell abnimmt und umsatzschwächere Unternehmen eine größere Kundennähe bzw. -orientierung aufweisen. Eine Gegenüberstellung der Gruppenmittelwerte belegt diese Aussage (vgl. Abbildung xx). M i t t e l w e r t e K K Q u a l i t ä t 2,90 2.85 2,80 2,70 2.69 2.68 2.68 2,60 2,50 2,40 2.34 2,30 2.25 2,20 2,10 Missing 1,00 2,00 3,00 UMSATZ-KLASSEN mit 1=23-250 Mio Jahresumsatz (n=15) 2=251-750 Mio. JU (n=29) Seite 23 4,00 5,00 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ 3=751-1250 Mio. JU (n=18) 4=1251-4000 Mio. JU (n=10) 5=mehr als 4000 Mio. JU (n=5) Zur Erklärung des unerwarteten Ergebnisses kann angeführt werden, daß die von Großkonzernen vertretene starke Markenwert-Orientierung und die überwiegend anonyme Kundenkommunikation zu Schwierigkeiten bei der Implementierung von Kundenwert-Orientierung und individualisierter Kommunikation auf Widerstände treffen. Es gelingt diesen Unternehmen m.E. nicht, die von Public Relations und Marketing-Kommunikation verbreitete Kundenorientierung in Gestalt von operativen Maßnahmen im Rahmen eines leistungsfähigen Kundenkontaktmanagements umzusetzen. Für weiterführende und vertiefende Aussagen bedarf es zusätzlicher Untersuchungen. 5.3.2. Grundsatzhypothese Die Inter-Korrelationen zwischen den drei Teil-Qualitäten sind durchweg positiv und signifikant; sie finden sich in Abbildung xx wiedergegeben. schriftliche Anfrage schriftliche Anfrage telefonische Beschwerde telefonische Nachfrage telefonische Beschwerde telefonische Nachfrage x +0,23 (0,05) x +0,22 (0,05) +0,34 (0,00) x Auf Grundlage der o.a. Daten können im wesentlichen folgende Aussagen getroffen werden: Die zweite Hypothese (Grundsatzhypothese) kann als bestätigt angesehen werden. Die positiven Korrelationen der verschiedenen Teilqualitäten weisen auf die Existenz einer gemeinsamen Hintergrundvariablen hin, deren Ausstrahlung das Verhalten der Mitarbeiter im schriftlichen wie im persönlichen bzw. telefonischen Kontakt mit dem Kunden signifikant beeinflußt. Die im Untersuchungsaufbau unterstellte weitgehende Unabhängigkeit der drei Teildimensionen Anfrage, Beschwerde und Nachfrage kann angesichts der vergleichsweise niedrigen Korrelationen ebenfalls als bestätigt angesehen werden. So erklärt selbst der höchste Wert (zwischen Beschwerde/Nachfrage) nur rund 11% der jeweils anderen Dimension. Seite 24 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ 5.3.3. Kompetenzhypothese Für die Prüfung der Kompetenzhypothese wurde ausschließlich die Teildimension „schriftliche Anfragen“ herangezogen. Die Operationalisierung der hierarchischen Kompetenz erfolgte anhand der in Kürzelform auf dem Schreiben vermerkten Vertretungsbefugnis des Unterzeichners (i.A., i.V. etc.). Abbildung xx zeigt die Häufigkeitsverteilung der verschiedenen Hierarchieebenen in der Untersuchung, Abbildung xx die Mittelwerte der Kundenkontakt-Qualität der verschiedenen Gruppen. A _ H I E R A R 38 ohne Angabe 18 im Auftrag M e a n 2,9 A _ Q U A L I T 2,8 2,7 19 in Vertretung 2,6 20 Prokura 2,5 Geschäftsführung 5 2,4 0 10 20 30 40 Percent ohne Angabe im Auftrag in Vetretung Prokura Geschäftsführung A_HIERAR Ein linearer Zusammenhang von Hierarchie und Antwort-Qualität kann nicht festgestellt werden; die Korrelation ist entsprechend gering (r = 0,09) und nicht signifikant. Die hierarchische Kompetenz der Kundenkontaktperson erklärt die auftretenden Qualitätsunterschiede im Rahmen einer einfaktoriellen Varianzanalyse nicht bzw. nicht signifikant (Irrtumswahrscheinlichkeit = 0,48). Festgestellt werden kann, daß solche Antwortschreiben, die von Mitarbeitern erstellt wurden, die in der Unternehmenshierarchie nur über sehr wenig Kompetenz verfügen (i.A.), überwiegend niedrige Qualität aufweisen. Dieser Zusammenhang wurde ebenfalls varianzanalytisch geprüft (8). Ein signifikanter Einfluß der Mitarbeiterkompetenz kann aber auch in diesem Fall nicht nachgewiesen werden. 5.3.4. Zentralisierungshypothese Für die Untersuchung, ob ein zentralisierter Kundenkontakt leistungsfähiger und kundennäher arbeitet als eine dezentralisierte Organisation, wurden die Fachabteilungen der jeweils angetroffenen Ansprechpartner (im telefonischen Fall) bzw. der Antwortpersonen (im Fall der schriftlichen Anfrage) zueinander in Beziehung gesetzt. Abbildung xx zeigt die Verteilung der für den Kundenkontakt zuständigen Unternehmensbereiche. Ein signifikanter Einfluß des korrespondierenden Unternehmensbereiches auf die jeweilige Teilqualität konnte nur für den Bereich der schriftlichen Anfrage ermittelt werden; hier erwiesen sich solche Anfragen, die von Labor bzw. Qualitätssicherung beantwortet wurden, als Seite 25 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ und solche, die von qualitativ überdurchschnittlich ( x 3,1 bzw. 2,9 ) Verbraucherberatung bzw. -abteilung beantwortet wurden, als qualitativ unterdurchschnittlich ( x 2,2 ). zuständige Bereiche „Kundenanfrage“* Anteil an Gesamt zuständige Bereiche „Kundenbeschwerde“ Anteil an Gesamt zuständige Bereiche „Kundennachfrage“ Anteil an Gesamt Qualitätssicherung 26,0% Marketing/ Vertrieb 36,7% Marketing/ Vertrieb 32,1% Marketing/ Vertrieb 18,0% Labor 20,3% Labor 20,5% Öffentlichkeitsarbeit 12,0% Qualitätssicherung 15,2% Qualitätssicherung 20,5% Verbraucherabteilung 10,0% Verbraucherabteilung 11,4% Verbraucherabteilung 10,3% * = Im Fall der schriftlichen Anfrage enthielten eine Vielzahl von Schreiben (n=29) keine Abteilungsangabe des Beantworters Die Durchführung einer Kontingenzanalyse zeigte hoch signifikante Zusammenhänge zwischen der Bearbeitung der verschiedenen Kontaktarten durch die Unternehmen (9). Hinsichtlich der Auswirkungen einer auf eine einzelne Stelle konzentrierten persönlichen Kundenkommunikation sind die Ergebnisse hingegen weniger eindeutig. Im Rahmen varianzanalytischer Untersuchungen konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Bearbeitungszentralisation und der Bearbeitungsqualität ermittelt werden ( zwischen 0,4 und 0,8). Mittelwertvergleiche zeigen aber, daß die Ergebnisse bei zentralisierter Bearbeitung denen bei dezentralisierter Bearbeitung grundsätzlich überlegen sind [ x(zentr.) 2,8; x(dezentr.) 2,64 ]. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Durchschnittswerte für den Bereich der Teilqualität „Beschwerde“, bei dem die Überlegenheit der zentralisierten Bearbeitung am deutlichsten ausfällt. Q u a l i t ä t 3,2 B e s c h w e r d e k o n t a k t 3,0 3.1 3,1 2,9 2,8 2,7 2.7 2.7 2,6 keine Angaben zentrale Bearbeitung dezentr. Bearbeitung Zentralisierungsgrad Die Zentralisierungshypothese kann aufgrund der vorliegenden Daten nicht bestätigt werden. Zugleich weisen die Ergebnisse aber auf eine zumindest tendezielle Seite 26 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ Richtigkeit der Aussage hin, da die Kontaktqualität im Zentralisierungsfalle in allen betrachteten Kundenkontaktbereichen der Qualität bei verteilter Bearbeitung überlegen ist. Hierzu bedarf es in der Folge weiterer Untersuchungen. 5.3.5. Produktgruppenhypothese Die untersuchten Unternehmen der Nahrungs- und Genußmittelindustrie sind im Untersuchungsverlauf verschiedenen disparaten Produktgruppen (Teilmärkten) zugeteilt worden. Ausschlaggebend für die Zuordnung des einzelnen Unternehmens war jeweils das zum Kontakt anlaßgebende Produkt, welches i.d.R. zugleich ein Kernprodukt des Unternehmens darstellt (siehe die Auflistung der Produkte und Unternehmen oben). Die folgende Abbildung zeigt die verwendete Einteilung sowie die Mittelwerte der Kundenkontaktqualität für die einzelnen Produktgruppen. K u n d e n k o n t a k t Q u a l i t ä t 3,2 3,0 3.0 2.9 2.9 2,8 2.9 2.8 2.7 2.7 2.7 2,6 2.6 2.6 2.6 2.5 2,4 2,2 2.3 2.1 2,0 Produktgruppe Die Untersuchung der Hypothese erfolgt mittels eines einfaktoriellen varianzanalytischen Designs. Dabei wurde die gemessene Kundenkontakt-Qualität als (metrische) Kriteriumsvariable und die Gruppenzugehörigkeit der Produkte als (nominal skalierter) Prädiktor verwendet. Das Analyseergebnis zeigt einen auf dem 0,05-Niveau signifikanten Erklärungszusammenhang ( = 0,41), d.h. die Produktgruppenzugehörigkeit übt einen statistisch signifikanten Einfluß auf die Kundenkontakt-Qualität aus. Die Produktgruppenhypothese kann insofern als bestätigt angesehen werden (10). Zur Ermittlung der Stärke des Zusammenhangs zwischen Produktgruppe und Kontaktqualität wurde zusätzlich eine Multiple Seite 27 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ Classification Analysis (MCA) durchgeführt, die ein Bestimmtheitsmaß von R 2 =0,28 ergab (vgl. Abbildung xx). * * * A N A L Y S I S O F V A R I A N C E * * * QUALITAE by KLASSE HIERARCHICAL sums of squares Covariates entered FIRST Sum of Source of Variation Mean Squares DF Square Main Effects 3,894 13 KLASSE 3,894 13 Explained 3,894 13 Sig F of F ,300 1,945 ,041 ,300 1,945 ,041 ,300 1,945 ,041 Residual 10,010 65 ,154 Total 13,904 78 ,178 79 cases were processed. 0 cases (,0 pct) were missing. * * * M U L T I P L E C L A S S I F I C A T I O N A N A L Y S I S * * * QUALITAE by KLASSE Grand Mean = 2,65 Adjusted for Variable + Category N Unadjusted Independents Dev'n Dev'n Eta Beta KLASSE 1 10 ,05 ,05 2 4 -,38 -,38 3 7 ,19 4 9 ,06 ,06 5 8 -,08 -,08 6 5 ,26 ,26 7 7 -,51 -,51 8 3 -,01 -,01 9 5 -,13 -,13 10 3 ,35 ,35 11 2 ,23 ,23 12 4 ,24 ,24 13 9 ,00 ,00 14 3 ,10 ,10 ,53 ,19 ,53 Multiple R Squared ,280 Multiple R ,529 Eine Gegenüberstellung der leistungsstärksten (Brot, Mineralwasser, Süßspeisen, Zucker, Spirituosen) und leistungsschwächsten (AfG, Zigaretten, Tiefkühlprodukte) Produktgruppen legt nahe, daß keine einzelne, sondern eine Vielzahl verschiedener Einflußgrößen die innere Gruppenhomogenität beeinflussen. So läßt sich das gesellschaftliche Problembewußtsein (u.a. bei Mineralwasser, Spirituosen) ebenso wie die produktspezifische Mängelanfälligkeit (z.B. Brot) nicht auf kontaktleistungsfähige Produktgruppen begrenzen, sondern findet sich auch bei Produktgruppen mit geringer Kontaktqualität (z.B. Zigaretten). Gegenstand weiterer Untersuchungen muß es folglich sein, die Ursachen der produktgruppenspezifischen Kontaktqualitäten zu ermitteln und empirisch zu prüfen. Einen Schwerpunkt sollte dabei die Untersuchung von produktgruppen-internen Bench Marking-Effekten einnehmen. 5.3.6. Offenheitshypothese Die Durchführung einer Varianzanalyse (unabhängige Variable: Informationsverhalten; abhängige Variable: Kontaktqualität) erbrachte bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von = 0,83 nicht-signifikante Ergebnisse. Die Qualität des Kundenkontaktmanagements eines Unternehmens läßt sich folglich nicht durch die Informationsoffenheit des jeweiligen Unternehmen erklären; bei beiden Aspekten Seite 28 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ des Unternehmensverhaltens (Kontaktmanagement, Informationsverhalten) handelt es sich um weithin unabhängige Konstrukte. Die Offenheitshypothese muß dementsprechend verworfen werden. 6. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen Die Kundenkontakt-Qualität von Unternehmen stellt ein zentrales Konstrukt bei der Gewinnung und Intensivierung von individualisierten und langwährenden Kundenbeziehungen im Rahmen des Beziehungsmarketings dar. In dieser Arbeit wird ein Ansatz zur Messung der Kundenkontakt-Qualität vorgestellt und seine Anwendung für rund 80 Unternehmen der Nahrungs- und Genußmittelindustrie beschrieben. Die Kundenkontakt-Qualität wird dabei als mehrdimensionales Konstrukt interpretiert und die kundeninitiierten Kontaktarten Anfrage, Beschwerde und Nachfrage als Teilqualitäten verwendet. Es werden die leistungsstärksten und -schwächsten Unternehmen des NuG-Sektors aufgeführt und auf diese Weise ein Überblick über den Stand des KundenkontaktManagements der Branche gegeben. Desweiteren werden verschiedene Hypothesen über Struktur und Einflußgrößen der Kontaktqualität formuliert und anhand des erhobenen Datenmaterials hinsichtlich ihrer Haltbarkeit geprüft. Als Ergebnisse kann insbesondere folgendes festgestellt werden: Die Kundenkontakt-Qualität der NuG-Branche muß insgesamt als defizitär bezeichet werden. Auf einer vier-stufigen Skala der Kundenkontakt-Gesamtqualität (mit 4 als Optimalwert) wird ein Branchenmittelwert von 2,65 ermittelt. Zwischen den einzelnen kontaktierten Unternehmen sind erhebliche Qualitätsunterschiede festzustellen, so daß differenziertere Aussagen notwendig werden. Die Kundenkontakt-Qualität nimmt mit zunehmender Unternehmensgröße ab. Unternehmen mit geringeren Umsatzzahlen weisen signifikant bessere Kontaktqualitäten auf als umsatzstärkere Unternehmen. Die Teilqualitäten der betrachteten Dimensionen Anfrage, Beschwerde und Nachfrage korrelieren signifikant miteinander. Es kann folglich von einem für den Konsumenten spürbaren Einfluß der Unternehmenspolitik auf die Ausgestaltung des Kundenkontakt-Managements ausgegangen werden. Es kann kein signifikanter Einfluß der hierarchischen Anbindung der Kundenkontaktbearbeitung innerhalb der Unternehmensorganisation auf die Kundenkontakt-Qualität nachgewiesen werden. Festgestellt werden kann allerdings, daß eine niedrige hierarchische Kompetenz des Bearbeiters tendenziell unterdurchschnittliche Qualitäten zur Folge hat. Auch hinsichtlich des Zentralisationsgrades der Bearbeitung von Kundenkontaktes kann keine eindeutige Aussage getroffen werden. Es ist lediglich eine leichte, aber statistisch nicht signifikante Überlegenheit zentralisierter Bearbeitung festzustellen. Seite 29 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ Signifikanten Einfluß auf die Kundenkontakt-Qualität der Unternehmen der NuG- Industrie übt indes die Produktgruppe aus, der das jeweilige Produkt bzw. Unternehmen zuzurechnen ist. Es ist anzunehmen, daß die Existenz von produktgruppenspezifischen Qualitätsniveaus auf eine Vielzahl verschiedener Einflußfaktoren zurückzuführen ist (gesellschaftliche Diskussion, Bench MarkingEffekte etc.). Die geschilderten Ergebnisse können zur Steigerung der Kundenkontaktqualität der NuG-Branche beitragen, indem sie branchen-/ produktgruppenweite bzw. unternehmensspezifische Schwachstellen und Leistungsdefizite im Rahmen der Kundenkommunikation aufzeigen und Ansätze zu ihrer Beilegung leisten. Eine Verbesserung der gegenwärtigen Kundenkontakt-Qualität ist insbesondere deshalb anstrebenswert, da sie sowohl den Unternehmen (in Form von Kundenloyalitätszuwächsen) als auch den Kunden (durch höhere Zufriedenheit, höhere wahrgenommene Produktqualität) Vorteile einbringt und insofern eine wirkliche winwin-Strategie darstellt. Die Verbesserung des Kundenkontaktes ist von umso größerer Bedeutung, da davon ausgegangen werden kann, daß die Verbesserung des Kontaktmanagements in der gegenwärtigen Marktsituation ein beachtliches Positionierungspotential beinhaltet und zur Erzielung substantieller und anhaltender Wettbewerbsvorteile verhelfen kann. Seite 30 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ (x) Die Massenkommunikation bleibt indes auch im Rahmen des Beziehungsmarketings ein zentrales Instrument der Kommunikationspolitik. Massenkommunikation schafft die emotionalen und kognitiven Grundlagen für dauerhafte Hersteller-KundenBeziehungen, während persönliche Kommunikation i.d.R. später einsetzt und dabei auf der massenkommunikativ erzielten positiven Produkt- oder Markeneinstellung fußt. (y) Letztendlich gehen natürlich alle kundenseitigen Handlungen auf (mehr oder weniger abstrakte) Unternehmensaktivitäten (Produktbereitstellung etc.) zurück. Einer sinnvollen Unterscheidung wegen sollen hier unter kundeninitiierten Aktivitäten deshalb solche Handlungen verstanden werden, bei denen keine über das eigentliche Produktangebot hinausgehende Aufforderung des Unternehmens zum Dialog vorliegt. (1) Vgl. zur Beratungsqualität die Arbeiten von Stauss/Bruhn 1991, Luebke/Schoenheit 1985. (2) Bei dem Unternehmenstest ging es darum, die Hersteller von Nahrungs- und Genußmitteln hinsichtlich einer Vielzahl gesellschaftlich relevanter Kriterien zu beurteilen (ökologisches Verhalten, Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen, Verwendung von gesundheitsgefährenden Stoffen etc.). Die kUk-Qualität wurde dabei als ein wesentlicher Aspekt für die Beurteilung der Berücksichtigung von Verbraucherinteressen durch das jeweilige Unternehmen verwendet. Vgl. Schoenheit et al. 1994. (3) Als Kriterien, die nicht oder kaum durch das Unternehmen zu beeinflussen sind, zählen insbesondere Beschwerdeerwartungen, Beschwerdemaßnahmen sozio-ökonomische wie psychographische Merkmale der Beschwerdeführer (vglk. Meffert/Bruhn 1981, Jeschke 1994). (4) Goodwin/Ross (1990, S. 41ff.) unterscheiden zwischen dem gleichheitstheoretische betrachteten Größen "Beschwerdeaufwand" und "Beschwerdeergebnis" sowie "der prozeduralen Fairness" im Prozeß der Beschwerdekommunikation (vgl. Jeschke 1994). (5) Zeitgleich zu der geschilderten Untersuchung wurde das dialogische Verhalten der telefonischen Gesprächspartner hinsichtlich ihrem „Kundenbindungsinteresse“ auf einer dreistufigen Ratingskala beurteilt. Demzufolge zeichneten sich nur xx% der kontaktierten Unternehmen durch ein ausgeprägt beziehungsorientiertes Kontaktmanagement aus. (8) Bei dieser Untersuchung wurde die Hierarchie als unabhängige Variable definiert, wobei nur zwei Ausprägungen des nominal skalierten Merkmals vorhanden waren (i.A., andere). Die Qualität wurde als metrische Kriteriumsvariable verwendet. (9) Die Signifikanzwerte schwankten zwischen 0,00 und 0,07; der Phi-Wert war jeweils >0,95. Kritisch anzumerken ist hier allerdings, daß aufgrund der geringen Zellenbesetzung die methodischen Prämissen nicht durchgängig eingehalten werden konnten. Seite 31 imug-Arbeitsbericht „Kundenkontakt-Management“ (10) Wissenschaftstheoretisch können Hypothesen nicht verifiziert, sondern ausschließlich falsifiziert werden. Streng genommen kann die Hypothese daher nicht bestätigt, nur nicht verworfen werden. (a) Hier ist anzumerken, daß bei einzelnen Unternehmen mit einer Sensibilisierung der kontaktierten Unternehmen durch den etwa zeitgleich durchgeführten imugUnternehmenstest und entsprechend stärkerem Reaktanzpotential gerechnet werden konnte. (xx) Die telefonischen Interviews wurden von 2 Interviewern durchgeführt, was die Verwendung eines weitgehend einheitlichen Bewertungsmaßstabes ermöglichte. Seite 32