02-4K-00277-U-A - Thüringer Oberverwaltungsgericht

Transcription

02-4K-00277-U-A - Thüringer Oberverwaltungsgericht
4 K 277/02 GE
Aktenzeichen
VERWALTUNGSGERICHT GERA
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Verwaltungsrechtsstreit
der Stadt Neustadt,
vertreten durch den Bürgermeister,
Marktplatz 1, 07806 Neustadt/Orla
- Klägerin prozessbevollmächtigt:
Rechtsanwältin Kraft-Zörcher,
Villengang 1, 07745 Jena,
gegen
die Frau _____ W_____,
_____, _____ L____,
- Beklagte prozessbevollmächtigt:
Rechtsanwalt
Frank Rilling,
Gustav-Werner-Straße 15, 72762 Reutlingen,
wegen
Städtebauförderungsrechts
h a t die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Gera durch
4 K 277/02 GE
Aktenzeichen
Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Zundel
Richter am Verwaltungsgericht Krome
Richter am Verwaltungsgericht Kreher
ehrenamtlicher Richter
ehrenamtliche Richterin
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2004 f ü r R e c h t e r k a n n t :
Soweit die Klage zurückgenommen worden ist (Zinsanspruch für den Zeitraum
13. Juni 2001 bis 31. Dezember 2001), wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen
wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 145.462,54 € (entspricht 284.500,00
DM) zuzüglich 6 % Zinsen seit dem 1. Januar 2002 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 160.000,00 € vorläufig
vollstreckbar.
Tatbes tand
Die Beteiligten streiten um die Rückzahlung von Städtebauförderungsmittel für die Sanierung
des Gebäudes _____ in N_____. Am 13. Oktober 1994 wurde von der Beklagten ein Antrag
auf Gewährung von Städtebaufördermitteln für die Sanierung dieses Gebäudes gestellt. Am
22. Mai 1995 stimmte das Thüringer Landesverwaltungsamt dem förderunschädlichen
Vorhabensbeginn zu. Daraufhin übersandte die Klägerin der Beklagten im Mai 1996 eine sog.
Modernisierungsvereinbarung, welche von der Beklagten am 22. Mai 1996 unterschrieben
wurde. Die Beklagte sandte den von ihr unterschriebenen Vertrag an die Klägerin zurück.
Ausweislich des in der Beiakte 3 und Beiakte 1 befindlichen Verwaltungsvorgangs wurde der
zurückgesandte Vertrag vom Bürgermeister der Klägerin am 3. April 2000 unterzeichnet. Die
Beklagte bestreitet den Zeitpunkt der Unterzeichnung. Am 7. Oktober 1996 setzte das
Landesverwaltungsamt per Änderungsbescheid die förderungsfähigen unrentierlichen Kosten
auf 284.500,- DM herab. In der Folgezeit wurde ein Zuschuss in Höhe von 284.500,- DM
ausgezahlt. Mit Schreiben vom 15. September 1997 forderte die Klägerin die Beklagte unter
Bezugnahme auf die abgeschlossene Modernisierungsvereinbarung auf, alle in § 2 der
Vereinbarung genannten Unterlagen vorzulegen. Mit Schreiben vom 26. März 1998 (vgl.
2
4 K 277/02 GE
Aktenzeichen
Bl. 152
der
GA)
übersandte
die
Klägerin
der
Beklagten
eine
überarbeitete
Modernisierungsvereinbarung zur Unterschrift. Es wurde darauf hingewiesen, dass sich die
Zuschusssumme geändert hat. Daraufhin teilte die Beklagte mit Schreiben vom
31. März 1998 (vgl. Bl. 163 d. GA) mit, dass der neue Sanierungsvertrag von ihr nicht
akzeptiert werden könne. Bereits im Mai 1996 habe sie den ursprünglich ausgearbeiteten und
von ihr unterzeichneten Sanierungsvertrag übergeben. An den Berechnungsgrundlagen habe
sich seither nichts geändert. Sie bitte um Zusendung des unterzeichneten Sanierungsvertrages
vom Mai 1996. Mit Schreiben vom 1. März 2000 übersandte die Klägerin der Beklagten
erneut eine Modernisierungsvereinbarung zur Unterschrift. Die Beklagte wurde aufgefordert,
diesen
Vertrag
unterschrieben
zurückzuschicken.
Bei
Nichtzustandekommen
des
Vertragsverhältnisses wurde darauf hingewiesen, dass das Thüringer Landesverwaltungsamt
als Fördermittelgeber die bereits geflossenen Mittel entziehen könne. Die Klägerin müsse
dann ggf. die bereits ausgereichten Mittel zurückfordern. Mit Schreiben vom 3. April 2000
wurde der nunmehr vom Bürgermeister der Klägerin unterzeichnete Vertrag an die Beklagte
übersandt. Bezüglich des genauen Inhalts des Anschreibens wird auf die Beiakte 3 Bezug
genommen. Mit Schreiben vom 10. April 2001 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass es
im
Zusammenhang
mit
dieser
Modernisierungsvereinbarung
zu
erheblichen
Vertragsverstößen gekommen sei. Deshalb sei die Rückforderung beabsichtigt. In diesem
Zusammenhang erging am 23. April 2001 ein weiteres Anhörungsschreiben. Mit Schreiben
vom 1. August 2001 drohte die Klägerin die zwangsweise Beitreibung des Betrages an. Mit
Schreiben vom 28. August 2001 legte die Beklagte Widerspruch gegen das Schreiben vom
10. April 2001 ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Mit Bescheid vom
6. September 2001 lehnte die Klägerin den Antrag auf Aussetzung ab. Hiergegen wurde
ebenfalls durch die Beklagte am 13. September 2001 Widerspruch eingelegt. Anschließend
kam
es
zu
einem
gerichtlichen
Eilverfahren.
Dieses
Eilverfahren
wurde durch
Hauptsacheerledigungsbeschluss am 28. November 2001 eingestellt (Az.: 4 E 997/01.GE).
Am 5. März 2002 hat die Klägerin Klage auf Rückzahlung von 284.500,- DM erhoben. Zur
Begründung
führt
sie
aus,
dass
eine
Vielzahl
von
Verstößen
gegen
die
Förderungsbedingungen gegeben seien. Obwohl die Durchführung der Maßnahme bis zum
31. Dezember 1998 vereinbart worden sei, sei die Maßnahme bis zu diesem Zeitpunkt nicht
abgeschlossen gewesen. Es seien keine Verwendungsnachweise bis zu diesem Zeitpunkt
vorgelegt worden. Mit Unterzeichnung der Modernisierungsvereinbarung vom 3. April 2000
sei ein Förderverhältnis zustande gekommen. Nachdem die Beklagte es abgelehnt habe, eine
Vereinbarung zu unterschreiben, die die tatsächlich zuwendungsfähige Förderhöhe
3
4 K 277/02 GE
Aktenzeichen
ausgewiesen habe, habe der Bürgermeister der Klägerin die ursprünglich nur als Entwurf
übersandte Vereinbarung unterzeichnet. Es sei nur von nachgewiesenen Gesamtkosten in
Höhe von 523.000,- DM auszugehen. Selbst wenn man Eigenleistungen anerkennen würde,
ergäbe sich lediglich ein Betrag von 654.000,- DM.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 145.462,54 € (entspricht 284.500,- DM)
zuzüglich 6 % Zinsen seit dem 1. Januar 2002 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend, dass ein wirksamer öffentlich-rechtlicher Modernisierungsvertrag zustande
gekommen sei. § 147 Abs. 2 BGB stehe dem nicht entgegen. In der gesamten Korrespondenz
seit 1996 sei der Beklagten bestätigt worden, dass ein Vertrag zustande gekommen sei. Sie
bestreitet mit Nichtwissen, dass der Vertrag vom Bürgermeister am 3. April 2000
unterzeichnet worden sei. Sie äußert die Vermutung, dass der Vertrag bereits 1996
unterschrieben worden sei. Damit würde auch die Äußerung des Bauamtsleiters vom
15. September 1997
Sinn
machen,
in
dem
auf
eine
abgeschlossene
Modernisierungsvereinbarung Bezug genommen werde. Letztlich sei die Unterschrift des
Bürgermeisters als Bestätigung gemäß § 141 BGB anzusehen. Die Auszahlung der
Fördermittel sei in Erfüllung des Stadtratsbeschlusses Nr. 358/96 vom 9. April 1996 erfolgt.
Aus
Sicht
eines
verständigen
Bürgers
liege
hierin
der
Rechtsgrund
für
die
Subventionsgewährung. Damit sei die Leistung nicht ohne Rechtsgrund erfolgt. Hilfsweise
werde darauf hingewiesen, dass dem Kondiktionsanspruch die Einwendung des § 814 BGB
entgegenstehe. Außerdem sei die Beklagte entreichert. Durch den Aufwand zur
Modernisierung des Hausgrundstücks sei das Erlangte vollständig verbraucht worden. Das
vorgenannte Hausgrundsstück sei aufgrund der allgemeinen schlechten wirtschaftlichen
Situationsentwicklung in Thüringen in seinem Wert erheblich gefallen. Die Vermögenslage
der Beklagten sei daher heute deutlich schlechter als zu Beginn der Modernisierung.
Hilfsweise werde auf einen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin aus Verschulden bei
Vertragsschluss hingewiesen. Der Beklagte habe bei der Sanierung des Objekts darauf
vertraut, dass sie die Städtebaufördermittel behalten dürfe. Vor einer Durchführung der
4
4 K 277/02 GE
Aktenzeichen
Sanierung seien die Bestimmungen der VOB und der sonstigen Vergabebestimmungen
eingehalten worden. Verstöße gegen den Vertrag seien nicht ersichtlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses
Verfahrens, des Verfahrens 4 E 997/01.GE und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, war das Verfahren gemäß § 92 VwGO
einzustellen. Im Übrigen hat die Klage in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat gegen die
Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch auf Rückzahlung der ausgereichten
Fördermittel in Höhe von 284.500,- DM (entspricht heute 145.462,54 €). Ebenso wie im
Zivilrecht, wo die §§ 812 ff. BGB anordnen, dass ohne Rechtsgrund erlangte Leistungen und
sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vom Bereicherten zurückgefordert
werden können, sind auch im öffentlichen Recht rechtsgrundlos erbrachte Leistungen
grundsätzlich
rückabzuwickeln.
Der
Durchsetzung
der
Rückabwicklung
derartiger
rechtsgrundlos erbrachter Leistungen dient der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch.
Hierbei handelt es sich um ein anerkanntes Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts. Seine
Anspruchsvoraussetzungen entsprechen denen des zivilrechtlichen Bereichungsanspruchs. Bei
der Anwendung bestimmter Vorschriften ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob diese
Vorschriften ins öffentliche Recht übernommen werden können (vgl. hierzu im Grundsatz
BVerwG, Urteil vom 12. März 1985, 7 C 48/82, BVerwGE 71 S. 85 – 93; ThürOVG, Urteil
vom 17. Dezember 2002, 2 KO 701/00, zitiert nach Juris). Die Voraussetzungen eines
öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs liegen vor. Die Beklagte hat durch Auszahlung
der Fördermittel in Höhe von insgesamt 284.500,- DM einen Vermögensvorteil erlangt. Die
Auszahlung der Fördermittel erfolgte ohne Rechtsgrund. Entgegen der Auffassung der
Beklagten kann nicht angenommen werden, dass zwischen den Beteiligten eine wirksame
Modernisierungsvereinbarung
abgeschlossen
worden
ist.
Insoweit
scheidet
die
Modernisierungsvereinbarung vom 22. Mai 1996 bzw. 3. April 2000 als Rechtsgrund für die
gewährten Fördermittel aus, weil sie nicht rechtswirksam zustande gekommen ist. Bei der
Modernisierungsvereinbarung handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Das
Zustandekommen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages setzt zwei übereinstimmende
Willenserklärungen (Angebot und Annahme) voraus. Diese Willenserklärungen sind
5
4 K 277/02 GE
Aktenzeichen
empfangsbedürftig.
Sie
§§ 62 Satz 2 ThürVwVfG,
müssen
jeweils
130 BGB
zugehen.
dem
anderen
Insoweit
hat
Vertragspartner
die
Beklagte
i.S.v.
durch
Unterzeichnung der Modernisierungsvereinbarung am 22. Mai 1996 und anschließende
Rücksendung derselben der Klägerin den Abschluss dieser Modernisierungsvereinbarung im
Rechtssinne angeboten. Die Klägerin hat dieses Angebot jedoch nicht wirksam angenommen.
Auch die Vertragsannahme ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die erst wirksam
wird, wenn sie dem antragenden Teil in der für sie vorgeschriebenen Form, d.h. hier
Schriftform gemäß § 57 ThürVwVfG, zugeht. An einer entsprechenden Annahme des
Vertrages fehlt es. Zwar ist gemäß § 62 Satz 2 ThürVwVfG i.V.m. §§ 145 ff. BGB (vgl. zur
Anwendbarkeit der §§ 145, 147 BGB im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Vertrages OVG
Saarland, Urteil vom 23. Juni 1992, 2 R 51/90, zitiert nach Juris) derjenige, der dem anderen
die Schließung eines Vertrages anträgt, an den Antrag grundsätzlich gebunden. Diese
Bindung besteht jedoch nicht zeitlich unbegrenzt. Gemäß §§ 62 Satz 2 ThürVwVfG,
147 Abs. 2 BGB kann der einem Abwesenden gemachte Antrag nur bis zu dem Zeitpunkt
angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter
regelmäßigen Umständen erwarten darf. Insoweit steht für das Gericht vom tatsächlichen
Ablauf her fest, dass der Bürgermeister der Klägerin den Vertrag erst am 3. April 2000
unterzeichnet hat. Zu diesem Zeitpunkt war die Annahmefrist nach § 147 Abs. 2 BGB längst
abgelaufen. Dem kann die Klägerin nicht entgegenhalten, dass sie davon ausgeht, dass der
Vertrag in Wirklichkeit schon viel früher unterzeichnet worden sei. Die Unterschrift sowohl
auf dem Vertragsexemplar in der Beiakte 1 als auch auf dem der Klägerin zugesandten
Vertragsexemplar ist identisch und stammt vom Bürgermeister der Klägerin. Dass beide
Unterschriften augenscheinlich mit unterschiedlichen Schreibgeräten angefertigt wurden, lässt
keinerlei Rückschlüsse auf den Zeitpunkt der Unterschriftsleistung bzw. Unregelmäßigkeiten
zu. Dass die Datumseintragung „03.04.2000“ durch eine Mitarbeiterin der Klägerin erfolgte,
ist in einer Verwaltung üblich. Letztlich spricht der gesamte Geschehensablauf dafür, dass die
Unterschrift vom Bürgermeister der Klägerin tatsächlich am 3. April 2000 geleistet worden
ist. Dabei ist zunächst auf den Schriftverkehr aus dem Jahre 1998 zu verweisen. Das
Schreiben der Klägerin vom 26. März 1998, worin die Beklagte gebeten wurde ein
unterschriebenes
Exemplar
der
Modernisierungsvereinbarung
mit
einer geänderten
Zuschusssumme zurückzusenden, spricht dagegen, dass bereits zum damaligen Zeitpunkt ein
von beiden Parteien unterschriebener Vertrag vorlag. Insbesondere die Reaktion der
Beklagten auf dieses Schreiben der Klägerin vom 31. März 1998 (vgl. Bl. 163 d. GA) zeigt
deutlich, dass die Beklagte zu dem damaligen Zeitpunkt davon ausging, dass es noch nicht
6
4 K 277/02 GE
Aktenzeichen
einen von beiden Seiten unterschriebenen Vertrag gibt. In diesem Schreiben teilt die Beklagte
mit, dass sie den neuen Sanierungsvertrag keinesfalls so akzeptieren werde. Sie weist darauf
hin, dass sie bereits im Mai 1996 den von ihr unterzeichneten Sanierungsvertrag übergeben
habe und dieser Vertrag nur noch der Unterzeichnung in ihrem Hause (d.h. bei der Klägerin)
bedürfe. Des Weiteren ist auf das Schreiben der Klägerin vom 1. März 2000 (vgl. Bl. 165 d.
GA) hinzuweisen, wo die Klägerin die Zusendung eines unterschriebenen Vertrages durch die
Beklagte anmahnte. Hintergrund für dieses Schreiben war, dass die Klägerin einen Verlust der
Fördermittel befürchtete. Dementsprechend hat sie auch die Beklagte darauf hingewiesen,
dass bei Nichtzustandekommen des Vertragsverhältnisses eine Rückzahlung der Fördermittel
zu befürchten sei. Dieses Schreiben würde dann keinen Sinn machen, wenn bereits in der
Stadtverwaltung von beiden Seiten ein unterzeichneter Vertrag vorhanden gewesen wäre.
Entscheidend gegen die von der Beklagten aufgestellte Vermutung, dass der Vertrag deutlich
vor dem 3. April 2000 unterzeichnet worden sei, spricht jedoch das von ihr selbst vorgelegte
Anschreiben der Klägerin vom 3. April 2000 (vgl. BA 3), welches in dem von der Klägerin
übersandten Verwaltungsvorgang nicht enthalten war. In diesem Schreiben heißt es, dass nach
nochmaliger Beratung in unserem Hause dem Bürgermeister empfohlen werden konnte, den
Vertrag zu unterzeichnen. Hintergrund hierfür sei, dass man den Ablauf der Ausreichung von
Fördermitteln nicht gefährden wolle. Der mit Schreiben vom 1. März 2000 zugegangene neue
Vertragsentwurf sei damit gegenstandslos. Dieses Anschreiben zeigt deutlich, dass die
Klägerin Anfang April 2000 ihre bis dahin vertretene Position, nur einen im Hinblick auf die
Zuschusssumme geänderten Vertrag zu unterzeichnen, aufgegeben und der alte bereits im Mai
1996 von der Beklagten unterzeichnete Vertrag nunmehr vom Bürgermeister der Klägerin
unterzeichnet wurde. Insoweit ist dem eigenen Vorbringen der Beklagten zu entnehmen, dass
der Vertrag vom Bürgermeister der Klägerin tatsächlich erst am 3. April 2000 unterzeichnet
worden ist. Dem entsprechen die Angaben, die der Bauamtsleiter der Klägerin in der
mündlichen Verhandlung gemacht hat. Aus seinen Angaben ergibt sich deutlich, dass man
dem Bürgermeister den alten Vertrag zur Unterschrift vorgelegt hat, um wenigstens
Rechtssicherheit zu erhalten. Hintergrund hierfür waren Befürchtungen auf Seiten der
Klägerin, dass die Förderung des Vorhabens niedriger ausfallen würde als ursprünglich
erwartet. Weil es dann zu einem neuen Vertragsabschluss mit einer geänderten
Zuschusssumme mit der Beklagten nicht kam, hatte die Klägerin vor dem Hintergrund der
bereits ausgekehrten Fördermittel die Befürchtung, dass man ohne wirksamen Vertrag keine
Verwendungsnachweise anfordern könne. Soweit die Beklagte in der mündlichen
Verhandlung die Vermutung geäußert hat, dass dies in Wirklichkeit viel früher geschehen sei,
7
4 K 277/02 GE
Aktenzeichen
steht dies zum einen mit dem gesamten Akteninhalt wie geschildert nicht im Einklang, zum
anderen gibt es nicht im Ansatz Anhaltspunkte dafür. Vielmehr stellt diese Behauptung der
Beklagten ersichtlich eine Behauptung in Blaue hinein dar. Dies zeigt sich bereits daran, dass
die Klägerin in keinster Weise in der Lage ist, den angeblich vorherigen Zeitpunkt der
Vertragsunterzeichnung auch nur ansatzweise zu benennen.
Damit lagen zwischen der Abgabe des Vertragsangebotes durch die Beklagte im Mai 1996
unter der Unterzeichnung durch den Bürgermeister der Klägerin am 3. April 2000 ein
Zeitraum von mehr als 3 Jahren. Eine derart lange Zeitspanne geht deutlich über das hinaus,
was
der
Klägerin
in
Anwendung
von
§ 147 Abs. 2 BGB
als
angemessener
Überlegungszeitraum zur Verfügung stand. Der für § 147 Abs. 2 BGB angemessene
Überlegungszeitraum bestimmt sich nach dem Schwierigkeitsgrad der Sache, eventuell
erforderliche Beteiligung von Beschlussgremien, zuzüglich Beförderungszeit für die
Rücksendung des Annahmeschreibens. Selbst wenn man die Frist diesbezüglich angesichts
des nicht zu unterschätzenden Schwierigkeitsgrades einer derartigen Vereinbarung großzügig
auf Wochen bemessen sollte, geht ein Zeitraum von mehr als 3 Jahren deutlich über das
hinaus, was als angemessener Überlegungszeitraum angesehen werden kann.
Selbst wenn man das Schreiben der Beklagten vom 31. März 1998, worin sie um Zusendung
des unterzeichneten Sanierungsvertrages vom Mai 1996 gebeten hat, als neues Angebot von
Beklagtenseite
auf
Abschluss
der
Modernisierungsvereinbarung
ansieht,
ist
die
Unterzeichnung am 3. April 2000 durch den Bürgermeister der Klägerin wegen Verstreichens
der Annahmefrist gemäß §§ 62 Satz 2 ThürVwVfG, 147 Satz 2 BGB deutlich zu spät. Auch
bei dieser Annahme wäre ein Zeitspanne von zwei Jahren verstrichen. Eine derartige
Zeitspanne geht ebenfalls deutlich über das hinaus, was eine angemessene Überlegungsfrist
i.S.d. § 147 Abs. 2 BGB darstellt. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt der
Unterzeichnung des Vertrages durch den Bürgermeister der Klägerin am 3. April 2000 die in
§ 3 des Vertrages genannten Fristen zur Durchführung der Maßnahme (nämlich Beendigung
bis zum 31. Dezember 1998) längst abgelaufen waren. Dies zeigt mehr als deutlich, dass die
angemessene Überlegungsfrist i.S.d. § 147 Abs. 2 BGB zu diesem Zeitpunkt längst
verstrichen war.
Ein konkludenter Vertragsschluss durch Auszahlung der Fördermittel kann nicht
angenommen werden. Dem steht das Schriftformerfordernis des § 57 ThürVwVfG entgegen.
Würde man insoweit einen konkludenten Vertragsschluss annehmen, wäre dieser gemäß
8
4 K 277/02 GE
Aktenzeichen
§§ 62 Satz 2 ThürVwVfG, 125 BGB wegen Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis
nichtig.
In der Unterschrift des Bürgermeisters der Klägerin am 3. April 2000 kann auch nicht die
Bestätigung eines nichtigen Rechtsgeschäfts i.S.v. § 141 Abs. 1 BGB gesehen werden.
§ 141 Abs. 1 BGB ist gemäß § 62 Satz 2 ThürVwVfG im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen
Vertrages entsprechend anwendbar. Gemäß dieser Vorschrift gilt, dass wenn ein nichtiges
Rechtsgeschäft von demjenigen, welcher es vorgenommen hat, bestätigt wird, so ist die
Bestätigung als erneute Vornahme zu beurteilen. Eine Bestätigung nach § 141 Abs. 1 BGB
erfordert eine neue Einigung der Vertragsparteien. Hierfür reicht es aus, dass sich die Parteien
in Kenntnis der Abreden auf den Boden des Vertrages stellen. Des Weiteren ist ein sog.
Bestätigungswille erforderlich. Hierfür reicht es aus, dass die Parteien von einer möglichen
Nichtigkeit des Vertrages ausgehen, wobei der zu bestätigende Vertrag in seinen Einzelheiten
nicht nochmals im Einzelnen erklärt werden muss. Ausreichend ist es, wenn sich die Parteien
in Kenntnis aller Umstände auf den Boden des früher Vereinbarten stellen wollen und der
Bestätigende die Deutung des anderen Teils, er, der Bestätigende, wolle den Vertrag
aufrechterhalten, bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen können. Hieran fehlt es. Denn
der Wille des Bürgermeisters der Klägerin war nicht darauf gerichtet, ein bisher als fehlerhaft
erkanntes Rechtsgeschäft als gültig anzuerkennen, sondern sein Wille war darauf gerichtet,
erstmals eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten herzustellen. Weiter
fehlt es auch daran, dass der Vertrag, der bestätigt werden sollte, nichtig war. Vielmehr war
dieser Vertrag wegen Verstreichens der Annahmefrist erst gar nicht zustande gekommen.
Ansonsten würde der Anwendungsbereich von § 147 Abs. 2 BGB im Ergebnis gegen Null
tendieren, weil dann jede im Sinne dieser Vorschrift verspätete Annahme als Bestätigung
i.S.v. § 141 BGB auszulegen wäre.
Auf
den
von
der
Beklagten
zitierten
Stadtratsbeschluss
kommt
es
nicht
an.
Stadtratsbeschlüsse haben keine Außenwirkung. Vielmehr ist eine Umsetzung im Verhältnis
zum Bürger durch verwaltungsmäßigen Vollzug gem. § 31 Abs. 2 ThürKO erforderlich.
Daran fehlt es gerade.
Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ist es der Klägerin auch nicht verwehrt, sich auf
das Nichtzustandekommen der Modernisierungsvereinbarung zu berufen. Bereits durch den
Schriftverkehr im Jahre 1998 musste der Beklagten klar sein, dass eine wirksame
Modernisierungsvereinbarung trotz Auszahlung der Fördermittel nicht vorlag. Daran kann
auch das Schreiben vom 15. September 1997 (Bl. 144 d. GA) nichts ändern, wo die Klägerin
9
4 K 277/02 GE
Aktenzeichen
unter Bezugnahme auf die abgeschlossene Modernisierungsvereinbarung die Beklagte
gebeten hat, bestimmte Unterlagen vorzulegen. Denn durch den nachgehenden Schriftverkehr
im Jahre 1998 musste der Beklagten es wiederum klar sein, dass der endgültige Abschluss der
Modernisierungsvereinbarung noch ausstand.
Gegen den somit grundsätzlich bestehenden Anspruch auf Rückzahlung der ausgekehrten
Fördermittel kann die Beklagte sich nicht mit Erfolg auf die Regelung des § 814 BGB,
welcher einen Bereicherungsanspruch bei Kenntnis der Nichtschuld ausschließt, berufen. Der
Regelung der § 814 BGB liegt eine Interessenbewertung zugrunde, welche in das öffentliche
Recht nicht übertragen werden kann (vgl. hierzu ThürOVG, Urteil vom 17. Dezember 2002,
2 KO 701/00, zitiert nach Juris). Wenn auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des
öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruchs
mit
denen
des
zivilrechtlichen
Kondiktionsanspruchs im Wesentlichen übereinstimmen, so ist für die Anwendung jeder
einzelnen Regelung, die in §§ 812 ff. BGB ihren gesetzlichen Ausdruck gefunden hat, im
öffentlichen Recht erforderlich, dass sie die Ausprägung eines allgemeinen, über die gesamte
Rechtsordnung geltenden Grundsatzes ist. Dass ist bei der Vorschrift des § 814 BGB zu
verneinen. Diese Vorschrift beruht auf dem Gedanken, dass es dem Leistenden grundsätzlich
freisteht auch eine in Wirklichkeit nicht bestehende Verbindlichkeit zu erfüllen. Weiß er
positiv, dass er zur Leistung nicht verpflichtet ist, und leistet er trotzdem, dann würde er sich
zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch setzen, wenn er später das Geleistete wieder
zurückverlangt. Die Vorschrift ist damit Ausdruck eines besonderen Vertrauensschutzes, denn
der Empfänger einer Leistung, die bewusst zur Erfüllung einer nicht bestehenden
Verbindlichkeit gebracht worden ist, kann im Regelfall darauf vertrauen, dass er die Leistung
behalten darf. Dieser Rechtsgedanke kann auf das öffentliche Recht nicht übertragen werden.
Im öffentlichen Recht gilt der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Daher muss
das
Interesse
darauf
gerichtet
sein,
eine
ohne
Rechtsgrund
eingetretene
Vermögensverschiebung zu beseitigen und den rechtmäßigen Zustand wieder herzustellen.
Daher kann das Rechtsverhältnis nicht mit einem privatrechtlich begründeten Verhältnis
verglichen werden und die § 814 BGB zugrundeliegende Wertung kann nicht ins öffentliche
Recht übertragen werden.
Ebenfalls kann die Beklagte sich nicht auf die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB berufen,
wonach die Verpflichtung zur Herausgabe ausgeschlossen ist, soweit der Empfänger nicht
mehr bereichert ist. In diesem Zusammenhang kann ausdrücklich offen gelassen werden, ob
die Beklagte zum jetzigen Zeitpunkt noch bereichert ist. Der in den Vorschriften des
10
4 K 277/02 GE
Aktenzeichen
Bürgerlichen Gesetzbuches zum Ausdruck kommende Grundsatz, dass von dem erlangten
Vermögenswert nur das noch Vorhandene, dieses aber auch immer, herauszugeben ist, findet
auf beiden Seiten des Kondiktionsverhältnisses gleichermaßen Anwendung, wer auch immer
der Bereicherte und wer der Entreicherte ist. Im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruchs, in dem sich Bürger und Verwaltung gegenüber stehen, passt dieser
Grundsatz nicht, denn anders als im Zivilrecht werden hier die Interessen beider Seiten von
der Rechtsordnung nicht gleich, sondern unterschiedlich bewertet. Wie bereits geschildert ist
die öffentliche Hand, d.h., hier die Klägerin, dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der
Verwaltung verpflichtet. Ihr Interesse muss daher darauf gerichtet sein, eine ohne
Rechtsgrund eingetretene Vermögensverschiebung zu beseitigen und den rechtmäßigen
Zustand wieder herzustellen. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gilt
bezüglich der öffentlichen Hand auch dann, wenn sie selbst etwas ohne rechtlichen Grund
erlangt hat. Insoweit darf sie sich selbst grundsätzlich nicht auf eine Entreicherung berufen.
Die Interessenlage des Bürgers ist anders zu bewerten. Nach der Rechtsordnung steht es ihm
zu, dass er einen ihm rechtswidrig gewährten Vorteil auch gegen das für die Rückgewähr
streitende öffentliche Interesse verteidigen kann, wenn ein Vertrauen auf den Bestand eines
gewährten Vorteils schutzwürdig ist. Diese unterschiedliche Interessenbewertung, die sich
z.B. in den Regeln über die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte (vgl.
§ 48 ThürVwVfG) niedergeschlagen hat, steht der entsprechenden Anwendung von
Regelungen wie §§ 818 Abs. 3 und 4, 819 BGB entgegen, weil diesen Vorschriften eine
solche Interessenbewertung gerade nicht zugrunde liegt. Vielmehr werden in diesen
Vorschriften die Interessen beider Seiten ohne Rücksicht darauf, ob Bürger oder Verwaltung
Gläubiger oder Schuldner des Erstattungsanspruchs sind, mit ein und demselben Maßstab
bewertet. Daher ist die Beantwortung der Frage, in welchen Fällen ein Bürger dem
Erstattungsanspruch der öffentlichen Hand den Wegfall der Bereichung entgegenhalten kann,
nur unter Rückgriff auf die Abwägung der gegenläufigen Interessen, des Interesses des
Bürgers am Schutz seines Vertrauens auf die Beständigkeit der eingetretenen Vermögenslage
und des Interesses der Verwaltung an der Durchsetzung des Grundsatzes der
Gesetzmäßigkeit, zu entscheiden. Die grundsätzlich bestehende Erstattungspflicht entfällt
daher nur, wenn das private Vertrauensschutzinteresse das öffentliche Interesse an der
Wiederherstellung einer dem Gesetz entsprechenden Vermögenslage überwiegt. Ausgehend
hiervon ergibt sich, dass das Vertrauen der Beklagten auf das Behaltendürfen des
zugewandten Förderbetrages in Höhe von 284.500,- DM nicht schutzwürdig ist. Zum
Zeitpunkt der Auskehr der Fördermittel war der Beklagten
11
bekannt, dass die
4 K 277/02 GE
Aktenzeichen
Modernisierungsvereinbarung von Seiten der Klägerin noch nicht unterschrieben war. Dies
ergibt sich indirekt aus dem im Jahre 1998 gewechselten Schriftverkehr. Mit Schreiben vom
31. März 1998 (Bl. 163 d. GA) bat die Beklagte um Zusendung des unterzeichneten
Sanierungsvertrages vom Mai 1996. Daraus ergibt sich hinreichend, dass sie zum damaligen
Zeitpunkt
positiv
gewusst
hat,
dass
der
Sanierungsvertrag
bzw.
die
Modernisierungsvereinbarung von der Klägerin noch nicht unterzeichnet worden war. Wenn
sie dennoch die Fördermittel vorher in Empfang genommen und für das Vorhaben verbraucht
hat, so hat sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in erheblichem Umfang verletzt.
Zumindest hätte es nahegelegen, nach Auszahlung der Fördermittel sich bei der Klägerin zu
erkundigen. Dies lag umso mehr nahe, als die Beklagte bei Durchführung der Sanierung sich
an die Vorgaben des Vertrages zu halten hatte und sie daher auf die genaue Kenntnis des
Textes des von beiden Seiten unterschriebenen Vertrages angewiesen war. Spätestens nach
dem Schriftverkehr im Jahre 1998 und insbesondere dem Schreiben der Beklagten vom
31. März 1998 ist vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 819 Abs. 1 BGB auszugehen.
Dann würde die Beklagte sogar bei Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften verschärft
haften und könnte sich nicht auf Entreicherung berufen. Umso mehr muss dies erst für den
öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gelten. Denn im Rahmen des öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruch ist wie bereits ausgeführt allein die Frage der Schutzwürdigkeit des
Vertrauens zu problematisieren. Das ein Vertrauen dann nicht schutzwürdig sein kann, wenn
eine verschärfte Haftung gemäß § 819 Abs. 1 BGB vorliegt, versteht sich von selbst. Hinzu
kommt noch, dass die Beklagte mit Schreiben vom 1. März 2000 durch die Klägerin
ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass bei Nichtzustandekommen des
Vertragsverhältnisses eine Rückforderung der ausgereichten Fördermittel in Betracht kommt.
Insoweit ist festzustellen, dass das Vertrauen der Beklagten auf das Behaltendürfen der
Fördermittel nach Auszahlung bzw. Verbrauch derselben zu keinem Zeitpunkt im Rechtssinne
schützenswert war. Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass sie nach
Erhalt der Fördermittel im Vertrauen auf das Behaltendürfen dieser Mittel unfangreiche
Sanierungsmaßnahmen am Gebäude durchgeführt hat. Ein derartiges Vertrauen hätte erst
entstehen können, wenn der Beklagten eine auch von Seiten der Klägerin unterzeichnete
Modernisierungsvereinbarung zugeleitet worden wäre. Vorher war ein derartiges Vertrauen
nicht schutzwürdig. Dem steht auch nicht entgegen, dass z.B. im Schreiben der Klägerin vom
15. September 1997 unter Bezugnahme auf die Modernisierungsvereinbarung die Vorlage
gewisser Unterlagen angefordert worden ist. Zwar enthält dieses Schreiben objektiv
unzutreffende Angaben. Dieses Schreiben konnte jedoch die Übergabe einer unterzeichneten
12
4 K 277/02 GE
Aktenzeichen
Modernisierungsvereinbarung nicht ersetzen. Vielmehr wäre es eine naheliegende Reaktion
gewesen, wenn die Beklagte auf dieses Schreiben hin die Klägerin ersucht hätte, ihr ein
unterzeichnetes Vertragsexemplar auszuhändigen, damit sie die von ihr vorzulegenden
Unterlagen gemäß § 2 des Vertrages ermitteln konnte.
Die mit einem Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo erklärte Hilfsaufrechnung
hat keinen Erfolg. Abgesehen davon, dass dieser Anspruch nicht beziffert worden ist, liegen
seine Voraussetzungen nicht vor. Zwar hat die Klägerin die Fördermittel ohne Vertrag
ausgezahlt, der Beklagten war dies jedoch spätestens seit dem Schriftverkehr im März 1998
bekannt. Schutzwürdiges Vertrauen konnte daher nicht entstehen.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 284 ff. BGB.
Die
Nebenentscheidungen
beruhen
auf
§§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO,
167 VwGO,
709 Satz 1 ZPO
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann innerhalb e i n e s M o n a t s nach Zustellung des Urteils die
Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag ist bei dem
Verwaltungsgericht Gera,
Postfach 15 61, 07505 Gera,
Hainstraße 21, 07545 Gera,
zu stellen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Antrag ist binnen zwei Monaten
nach Zustellung des vorliegenden Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem
Verwaltungsgericht in Gera einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen oder
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist oder
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
13
4 K 277/02 GE
Aktenzeichen
Vor dem Oberverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt,
durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des
Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten
lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung.
Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte
oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplom-Juristen im höheren Dienst
vertreten lassen. Gebietskörperschaften können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit
Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen
kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
Zundel
Krome
Kreher
Beschluss
Der Streitwert wird auf 145.462,54 € festgesetzt.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen den Streitwertbeschluss steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Thüringer Oberverwaltungsgericht, Kaufstraße 2 - 4, 99423
Weimar, zu.
Die Beschwerde ist bei dem
Verwaltungsgericht Gera,
Postfach 1561, 07505 Gera,
Hainstraße 21, 07545 Gera,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Sie
kann auch bei dem Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.
Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 50,-- €
übersteigt und die Beschwerde innerhalb s e c h s M o n a t e n eingelegt wird, nachdem
die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig
erledigt hat. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt
worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser
Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Zundel
Krome
14
Kreher