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März 2011
EINE FAMILIE
EIN FILM VON PERNILLE FISCHER CHRISTENSEN
www.einefamilie-derfilm.de
www.trailer-ruhr.de
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5
Ein ständiger Drahtseilakt: Mensch und Technik, Foto: Francis Lauenau
trailer-Thema.
www.trailer-ruhr.de I März 2011
5 Nano, Bio, Quarks
Welche Möglichkeiten und Gefahren stehen uns
durch die neuen Technologien bevor?
Bühne.
10 Theater RUHR
„Iphigenie auf Tauris“ im Theater Oberhausen
11 Theater Oberhausen / Grillo-Theater
12 Premiere
„Headspin Critical Mess“ am Grillo-Theater
13 Theater am Marientor/ Mercatorhalle Duisburg
Aalto-Theater
14 Theater RUHR
„Geschlossene Gesellschaft“, „heimat unter erde“
15 Schauspiel Bochum
16 Theater RUHR
„Closer Than Ever“, „Choke“ und „McBeth“
17 Hilbert Theater
Theater am Schlachthof
18 Theater RUHR
Schlosstheater Moers: „Die unsichtbare Hand“
19 Cabaret Queue / GOP
20 Kulturzentrum Herne
21 Theater Fletch Bizzel/ Landestheater Neuss
22 Grugahalle Essen/ Theater demnächst
Theatertreffen Duisburg
23 Theater Freudenhaus im Grend
Das kleine Theater Essen /Ebertbad
24 Opernzeit – unsere Zeit
„Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“
25 MIR/ Theater im Depot / Rottstr 5 Theater
26 Bucardo / Komikzentrum Ruhr
Alltagsbewältigung mit Hirn und Humor
27 Rü Bühne / Kulturzentrum Wichern/ Bahnhof
Langendreer /Flottmann Hallen/ Et Cetera Varieté
28 Theater Duisburg
29 Consol Theater
30 Theater-Kalender Ruhr
32 Kulturbüro Dortmund: Jüdische Kulturtage
53 Theater Rathaus Essen
MDT
mehr zum Bühnengeschehen unter
www.trailer-ruhr.de/bühne
KÖLN-THEMA
Zahltag KULTUR IN NRW
THEATER Wahltag istPremiere
Foto: Edi Szekely
12
Foto: Matthias Stutte
Kino.
34 culture club
Kino Café: „Small World“ im UCI Bochum und Duisburg
„Der Plan“ in den Union Kinos im Forum Mülheim
35 Film-ABC/Vorspann
36 Film des Monats: „Eine Familie“
Gefühlvolles Familiendrama
37 Kritikerspiegel Ruhr/Kino-Kalender
trailer gibt einen Ausblick auf das März-Kino
38 weitere Filmbesprechungen
41 Kino.Ruhr
Porträt: Premierenkino Essener Lichtburg
42 Roter Teppich
Diane Kruger („Unknown Identity“) im Interview
MDT
weitere Filmkritiken und mehr unter
www.trailer-ruhr.de/kino
Literatur.
48 Poetry
Die monatliche Video-Kolumne von Sebastian23
www.trailer-ruhr.de/literatur
49 Wortwahl
lit.CARNIVAL
Textwelten
Kein Platz für Literatur im Fernsehen
50 Medienforum Essen
Literatur-Kalender
Literatur-Termine der Region
MDT
mehr Literaturempfehlungen unter
www.trailer-ruhr.de/literatur
Kunst.
52 RuhrKunst
53 K20K21/Kunsthalle Düsseldorf
54 Sammlung
Gespräch mit Hans Günter Golinski
55 Kunstwandel
Eine Ausstellung am Kemnader Stausee
56 Kunst-Kalender
Musical KINO
28
Musik.
56 Popkultur in NRW
Die Macht der Straße: Solidarität zum Djäzz
57 Westfalenhalle/ Kompakt Disk
Neue Alben im März
MDT
Kultur in NRW.
18 Tanz in NRW
Wenders‘ „Pina“ und „Stau“ von Anouk van Dyk
20 Klassik in NRW
Bachs „Kunst der Fuge“ als Video
24 Oper in NRW
„Die Liebe zu den drei Orangen“ am MIR
28 Musical in NRW
Krefeld feiert die „Rocky Horror Show“
29 Theater in NRW
Forum Freies Theater: „Deutschlandmärchen“
55 Kunst in NRW
Napoleon und Europa / Alexandre Cabanel
trailer spezial.
4 Intro
8 Innovation
9 Über Tage
Stefan Laurin über Ruhrbarone und Großstadtcowboys
51 Ungeschminkt
Sri Lanka: Die vergessene Flut
58 Verlagssonderseiten „trailer bildet“
59 Auswahl
62 Kolschewsky/Impressum
63 Magenbitter
Kulturfeudalismus und Aschermittwoch
63 Verlosungen/Concert Team
MDT
Film des Monats MUSIK
36
mehr zu Konzerten in der Region und in NRW
www.trailer-ruhr.de/musik
Foto: Jens van Zoest
Lesen Sie mehr auf den neuen InternetSeiten! Dieses Icon zeigt Ihnen den Weg.
Klassik Auswahl
20
Kalender
60
Intro
Intro
-ruhr.de
facebook im Regal: das Gesichtsbuch, Foto: Francis Lauenau
trailer + trailer-ruhr.de
Beim Ballspielverein
Im Doppelpack mehr Service, Meinung und Hintergrund
Thema
Bio-Tech-Food
Dr. Silke Mreyen Bioindustry e.V. zur Angst vor
der Biotechnologie in der Lebensmittelindustrie
6
„Unwissenheit führt oft zu falscher Panik“
Dr. Silkev Mreyen
Premiere
Tummelplatz der Experimente
Anna K. Becker, Sebastian Zarzutzki und
Samir Akika – die drei Regisseure über ihre
Produktion „Headspin Critical Mess“ am Essener Grillo Theater
12
Samir Akika
Roter Teppich
Von Niedersachsen nach Hollywood
Diane Kruger über deutsche Wurzeln und ihre
Rolle in „Unknown Identity“
42
„Ich habe das Gefühl, ich bin die gleiche Person,
die damals mit 16 Jahren weggegangen ist“
Diane Kruger
Gespräch zum Film
Vom Blog zum Film
Ali Samadi Ahadi zu seinem Film „The Green wave“
und den Ereignissen in den arabischen Ländern:
46
Mit meiner Zehnjährigen wollte ich in dieser Saison unbedingt zum BVB. Für
mich war es 17 Jahre her, das Stadion in Dortmund besucht zu haben, für sie
war es Premiere. Bei einem dahergelaufenen Straßenhändler in einer windigen
Unterführung erwarb sich die Kleine einen Schal – der Gegenmannschaft. Von
Mutter hatte sie gelernt, dass es nicht schicklich ist, wenn Freunde die gleichen
Klamotten tragen. Und mein Hals war schwarz-gelb umwickelt. Im Stadion
baute sich vor uns prompt ein Kleiderschrank auf. „Sach mal, haste die Kleene
nich‘ in Griff?“ wollte der leicht angetrunkene Riese von mir wissen. Gern hätte
ich ihm meine Gedanken von repressionsfreiem Umgang mit Kindern, von Förderung selbstständigem Denkens und Handelns mitgeteilt. Die nackten massig
tätowierten massigen Oberarme meines Gegenübers hielten mich ab. „Meine
Tochter hat so ein großes Herz, die muss immer zu den Schwächeren halten.“
Der brummige schwarze Bär mit gelben Streifen zog daraufhin friedlich ab. Der
BVB gewann an jenem Nachmittag 2:0 und verlor meine Tochter als mögliche
Anhängerin. Sie ist nun überzeugter St-Pauli-Fan. Es gibt schlimmeres.
Nicht nur fußballerisch ist das Ruhrgebiet im Moment ganz oben. Unser TRAILER-THEMA im März heißt NANO, BIO, QUARKS und widmet sich den neuen
Technologien, die uns beglücken und manchmal auch bedrücken. Im ÜbertageInterview sprechen wir mit dem Blogger STEFAN LAURIN von den RUHRBARONEN. Zwar sind im Ruhrgebiet keine fiesen Diktatoren abzusetzen, aber trotzdem
ist ein Mehr an Öffentlichkeit im Land von WAZ und WDR nicht ganz verkehrt.
Nicht verkehrt ist auch der folgende Titel: HEADSPIN. CRITICAL MESS. Die Bezeichnung der Drehbewegung bei vollführtem Kopfstand ist nicht gestrichen,
weil wir die Entf-Taste am Computer gefunden haben. Die Streichung ist tatsächlich Teil des Titels einer bemerkenswerten Aufführung im GRILLO-THEATER
zu Essen. Da wird gehippt und gehoppt, gesprayt, getanzt, gesungen, gesprochen, diskutiert. Wir redeten mit den drei Regisseuren ANNA K. BECKER, SAMIR
AKIKA und SEBASTIAN ZARZUTZKI, die in ihrem musicalverdächtigen Happening
mit Schubladen voller Lebensvorstellungen jonglieren. Hoffentlich sprayt das
Publikum nach der Vorstellung nicht die malerische Essener Innenstadt zu. Bezüglich Bildender Kunst beleuchten wir das nicht mehr ganz so innige Verhältnis
zwischen öffentlichen Museen und der Kunstszene. Die Kassen sind leer, so dass
inzwischen geliehen statt gekauft wird. Über dieses Problem und auch über den
im vergangenen Jahr verstorbenen Kunstsammler HELMUT KLINKER sprachen
wir mit dem Direktor des Kunstmuseums Bochum HANS GÜNTER GOLINSKI.
Unsere Filmempfehlungen in diesem Monat sind dänisch geprägt. EINE FAMILIE
handelt von der Zerrissenheit einer jungen Frau, die sich zwischen Karriere,
Mutterglück und väterlichem Bäckereibetrieb entscheiden muss. IN EINER BESSEREN WELT pendelt ein junger Arzt zwischen zwei Welten, zwischen afrikanischem Bürgerkrieg und heimisch-skandinavischem vermeintlichem Idyll.
Beide Streifen entstammen der vielbeachteten dänischen Regisseursschule.
„Das spannende an diesen Ereignissen ist
auch, dass dieser Informationsfluss nicht
mehr zurückgehalten werden kann“
Ali Samadi Ahadi
Einen frühlingshaft-friedlichen März wünscht Ihnen
Sammlung
Interviewserie RuhrKunstMuseen
Museumsdirektor Hans Günter Golinski:
MDT
„Wir brauchen einen neuen Schulterschluss
zwischen Museen und Sammmlern“
Hans Günter Golinski
LUTZ DEBUS
54
Foto: Museum Bochum
4
Was hören, lesen, sehen Sie, in Prozent geschätzt:
TV, Rundfunk, Gedrucktes, Internet ?
E-Mail bis 15.3. an [email protected], Kennwort: Internett
(Alter und Wohnort angeben) trailer verlost unter allen Einsendungen eine Städtereise für 2 Personen in Europa.
Thema
Genmanipulierte Rapssamen regnen auch auf das Revier, Foto: Sven Siebenmorgen
Himmel oder Hölle?
Wissenschaft schafft Hoffnung und Angst
Der Fortschritt ist ein zweischneidiges Schwert. Dokumentarfilme jener Zeit, reichten über dem
Droht Himmel oder Hölle? Und wenn, dann wel- Kopf gehaltene Aktentaschen, um Leben zu retcher Himmel? Vom Himmel fielen in den ersten ten. Der Idealisierung folgte die Dämonisierung.
Minuten des neuen Jahres Milliarden von Rapssa- Inzwischen aber müssen selbst Ökologen nicht
men. In Sylvesterraketen sorgen sie normalerwei- mehr an die sofortige Zerstörung allen Lebens
glauben. Realpolitik ist
se für das akkurate Vertrailer-Thema im März:
in der Frage über die
brennen verschiedener
Nutzung von KernspalMetallverbindungen.
tung eingekehrt.
Etwa jedes zwanzigste
Neue Technologien werden unser Leben in naher ZuSamenkorn kann keikunft stark verändern. Öffnen wir damit die Büchse
der Pandora oder schaffen wir ein Paradies auf Erden?
Andere, neue Technomen, obwohl es großer
Eines ist sicher: das Ruhrgebiet ist mittendrin.
logien wiederum spalHitze ausgesetzt war.
ten die Gesellschaft,
Wahrscheinlich wurde bei der Produktion der Pyrotechnik mitunter wie dies einst die maschinellen Webstühle und
genmanipuliertes Saatgut verwendet. Verboten die Kernenergie taten. Bevor im März verganist dies nicht, schließlich handelt es sich bei Feu- genen Jahres im größten Teilchenbeschleuniger
der Welt unweit des Genfer Sees Protonen mit
erwerkskörpern nicht um Lebensmittel.
ungeheurer Energie aufeinander trafen, berichWahrscheinlich wird die Welt in diesem Sommer teten manche Boulevard-Medien vom drohenden
trotzdem nicht an furchterregenden monströsen Weltuntergang. Winzig kleine Schwarze Löcher
Rapspflanzen zu Grunde gehen. Aber doch zeigt würden bei diesem physikalischen Experiment
dieses Beispiel, wie schnell angeblich innova- entstehen, die unser Sonnensystem verschlucken
tive und angeblich sichere Technologie zu einem könnten. Bislang allerdings leben wir noch, und
Problem werden kann, obwohl die Wissenschaft zwar in Originalgröße.
dem Menschen eigentlich dienen soll. Und dieses
Spannungsfeld ist nicht erst seit drei Monaten zu Winzig kleine Schwarze Löcher würden
erkennen. Vor über 150 Jahren zertrümmerten entstehen. Bislang allerdings leben wir
die Weber in Schlesien die Webmaschinen, weil noch, und zwar in Originalgröße.
diese ihnen Brot und Arbeit nahmen. Wäre infol- Die Teilchenphysik mit ihren Quarks und Higgsge der Aufstände der technische Fortschritt zum Teilchen als Grundlagenforschung ist allerdings
Erliegen gekommen, wir würden noch immer in noch weit entfernt, unser tägliches Leben zu
einer Feudalgesellschaft leben, manche von uns verändern. Anders sieht dies bei der Biotechnoals Fürsten, die meisten als verarmte Untertanen. logie aus. Hier gibt es besonders im Ruhrgebiet
Doch diese Fiktion ist irreal. Der Fortschritt, so viele praktizierende Forschungseinrichtungen
beweist die Menschheitsgeschichte, lässt sich und Unternehmen. Ob in seiner unmittelbaren
nicht aufhalten.
Nachbarschaft die weltrettende oder gar weltzerstörende Genkartoffel kreiert wird, bleibt
Als zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts die dem Normalbürger in der Regel verborgen.
Radioaktivität entdeckt wurde, galt dies zunächst Befürworter der doppeldeutig sich auch „Bio“
als Meilenstein in der Geschichte der Menschheit. nennenden Technologie glauben an die UngeTatsächlich möchte heute niemand mehr auf fährlichkeit ihres Handelns. Jeder Pflanzen- oder
Röntgendiagnostik verzichten. Bis in die 1970-er Tierzüchter mache im Grunde nichts anderes als
Jahre galt Radioaktivität sogar als harmlos. Bei die Laboranten in ihren hermetisch geschloseinem Atomkrieg, so suggerierten einschlägige senen Schutzanzügen. Gleichzeitig werden en-
Nano, Bio, Quarks
5
orme Verbesserungen des Lebens in Aussicht
gestellt. Quasi eine Welt ohne Hunger und
Krankheit erscheint am Horizont. Die Kritiker
der Gentechnologie wiederum fürchten neue
Krankheiten für Pflanze, Tier und Mensch. Eine
fundierte Einschätzung des Gefährdungspotentials bleiben sowohl Befürworter wie Gegner der
Öffentlichkeit schuldig.
Ähnlich sieht es mit der Nanotechnologie aus.
Die winzigen Teile können nicht nur dabei helfen, Fenster streifenfrei zu putzen, sie sollen
unser Leben revolutionieren. Solaranlagen und
Akkus werden durch neue Oberflächenstrukturen erheblich leistungsfähiger. Pharmazeutische Produkte können in absehbarer Zeit viel
passgenauer, also mit viel mehr Wirkung und
viel weniger Nebenwirkung, eingesetzt werden.
Nano-Gegner allerdings fürchten genau diese Durchdringungsfähigkeit der Mikropartikel.
Chronische Entzündungen, hervorgerufen durch
Asbeststaub, verursacht nachgewiesenermaßen
Lungenkrebs. Ob die neuen kleinen Teilchen jene
Eigenschaft haben, ist aber noch nicht geklärt.
Für immer jung und unsterblich könnten
wir eines Tages sein, wenn das genetische
Geheimnis des Alterns gelüftet ist.
Unwissenheit macht Angst. Noch mehr Angst
können allerdings die Pläne mancher Wissenschaftler machen. Für immer jung und unsterblich könnten wir eines Tages sein, wenn das genetische Geheimnis des Alterns gelüftet ist. Die
Teilchenphysiker mit ihrem Protonenbeschleuniger wiederum suchen nach dem Gottes-Teilchen,
dem Bestandteil im Atomkern, der für das Wunder des Lebens verantwortlich ist. Etwas mag dabei tröstlich sein: selbst wenn die Existenz Gottes
wissenschaftlich bewiesen ist, droht nicht automatisch ein Armageddon. Dafür ist der Alte viel
zu phlegmatisch.
LUTZ DEBUS
Thema
„Nicht grundsätzlich gefährlich“
So schön kann Nano sein: Silizium – ganz klein, Foto: CeNIDE Universität Duisburg-Essen
Tobias Teckentrup über Chancen und Risiken der Nano-Technologie
trailer: Herr Teckentrup, welche Chancen lie- unterscheiden, ob der chemische Stoff an sich
gefährlich ist oder ob die Substanz gefährlich
gen in der Nano-Technologie?
Tobias Teckentrup: Nano-Technologie wird in ist, weil sie aus Nanopartikeln besteht. Manche
Nanoteilchen sind zum Beispiel
vielen verschiedenen Bereichen
„Oft sind die Nanopartikel in
bei einer bestimmten Größe
angewendet. Wir sehen eine
einem Material gebunden und
gefährlich, wenn sie aber nur
große Bedeutung insbesondere
bei Nano-Materialien für den kommen nie in den Menschen” fünf Prozent größer oder kleiner sind, sind sie unbedenklich.
Energie-Sektor.
Energieumsetzung findet in vielen technisch relevanten Außerdem besteht die Gefahr, dass NanopartiProzessen an Grenz- und Oberflächen statt und kel in den Körper gelangen, nur dann, wenn sie
lässt sich daher in hohem Maß von Strukturen freigesetzt werden. Oft sind die Nanopartikel in
auf der Nanometerskala beeinflussen. Batterien, einem Material gebunden und kommen nie in
Solarzellen und Brennstoffzellen können so sehr den Menschen.
viel leistungsfähiger, effizienter und kostengünstiger werden.
Wie wichtig ist der Nano-Standort Ruhrgebiet?
Das klingt sehr ökologisch. Gibt es auch Ge- Die Region ist sicher führend in diesem Bereich.
Speziell die Universität Duisburg-Essen bündelt
fahren?
Nano ist nicht grundsätzlich gefährlich. Das viele Wissenschaftler, die auf dem Gebiet der
muss differenzierter gesehen werden. Wir ha- Nano-Technologie forschen. Hier am Center for
ben es mit ganz verschiedenen Materialien und Nanointegration Duisburg-Essen arbeiten 350
Partikelgrößen und -formen zu tun. Man muss Wissenschaftler interdisziplinär an dem Thema.
Können Sie die Bedenkenträger verstehen?
Natürlich. Nanopartikel sind mit dem bloßen
Auge und auch mit anderen optischen Mitteln
nicht zu erkennen. Da braucht man schon spezielle Geräte wie ein Elektronenmikroskop.
ZUR PERSON
Dr. Tobias Teckentrup (29) ist
stellvertretender Geschäftsführer von CeNIDE - Center for Nanointegration an der Universität
Duisburg-Essen
Foto: CeNIDE Universität
Duisburg-Essen
„Unwissenheit führt zu Panik“
Silke Mreyen zu den Chancen und Risiken der Biotechnologie
trailer: Frau Mreyen, wo begegnen dem Nor- tiple Sklerose oder Herz-Kreislauferkrankungen
malbürger heute schon Produkte der Biotech- früher diagnostiziert werden können. So steigen
die Heilungschancen. Die Medizin wird sozusagen
nologie?
personalisiert. Dadurch werden
Silke Mreyen: Die Frage sollte
„Wenn ich einen Apfel esse,
Krankheiten früher erkannt, Nelauten: Wo begegnen dem Nordann werde ich nicht grün,
benwirkungen vermieden und
malbürger diese Produkte nicht.
Klassische
biotechnologische obwohl dieser das entsprechende Kosten gesenkt.
Gen in sich trägt”
Produkte gibt es seit JahrtauWie erklären sie sich die Angst
senden. Denken Sie an Wein und
Bier oder die Verarbeitung von Milchprodukten der Gegner?
durch Hefe. Die Biotechnologie ist also nichts Natürlich können Fortschritte auch Risiken bergen. Wichtig ist allerdings zu differenzieren, welNeues, Unheimliches, das uns plötzlich bedroht.
che Information ich habe und welche Schlüsse
Wie wird die Biotechnologie unser Leben in ich daraus ziehe. Wenn ich einen Apfel esse, dann
werde ich nicht grün, obwohl dieser das entspreden nächsten Jahren verändern?
Der Einsatz von Enzymen hat zum Beispiel das chende Gen in sich trägt. Unwissenheit führt oft
Wäsche waschen revolutioniert. Dies ist ein gro- zu falscher Panik.
ßer Vorteil für die Umwelt, weil die Waschmittelmenge viel geringer ist. Und es kann Energie Welchen Stellenwert hat das Ruhrgebiet bei
gespart werden, weil die Temperatur niedriger der Biotechnologie?
sein darf. Auch werden in Zukunft Krankheiten Die Biotechnologie an der Ruhr hat sich zu eiwie Krebs, Alzheimer, Lebererkrankungen, Mul- ner der herausragenden Branchen entwickelt.
6
46
Hinsichtlich der rund 500 in der Biotechnologie tätigen Unternehmen ergibt sich ein klarer
Schwerpunkt in der Medizin. Der Technologie
Park Dortmund mit dem BioMedizinZentrum
Dortmund genießt internationales Ansehen. Mit
dem BioMedizinZentrum Bochum wurden weitere
Möglichkeiten für Start-up-Unternehmen geschaffen. Es gibt bereits zahlreiche Anfragen aus
dem europäischen und dem asiatischen Raum.
INTERVIEWS: LUTZ DEBUS
ZUR PERSON
Dr. Silke Mreyen, (39) ist Geschäftsführerin des BioIndustry
e.V. in Dortmund
Foto: privat
Thema
Trotz intensiver Suche bleiben Nano-Teilchen unsichtbar , Foto: Sven Siebenmorgen
Aus der Asche entstiegen
Das Projekt Phoenix fördert Hightech statt Kohle
Rund 15.000 neue Arbeitsplätze in den wichtigen
Schlüsselbranchen, ein Wohnviertel mit hohem
Freizeitwert und ein Stausee mit kilometerlanger
Uferpromenade: Auf dem ehemaligen Hochofenund Stahlwerksgelände PHOENIX im Dortmunder
Süden entsteht auf einer Gesamtfläche von über
200 Hektar ein futuristisch anmutender Anziehungspunkt für Stadt, Wirtschaft und Wissenschaft.
Gerade fünf Kilometer von der Innenstadt entfernt,
lassen sich die Verantwortlichen das Vorzeigebauwerk der kurzen Wege einen dreistelligen Millionenbetrag kosten, schließlich mangelt es nicht an
großzügigen Subventionen.
Als erstes Projekt war am selbsternannten Zukunftsstandort im Stadtteil Hörde die „MST.factory dortmund“ realisiert worden, die als europaweit
einzigartiges Kompetenzzentrum für Mikro- und Nanotechnologie die notwendige Infrastruktur auf diesem Sektor für kleine und mittlere Unternehmen sowie für Gründer bereithält. Neben Büros, Laboren und
Reinräumen sowie einem hochmodernen Maschinenpark umfasst das Angebot auch Beratung und Quali-
fizierung rund um die komplexen Technologiefelder.
Die im Bereich PHOENIX West angesiedelten Firmen
sind unter anderem auf Lasertechnologien, industrielle Computertomografie, Mikrochips aus Silizium,
Software-Tools, Elektronen- und Ionenstrahl-Litografiesysteme, Beschichtungsverfahren, Präzisionsteile
aus Metall oder zelluläre Mikro-Schäume spezialisiert
und verbinden somit an der Stätte einstiger Vollmaloche alte Tradition mit üppiger Innovation.
Mega-Vorhaben im Umfang von 300 Fußballfeldern
Ein Anflug von Größenwahn oder lobenswerte Vision? Beteiligt an dem Mega-Vorhaben im Umfang
von 300 Fußballfeldern sind jedenfalls neben dem
Land Nordrhein-Westfalen und der Europäischen
Union auch die Initiative dortmund-projekt, die sich
als einer der Architekten für das „neue Dortmund“
begreift. Längst hat sich die Heimat der auf Meisterkurs liegenden Borussia-Fußballer fast ebenso
spielerisch zu einem der führenden Hightechstandorte Europas gemausert. Mit Blick auf die zuletzt
auf über 200.000 Menschen gestiegene Zahl der so-
zialversicherungspflichtig Beschäftigten stellt nicht
nur Udo Mager, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Dortmund, erfreut fest: „Aufgrund der vielfältigen Anstrengungen im Strukturwandel sind wir
hier gut durch die Krise gekommen.“
In absehbarer Zeit kann außerdem die einst als „Verbotene Stadt“ getaufte Fläche rund um die im Jahr
2001 stillgelegte Hermannshütte sogar zum künftigen Freizeitparadies herhalten. Der Grund liegt vor
allem am PHOENIX-See.
Bei den ursprünglichen Planungen noch vielfach
für einen Aprilscherz gehalten, fließen dort nun seit
Oktober 2010 täglich 1.500 Kubikmeter Grund- und
Frischwasser hinein - im Herbst soll das künstliche
Gewässer als besondere Attraktion dann komplett
voll gelaufen und somit größer als die Hamburger
Binnenalster sein. Ob parallel die von Kritikern beklagte Kostenflut noch munter weitersprudelt, wird
sich dagegen erst nach dem Verschwinden der letzten
Bauzäune ermitteln lassen. FRANK-MICHAEL RALL
www.phoenixseedortmund.de
Die Zukunft ist Nano?
Eine Pilotanlage in Leverkusen produziert seit einem Jahr winzige Röhrchen
In Leverkusen wurde im Januar 2010 von Bayer die
weltweit größte Produktionsanlage für KohlenstoffNanoröhren (eng. carbon nanotubes) als Pilotfabrik in
Betrieb genommen. Von den winzigen Röhrchen, die
etwa 50.000 Mal kleiner sind als ein menschliches
Haar, werden dort im Jahr rund 200 Tonnen produziert. Rein chemisch betrachtet bestehen sie aus dem
gleichen Material wie eine Bleistiftmine, weisen aber
sehr bemerkenswerte Eigenschaften auf. Mit Nanotubes veredelte Produkte könnten stabiler, belastbarer
und leichter – Kunststoffe sogar leitfähig – werden.
Die unter dem Markennamen „Baytubes“ angepriesenen Nanoröhren könnten im Automobil- und Flugzeugbau ebenso wie in elektrischen Bauteilen oder
Beschichtungen Verwendung finden. Den Wettlauf
um Zukunftstechnologien gewinnt oftmals, wer zuerst
grünes Licht gibt. NRW hatte die Nase vorn und genehmigte die Pilotanlage, doch wenn es nach Philipp
Mimkes geht, sollte man „so einen Wettlauf nicht unbedingt gewinnen wollen“. Mimkes ist Vorstandsmitglied des „Coordination gegen BAYER-Verfahren e.V.“,
der bereits seit 1978 daran arbeitet, auf die Gefahrenpotentiale und Risiken chemischer Großproduktion
aufmerksam zu machen. Gegen die Nanotubeproduktion macht der Verein nun Front, denn die Röhren stehen im Verdacht, im Körper Entzündungen hervorrufen
zu können und somit – ähnlich wie Asbest – Krebs zu
erzeugen. Aufgrund ihrer geringen Größe können Nanoteilchen über Atemwege, Magen-Darm-Trakt oder
Haut in den Körper und über den Blutkreislauf in Organe gelangen.
Auf ein Genehmigungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung konnte verzichtet
werden
Im Falle der Leverkusener Produktion von Nanotubes
ist fraglich, ob für Belegschaft, Anwohner und Anwender der Produkte Risiken bestehen. Welche Immissionen sind zu erwarten? Wie hoch ist die Atemluftbelastung innerhalb des Betriebs und welche Mengen
Nanotubes könnten bei einem Störfall austreten?
Zufriedenstellende Antworten gibt es keine, denn die
7
Anlage wurde durch die Bezirksregierung Köln lediglich als Versuchsbetrieb genehmigt. Auf ein Genehmigungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung
und die Beteiligung der Öffentlichkeit konnte dadurch
verzichtet werden. Die Bundesimmisionsschutz- und
Störfall-Verordnungen haben für die Produktionsstätte
keine Gültigkeit, schließen aber Nanoprodukte ohnehin
noch nicht ein. „Unternehmen sind dazu da, Profite zu
machen“, beurteilt Mimkes realistisch die Situation,
„deswegen muss es eine kritische Öffentlichkeit und
Aufsichtsbehörden geben“. Er hält ein Genehmigungsverfahren unter Beteiligung der Öffentlichkeit sowie
die unabhängige Prüfung der Umweltverträglichkeit
und gesundheitliche Unbedenklichkeit für notwendig,
bevor eine Großproduktion genehmigt wird. Laut Bayer
ist bis 2012 eine Erweiterung der jährlichen Produktion
auf bis zu 3.000 Tonnen der Nanotubes geplant.
MARTIN THELEMANN
www.baytubes.com
www.cbgnetwork.org
e
ün
Gr
Innovation
en
it
Se
11
20
STÄDTE-RANKING RUHR
BO
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20
18
14
73
Anzahl Elektro-Fahrzeuge
Quelle: Kraftfahrtbundesamt u. lokale Ämter
Ein Motorboot der Schweizer Boesch-Werft ist seit Generationen der Traum von Gutbetuchten an den südlichen Seen. Jetzt gleiten sie auch mit leisem Elektroantrieb übers Wasser, Foto: Boesch-Boats
Elektrisch die Welle machen
E-Mobilität ist auf dem Wasser angekommen – vor allem dort, wo Beschränkungen gelten
Mit voller Hose lässt sich gut stinken ... und wer
sechsstellige Beträge übrig hat, um sich ein schickes Motorboot an den Steg zu legen, wird kaum
zählen, ob man damit im Sommer tatsächlich 30
Stunden auf dem Wasser unterwegs war oder
doch weniger. Auf manchem See zählt eben,
dass man’s überhaupt kann: in den Alpen wie
im Bereich der Ruhr-Talsperren. Da wie dort sind
neuerdings Elektroboote der exklusive Schlüssel
zum Skipperglück.
Schauplatz Kärnten, Wörthersee: An seine 16 Kilometer Ausdehnung passen eine Menge Ufergrundstücke – doch ohne Bootslizenz kommt wenig Prestigeglanz auf. Die Erlaubnis zum flotten
Karriolen hat die Landesregierung nämlich streng
reglementiert. Genau 338 Motorboote sind nur
zugelassen und Bootslizenzen werden vererbt oder
teuer verkauft. „Unter Freunden kostet sie inzwischen 250.000 Euro“, erzählt Wolfgang Schmalzl.
Der Bootsbauer (mit See-Lizenz) wusste, was zu
tun war: Er legte die „Julika“ als Replika eines 60
Jahre alten Holz-Taxibootes auf Kiel, statt von
einem 70-PS-Diesel allerdings nun von einem Elektromotor angetrieben. Dafür braucht es keine SeeGenehmigung. Und Schmalzl ist damit bei weitem
nicht der Einzige.
Limitierte Zugänge, Umweltbewusstsein oder nur
die Freude am lautlosen Dahingleiten haben innerhalb weniger Jahre die E-Boot-Bauer von absoluten Exoten zu ... sagen wir beachteten Nischenvertretern gemacht. Am unteren Leistungs-Ende das
Start-Up „Torqeedo“ aus Starnberg, wo man schon
mehrere Hundert Elektro-Außenborder verkaufte.
Oben vielleicht der Schweizer Traditionsbetrieb Boesch, dessen Top-Sportboote für 400.000 Euro per
80-kW-Doppel-Elektroherz auf Touren kommen
Innovativ: Der Wittener Uwe Feller baut ein Sportboot mit Methanol- und Elektropower,
Foto: boro-Media
und mit über 50 km/h die Welle machen. Die austrische Frauscher-Werft hat ihre „600 Riviera HP“
auf Brennstoffzelle und Wasserstoffbefeuerung
umgerüstet. Und der Kreuzberger Mittelständler Thomas Meyer entwickelt Fahrgastschiffe mit
Solar-Elektroantrieb, die beispielsweise in Singapur
Touristen befördern.
Man muss freilich gar nicht so weit schauen: Ein
wegweisendes 8,5-Meter-Boot mit Hybridantrieb
entsteht nämlich gerade im Ruhrgebiet, zwei Autominuten vom Kemnader Stausee entfernt. In
einer historischen Wittener Maschinenhalle arbeiten Bootsbauer Uwe Feller (35) und seine Crew an
der nicht nur optisch recht futuristisch wirkenden
„Dymax Power“. Ihr schlanker Rumpf besteht aus
glasfaserverstärktem Sperrholz. Im Heck des 40
Knoten (75 km/h) schnellen Bootes steckt der Clou.
„Unsere neue Yacht wird angetrieben von vier Motoren – zwei methanolbetriebenen Verbrennern
mit zusammen 286 PS und zwei Elektromotoren“,
erläutert der Designer. Den besonderen Kraftstoff
erzeugt der Schweizer Partner Silicon Fire aus
Solarstrom, Kohlenwasserstoff und dem Klimagas
CO2. Das umweltfreundliche Wasserstoff-Methanol
verbrennt sauber. Einziges Abfallprodukt: Wasser.
Manövrieren und langsame Vorausfahrt erfolgen
mit reiner Elektrokraft. Die je 13 kW starken EMotoren summen unhörbar leise. „Wenn unsere
Dymax frühmorgens startet, geschieht das ohne
Lärm. Da wird kein Skipper an Bord benachbarter
Boote von einem brummigen Schiffsdiesel aus dem
Schlaf geschreckt“, lacht Feller, der am britischen
Lowestoft Boatbuilding College sein Handwerk erlernte. Ins Wasser kommen erste Exemplare des ab
200.000 Euro teuren Hybrid-Traumboots im Frühjahr. Ausgedehnte Probefahrten sollen im Mai auf
dem Vierwaldstätter See folgen, dort, wo das ReinMethanol-Powerboot schon seit vergangenem Jahr
seine Runden dreht.
Längst haben sich die Elektroboote „alltagstauglich“ gezeigt, auch wenn aller Anfang „blei-schwer“
war. „Je nach dem, Kaffeefahrt oder Wasserski,
reicht die Energie der hochmodernen Lithium-Akkus jetzt für 30 bis 80 Kilometer“, gibt Juniorchef
Markus Boesch den aktuellen Entwicklungsstand
bei den Schweizern wieder. Die Zukunft heißt:
8
ruhrmobil-E-Serie, Teil 12
„ruhrmobil-E“ heißt das in Bochum gegründete Netzwerk, in
dem Akteure aus Wirtschaft und Forschung, Anwender und
Kommunen in Sachen Elektro-Mobilität kooperieren. Das
trailer-ruhr-Magazin berichtet über Entwicklungsfortschritte
von „ruhrmobil-E“ und hält nach verwandten Aktivitäten in
der Ruhrstadt Ausschau.
Infos: www.ruhrmobil-E.de
Bodensee-Längsachse hin und zurück, von Bregenz
nach Bodman-Ludwigshafen, macht 127 Kilometer.
Mit einer Akkuladung.
Auf dem Haupt-Ruhrgebietsfluss können E-Boote
heute schon fahren - theoretisch: Bis zur Mülheimer
Schlossbrücke ist die Ruhr Bundeswasserstraße, bis
zur „Zornigen Ameise“ in Essen-Rellinghausen ein
Wasserweg in Landeshoheit. Da ist alles erlaubt.
Flussaufwärts dürfen nur noch DLRG und Fahrgastschiffe motoren. Boote mit E-Antrieb zu erlauben,
wäre - etwa am Kemnader See - eine Chance für
die Anliegerstädte. Der Anfang ist bereits gemacht:
Für die bisher gesperrten Trinkwasser-Talsperren an
Sorpe, Bigge, Möhne und Henne läuft gerade ein
Genehmigungsverfahren der Bezirksregierung Arnsberg, das der Ruhrverband initiierte. Dort hat man
freilich nicht Wasserski-Läufer, sondern stille Angler im Fokus. „Die wollen gerne auf den See, weil
sie dort mehr fangen als am Ufer“, erklärt Ruhrverbands-Sprecher Markus Rüdel. Mit einem E-Außenborder soll das bald kein Problem mehr sein.
Übrigens: E-Mobilität gibt’s auf der Ruhr auch als
Hausboot-Erlebnis. Der Mülheimer Verleiher Franke & Tiefenbach verleiht seit Jahren Tretpedal-bewegte „Escargots“, die vor allem flussaufwärts vor
einem Elektromotor mitgeschoben werden. Ein Riesenspaß für Familien–und geübte Trampler-Waden
schaffen es bei der typischen Wochenend-Tour (Fr.
- So.) durchaus bis auf den Baldeneysee.
TOM JOST / THOMAS BOROWSKI
www.felleryachting.de I www.torqeedo.com
www.boesch-boats.ch I www.julika.at
www.gruene-flotte.de
Über Tage – Ruhr
Der Großstadtcowboy im Dienste der Pressefreiheit, Foto: privat/Ruhrbarone
„Wir können nicht aufhören zu schreiben“
Stefan Laurin über die journalistische Internetplattform „Ruhrbarone“
trailer: Herr Laurin, warum gibt es die Ruhrbarone?
Stefan Laurin: Die Ruhrbarone bieten eine sehr
schöne Möglichkeit, Texte zu schreiben und zu veröffentlichen, die woanders nicht erscheinen. Wir
können mit neuen Textformen experimentieren und
viel schneller, als dies in anderen Medien möglich
ist, auf Themen reagieren.
regierung hat, egal zu welcher.
Ja? Nein, das war in den letzten Jahren nicht so.
Die WAZ ist inzwischen sehr kritisch gegenüber dem
Bergbau. Das war vor vielen Jahren noch undenkbar.
Vor kurzem erschienen die Ruhrbarone das zweite Mal auf Papier. Warum?
Manche Geschichten sind so opulent, dass sie sich
Bringen die Ruhrbarone eher ergänzende Texte für das Internet nicht eignen. Das erste Heft ist gut
oder stellen Sie Gegenöffentlichkeit her?
gelaufen. Das zweite wird gerade verkauft. Wir arDer Begriff Gegenöffentlichkeit wäre stark übertrie- beiten nun am dritten. Das Heft „Wir Großstadtcowboys“ ist mit 8,95 Euro für 120
ben. Wir sind nur ein Player in der
journalistischen Landschaft im „Wir haben hier nun mal ein an- Seiten zugegebenermaßen ein
Ruhrgebiet und dazu noch ein sehr deres Publikum als in Frankfurt, hochpreisiges Produkt.
kleiner. Wir sehen uns auch nicht Berlin oder Hamburg. Das Intein der Rolle, gegen die anderen zu resse der Leute hier ist noch sehr Was sind die Ruhrbarone eisein, sind als Blogger nur ein Teil auf ihren Kirchturm beschränkt.” gentlich für Leute?
der Medienszene. Bundesweit ist
Wir sind Journalisten, die ihre
die Bloggerszene weniger Gegenöffentlichkeit denn Arbeit so gern machen, dass wir sogar weiterarTeil der Medienszene.
beiten, wenn wir nicht bezahlt werden. Wir können nicht aufhören zu schreiben. Wir arbeiten anKönnen Sie das Wort Blog dem bislang nicht sonsten für den WDR, für die Welt am Sonntag, für
die Frankfurter Rundschau, für die taz und viele
bloggenden Teil unserer Leser erklären?
Ein Blog ist zunächst einfach eine technische Mög- andere Medien.
lichkeit, Texte im Internet zu veröffentlichen. Die
Beiträge erscheinen in der Reihenfolge der Eingabe. Sind Sie mit der übrigen Presselandschaft im
Der neueste Text steht immer oben.
Ruhrgebiet zufrieden?
Die Beschränkung der Presselandschaft im Ruhrgebiet
Es gibt keinen Chefredakteur und keinen Verlag, hat weniger etwas mit den Medien zu tun als mit den
der Ihnen reinredet?
Leuten, die hier leben. Viele Sachen gehen einfach
Nö.
nicht, weil die Sozialstruktur hier so ist wie sie ist.
Warum nennen Sie sich eigentlich Barone? Sind
Sie adlig? Im Moment ist der Adel ja wieder populär…
Nein, der Name stammt aus dem Jahr 2007 und da
war Adel noch nicht so populär. Als wir uns damals
im Freibeuter in Bochum trafen, fanden wir den Namen originell. Außerdem war die Webadresse noch
frei, das war ja auch wichtig.
Aber Barone berichten in der Regel nicht kritisch
über ihr Herrschaftsgebiet. Sind Sie kritisch?
Natürlich, aber wir sind nicht die einzigen. Die WAZ
zum Beispiel berichtete doch nun sehr kritisch über
die STEAG-Käufe der Stadtwerke.
Es geht aber das Gerücht um, dass die WAZ traditionell immer enge Verbindungen zur Landes-
Die Leute hier sind beschränkt?
So möchte ich das nicht ausdrücken. Aber wir haben
hier nun mal ein anderes Publikum als in Frankfurt,
Berlin oder Hamburg. Das Interesse der Leute hier
ist noch sehr auf ihren Kirchturm beschränkt. Wie
viele Leute fahren von Bochum nach Dortmund ins
Theater? Insofern machen die Ruhrbarone ein Minderheitsprogramm für diejenigen, die sich für die
gesamte Region interessieren. Ein Medium allerdings, das kommerziell erfolgreich sein will, muss
den Hang der Menschen hier zu ihren Kirchtürmen
immer auch berücksichtigen.
Hat das Kulturhauptstadtjahr in der Presselandschaft etwas verändert?
Nein, das war aber auch nicht zu erwarten.
RUHR.2010 war ein Festivaljahr, mehr nicht. Viel9
leicht haben ein paar Menschen nun begriffen, wie
groß das Angebot an kulturellen Einrichtungen hier
ist. Es gibt eine Studie des Regionalverbandes Ruhrgebiet aus den neunziger Jahren, die aufzeigt, dass
das Interesse der Menschen hier an kulturellen Themen eher gering ist. Das hat sich meines Erachtens
so sehr nicht geändert.
Hat sich die Sicht der Welt auf das Ruhrgebiet
geändert? Ich benutze absichtlich das Wort
Welt, um die Frage doppeldeutig zu formulieren.
Sie schreiben ja für die „Welt am Sonntag“.
Die „Welt am Sonntag“ berichtet in ihrer NRWAusgabe seit Jahren intensiv über das Ruhrgebiet.
Es gab und gibt dort viele Autoren, die sich in dieser
Ecke der Republik gut auskennen. Der Chefredakteur
der NRW-Redaktion stammt aus Duisburg. Insgesamt hat das Feuilleton auch der anderen überregionalen Medien im ganzen Land während des Kulturhauptstadtjahres das Ruhrgebiet stärker beachtet.
Ob dies so bleibt, ist aber zweifelhaft.
Wir wurden auch belächelt?
Teilweise schon. Das wurde von den Veranstaltern
aber auch provoziert. Viele Aktionen haben sich mit
den großen Problemen der Region überhaupt nicht
auseinandergesetzt. Ein Projekt wie „Land for Free“,
das dies hätte leisten könne, wurde ja abgesagt.
Da muss man sich nicht wundern, wenn so etwas
von außen als relativ profane Feier wahrgenommen
wird. Wirkliche Probleme der Region, die Leerstände, der demographische Wandel, die teilweise illusionären Hoffnungen, die mit der Kreativwirtschaft
verbunden wurden, sind nicht ernsthaft angegangen worden. Im Gedächtnis bleiben stattdessen das
Stillleben, die Schachtzeichen und die Loveparade.
INTERVIEW: LUTZ DEBUS
Interviewserie „Über Tage“
„Über Tage“ handeln, ohne „unter Tage“ zu vergessen. trailerruhr spricht mit streitbaren Menschen über das Ruhrgebiet.
ZUR PERSON
Der Journalist Stefan Laurin zeichnet verantwortlich für die Internetpräsenz
www.ruhrbarone.de
Foto: privat/Ruhrbarone
Theater Ruhr
Iphigenie (Elisabeth Kopp) am Strand aus Reclamheften. Weit entfernt liegt Griechenland, Foto: Andrea Engelke
Sitzecke mit Priesterin
Der junge griechische Regisseur Sarantos Zervoulakos inszeniert Goethes Iphigenie auf Tauris am Theater Oberhausen
Fünf Schauspieler sitzen auf Couch und Stühlen und blicken ernst drein. Hinter
ihnen haufenweise gelbe Hefte, unschwer als Reclamausgaben zu identifizieren.
Ein weiteres Bühnenbild ist nicht zu erkennen, drei weiße Wände, Requisiten werden von den Büchlein verdeckt, die jeder Schüler kennt, aber nicht notwendigerweise lieben gelernt hat. Das also soll jetzt Tauris sein, die schöne Krim, den Griechen wohlbekannt, doch selten bereist, weil dort immer alle Fremden einen Kopf
kürzer gemacht wurden? Kein Wunder, dass alle so ernst blicken.
Der junge griechische Regisseur Sarantos Zervoulakos inszeniert am Theater Oberhausen Goethes Iphigenie auf Tauris, ein für Abiturjahrgänge gern gespieltes Stück
über Fragen, was, ob und wie man in Konfliktsituation handeln sollte. Eins weiß
der Zuschauer bereits nach ein paar Minuten: Wenn es Reclamhefte regnet, einfach bewegungslos sitzen bleiben, nicht zucken, nichts sagen, einfach nur das
schlichte Gelb genießen. Was dann kommt, kann man mit gutem Gewissen ein
extremes Kammerspiel nennen, denn weder das Mobiliar noch die Schauspieler
werden bis zum glücklichen Ende die Bühne verlassen, sie werden den antiken
Stoff in jambischen Versen quasi als zeitgenössische TV-Gesprächsrunde im
schicken Outfit anbieten, und alle spielen mimisch immer mit, obwohl das im
Reclam anders steht.
Zurück also zur quirligen Iphigenie (Elisabeth Kopp spielt sie gekonnt im knappen
Schwarzen), die auf der Insel mit Hilfe der Göttin Diana eine Zuflucht gefunden
hat vor ihrer blutrünstigen Chaosfamilie in Griechenland. Ihr Vater Agamemnon
wollte sie opfern, um bei den Göttern Wind für seine Überfahrt nach Troja zu erbitten. Eine schöne Idee, doch Iphigenie entkommt. Jeder weiß: Irgendwie hat es der
alte Recke aber doch geschafft übers Mittelmeer zu kommen. Geht doch.
Nun ist sie auf Tauris. Thoas, König der Taurier (Michael Witte) behandelt sie gut,
hat sich in sie verliebt und deswegen auch das alte Gesetz alle Fremden auf dem
Altar der Diana zu opfern, ausgesetzt. Iphigenie geht es also gut, sie kann in den
Tag hinein leben, hier ein paar heilige Rituale, da mal ein paar duftende Blumen
auf die verwaiste Richtbank im Tempelhain, doch sie will einfach nur weg. Steht
also immer am Strand und sinnt über das Meer. Ausgerechnet zurück nach Griechenland zu der Familie und dem Fluch, den die Götter ihrer Sippe auferlegt haben,
weil irgend so ein Halbgott im Stammbaum mal seinen Sohn für die Göttermahlzeit frisch zubereitet hat, weil er deren Allwissenheit testen wollte. Die Geschichte
erzählt die Königstochter in Oberhausen zum Aperitif, quasi auch als Entschuldigung dafür, dass sie den netten Thoas nicht ehelichen will, sie will nach Hause.
„Hat nicht die Göttin, die mich rettete, allein das Recht auf mein geweihtes
Leben?“ Iphigenie sucht verzweifelt und mit allen Mitteln nach Auswegen. Der
König ist sauer, nimmt die Richtbank für zwei gefangen genommene Fremde wieder in Betrieb. Ein bisschen Druck muss sein. Auch Goethe konnte schon prima mit
Frauen umgehen. Bis hierhin hat man sich an Zervoulakos Regie gewöhnt. Seine
Abläufe innerhalb der Figurengruppe sind behutsam, aber nicht langweilig und von
einer szenischen Lesung weit entfernt. Das liegt natürlich auch an den überzeugenden Schauspielern, die den nun entstehenden zusätzlichen Konflikt auch durch
Bewegungsfreude auf der Couch untermalen. Denn die Gefangenen sind Iphigenies Bruder Orest (Martin Hohner) der Muttermörder und sein Freund Pylades
(Michael Golab). Beide wollten die berühmte Statue der Diana klauen, was misslingt. Orest nimmt es mit Todessehnsucht, Pylades mit Fluchtgedanken. Iphigenie
erkennt den Bruder, hört die neuesten Nachrichten aus der Heimat: Troja gefallen,
Vater Agamemnon wegen ihr von der Mutter Klytämnestra getötet, die wieder aus
Rache von Orest. Nun wollen die beiden Burschen fliehen, doch die Priesterin
Iphigenie sieht sich in der heiligen Pflicht, beichtet alles beim König, der nun erst
einmal richtig überredet werden will. Das schafft die geschickte Rhetorikerin.
Thoas haucht noch traurig „Lebet wohl!“ und Schluss ist mit altem Fluch und greller Bühnen-Beleuchtung. Ein gradlinig inszeniertes Schauspiel und eine Hymne
auf das Versmaß sind aus. Ob am glücklichen Ende die zahlreich erschienenen
Jugendlichen wieder mehr Freude an den gelben Heftchen haben werden, wage
ich allerdings stark zu bezweifeln.
PETER ORTMANN
Iphigenie auf Tauris
Fr., 4.3., 19.30 Uhr
Theater Oberhausen
0208 857 81 84
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Das Theater Neumarkt Zürich zu Gast am SCHAUSPIEL ESSEN
Birgit Minichmayr
Sebastian Blomberg
Das Interview
Nach dem Film von Theo van Gogh
und dem Drehbuch von Theodor Holman
Inszenierung: Martin Kušej
Vorstellungen:
2.4.2011, 19:30 Uhr, Grillo-Theater
3.4.2011, 18:00 Uhr, Grillo-Theater
Karten:
T 02 01 81 22-200
[email protected]
www.schauspiel-essen.de
Premiere
Legal, illegal, scheißegal. Manche Kunstform kann eben nur im Untergrund gemacht werden, Foto: Edi Szekely
„Offiziell wird niemand zugeben, dass er in der Öffentlichkeit sprayt“
Das Essener Grillo-Theater wird bei „Headspin Critical Mess“ zum Tummelplatz illegaler Sprayer und Breakdancer
Es waren die illegalen Straßenparties der New Yor- Was wird es denn jetzt? Ein Theaterstück? Eine
ker Jugendlichen, die in den 1970er Jahren einen Choreografie? Eine Performance?
neuen Lebensstil begründeten. Mit Breakdance, Sebastian Zarzutzki: Würde ich alles verneinen.
Rap, DJing und Graffiti war der Hip Hop geboren. Anna K. Becker: Alles ja und alles nein. Die Art von
Doch was für die einen der totale Thrill oder gar Tanz, die Samir Akika inszeniert, ist ja meist immer
eine neue Kunstform im öffentlichen Raum ist, ist als Tanztheater angelegt, weil da auch gesprochen
für andere Ausdruck purer Respektlosigkeit, Ver- und performt wird. Wir haben auch Live-Musiker auf
wahrlosung und Kriminalität.
der Bühne, also könnte es im wei„Also wir versuchen eher
Schauspieler, Tänzer, Rapper und
testen Sinne auch ein Musical sein.
konstruktiv mit diesen SchubSprayer untersuchen in “HeadEs wird getanzt, gespielt, gesproladen von Lebensvorstellungen
chen, es wird gesungen, es wird
spin Critical Mess” das Spanzu jonglieren.”
diskutiert, es werden relativ viele
nungsfeld zwischen Bürgerlichkeit und Protest und begeben sich gemeinsam auf Spiele gespielt, vielleicht wird auch gebastelt und
gemalt. Mit einem Happening würde man jetzt auch
die Suche nach ganz persönlichen Geschichten.
nicht falsch liegen. Performance stimmt ja immer. Wir
trailer: Hip-Hop-Theater in Bochum, in Oberhau- haben Sprayer. Das Spartenübergreifende wird hier
wirklich ausgekostet.
sen, in Dortmund, jetzt auch in Essen?
Anna K. Becker: Es ist tatsächlich ein Trend, der
gerade entdeckt wird. Aber es gibt viele Adaptionen. Was ist mit dem Sprayen, das in seiner UrsprüngManche inszenieren „Romeo und Julia“ mit Hip Hop lichkeit illegal stattfindet? Im Theater kann es nur
oder übernehmen nur den virtuosen Tanzaspekt. Un- legal stattfinden. Ich denke, das muss ja irgendwie
ser Ansatz ist eigentlich ein anderer. Es geht um Hin- eingebunden sein in eine bestimmte Performativitergründe, um Hip-Hop als Kunstform, die kein Alibi tät. Sprayen die auf die Bühne?
im Theater braucht. Auch um die Frage nach der Sub- Samir Akika: Im Theater ist das nicht so einfach. Das
kultur, den künstlerischen Potentialen jenseits ihrer Sprayen dauert, man muss ja warten, bis es trocken
Vermarktung. Weil wir sehr viel mit den Beteiligten ist. Dann sind ja auch noch die Musiker und Tänzer
und ihrer Biografie, also ziemlich dokumentarisch ar- auf der Bühne. Erst bei der Performance wird alles
beiten, ist es etwas anderes als diese Shows, die durch zusammenarbeiten. Offiziell wird niemand zugeben,
Hip Hop angereichert werden. Wir versuchen das real dass er in der Öffentlichkeit sprayt.
Anna K. Becker: Wir haben das momentan noch
auf die Bühne zu stellen.
ein bisschen ausgelagert, weil man es auf der BühNehmen wir mal den Titel. Also „Headspin“, das ne nicht machen kann; oder wenn man es da macht,
kann ich mir vorstellen. „Critical Mess“, da kann dann ist es nicht mehr illegal, denn man besprüht ja
nicht die Theaterwände, ohne gefragt zu haben. Aber
ich mir nichts drunter vorstellen.
Anna K. Becker: Das ist ein Art Wortspiel, abgelei- das ist ein wirklich spannender Punkt. Wir befinden
tet von den Critical Masses. Das sind Bewegungen, uns an diesem sicheren Ort des Theaters und sprechen
ähnlich wie Flashmobs, aber immer mit politischem über Dinge, die eigentlich solche Systeme stören solHintergrund. Mittels moderner, schneller Kommu- len. Fast alles, was wir machen, würde niemand ernst
nikation bringt man viele Menschen an einen Ort, nehmen, sondern als Theater begreifen. Es sei denn,
um zu protestieren, auch um sich als Gruppe, und wir versuchen Drogen zu verkaufen. Das wird eine unwo- gegen man ist, sichtbar zu machen. Wir haben serer Zündstellen sein, dass man sich fragt, wer kann
jetzt die mess, also die Unordnung, das Chaos dazu denn was wo, ohne dass man banal kriminell wird.
genommen, und den „Headspin“, diese berühmte Figur aus dem Hip-Hop. Im Graffiti gibt es auch eine Die Produktion firmiert nicht unter dem SchlagKultur des Cross, das heißt man crossed das Tag von wort Jugendtheater?
jemand anders, indem man über den Schriftzug malt Nein.
oder ihn durchstreicht und so zeigt, dass man den
nicht gut findet. Wir haben quasi unseren eigenen Und was soll das Abo-Theaterpublikum da lernen?
Titel durchgestrichen, kritisch gecrosst mit der Fra- Anna K. Becker: Also in Samirs und meiner Arbeit
ge nach dem Mainstream. Der Begriff Headspin ist ist nichts, was die Leute so dringend lernen sollen, so
schon fast ein Klischee und insofern eine Beleidi- aufklärerisch verstehen wir uns gar nicht. Wir ermöggung für alle Leute, die sich schon so lange damit lichen Kontakte und regen zum Nachdenken an. Wofür und wogegen war ich und bin ich jetzt? Habe ich
auseinandersetzen.
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früher selber Häuser besetzt, und jetzt wohne ich in
der noblen Gegend? Ist auch in Ordnung, darf man ja.
Auch gleichzeitig freie Szene machen und Golf spielen. Also wir versuchen eher konstruktiv mit diesen
Schubladen von Lebensvorstellungen zu jonglieren.
Auch um die einzige Antwort zu finden, die wir schon
kennen: Man kommt den Dingen nicht bei mit diesen
Schubladen. Aber es gibt zum Glück die, die immer
daneben stehen. Es gibt dieses Dreieck zwischen dem
Markt, der Subkultur an sich und den Potenzialen, die
die Welt verändern können.
Wo bleibt das Geldverdienen?
Sebastian Zarzutzki: Vermarktung ist in jedem Fall
ein großes Thema. Dass Jugendkulturen vereinnahmt werden, dass bestimmte Modetrends gesetzt und
verkauft werden, die ganze Musikindustrie will verdienen.
Anna K. Becker: Es gibt immer dieses Problem, dass
die Subkultur, die Avantgarde irgendwann vereinnahmt wird von denen, die was vermarkten wollen.
Spätestens dann kommt die nächste Generation, die
sagt, das ist ja alles Kommerz, nur ich bin richtig Untergrund, denn wer richtig Untergrund sein will, der
kann eigentlich nicht richtig die Kasse klingeln lassen.
Bei den Graffitikünstlern beginnt das Problem schon
bei Kunstpreisen. Wer soll die denn abholen, wenn
man sich nicht enttarnen will. Also Untergrund oder
berühmt werden.
INTERVIEW: PETER ORTMANN
Headspin Critical Mess I Sa, 26.3., 19.30 Uhr (Uraufführung) I Grillo-Theater, Essen I 0201-8122200
ZUR PERSON
Anna K. Becker studierte in Gießen Angewandte Theaterwissenschaften. Sie arbeitet
als freie Regisseurin und Dramaturgin in
Deutschland und in der Schweiz.
Samir Akika, Tanzstudium an der Essener
Folkwang, erhielt den Kurt-Jooss-Förderpreis
und wurde von Pina Bausch 2001 für das
Förderprogramm des Hansischen GoethePreises nominiert.
Sebastian Zarzutzki ist freier Regisseur und
Theaterautor. Nach seinem Studium der
Musik- und Theaterwissenschaften in Köln
war er als Regieassistent am Rheinischen
Landestheater Neuss und am Staatstheater
Mainz tätig.
Fotos: Theater Essen
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ĽTHEATER AM MARIENTOR
Ľ
12.03.2011
VOLKER PISPERS
20:00 Uhr
„Bis neulich“ (aktualisierte Fassung)
26.03.2011
22. DUISBURGER TANZTAGE
15:00 Uhr
19:00 Uhr
Vorfinale Kids & Teens
Vorfinale Adults
27.03.2011
22. DUISBURGER TANZTAGE
17:00 Uhr
Finale
20.05.2011
MANFRED LEUCHTER & IAN MELROSE
20:00 Uhr
Akustikduo
„World Accordion meets Fingerstyle Guitar“
28.05.2011
SALUT SALON – UM ALLES IN DER WELT
20:00 Uhr
Konzert „Um alles in der Welt“
01.06.2011
MIKE & THE MECHANICS
20:00 Uhr
„Hit The Road“ Tour 2011
Tickets bei allen bekannten VVK-Stellen oder unter www.duisburgticket.de erhältlich.
Plessingstr. 20 | 47051 Duisburg | www.theater-am-marientor.de
Mercatorhalle Duisburg
Aktuelle Highlights
( 13.03.2011 )
7. KAMMERKONZERT
Werke von Franz Schubert
( 22.03.2011 )
ZWISCHEN KONZERT UND SINFONIE
12:00 UHR
Öffentliche Probe zum 8. Philharmonischen Konzert
( 23.03.2011 +
24.03.2011 )
8. PHILHARMONISCHES KONZERT
„Zwischen Konzert und Sinfonie“
Werke von Elgar und Brahms
20:00 UHR
( 25.03.2011 )
THE TEN TENORS
20:00 UHR
( 09.04.2011 )
TOCCATA 4
16:00 UHR
Orgelmusik am Samstagnachmittag (Eintritt: € 6,-)
( 10.04.2011 )
8. KAMMERKONZERT
mit Werken von Robert Schumann
( 12.04.2011 )
UNTERWEGS IN FERNEN WELTEN
12:00 Uhr
Öffentliche Probe zum 9. Philharmonischen Konzert
( 13.04.2011 +
14.04.2011 )
9. PHILHARMONISCHES KONZERT
20:00 UHR
„Unterwegs in fernen Welten“; Werke von Mozart,
Chen, Holst mit dem philharmonischen chor duisburg
19:00 UHR
19:00 UHR
A A LTO -T H EATE R
Romeo & Julia Oper von Vincenzo Bellini
I C apuleti e i Montecchi
(konzertante Aufführung in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln)
Musikalische Leitung Stefan Soltesz
Choreinstudierung Alexander Eberle
Tickets bei allen bekannten VVK-Stellen
& unter www.duisburgticket.de erhältlich.
Service-Telefon: 0203.39306-306 (Ansage)
König-Heinrich-Platz
47051 Duisburg
www.mercatorhalle.de
Premiere 6. März 2011
Weitere Vorstellungen 9., 11., 19., 22., 24. März; 1., 3., 6. Juli 2011
Karten T 02 01 81 22-200
[email protected] www.theater-essen.de
Theater Ruhr
Geschlossene Gesellschaft, Foto: Birgit Hupfeld
heimat unter erde, Foto: Birgit Hupfeld
„Der Heilige Paulus“ Foto: WLT Castrop-Rauxel
Ewige Pein ohne Gewalt
Ein pechschwarzer Ort
Ein Fundamentalist
Die Hölle auf Erden ist ein steinernes Gewölbe an
der Bochumer Rottstraße. Doch es ist auch der
tatsächliche Ort der theatralischen Verdammnis.
Dorthin schickt Jean-Paul Sartre in „Geschlossene
Gesellschaft“ seine drei Sünder zur ewigen Folter. Doch erster Eindruck: So schlimm ist es ja gar
nicht. Sitzgruppe, Kerzen, rotes Schummerlicht.
Ein sehr freundlicher Kellner im Frack. Nix also
mit Fegefeuer, Streckbank, Höllenhunde. Für die
drei Insassen erst einmal beruhigend. Doch diese
Erfahrung ist extrem trügerisch.
Oliver Paolo Thomas hat das eigentlich sehr einfach gestrickte Sartre-Stück für das RottstraßenTheater inszeniert. Ohne viel Brimborium. Mit
ausgezeichneten Schauspielern und dem Gespür
für die schonungslose Kriegs-Psychologie hinter den Zeilen. Erster Proband im Höllencamp ist
der Journalist Garcin (Jost Grix), der den Laden
„durchschaut“, den lächelnden Kellner in Diskussionen verwickelt, er weiß warum er da ist, der
Pseudo-Revoluzzer weiß, wovon er redet, seine
Leichen sind schlichte Feigheit im entscheidenden
Moment und eine misshandelte Frau. Die schlaue
lesbische Inés (Karin Moog) stößt dazu. Ihre Freundin hat sich und sie vergiftet, nachdem der verstoßene Cousin von einer Straßenbahn überrollt
wurde. Garcin und Inés tragen die ersten Platzhirschkämpfe aus, können sich noch arrangieren,
bis die reiche und schöne Estelle (Sonja Baum) das
infernalische Trio komplettiert. Auch sie ist natürlich falsch in der Hölle. Was hat sie auch schon
getan, Kindsmord und den Geliebten in den Tod
getrieben. Pah.
Alle versuchen erst einmal Fronten zu errichten
gegen die anderen, dann Koalitionen zu bilden
fürs eigene Wohlbefinden. Doch immer bleibt
die Konstellation zwei gegen einen auf die Dauer
lähmend, aufreibend, verletzend. Thomas gelingt
dafür eine gekonnte Choreografie auf der überaus
schmalen Fläche mit einer eisernen Tür ins Nirgendwo. „Der Folterknecht ist jeder von uns für
die beiden anderen“. Mit dieser Erkenntnis beginnt der Weg in die ewige Verdammnis. Kein Essen, kein Schlaf, Resignation und Stereotype sind
schlimmer als die Streckbank. Selbst die plötzlich
offen stehende Stahltür entzündet da keine Hoffnungsschimmer mehr.
Als die jungen Rapper aus der Nordstadt zu Beginn
von ihrem Stadtteil sangen, konnte noch niemand
wissen, dass die Dortmunder Tiefenbohrung „Heimat unter Erde“ ihre eigentlichen Reize doch eher in
der Vergangenheitsbewältigung suchte. Wenn erst
einmal die drei ehemaligen Steiger der Zeche von
der „guten, alten“ Zechenzeit berichten, dann ist die
letzte Spur vom Strukturwandel verweht, Nostalgie
treibt Freudentränen in die Augen, dass Migration
und die heutigen Probleme mit der vierten Gastarbeitergeneration erst durch ein Anwerbeabkommen
zwischen Deutschland und der Türkei vor 50 Jahren
angekurbelt wurden – das bleibt Ursache, hat aber
für den Reigen auf der Bühne keine unmittelbare
Wirkung. Regisseur Stefan Nolte hat am Theater
Dortmund zur bebilderten Heimatkunde geladen.
Das theatralische Rückgrat hingegen liefert Hugo
von Hofmannsthal mit dramatischen Textpassagen
aus „Das Bergwerk zu Falun“.
Immenser Arbeitskräftemangel in den deutschen
1960er Jahren trieb die jungen Türken ins Ruhrgebiet, hier gab es Ausbildung, Brot und Job und
natürlich auch Mädchen. Ali Baykurt, gespielt vom
jungen Schauspieler Orhan Müstak kam aus Anatolien nach Dortmund. Er wird 1964 Berglehrling in
Dortmund und lernt bei seiner ersten Begegnung
mit der fremden Kultur gleich Anna (Caroline Hanke), die Tochter des Betriebsführers, kennen. Sie
verlieben sich und diese Liebe zieht sich wie ein
roter Faden durch die Plattformen der Inszenierung,
in der neben Rap auch der Bergmannschor „Harmonie“ der Zeche Victoria seinen Platz findet. Im Auf
und Ab der Bühnenmotorik, zwischen Über- und
Unterwelt treibt auch der einst verschüttete Berggeist Maciek (Ekkehard Freye) die Sozialisierung der
neuen Kumpel voran. Die Motive aus Hofmannsthals Bergbaudrama werden geschickt mit echten
Biografien verknüpft. Hölzern und ziemlich nervös
erzählt Arif Sarıkaya seine Geschichte am Mikrophon. Zusammen mit seinen alten Kumpeln Peter
Thill und Max Rehfeld sorgen sie für eine Authentizität, der man sich kaum entziehen kann. Arif ist im
Prinzip Ali, Arif heiratet in Deutschland, Ari schafft
es bis zum Steiger und bleibt in Deutschland. Seine
Enkel werden am Ende noch einmal von diesem goldenen Ort rappen: „Hier fühl ich mich zu Haus, auch
wenn ich nur ein Fremder bin“.
Das Leben eines Heiligen ist definitiv kein Dauerbrenner auf deutschen Bühnen, da wird schon
eher dem Atheismus gehuldigt. Aber ein Bedürfnis nach Religion, oder besser nach Spiritualität,
scheint die Menschen umzutreiben, sonst gäbe es
keinen Markt für Engeltarotkarten. Das entlegene
Castrop-Rauxel scheint die Zeichen der Zeit zu erkennen, ohne daraus eine biedere Religionsstunde
zu machen. Ein Klaus-Kinski-Spektakel ist es aber
auch nicht. Der Abend ist inspiriert von dem niemals realisierten Filmprojekt Pierre Paolo Pasolinis, der bereits mit dem kontroversen Film „ Das 1.
Evangelium-Matthäus“ die Welt des tiefen Glaubens bebildert hat. Religiösität wird bei Tankred
Schleinschock aufgefächert zu einem Spektrum
aus Mystik, Ritual, Spieltrieb, Wahn und bedingungsloser Liebe. Bereits die erste Szene versetzt
in weihevolle, um nicht zu sagen weihrauchvolle
Atmosphäre: Dunkelheit, ein Choral, dazu Kerzenlicht. Eine Stimmung, die sich wie ein roter Faden
durchzieht, dennoch oft gekonnt gebrochen wird.
Pastor Hanns Kessler liest mit samtener Stimme
die Paulusbriefe. Dieses Fest des Pathos gerät allerdings nicht schwülstig, zu einfallsreich sind da
die eingebauten Querverweise, etwa die Schergen
der etablierten Gläubigen als Momos Graue Männer. Ein paar Slapstickeinlagen weniger hätten es
aber sein dürfen.
Gezeigt wird nicht einfach eine Biografie, sondern
der Held tastet sich vor zu den Tiefen der Religion.
Paulus, fesselnd gespielt von Andreas Kunz, ist ein
Getriebener. Auf diesem Weg werden ihm Gefährten an die Seite gestellt: der umtriebige Titus, der
Gelehrte Barnabas, seine Schwester. Diese hebt
zwar die Frauenquote, die frauenfeindliche Haltung des biblisch-historischen Paulus wird aber
nicht zum Thema. Dafür wird bei religiösem Eifer genauer hingesehen. Denn der spätere Heilige
ist ein Besessener, ein Fanatiker, ein Fundamentalist – jeder Kompromiss undenkbar. Klug wird
so eine Parallele zum Hier und Jetzt hergestellt.
Insgesamt bleiben die angepriesenen Bezüge zur
Moderne Bruchstücke: durchaus erkennbar, wenn
man sie sehen möchte, unsichtbar, wenn der Blick
auf Anderem ruht, fast drei Stunden Spielzeit fordernd. Eine weniger wäre tatsächlich eine Erlösung gewesen.
„Geschlossene Gesellschaft“ I Fr 11. 3., 19:30 Uhr
Rottstr. 5 Theater, Bochum I 0163 761 50 71
„heimat unter erde“ - memleket topragιn altιnda
So, 6.3., 18 Uhr I Schauspielhaus Dortmund
0231 502 72 22
„Geschlossene Gesellschaft“ in Bochum
PETER ORTMANN
„heimat unter erde“ – Heimatkunde für Ruhries
PETER ORTMANN
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„Der Heilige Paulus“ im WLT Castrop-Rauxel
ANNA SCHIFF
„Der Heilige Paulus“ I 16. bis 22.5., 20 Uhr I WLT
Castrop-Rauxel I 02305 97 80 20
LIEBE KANN MAN NICHT SPIELEN
KASIMIR
UND KAROLINE
VON ÖDÖN VON HORVÁTH
REGIE: LISA NIELEBOCK
PREMIERE: 19.2.11
KARTEN: 0234 / 33 33 55 55 WWW.SCHAUSPIELHAUSBOCHUM.DE
Theater Ruhr
Closer than ever, Foto: MIR Gelsenkirchen
Choke, Foto: Diana Küster
MacBeth, Foto: Uwe Stratmann
Liederreigen der Yuppies
Zusammenhalt in der Not
Marionetten der Macht
Das Leben ist kein Wunschkonzert. Nach der
Euphorie der Jugendjahre wartet es im fortgeschrittenen Alter mit allerlei Unbill auf. Aber:
„Irgendwo gibt es immer eine Tür ...“ - und
dahinter stecken auch neue Chancen. Die Botschaft des Stücks ist bewusst allgemein gehalten, schließlich soll sich in „Frau 1“, „Frau 2“,
„Mann 1“ und „Mann 2“ möglichst das ganze
Publikum wiedererkennen, sofern es sich mit
den Problemen New Yorker Yuppies überhaupt
identifizieren kann. Eine zusammenhängende
Geschichte wird in „Closer Than Ever“, einer
Off-Broadway-Revue von 1989, nicht erzählt.
Die insgesamt 23 Songs von Komponist David
Shire und Texter Richard Maltby sind als Einzelepisoden nur lose miteinander verknüpft, gesprochene Zwischendialoge gibt es überhaupt
nicht. Trotzdem hat das Musiktheater im Revier den bunten Liederreigen in der Kategorie
„Musical“ auf den Spielplan gesetzt. Das weckt
mehr Erwartungen, als erfüllt werden können.
Obwohl kein Einsatz gescheut wird, das als richtige Inszenierung auf die Bühne bringen.
Mit überschaubarem Aufwand bei beachtlicher
Wirkung rückt ein junges Team um Regisseur
Carsten Kirchmeier die Revue ins allerbeste
Licht. Auch die Darsteller glänzen mit großem Einsatz und guter Gesangsperformance.
Allein das einst preisgekrönte Stück ist mittlerweile reichlich kalter Kaffee. Die Nummern
um heiratswillige Frauen, die angesichts ihrer
bindungsscheuen Partner endlich ihr Selbstbewusstsein entdecken, und um Jungdynamiker,
die sich für ihren Erfolg auch im Fitnessstudio
abrackern, sind in ihrer Klischeehaftigkeit nur
noch mäßig komisch und wirken abgenutzt.
Daran kann die beste Präsentation nichts ändern. Neben den guten Sängern sind mit Patricia Martin am Klavier und Günter Jackowiak am
Kontrabass auch tolle Instrumentalisten zu erleben, die der finessenreich komponierten, aber
oft allzu glatten Musik feine Nuancen entlocken. Dem heiteren Reigen um junge Ehe, kleine Kinder und Karriere folgt übrigens der große
Katzenjammer. Die Ehen werden nun geschieden, die Männer sterben, und überhaupt ist der
Lack endgültig ab. Aber, es gibt ja immer noch
„irgendwo eine Tür ...“ Wenigstens das.
Mit Choke wird sich an ein sensibles und angesichts des demographischen Wandels bedeutendes Thema herangewagt: Was tun, wenn ein
Elternteil nicht mehr alleine kann? Das Stück der
kanadischen Autorin Cathleen Rootsaert handelt
von den Brüdern Dylan und Greg, die beide nicht
der Pubertät entwachsen sind. Aber während
Greg einer geregelten Beschäftigung nachgeht,
auch wenn es „nur“ ein Job im Supermarkt ist,
versumpft Dylan vollends im Peter-Pan-Syndrom,
wohnt kiffend und zockend immer noch bei
Mama. Diese drückt da liebevoll beide Augen ganz
fest zu. Warum diese Kindmänner sich weigern,
erwachsen zu werden, bleibt im Unklaren. Als die
Mutter einen Schlaganfall erleidet, wandeln sich
die Rollen. Dylan, geplagt von Schuldgefühlen,
weil er seine Mutter so spät gefunden hat, zieht
das Supermario T-Shirt aus und das verantwortungsbewusste Karohemd an. Allerdings flüchtet
er in eine Traumwelt, die seine Internetfreundin
Mae-Li bewohnt, die immer wieder in Alltagsfluchtszenen auftaucht. Durch die E-Mail-Korrespondenz erfährt man von seinem Innenleben und
vom früh verstorbenen Vater, was eine Psychologisierung aufmacht, die so nicht aufgeht. Greg
hingegen reagiert schroff und zynisch auf seine
Überforderung.
Seine Egozentrik wird fast schon ins Absurde gesteigert, als er das Geld seiner Mutter, vorgesehen für einen Platz im betreuten Wohnen, dazu
benutzt eine Kneipe zu kaufen. Weshalb dieser
verlorene Sohn so missraten sein soll? Man weiß
es nicht. Braucht man auch nicht. Zum Schluss
löst sich alles wie von Zauberhand in absolutes
Wohlgefallen auf. Zwar gelingt der Inszenierung
(Elina Finkel) mit der Darstellung des geistigen
Niemandslandes der Mutter als Walzer mit einem
zum Leben erwachten Plüschaffen ein poetischer
Moment. Insgesamt wirkt der Abend allerdings
hölzern und schablonenhaft. Die eingestreute
Komik kann die knapp zwei Stunden nicht auflockern, sondern erinnert unangenehm an Vorabendserien. Trotz der Partnerschaft des Essener
Schauspiels mit der städtischen Gesellschaft für
Soziale Dienstleistungen, die mit diesem Stück
begann, gelingt der Versuch, Kunst und soziale
Wirklichkeit glaubhaft miteinander zu verbinden,
leider nicht.
Die Welt von Heerführer McBeth ist allzeit geschützt durch einen Körperscanner. Obwohl das
Piepen niemanden zu interessieren scheint. Egal
wer die zentral auf der Bühne stehende rollende
Tür durchschreitet – es piept. Unbewaffnet ist also
niemand in der interessanten McBeth-Version von
Claudia Bauer am Wuppertaler Schauspielhaus.
Auch Shakespeare hätte bestimmt seine Freude an
dieser abgedrehten Inszenierung gehabt.
Es geht um den „großen Mord“, um Karriere als
universelle Lebensform, auch wenn der zu Beglückende gar nicht will, oder zumindest nicht danach
drängt. Doch die schicke Lady McBeth (Sophie Basse) weiß, was sie will. Schon beim Entree, bei dem
das ungleiche Paar die Zuschauer per Handschlag
begrüßt, moderiert sie offen ihre neureichen Ziele
ins Mikro. Das wird schneller gehen als sie denkt,
im Hintergrund lauern schon die Hexen im Nebel. Daniel Breitfelder, Sebastian Stert und Marco Wohlwend spielen sie als Ausgeburten eines
Horrorfilms, mit langen, verdreckten Perücken, in
zerrissenen Strumpfhosen und in einem Interieur
aus Müllresten, Puppengliedern und Dreck. Dazu
spielen die drei alle anderen Rollen und allein die
Kostümwechsel sind eine lustvolle Angelegenheit.
Claudia Bauer hinterfragt in ihrer Inszenierung mit
schöner Choreografie und Personenführung auch
die Wirkung von Fremdsteuerung hoher Persönlichkeiten, die, ohne das sie wollen, nach kurzer
Zeit in einen unaufhaltbaren Strudel von Macht
und Gier nach Geltung gezogen werden. McBeth
wird dabei eigentlich nur zur Projektionsfläche der
Träume seiner Gattin. „Sitting on the top of the
world“, der alte Bob Wills Countryschinken, wird
zum Running-Song quer durch den Klassiker, in
dem natürlich blutig gemordet, elysisch gehaucht
und eklig mit Erde rumgeschmiert wird.
Doch zuviel Trash führt irgendwann zu überreizter
Aufmerksamkeit, selbst wenn die Transformation
vom treuen Heerführer zum recht dilettantischen
Königsmörder nur über typische Partnerschaftsstreitereien gelingen will, die heute gern vor den
Flachbildschirmen der Nation konsumiert werden.
Als Gegenentwurf hängt ein oller Ölschinken auf
der Bühne, der die Landschaft außerhalb des Hexenkessels zeigt, mit dem Wald, der eben immer
wieder seit Shakespeares Uraufführung zu McBeths Untergang führt.
„Closer Than Ever” I 4.3., 20 Uhr
MiR, Gelsenkirchen I Kleines Haus I 0209 409 72 00
„Choke” I 3.3., 19 Uhr I Casa Essen
0201 812 22 00
„McBeth” I Do 10.3., 20 Uhr I Kleines Schauspielhaus Wuppertal I 0202 569 44 44
„Closer Than Ever“ im MiR
KARSTEN MARK
Erstaufführung von „Choke“ in der Casa Essen Ein sehenswerter McBeth
ANNA SCHIFF
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Theater Ruhr
Tanz in NRW
„Die unsichtbare Hand“, Foto: Christian Nielinger
„Stau“ von Anouk van Dijk, Foto: Jerry Remkes
Koloraturen der Banker
Pina for ever
Die Krise ist vorbei und alle warten auf ihr Eintreffen. Das Moerser Theater macht sich einen polemischen Gedanken zur Lage, indem es die übliche Bankerlyrik mit einer Formulierung von Adam Smith in Bezug setzt.
In seinem Buch „Der Wohlstand der Nationen“ hatte der Begründer der
Nationalökonomie „die unsichtbare Hand“ als selbstregulierenden Mechanismus beschrieben, der die Unterschiede zwischen ökonomischen
und sozialen Ansprüchen, zwischen Eigennutz und Gemeinwohl austariert. Die Finanzkrise wirft die Frage auf, wie es um die durchgreifende
Wirkung der „unsichtbaren Hand“ heute eigentlich bestellt ist.
In den vier Ecken der Theaterhalle in Moers ist jeweils ein Zelt aus rotem
Samt auf-gebaut. Wie die Feldherren schreiten die Alphatiere auf einem
Wegekreuz in die Mitte des Raumes, bereit zur Schlacht um den willigen
Aktionär. Man trägt Grau und ist doch irgendwie derangiert, falsche geknöpfte Hose hier, zu hohe Absätze dort. Die Sätze sind durchweg O-Töne
aus dem Mund von Bank-Leitwölfen wie Josef, Ackermann, Lloyd Blankfein, Richard Fuld oder Henry Paulson. Es fliegen ein paar Wurstscheiben
ins Publikum: Krumen vom Tisch des Großkapitals. Eine Darstellerin befragt flüsternd aufgehängte weiße Hemden mit Krawatte. Ein wütender
Investmentbanker fühlt sich während der Krise von seinen Mitmenschen
behandelt wie ein Pädophiler. Dann werden die Koloraturen der leitenden
Damen und Herren plötzlich martialisch: Vom Herz ausreißen oder vom
Zerquetschen des Rivalen ist die Rede. „Und was sagt die unsichtbare
Hand dazu“, lautet plötzlich die Frage. Alle blicken auf den Boden, doch
nichts tut sich. Dafür wird die Krise als Naturkatastrophe behauptet, die
die Schauspieler herumwirbelt samt ihren Umzugskartons. Eine Darstellerin muss nach der Krise mit dem Bohrer operiert werden, die Scheiße
eines Bankers wird von allen gemeinsam verspeist und ans Publikum verteilt.
Der Moerser Abend ist nicht frei von Hilflosigkeit. Die Kunst singt die
Arien der Finanzwirtschaft nach und zeigt mit ausgestrecktem Finger
auf deren Oberflächlichkeit und Lügen, überbietet sie mit Drastik oder
Sarkasmus – und kommt ihr trotzdem nicht wirklich bei. Natürlich ist
ein Satz wie „Die soziale Verantwortung der Bank ist es, Gewinne zu maximieren“ eine Idiotie. Die „ökonomische Geisterbeschwörung“, wie der
Abend im Untertitel heißt, geht aber gerade nicht auf die Fiktionalität
des finanzkapitalistischen Handelns, wie sie der Literaturwissenschaftler
Joseph Vogl kürzlich analysiert hat, ein. Wo alles auf Erwartungen und
virtuellen Werten basiert, kann von einer Rationalität der Ökonomie nicht
die Rede sein. Am Ende berichtet ein Mann vom Besuch bei Prostituierten
und verschaltet ihn mit Abkürzungen für Finanzprodukte. Josef Ackermann darf sich als Gipfelstürmer und Extremsportler beweisen. Schließlich singt Reverend Billy und seine „Church of Life after Shopping“ sein
Hohelied auf den Konsumverzicht –als Glaubensinhalt. Jeder beschwört
eben die Geister, die ihm am genehmsten erscheinen.
Von Klaus Keil
Geschockt sei er gewesen und zu Tränen gerührt, so erzählt Wim Wenders, als
er erstmals in den achtziger Jahren das Tanztheater von Pina Bausch erlebt
hat. Besonders das Tanzstück „Café Müller“, in dem Pina bis zu ihrem Tod 2009
immer wieder getanzt hat, habe ihn sehr erschüttert. Wie ihm ist es damals
vielen gegangen. Man fühlte sich von der Ambivalenz der Gefühle, die ihre
Bilder auslösten, regelrecht überwältigt.
In seinem dokumentarischen Film „Pina“, der bei der Berlinale uraufgeführt
wurde und seit einer Woche in den deutschen Kinos läuft, bringt Wenders
auch das in Erinnerung. Das Bausch-Zitat im Filmtitel „tanzt, tanzt, sonst sind
wir verloren“, klingt wie ein Vermächtnis, das Pina, wie sie viele liebevoll nennen, der Nachwelt hinterlassen hat. Deshalb will der Film sie auch nicht als
Erfinderin einer neuen Kunstform vorstellen, sondern lässt die Tänzer über ihre
Arbeit mit Pina erzählen. Dazu werden Tanzszenen gezeigt, die im Freien gedreht wurden. Sind damit schon die Gren„Die Ambivalenz der Bilder
zen zwischen dem Tanz und der Realität
überwältigt.”
überschritten, so werden mit dem 3-DVerfahren auch die räumlichen Grenzen
erweitert. Und inhaltlich hatte Pina Bausch ohnehin längst die Begrenzung des
Bühnenraums aufgehoben, indem sie die Probleme der Menschen, ihre Sehnsüchte und Ängste auf die Bühne gebracht hat. In ihren Stücken haben sich die
Menschen wiedererkannt: liebend, leidenschaftlich, zärtlich, gewalttätig. Menschen wie sie sind, nicht wie sie in einer normierten Gesellschaft sein sollen.
Den Film wollten Pina und Wim Wenders gemeinsam drehen. Dann starb sie
und Wenders wollte aufhören. Doch die Tänzer drängten ihn, weiter zu machen.
Wie gut, denn der 100-minütige Film ist zum beeindruckenden Dokument einer
Kunstform geworden.
„Mich hat Bewegung als solche vorher nie berührt“, sagt Wim Wenders, „ich
habe die immer als gegeben vorausgesetzt. Man bewegt sich eben. Alles bewegt sich. Erst durch Pinas Tanztheater habe ich auf Bewegungen, Gesten,
Haltungen, Gebärden, Körpersprache achten gelernt. Und diese dadurch erst
achten gelernt“.
„Die unsichtbare Hand“ am Schlosstheater Moers
HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN
„Die unsichtbare Hand“
R: Ulrich Greb
Schlosstheater Moers
4., 12.3. I 19.30 Uhr
„tanzt, tanzt, sonst sind wir verloren“
Grenzen überschreiten
Eine andere Choreografin, die die traditionellen Grenzen des Theaters aufbricht und die Begrenzung des Bühnenraums mit in ihre Tanzstücke einplant, ist Anouk van Dijk. In ihrem Tanzstück „Stau“, das vom 10. bis 12.
März in der Halle Kalk in Köln aufgeführt wird, geht sie sogar noch einen
Schritt weiter. Sie sucht nach einer neuen Form der Beziehung zwischen
Darsteller und Publikum. Das anfangs begrenzte Bühnenquadrat dehnt und
weitet sich zu einem grenzenlosen Raum, in dem sich mit dem Stück auch
die Beziehung zum Zuschauer verändert. Spielerisch,
humorvoll, bewegend, theatral entwickelt sich die physische Nähe in „Stau“ zu emotionaler Intimität. Solche
Nähe zuzulassen, ist nicht jedermanns Sache. Bei Anouk
van Dijk wird anders inszeniert und anders getanzt als
bei Pina Bausch. Doch die emotionalen Erfahrungen, die
man als Zuschauer macht, sind ähnlich. Es ist seltsam,
Klaus Keil ist Journaso die Tanzkritik, dass wir Menschen für diese Erfahrung
list, Tanzkritiker und
eine Tanzaufführung brauchen.
Hochschuldozent
„Stau“ I Do. 10.3. - Sa. 12.3., je 20 Uhr I Halle Kalk Köln
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Highlights MÄRZ
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Sa. 05.03. 2
Fr. 11.03. 3
Sa. 12.03. 4
Do. 17.03. 5
Fr. 18.03. 6
Fr. 04.03.
2
Sa. 19.03.
3
So. 20.03.
Fr. 25.03.
Mi. 25.03.
4
Sa. 26.03.
Sa./So.
26./27.03.
Vorschau:
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„Akademie der Sehnsucht“
Obel „Alles rund - Obel earth“
Bardowicks „Mann mit Eiern“
Cabaret Queue Holger Paetz „Gott hatte genug Zeit“
Schwerte
Rohrmeisterei Wilfried Schmickler „Weiter“
Cabaret Queue Thomas Koch + KSK Koch liest Ghostwriter - ein Mann liest zurück
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Cabaret Queue Der Telök „Das Schnuckiputz Inferno“
Cabaret Queue Reiner Kröhnert „Das Jesus Comeback - oder sind wir noch Papst?“ 8
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Cabaret Queue Emmi & Herr Willnowsky „Forever alive“
Schwerte
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Rohrmeisterei Matze Knop
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Cabaret Queue Andrea Badey PREMIERE: „Wer mit sich selbst fremd geht…“
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PZ-Hombruch Herbert Knebels Affentheater
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01./02.04. Ape/Feuerstein; 04.04. Fatih Cevikkollu; 08./09.04. Simone Fleck; 15./16.04. Premiere
Hubert Burghardt; 22.-25.04 Lioba Albus; ab 29.04. bis 17.06. Dinner Attacke am Freitag;
06.05. WDR2-Lachen live; 14.05. Sabine Wiegand
CabaretQueue
jeden Mittwoch CabaretQueue
jeden Donnerstag CabaretQueue
Tango Salon mit DJ Topolino
Dinner Attacke Italienisches Buffet mit Überraschungskünstler
Thirty Wonderland die Ü-30-Party
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Klassik in NRW
Moderner Wintergarten für Bach, Foto: Jens van Zoest
Glas, Stahl und Beton
Bachs „Kunst der Fuge“ als Video
Von Olaf Weiden
Mit Weichzeichner und rundlicher Beschaulichkeit lässt es sich im Gegensatz zur Architektur des Barock den architektonischen Machenschaften in
der Musik eines Johann Sebastian Bachs nicht nahe kommen. Doppelung
der Eindrücke, wie verschiedene Konzertreihen in NRW durch Musikdarbietung „Kamerafahrten wirken wie
in historisch passendem Ambiente ver- Einblicke in ein Mausoleum“
mitteln wollen, führen oft zu intensiven
Erlebnissen für Auge und Ohr. Noch extremer greifen natürlich Versuche,
sinfonische Musik mit filmischem Material zu bebildern, Brahms mit blühenden Landschaften, eine Alpensinfonie von Richard Strauss mit mächtigen Felsmassiven oder „Die Moldau“ mit sprudelndem Quellwasser: Alle
diese Anstrengungen und optischen Verführungen liefern der Musik programmatische Inhalte, die sie so konkret nie eingefordert hat.
„Die Kunst der Fuge“ bleibt wohl immer ein magisches Werk für die Künstler der Alten Musik, viele Rätsel heften sich an diese späte Sammlung,
deren letzte Fuge die Buchstaben B-A-C-H haucht und dann abreißt: ein
Opus ultimum. Im Jahre 2007 machte sich das Spezial-Ensemble „Musica
Antiqua Köln“, das sich bereits 2006 offiziell als aufgelöst gemeldet hatte,
posthum auf, um ein besonderes Experiment – dreißig Jahre waren die
Musiker unter der Führung Reinhard Goebels keiner Herausforderung aus
dem Weg gegangen und hatten revolutionäre Interpretationen abgeliefert – ebenfalls als „Opus ultimum“ einzuspielen. „Die Kunst der Fuge“ als
Filmkonzert ohne Publikum, mathematisch geprägte Musik in einer sachlich-statisch geprägten Architektur von ebenfalls erhabener Größe: Der
Stararchitekt Tadao Ando hatte auf einer ehemaligen Nato-Basis zwischen
Neuss und Düsseldorf das Kunst- und Ausstellungshaus der Langen Foundation gebaut, ein filigranes Werk aus Stahl, Glas und Beton mit herrlichen
Ausblicken und Durchsichten, das 2004 eröffnet wurde. Der Regisseur Enrique Sánchez Lansch realisierte diese WDR Produktion, die filmisch das
Gebäude, die Umgebung, die Musiker in den Sälen und die Natur aus Licht
und ziehenden Wolken mit der Musik synchronisiert – ohne sie bedrängen
oder befummeln zu wollen.
Goebel lässt diverse Fugen von seinem Cembalisten Léon Berben intonieren, manchmal im Duett mit dem Kollegen Wolfgang Kostujak am zweiten
Cembalo. So wechselt Saitenzupfen mit dem üppigen Klang des Streichquartetts.
Brisant macht dieses Vermächtnis aus Bild und Musik natürlich auch die Tatsache, dass dieses Ensemble bereits zur Aufnahme gar nicht mehr existierte.
Und so wirken die Kamerafahrten an den glatten Betonwänden wie Einblicke
in ein Mausoleum oder eine Pyramide, deren Architektur
ja auch entscheidend von rechnerischen Verhältnissen
und Ausrichtungen bestimmt wurde. Für Freunde der
„Musica Antiqua“ bietet die vor wenigen Tagen erschienene DVD eine sympathische Auffrischung der Erinnerung an die Konzerte mit dem Ensemble und seinem oft
ruppigen Meister: Goebel selbst wirkt übrigens beinahe
Olaf Weiden arbeitet
wehmütig in dieser einzigartigen Situation seines Enals Musiker und
Musikkritiker in NRW.
sembles: Wer produziert schon posthum ein Requiem?
Musica Antiqua Köln
DVD – Johann Sebastian Bach: Die Kunst der Fuge
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THEATER FLETCH BIZZEL
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Humboldtstr. 45
44137 Dortmund
Tel. 02 31 / 14 25 25
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„Geschüttelt und Gerührt“
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Sa. 12.+ So. 13.03. ENSEMBLE FLETCH BIZZEL
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Fr. 25. + Sa. 26.03. BIANKA LAMMERT
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Veranstaltungsbeginn: 20.30 Uhr · So. 19.00 Uhr
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„Die Schmuddels feiern Karneval“ · Mi. 02.03. -10 Uhr · So. 06.03. -11 + 15Uhr
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„Hokus Pokus Zauberkiste“ · So. 20.03.-11 Uhr · Mi. 23.03.-10 Uhr
So. 27.03.- 11 Uhr
MUSIKTHEATER Martin Hörster & Klaus Neuhaus · „Heut ist Karneval“ Do. 03.03.-10 Uhr
Ensemble Fletch Bizzel „Der Lindwurm und der Schmetterling“ · Do. 17.03.-10 Uhr
Sabine Kreter-Neuhaus „Der kleine Wolfgang Amadeus“ · Do. 24.03.-10 Uhr
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04 | 03 | 2011
37. Essener Volkskarneval
Galasitzung
13 | 03 | 2011
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Live und Akustisch
19 | 03 | 2011
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Revolution
Es geht wie immer um die schwierige Balance zwischen Glück und Unheil
26 | 03 | 2011
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Der große Party-Spaß
28 | 03 | 2011
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The Bohuslän Big Band
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15 | 05 | 2011
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24 | 06 | 2011
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02 | 10 | 2011
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03 | 12 | 2011
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Wise Guys
Wunsch-Tour 2011
19 | 01 | 2012
Martin Rütter
Hund – Deutsch / Deutsch – Hund
Wer hat an der Uhr gedreht? Schon wieder Ferien für gestresste Kinder und reisefreudige Pädagogen? Das Theatertreffen in Duisburg
muss jedenfalls terminlich vorrücken. Vor den Kurztrip an die Pyramiden oder den billigen Badegenuss in Tunesien. Aber auch vor die
Ruhrfestspiele in Recklinghausen und die „Stücke“ in Mülheim. Dafür versprechen Theater aus Berlin, Frankfurt, Hannover, Bochum und
Wien aber die wiedererstarkte „Sehnsucht nach Glück“, trotz Freude
im Urlaub, Spaß am Besitz oder nur eine gelungene Beziehung. Der
Duisburger Jugendclub „Spieltrieb“ zeigt die deutschsprachige Erstaufführung des Stückes „Gemeinschaftskunde“ des britischen Autors
Mark Ravenhill. Hier geht es um die schwierige Auseinandersetzung
mit dem Schwulsein und ums Küssen. Auch in Phädra geht es um obsessive Leidenschaft. Die Frau des Königs von Athen ist rasend verliebt
in ihren Stiefsohn Hippolytos. Als sie erfährt, dass ihr Mann in der
Fremde gestorben ist, gesteht sie ihm diese verbotene Leidenschaft.
Der aber weist sie zurück, denn seine Liebe gehört Aricia. Verboten
ist dies auch, denn Aricia besitzt Ansprüche auf den Thron und wird
deshalb von Hippolytos‘ Vater gefangen gehalten. Und plötzlich kehrt
der tot geglaubte Vater und Ehemann zurück. Die Inszenierung des
Schauspiel Frankfurt seziert dieses unbarmherzige Liebes-Chaos bis
ins Kleinste.
Ganz anders ist das Stück „Benefiz“ von ausundproductions in Koproduktion mit dem Verein Freunde des Theaters an der Rott e.V. und
Eigenreich Berlin. Hier proben fünf Schauspieler eine Spendengala. Es
gilt für jeden einen Afrikaner zu retten. Doch wie kann man die Spendenbereitschaft der Zuschauer am besten wecken? Wie informieren,
ohne zu langweilen? Die Proben geraten nach und nach zu einem
absurden Eiertanz um die so genannte political correctness und sie
werden auch zu einem bitterbösen Schaulauf zwischen eigenen Eitelkeiten, falscher Betroffenheit, echter Betroffenheit und inszenierter
Betroffenheit. Die Sehnsucht nach Glück bleibt bisher auf der Strecke.
Ein Überangebot an Unterhaltung, Ablenkung und Lebenszeitvernichtung macht den ungetrübten Blick auf die Wirklichkeit und seine Position darin immer schwerer. Diese Macht der flimmernden Bilder hat
scheinbar auch die Theaterbühnen erreicht. Vier Videoleinwände und
gleich zwei Live-Kameras benutzt Matthias Hartmann am Burgtheater Wien um seine Version des Goethe-Klassikers Faust (Zweiter Teil)
zu inszenieren. In diesem doch seltener gespielten Teil wird Faust im
Schlaf durch Elfen von Erinnerungen und schlechtem Gewissen befreit. Kaum aufgewacht geht es an den Hof des Kaisers. Mithilfe von
Mephisto rettet er das marode Reich kurzfristig durch die Erfindung
des Papiergeldes. Danach macht ihn Mephisto zum Zeugen der Erschaffung des Homunkulus, der ihm den Weg ins antike Griechenland
weist. Hier sucht Faust die Erfüllung seines Sehnens in der Gestalt von
Helena, dem schönsten Wesen auf Erden.
Doch auch das Glück mit ihr dauert nur einen traumhaften Augenblick. Aber wie viel das eigentlich schon ist, lässt sich kaum ermessen.
Der regelmäßige Theatergänger kann eine Ballade davon singen.
Terminstand: Februar 2011 . Änderungen vorbehalten
Schauplatz der Sehnsucht nach Glück, das Theater Duisburg, Foto: Theater Duisburg
Die theatralische 11er Wette
PETER ORTMANN
MESSE ESSEN GmbH
Geschäftsbereich Grugahalle
Norbertstraße . D-45131 Essen
Telefon: +49.(0)201.7244.0
Telefax: +49.(0)201.7244.500
Ticket-Hotline:
02 01.72 44 290
Montag bis Freitag 10.00 – 18.30 Uhr
[email protected] . www.grugahalle.de
Theatertreffen Duisburg
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Die Mutter aller Ruhrgebietskomödien
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im GREND · Westfalenstr. 311 · 45276 Essen
Kartenvorverkauf + Vorbestellung (Di, Do, Fr 16 - 19 Uhr) Telefon 0201 - 851 32 Karten sind auch an allen CTS-Vorverkaufsstellen erhältlich
Freitag, 04.03.2011 / 20.00 Uhr
ZURÜCK ZUM HAPPY END
Komödie von Frank Pinkus
Samstag, 05.03.2011 / 20.00 Uhr
Samstag, 19.03.2011 / 20.00 Uhr
EIN SCHÖNER SCHLAWINER
Komödie von Pierre Chesnot
Freitag, 11.03.2011 / 20.00 Uhr
Sonntag, 20.03.2011 / 19.00 Uhr
EIN JOGHURT FÜR ZWEI
Ein (Wellness) Lustspiel
von Stanley Price
Samstag, 12.03.2011 / 20.00 Uhr
Freitag, 25.03.2011 / 20.00 Uhr
ALLES IM GARTEN
Schwarze Komödie von Edward Albee
Freitag, 18.03.2011 / 20.00 Uhr
GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT
Schauspiel von Jean-Paul Sartre
Samstag, 26.03.2011 / 20.00 Uhr
PLÖTZLICH UND UNERWARTET
Kriminalstück von Francis Durbridge
Sonntag, 27.03.2011 / 19.00 Uhr
Aktuelle Eintrittspreise:
Reihe 1 bis 4
Reihe 5 bis 7
Kinder bis 13 Jahre
UND DANN GAB´S KEINES MEHR
Kriminalstück von Agatha Christie
15,- € / erm. 13,- €
13,- € / erm. 11,- €
8,- € pro Platz
Gänsemarkt 42 · 45127 Essen · Tel. 02 01/ 52 098 52
www.kleines-theater-essen.de · [email protected]
Opernzeit - unsere Zeit
Diktieren Hausse und Baisse das Schicksal der Menschen?, Foto: Michael-Grabscheit/pixelio.de
Oper in NRW
Hauptträger der Komik: Der freche Hofnarr Trufaldino (l.) und der Prinz. Foto: Pedro Malinowski
Geld darf alles!
Kurzweilig, farbenfroh und mäßig witzig
Was passiert mit einer Gesellschaft, die alles erlaubt, nur eines nicht: Kein Geld
zu haben? Diese provozierende Frage stellen Brecht und Weill in ihrer Oper
„Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ und lösten damit bei der Uraufführung 1930 in Leipzig einen der größten Theaterskandale des 20. Jahrhunderts
aus. Das konservative Premierenpublikum stürmte die Bühne, vor dem Theater randalierten die Nationalsozialisten, so dass die Folgeaufführungen unter
Polizeischutz stattfinden mussten. Geplante Aufführungen in anderen Städten
wurden abgesetzt. Das Stück traf den Nerv
der Zeit. Es verarbeitet die Erfahrungen des „Brecht und Weill hauen dem
entfesselten Kapitalismus der goldenen
Publikum die bürgerliche
20er, der zur Weltwirtschaftskrise 1929 Kunstform der Oper regelrecht
führte und in der Folge zur Auflösung der
um die Ohren“
demokratischen Grundordnung in Deutschland. Heute ist die Thematik aktueller denn je, da aus der Krise 2008 nach dem
Zusammenbruch von Lehmann-Brothers keine grundsätzlichen Konsequenzen
gezogen wurden. Spitzenmanager freuen sich weiterhin über saftige Boni, während sich Regierung und Oppostion über eine Erhöhung des Hartz IV Regelsatzes um fünf Euro streiten.
„Die Hauptfigur des Stückes ist die Stadt, die aus den Bedürfnissen des Menschen entsteht und durch die Bedürfnisse des Menschen zugrunde geht“,
schreibt Kurt Weill über Mahagonny. Mitten in der Wüste - wer denkt hier nicht
an Las Vegas - gründen drei Verbrecher auf der Flucht diese Stadt. Sie erlebt
einen rasanten Aufstieg, es herrscht Goldgräberstimmung, doch bald greift Langeweile um sich. Die Preise fallen angesichts des Missverhältnisses von Angebot
und Nachfrage, die erste Krise kündigt sich an.
Ausgerechnet ein Hurrikan bringt die entscheidende Wende zum vermeintlich
Besseren: Angesichts des drohenden Untergangs wird das Gesetz der menschlichen Glückseligkeit erlassen: Jeder darf tun, was ihm gefällt, alles ist erlaubt,
es gibt keine Tabus mehr. Wie durch ein Wunder zieht das Unwetter vorbei und
es herrscht Hochbetrieb wie nie zuvor in der Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten: Fressen und Saufen bis zum Exitus, Prostitution, Gewaltexzesse. Es gibt
erste Tote. Alles ist erlaubt, nur eines nicht: Kein Geld zu haben ist das größte
Verbrechen. Wer nicht zahlen kann, wird mit dem Tode bestraft, wohingegen
Mord nicht geahndet wird.
Brecht und Weill hauen dem Publikum die bürgerliche Kunstform der Oper regelrecht um die Ohren. Die musikalischen Mittel und die inhaltliche Aggressivität gehen weit über die Dreigroschenoper von 1928 hinaus. Die groteske
Überzeichnung der herkömmlichen Nummernoper und ihrer Dramaturgie entlarvt die Verlogenheit einer in sich maroden Gesellschaft. Weill karikiert in seinen verzerrten Stilkopien Bach und Händel ebenso wie Verdi und Weber und
montiert vulgäre Schlager, wie den legendären Alabama-Song neben LyrischEmpfindsames. Dialoge werden ersetzt durch Texte, die zwischen den Musiknummern eingeblendet werden. Die grelle Collage erlaubt dem Zuschauer keine
Identifikation mit den Bühnengeschehen mehr, sondern fordert ihn auf, sich mit
diesem auseinanderzusetzen. Mahagonny sei ein Erlebnis, schreibt Brecht nicht
unbescheiden, ein Spaß und deshalb werde die Oper Mahagonny dem Unvernünftigen der Kunstgattung Oper bewusst gerecht. Am Ende geht das goldene
Zeitalter der Stadt Mahagonny in Chaos und Anarchie unter – ein unendlicher
Spaß, ein Vergnügen, bei dem einem das Lachen im Halse stecken bleibt.
Von Karsten Mark
Fast könnte man meinen, er habe sein Publikum ärgern wollen. Allem, was
es an der Oper so liebte, erteilte Sergej Prokofjew eine deutliche Abfuhr: kein
Pathos, keine Psychologie und kein Realismus. Und doch wurde seine skurrile
Märchenoper „Die Liebe zu den drei Orangen“ einer der beliebtesten Klassiker
der Moderne. Das Musiktheater im Revier hat den kurzen schwarzhumorigen
Vierakter von einem Fernsehmann in Szene setzen lassen.
Elmar Gehlen, Jahrgang 1943, ist als Schauspieler bekannt aus der ZDF-Serie
„Küstenwache“, führt bei Fernsehproduktionen auch Regie und versucht sich
seit einigen Jahren ebenfalls als Opernregisseur. In Gelsenkirchen inszenierte er
2009 Mozarts Entführung aus dem Serail – farbenfroh und harmlos. Auch heute
zeichnet sich Gehlen, der seine Karriere einst als Dekorateur und Bühnenbildner
begann, für Regie und Bühne (mit Beata Kornatowska) zugleich verantwortlich.
Wieder ist es eine äußerst farbenfrohe Inszenierung, was gleichwohl vor allem
den Kostümen von Martina Feldmann zu
verdanken ist. Als Spielfläche präsentiert „Eine ungemeine dichte, poinGehlen durch alle vier Akte hindurch tierte und temporeiche Musik”
eine Tribünenkonstruktion mit schmalen Terrassen. Mit ihr lässt sich das zahlreiche Personal gut unterbringen, das
vor allem durch den großen Chor vertreten ist. Die Spielmöglichkeiten grenzt
es allerdings auch ein, was schwierig ist bei einem Stück, das sich ausgiebig
der Stilmittel der spielfreudigen Commedia dell´arte bedient. Die Regie löst
das Problem zum Teil, indem sie auch den hinteren Teil der Bühne nutzt und
dem Publikum diesen über einen großen, schräg angebrachten Spiegel sichtbar
macht. Die Verschiebung der Perspektive bringt einige witzige optische Effekte,
akustisch an einigen Stellen auch kleine Einschränkungen.
Dass „Die Liebe zu den drei Orangen“ durchaus Erfolg bei einem breiten Publikum hat, liegt wohl daran, dass Prokofjew letztlich nicht ganz so radikal komponierte, wie es auf den ersten Blick erscheint. Die Vorliebe fürs Pathetische etwa
wird zwar nicht direkt bedient, doch über den Umweg der Persiflage und der
Anklänge wird das Bedürfnis dennoch ein Stück weit gestillt. Prokofjew schrieb
eine ungemeine dichte, pointierte und temporeiche Musik, in der er sich viele
harmonische und rhythmische Freiheiten nimmt, dabei aber immer wieder auf
melodisch einfaches, volkstümliches Material zurückkommt. Dirigent Rasmus
Baumann und die Neue Philharmonie Westfalen erfüllen die farbenreiche, teils
impressionistisch schillernde Partitur durchweg mit Schwung und Leben. Der
Funke springt sowohl auf die Solisten als auch auf den bemerkenswert kraftvollen Chor über. Leider sind die widerstreitenden Gruppen innerhalb des Chores
– die Anhänger der Komödie, der Tragödie, der Lyrik sowie
die Hohlköpfe und die Sonderlinge – optisch nicht unterscheidbar, die Komik geht somit in einheitsgrauer Straßenkleidung verloren.
Komisches Talent beweisen unterdessen vor allen William
Saetre als frecher Hofnarr Trufaldino mit schlankem silbrigem Tenor und Lars-Oliver Rühl als Prinz von der traurigen
Karsten Mark ist freier
Gestalt, der seiner Heldenpartie einen schönen ironischen
Journalist und lebt im
Ruhrgebiet. Kultur und Einschlag verleiht. Die junge Sopranistin Alfia Kamalova
besonders das Mumuss als einzige überlebende Orangen-Prinzessin lange auf
siktheater gehören zu
seinen Schwerpunkten. ihren Einsatz warten, bestreitet dafür ein glänzendes Finale.
Premiere am 23. März in der Oper Köln l weitere Vorstellungen im März und April
www.operkoeln.com
„Die Liebe zu den drei Orangen“ I 13.3., 18 Uhr I MiR, Gelsenkirchen
0209 409 72 00
24
Eine Märchenoper: „Die Liebe zu den drei Orangen“ am MiR
Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny
KERSTIN MARIA PÖHLER
MUSIKTHEATER
IM REVIER
GELSENKIRCHEN
DER feierliche Auftakt der Ballett-Saison 10.11
und überdies Ballettdirektor Bernd Schindowskis
letzte Premiere im Großen Haus.
GEDANKEN EINES
ZWEIFLERS
SCHOSTAKOWITSCH 14. & FLAUBERT
Ballett von Bernd Schindowski
TERM
INE 5.
, 11., 2
7
7., 10. März 2011
April 2
011
WWW.MUSIKTHEATER-IM-REVIER.DE
KARTENTELEFON 0209. 4097-200
PROGR AMM 03–011
Komikzentrum Ruhr
Sia Korthaus weiß, warum Glückskekse krümeln, Foto: Danny Frede
Anleitungen zum Glücklichsein
Wie man den Alltag mit Hirn, Humor und Hintersinn bewältigt
Was unterscheidet einen witzigen Heimathirsch aus Südtirol von
einem aus dem Ruhrgebiet? Die Antwort: Konrad Beikircher nennt
sein Programm „Schön ist es auch anderswo“, Frank Goosen dagegen
sagt es mit den Worten seines Oppas: „Woanders is auch scheiße“.
Deutlicher könnte der Graben zwischen den verschiedenen Humorzentren nicht zutage gefördert werden. Hier der diplomatisch herum
lavierende Südtiroler, dort der Bochumer, der sagt, was Sache ist.
Dass der in Bonn lebende Beikircher sich am 11. März in die Gelsenkirchener Kaue traut, beweist, dass der Mann Mut hat. Was bestimmt
belohnt werden wird – spätestens dann, wenn er in den Komödianten-Himmel kommt.
Anders gelagert ist die Sache bei Sia Korthaus: Sie wird sich noch
eine Weile gedulden müssen, bis sie als blond gelockter Engel unter
den himmlischen Heerscharen aktiv werden darf. Bis dahin macht sie
sich jede Menge Gedanken über den Sinn des Lebens – und teilt die
Ergebnisse ihrer anstrengenden Kopfarbeit den Zuschauern mit – und
zwar in ihrem Programm „Auch Glückskekse krümeln“ (am 31. März
im Duisburger Hundertmeister). Als ehemalige Pharmareferentin in
der Lombardei ist sie geradezu prädestiniert für knifflige ProblemLösungsstrategien. Wer sich wünscht, zwei Stunden hintereinander
glücklich zu sein, braucht das nicht dem Universum mitzuteilen,
sondern sollte sich lediglich Eintrittskarten für den puppenlustigen
Streifzug durch die Welt von heute besorgen.
Aus München angereist kommt Andreas Giebel, ein gestandenes
Mannsbild, das sich in seinem Programm „Das Rauschen der Bäume“
fragt, was eigentlich los ist und warum die diversen Pläne für ein
glückliches Leben ums Verrecken nicht funktionieren: Lotte will alles
richtig machen, Horst steigt auf Berge, Viona findet aus ihrer inneren Einkehr nicht hinaus und Anton setzt alle Hoffnungen auf einen
winzig kleinen Bildschirm. Mit seinem sehr dezenten bayerischen Idiom – vulgo: man versteht jedes Wort – tritt Giebel am 18. März im
Oberhausener Ebertbad auf.
„Ich bin nicht sauer, ich bin aus Berlin“, raunzt Cloozy Haber, die
Schöpferin der Vorstandssekretärin Helga Raspel. Zu deren Hobbys zählen blickdichte geblümte Blusen, ihren Gästen serviert sie Hundefutter
mit Bärlauch und in ihrer Freizeit setzt sie sich für die „Anonymen Astronauten“ ein, vereinsamte Menschen, die ohne Krankenversicherung
und ohne Taschentücher auf der Milchstraße herum irren.
Unterstellungen, sie habe sich zur Vorstandssekretärin hoch gegrätscht, weist sie empört von sich. Hat sie als Bürokraft aus Leidenschaft auch nicht nötig. Ausgestattet mit surrealer Phantasie und
subversivem Anarchismus locht sich Helga durch den Alltag, entfernt
in Pferdekalendern schon mal die Augen der Tiere und schaut sich
Dokumentationen über Steuerhinterziehung in der Kreidezeit an.
Eines ihrer Talente besteht in der perfekten Nachahmung europäischer Vogelstimmen und dem Zelebrieren von tiefen Stoßseufzern.
Außerdem zeigt Cloozy als begnadete Handpuppen-Spielerin (am 4.
März im Bochumer Bahnhof Langendreer), was herauskommt, wenn
sich Komik mit Intelligenz und spielerischer Ausdruckskraft paart: Ein
Ereignis – verspricht Ihnen Ihre stets über Tage lebende
ANNE NÜME
26
7
BAHNHOF
LANGENDREER
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BO ” WALLBAUMWEG 108
TEL.: 0234 / 687 16 10
www.bahnhof-langendreer.de
FR 04.03. Cloozy Haber
20 Uhr ’Cloozy und Konsorten∆
MO 07.03 RatzFatz
15 Uhr Kinderkarneval
DO 10.03. Gregor Meyle
20 Uhr ’meylenweit∆
FR 11.03. Heinz Ratz
20 Uhr ’Tour der 1000 Brücken∆
DO 17.03. Maserati ’Pyramid Of
20 Uhr The Sun∆ √ Post Rock
SO 20.03. Daniel Basso &
20 Uhr Mirko van Stiphaut
Popolski ’After Show∆
DO 24.03. Max Pashm ’Never
20 Uhr Mind the Balkans∆
FR 25.03. Volk & Knecht
20 Uhr Comedy
SA 26.03. Esther Bejarano &
20 Uhr Microphone Mafia
SO 27.03. Stadthalle WAT
20 Uhr Vince Ebert
’Freiheit ist allles∆
DI 29.03. Watcha Clan
20 Uhr ’Radio Babel∆
MI 30.03. Itchy Poopzkid
20 Uhr ’Lights out London∆
Vorverkauf im Endstation Kino Café
täglich von 19.00 √ 22.30 Uhr
Musical in NRW
„The Rocky Horror Show“, Foto: Matthias Stutte
Im Theater ist die Hölle los
Krefeld feiert die „Rocky Horror Show“
Von Rolf-Ruediger Hamacher
Als 1977 die Programmkino-Landschaft noch in Ordnung war, mischte im
Kölner „Unicenter“-Kino ein Film die Szene auf, der von den MainstreamVerleihern schon als Flop abgeschrieben war: Die Verfilmung des 1973
uraufgeführten Musicals „The Rocky Horror Show“. Die Vorstellungen der
bizarren Parodie auf Horror-, Musical- und Science-Fiction-Filme wurden zum Happening: das Publikum kam in Strapsen, war „bewaffnet“ mit
Reis, Wasserpistolen und Klopapier, um alles „auf Stichwort“ einzusetzen.
Nach diesem „Vorlauf“ eroberte die in London mittlerweile zum Kult-Musical aufgestiegene „Rocky Horror Show“ (2.960 Vorstellungen en Suite)
auch die deutschen Bühnen. Nur in Köln hat sich bis heute kein Theater
an eine eigene Inszenierung gewagt, obwohl die Stadt vor Zielpublikum
nur so überquillt.
Glücklicherweise ignorieren die meisten NRW-Theater das Genre nicht
so sträflich. So kann man jetzt in Krefeld, das sich zu einer weit über
die regionalen Grenzen hinaus strahlenden Hochburg des Musicals entwickelt hat, wieder einmal die „Rocky Horror Show“ genießen. Der neue
Intendant der Krefeld-Mönchengladbacher Bühnen, Michael Grosse, hat
noch nicht jenes glückliche Händchen, dass sein Vorgänger bei der Auswahl der Regisseure und Schauspieler hatte, sodass sich in den zur Zeit
laufenden Musicals „Me and my Girl“ (Regie: Georg Köhl) und „Rocky
Horror Show“ (Regie:Frank Matthus) doch einige Geschmacksunsicherheiten eingeschlichen haben. Sind es bei dem einen die allzu zeitgeistige
Dialog-Überarbeitung, ist es bei der „Rocky Horror Show“ eine nicht gerade familienfreundliche Inszenierung der erotischen Schattenspiele, wenn
Frank´n´Furter Janet und Brad verführt.
Abgesehen von diesem Missgriff braucht Matthus‘ Inszenierung auch etwas Anlaufzeit, um jene „Temperatur“ zu erreichen, die das Publikum dann
letztendlich mitreißt. Das liegt vor allem an dem wenig charismatischen
Auftritt der beiden Verlobten Janet (Felicitas Breest) und Brad (Ronny Tomiska) in der Eröffnungsszene, als sie nach einer Autopanne am Schlosstor des Transvestiten-Fürsten Frank´n´Furter klingeln. Vor allem Felicitas
Breests dünnes Stimmchen will einfach nicht über die Bühnenrampe kommen. Immerhin ist sie hübsch anzusehen, was einen dann bis zum Auftritt
des Straps-gewandeten Adrian Linke (Frank´n´Furter) bei der Stange hält.
Linke beherrscht fortan die von Johanna Maria Burkhart stimmungsvoll gestaltete „Horror-Atmosphäre“, in der der lüsterne Transvestit seinem Namen
mit der Erschaffung von „Rocky“ und dem Verspeisen
des Rockers Eddie alle Ehre macht. Der Erzähler (sonorig: Matthias Oelrich) fungiert als Mittler zwischen Publikum und Bühnen-Geschehen, streut wie beiläufig die
Mitmach-Codes. Und so sieht sich so mancher ehrwürdige Abonnent plötzlich von Klopapier umkränzt und mit
Reis im Haar im Regen stehen. Gut gelaunt verlässt man
Rolf-Ruediger Hamacher ist Mediendozent, das schrille Travestie-Spektakel und ärgert sich vielleicht
Journalist und im Vornur, dass man vorher nicht im Supermarkt vorbeigeganstand des FilmkritikerVerbandes
gen ist, um die „Rocky“-Utensilien einzukaufen.
Infos: www.theater-krefeld.de
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Theater in NRW
14+
Di, 01.03. und Mi, 02.03. um 10.30 Uhr
Drei Rekommandeurinnen aus dem Märchenpark, Foto: Gerhard F. Ludwig
Knusper, knusper, knäuschen
NATHAN
Nach dem dramatischen Gedicht von G.E. Lessing
Das Forum Freies Theater lädt zum „Deutschlandmärchen“
Von Hans-Christoph Zimmermann
Die Bäume des Waldes strahlen in sattem Grün und hüllen ein kleines
Holzhäuschen heimelig ein. Ein Daunenkissen hängt aus dem Fenster. Idylle satt, bis zum ironischen Abwinken.
„Wir zeigen,
Drei junge „Rekommandeurinnen“ ladass wir manipulieren.“
den freundlich in den Märchenexpress:
„Wir fahren Sie mitten hinein in unseren
wirtschaftswunderlichen Märchenwald. Wir fahren auch dahin wo es ganz
ganz dunkel ist. Die Wirtschaftwunderzigarre qualmt schon und setzt unsere Konjunkturlokomotive unter Dampf. Abfahrt nach Marshallplan“.
Die neue Produktion des Duos Bernadette LaHengst und Till Müller-Klug
unter dem Titel „Deutschlandmärchen“, die März im Düsseldorfer Forum
Freies Theater zu se-hen ist, bringt Märchen der Gebrüder Grimm mit den
politischen Mythen der Gegen-wart zusammen. „Die Vereinigung ‚Neue soziale Marktwirtschaft’, die vom Arbeitge-berverband finanziert wurde, hat
sehr erfolgreich solche Mythen unter dem Anschein der Wissenschaftlichkeit in Umlauf gebracht. Das wollen wir entzaubern“, sagt Till Müller-Klug.
So lassen sich zum Beispiel in einem Märchen wie „Frau Holle“, mit der
fleißigen und der faulen Tochter, zahlreiche Anknüpfungspunkte zur Leistungsgesellschaft finden.
Fr, 04.03. um 20.00 Uhr
Geschichten aus der Bütt
Geschichten auf Consol mit André Wülfing in der Kellerbar
Sa, 05.03. um 20.00 Uhr
Jazz trotz(t) Karneval
die alljährliche Jazz-Veranstaltung zu Karneval mit vier Bands
15+
Sa, 19.03. um 20.00 Uhr | PREMIERE!
Gegen den Fortschritt
Groteske Szenen über den Zustand der Welt von Esteve Soler
Di, 22.03. und Mi, 23.03. um 10.30 Uhr
Angela Merkels Autoscooter
Die drei Rekommandeurinnen sind Angestellte des Märchenparks Deutschland, die von ihrer Chefin drangsaliert werden. Diese Chefin ist niemand
anderes als Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich mit Kommentaren, Ermahnungen bis zu „Knusper, knusper, knäuschen“-Sprüchen ins Geschehen
mischt. Kennzeichen der Arbeiten von La Hengst und Müller-Klug ist der
virtuose Umgang mit Originalton-Material, das sie aus diversen Quellen beziehen. Für die aktuelle Produktion hat man die rund 200 Reden genutzt,
die Angela Merkel seit ihrem Amtsantritt als Podcast veröffentlicht hat.
Nichts wurde dabei nachgesprochen oder imitiert. “Wir manipulieren allerdings in diesen Texten mitunter massiv, teilweise Silbe für Silbe, Buchstabe
für Buchstabe, damit so etwas wie ‚Autoscooter’ oder ‚Knusper, knusper,
knäuschen’ herauskommt“, erzählt Till Müller-Klug. Manipulieren sie damit
nicht letztlich genauso, wie es die Politik mit der öffentlichen Meinung tut?
Till Müller-Klug verneint. „Wir machen zwar eine Art von Gegenmanipulation, verstecken aber unsere Arbeitsweise nicht, sondern zeigen, dass wir
manipulieren.“ Die Tonschnitte zwischen den zusammengestoppelten Silben
wurden nicht glatt gebügelt, sondern bleiben hörbar.
Zugleich ergebe sich dadurch ein schöner Nebeneffekt:
Merkels Sprechweise erinnert ein wenig an die etwas
hölzernen Figuren in den Schaukästen der Märchenparks. Ein Happy End gibt es am Ende zwar nicht. Aber
die beiden Schwestern aus „Frau Holle“ entdecken immerhin, dass man nicht jedem Politmärchen hinterherHans-Christoph
laufen muss. Eine wichtige Rolle spielt dabei ein ganzer
Zimmermann ist
Theaterkritiker
Haufen Frösche – aber das ist schon wieder eine neue
für Printmedien
Geschichte.
und Hörfunk.
Groteske Szenen über den Zustand der Welt von Esteve Soler
Di, 22.03. um 19.00 Uhr
KOnzertMEDitation
Klang und Stille mit Michael Gees
Do, 24.03. um 20.00 Uhr
Hans-Wanning-Trio
GEjazzt auf Consol in der Kellerbar
So, 27.03. um 15.00 Uhr. Mo, 28.03. und Di, 29.03. um 11.00 Uhr
Die zweite Prinzessin
4+
von Gertrud Pigor
11. Gelsenkirchener
Schultheatertage
am Consol Theater Gelsenkirchen
vom 03.– 09.April 2011
„Deutschlandmärchen“, Text und Regie: Bernadette LaHengst
Till Müller Klug I Forum Freies Theater Düsseldorf I 16.,18.,19.3. I 20 Uhr
0211 876787 18 I www.forum-freies-theater.de
29
15+
Gegen den Fortschritt
Bismarckstraße 240
45889 Gelsenkirchen
Tel.: 0209 9 88 22 82
E-Mail: [email protected]
www.consoltheater.de
Theater-Kalender Ruhr
Die Theater-Übersicht der Region
STADTTHEATER
SCHAUSPIELHAUS BOCHUM
0234 33 33 55 55
Much Ado about nothing
Di. 1.3. 19.30, Mi. 2.2. 19.30
Kasimir und Karoline
Mi. 2.3. 19.30, Do. 10.3. 19.30, Mi. 16.3. 19.30,
Fr. 25.3. 19.30
Cyrano de Bergerac
Do. 3.2. 19.30, So. 6.3. 19.00, Mo. 7.3. 19.30,
So. 27.3. 17.00
Faust
Fr. 4.3. 19.30, Fr. 18.3. 19.30
Candide oder der Optimismus
Sa. 5.3. 19.30
Die Labdakiden
Fr. 11.3. 19.30
Der Sturm
Sa. 12.3. 19.30
Woyzeck
So. 13.3. 17.00, Sa. 19.3. 19.30
Dieter Hildebrandt
Mi. 23.3. 20.00
Peer Gynt
Sa. 26.3. 19.30
A Tribute to Johnny Cash
Mi. 30.3. 19.30
THEATER DORTMUND
0231 502 72 22
Die Dreigroschenoper
Fr. 4.3. 19.30, Do. 17.3. 19.30, Sa. 26.3. 19.30
Die 39 Stufen
Sa. 5.3. 19.30, So. 20.3. 18.00, Fr. 25.3. 19.30,
Mi. 30.3. 19.30
heimat unter erde
+
So. 6.3. 18.00, Fr. 18.3. 19.30
Macbeth
Sa. 12.3. 19.30, Mi. 16.3. 19.30, Sa. 19.3. 19.30,
So. 27.3. 18.00
Woyzeck
Mi. 23.3. 19.30
THEATER DUISBURG
0203 300 91 00
User
Di. 1.3. 20.00, Mi. 2.3. 20.00,
Hautnah
Do. 10.3. 20.00
Cyrano de Bergerac
Fr. 18.3. 20.00
Phädra
Do. 24.3. 19.30, Fr. 25.3. 19.30
Gemeinschaftskunde
Sa. 26.2. 20.00, Mo. 28.2. 20.00, Do. 31.3.
20.00
Benefiz – Jeder rettet einen Afrikaner
So. 27.3. 19.30
Moby Dick
Di. 29.3. 20.00
Maria Magdalena
Mi. 30.3. 20.00, Do. 31.3. 11.00
THEATER ESSEN (GRILLO)
0201 812 22 00
Prinz Friedrich von Homburg
Mi. 2.3. 19.30, Fr. 11.3. 19.30, So. 20.3. 19.00
25 sad Songs
Do. 3.3. 19.30, Sa. 19.3. 19.30
Shockheaded Peter
Fr. 4.3. 19.30
Jede Menge Kohle
Sa. 5.3. 19.30
Buddenbrooks
So. 6.3. 19.00, So. 13.3. 16.00, Do. 17.3. 19.30,
Do. 31.3. 19.30
Abgesagt!
Eine
musikalische
Leerstellenkompensation
Fr. 18.3. 19.30
Headspin Critical Mess
+
Sa. 26.3. 19.30, Mi. 30.3. 19.30
THEATER HAGEN
02331 207 32 18
Gegen die Wand
Di. 8.3. 19.30, Mi. 16.3. 19.30, Mi. 23.3. 19.30
Così fan tutte
Do. 10.3. 19.30
Augen/Wave of Emotions/A Far Cry
Fr. 11.3. 19.30, Sa. 19.3. 19.30, Fr. 25.3. 19.30,
Sa. 26.3. 19.30
Ein Maskenball
Sa. 12.3. 19.30, So. 20.3. 15.00, So. 27.3. 18.00
Im Weissen Rössl
So. 13.3. 18.00, Fr. 18.3. 20.00, Do. 24.3. 19.30
Werner Schneyder
Fr. 18.3. 19.30
Jekyll & Hyde
Di. 22.3. 19.30, Mi. 30.3. 19.30
Oskar und die Dame in rosa
Do. 31.3. 19.30
THEATER KREFELD
02151 80 51 25
Othello
Di. 1.3. 20.00, Fr. 11.3. 20.00, Sa. 12.3. 20.00,
So. 13.3. 19.30, Di. 15.3. 20.00, Fr. 25.3. 20.00
Die Comedian Harmonists
Mi. 2.3. 20.00, So. 6.3. 19.30, Do. 10.3. 20.00,
Do. 17.3. 20.00
Viva la Mamma! Die Sitten und Unsitten des
Theaters
Fr. 4.3. 20.00, Fr. 25.3. 20.00
The Rocky Horror Picture Show
Sa. 5.3. 18.00, Mi. 16.3. 20.00, Fr. 18.3. 20.00,
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So. 20.3. 16.00
Woyzeck
Mi. 9.3. 20.00, Do. 10.3. 11.00
Der Ring an 1 Abend
Sa. 19.3. 18.00
Casanova
So. 27.3. 19.30
SCHLOSSTHEATER MOERS
02841 20 17 31
Der Drang
Do. 3.3. 19.30, Sa. 5.3. 19.30
Die unsichtbare Hand
Fr. 4.3. 19.30, Sa. 12.3. 19.30
Der Kirschgarten
Fr. 11.3. 19.30
König Lear
Sa. 19.3. 19.30, So. 20.3. 18.00
Iphigenie auf Tauris
Mi. 23.3. 19.30, Do. 24.3. 19.30
= Premiere
= trailer Empfehlung
THEATER AN DER RUHR MÜLHEIM
0208 96 09 60
La Lecon – Die Unterrichtsstunde
Mi. 2.3. 19.30
Die Dreigroschenoper
Fr. 4.3. 19.30
Die Kunst der Komödie
Sa. 5.3. 19.30, Do. 31.3. 19.30
Helden
Do. 8.3. 19.30
Traumnovelle
Do. 17.3. 19.30, Fr. 18.3. 19.30
Peter Pan & the Lost Boys
Mi. 23.3. 18.00, Do. 24.3. 18.00
Der kleine Prinz
Fr. 25.3. 19.30
Treppe nach oben
Sa. 26.3. 19.30
THEATER OBERHAUSEN
0208 857 81 84
Woyzeck
Mi. 2.3. 19.30
Nora oder Ein Puppenhaus
Do. 3.3. 19.00, So. 20.3. 18.00
Iphigenie auf Tauris
+
Fr. 4.3. 19.30, Mi. 30.3. 19.30
Ein Sommernachtstraum
Sa. 5.3. 19.30
Never Too Loud – The Velvet Underground
So. 6.3. 19.30
Drei Schwestern
Fr. 11.3. 19.30
Waisen
Sa. 12.3. 19.30
Der Kirschgarten
So. 13.3. 18.00
Carmen
Fr. 18.3. 19.30, Sa. 19.3. 19.30
König Lear
Fr. 25.3. 19.30, Sa. 26.3. 19.30
Penelope
So. 27.3. 18.00
WESTFÄLISCHES LANDESTHEATER
CASTROP-RAUXEL
02305 97 80 20
Andorra
Di. 1.3. 11.00 und 20.00, Mi. 2.3. 11.00 und
20.00, Do. 3.3. 11.00 und 20.00, Fr. 4.3. 11.00
und 20.00, Sa. 5.3. 20.00, So. 6.3. 18.00
Die Frau in Schwarz
Fr. 18.3. 20.00, Sa. 19.3. 20.00, So. 20.3. 18.00
Eine Herz und eine Seele
Sa. 26.3. 20.00
MUSIKTHEATER
+
AALTO MUSIKTHEATER ESSEN
0201 812 22 00
I Capuleti e i Montecchi
So. 6.3. 18.00, Mi. 9.3. 19.30, Fr. 11.3. 19.30,
Sa. 19.3. 19.00, Di. 22.3. 19.30, Do. 24.3. 19.30
Aida
Sa. 12.3. 18.00
Götterdämmerung
So. 13.3. 16.30, So. 20.3. 17.00
Siegfried
Sa. 26.3. 17.00
Tosca
So. 27.3. 18.00
DEUTSCHE OPER AM RHEIN DUISBURG
01805 44 70
Luncia di Lammermoor
Do. 3.3. 19.30, So. 6.3. 18.30, Sa. 12.3. 19.30,
Sa. 19.3. 19.30
La Bohème
Fr. 4.3. 19.30, Di. 8.3. 19.30
Die Entführung aus dem Serail
Sa. 5.3. 19.30, So. 13.3. 15.00
Persephone
Sa. 12.3. 15.00
Eugène Ionesco ging mit seinem Stück „La Lecon - Die Unterrichtsstunde“ der Manipulierund Instrumentalisierbarkeit der Sprache nach. Wie sehr das Sprechen tatsächlich das Denken formt, muss nach Ionesco stets hinterfragt werden. Thomas Peter Goergen inszenierte am
Theater an der Ruhr dieses sprachkritische Kammerspiel, Foto: Andreas Köhring.
MUSIKTHEATER IM REVIER GELSENKIRCHEN
0209 409 72 00
Anatevka
Do. 3.3. 19.30, Sa. 12.3. 19.30, So. 20.3. 18.00
Gedanken eines Zweiflers
Fr. 4.3. 19.30, Fr. 11.3. 19.30, So. 27.3. 18.00
30
+ = trailer Theaterkritik
Die Liebe zu den drei Orangenen
So. 6.3. 15.00, So. 13.3. 18.00, Sa. 19.3. 19.30
Zar und Zimmermann
Sa. 26.3. 19.30
Herbert Knebel
Mo. 28.3. 20.00
Olaf Schubert
Mi. 30.3. 20.00
OPER DORTMUND
0231 502 72 22
! Lucia di Lammermoor
Sa. 5.3. 19.30, Mi. 9.3. 19.30, So. 13.3. 18.00,
Sa. 19.3. 19.30, Do. 31.3. 19.30
Peter Pan
So. 6.3. 15.00
Ritter Blaubart
Fr. 11.3. 19.30, Fr. 18.3. 19.30
Rusalka
Sa. 12.3. 19.30, Fr. 25.3. 19.30, Mi. 30.3. 19.30
Sekretärinnen
So. 27.3. 18.00
VARIETÉ + BOULEVARD
CABARET QUEUE DORTMUND
01803 77 68 42, Beginn 20.00
Sebastian Krämer
Fr. 4.3.
Der Obel
Sa. 5.3.
Ken Bardowicks
Fr. 11.3.
Holger Paetz
Sa. 12.3.
Carolin Kebekus
So. 13.3.
Thomas Koch
Fr. 18.3.
Der Telök
Sa. 19.3.
Reiner Kröhnert
Fr. 25.3.
Andrea Badey
Sa. 26.3.
GOP VARIETÉ ESSEN
0201 247 93 93
Wild Boys
Bis 6.3.: Jeden Mi. und Do. 20.00, jeden Fr.
18.00 und 21.00, jeden So. 15.00 und 19.00
Move
Ab dem 10.3.: Jeden Mi. und Do. 20.00, jeden
Fr. 18.00 und 21.00, jeden So. 15.00 und 19.00
DAS KLEINES THEATER ESSEN
0201 520 98 52
Zurück zum Happy End
Fr. 4.3. 20.00
Ein schöner Schlawiner
Sa. 5.3. 20.00, Sa. 19.3. 20.00
Ein Joghurt für zwei
Fr. 11.3. 20.00, So. 20.3. 19.00
Alles im Garten
Sa. 12.3. 20.00, Fr. 25.3. 20.00
Geschlossene Gesellschaft
Fr. 18.3. 20.00
Plötzlich und unerwartet
Sa. 26.3. 20.00
THEATER IM RATHAUS ESSEN
0201 245 55 55
Souvenir
Di. 1.3. 19.30, Mi. 2.3. 19.30, Do. 3.3. 19.30, Fr.
4.3. 19.30, Sa. 5.3. 16.00, So. 6.3. 19.00, Mo.
7.3. 19.30, Di. 8.3. 19.30, Mi. 9.3. 19.30, Do.
10.3. 19.30, Fr. 11.3. 19.30, Sa. 12.3. 19.30, So.
13.3. 19.00
Suche impotenten Mann fürs Leben
Mi. 16.3. 19.30, Do. 17.3. 19.30, Fr. 18.3. 19.30,
Sa. 19.3. 16.00, Sa. 19.3. 19.30, So. 20.3. 19.00,
Mo. 21.3. 19.30, Di. 22.3. 19.30, Mi. 23.3.
19.30, Do. 24.3. 19.30, Fr. 25.3. 19.30, Sa.
26.3. 19.30, So. 27.3. 15.30, Mo. 28.3. 19.30,
Di. 29.3. 19.30, Mi. 30.3. 19.30, Do. 31.3. 19.30
Best of Heinz Erhardt
So. 27.3. 19.00
VARIETÉ ET CETERA BOCHUM
0234 130 03
Du bist dann mal weg!
Jeden Mi, Do., Fr. und Sa. 20.00, jeden So. 19.00
Theater-Kalender Ruhr
Theater-Kalender Ruhr
FREIE SZENE
BAHNHOF LANGENDREER
0234 687 16 12 , Beginn 20.00
Cloozy Haber
Fr. 4.3.
Volk & Knecht
Fr. 25.3.
Vince Ebert
So. 27.3.
CONSOL THEATER GELSENKIRCHEN
0209 988 22 82
Nathan
Di. 1.3. 10.30, Mi. 2.3. 10.30
Geschichten aus der Bütt
Fr. 4.3. 20.00
! Gegen den Fortschritt
Sa. 19.3. 20.00, Di. 22.3. 10.30, Mi. 23.3. 10.30
EBERTBAD OBERHAUSEN
0208 205 40 24, Beginn 20.00
Der Altweiberball der Ruhrwerkstatt 2011
Do. 3.3. 19.30, Fr. 4.3. 19.30
Politischer Aschermittwoch
Mi. 9.3. 20.00
1Live Hau ab XXL!!!-Tour
Do. 10.3. 20.00, Fr. 11.3. 20.00
Christian Alexander Müller
Sa. 12.3. 20.00
Ottfried Fischer
Mi. 16.3. 20.00
Das Bundeskabarett
Do. 17.3. 20.00
Andreas Giebel
Fr. 18.3. 20.00
Kay Ray
Mi. 23.3. 20.00
Sascha Grammel
Do. 24.3. 20.00
Ingo Oschmann
Fr. 25.3. 20.00
La Signoras Comedy Club Spezial
Di. 29.3. 20.00
Hennes Bender
Mi. 30.3. 20.00
Gerhard Pott
Do. 31.3. 20.00
FLOTTMANN - HALLEN HERNE
02323 16 29 51
PlatzRegen
Fr. 4.3. 20.00, Sa. 5.3. 20.00
Kay Ray
Mi. 9.3. 20.00
Das GlasBlassSing-Quintett
Mi. 16.3. 20.00
Hokuspokus
Fr. 18.3. 20.00
Räuber spielen
Mi. 23.3. 11.00, Fr. 25.3. 11.00, Sa. 26.3. 19.00
HILPERT THEATER LÜNEN
02306 104 22 99
Liebesperlen
Fr. 4.3. 20.00, Sa. 5.3. 20.00
Der Richter und sein Henker
Sa. 12.3. 20.00
Das Käthchen von Heilbronn
Di. 15.3. 20.00, Mi. 16.3. 11.00
Carmen
Sa. 19.3. 20.00
Auf der anderen Seite
Mi. 23.3. 20.00
Hagen Rether
Do. 31.3. 20 Uhr
PACT ZOLLVEREIN ESSEN
0201 289 47 00, Beginn 20.00
Eszter Salomon
Fr. 4.3., Sa. 5.3.
Mandafounis, Mazliah, Zarhy
Fr. 18.3., Sa. 19.3.
Philipp Gehmacher
Di. 29.3., Mi. 30.3.
PRINZ REGENT THEATER BOCHUM
0234 77 11 17
Der Tod eines Bienenzüchters
Mi. 2.3. 20.00
Mein lieber Schwan
Fr. 4.3. 20.00, Sa. 5.3. 20.00, So. 6.3. 19.00, Sa.
19.3. 20.00, So. 20.3. 19.00
Job Act®: Das Versprechen
Fr. 11.3. 19.30, Sa. 12.3. 19.30, So. 13.3. 18.30
Die Grönholm-Methode
Mi. 16.3. 20.00, Do. 17.3. 20.00
Das Interview
Di. 22.3. 20.00, Mi. 23.3. 20.00
Prinz Friedrich von Homburg
Fr. 25.3. 20.00, Sa. 26.3. 20.00
Iphigenie auf Tauris
Mi. 30.3. 20.00, Do. 31.3. 20.00
HUNDERTMEISTER DUISBURG
0203 298 30 86, Beginn 20.00
Kabarett Bundes:Liga
Sa. 5.3.
Annette Kruhl
Do. 10.3.
1Live Hau ab XXL!!!-Tour
Mi. 16.3.
Kerim Pamuk
Do. 17.3.
Ken Bardowicks
So. 20.3.
WDR-Kabarettfest
Mi. 23.3.
Heinz Gröning
Do. 24.3.
Emmi & Herr Willnowsky
Di. 29.3.
Sia Korthaus
Mi. 31.3.
RINGLOKSCHUPPEN MÜLHEIM
AN DER RUHR
0208 99 31 60, Beginn 19.30
Next Generation: Not in our name
Sa. 12.3.
Abwärtsbunker
Do. 17.3., Fr. 18.3.
In der Einsamkeit der Baumwollfelder
Do. 24.3., Fr. 25.3.
KULTURZENTRUM HERNE
02323 16 27 79
Der Ferienkönig
Mi. 9.3. 19.30
Mirja Boes
Fr. 11.3. 20.00
Die Schöne und das Biest
Mi. 16.3. 16.00
The Best of Swedish Legend
Do. 24.3. 20.00
KULTURZENTRUM WICHERN DORTMUND
0231 86 30 98 3, Beginn 19.30
Volk & Knecht
Fr. 18.3.
Süchtig
Do. 31.3.
LWL INDUSTRIEMUSEUM ZECHE
ZOLLVEREIN II/IV
0201 289 47 00, Beginn 20.00
Geierabend 2011 - Ruhrpottkarneval
Di. 1.3. 19.30, Mi. 2.3. 19.30, Do. 3.3. 19.30, Fr.
4.3. 19.30, Sa. 5.3. 19.30, So. 6.3. 18.30, Mo.
7.3. 19.30, Di. 8.3. 19.30, Mi. 9.3. 19.30
RÜ-BÜHNE ESSEN
0201 384 67 66, Beginn 20.00
Ballett Oriental
Sa. 5.3. 20.00
Karl-Heinz Henrich
So. 6.3. 20.00
Romulus der Grosse, eine ahistorische
Komödie
Fr. 11.3. 19.30, Sa. 12.3. 19.30, So. 13.3. 19.30
Mr. Pilks Irrenhaus
Fr. 18.3. 20.00, Sa. 19.3. 20.00, So. 20.3. 20.00
Elvis Eifel Tour 2011
Fr. 25.3. 20.00
Improgranti aus Bochum
Sa. 26.3. 20.00
Firelands
So. 27.3. 19.00
STRATMANNS THEATER ESSEN
0201 820 40 60
Doktor Stratmann
Mi. 2.3. 20.00, Do. 3.3. 20.00, Fr. 4.3. 20.00, Sa.
5.3. 20.00, Sa. 26.3. 20.00, So. 27.3. 19.00
Männerhort
So. 6.3. 19.00
Die 39 Stufen
Fr. 11.3. 20.00, Sa. 12.3. 20.00
Unter Vögeln
So. 13.3. 20.00, Do. 17.3. 20.00, Fr. 18.3. 20.00
Caveman
Sa. 19.3. 20.00, So. 20.3. 19.00
Mädelsabend
Do. 24.3. 20.00, Fr. 25.3. 20.00
THEATER AM MARIENTOR
0203 28 54 40
Volker Pispers
Sa. 12.3. 20.00
Vorfinale Duisburger Tanztage
Sa. 26.3. 15.00
Finale Duisburger Tanztage
Sa. 27.3. 19.00
THEATER FLETCH BIZZEL DORTMUND
0231 14 25 25
Emscherblut
Mi. 2.3. 20.30
Björn Jung
Fr. 4.3. 20.30, Sa. 5.3. 20.30
Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran
Sa. 12.3. 20.30, So. 13.3. 19.00
Das kunstseidene Mädchen
Fr. 18.3. 20.30, Sa. 19.3. 20.30, Fr. 25.3. 20.30,
Sa. 26.3. 20.30
Psycho-Spielchen zwischen People-Press-Puppe und politischem Journalisten: In Theodor
Holmanns „Das Interview“ geraten ein frustrierter Journalist und ein vollbusiges, selbstüberschätztes Starlett aneinander. Im Prinz Regent Theater, Foto: Edi Szekely
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THEATER FREUDENHAUS IM GREND ESSEN
0201 851 32 30
Pott sei Dank!
Fr. 4.3. 20.00, Sa. 5.3. 20.00, So. 6.3. 19.00
Grell, greller, Kay Ray: Extravaganz und MultiTask-Performance sind hier der Standard. In
seinem Programm „Haarscharf“ kommen nicht
nur knallbunte Strähnen zur Entfaltung. In den
Flottmann – Hallen Herne, Foto: Thomas Nitz.
Budenzauber
Fr. 11.3. 20.00, Sa. 12.3. 20.00, So. 13.3. 19.00
Freunde der italienischen Oper
Fr. 18.3. 20.00, Sa. 19.3. 20.00, So. 20.3. 19.00
Eli und die Alten Herren
Do. 24.3. 20.00, Fr. 25.3. 20.00
Zwei Witwen sehen rot
Sa. 26.3. 20.00
Danke, Bitte, Tach und Tüss…
So. 27.3. 19.00
THEATER IM DEPOT DORTMUND
0231 982 23 36
Book of Faces
Sa. 5.3. 20.00
Mir scheint, als wäre ich bunter geworden
Sa. 12.3. 19.30
The Piggelz
So. 13.3. 17.00
FischBAR
Do. 17.3. 20.00
Bad or Mad
Fr. 25.3. 20.00, Sa. 26.3. 20.00, So. 27.3. 19.00
Bald ruh ich wohl – Eichmanns letzte Nacht
Do. 31.3. 11.00 und 20.00
THEATER ROTTSTR. 5 BOCHUM
0163 761 50 71, Beginn 19.30
Lieblingsmenschen
So. 6.3.
Il Postino
Mo. 7.3.
Nibelungen #2: Siegfrieds Tod
Do. 10.3., Fr. 25.3.
Geschlossene Gesellschaft
+
Fr. 11.3., Do. 31.3.
Fight Club
Sa. 12.3.
Nibelungen #1: Siegfried Superheld
Fr. 18.3., Do. 24.3.
Fräulein Julie
Sa. 19.3., Sa. 26.3.
Traum eines lächerlichen Menschen
So. 20.3.
Angry young Men: Wodka in Dublin
So. 20.3.
Angry young Men: Richard 3
Mi. 23.3.
Nach Troja III
Mi. 23.3.
S. – Requiem für Sylvia Plath
So. 27.3.
Werther
So. 27.3.
WERK°STADT WITTEN
02302 171 31 65
Lisa Feller
Do. 10.3.
Oliver Polak
Sa. 12.3.
Horst Schroth
Sa. 19.3.
Programmauswahl
DORTMUND
Ausstellung
Konzert
Benno Elkan
Avishai Cohen
Konzert
Film
Abraham Inc.
Promises
Konzert
Lesung
Esther Ofarim
Barbara Honigmann
Tanz / Theater
Biogralsches Theater
ORTO- DA Theatre Group
„Ein anderes Leben“
Museum für Kunst und Kulturgeschichte
18.03. – 22.05.
domicil
24.03.
domicil
06.04.
sweetSexteen- Kino im Depot
09. + 10.04.
Konzerthaus
31.03.
Taranta Babu
14.04.
Theater im Depot
02.04.
Theater im Depot
15.04.
weitere Veranstaltungen, Infos, Tickets:
KulturInfo Shop - KIS
www.dortmund.de/kis
0231 / 50 2 77 10
26
www.trailer-ruhr.de
www.facebook.com/trailerruhr
JENNIFER LAWRENCE IN
WINTER’S BONE
EIN FILM VON DEBRA GRANIK
www.wintersbone-derfilm.de
ab 31.3. im Kino
culture club
culture club
Kino Café
Film
Small World
DER PLAN
Konrad Lang war als zurückgelassenes Kind einer Angestellten Spielkamerad
des gleichaltrigen Thomas aus der reichen Industriellenfamilie Senn. Nachdem
beide sich in die gleiche Frau verliebten und der reiche Junge den Joker zog,
trennten sich ihre Wege. Jahrzehnte später, die beiden sind über 60, leidet
Konrad an Alzheimer, hat versehentlich das Feriendomizil der Senns abgefackelt und platzt ungebeten in die Hochzeitsfeier von Thomas‘ Sohn.
In der Reihe Kino Café – Kuchen und Kaffee zum Kino.
Eine verhängnisvolle Affäre, die sich zum schwindelerregenden Thriller auswächst: Gemeinsam mit einer schönen Ballerina (Emily Blunt) gerät der Kongressabgeordnete David (Matt Damon) in ein tödliches Komplott. Drehbuchautor George Nolfi („Das Bourne Ultimatum“) suchte sich für sein Regiedebüt
eine wundervolle Kurzgeschichte des Science-Fiction-Autors Philipp K. Dick
aus dem Jahre 1954 aus.
Bochum: Am Einkaufszentrum 22
Karten: 0234 239 02 34
Union Kinos im Forum
Hans-Böckler-Platz 10, Mülheim a. d. Ruhr
Karten: 0208 99 18 70
Duisburg: Neudorferstraße 36-40
Karten: 0203 301 90
www.uci-kinowelt.de
www.cinemotion-kino.de
trailer verlost je 3x2 Karten. Email bis 31.3. an [email protected]
Kennwort: „Small World Bochum“ oder „Small World Duisburg“
trailer verlost zum Kinostart am 10. März 3 x 2 Karten für die erste Abendvorstellung.
Email bis 7. März an [email protected], Kennwort: Der Plan
Mi, 6. April, um 14.30 Uhr
Do, 10. März, um 20.00 Uhr
„...ein absoluter TRIUMPH...“
– The New York Times
„UNVERGLEICHLICH“
07. - 11.09.11 / OBERHAUSEN
KÖNIG-PILSENER-ARENA
TICKETS: 0208 - 82 000 · 01805 - 57 00 70*
Örtliche Durchführung: Dirk Becker Entertainment GmbH in Kooperation mit BB Promotion GmbH
www.cirquedusoleil.com
PRESENTED BY
OFFICIAL SPONSORS
MEDIA PARTNERS
*0,14 €/Min. aus dem Festnetz, Mobilfunk max. 0,42 €/Min.
– Los Angeles Times
34
Film-ABC
Vorspann
Lee (Jennifer Lawrence) muss sich um ihre Familie kümmern, Foto: Ascot Filmverleih
KULTUR.KINO.RUHR.
22 Jhg. I März 2011
FILMKRITIK-ÜBERSICHT
FILMSTART-TERMINE
24.2. 3.3. 10.3. 17.3. 24.3.
43
DER ADLER DER NEUNTEN LEGION
47
ALLES ERLAUBT
X
39
ALMANYA
X
38
BETTY ANN WATERS
47
BIG MAMA’S HAUS
40
BIUTIFUL
41
LA DANSE
43
DRIVE ANGRY
36
EINE FAMILIE
47
FASTER
45
DER GANZ GROSSE TRAUM
39
GNOMEO UND JULIA
43
ICH BIN NUMMER VIER
X
44
IN EINER BESSEREN WELT
X
43
I KILLED MY MOTHER
47
IRON DOORS
40
JACK IN LOVE
47
JUSTIN BIEBER
47
DER LETZTE TEMPELRITTER
43
MEINE ERFUNDENE FRAU
45
PICCO
47
PINA
45
DER PLAN
43
POWDER GIRL
43
RANGO
47
THE RITE – DAS RITUAL
X
40
DAS SCHMUCKSTÜCK
X
39
THE TREE
38
TRUE GRIT
39
UNKNOWN IDENTITY
41
WINTER’S BONE
MDT
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Besucht die Kinos der Region: Frank Brenner
Bitte mehr kopieren!
Warum die Guttenbergsche Taktik im Filmbetrieb so wichtig ist
Mit einer Kopie kommt die ganze Sache ins Rollen. Diese lässt ein Filmverleih
machen, um sie dann für einen entsprechenden Betrag an bestimmte Kinos zu
schicken. Welche Lichtspielhäuser dabei eine Kopie bekommen, hängt insbesondere von dem mehr oder weniger fiktiven Prädikat „Filmregion“ ab. Großstädte
wie Berlin, München oder Köln tragen diese Bezeichnung aber nicht nur, weil sie
eine erhebliche Dichte an Kinos vorweisen können. Sie gelten vor allem als wichtige Standorte der deutschen Filmindustrie. Die Nähe zwischen Produktionsfirmen, Verleihern und Kinobetreibern ermöglicht hier insbesondere Filmen, die
auf keiner großen Promotionwelle reiten
„Es ist nicht mehr so, dass das
können, bessere Ausgangsbedingungen,
Kino als Monopol der Filmausum einen Projektionsort zu finden. Würwertung fungiert“
de man sich allein an das Kriterium einer
dichten Kinolandschaft klammern, so bräuchte sich das Ruhrgebiet nicht gleich
hinter diesen Filmzentren zu verstecken. Gleichwohl wissen einige Kinobetreiber
ein wehklagendes Lied darüber zu singen, wie schwer es ist, kleine Filme auch
ins Ruhrgebiet zu holen, den technischen Standard zu warten und ein aktuelles
Programm zu gestalten. Es ist auch nicht mehr so, dass das Kino als Monopol der
Filmauswertung oder als einziger innerstädtischer Treffpunkt fungiert.
All dies sind nicht gerade rosige Rahmenbedingungen und man möchte zum
kulturpolitischen Agitator werden, der sich hier für mehr institutionelles Engagement einsetzt, damit das Ruhrgebiet seine Kinodichte aufrecht erhalten
kann. Warum dies so wichtig ist, liegt auf der Hand. Auch in diesem Monat
starten zwischen Rhein und Ruhr wieder mehr als zwanzig Filme, von denen
viele internationale – im Sinne von nicht-amerikanischen – Produktionen sind.
Es ist dabei keine Selbstverständlichkeit, eine solche Auswahl vorzufinden. Noch
weniger darf man voraussetzen, dass sie von einem großen Publikum wahrgenommen wird. Und dies (hier ist jetzt Schluss mit der Kausalkette) hat wiederum
Auswirkungen darauf, wie viele Filmkopien pro Monat in das Ruhrgebiet trudeln,
denn die Kinos verdienen nicht am Film, sondern an den Eintrittskarten und
dem „Popcorn“ (allgemeine Umschreibung für Essen und Trinken im Kino), also
durch ihn.
X
X
X
X
X
31.3.
Lesen Sie mehr: www.trailer-ruhr.de / kino
Eine Art ideale Balance zwischen Guttenbergschem Glamour und besonderem
Kommunalkino hält die Essener Lichtburg. Wo schon vor dem Kinostart die Stars
zur Deutschlandpremiere ihres Films vorfahren, schlendert am Tag darauf das
Essener Publikum wieder in den riesigen Theatersaal. Wir befragten in unserem
Kino-Portrait die Kinoleiterin Marianne Menze zu dieser deutschlandweit einzigartigen Filmstätte. Außerdem traf sich trailer mit dem iranischen Regisseur
Ali Samadi Ahadi, der diesen Monat mit „The Green Wave“, einem mit Animationen versetzten Dokumentarfilm über die grüne Revolution im Iran 2009, in den
Kinos startet. Leider gibt es noch keine Kopie im Ruhrgebiet. Hoffen wir darauf,
dass sich das schnell ändert.
Frank Brenner
35
Neue Filme
Verstehen sich bestens: Vater (Jesper Christensen) und Tochter (Lena Maria Christensen)
Eine Familie
Ein Film von Pernille Fischer Christensen
Ein Familienunternehmen droht am Tod des Familienoberhauptes zu zerbrechen.
Gefühlvolles Familiendrama
Ditte (Lena Maria Christensen) ist Galeristin in Kopenhagen und mit dem
Künstler Peter (Pilou Asbæk) liiert. Beruflich öffnen sich ihr gerade neue Türen:
Ein Job in New York winkt und damit Galeriebesuche in aller Welt. Als sie
merkt, dass sie schwanger ist, müssen Peter und sie abwägen, ob sie das Kind
behalten wollen, denn der Nachwuchs lässt sich nicht mit der Karriere vereinbaren. Zu allem Überfluss erkrankt Dittes Vater Rikard (Jesper Christensen). Das
Familienoberhaupt führte jahrzehntelang stolz und erfolgreich die Traditionsbäckerei, die innerhalb von drei Generationen zum königlichen Hoflieferanten
aufgestiegen ist. Ditte ist Papas Liebling. Nun, den Tod vor Augen, will er das
Zepter an sie weiter reichen. Schon bald ist Ditte überfordert von der Situation, denn eines ist für sie gewiss: „Ich bin keine Bäckerin.“ Und Ditte will
das Leben leben.
Eine Familie, drei Generationen, ein Traditionsbetrieb aus Großvaters Zeiten,
dessen Existenz auf dem Spiel steht, weil der Nachwuchs andere Wege einschlägt. Dieses Drama hätte das Zeug zum Buddenbrookschen Familien-Epos.
Sogar der Konflikt zwischen väterlichem, unerbittlichen Fokus auf den
Fortbestand der Firma und dem Kind, das sich der Kunst verschreibt, erinnert
an Thomas Manns Jahrhundert-Roman. Doch Regisseurin Pernille Fischer
Christensen verweigert sich dem Epischen und beschränkt ihr Drama auf übersichtliche 102 Minuten, in denen sie von der Familie an sich erzählen möchte,
die „sowohl ein Privileg als auch eine Verpflichtung“ darstellt. Von dieser
anfänglichen Ausrichtung rückt die Filmemacherin ab, sobald Vater Rikard in
den Mittelpunkt gerät, der, zuerst noch mitten im Leben, durch den
Krankheitsverlauf zunehmend wirr und verbittert, am Ende kraftlos um den
Erhalt seines Lebenswerks kämpft. Allein die markante Präsenz von Jesper
Christensen vereinnahmt mehr und mehr die Leinwand. Klingen die Konflikte
um ihn herum anfangs nur an, so verdichtet sich das Drama durch Christensen
zu einem wundervollen, traurigen Film über das Sterben im Kreis der Familie.
Das mag klar auf Kosten der eigentlichen Idee gehen: Der Konflikt, der Ditte
zwingt, sich zwischen familiärer Verpflichtung und der Verlockung der weiten
Welt zu entscheiden, der eine verfehlte Kommunikation mit ihrem Lebenspartner nach sich zieht, die Rolle ihrer Geschwister und der zweiten Frau des
Vaters – all das streift Pernille Fischer Christensen, am Ende aber bleibt es nur
angedeutet und somit beinahe trivial. Das Drama punktet dagegen klar mit
der lebensnahen Darstellung des drohenden Todes Rikards. Der Krankheitsverlauf Rikards versetzt die Angehörigen in ein Wechselbad der Launen und
Gefühle, die Regisseurin verzichtet auf filmästhetische Verstärkung. Sie fängt
mit berührender Schlichtheit Schmerz, Streit, Verzweiflung und sanfte Ruhe
ein – Stimmungen, die die Protagonisten entzweien und versöhnen. Selten
wurde die Sanftmut eines Todes so gefühlvoll auf die Leinwand gebannt.
HARTMUT ERNST
Berlinale 2010: FIPRESCI Preis
DK 2010 - Drama - Regie: Pernille Fischer Christensen - Kamera: Jakob Ihre - mit:
Jesper Christensen, Line Kruse, Coco Hjardemaal - Verleih: Tobis - Start: 3.3.
BO: Casablanca/Metropolis, E: Filmkunstkinos, MÜL: Cinemotion
EINE FAMILIE – Am Rande
„Eine Familie“ erzielt seine große Intensität durch eine fast dokumentarische Authentizität. „Wir haben mit den Sets gearbeitet, die wir vorfanden.
Wenn es regnete, dann regnete es auch in der Szene, und wenn die Sonne
rauskam, dann war es ebenso. Wir filmten die Umgebung so wie sie eben
war, und das Gefühl der Intimität, das dieser Film vermittelt, resultiert
genau daraus“, erklärt die Regisseurin. „Es ist eine Bildästhetik, die ich in
all meinen Filmen zu pflegen versuche, dieses Gefühl des Augenblicks,
Zeuge eines Teils vom ‚echten Leben’ zu sein“.
Damit knüpft Pernille Fischer Christensen an die Dogma-Tradition ihrer
Produktionsfirma Zentropa Entertainments an, die 1992 von dem Regisseur Lars von Trier und dem Produzenten Peter Aalbæk Jensen gegründet
wurde. In ihrem Dogma 95 stellten Lars von Trier, Thomas Vinterberg,
Kristian Levring und Søren Kragh-Jacobsen vor nunmehr 16 Jahren zehn
Regeln auf, die der Wirklichkeitsentfremdung des Kinos Einhalt gebieten
sollten. Nur an Originalschauplätzen, ohne künstliche Beleuchtung und
nur mit Handkameras dürfe gedreht werden. Keine Musik, die nicht durch
die Handlung motiviert ist, und keine Nennung des Regisseurs / der
Regisseurin im Vor- oder Abspann waren weitere Forderungen.
Auch wenn es keinen einzigen Film gibt, der allen Dogma-Regeln entspricht, hatte das Manifest doch eine nachhaltige stilbildende Wirkung
auf den dänischen Film. Zu den wichtigsten Werken, die aus der DogmaBewegung hervorgegangen sind, zählen Vinterbergs „Das Fest“, von Triers
„Idioten“ und Kragh-Jacobsens „Mifune“.
CHRISTINE SCHILHA
Mehr Infos zu Zentropa Entertainments unter: www.zentropa.dk
36
Kritikerspiegel
Die häufigsten Nennungen
Arnold
Hohmann
Sascha
Westphal
Sebastian
Ko
R.-Ruediger
Hamacher
Katja
Nicodemus
Michael
Kohler
Ingrid
Bartsch
Frank
Brenner
Marieke
Steinhoff
Lars Olaf
Beier
Cristina
Nord
Hartmut
Ernst
WAZ
EPD-Film
WDR
1 LIVE
film-Dienst
Die Zeit
Frankfurter
Rundschau
ARD Morgenmagazin
trailer
Schnitt
Spiegel
taz
engels
Biutiful
von
A. G. Iñárritu
Biutiful
von
A. G. Iñárritu
True Grit
von
E. Coen,
J. Coen
Pina
von
W. Wenders
In einer besseren Welt
von
S. Bier
Almanya Willkommen
in Deutschland
von
Y. Samderel
*Enthaltung
Biutiful
von
A. G. Iñárritu
Ich bin Nummer vier
von
D.J. Caruso
True Grit
von
E. Coen,
J. Coen
The Tree
von
J. Bertucelli
Almanya Biutiful
Willkommen
von
in Deutschland A. G. Iñárritu
von
Y. Samderel
Sascha
von
D. Todorovic
Biutiful
von
A. G. Iñárritu
Almanya Willkommen
in Deutschland
von
Y. Samderel
Almanya Willkommen
in Deutschland
von
Y. Samderel
Das Schmuckstück
von
F. Ozon
Das
Schmuckstück
von
F. Ozon
Almanya Mein Kampf
Willkommen
von
in Deutschland U. Odermatt
von
Y. Samderel
Almanya Willkommen
in Deutschland
von
Y. Samderel
Eine Familie
von
P. F. Christensen
Wer wenn
nicht wir
von
A. Veiel
True Grit
von
E. Coen,
J. Coen
Biutiful
von
A. G. Iñárritu
Eine Familie
von
P. F. Christensen
In einer besseren Welt
von
S. Bier
Pina
von
W. Wenders
In einer besseren Welt
von
S. Bier
Betty Anne
Waters
von
T. Goldwyn
Eine Familie
von
P. F. Christensen
Almanya Willkommen
Herausragend in Deutschland
von
Y. Samderel
Bemerkenswert
Biutiful
von
A. G. Iñárritu
Best of
Comedy
Best of
Dram
The Tree
von
J. Bertucelli
Unknown
Identity
von
J. Collet-Serra
Besondere
Erwähnung
Pina
von
W. Wenders
Das
Schmuckstück
von
F. Ozon
The Green
Wave
von
A. S. Ahadi
Almanya Pina
Willkommen
von
in Deutschland W. Wenders
von
Y. Samderel
Das
Schmuckstück
von
F. Ozon
Pina
von
W. Wenders
Der ganz
große Traum
von
S. Grobler
True Grit
von
E. Coen,
J. Coen
True Grit
von
E. Coen,
J. Coen
The Green
Wave
von
A. S. Ahadi
Kino-Kalender
PREVIEWS, FILMREIHEN, FESTIVALS & SONDERVORFÜHRUNGEN
1.3., 18.00 Uhr, NOSTALGIE DES LICHTS (Omu), Kino Babylon Hagen
Politisch-essayistischer Dokumentarfilm des Chilenen Patricio Guzman
17.3., 18.00 Uhr, ÄLTER WERDEN IN DEUTSCHLAND,
Schauburg Dortmund
Ein Film der das Altern türkischstämmiger Senioren in Deutschland
portraitiert. In Kooperation mit der AWO und der Arbeirtswohlfahrt
2.3., 18.00 Uhr, LA REFUGE – RÜCKKEHR ANS MEER (OmU),
Astra Theater Essen
François Ozon kommt wieder mit „Das Schmuckstück“. In Essen zeigt
man in Kooperation mit dem Deutsch-Französischen Institut sein Werk
aus dem Jahr 2009.
16.3., 20.00 Uhr, CARMEN, Cinestar Dortmund
George Bizets Oper in 3D-Exklusivübertragung aus dem Londoner Royal
Opera House
15.3., 19.30 Uhr, CLOCKWORK ORANGE (OF),
Sweet Sixteen-Kino Dortmund
Stanley Kubricks gewaltkritisches Manifest im Pop-Art-Milieu der
Siebziger. In der Reihe „Film und Architektur“ des Sweet Sixteen-Kinos
und der Architektenkammer
7.3., 17.00 Uhr, DON QUICHOTTE, UCI Bochum/Duisburg
Live-Übertragung auf Kinoleinwand des Ballettstückes nach dem Epos
von Cervantes
8.3., 18.00/20.30 Uhr, WE WANT SEX, Schauburg Gelsenkirchen
Am Weltfrauentag zeigt die Schauburg den Kampf der Arbeiterinnen
aus dem Dagenhamer Ford-Werken gleich zweimal.
We want Sex
9.3., 18 Uhr/17.3., 20 Uhr, DER ZORN (OmU),
Black Box-Kino Düsseldorf
Die Retrospektive zu Pier Paolo Pasolini präsentiert diesen außergewöhnlichen Kompilationsfilm
Lost in Translation
16.3., 20.00 Uhr, DIE JUNGS VOM BAHNHOF ZOO,
Eulenspiegel Theater Essen
Preview des neuen Films von Kult-Regisseur Rosa von Praunheim in
seiner Anwesenheit
17.3., 20.00 Uhr, SÜDAMERIKA – MIT DEM FAHRRAD AUF EXTREMER TOUR, Schauburg Gelsenkirchen,
Eine Live-Multivisionsshow nimmt die Gäste auf eine audiovisuelle
Reise durch den Kontinent
28.3., 17.30 Uhr, HELEN, Casablanca Bochum
In Kooperation mit dem Verein für psychosoziale Beziehung e.V. findet
nach dem Film eine Diskussion über das Thema Depression statt
20./27.3., 16.00 Uhr, DIE WILDE FARM, Walzenberger Oberhausen
Kino für die ganze Familie zur rasenden französischen Tier-Komödie
20.3., 20.30 Uhr, SASCHA, Lichtburg Oberhausen
Preview des Films in der Homochrom-Reihe in Anwesenheit des Regisseurs Dennis Todovic
22.3., 19.30 Uhr, LOST IN TRANSLATION,
Sweet Sixteen-Kino Dortmund
Scarlett Johansson ist mit Bill Murray so schön in japanisch-stoischer
Architektur verloren. In der Reihe Architektur und Film
17.3., 21.00 Uhr, HEREAFTER, Cineworld Lünen
Bei „Cineworld Spezial“ werden Filme gezeigt, die noch nicht zum
Bundesstart in Lünen liefen.
Der große Diktator
9.3., 20.00 Uhr, DIE LETZTE VERSUCHUNG CHRISTI,
Casablanca Bochum
Der Skandalfilm von Martin Scorsese läuft in der Reihe „Die Wunde
Wagner“ der Bochumer Symphoniker. Der Eintritt ist frei.
14.3., 15.00 Uhr, GOETHE, Filmwelt Herne
Kino-Café zum Dichter-Portrait von Philipp Stölzl
Hereafter
16.3., 15.30 Uhr, NINOTSCHKA, Filmforum Duisburg
Greta Garbo als loyale Kommunistin in einem der letzten Werke von
Ernst Lubitsch
20.3., 17.00 Uhr, DAS WEIßE BAND, Babylon Kino Hagen
Die Reihe Kirche&Kino zeigt das kontrovers diskutierte und mehrfach
ausgezeichnete Meisterwerk von Michael Haneke
23.3., 20.00 Uhr, DER GROßE DIKTATOR, Casablanca Bochum
Ein weiterer Film in der Reihe „Die Wunde Wagner“, die das Verhältnis
von Wagners Musik zu Israel und den Antisemitismus thematisiert.
Eintritt frei.
20.3., 20.00 Uhr, DAS FLIEGENDE KLASSENZIMMER,
Kino Endstation Bochum
Kurt Hoffmanns Verfilmung des Erich Kästner Romans von 1954 ist
immer noch eine tadellose Nachmittagsbeschäftigung für die ganze
Familie
7.3., 18.00 Uhr, OSCAR GEWINNER 2011, Union-Kino Bochum
Eine Woche nach der Verleihung der Academy Awards zeigt das Bochumer Kino einige Preisträgerfilme
Uhrwerk Orange
37
Die Jungs vom Bahnhof Zoo
Neue Filme
Der Tanz hört nicht am Bühnenrand auf
Western mit Seele
Pina
True Grit
Ein Film von Wim Wenders
Ein Film von Joel und Ethan Coen
Wim Wenders gibt kunstvolle Einblicke in Seele und Kraft der Bühnenkunst von Pina Bausch.
Filmische Verbeugung vor der großen Choreografin
Ein U.S. Marshall und ein Texas Ranger helfen einem jungen Mädchen, den Mord an
ihrem Vater zu rächen.
Beseelter, gewitzter Western
„Man hatte immer den Eindruck, man war mehr als nur ein Mensch, wenn man
mit Pina gearbeitet hat“, sagt ein Mitglied des Tanz-Ensembels aus Wuppertal.
Wim Wenders funktioniert die Kamera zum Opernglas um und hält die Darbietungen des unter Pina Bausch über sich hinaus gewachsenen Ensembles fest.
Beeindruckende, plastische 3D-Aufnahmen zeichnen nach, wie sich die Ausdruckstänzerinnen und –tänzer erhaben, infantil, zwanghaft oder absurd und
immer phantasievoll durch Pinas Welt bewegen. Dass die nicht am Bühnenrand
aufhört, belegen persönliche, improvisierte filmische Widmungen, in denen sich
die Künstler in und um Wuppertal vor ihrer 2009 verstorbenen Lehrerin verneigen. Konzeptionell leicht holprig, gelingt Wim Wenders insgesamt eine sinnliche, stilvolle Ode an die Welt des Tanztheaters.
HARTMUT ERNST
D/F 2010 - Dokumentarfilm - Regie: Wim Wenders - Kamera: Hélène Louvart, Jörg
Widmer - mit: Pina Bausch - Verleih: NFP - Start: 24.2.
BO: Metropolis, UCI, DO: Cinestar, DU: Filmforum (in 2D), UCI, E: Cinemaxx,
Filmkunstkinos Essen, MÜL: Cinemaxx OB: Lichtburg
Würde alles für ihren Bruder (Sam Rockwell) tun: Betty Anne (Hilary Swank)
Betty Anne Waters
Ein Film von Tony Goldwyn
Als ihr Bruder zu Unrecht verurteilt wird, setzt seine Schwester alles in Bewegung,
um ihn auf legalem Weg zu befreien.
Spannendes Tatsachen-Drama
Es ist fürwahr eine filmreife Geschichte: Der junge Vater Kenny Waters (Sam
Rockwell) bekommt 1980 wegen Mordes lebenslänglich aufgebrummt. Seine
Schwester Betty Anne (Hilary Swank) glaubt an seine Unschuld und beginnt, Jura
zu studieren, um ihren Bruder herauszuboxen. Das Tatsachen-Drama, kinogerecht
aufgepäppelt, erzählt zum einen vom Kampf einer starken Frau, die alles opfert,
um ihrem Bruder Gerechtigkeit zukommen zu lassen – Hilary Swank mit ihrer ins
Gesicht gemeißelten Verbissenheit ist da ideal besetzt. Zum anderen liefert der
Film einen interessanten Rückblick auf den Wandel in der Beweisführung vor
Gericht durch den Einbezug von DNS-Spuren Anfang der 90er Jahre. Eine Revolution in der Geschichte der Rechtsprechung, die so manche richterliche Willkür entlarven ließ.
HARTMUT ERNST
Boston Film Festival 2010: Bester Darsteller (Sam Rockwell)
USA 2010 - Komödie - Regie: Tony Goldwyn - Kamera: Adriano Goldman - mit:
Juliette Lewis, Hilary Swank, Minnie Driver - Verleih: Tobis - Start: 17.3.
BO: Union Kino, DO: Cinestar
Joel und Ethan Coen sind Amerikaner durch und durch. Ihre Filme spiegeln
und karikieren den American Way of Life so, wie sie den Genres huldigen
und sie neu erfinden. Da ist es nur konsequent, dass sich in ihr Werk nun
das uramerikanischste aller Kinogenres einordnet – ein Western. Auch
wenn man ihren „No Country for Old Men“ als modernen Western lesen
darf, mit „True Grit“ inszenieren die Coens ihren ersten klassischen Western.
Eine Rachegeschichte, in der die Rächerin in ihrer Stringenz und Kompromisslosigkeit an Quentin Tarantinos „Kill Bill“ erinnert. Nur ist der Racheengel in diesem Fall keine ausgebildete Killerin, sondern ein kleines Mädchen aus dem Wilden Westen, das sich keines Samurai-Schwerts, sondern
zweier Haudegen behilft.
Arkansas, 1872: Als ihr Vater im Streit von Tom Chaney (Josh Brolin) ermordet wird, schwört die 14jährige Mattie Ross (Hailee Steinfeld) Rache und
will den flüchtigen Mörder hängen sehen. Von gesetzlicher Seite kann sie
keine Hilfe erwarten, also engagiert sie für eine Handvoll Dollar den abgehalterten U.S. Marshall Rooster Cogburn (Jeff Bridges). Während der noch
hadert, wird Texas Ranger LaBoeuf (Matt Damon) vorstellig, der Chaney
schon länger wegen anderer Delikte auf der Spur ist und das Kopfgeld kassieren will. Das ungleiche Gespann macht sich auf, den Bösewicht zu jagen.
Dass der Roman von Charles Portis bereits 1969 mit John Wayne in der
Rolle Cogburns verfilmt wurde, interessierte die Brüder Coen nicht. „Wir
machen kein Remake, wir verfilmen den Roman neu“, werden sie von Jeff
Bridges zitiert. Dabei ergötzen sie sich an den umwerfenden Dialogen, die
die literarische Grundlage hergibt und die sich großzügig im Film wieder
finden: Zum ersten Schusswechsel kommt es in diesem Western erst nach
einer geschlagenen Stunde – vorher ballern sich die drei Protagonisten die
Worte um die Ohren. Diese Wortgefechte sind wahrlich ein Genuss: Ein
gewitztes, vorlautes Mädchen, das schon bald dem schießfreudigen Eigenbrötler die Leviten liest; ein Ranger aus dem Machostaat Texas, den das
Mädchen schon bei der ersten Begegnung zum Rodeo-Clown degradiert;
und zwei echte Kerle, die gegeneinander um die Gunst des Kindes rivalisieren, das sie vorführt. Aber keine Angst, Männer: Auch wenn die Dialoge das
Fundament bilden, ist dieser Film noch lange kein Soap-Western. Wenn es
hier endlich knallt, dann wird es derb. Das sind die Coens ihrem Publikum
schließlich schuldig. Es spricht für die Regie-Brüder, dass sie dabei in den
letzten Jahren zunehmend poetisch werden. So klischeebesetzt die zwei
männlichen Hauptfiguren auch sein mögen, sie verkommen keinesfalls zu
eindimensionalen Abziehbildern. Im Gegenteil. „True Grit“ ist, wie bereits
„No Country for Old Men“, eine beseelte Literaturverfilmung. Ein rauer
Western mit Seele, der einem die Tränen ebenso vor Lachen in die Augen
treibt wie vor Rührung. Derb, zynisch, poetisch. Ein Coen-Western.
HARTMUT ERNST
BAFTA Film Preis: Beste Kamera
USA 2010 - Western - Regie: Ethan Coen, Joel Coen - Kamera: Roger Deakins mit: Hailee Steinfeld, Paul Rae, Jeff Bridges - Verleih: Paramount - Start: 24.2.
BO: Casablanca, UCI, Union, DO: Cinestar, DU: UCI E: Cinemaxx, Filmkunstkinos Essen,
GE: Schauburg, HER: Filmwelt, MÜL: Cinemaxx
38
36
Neue Filme
Dr. Harris (Liam Neeson) auf Spurensuche in Berlin
Der Baum hält die Familie zusammen
Unknown Identity
The Tree
Ein Film von Jaume Collet-Serra
Ein Film von Julie Bertucelli
Ein Arzt besucht mit seiner Frau einen Kongress in Berlin. Nach einem Unfall ist
plötzlich nichts mehr, wie es einmal war.
Spannender Thriller
Der Geist eines verstorbenen Vaters scheint in einen Baum eingekehrt. Die
Hinterbliebenen reagieren unterschiedlich.
Mystisch angehauchtes Trauer-Drama
Als Dr. Martin Harris (Liam Neeson) nach einem Unfall aus einem viertägigen Koma
erwacht, steht die Welt, wie er sie kennt, Kopf: Seine Frau (January Jones), mit der
er gerade nach Berlin gereist war, ist plötzlich mit einem Mann verheiratet, der sich
selbst als Martin Harris ausgibt. Als das Unfallopfer hartnäckig nach der Wahrheit
sucht, heften sich ihm schon bald Killer auf die Fersen. Seine letzte Hoffnung: Die
Fahrerin des Unfallwagens (Diane Kruger). Joel Silver („Stirb langsam“, „Lethal
Weapon“) produzierte diese prominent besetzte, internationale Co-Produktion, die
beweist, dass auch die deutsche Hauptstadt das Zeug zur Kulisse für einen ActionThriller mit Hollywood-Format hat. Ein kurzweiliger, gewitzter, spannender GenreReißer - da darf die Logik auch mal auf der Strecke bleiben. HARTMUT ERNST
Dawn (Charlotte Gainsbourg), Mutter von vier Kindern, verliert ihren Mann.
Während sie in Lethargie verfällt, nähert sich ihre achtjährige Tochter Simone
(Morgana Davies) dem urigen Baum an, der das Farmhaus überschattet. Sie
glaubt, dass die Seele ihres Vaters in dem verzweigten Geäst haust. Der Baum
erweckt seltsame Launen und scheint die Vermutung des Mädchens zu bestätigen. Es mag wie ein Horrorfilm anmuten, doch Julie Bertucelli beschränkt sich,
ähnlich wie Peter Weir mit „Picknick am Valentinstag“, auf Andeutungen. Insgesamt geht es der Regisseurin um Trauerverhalten, das sie in einen mystisch
angehauchten Rahmen bettet. Inhaltlich verliert sich der Film dabei gelegentlich, insgesamt aber überzeugt er durch Atmosphäre, Darsteller und die lebendige Spiegelung des Alltags im australischen Hinterland.
HARTMUT ERNST
USA/D/GB/F 2011 - Drama / Thriller - Regie: Jaume Collet-Serra - mit: Aidan
Quinn, Diane Kruger, Bruno Ganz - Verleih: Kinowelt - Start: 3.3.
BO: Bofimax, UCI, Union Kino, DU: UCI, GE: Multiplex Apollo, OB: Lichtburg,
MÜL: Cinemotion
Rasenmäher-Racing der Gartenzwerge
F/AU/D/I 2010 - Drama - Regie: Julie Bertucelli - Kamera: Nigel Bluck - mit:
Marton Csokas, Tom Russell, Charlotte Gainsbourg - Verleih: Pandora - Start: 3.3.
BO: Casablanca/Metropolis, DO: Camera, E: Filmkunstkinos Essen
Sorgt sich um Großvater (Vedat Erincin): Cousine Canan (Aylin Tezel)
Gnomeo und Julia
Almanya – Willkommen in Deutschland
Ein Film von Kelly Asbury
Ein Film von Yasemin Samdereli
Ein Gartenzwerg verliebt sich in eine Gartenzwergin, die allerdings der verfeindeten
Sippe angehört.
Flotter Animationsspaß
Der sechsjährige Cenk ist ganz verwirrt. Ist er nun Deutscher oder Türke? Seine Cousine
Canan erzählt ihm daraufhin, wie sein Großvater nach Deutschland kam.
Tragikomisches Migrantenschicksal
Klare Fronten in den beiden benachbarten Vorstadt-Gärten: Auf der einen Seite
herrschen rot bezipfelte, auf der anderen blau bezipfelte Gartenzwerge, die, sobald
die Menschen aus dem Haus sind, zum Leben erwachen und sich gegenseitig selbiges schwer machen. Bis sich eines Tages Blauzipfel Gnomeo (Bürger Lars
Dietrich) in Rotzipfelin Julia verliebt. Das bringt allerlei Griesgram und Neid ins
Spiel. Angelehnt an Shakespeares Liebestragödie fallen in dieser Pixel-Komödie
zwei Gartenzwergvölkchen übereinander her, die am liebsten mit dem Rasenmäher um die Wette rasen. Das fällt kindgerecht eher scherbig als blutig aus, lässt
nach hinten etwas nach, punktet aber mit witzigen Figuren und Tempo. Elton John
unterlegt den Spaß mit neuen und alten Gute-Laune-Songs. HARTMUT ERNST
Es ist offensichtlich sehr schwer, bei Komödien mit Migrationsthematik den richtigen Ton zu finden. Sonst gäbe es nicht so viel Klamauk, der vor den ernsten Hintergründen des Themas flüchtet. Die Schwestern Yasemin und Nesrin Samdereli –
Regie und Drehbuch – haben diesen Ton jedoch gefunden. Anfänglich mit gutem,
drastischem und sehr klugem Humor, werden sie immer ernsthafter und gefühlvoller in ihrem drei Generationen umspannenden Film über Türkische Migranten
in Deutschland. Der Clou, die Türken deutsch, die Deutschen hingegen ein Kauderwelsch, dass an Chaplins großen Diktator erinnert, sprechen zu lassen, ist großartig. Denn Einfühlung und Identifikation funktioniert über die Sprache. Und so sind
einem die Türken sehr schnell viel näher als die komischen Deutschen, die zudem
kannibalistisch Blut und Fleisch von Gottes Sohn verzehren. CHRISTIAN MEYER
GB/USA 2011 - Trickfilm / Fantasy - Regie: Kelly Asbury - Verleih: Walt Disney Start: 24.3.
BO: UCI, Union Kino, DU: UCI, E: Cinemaxx, GE: Mulpitplex Apollo, HER:
Filmwelt, MÜL: Cinemaxx, Cinemotion, Rio Mülheim, Lichtburg Oberhausen
D 2010 - Komödie - Regie: Yasemin Samdereli - Kamera: Ngo The Chau - mit:
Demet Gül, Aylin Tezel, Vedat Erincin - Verleih: Concorde - Start: 10.3.
BO: Union Kino, DO: Camera, Cinestar, GE: Multiplex Apollo, OB: Lichtburg
39
Neue Filme
Sieht nur so aus, als sänge sie: Catherine Deneuve
Opfert sich für seine Kinder auf: Uxbal (Javier Bardem)
Das Schmuckstück
Biutiful
Ein Film von Francois Ozon
Ein Film von Alejandro González Iñárritu
Frankreich 1977: Suzanne Pujol ist im Leben ihres Fabrikanten-Gatten Robert nicht
mehr als ein dekoratives „Schmuckstück“ - bis sie nach dessen Herzinfarkt die Firmenleitung übernimmt.
Nostalgische Emanzipationskomödie
Uxbal schlägt sich mit illegalen Machenschaften durch, um seine beiden Kinder zu
versorgen. Da erfährt er von einer schweren Krankheit.
Komplexe Reflexion über Leben und Tod
Mit der Rolle der wunderschönen Regenschirmverkäuferin Genevieve in Jacques
Demys durchgehend gesungenem Liebes-Melodram „Die Regenschirme von
Cherbourg“ begann 1963 die internationale Karriere von Catherine Deneuve. Nun,
fast 50 Jahre später, joggt sie als Gattin eines ausbeuterischen RegenschirmFabrikanten (wunderbar cholerisch: Fabrice Luchini) im knallroten Trainingsanzug
und mit Lockenwicklern durch den Wald. Die Reminiszenzen an Demy sind vielfältig. So hat man auch in „Das Schmuckstück“ ständig die Erwartung, dass die
Schauspieler anfangen zu singen. Aber Deneuve und Depardieu wagen in Erinnerung an ihre Liebe nur mal einen berührenden Disco-Tanz à la Travolta und zum
Schluss trällert Deneuve fröhlich: „Das Leben ist schön“. Wie das Kino, das man
nach diesem Film beschwingt verlässt.
ROLF-RUEDIGER HAMACHER
F 2010 - Komödie - Regie: François Ozon - Kamera: Yorick Le Saux - mit: Gérard
Depardieu, Sergi Lopez, Gautier About - Verleih: Concorde - Start: 24.3.
DO: Camera, Cinestar, OB: Lichtburg, DU: Filmforum
Lernt für Connie (Amy Ryan) Schwimmen: Jack (Philip Seymour Hoffman)
Jack in Love
Ein Film von Philip Seymour Hoffman
Jack ist Chauffeur und liebt Reggae. Und er ist ein Eigenbrötler. Als seine Freunde den
ewigen Single mit Connie verkuppeln wollen, bemüht er sich ernsthaft.
Ruhiges Außenseiterdrama
Jack und sein Kollege Clyde würden gerne ihr Chauffeur-Dasein an den Nagel
hängen und beruflich vorankommen. Während aber zumindest Clyde privat
schon lange in festen Händen ist, ist der ewige Single Jack nach all den Jahren
schon etwas eigen geworden. Aber er ist ein gutherziger Kerl, und als ihm Clyde
und seine Frau Lucy Connie vorstellen, ist er voll motiviert, sein Leben für sie zu
ändern. Mit Hilfe eines Schwimm- und eines Kochkurses will er der Angebeteten
imponieren. Während sich Jack und Connie näher kommen, zeigen sich jedoch
bei Clyde und Lucy Risse. Seymour Hoffmans Regie-Debüt ist unaufgeregt charmant. Auch wenn sie ein wenig penetrant auf dem Nerd-Faktor seiner Hauptfigur herumreitet, ist „Jack in Love“ eine sympathische kleine Geschichte um
Großstädter am Rande des Nervenzusammenbruchs.
CHRISTIAN MEYER
Alejandro González Iñárritu, Meister des verschachtelten Erzählens, macht es
dieses Mal ganz einfach. „Biutiful“ ist chronologisch und linear entlang einer
Person erzählt. Aber „Biutiful“ wäre kein Film von Iñárritu, wenn es dann nicht
doch sehr komplex würde.
Mit Uxbal taucht Iñárritu ein in ein gesellschaftliches Schattendasein, das für
viele Menschen zum Alltag geworden ist. Nachdem sein letzter Film „Babel“
ganz allgemein verschiedene Globalisierungseffekte narrativ verwob, widmet er
sich nun dem Thema der Migration. Uxbal verdient sein Geld, indem er das Leben und vor allem die Arbeit von illegalen Einwanderern organisiert – senegalesische Straßenhändler oder chinesische Näherinnen. Uxbal nimmt damit eine
äußerst widersprüchliche Rolle ein: Zum einen Schützt er die Migranten vor
dem Zugriff der Polizei und setzt sich für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen ein. Zum anderen profitiert er ja gerade von ihrem unsicheren, illegalen Status und den relativ schlechten Rahmenbedingungen ihres Daseins. Die
Widersprüchlichkeit setzt sich im Privaten fort: Uxbal hält seine manisch
depressive Frau Maramba von den gemeinsamen Kindern fern. Zum Schutze
der Kinder, die zugleich unter der Trennung von der Mutter leiden. Richtig und
falsch verschwimmen in der Welt von „Biutiful“. Und so kann eine unmoralische
Handlung Gutes bewirken und gut Gemeintes direkt in die Katastrophe führen.
Als Uxbal von seiner tödlichen Krankheit erfährt, muss er akzeptieren, dass
seine Möglichkeiten des Handelns sehr begrenzt und endlich sind. Er muss mit
sich und der Welt ins Reine kommen. Und er muss dafür sorgen, dass es seinen
Kindern auch nach seinem Tod gut geht. Doch in dem täglichen Hamsterrad der
Verantwortung wird sein Körper zunehmend schwächer.
In den engen Gassen Barcelonas – nicht im Zentrum, sondern in den Randgebieten, dort wo die Touristen fern bleiben – ist der Film angesiedelt. Trotz der
täglichen Last, das Leben zu meistern, zu überleben, sind die Bilder geprägt
von einer erstaunlichen Vitalität. „Biutiful“ fängt diese Atmosphäre in unruhigen Bildern ein, die ebenso wie die Lebensumstände der Protagonisten in ihrer
Widersprüchlichkeit nicht auflösbar sind. Im Verlauf des Films wird die Stimmung zunehmend fiebrig und die Inszenierung analog zum Zustand seiner
Hauptfigur, die den Film in fast jeder seiner Szenen trägt, kurzatmiger. Alejandro
González Iñárritu ist ein höchst moralischer Filmemacher. Er ist aber nie ein
simpler Prediger oder gar Ankläger. Seine Leistung ist zum einen die Fähigkeit
eines detaillierten Blicks. Zum anderen seine emotionale Sensibilität und sein
Mitgefühl. Das alles kongenial mit Hilfe seiner Darsteller – allen voran Javier
Bardem („No Country for old Men“) – auf die Leinwand zu bannen, ist nicht nur
eine große künstlerische, sondern auch eine menschliche Leistung.
CHRISTIAN MEYER
E/MEX 2010 - Drama - Regie: Alejandro González Iñárritu - Kamera: Rodrigo Prieto mit: Maricel Álvarez, Ana Wagener, Guillermo Estrella - Verleih: Prokino - Start: 10.3.
BO: Casablanca, DO: Sweet Sixteen, E: Filmkunstkinos Essen
USA 2010 - Komödie - Regie: Philip Seymour Hoffman - Kamera: W. Mott Hupfel III mit: Amy Ryan, Daphne Rubin-Vega, Rafael Osorio - Verleih: Alamode - Start: 24.2.
E: Filmkunstkinos Essen, BO: Endstation
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Kino.Ruhr
Kümmert sich um die ganze Familie: die 17jährige Ree (Debra Granik)
Mit dem „Wachhund“ in der Lichtburg, Theaterleiterin Marianne Menze
Premierenkino
Winter‘s Bone
In der Essener Lichtburg wird der Rote Teppich ausgerollt
Ein Film von Debra Granik
Auf der Suche nach ihrem Vater zieht eine junge Frau das Misstrauen der HinterlandGemeinde auf sich.
Packendes Thriller-Drama
In einer verarmten Gegend im bewaldeten Nirgendwo Missouris wohnt die 17jährige Ree (Jennifer Lawrence). Sie erzieht ihre zwei jüngeren Geschwister und
pflegt die verstummte Mutter. Als ihr auf Kaution entlassener Vater untertaucht
und damit Hab und Gut auf dem Spiel stehen, begibt sich die junge Frau auf die
Suche nach ihm. Die verschworene Backwood-Gemeinde ist ihr die einzige Hilfe,
begegnet ihr aber zunehmend mit feindseligem Argwohn. Mit markanten Gesichtern, glaubwürdigen Figuren und unter Andeutung von Thriller- und Vortäuschung
von Slasher-Elementen, die aber nie ins Abenteuerliche abgleiten, vermittelt
Regisseurin Debra Granik ein spannendes und beklemmend überzeugendes Bild
amerikanischer Hinterland-Realität. Verdientermaßen wurde der Film bereits
zuhauf nominiert und mit Preisen ausgezeichnet.
HARTMUT ERNST
Sundance Film Festival 2010: Bester Film; bestes Drehbuch
USA 2010 - Drama - Regie: Debra Granik - Kamera: Michael McDonough - mit: John
Hawkes, Sheryl Lee, Ashlee Thompson - Verleih: Paramount - Start: 31.3.
BO: Casablanca/Metropolis, DO: Camera, DU: Filmforum
Intensiv und episch: Ballett im Palais Garnier
La Danse
Ein Film von Frederick Wiseman
Der Dokumentarfilm beobachtet den Alltag des Balletts der Opéra National de Paris –
vor und hinter den Kulissen.
Mitreißende, epische Ballett-Dokumentation
Neun Wochen lang begleitete Regisseur Frederick Wiseman Tänzerinnen und
Tänzer, Choreografen, Kostümbildner, Köche und die Verwalter des Hauses. Seine
Kamera ist stiller Beobachter: Wiseman verzichtet auf Interviews und Einzelportraits. Er bietet einen ganzheitlichen Eindruck der Geschehnisse rund um die
neun Stücke, an deren Entstehung er teilnimmt. Eine 158-Minuten-Dokumentation, die jedem Eindruck, den sie einfängt, ihren zeitlichen Raum schenkt. Dadurch
nähert er sich dem Wahrhaftigen, wird intensiv und episch. Und nicht zuletzt
ergötzt sich Wiseman am Tanze selbst. Selten spiegeln Dokumentarfilme ihren
Gegenstand so sinnlich und allumfassend – ohne ein Wort der Erklärung.
HARTMUT ERNST
F/USA 2009 - Dokumentarfilm / Musik - Regie: Frederick Wiseman - Verleih: Kool Start: 30.12.
BO: Endstation
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Als die Lichtburg 1928 eröffnet wurde, galt sie als modernstes Kino
Deutschlands. Auch im Jahr 2011 beherbergt die „alte Dame des Ruhrgebiets“ den größten Kinosaal des Landes. 2003 wurde der restaurierte
und renovierte sowie unter Denkmalschutz stehende Bau feierlich wiedereröffnet. Unter der Leitung von Marianne Menze hat das Kino daraufhin seine Bedeutung als wichtiges Premierenkino wiedererlangt.
Schon in den 50er und 60er Jahren flanierten hier Stars wie Gary
Cooper und Romy Schneider über den Roten Teppich.
trailer: Frau Menze, wie ist es, ein solch legendäres Kino zu leiten?
Marianne Menze: Das erste Jahr war sehr ungewöhnlich, weil mein Mann
und ich, aus dem Programmkinobereich kommend, plötzlich damit konfrontiert waren, nicht nur die hehre Filmkunst zu zeigen. Denn im größten Kino
Deutschlands kann man nicht den brasilianischen Independentfilm spielen.
Man muss schon anders programmieren und erhält dadurch auch Kontakt
zu anderen Filmverleihen.
Nach welchen Kriterien programmieren Sie heute?
Wir müssen große Filme spielen, aber das ist ja nichts Schlimmes, denn es
gibt ja eine Menge toller Mainstreamfilme. Aber wir versuchen dabei, nicht
unter ein bestimmtes Niveau zu gehen. Die besucherstarken, gut gemachten und nicht Gewalt verherrlichenden Mainstreamfilme und jede Menge
deutscher Filme kommen dafür in Frage. Ein weiteres wichtiges Kriterium
sind unsere Premieren, von denen ziemlich viele hier stattfinden. Dabei
haben wir es geschafft, wieder an die Tradition der 50er und 60er Jahre
anzuknüpfen.
Kommen die Verleihe wegen der Premieren auf Sie zu oder geht der
Impuls von Ihnen als Kinoleiterin aus?
Es sind natürlich die Premieren der Filmverleiher, die auch die Organisation dafür übernehmen. In Zeiten der Länderfilmförderung bestimmt die
Höhe der Fördergelder oft auch, wo die Premiere stattfindet. Wir haben das
Glück, dass die Filmstiftung NRW bundesweit sehr viel Filmförderung betreibt, deswegen haben wir hier im Haus oft auch die Deutschlandpremiere
eines Films. Viele Verleiher wählen die Lichtburg auch unabhängig von den
Geldern als Premierenkino aus, weil es eben das größte Kino in Deutschland
ist und man deswegen neben den geladenen Gästen auch noch jede Menge
Kinobesucher unterbringen kann, und das schafft eine ganz andere Atmosphäre für den Film. Und es ist auch so, dass das Publikum im Ruhrgebiet
sehr geschätzt wird, weil es wohl doch noch mal etwas anders mit seinen
geliebten Stars und Regisseuren umgeht als anderswo in Deutschland.
Haben Sie denn an einen Premierengast besonders positive Erinnerungen?
Man kann ja mittlerweile fast sagen, von den deutschen Schauspielern und
Regisseuren waren 90% irgendwann mal hier. Bis auf einige wenige Ausnahmen war der Umgang mit allen sehr angenehm. Besonders herausheben
kann man da höchstens so jemand wie den völlig legendären Peter Ustinov,
der für jeden, der mit Film oder Kultur zu tun hat, ein unbeschreibliches
Erlebnis war.
INTERVIEW: FRANK BRENNER
Roter Teppich
Hilft Liam Neeson bei der Suche nach seiner wahren Identität: Diane Kruger in „Unknown Identity“
„Ich habe Angst zu sterben“
Diane Kruger über „Unknown Identity“, ihr Verhältnis zum Tod und ihre Beziehung zu Deutschland
1976 kam Diane Kruger als Diane Heidkrüger in für die englische Fassung anzutrainieren, und es
Niedersachsen zur Welt. Über die Zwischensta- wäre schade, das nun für die deutsche oder frantion als Model begann sie in Paris ihre Schau- zösische Fassung mangels Zeit zu ruinieren.
spielkarriere, die sie schnell bis nach Hollywood
führte. In Filmen wie „Troja“, „Das Vermächtnis „Unknown Identity“ bietet einige extreme
der Tempelritter“ oder Quentin Tarantinos „In- Situationen, ähnlich wie ihr kürzlich abgeglourious Basterds“ stellte sie ihr Starpotenzial drehter Film „Special Forces“ – wie ist es um
unter Beweis. Nun ist sie an der Seite von Liam Ihre eigenen Survival Skills bestellt?
Neeson in einer Actionrolle als bosnische Taxi- Angeblich sehr gut, wie ich in Tadschikistan festfahrerin Gina in „Unknown Idengestellt habe. Manchmal denke
„MIT DEUTSCHEN REGISSEUREN
tity“ auf der Leinwand zu sehen.
ich wirklich, warum mache ich
ZU ARBEITEN,
so etwas eigentlich. Neunzehn
WÄRE WIRKLICH EIN TRAUM.“
Stunden sind wir von Duschanbe
trailer: Frau Kruger, Sie haben
einmal gesagt, dass Sie gerne Rollen spielen, gefahren, das ist die Hauptstadt von Tadschikidie kontrovers sind. Worin lag bei Gina das stan, um auf viereinhalb tausend Metern im Himalaja anzukommen und dort in einem Zelt ohne
Kontroverse?
Diane Kruger: Na ja, Rollen müssen nicht un- Elektrizität zu schlafen. Anderthalb Monate war
bedingt kontrovers sein, aber sie sollten eine ich ohne Telefon und Internet, da fragte ich mich
Komplexität besitzen. Für das Genre des Action- wirklich, was ich denn da eigentlich mache. Auf
thrillers ist es ungewöhnlich, dass eine weibliche der anderen Seite war es ein unglaubliches ErlebFigur mehrere Facetten hat. Ich fand gut, dass nis. Aber es sind manchmal schon Extremsituatiman sieht, woher sie kommt. Gina ist eine Figur, onen. Wenn man in einer Großstadt dreht, kommt
die auf dem Papier sehr tough ist, aber wenn man man am Abend nach Hause, kann dort wieder
dann ein bisschen kratzt, offenbart sie ihre Ver- abschalten. Aber dort kam man einfach nie weg,
konnte sich am Abend nicht richtig erholen, hatte
letzlichkeit. Das fand ich sehr berührend.
kein tolles Essen und kein Glas Wein, um mal über
Sie selbst haben durchaus Lust auf Actionrol- etwas Anderes zu reden. In „Special Forces“ hatlen. Haben Sie da irgendwelche Vorbilder, im te ich dann auch noch jede Menge emotionaler
weiblichen Bereich gibt es ja nicht allzu viele? Szenen. Da habe ich eine der bislang intensivsten
Es war lustig, das hier einmal zu machen. In die- Rollen meines Lebens gespielt, und davon kommt
sem bestimmten Fall wollte ich das machen, weil man dann auch nach Drehschluss nicht so richtig
es zur Rolle passte. Aber ich bin mir nicht sicher, los. Ich war noch nie so deprimiert nach einem
ob ich nun die nächste Angelina Jolie in „Salt“ Dreh. Ich habe einen Monat gebraucht, um wieder
in mein Leben zurückzufinden.
werde. Aber, wer weiß… (lacht)
Werden Sie die Rolle auch für die deutsche
Fassung wieder synchronisieren?
Ich hätte es gerne gemacht, aber leider nein. Ich
hätte für die deutsche Fassung den bosnischen
Akzent auch noch einmal lernen müssen, und
dafür habe ich leider überhaupt keine Zeit. Normalerweise synchronisiere ich meine Rollen auch
immer für den deutschen und den französischen
Markt, aber in Frankreich mache ich das dieses
Mal auch nicht. Ich bräuchte für das Lernen des
Akzents in jeder Sprache noch mal zusätzlich drei
bis vier Wochen, was zeitlich einfach nicht drin
ist. Ich benötigte vier Monate, um mir den Akzent
Was war der verrückteste Job, den Sie jemals
angenommen haben?
Das war als Altarmädchen bei Beerdigungen, und
das zwei Jahre lang, ohne Witz! Im Alter von zehn
bis zwölf Jahren habe ich das gemacht. Ich bin
sehr katholisch aufgewachsen, und da habe ich
dann bei Beerdigungen vor dem Sarg gestanden,
dreimal die Woche. Man sieht den Leuten dann
mit der Zeit an, ob die Hinterbliebenen wirklich
traurig sind oder nicht.
Haben Sie dadurch ein anderes Verhältnis zum
großen Mysterium Tod bekommen?
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46
Ich habe Angst zu sterben, das möchte ich nicht.
Ich denke darüber schon relativ häufig nach,
denn ich habe beispielsweise große Angst vor
dem Fliegen. Ich glaube, weil ich so häufig fliege,
steigt die Wahrscheinlichkeit immer mehr, dass
mir dabei irgendwann mal etwas passiert.
Wie viel vom ursprünglichen deutschen Mädchen haben Sie auf ihrem Weg über Paris, Kanada und Hollywood verloren?
Ich glaube nicht, dass ich viel verloren habe. Ich
bin nur heute einfach jemand anderes, als ich geworden wäre, wenn ich komplett in Deutschland
geblieben wäre. Aber ich wäre auch jemand anderes, wenn ich nur in Paris geblieben oder wenn
ich nur Model geblieben wäre. Das kann man so
überhaupt nicht beurteilen. Ich habe das Gefühl,
ich bin die gleiche Person, die damals mit 16 Jahren weggegangen ist. Auf der anderen Seite ist es
klar, dass ich viele Tricks and Trades mitgenommen und gelernt habe. Aber als Person habe ich
noch immer die gleichen Freunde und die gleichen Bekannten. Ich glaube nicht, dass ich mich
sehr verändert habe.
Wenn Ihnen als Deutsche manchmal deutsche
Worte nicht mehr einfallen, weil Sie so sehr
im Englischen verhaftet sind, ist das dann ein
komisches Gefühl?
Ab und zu schon, aber das dauert dann meistens
nur so eine Woche, dann kommt das alles wieder.
Aber mit dem Französischen ist es das gleiche,
wenn ich davor zu lange in Amerika gewesen bin.
Ihre in Deutschland gedrehten Filme waren
bislang immer ausländische Produktionen.
Könnten Sie sich auch einmal vorstellen, in
einer rein deutschen Produktion mitzuspielen?
Ja, das würde ich sogar sehr gerne einmal. Es war
immer mein Traum, eine internationale Schauspielerin zu sein und zwischen den Stühlen zu
sitzen. Ich möchte wirklich nicht nur deutsch
sein, nicht nur französisch oder nicht nur amerikanisch. Ich möchte alle Nationalitäten spielen
können, in allen möglichen Sprachen. Mit deutschen Regisseuren einmal zu arbeiten, wäre wirklich ein Traum.
INTERVIEW: FRANK BRENNER
Neue Filme
Drive Angry
Ich bin Nummer Vier
USA - Action - Regie: Patrick Lussier - Verleih: Warner - Start: 24.2.
USA 2011 - Science Fiction - Regie: D.J. Caruso - Verleih: Walt Disney - Start: 17.3.
Nicolas Cage sieht mal wieder rot: Als Gauner namens Milton tritt er mit einem
schwarzen 71er Challenger gegen eine Sekte an, die den Tod seiner Tochter auf
dem Gewissen hat und nun ähnliches mit seiner Enkelin plant. Hauptgegner ist
Sektenführer Jonah King (Billy Burke) und ein eigenwilliger Killer (William
Fichtner). Kellnerin Piper (Amber Heard) steht dem Helden zur Seite.
HE
John (Alex Pettyfer) lebt in einer Kleinstadt in Ohio – und ist eigentlich
einer von acht Außerirdischen, die nach der Zerstörung seines Planeten
Zuflucht auf der Erde gesucht haben. Inzwischen erwachsen und mit übernatürlichen Kräften ausgestattet, werden er und seine Freunde von bösen
Mächten gejagt. Einziger Verbündeter: Beschützer Henri (Timothy
Olyphant). Mystery-Action-Drama.
HE
BO: Bofimax, UCI, DO: Cinestar, DU: UCI, E: Cinemaxx, GE: Multiplex Apollo,
HER: Filmwelt, MÜL: Cinemaxx, Cinemotion
BO: UCI, DO: Cinestar, DU: UCI, GE: Mulpitplex Apollo , HER: Filmwelt, MÜL: Cinemotion
Meine erfundene Frau
Rango
USA - Komödie - Regie: Dennis Dugan - Verleih: Sony Pictures - Start: 24.2.
USA 2011 - Abenteuer / Trickfilm - Regie: Gore Verbinski - Verleih: Paramount - Start: 3.3.
Lügen haben kurze Beine. Das merkt auch Danny (ewiger Kindskopf Adam
Sandler), der sein Singledasein mit einem falschen Ehering drapiert, um sich dem
anderen Geschlecht unverfänglich nähern zu können. Als plötzlich die Traumfrau
(Brooklyn Decker) vor ihm steht, muss er die Ehe-Lüge inszenieren. Seine Assistentin Kathryn (Jennifer Aniston) springt als zukünftige Ex-Frau ein.
HE
Chamäleon Rango (im Original gesprochen von Johnny Depp) sitzt im Terrarium
und träumt davon, ein Held zu sein – sprich: Rango befindet sich mitten in einer
Identitätskrise. Das Schicksal katapultiert ihn geradewegs in eine Western-Stadt.
Die von Banditen geplagte Gemeinde sehnt einen Helden herbei – und befördert
den neuen Gast unverhofft zum Sherriff. Lustiges CGI-Abenteuer.
HE
BO: Bofimax, UCI, DU: UCI, E: Cinemaxx, GE: Multiplex Apollo, Schauburg,
OB: Lichtburg, HER: Filmwelt, MÜL: Cinemaxx
BO: Bofimax, UCI, Union, DO: Cinestar, DU: UCI, E: Cinemaxx, GE: Multiplex
Apollo, Schauburg, OB: Lichtburg, HER: Filmwelt, MÜL: Cinemaxx, Cinemotion
Verbunden in Hassliebe: Hubert (Xavier Dolan) mit seiner Mutter (Anne Dorval)
Powder Girl
GB/D/A 2010 - Komödie / Lovestory - Regie: Philip Traill - Verleih: Paramount - Start: 17.3.
Skateboard-Girl Kim (Felicity Jones) ist nicht auf den Mund gefallen – es gelingt
ihr aber nicht, etwas aus ihrem Talent zu machen. Ein Job als Hausmädchen in
einem Chalet im verschneiten St. Anton offeriert ihr neue Möglichkeiten und einen Blick auf die Blöden und Reichen. Außerdem entdeckt sie das Snowboarden
für sich – und nette Jungs (Ed Westwick, Ken Duken). Romantische Komödie. HE
BO: UCI, DU: UCI, E: Cinemaxx, HER: Filmwelt, MÜL: Cinemaxx, Cinemotion
Der Adler der Neunten Legion
GB/USA 2010 - Historienfilm - Regie: Kevin Macdonald - Verleih: Concorde - Start: 3.3.
Einer Legende zufolge verschwand im zweiten Jahrhundert nach Christus in
Nordengland eine 5000 Mann starke Armee – die Neunte Legion. Das Historienabenteuer folgt dem jungen Marcus (Channing Tatum, „Step Up“), Sohn des Anführers der verschollenen Armada. Der begibt sich gemeinsam mit dem Sklaven
Esca (Jamie Bell) auf die Suche. Regie: Kevin Macdonald („State of Play“). HE
I Killed My Mother
Ein Film von Xavier Dolan
Hubert verbindet mit seiner alleinerziehenden Mutter eine Hassliebe. Der Konflikt
spitzt sich zu.
Coming of Age-Hysterie
Mit 17 schrieb Xavier Dolan das Drehbuch, mit 19 Jahren verfilmte er es und
spielte zugleich die Hauptrolle. Ein Wunderkind? Scheint so. Denn „I Killed My
Mother“ ist nicht nur solide inszeniert, der Film wandelt auch gekonnt zwischen
komödiantischen und dramatischen Momenten – lässt gar beides ineinanderfließen. Das Coming of Age-Drama – das zugleich ein Coming Out-Drama ist –
wird aus der hysterischen Schwarzweißsicht eines Pubertierenden erzählt.
Dieser Pubertierende wartet aber zugleich mit relativierenden Weisheiten auf,
dass man nur staunt. Dolan weiß, dass er nicht immer recht hat, er als Pubertierender aber im Moment per se recht hat. Alles eine Frage der Perspektive. Und
wenn ein 17Jähriger souverän beide Perspektiven zugleich vorführt, dann darf
man sich wundern.
CHRISTIAN MEYER
Cannes 2009: Prix Regards Jeunes
USA 2010 - Drama - Regie: Darren Aronofsky - Kamera: Matthew J. Libatique mit: Mila Kunis, Vincent Cassel, Winona Ryder - Verleih: Fox - Start: 20.1.
BO: Endstation
BO: UCI, DU: UCI, E: Cinemaxx, MÜL: Cinemaxx
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Neue Filme
In Afrika gerät Anton (Mikael Perbrandt) in Gewissensnöte
In einer besseren Welt
Ein Film von Susanne Bier
Während der Arzt Anton in Afrika seine ethischen Normen prüft, muss sich auch sein
Sohn in Dänemark moralische Fragen stellen.
Oscar nominiertes Drama mit Nachwirkung
Bewegende, rasante Afrika-Aufnahmen eröffnen uns den Alltag des engagierten, idealistischen Arztes Anton (Mikael Perbrandt). Er lebt im Spagat zwischen zwei Welten: im provisorischen Flüchtlingscamp behandelt er selbstlos
und bis zur Erschöpfung unzählige Verletzte und Gewaltopfer. Daheim – in der
Idylle einer dänischen Hafenstadt – versucht er seine zerrütteten Familienverhältnisse zu retten: Sohn Elias (Markus Rygaard) ist ein introvertierter
Einzelgänger und die Ehe in krisenhaftem Zustand. Neu in der Nachbarschaft
sind Wittwer Claus (Ulrich Thomsen) und sein unzugänglicher Sohn Christian
(William Johnk Nielsen). Die Wege beider Familien kreuzen sich, als der 12
jährige Christian am ersten Schultag miterlebt, wie Elias von einer halbstarken Clique drangsaliert wird. Als Christian bei einem erneuten Übergriff Elias
zur Hilfe eilt, kommt ein Messer ins Spiel. Die Wirkung der Waffe verleiht den
beiden Jungs Gefühle von Macht und Selbstbewusstsein. Von nun an halten
sie als Verbündete und Freunde zusammen.
Vater Anton, der mit den Auswirkungen menschlicher Brutalität in Afrika stark
konfrontiert ist, versucht die Jungs jedoch konsequent gegen Rache- und Gewaltgedanken zu erziehen. Trotz seiner fürsorglichen, präventiven Experimente wollen die Heranwachsenden – allen voran Christian – ihre Würde und
Stärke durchsetzen und verlieren dabei aus dem Auge, dass sie sich und andere dabei lebensbedrohlichen Gefahren aussetzen. Antons eigene, pädagogischen Ideale drohen derweil zu bröckeln, als er zurück in Afrika den „Big Man“
behandeln soll, einen Bandenführer, der für die grausame Verstümmelung und
Ermordung vieler seiner Patientinnen verantwortlich ist. Gequält von der
Frage „was ist Gerechtigkeit“ hält er damit unfreiwillig das Schicksal des barbarischen Täters in seinen Händen.
Susanne Bier („Open Hearts“) kontrastiert menschliche Ängste im afrikanischen Krisengebiet mit der Idylle Dänemarks. „So entstehen Kriege“ sagt
Anton einmal, und formuliert damit die zentrale Aussage, die uns „In einer
besseren Welt“ durch intensive und eindrucksvolle Bilder vor Augen führt. Der
Film erzählt von der Eskalation zwischenmenschlicher Beziehungen sowie der
Zerbrechlichkeit ethischer Grundsätze. Die Konflikte sind im Kern auf alle
Milieus und auf jedes Alter übertragbar, sowohl im kleinen Kosmos der Kinder
als auch in der Größenordnung Afrikas. Jede Situation kann im wahrsten
Sinne des Wortes explosiv werden. In diesem hochkarätig besetzten Familiendrama beweist Susanne Bier erneut ihr Fingerspitzengefühl für eine schonungslose Inszenierung. Die Schauspieler transportieren die Figuren dabei auf
bodenständige Weise. Einzig die Filmmusik hätte an einigen Stellen reduzierter eingesetzt werden können. Ob ihr für den Oscar nominierter Film am 27.
Februar das Rennen um den besten nicht-englischsprachigen Film macht,
steht noch nicht fest. Das Potential hat er.
ELMIRA RAFIAZADEH
DK/S 2010 - Drama - Regie: Susanne Bier - Kamera: Morten Søborg - mit: Trine
Dyrholm, Markus Rygaard, Martin Buch - Verleih: Universum - Start: 17.3.
BO: Casablanca/Metropolis, DO: Camera, DU: Filmforum
IN EINER BESSEREN WELT – Am Rande
Das als bester ausländischer Film mit dem Golden Globe® prämierte Drama „In
einer besseren Welt“ geht als dänischer Kandidat ins Rennen um den Oscar® für
den besten nicht-englischsprachigen Film. Bereits ihr Film „Nach der Hochzeit“
(2006) führte die Deutsch-Dänin Susanne Bier mit einer Oscar®-Nominierung
nach Hollywood, wo sie 2008 das Drama „Things We Lost in the Fire“ mit Halle
Berry und Benicio Del Toro inszenierte.
Der Oscar® für den Best Foreign Language Film of the Year wurde ab 1948 als
Spezialpreis verliehen. Erst seit 1956 wird der Preisträger-Film durch die
Mitglieder der Academy aus einer Auswahl von fünf nominierten Filmen gewählt, wie in den anderen Kategorien auch. Das Vorschlagsrecht für einen in
Deutschland produzierten Film wird von der German Films Service + Marketing
GmbH (vormals Export-Union des Deutschen Films) ausgeübt.
Das Land mit den meisten Auslands-Oscars® ist Italien mit zehn Trophäen, wobei
alleine Federico Fellini den Preis viermal mit nach Hause brachte. Am häufigsten
nominiert wurden jedoch Produktionen aus Frankreich. Volker Schlöndorff holte
die Trophäe 1980 erstmals nach Deutschland. 2003 und 2007 wurden mit
„Nirgendwo in Afrika“ und „Das Leben der Anderen“ erneut deutsche Produktionen ausgezeichnet. Nach Dänemark ging der Preis 1988 mit „Babettes Fest“
und 1989 „Mit Pelle der Eroberer“. Vielleicht schafft es ja in diesem Jahr die
dänisch/schwedische Koproduktion „In einer besseren Welt“ und damit immerhin zum dritten Mal in der Geschichte der Kategorie eine Regisseurin.
CHRISTINE SCHILHA
Mehr Infos zu den Oscars unter: oscar.go.com
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Neue Filme
Kick it im Kaiserreich: Daniel Brühl als Sportlehrer
Der ganz große Traum
Ein Film von Sebastian Grobler
Ein junger Lehrer versucht, im ausgehenden 19. Jahrhundert den Fußball im Kaiserreich
zu etablieren.
Komödie über die Ursprünge des Fussballs
Das Herzogtum Braunschweig 1874: Der ambitionierte Lehrer Konrad Koch (Daniel
Brühl) kehrt gerade von seiner Referendarszeit aus England zurück. Jetzt will er britische Tugenden und Traditionen in den Unterricht im Kaiserreich einfließen lassen, allen voran: Fair Play und eine Sportart namens Fussball. Sehr zum Missfallen
konservativer, einflussreicher Förderkreise, die den Fortschritt der Zivilisation in
Gehorsam, Drill und Exerzieren verorten. Ihnen gilt das „weibische Getrete“ als
anarchistisch und undeutsch. Doch Konrad geht in die Offensive. Mit einem prima
aufgelegten Ensemble (Burghart Klaußner, Justus von Dohnányi, Axel Prahl) serviert Sebastian Grobler eine freche Komödie über den Einzug des Fußballs in unser
Land - „frei nach wahren Begebenheiten“.
HARTMUT ERNST
D 2010 - Drama / Komödie - Regie: Sebastian Grobler - Kamera: Martin Langer mit: Axel Prahl, Daniel Brühl, Thomas Thieme - Verleih: Senator - Start: 24.2.
BO: Bofimax, UCI, DO: Cinestar, DU: UCI, GE: Multiplex Apollo, Schauburg,
HER: Filmwelt, OB: Lichtburg
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Auch der Aufenthaltsraum hebt die Laune im Knast nicht
Picco
Ein Film von Philip Koch
Kevin kommt in den Jugendknast. Hier herrschen andere Regeln als draußen. Besser,
man befolgt sie.
Bedrückender Gefängnisfilm
Wenn Kevin betrunken ist, geht ihm manchmal die Sicherung durch. Nun
muss er in den Jugendvollzug. Das latent gewalttätige Klima dort macht
ihm jedoch zu schaffen. Schon bald ist er in der Opferrolle. Regisseur Philip
Koch nimmt sich des Mordes in der JVA Siegburg an. Dort hatten 2006 drei
Häftlinge ihren Zellengenossen zunächst vergewaltigt und gefoltert und
schließlich getötet. Der alarmierende Fall entfachte auch eine Diskussion
um die Mitschuld des Personals. Koch zeigt das soziale Gefüge im Knast
beinahe analytisch auf und thematisiert zugleich die Gleichgültigkeit des
überforderten Personals. Ein klaustrophobisches Kammerspiel, das sich nie
in Pathos oder Gewaltszenarien verliert.
CHRISTIAN MEYER
Int. Filmfest Oldenburg 2010: Bester deutscher Film
D 2009 - Drama - Regie: Philip Koch - Kamera: Markus Eckert - mit: Konstantin
Frolow, Constantin von Jascheroff, Martin Kiefer - Verleih: Movienet - Start: 3.2.
BO: Endstation
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Abbildung zeigt Sonderausstattung
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Gespräche zum Film
Filmwirtschaft
Regisseur Ali Samadi Ahadi, Foto: Paul Schöpfer
Personifizierter Publikumsmagnet, Till Schweiger
Ich denke nicht in Genres
Endgültige Bilanz 2010
1972 im Iran geboren, kam Ali Samadi Ahadi 1985 ohne Familie nach Deutschland. Nach dem Abitur in Kassel studierte er Visuelle Kommunikation. Nach „Lost
Children“ und „Salami Aleikum“ ist „The Green Wave“ sein dritter Kinofilm.
Besuch
Traditionell wird zur Eröffnung der Berlinale von der Filmförderungsanstalt (FFA)
in Berlin das zurückliegende Jahr in Daten aufbereitet. Während am Jahresanfang
lediglich die wichtigsten Verleiher und Kinos ihre Zahlen veröffentlichen, liefert
die FFA eine exakte Auswertung, die nicht nur den Besuch, sondern auch noch
viele andere wichtige filmstatistische Daten umfasst. Mit 126,6 Mio. verkauften
Tickets wurden fast exakt 20 Millionen weniger in den Kinos verkauft und sie sind
rein rechnerisch fast ausschließlich auf den deutschen Marktanteil anzurechnen.
In 2009 gingen 40 Mio. Menschen in deutsche Filme, 2010 waren es nicht einmal
mehr 21 Mio. Es ist leider sofort erkennbar, wenn in einem Jahr kein Film von Till
Schweiger oder Bully Herbig auf den Leinwänden zu sehen ist. Wie wichtig dies
ist, zeigt der starke Erfolg von Kokowäh, der vor einigen Wochen startete. Für
2011 werden mit zwei Filmen, in denen Bully mitspielt oder die er produziert (Wiki
in 3-D und Hotel Lux) und einem weiteren von Till Schweiger (Keinohrhasen 3) die
wichtigsten deutschen Kassenmagneten ihre Anziehungskraft ausüben.
Regisseur Ali Samadi Ahadi über „The Green Wave“
Umsatzeinbußen für deutsche Filmprojekte
trailer: Herr Samadi, sie waren gerade beim Sundance Filmfestival in Utah, wo ihr
Film als einziger deutscher Beitrag lief. Wie sind die Reaktionen dort ausgefallen?
Ali Samadi Ahadi: Sehr gut! Der Film hat die Zuschauer bewegt, wir hatten Standing
Ovations und sehr viele Emotionen. Die Presse war auch toll – es gab unglaublich
viele Anfragen und Interviews. Wenn ein Film Menschen erreicht und spannende
Fragen aufwirft, dann ist es das, was man sich wünscht.
Als Exil-Iraner betreffen sie die Ereignisse im Iran sehr direkt. Wie haben Sie
während der Zeit der Zusammenstöße den Kontakt zu Angehörigen und Freunden gehalten?
Die meisten Informationen kamen von Freunden aus den größeren Städten. Die Verbindungen waren alle gekappt: Wir hatten keinen Telefonkontakt, die Handys waren
abgeschaltet, und man kam nur über Proxys aus dem Land raus. Die sicherste Variante, um sich nicht zu gefährden, waren E-Mails.
Die Blogs, über die viele der Informationen durchsickerten, sind die narrative
Grundlage für ihren Film. Wie konnten sie den Wahrheitsgehalt der Schilderungen überprüfen?
Wenn man 1500 Seiten Blogs liest und 3500 Seiten Twitternachrichten, und es
zeichnet sich immer dasselbe aus unterschiedlichsten Quellen und Perspektiven ab,
dann entsteht ein klares Bild von den Ereignissen. Dieses Bild haben wir versucht
wiederzugeben. Das spannende an diesen Ereignissen ist auch, dass dieser Informationsfluss nicht mehr zurückgehalten werden kann. Was bislang Monopol dieser
Diktaturen war, wurde durchbrochen. Dass man plötzlich auch in der Lage ist, Information selbst zu generieren – das macht die Einzigartigkeit dieser Bewegung aus.
Das ist etwas, dass im Moment auch in Tunesien und Ägypten praktiziert wird.
Ihr Film verbindet neben Interviews und originalen Handy- und Filmaufnahmen
auch Comicszenen. Es ist recht naheliegend, nach dem Einfluss von „Persepolis“
und „Waltz with Bashir“ zu fragen …
Ich habe diese Filme erst im Nachhinein gesehen. Tatsächlich gibt es aber kaum
andere Möglichkeiten. Reenactment hätte verwässert und abgeschwächt. Ich wollte
den Texten viel Raum lassen, deswegen fand ich eine abstrakte Animation besser als
ein detailliertes Reenactment, das den Ereignissen sowieso nicht entsprechen kann.
Motion-Comic, wie ich ihn verwende, hat mit den wesentlich aufwändigeren Frameby-Frame Animationen der beiden anderen Filme aber schon technisch nichts zu tun.
Ihre bisherigen Filme könnten kaum unterschiedlicher sein. Ist der ständige
Wechsel von Gattung und Form für Sie eine notwendige Herausforderung?
(lacht) Ich lerne gerne und ich möchte wachsen. Ich denke nicht in Genres, sondern
versuche zu verstehen, wie der Stoff von mir erzählt werden will und versuche dem
Wusch des Stoffs nachzukommen. Zugleich versuche ich auch so viele Zuschauer wie
möglich zu erreichen. Bei „Salami Aleikum“ war es mir wichtig, viele Menschen zu
erreichen. Das Thema Heimat und Zugehörigkeit ist eine Herzensangelegenheit, und
wie erreicht man die Herzen besser als mit einer Komödie – einem Lächeln? Bei „The
Green Wave“ habe ich einen Dokumentarfilm gemacht, weil mir im Moment wohl die
Möglichkeit fehlt, aus dem Thema eine Komödie zu machen.
Umsatz
Der Besuchererosion von 13,5 % stand allerdings ein deutlich niedrigerer Umsatzrückgang von 5,7 % gegenüber. Gleichwohl fiel der Umsatz von 976,1 auf
920,4 Millionen €. Der deutlich gestiegene Eintrittspreis ist aber weniger Resultat
allgemeiner Preiserhöhungen, sondern dem immer stärker werdenden Besuch von
3D-Filmen geschuldet. Sind im Jahr 2009 6,9 Millionen Besucher in dreidimensionale Filme gegangen, waren es im vergangenen Jahr etwa 18,4 Millionen. Damit
wurde jede sechste Kinokarte für einen 3-D Film erworben, obgleich der Anteil am
Gesamtfilmangebot unter 5 % lag.
Filme
Während die Anzahl von 3-D-Filmen mit der Verbreitung entsprechender Projektionssysteme stark gestiegen ist, ist die Gesamtzahl der aufgeführten Filme
rückläufig. Nur 146 amerikanische Erstaufführungen kamen ins Kino, der niedrigste Wert seit 2005. Mit 189 ist erstmals seit 2003 die Anzahl der deutschen
Premieren wieder gesunken (2009: 217). Zusammen mit den Produktionen aus
anderen Ländern kamen dennoch 507 Filme ins Kino, 6 weniger als im Vorjahr.
Der Begriff deutsche Erstaufführung ist allerdings etwas verwirrend, denn viele
der Filme haben ihre Erstaufführung auf Festivals oder in wenigen Großstadtkinos
und treiben die Anzahl künstlich in die Höhe. In Städten wie Wuppertal dürfte die
Anzahl der gezeigten Filme etwa bei der Hälfte liegen.
Kinos
Ein weiterer wichtiger statistischer Befund betrifft die Anzahl der Kinos und Leinwände. Diese ist seit fünf Jahren rückläufig und hat mit 4.699 Leinwänden einen
Tiefststand. Zwar wurden im vergangenen Jahr 95 Leinwände neu- oder wieder
eröffnet, gleichzeitig kam es aber zu 130 Schließungen. Während die Schließung von Kinos in Großstädten zwar beklagt werden kann, ist das Kinosterben
auf dem Land von größerer kulturpolitischer Bedeutung. Denn das Verschwinden
des letzten Kinos in einem Ort bedeutet einen Verlust an lokaler Kulturarbeit. In
insgesamt 954 Städten und Gemeinden gibt es noch ein Filmtheater, 22 weniger
als im Vorjahr. Aus diesem Grund sieht die Filmpolitik eines ihrer wichtigsten Augenmerke darin, gerade diesen gefährdeten Kinos die Überführung in die digitale
Welt zu ermöglichen, um hier Investitionsimpulse zu setzen, und somit erneut
Nachfrage binden zu können.
CHRISTIAN MEYER
KIM LUDOLF KOCH
46
Neue Filme
The Rite – Das Ritual
Der Plan
USA 2011 - Horror - Regie: Mikael Håfström - Verleih: Warner - Start: 17.3.
USA 2010 - Science Fiction - Regie: George Nolfi - Verleih: Universal - Start: 10.3.
Natürlich war „Der letzte Exorzismus“ nicht der letzte Exorzismus auf der Leinwand: In diesem, jaja, auf Tatsachen beruhenden Thriller, studiert der junge
Michael (Colin O’Donoghue) Exorzismus im Vatikan. Sein Lehrmeister: Pater
Lucas (Anthony Hopkins). Sein Feind: Der Teufel, dem so gar nichts heilig ist.
Nicht einmal der Heilige Stuhl. Regie: Mikael Håfström ("Zimmer 1408"). HE
Ein junger, temperamentvoller Politiker (Matt Damon) kommt einer frechen Ballerina (Emily Blunt) näher. Merkwürdige Männer mit Hüten versuchen die Liaison
zu vereiteln, um den sogenannten Plan des sogenannten „Vorsitzenden“ umzusetzen. Als Unterbau diente eine Kurzgeschichte von Philip K. Dick, das Ergebnis
ist ein schwammiges Sci-Fi-Drama, das inhaltlich an zu viel Willkür scheitert. HE
BO: UCI, DU: UCI, E: Cinemaxx, GE: Mulpitplex Apollo, HER: Filmwelt,
MÜL: Cinemaxx, Cinemotion
BO: UCI, Union Kino, DO: Cinestar, DU: UCI, E: Cinemaxx, GE: Mulpitplex Apollo,
Schauburg, OB: Lichtburg, MÜL: Cinemaxx, Cinemotion
Faster
Der letzte Tempelritter
USA 2010 - Action / Drama - Regie: George Tillman Jr. - Verleih: Sony Pictures - Start: 17.3.
USA 2010 - Action / Abenteuer - Regie: Dominic Sena - Verleih: Universum - Start: 24.3.
Vor zehn Jahren wurde sein Bruder bei einem gemeinsamen Banküberfall
ermordet. Jetzt kommt Driver (Dwayne Johnson) aus dem Knast und will
sich an den Verantwortlichen rächen. Nach seinen kindgerechten Ausflügen als „Daddy ohne Plan“ bzw. „Zahnfee auf Bewährung“ kehrt
Johnson zurück ins Action-Genre. Billy Bob Thornton heftet sich ihm dabei
als Cop auf die Fersen.
HE
Eigentlich schade, dass sich Nicolas Cage inzwischen trotz Talent als Charakterdarsteller („Leaving Las Vegas“, „Bad Lieutenant“) überwiegend auf
Action- und Abenteuerware eingeschossen hat. In diesem Mittelalter-Film
beschützt er an der Seite von Ron Perlman ein Mädchen, das für die Pest
verantwortlich gemacht wird. Mystery-Action von Dominic Sena („Nur noch
60 Sekunden“).
HE
E: Cinemaxx, HER: Filmwelt, MÜL: Cinemaxx, Cinemotion
BO: UCI, DU: UCI, E: Cinemaxx, MÜL: Cinemaxx, Cinemotion
Justin Bieber – Never say never
Big Mama‘s Haus – Die doppelte Portion
USA 2011 - Dokumentarfilm / Musik - Regie: Jon Chu - Verleih: Paramount - Start: 10.3.
USA 2011 - Komödie - Regie: John Whitesell - Verleih: Fox - Start: 3.3.
Der „Traum-Boy“ ist gerade mal 17 und schon der jüngste Künstler mit
einem Nummer 1 Album in den US-Charts. Alle, die ihm dahin via YouTube
oder Konzertticket verholfen haben, dürfen die Traumkarriere des betörenden R’n’B-Milchgesichts jetzt noch einmal auf der Leinwand nachvollziehen: Konzerthäppchen, Backstage-Material und Interviewschnipsel füttern
das Star-Spektakel.
HE
Ein FBI-Agent, der sich als übergewichtige Big Mama mit viel Klamauk undercover auf Mördersuche begibt – das Konzept scheint genug Menschen zum
Lachen zu bringen, um ein zweites Sequel zu rechtfertigen: Diesmal verschlägt es Malcom Turner (Martin Lawrence) mitsamt Stiefsohn (Brendan T.
Jackson) in eine – haha - Kunstakademie für Mädchen. Missverständnisse –
hihi - vorprogrammiert.
HE
BO: UCI, DO: Cinestar, DU: UCI, E: Cinemaxx, GE: Mulpitplex Apollo, Schauburg,
OB: Lichtburg, HER: Filmwelt, MÜL: Cinemaxx, Cinemotion
BO: Bofimax, UCI, DO: Cinestar, DU: UCI, E: Cinemaxx, GE: Multiplex Apollo,
HER: Filmwelt, MÜL: Cinemaxx, Cinemotion
Iron Doors
Alles erlaubt – Eine Woche ohne Regeln
D 2011 - Thriller - Regie: Stephen Manuel - Verleih: Kinostar - Start: 10.3.
USA 2011 - Komödie - Regie: Bobby Farrelly, Peter Farrelly - Verleih: Warner Bros. - Start: 10.3.
Zuerst erinnert der Plot ein wenig an „Cube“: Ein Mann (Axel Wedekind) ohne
Erinnerung erwacht in einem Tresorraum, und der Weg hinaus ist noch lange
nicht das Ende. An zehn Drehtagen inszenierte Stephen Manuel die klaustrophobische One-Man-Show in einem Kölner Bunker. Der Thriller kommt in 3D
ins Kino und ging in L.A. bereits als Sieger des 3D-Filmfestivals hervor. HE
Im neuesten Streich der Farrelly-Brüder („Verrückt nach Mary“, „Nach 7 Tagen
– ausgeflittert“) geht ein lang gehegter Wunsch der besten Freunde Rick und
Fred (Owen Wilson, Jason Sudeikis) in Erfüllung: Ihre Frauen (Christina Applegate, Jenna Fischer) geben ihnen eine Woche Auszeit vom Eheleben! Endlich das
tun, wovon man träumt. Das ist allerdings leichter geträumt als getan… HE
E: Cinemaxx, MÜL: Cinemaxx
DO: Cinesta, E: Cinemaxx, GE: Multiplex Apollo, HER: Filmwelt, MÜL: Cinemaxx,
Cinemotion
47
Poetry
Textwelten
Sinkendes Zentralgestirn in Zeiten steigender Aktienkurse
Für Leser bleibt im ZDF der Bildschirm leer, Foto: T. Linden
Im Park parken
Bitte, mehr Pflichtveranstaltungen!
Wenn man ein sanftes Drücken spürt, dass sich von innen gegen die Schläfen lehnt,
bis sich schließlich ein schmaler Spalt im Schädel auftut, aus dem vorsichtig hervorsprießend ein Osterglöckchen nach ersten Sonnenstrahlen sucht, dann wird es
Metapher, bzw. Frühling; kurz: März.
Die Menschen beenden ihre Beziehungen, denn die wärmebedingte Wiedererweckung ihres Hormonhaushaltes spült die Lust auf Neues an den Strand ihrer Lenden.
Außerdem ist es nicht mehr so kalt, dass man Liebe braucht, um sich zu wärmen.
Sex reicht.
Was waren das noch für Zeiten, als sich Marcel Reich-Ranicki mit
Sigrid Löffler über eine pornografische Szene in Haruki Murakamis
Roman „Gefährliche Geliebte“ zoffte und die ganze Nation am Bildschirm miterlebte, wie Löffler nach zwölf gemeinsamen Jahren das
Tischtuch des „Literarischen Quartett“ zerschnitt. Literatur erregte
die Gemüter der Fernsehwelt, zuletzt noch 2008 als Reich-Ranicki
den Deutschen Fernsehpreis ablehnte, weil ihm das Fernsehprogramm wie ein einziger großer „Blödsinn“ erschien. Dabei wollte man
ihn doch dafür ehren, dass er als Anwalt der Literatur dem Fernsehen
angeblich die Qualitäten der Buchkultur so anschaulich offenbart
hatte.
Scheinheilig wirkte diese Ehrung schon damals. Deshalb nutzte
Reich-Ranicki wohl auch die Gelegenheit, um der Chefetage der
Sender einen Skandal zu bescheren. Jetzt bestätigt das ZDF diesen
Eindruck auf ganzer Linie. Nachdem Elke Heidenreich die Kündigung
für ihre Sendung „Lesen!“ erhalten hatte, verstarb zum Jahreswechsel auch deren Nachfolger „Die Vorleser“. Nun könnte man einwenden, dass Literatur und Fernsehen nie in einer Liebesheirat aufgehen
mochten, das ZDF entledigte sich also nur einer lästigen Pflicht. Aber
so einfach ist die Sache nicht.
Die Publikumsverlage legten jetzt über den Deutschen Börsenverein
mit einem Appell Beschwerde ein: „Das ZDF nimmt seinen Kulturauftrag als öffentlich-rechtlicher Sender beim Thema Literatur und
Lesen nur ungenügend wahr. Literatur findet dort derzeit in einer
eigenständigen Sendung nicht mehr statt“, stellen sie fest. Deshalb
fordern die Verlage „die Programmverantwortlichen des Senders auf,
sich dieses Themas intensiv anzunehmen“. Offenbar muss das ZDF
daran erinnert werden, dass es sich noch nicht ungeniert wie ein
Privatsender aufführen darf. Tatsächlich wirkt die Kaltschnäuzigkeit,
mit der man sich selbst der kulturellen Alibi-Sendungen entledigt,
schockierend.
Man darf die großen Sender jedoch nicht aus der Pflicht nehmen.
Die Literatur braucht in unseren Tagen die Unterstützung des Fernsehens, denn das Fernsehen stellt die Leitwährung unserer Medienlandschaft dar. Wenn im „Literarischen Quartett“ ein Titel empfohlen
wurde, kamen die Buchhändler am nächsten Tag mit dem Bestellen
nicht mehr nach. Als die Polin Wisława Szymborska – die eine wundervolle, für jeden verständliche Lyrik schrieb – den Literaturnobelpreis erhielt, verkauften sich ihre Bücher in Deutschland auch nicht
besser als ohne Preis. Nachdem Elke Heidenreich ihre Texte hingegen öffentlich las, kam der Suhrkamp Verlag beim Nachrucken der
Szymborska-Titel ordentlich ins Schwitzen. Die Menschen wollen
lesen, aber sie haben die Bindung an den öffentlichen Diskurs über
Literatur - der ja auch nur noch spärlich betrieben wird - verloren.
Und sie wollen auch einmal etwas anderes als Charlotte Link und
Stephenie Meyer lesen, dazu brauchen sie den literarischen Tipp aus
dem Fernsehen. Und warum sollte das Fernsehen nicht auch einmal
ein bisschen Leseförderung betreiben, ihm gehört doch eh schon das
Feld der medialen Aufmerksamkeit. Also, ihr Pflichtvergessenen, ob
es euch schmeckt oder nicht, lesen muss sein.
Sebastian 23 zählt an: sechs – Die Video Kolumne
Spät rechts einschlafen
„Das Grüne grünt“, wie Heidegger gesagt hätte. Dieser Philosoph, der dereinst von
den Almen des Schwarzwaldes an die Universität Freiburg hinab wandelte, hatte
nämlich einen eigenen Zugang zur Sprache. Gerne sagte er: „Die Welt weltet“ oder
„Der Tisch tischt“. In Anbetracht einer Kirmes hätte er vermutlich gesagt, dass sie
kirmst, während er autoscootet und im Allgemeinen heideggert. Als er das soweit
geklärt hatte, wandte er sich anderen Fragen zu, z.B., was im Wort „Dasein“ das „Da“
bedeutet oder, ob das ursprüngliche Erleben des Menschen sich als Geviert der Weltbezüge beschreiben lässt. Man merkt schon, dass es bei Heidegger oft Frühling war,
zumindest blüht da sprachlich so einiges. Hätte ich meinerseits seinerzeit auf der
Kirmes so geblümt gesprochen, hätte mir auch einiges geblüht. Da gab es im Dunstkreis des Autoscooters genug Jungs, deren Geviert der Weltbezüge ganz ursprünglich
durch ihre Fäuste sprach. Die fragten höchstens mal nach dem „Au“ in „Aua“. Dann
hieß es: Pflaster lässt sein fleischwurstfarbenes Band wieder flattern durch die Lüfte.
Früh links erwachen
Aber jetzt ist das Band grün und über allen Schlägern ist Ruh, denn es ist Frühling.
Es ist nicht mehr so kalt, dass man Gewalt braucht, um sich zu wärmen. Text reicht.
Frühling. Da blühte es nicht nur in Heideggers Formulierungen, da lächeln auch die
ratternden Schreibmaschinen der Journalisten gerne mal chlorophylstrotzende Satzsprießlinge auf die fruchtbar weißen Äcker des Papiers.
Dieser Satz aus einer Opernkritik in der „Welt“ kann nur dem triebhaften Lenz entsprungen sein: „…diese Geschichte reduziert sich zwischen Pappquadern und goldener Gotik-Laubsägearbeit auf einen brokatgefütterten Kostümschinkentoast im
ligurischen Reichskanzleistil.“Der Satz hat selbstverständlich seinen Weg in den
Hohlspiegel gefunden, kann aber nicht oft genug gedruckt werden. Nein, so wie der
Frühling jedes Jahr erneut den Bodenfrost das Fürchten lehrt und die Schneemänner
und Hosenlatze zum Schmelzen bringt, sollte er regelmäßig aufleuchten als Signallicht am nebeligen Horizont des Sprachverlusts.
Der Satz setzt sich
Man stelle sich vor, was Heidegger mit diesem Satz hätte anstellen können, hätte er
ihn nur im Geviert seiner Weltbezüge vorgefunden: „Die Pappquader pappquadern,
der Kostümschinkentoast kostümschinkentoastet und der Reichskanzleistil versteckt
ein Ei.“ Aber das war natürlich gar nicht der Reichskanzleistil, sondern der Osterhase,
den Heidegger da meinte. Dieses freche Mümmelmonster ist aber einen Monat zu
früh und hat in einer Märzkolumne nichts verloren. Aber keine Sorge, dem werde
ich zeigen, wer hier kolumnt. Nur weil Frühling ist, muss man sich ja nicht alles blühen lassen. Schreibt euch das hinter die Löffel, Heidegger und Osterhase. Die Sonne
sonnt; ich geh jetzt in den Park und parke.
FOTO/TEXT: SEBASTIAN 23
Das ZDF streicht die Literatur aus seinem Programm.
THOMAS LINDEN
Sebastian 23 - Die Video Kolumne:
Auf youtube und auf trailer-ruhr.de
48
Wortwahl
ComicKultur
lit.CARNIVAL
Schwirrende Farbstrudel
Nä, was geht es dieser Tage wieder jeck zu in den Hochburgen und Möchte-gernKapitalen von Jux und Dollerei. Närrische Tollitäten allerorten. Gewandet und
verkleidet, um sich unter spaßigem Deckmäntelchen in unverhohlener Frivolität
Wams und Mieder vom Leib zu reißen und endlich mal wieder ganz schamlos
den sinistren Urfreuden des irdischen Seins zu fröhnen. Ließe man dies Treiben
nüchtern über sich ergehen, würde man sich unweigerlich in eine karnevaleske
Version von Guillermo del Torros und Chuck Hogans Vampirthriller „Das
Blut“ (Heyne) versetzt fühlen, in dem sich ganz New York ob einer Seuche in
willenlose Untote verwandelt. Erst recht, wenn die verfeindeten Fledermausclans
unter lautem Helau und Alaaf zum Infight übergehen. Gehetzt und getrieben
jagen Amors Ritter und Mariechen von Kaschemme zu Kaschemme, um sich
den göttlichen Liebestrank gleich literweise hinter die Binde zu kippen, so dass
unweigerlich der Verdacht aufkeimt, die Kneipiers stünden zur fünften Jahreszeit
mit einer geheimnisvollen Kraft im Bunde, die ihnen ordentlich das Säcklein
füllt. Sagenumwobene Kapitalvermehrungen rumoren in der Gerüchteküche –
und erinnern an die verheißungsvollen Ammenmärchen von einem vorzeitlichen
Unwesen, das in Bernardo Fernández‘ „Das Auge des Drachen“ (Suhrkamp)
Glücksjägern aller Epochen wie Kontinente den Kopf verdreht und zudem
einem greisen Chinesen die Macht über den Alkohol- und Opiumschmuggel
an der mexikanisch-amerikanischen Grenze zu verleihen scheint. Doch wen
interessiert auf dem Höhepunkt seiner hedonistischen Ausschweifungen schon
die Kehrseite von Laster und Zaster. Sollen sich Ellen & Hyper und Irina & Oskar
doch ruhig zu viert vergnügen. Einjeder nach seiner Fasson. Wenn es am Ende
von Sophie Andreskys Hard-Core-Drama allerdings heißt „Fuck Your Friends“
(Heyne) und das Gegenseitig-an-die-Wäsche-wollen eine entgegengesetzte
Konnotation erfährt, kann sich der gestandene Jeck nur noch vor den Kopf
Hanns Zischler kennt man seit Jahrzehnten als Schauspieler. Dass er 1968
den Alpheus Verlag gründete, den er vor einigen Jahren reaktivierte, ist
weniger bekannt. Nun tritt er auch als Autor eines Comics auf: „Aus der
Nachwelt“, dynamisch und grob straffiert illustriert von Friederike Gross,
erzählt von einem erfolglosen Maler, dem Besuch aus der Zukunft ins Haus
steht. Und der erzählt ihm von seiner großen, posthumen Retrospektive.
Nicht nur ist die Zeitreise stimmungsvoll erzählt, auch die Zeichnungen
begeistern mit einigen raffinierten Momenten, so zum Beispiel der
Visualisierung von Musik (Alpheus Verlag). Aisha Franz erzählt in ihrem
Debüt „Alien“ von einer zerfallenen Familie und ihren Sehnsüchten. In
kleinen Bleistiftzeichnungen entwirft die Künstlerin ein tragisches Bild
von enttäuschten Hoffnungen, vertanen Chancen und selbstgezimmerten
Zuflüchten (Reprodukt). Noch ein Debüt: Mit „RPM“ erinnert Martina
Lenzin an die Aufbruchsstimmung des Post-Punk, als Musiker die
Selbstbestimmung entdeckten und im Do-it-yourself Verfahren ihre Musik
veröffentlichten. Eingebunden in eine Rahmenhandlung, deckt Lenzin die
Eckdaten jener Szene ab und reflektiert zugleich wie weit die damaligen
Ideale heute noch − oder wieder − Relevanz haben (Reprodukt). Noch eine
Zeichnerin – es werden immer mehr: Jule K. „Love Rehab“ ist allerdings
kein Debüt, die Hamburgerin hat sich mit ihren Comics bereits einen Namen
gemacht. Mit „Love Rehab“ erzählt Jule K. wieder ein großes Liebesdrama.
Charlotta wird von ihrem Freund verlassen. Ein Selbstmordversuch, eine
Liebesentzugsklinik und eine Reise nach Australien – nichts hilft der
verzweifelten Comicladenbesitzerin. Jule K. paart Herzschmerzromantik mit
Idealen von Mädchenfreundschaft und ewiger Treue in ihrem furios campen
Herz-Schmerz-Drama (Edition 52).
schlagen. Menschenskinder, wofür haben wir denn den Nubbel. Anzünden, die
kleinen Verfehlungen einfach in Rauch aufgehen lassen und am Aschermittwoch
gehen wir alle zusammen wieder einträchtig Fisch essen. Aber vorher geben
wir dem Pferd auf dem Flur noch einmal flugs die Sporen; ganz so wie es der
„Texas Jewboy“ Kinky Friedman in „Zehn kleine New Yorker“ Tiamat, seinem
finalen Krimi um den jüdischen Großstadtcowboy und seine Village Irregulars,
zu tun pflegt: in alkoholgeschwängerter Lakonie und über Gesetz und Ordnung
hinweg. Oder wie wäre es mit einem psychedelischen Ritt auf Thomas Pynchons
ultimativer Welle? Geistig weniger hochtrabend, dafür umso leichtfüßiger
und grenzdebiler, eignet sich das letzte Machwerk des Kultautors um einen
abgehalfterten Hippie-Detektiv, durchgeknallte Surf-Prolls, einen Donald Duck
fetischisierenden Anwalt, ein dentistisches Verbrechersyndikat sowie allerlei
andere Manons & Nixons - so ganz nebenbei auch noch als Quell der Inspiration
zur nächstjährigen Verschleierung „Natürliche(r) Mängel“ (Rowohlt).
Ein alter Hase ist Joann Sfar. Seine Serie „Klezmer“ um eine Gruppe von
Musikern im Odessa des frühen letzten Jahrhunderts geht in die dritte Runde:
In „Diebe, alles Diebe“ müssen sich die Musiker nach dem rauschenden
Fest des zweiten Bandes in ihrer neuen Heimat zurechtfinden. Dabei geht
es ordentlich zur Sache, denn das Machtgefüge ist zwar verworren, aber im
direkten Körperkontakt mit allerlei Dieben recht deutlich. Getragen von Sfars
schwirrenden Farbstrudeln gleitet die Tragikomödie weiter in unbekannte
Sphären (avant-verlag). Mit „Martha Washington“ schuf Frank Miller
in den frühen 90er Jahren eine martialische Heldin, die sich gegen eine
korrupte Männerhorde in Politik und Militär zur Wehr setzen muss. Seine
Gesellschaftssatire birgt immer noch überraschend aktuelle Momente.
Alleine die überbordende Grafik ist deutlich in der Entstehungszeit verortet.
Mit dem dritten Sammelband „Martha rettet die Welt“ liegt nun erstmals
die komplette Serie inklusive aller Kurzgeschichten auf deutsch vor (Panini).
Das Hamburger Comicmagazin „Orang“ versammelt seit 2002 regelmäßig
thematisch gebündelt Kurzgeschichten. Inzwischen ist man bei der neunten
Ausgabe angelangt und widmet sich frei assoziativ dem Begriff „Atlas“. Auf
176 Seiten präsentieren 17 KünstlerInnen, darunter Aisha Franz, Moki oder
Verena Braun, magische, fantastische Welten. Tierfiguren sind hier nach wie
vor hoch im Kurs (Reprodukt).
LARS ALBAT
P.S.: Bevor sich der geneigte Leser nun aber dem gemeinen Vorwurf, ich sei eine
karnevalistische Spaßbremse, anschließt, muss ich an dieser Stelle noch zu meiner
närrischen Ehrenrettung bemerken dürfen, dass ich sehr wohl auch in diesem Jahr
wieder durch den kölschen Fasteleer mäandern werde, um dem Nubbel meine
ganz persönliche Aufwartung zu machen: als garstiger, in der Nase popelnder
Grisgram mit blutunterlaufenen Augen, der frei nach Andy Stanton & David
Tazzyman (in Übersetzung von Harry Rowohlt) sämtlichen Zorn infantiler Narretei
auf sich vereint: »Sie sind ein schlechter Mensch, Mr. Gum!« Sauerländer. Für
Euch doch gerne ;-)
49
CHRISTIAN MEYER
Literatur-Kalender Ruhr
22.03.2011
24.03.2011
30.03.2011
Für immer anders – Wenn Familien
Zeiten der Trauer erleben
Kinder, Jugendliche und Erwachsene
haben viele Fragen und Gedanken,
wenn lebensbegrenzende Krankheit,
der Tod und das, was danach kommt,
aktuell wird. Gespräch und Vortrag
anhand von Beispielen aus der
alltäglichen Trauerpraxis.
Eintritt: 8,00 € - 19.30 Uhr
Gott sei Dank in der Welt! Ein Konzil verändert die Kirche
Auf der Grundlage der Publikation
“Die Kirche der Weltgesellschaft.
Das II. Vatikanische Konzil und die
Globalisierung des Katholizismus“
von Dr. Stefan Nacke sollen nach
einem Impulsreferat des Autors aus
unterschiedlichen Perspektiven die
Herausforderungen, die heute mit
dem Zweiten Vatikanischen Konzil
für die Menschen verknüpft sind,
diskutiert werden.
Eintritt: frei - 19.30 Uhr
Die hohe Kunst der Weltrettung
Das Komischste aus dem wirklich
wahren Leben mit dem Kabarettisten
Kai Magnus Sting
Als Rastelli der gesprochenen und
geschliffenen Rede, als gnadenloser
Menschenbeobachter und Menschenkenner, als Parodist des Lebens,
Terrorist des Wortes und Meister des
Zwischenmenschlichen hat Sting seine
Lieblingsnummern im Gepäck und die
ein oder andere neue Geschichte.
Eintritt: 10,00 € - 19.30 Uhr
Babyrassell statt Discokugel, Wladimir Kaminer, Foto: A. Walther
DIE LITERATUR-TERMINE DER REGION
BOCHUM – RIFF
0234 640 46 26
ESSEN – CAFÉ ZENTRAL
0201 812 20
Wladimir Kaminer: Salve Papa
Do 03.03. 20 Uhr
Der Deutschen liebster Russe hat die Russendisco
an den Nagel gehängt und widmet sich stattdessen in „Salve Papa“ dem Leben als Vater – und
schafft es tatsächlich, diesem Genre neue Aspekte abzugewinnen.
Auch am 02.03. in Essen, Zeche Carl
Der literarische Salon: Brigitte Kronauer
Mi 23.03. 20 Uhr
Die in Essen geborene Büchner-Preisträgerin
gibt Einblick in ihre Prosa und Essays.
BOCHUM – ROTUNDE – ALTER KATH.-TAGSBAHNHOF
0234 961 66 20
Christian Brückner: Moby Dick
Sa 12.03. 20 Uhr
DORTMUND – EKAMINA IM SISSIKINGKONG
0231 728 25 78
Ben Redelings: Scudetto-Halbzeitpause
Fr 25.03. 20 Uhr
Mit dem VfL Bochum hat die Prosa von Ben Redelings gemein, dass sie nicht erstklassige Literatur
ist – aber ungemein unterhaltsam kann so ein
Scudetto-Abend vor allem für Fußballfans sein.
DORTMUND – EKAMINA IM SISSIKINGKONG
0231 728 25 78
Murat Kayi & Daddy Weiland
Di 01.03 20 Uhr
Ein evangelischer Türke schreibt von Westfalen
und Anatolen, angereichert mit Folkpop à la Elliot Smith.
ESSEN – ZECHE CARL
0201 834 44 10
ESSEN – MUSEUM FOLKWANG
0201 884 54 44
Der Fall Oskar Pastior
Fr 04.03. 20 Uhr
Er zählte zu den bedeutendsten deutschsprachigen Lyrikern und seine Lebensgeschichte
wurde zum Vorbild von Herta Müllers preisgekröntem Roman „Die Atemschaukel“. Nach
seinem Tod gab es Enthüllungen über Spitzeltätigkeiten für die Sekuritate, die auch seine
Weggefährtin überraschten. Urs Allemann
und Ernst Wichner gehen den Spuren nach.
ESSEN – MUSEUM FOLKWANG
0201 884 54 44
Wolf Wondratschek: Das Geschenk
Mi 23.03. 20 Uhr
Einen Tag vor dem Auftritt bei der gehypten
lit.cologne ist Wondratschek bereits Gast des
Schreibheftes. Schade, dass es zeitgleich mit
Brigitte Kronauer ist, das macht es dem Literaturliebhaber aus dem Revier nicht leicht ...
OBERHAUSEN – BUCHHANDLUNG ZWEITBUCH
0208 68 63 99
Tolkien-Lesetag
Fr 25.03. 16Uhr
Vielleicht eine schöne Gelegenheit, sich dem
Werk des Hobbit-Schöpfers einmal fernab der
Verfilmung zu nähern...
Wiglaf Droste und Ralf Sotscheck
Fr 25.03. 20 Uhr
Die vielleicht scharfzüngigste Feder Deutschlands und der Irland-Fan Ralf Sotscheck an einem
Abend – das verspricht einen launigen Ablauf.
Empfehlungen von Frank Schorneck
= trailer Empfehlung auf den Auswahlseiten
Der Kalender wird präsentiert von:
Literaturmagazin, im Bahnhofsbuchhandel, www.Die-Lust-am-Lesen.de
Kartenvorverkauf
Medienforum des Bistums Essen
Zwölfling 14 / 45127 Essen
Tel.: 0201 / 2204-274
Fax: 0201 / 2204-272
[email protected]
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Ungeschminkt
In Sri Lanka stehen ganze Landstriche unter Wasser
Sri Lanka: Die vergessene Flut
Eine Fotostrecke über eine bisher unbemerkte Naturkatastrophe
Wahrnehmung kreiert Realität – auch beim
Blick auf Naturkatastrophen. Während die
Überschwemmungen in Australien und die Oderflut ihren Widerhall in deutschen Medien fanden, ging die Flutkatastrophe in Sri Lanka buchstäblich unter. Ein Drittel der ostasiatischen
Insel steht unter Wasser, Felder und Häuser sind
geflutet, eine Million Menschen sind betroffen.
Die Regierung hat vorsorglich Dämme und Wassertanks geöffnet. Doch anders als im Falle Australiens nimmt die Öffentlichkeit davon kaum
Notiz, von Vierzeilern einmal abgesehen. Gegen
das Vergessen zeigt diese Fotoreportage aus Sri
Lanka deshalb Bilder der Flut.
Nach ungewöhnlich starken Regenfällen während
des Monsuns stehen in Sri Lanka ganze Landstriche
unter Wasser. Die Bewohner der südasiatischen Insel erleben die schlimmste Naturkatastrophe seit
dem Tsunami im Jahr 2004 – nahezu unbemerkt
von der weltweiten Öffentlichkeit, Foto 1.
Nach Angaben der Regierung sind eine Million
Menschen im Norden und im Westen Sri Lankas
von den Überschwemmungen betroffen. Viele von
ihnen haben ihre Häuser und Dörfer verlassen. In
Flüchtlingslagern finden sie eine vorübergehende
Bleibe – und werden mit Nahrung versorgt, Foto 2.
Die Flüchtlinge leben unter einfachsten Bedingungen in den improvisierten Lagern. Dieser Angehörige der hinduistischen Minderheit besitzt einige
Küchenutensilien, Lebensmittel und eine Schlafmatte, Foto 3.
Trotz des Hochwassers harren viele Menschen so
lange es geht in ihren Häusern aus. Auch diese Frau
hat ihr Dorf nicht verlassen. Noch nicht? Foto 4
Als sie am Himmel ein Flugzeug sehen, vergessen
die drei Kinder für einen Moment das beengte und
trostlose Leben in dem Flüchtlingslager, Foto 5.
Die Flut ist auch in der Hauptstadt Colombo ange-
kommen: Mitarbeiter einer Bank protestieren gegen die Reduzierung ihrer Rentenansprüche – und
gegen die Preiserhöhungen von Lebensmitteln in
Folge vernichteter Ernten, Foto 6.
Kleiner, ohne Stimme und Entscheidungsgewalt: Für Kinder ist das Leben in den Lagern noch
schwieriger als für die Großen. Auch weil es meist
keine Schutz- oder Rückzugsräume gibt, so wie in
dieser Schule nahe der Stadt Batticaloa, die für
etwa 100 Menschen ein vorübergehendes Zuhause
ist, Foto 7.
Leben ohne Privatsphäre: Die Fenster der insgesamt
zehn Räume sind nur provisorisch mit Tüchern abgehangen. Familien mit bis zu zwölf Menschen teilen sich einen kleinen Klassenraum, kochen, essen
und schlafen dort, Foto 8.
TEXT/FOTOS: ØLE SCHMIDT
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RuhrKunst
Zeitgenossen aus Düsseldorf
Ausstellungen in Essen und Duisburg
Es ist gut, dass die Holzschnitte und Fotoarbeiten von Pidder Auberger in seiner
Ausstellung im Essener Museum Folkwang auch von ihrer handwerklich-technischen Seite beleuchtet werden. Parallel finden nämlich Schauen mit den Drucken von HAP Grieshaber wie auch des jungen Jan Brokof statt. Pidder Auberger
nun ist in seinem Werk ein Experimentator mit relativ tradierten Medien, die
er hinterfragt, neuartig kombiniert und sozusagen für sich und in der zeitgenössischen Kunst entdeckt. Wie Ute Eskildsen, die Leiterin der Fotografischen
Sammlung im Museum Folkwang berichtet, bezeichnet sich Auberger selbst als
„Laborkünstler“. Seine oft großformatigen, als Serien entstehenden Arbeiten
zielen gerade auf unerwartete Ergebnisse. Das beginnt schon damit, dass er mit
dem flächigen Holzschnitt nicht-festgelegte lineare Verschlingungen in enorm
räumlicher Empfindung zeigt.
Die künstlerischen Verfahren selbst aber standen bei Pidder Auberger schon
frühzeitig fest. Der 1946 geborene Künstler „wandte sich bereits Mitte der siebziger Jahre der Fotografie zu. Anfang der achtziger Jahre entstanden erste Holzschnitte, Mitte der Achtziger die ersten Clichés-verre“, fasst Jennifer Crowley im
Essener Katalog zusammen (Göttingen 2010, 86). Im Museum Folkwang ergibt
sich daraus eine lockere Retrospektive, die allerdings planvoll unvollständig ist.
Vorgestellt werden vor allem die abstrakten Darstellungen, weniger die gegenständlichen. Auch die Malerei – das Metier, das Auberger einst an der Düsseldorfer Kunstakademie studiert hat – bleibt am Rande, deutet sich aber allenthalben
an. Schon die Wirkung der fotografischen Arbeiten, bei denen mehrere Ebenen
über- und umeinander gelagert sind, ist mit ihren Unschärfen malerisch.
Aus der Ferne in die Nähe
Von Essen nach Duisburg, zur Ausstellung von Birgit Jensen im Kunstverein
Duisburg. Bei allen Unterschieden zu Pidder Auberger: Auch Birgit Jensens Bilder
Birgit Jensen, Uluru, 2010, Acryl auf Leinwand, 200 x 340 cm
© VG Bild-Kunst, Bonn / Foto: Birgit Jensen
beruhen auf indirekten Methoden, sie handeln mit Reproduktionsverfahren und
sind doch Malerei und bleiben als solche Unikate. Dazu nutzt sie das Medium
des Siebdrucks. Sie setzt die Rasterpunkte von Hand mit dem Pinsel auf die Folie,
so dass noch, schaut man genauer hin, ein eigener Duktus auszumachen ist.
Auf diese Weise sind große Querformate entstanden, die zwischen Abstraktheit
und Konkretheit oszillieren. Suggeriert sind Landschaftspanoramen bei Nacht,
die sich aus dem Kontrast weißer, aneinander anschließender Punkte inmitten
dunkler Flächen konstituieren. Gegeben ist z.B. der Blick hinab auf das nächtliche Los Angeles mit seinen Lichtbändern vom fließenden Autoverkehr und den
erleuchteten Gebäuden. In der Annäherung des Betrachters „kippt“ die Darstellung in die Tiefe, scheint zu schweben und lässt dann wieder an den Anflug auf
Landebahnen bei Dunkelheit denken...
Derartige Bilder, mit denen Birgit Jensen bekannt wurde, sind bis etwa
2005 entstanden, anschließend hat sie den Umgang mit Hell und Dunkel umgekehrt und einzelne urbane Situationen fokussiert. Zugleich eine Art
Schneegestöber,kristallisiert sich eine deutlichere Erkennbarkeit heraus, bei der
ihre Kunst zur analytischen Bestandsaufnahme im Stadtraum wird.
Daran schließen die aktuellen Bilder in Duisburg an. Birgit Jensen wendet sich
heute einzelnen atmosphärisch aufgeladenen, oft monumentalen Orten zu und
zoomt diese heran, etwa Uluru (der kultische Berg der australischen Ureinwohner, der bis vor wenigen Jahren Ayres Rock hieß) und die Buddha-Statuen, die
durch die Taliban zerstört wurden. Sie befragt deren „eigentliche“, rituelle Bedeutung und die zeitgenössische mediale Rezeption, indem ihre Bilder aus monochromen Rasterpunkten bestehen. Die Frage nach dem Entstehen von Information und deren Übermittlung ist eines der Themen im Umschlag von Ferne zu
überwältigender Nähe, als aktiver Vorgang des Betrachters. Birgit Jensen selbst
vergleicht dies in einem Statement mit einem Schleier, der sich öffnet und wieder schließt. Sie verweist dafür noch auf die Definition von Passagen/Schwellen
bei Walter Benjamin.
THOMAS HIRSCH
Pidder Auberger – Fotografien und Holzschnitte, bis 3. April im Museum
Folkwang, www.museum-folkwang.de
Pidder Auberger, Cliché-verre Gr. 6, 1988, Bromsilbergelatine, Cliché-verre, aquarelliert, Fotografische Sammlung Museum Folkwang, Essen © VG Bild-Kunst, Bonn / Museum Folkwang, Essen
Birgit Jensen – rites de passage, bis 5. März im Kunstverein Duisburg,
www.kunstverein-duisburg.de
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46
THOMAS STRUTH
FOTOGRAFIEN 1978 – 2010
26. 02. – 19. 06. 2011
In Kooperation mit dem Kunsthaus Zürich
K20 GRABBEPLATZ
Düsseldorf
www.kunstsammlung.de
Paradise 1, Daintree, Australia 1998, Chromogener Abzug, 225,5 × 179 cm, © Thomas Struth
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Grabbeplatz 4 I D - 40213 Düsseldorf I www.kunsthalle-duesseldorf.de
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Sammlung
„Ein Pionier der zeitgenössischen Kunst“
Emil Schumacher, Lybia, 1962, Öl auf Holz, 77 x 171 cm, Foto: Presse
Museumsdirektor Hans Günter Golinski über den Kunstsammler Helmut Klinker
Helmut Klinker (1925 bis 2010) zählt zu den
Wegbereitern zeitgenössischer Kunst in Bochum. Viele bedeutende Werke aus seiner
Sammlung fanden Eingang in die Museumskollektion. Als Hommage hat das Kunstmuseum Bochum eine Präsentation von Gemälden,
Zeichnungen und Skulpturen zusammengestellt,
die aus seiner Sammlung erworben werden
konnten. Darunter Werke von Anatol, Joseph
Beuys, Alexander Calder, Sigmar Polke, Gerhard
Richter, Bernhard Schultze, Emil Schumacher
und Andy Warhol, die Sammlerinstinkt und
Sammlerglück des Bochumer Kunstfreundes
anschaulich dokumentieren.
zeitgenössische Kunst in dieser Stadt eine Rolle spielt. Und das ging über das Museum hinaus.
Er hat beispielsweise Joseph Beuys, als der noch
als Bürgerschreck galt, zu sich nach Bochum geholt. Er hat bei Künstlern wie Gerhard Richter und
Sigmar Polke Portraits bestellt. In seinem Garten
konnten Vertreter der Minimal Art künstlerisch arbeiten. Er war ein Pionier, dem damals auch Kritik
und Häme entgegenschlug, aber er mochte auch
das Provokative, das er sehr aggressiv und argumentativ verteidigen konnte. Sponsern mit Gegenleistung war nicht sein Ding.
Gibt es noch Sammler wie ihn, die nicht nur ein
eigenes Museum haben wollen?
trailer: Wie wichtig war Helmut Klinker für das Peter Ludwig hat diese Bewegung ja ins Rollen
gebracht. Heute gibt es immer mehr SammlerBochumer Museum?
Dr. Hans Günter Golinski: Er ist einer der Grün- museen. Die andere Sammlerspezies vergleichbar
dungsväter des Museums. Helmut Klinker war mit Helmut Klinker gibt es vereinzelt auch noch,
schon 1958 beteiligt, als es darum ging eine erste aber die Rahmenbedingungen haben sich ja auch
gravierend verändert. Die Szene
städtische Kunstgalerie zu schaf„Die Kunstszene ist eine
war wesentlich überschaubarer.
fen. Er hat damals auch bereits
Parallelszene
Im Rhein-Ruhrgebiet gab es rund
die inhaltliche Ausrichtung diezur Museumsszene“
15 Galerien, die konnte man alle
ser Institution beeinflußt. Die
besuchen. Das gleiche galt für
Kunstgalerie zeigte damals in
erster Linie Kunst nach 1945. Er war eng befreun- die Künstlerschaft. Beides ist in den Jahren darauf
det mit Peter Leo, dem Gründungsdirektor. Helmut in der Masse explodiert, der Kunstmarkt hat eine
Klinker hat damals sogar in Absprache mit ihm ganz andere Dimension erreicht. Damit sind auch
gesammelt. Er hat dem Museum dann ermöglicht, ganz andere Sammlertypen entstanden.
Kunstwerke von ihm zur Hälfte des damals gegenwärtigen Zeitwerts zu kaufen. Deshalb konnte er Macht der Markt denn die kommunalen Muauch im Gegenzug Strukturen des Hauses nutzen, seen kaputt?
hatte einen Magazinraum und konnte Transporte Für mich ist die Kunstszene eine Parallelszene zur
über das Museum durchführen. Richard Erny, der Museumsszene. Es gibt da Überschneidungen, aber
damalige Bochumer Kulturdezernent, hat das da- beide funktionieren nach eigenen Gesetzen. Wir
mals vertraglich fixiert. Dreimal sind in den 1980er sind als kommunales Museum in eine größere DiJahren Arbeiten von Klinker zum halben Preis ge- stanz zum Kunstmarkt geraten, weil wir schlicht
kauft worden. Das waren alles Werke, die die Stadt und einfach nicht mehr ankaufen können. Durch die
Bochum zum vollen Preis nie hätte erwerben kön- bescheidenen Budgets, die wir als kleine und mittlenen, die damals auf dem Kunstmarkt bereits richtig re Häuser, aber auch die großen Museen haben, ist
teuer waren. Aber es waren auch Werke dabei, de- viel von den alten Strukturen zwischen Galerien und
ren Bedeutung erst viel später deutlich wurde. Bis Sammlern und den Museen verloren gegangen. Wir
zuletzt ist Helmut Klinker dem Museum Bochum konnten noch in Galerien kaufen, konnten auch deverbunden geblieben.
ren Netzwerke nutzen. Da war man näher an einem
Mann wie Helmut Klinker. Es gibt die verstärkte TenHat es in den letzten 20 Jahren auch noch An- denz, heute eher auf eigene Rechnung zu sammeln
und dies auch nach außen zu demonstrieren. Wir
käufe von ihm gegeben?
Im meiner Amtszeit nicht mehr. Aber das hatte bräuchten aber wieder einen neuen Schulterschluß
nichts mit Helmut Klinker zu tun, sondern mit der zwischen öffentlichen Museen und Sammlern, die
sind heute wichtiger denn je.
Finanzlage der Stadt Bochum.
War er ein Sponsor oder eher Mäzen?
Er hatte mäzenatische Ambitionen, wollte das
Ist die Zukunft des Bochumer Museum zwischen
Ostwall im Dortmunder U und Folkwang in Es54
sen wie die des VFL Bochum zwischen Borussia
und Schalke?
Nein. Ein Museum gewinnt seine Bedeutung in
erster Linie durch seine Sammlung. Die Osthaus
Sammlung ist in unserer Region exzeptionell. Und
damit ist auch das Ausstellungsgeschehen verbunden. Das funktioniert teilweise ganz simpel: Gibst
du mir, gebe ich dir. Wenn man Projekte plant,
kommt man viel leichter an Leihgaben. Dieser
Leuchtturm in Essen ist wahnsinnig wichtig und
gibt der Region einen markanten Eckpunkt. Davon
können die kleineren Häuser nur profitieren. Ob
das Dortmunder U eine Konkurrenz ist, vermag ich
nicht zu sagen. Ich bin froh, daß ich ein komplexes
Haus habe mit dem man sich identifiziert. Meiner
Meinung nach kranken diese mehr funktional genutzten Orte daran, dass sich die einzelnen Institute darin auch behaupten müssen. Der Besucher
identifiziert sich anders mit einem Museumskomplex, als wenn er wie im U oder auch beim
Museum in Luzern oben drauf gesetzt erscheint.
Wir haben alle im Moment Sorgen, aber ich habe
keine Existenzängste. Das Museum Bochum mit
einem Alt/Neubau am Stadtpark muss bei der bildenden Kunst auch als Ganzes gesehen werden.
Wir haben zusammen mit der Kunstsammlung der
RUB und der Situation Kunst dezentrale Schwerpunkte, es wäre natürlich günstiger, wenn alles
zusammen einen Komplex bilden würde und wir
uns die Besucher wechselseitig zulotsen könnten,
aber diese dezentrale Komplexität ist auch etwas,
womit die Stadt Bochum den anderen Städten Paroli bieten kann.
INTERVIEW: PETER ORTMANN
Sammlung:
Die Interviewserie mit den RuhrKunstMuseen
ZUR PERSON
Hans Günter Golinski, Studium der
Pädagogik in Wuppertal, Kunstgeschichte, Archäologie und Germanistik
in Bochum. In den 1980ern Kunst am
Bau Beauftragter des Landes NRW,
dann wiss. Mitarbeiter am Rheinischen
Landesmuseum in Bonn und wissenschaftlicher Kustos am Museum Bochum. Seit 1997 ist er dort Direktor.
Foto: Museum Bochum
Kunstwandel
Kunst in NRW
Stätte des Museums für Geldgeschichte, das Haus Kemnade in Hattingen, Foto: Haus Kemnade
A. Cabanel: Der gefallene Engel, Öl auf Leinwand, 121x190 cm, © Musée Fabre, Montpellier / Wallraf-Richartz-Museum, Köln
Mal bezahlen mit der Axt
Künstler am Hof
Bezahlen mit dem guten Namen, das funktionierte schon in der Antike
nicht mehr. Schon vor über 5.000 Jahren kannte man in China den Wert
des schnöden Mammons, zahlte für Dienstleistungen jedweder Art eine
Belohnung. Die Kaurimuschel (kleine Schnecken auf Fäden gefädelt)
wurde in Papua Neuguinea noch bis 1961 benutzt, zwar nur mit symbolischem Charakter, dafür aber hochoffiziell. Im Museum Haus Kemnade, einer ehemaligen Wasserburg auf Hattinger Geländer, kann man
nun den traditionellen Zahlungsmitteln aus Asien, Ozeanien und Afrika
nachspüren. „Kauri. Kina. Kissipenny“ heißt die interessante, umfangreiche Ausstellung, die das „Geld“ nach Erdteilen in großen gläsernen
Vitrinen sortiert zeigt. Am Wichtigsten dabei ist das Schauen. „Das ist
keine wissenschaftlich strukturierte Exponatenschau, eher eine Wunderkammer“, sagt Bochums Museumschef Hans Günter Golinski bei der
ersten Besichtigung. Geld spielt in der historischen Wasserburg, deren
Errichtungsdaten bis heute nicht geklärt sind, seit sieben Jahren eine
besondere Rolle, seitdem ist hier auch das Museum für Geldgeschichte
der Sparkasse Bochum und eine bedeutende Spardosensammlung untergebracht.
Die brauchten die Indonesier auf der kleinen Insel Alor ganz sicher nicht.
Bis 1914 waren dort die „Mokkos“, sanduhrförmige Messingtrommeln,
die Hauptwährung. Verzierte Gongs galten als Kleingeld. Das System
beinhaltete auch ein Kreditwesen. Wer beispielsweise einen Brautpreis
nicht bezahlen konnte, lieh sich dafür eine Mokko und musste nach einer festgelegten Zeit ein größeres Exemplar zurückgeben. In Ozeanien
zahlte man traditionell mit Muschelgeld, dem Kauri. Als Schmuckplatte
um den Hals getragen nannte man das Geld Kina, man hatte es aber
aus der Perlenauster hergestellt. Für die Ahnen hatte man symbolisches
Bambusgeld. Alles ist ganz schön unüberschaubar, hat aber eine ganz
eigene Ästhetik, die sich, in Vitrinen geräumt, weit vom Kunsthandwerk
entfernt hat. Ganze 450 Exponate hat Jürgen Stollmann, Leiter des Museums für Geldgeschichte, zusammengetragen. Unter den ausgefallenen
Leihgaben auch das Sühnegeld bestehend aus 60.000 roten Federn
eines Kardinalvogels. Auch wenn der sicher nicht begeistert war, musste
schließlich die Familie für den Ausfall ihrer Tochter als Arbeitskraft adäquat entschädigt werden. Wie Polynesier das Problem lösten, zeigt eine
komplette Muschelwerkstatt zur Geldherstellung. Eine interessante Idee,
die heute allerdings bei uns unter Strafe steht.
Fehlt aus dem Titel noch der merkwürdig vertraut klingende Begriff Kissipenny. Mit Münzen hat das immer noch nichts zu tun, eher mit dünnen
seilförmig gedrehten Eisenstäbchen mit flach ausgeschmiedeten Enden.
Sie galten an der afrikanischen Westküste als eher geringfügiges Zahlungsmittel, das meist auch zu Bündeln zusammengepackt war. Und weil
sie beim Stamm der Kissi so beliebt waren, nannten die europäischen
Kolonialherren sie analog zu dem Britenpenny Kissipenny. Im Kongo
mussten sie sich dagegen vor dem Zahlungsmittel Nspa fürchten. Äxte
waren dort Kriegswaffen und Zahlungsmittel zugleich. Dann schon lieber Messingtrommeln.
Von Thomas Hirsch
Es ist die Crux historisch und kulturgeschichtlich motivierter Ausstellungsprojekte: Die „reine“ Kunst wird primär als Illustration verstanden. Ein wenig kennzeichnet dies auch die Schau zu Napoleon Bonaparte in der Kunstund Ausstellungshalle in Bonn. Napoleon Bonaparte, der 1769 auf Korsika
geboren wurde und 1821 in der Verbannung auf St. Helena gestorben ist, ist
durch seine Feldzüge, welche die Grenzen innerhalb Europas neu gezogen
haben, seinen kometenhaften Aufstieg und seine Erscheinung noch heute im Bewusstsein. Die Bonner Ausstellung geht zugleich dem öffentlichen
Bild von Napoleon nach, der staatsmän„Meister der prunkvollen
nischen Propaganda in der Erzeugung
Inszenierung“
von Verklärung und Legende. In einer
Art Geschichtsstunde sind die unterschiedlichen Facetten von Napoleon
angesprochen, anhand von Kleidungsstücken, Kronen und Modellen, aber
auch Karikaturen. Und dann gibt es eben die Kunstwerke, die mal fiktional,
mal real und oft als Auftragskunst Napoleon und seinen Taten zuwenden.
Dazu gehören Ingres‘ kolossales Gemälde „Napoleon als thronender Jupiter“ (1806) und Antonio Canovas „Napoleon als friedensbringender Mars“
(1803-06) – wobei Napoleon über die Nacktheit des Gipsmodells derart erschrocken gewesen sein muss, dass er den Körper verhüllen ließ. Nur die
Büste gab der Kaiser frei: zur Vervielfältigung in Marmor. So war das mit
der Kunst am Hof.
Traditionelle Zahlungsmittel aus Asien, Ozeanien und Afrika
Imposante Auftragsmalerein aus Frankreichs Kaiserzeit
Gar nicht so weit entfernt, nämlich im Wallraf-Richartz-Museum in Köln
ist derzeit ein anderes, wortwörtlich verwandtes, allerdings angezogenes
ganzfiguriges Porträt zu sehen, „Napoleon III.“, gemalt 1865 von Alexandre
Cabanel (1823-1889). Es gehört zu den wichtigsten Aufträgen dieses Salonmalers, der mit seinen Bildnissen in der Pariser Gesellschaft, aber auch in
den Vereinigten Staaten gefragt war. Das Beharren auf den akademischen
Traditionen der Malkunst und das Erfüllen von Aufträgen mögen indes wesentliche Gründe dafür sein, dass Cabanel über Frankreich und seine amerikanischen Sammlerkreise hinaus nie weiter bekannt wurde, bis heute. So
gesehen ist die Retrospektive im Wallraf-Richartz-Museum eine Entdeckung. Sinnvoller Weise bedenkt sie alle Werkphasen und vermittelt so den
Weg hin zur „theatralischen“ Historienmalerei des Spätwerks. Ausgestellt
ist auch Cabanels Hauptwerk „Die Geburt der Venus“ (1863), das zwischen
lasziv und künstlich interpretiert wird. Dass all das aber
im rechten Licht vermittelt wird, ist das Verdienst der
ebenso prächtigen wie dezenten Ausstellungsarchitektur, welche der Modeschöpfer Christian Lacroix entwickelt hat. Lacroix, der aktuell auch das Bühnenbild zur
Aida an der Kölner Oper entworfen hat, stammt wie Alexandre Cabanel aus Montpellier und ist ein Bewunderer
Thomas Hirsch ist
von dessen Malerei. Also, die Meister der prunkvollen
Kunsthistoriker, Kurator und Journalist.
Inszenierung finden hier zusammen!
PETER ORTMANN
Napoleon und Europa – Traum und Trauma
bis 25. April in der Bundeskunsthalle Bonn I www.bundeskunsthalle.de
Alexandre Cabanel – Die Tradition des Schönen I bis 15. Mai im WallrafRichartz-Museum & Fondation in Köln I www.wallraf.museum.de
Kauri.Kina.Kissipenny I bis 31.7.2011
Haus Kemnade, Hattingen I 0234 90 42 30
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Kunst-Kalender
Popkultur in nrw
Franz Jansen, Promenade, 1925, Öl auf Hartfaser, 76 x 95 cm © Kunstmuseum Bonn
Die Kunst-Termine NRW
AACHEN – Reichsabtei Kornelimünster
www.kunst-aus-nrw.nrw.de
Hans Salentin bis 13.3.
Skulpturen und Collagen des
avantgardistischen Kölner
Bildhauers (1925-2009)
BONN – Kunst- und Ausstellungshalle
www.kah-bonn.de
Napoleon und Europa bis 25.4.
Eine Kulturgeschichte zum Leben und zur Legende Napoleon Bonapartes
BONN – Kunstmuseum
www.kunstmuseum-bonn.de
Gefühl ist Privatsache bis 15.5.
Die Hauptvertreter der Malerei der Neuen
Sachlichkeit der 1920er Jahre in Deutschland
DUISBURG – Lehmbruck Museum
www.lehmbruckmuseum.de
Max Klinger bis 24.4.
Der Maler, Grafiker und Bildhauer an der
Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert
ESSEN – Museum Folkwang
www.museum-folkwang.de
HAP Grieshaber bis 3.4.
Holzschnitte und Plakate des engagierten einzelgängerischen Künstlers
HAGEN – Osthaus Museum
www.osthausmuseum.de
Horst Becking 13.3.-8.5.
Der Hagener Maler mit neuen Bildern zwischen
Gegenstand und Abstraktion
HAMM – Gustav-Lübcke-Museum
www.hamm.de
BRÜHL – Max Ernst Museum
www.maxernstmuseum.lvr.de
Emil Nolde 27.3.-19.6.
Reisen durch Deutschland, Spanien, Schweiz in
der Malerei des expressiven Künstlers
Werke aus der Menil Collection bis 3.4.
Leihgaben zu Max Ernst aus Houston
KÖLN – Museum Ludwig
www.museum-ludwig.de
DORTMUND – Hartware MedienKunstVerein
www.hmkv.de
Bethan Huws bis 5.6.
Filigrane reduzierte Zeichnungen der jungen
walisischen Künstlerin
Barbara Breitenfellner bis 5.6.
Zwei begehbare Installationen der jungen Österreicherin, die um Träume kreisen
KÖLN – Wallraf-Richartz-Museum
www.wallraf.museum.de
DORTMUND – Museum am Ostwall
www.dortmund.de
Alexandre Cabanel bis 15.3.
Der französische Salonmaler des 19.
Jahrhunderts in einer Retrospektive
Bild für Bild bis 25.4.
Hauptwerke der modernen Kunst aus der
Sammlung des Pariser Centre Pompidou
LEVERKUSEN – Museum Morsbroich
www.museum-morsbroich.de
DÜSSELDORF – Kunsthalle
www.kunsthalle-duesseldorf.de
Ferdinand Kriwet bis 1.5.
Hörtexte, Konkrete Poesie und Neonarbeiten
des aus Düsseldorf stammenden Künstlers
DÜSSELDORF – K20
www.kunstsammlung.de
Thomas Struth bis 19.6.
Werkschau des Hauptvertreters der
Düsseldorfer Fotoklasse von Bernd Becher
DÜSSELDORF – Museum Kunst Palast
www.smkp.de
Gralglas Dürnau bis 29.5.
Gebrauchs- und Ziergefäße der im
Designbereich führenden Manufaktur
Radical Shift 13.3.-22.5.
Politische und soziale Umbrüche in der Kunst
Argentiniens seit den 1960er Jahren
MARL – Museum Glaskasten
www.marl.de/skulpturenmuseum
Sándor Szombati bis 20.3.
Retrospektive mit Skulpturen, die mittels
magnetischer Kräfte funktionieren
NEUSS – Langen Foundation
www.langenfoundation.de
Japanische Naturdarstellungen bis 8.5.
Kunst aus zehn Jahrhunderten im Dialog mit
Klassischer Moderne und junger Kunst
OBERHAUSEN – Ludwig Galerie
www.ludwiggalerie.de
Artefakt und Naturwunder bis 17.4.
Das Leuchterweibchen der Sammlung Ludwig,
entstanden um 1540 in der Schweiz
DUISBURG – Museu m Küppersmühle
www.museum-kueppersmuehle.de
REMAGEN – Arp Museum
www.arpmuseum.org
Anthony Cragg bis 13.6.
Der britische Bildhauer, der in Wuppertal lebt
und an der Düsseldorfer Kunstakademie lehrt
Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger bis 14.8.
Vielteilige, poetisch-verspielte Installationen
zum Thema Wasser der Schweizer Künstler
Empfehlungen von Thomas Hirsch
Solidarität zum Djäzz auch unter Anwohnern
Die Macht der Straße
Die Sperrzeitverlängerung des Duisburger Clubs Djäzz wird zum Politikum
Von Christian Steinbrink
Eines kann man über die Musikszene Duisburgs mit Sicherheit nicht sagen:
dass es dort einen Überfluss an Orten gäbe, in denen Livemusik gespielt wird.
Dementsprechend hart traf es Musiker und Fans, als bekannt wurde, dass der
in der Innenstadt gelegene Jazzkeller Djäzz vom städtischen Ordnungsamt mit
einer Sperrzeitverlängerung belegt wird. Die
„Die Stadt Duisburg
zu erwartenden Folgen waren von Anfang muss sich generell fragen lasan klar: wenn das Djäzz täglich schon um sen, was mit ihrer Innenstadt
ein Uhr seine Pforten schließen muss, kann
geschehen soll.“
es seine Party-Veranstaltungen nicht mehr
in bisherigem Rahmen durchführen und verliert dadurch seine Haupteinnahmequelle. Ergo: Die Schließung in absehbarer Zeit wäre unausweichlich.
Zu der neuen Auflage kam es durch Anwohnerbeschwerden wegen Ruhestörung. Die Beschwerden betrafen nicht die Musik im ausreichend schallisolierten Djäzz, sondern die Stimmen der Besucher auf ihren Hin- und Rückwegen. Ein Problem, für dass die Betreiber des Clubs kaum verantwortlich
gemacht werden können, zumal die Straße davor öffentlich und dadurch
kaum kontrollierbar ist.
Trotzdem brachte eine Klage wie so oft in solchen Fällen nicht die erhoffte
Aufhebung der neuen Auflagen. Das Ende des Djäzz schien besiegelt. Doch
dann geschah etwas, das selbst die größten Optimisten unter den DjäzzKunden nicht für möglich gehalten hatten: es formierte sich eine Protestbewegung, die eine so machtvolle Öffentlichkeit schuf, dass die Politik nicht
mehr an dem Thema vorbeischauen konnte.
Sichtbar wurde der Protest zunächst im Internet. Im sozialen Netzwerk Facebook bildete sich unter dem Banner „I love Djäzz“ eine Gruppe, die es innerhalb kürzester Zeit schaffte, den Protest aus dem virtuellen Raum auf
die Straße zu tragen. Es folgten Aktionen wie eine Kundgebung am Rande einer Ratssitzung und Solidaritätsbekundungen von vielen Seiten, sogar
von den Fans des örtlichen Fußballvereins. Die Spitze war erreicht, als mehr
als 500 Unterstützer in der Duisburger Innenstadt für den Erhalt des Djäzz
demonstrierten. Regionale Medien berichteten so umfassend über die Protestbewegung, dass sie letztlich erste Teilerfolge erreichte: Die Duisburger
Politik und das Ordnungsamt bewegten sich, viele Ratsmitglieder drückten
ihre Sympathie für das Djäzz aus und versprachen Hilfe, um den Club auch
in Zukunft zu erhalten.
Sascha Bertoncin, der für das künstlerische Programm zuständige Mitarbeiter
des Clubs, ist von der Unterstützung immer noch überwältigt: „Ich hätte nie
mit einer so breiten Solidarität gerechnet.“ Gegenwärtig sind mehrere Optionen für die nach wie vor unsichere Zukunft des Djäzz im Gespräch: Wenn
schon nicht die Aufhebung der neuen Sperrzeitregelung,
erhofft sich Bertoncin kommunale Unterstützung bei der
Suche nach einem neuen Standort. Auch das wird nicht
leicht, schließlich ist die Lage des bisherigen Djäzz ein
Glücksfall. Die Stadt muss sich generell fragen lassen,
was mit ihrer Innenstadt geschehen soll. Sollte das Djäzz
schließen müssen, läuft sie Gefahr, gerade in den AbendChristian Steinbrink
stunden weiter zu veröden. Eine Großstadt, die Duisburg
lebt in Duisburg und
schreibt über Popmusik sein will, sollte andere Optionen bieten.
www.ilovedjaezz.de l www.djaezz.de
56
Kompakt Disk
Im letzten Jahr erschien nach 16 Jahren mit „I‘m new here“ das erste
neue Album von Rap-Ahne Gil Scott-Heron. Jetzt hat sich Jamie Smith
von The XX des Albums angenommen, und mit „We are new here“ fast
das komplette Album in ein düsteres Soundgewand gekleidet. Nennt
es Dubstep, Trip Hop oder Dark Urban Soul – es klingt auf jeden Fall
verdammt cool (XL Records). Quietschfiedel ist das finnische Duo Le
Corps Mince De Francoise, kurz LCMDF. Ihr Club-Hit „Something Golden“
klang betörend charmant. Auf Albumlänge kann die post-punkige PopFröhlichkeit auf New Rave-Basis etwas anstrengen. Aber man kann ja
zwischendurch pausieren (Heavenly). Das französische Post Rock-Trio
NLF 3 vereint auf ihrem neuen Album „Beautiful is the Way to the World
beyond“ wieder rumpelnde Rhythmen, psychedelisch getupfte Sounds und
sparsam eingesetzte Stimmen. Sonnig und leichtfüssig (Prohibited). Earth
machen inzwischen Doom ohne Metal. Mit ihrem Zeitlupen-Wüstensound
sind sie näher an Americana. Das gilt auch für das neue Album „Angels
of Darkness, Demons of light Vol. 1“, das erhabene Meditationen anbietet
und den deutschen Kollegen Bohren und der Club of Gore immer näher
kommt (Southern Lord).
23. - 27.02.2011
02.03.2011
03.03.2011
11. + 12.03.2011
17.03.2011
19.03.2011
19.03.2011
24.03.2011
29.03. - 03.04.2011
02.04.2011
12.04.2011
15.04.2011
19.04.2011
30.04.2011
11.05.2011
18.05.2011
22.05.2011
23.05.2011
25.05.2011
27.05.2011
29.07.2011
Der Berliner Siriusmo legt sich nicht fest: Von seinem verdrehten Clubhit
„High Together“ über Mr. Oizo mäßiges Gehacke und brutalo Tech-Rap
zu Funk- und House-Anleihen kann der Mann so einiges. Fehlt nur die
eigene Handschrift. Aber wen kümmert‘s … (Monkeytown Rec.). Stephan
Bodzin & Marc Romboy sind bekannt für ihre minimalistischen,
melodisch grummelnden Technotracks mit weichem Analog-Flair. Sie
versammeln auf ihrem opulenten Debüt auf zwei CDs nicht nur bisherige
Maxi-Tracks, sondern auch neue Stücke, Versions und Remixe von
Freunden wie Dominik Eulberg, Moritz von Oswald oder Robag Wruhme.
Eine dritte CD bringt nochmal einen dreieinhalb stündigen Mp3-Mix
(Systematic). Das Kölner Techno-Urgestein Mathias Schaffhäuser hat
die Spendierhosen an. „In Konzert“ ist ein Live-Mix elf seiner Stücke, die
Schaffhäuser im Club mit Vocals und etlichen Instrumenten veredelt hat.
Den Download gibt’s auf seiner Label-Webseite „ware-net.de“ mit Cover
und allem Pipapo. Daneben erscheinen zwei Vinyl-EPs mit Auszügen und
Remixen. Die darf man käuflich erwerben (Ware). Kreidler bauen ihre
minimalistischen Soundscapes auf „Tank“ langsam und stetig auf. Den
sessionhaften Charakter merkt man den Stücken an, die Sozialisation
der Musiker zwischen Techno und Krautrock ebenfalls. Kontemplativ und
suggestiv zugleich (Bureau B).
Die Amsterdam Klezmer Band gibt sich auf „Katla“ wieder höchst
lebenslustig. Bierseelig könnte man in manchen Momenten auch sagen.
Polka, Klezmer und Artverwandtes vereint die siebenköpfige Truppe,
lässt aber anders als einige Balkan Beat-Kollegen die Elektronik außen
vor (Essay Rec.). Der israelische Jazz-Bassist Avishai Cohen führt den
melancholischen Tonfall seiner letzten Alben auf „Seven Seas“ fort.
Die Verbindung aus weichen Sounds, abstrakten Vocals und komplexen
Rhythmen funktioniert auch hier großartig, wenngleich einige Momente
des neuen Albums schon fast zu glatt ausgefallen sind (Blue Note). Das
Label raster-noton steht für glasklare Digitalsounds. Zusammen mit Ryoji
Ikeda arbeitet Labelchef Carsten Nicolai an komplexer audiovisueller
Konzeptkunst. Die CD „ID“ ihres Projektes Cyclo liefert den akustischen
Teil, der mit grenzwertigen Frequenzen die Ohren attackiert: Hör mit
Schmerzen! Ein Buch folgt im Laufe des Jahres.
CHRISTIAN MEYER
57
Tischtennis German Open
Helge Schneider
KIM WILDE
PUR
Der W
BEATSTEAKS
Paul Panzer
VICKY LEANDROS
Europameisterschaft im Ringen
Valery Meladze
Chris de Burgh
WWE presents WrestleMania
Revenge
LENA
MAYDAY - Twenty Young
Matthias Reim
Helene Fischer
KAYA YANAR
40 Jahre DISCO
PETER MAFFAY & Band
JÜRGEN VON DER LIPPE
RONAN KEATING
4)#+%4).'7%34&!,%.(!,,%.s4ELEFONCT-INUTE
-OBILFUNKPREISEMAXCT-INUTEsWWWWESTFALENHALLENDE
DIE WHISKY-MESSE
DES RUHRGEBIETS
12.— 13. MÄRZ 2011
GESELLSCHAFT HARMONIE
BOCHUM
Alle Infos unter:
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Hör mit Schmerzen!
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mit Brief und Siegel
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keine Wartezeit nach Gesellenprüfung
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UnternehmensManager (HWK)
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Technische Seminare
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In dem von der Kritik hochgelobten Kinofilm „The King’s Speech“ geht es um
einen Regenten mit Sprachproblemen: Der zukünftige König George VI. stottert und kann keine Reden an sein Volk halten. Abhilfe schafft ein Sprachtherapeut. Doch nicht nur für repräsentative Mitglieder von Königshäusern
erschwert sich das Leben, wenn die Worte fehlen.
Die DA Düsseldorfer Akademie hat sich ganz der Sprecherziehung verschrieben. Die Bildungseinrichtung vereint ein Therapie und Förderzentrum für Logopädie- Ergotherapie- Lese- und Rechtschreibtraining, eine renommierte
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DA Düsseldorfer Akademie
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Ausbildungsbeginn an der Schule für Logopädie ist jeweils im April und Oktober. Die nächsten Informationsabende über die Ausbildung zur Logopädin /
zum Logopäden mit der Möglichkeit der Doppelqualifikation zum Bachelor finden am 9. und 31. März um 17.30 Uhr statt. Vorherige Anmeldung erforderlich.
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Schüler: Sprachreisen, High-School- und Schulbesuch im Ausland (auch
in staatliche Colleges in den USA), Freiwilligendienste, Internationaler Jugendaustausch (u.a. mit China, Israel, USA).
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Wuppertaler Privatschule
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Die Höhere Ganztagsschule in Elternträgerschaft hat sich dem Motto „Miteinander zum Ziel“ verschrieben und behandelt ihre Schüler nach ganzheitlichem Ansatz. Ob hochbegabt, mit sozialen oder Lernschwierigkeiten, der
Schüler wird an seinem jeweiligen Stand abgeholt und individuell begleitet.
Soziales Lernen sowie intensive Ganztagsbetreuung mit vierteljährlichen
Zeugnissen und engem Austausch zwischen SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen gewährleisten den Schulerfolg.
TEXT/ZUSAMMENSTELLUNG: GESA KLAPPROTH
58
Auswahl
Stadt
Ruhrgebiet
Das Besondere im März
Die gebrannte Kunst im Fass
Motto: einblicke –
jüdisches [er]leben
Die Suche im Nichts
DORTMUNDER
Gesellschaft Harmonie,
Bochum
Jüdische Kulturtage NRW 2011
20. März bis 17. April
Termintipp:
Abraham Inc (s.S. 61)
Do 24. 3., 20 Uhr
Domicil, Dortmund
Infos: 0231 862 90 30
Infos: 0234 943 07 83
Mehr Service an der Ruhr
Das Ruhrgebiet, eine polyzentristische Region, sucht sich selbst. Wir wollen, dass
Sie in unserem Magazin besondere Ereignisse und Veranstaltungen finden.
Klassische Stadtmagazine präsentieren fürs Finden eher Kleinstgedrucktes als
Mini-Hinweise im Stile von Telefonbüchern. Was erfahren Sie dabei? Bei über 90
Prozent der benannten Ereignisse wenig. Wir halten diese Art der Darstellung für
überholt und wählen bewusst andere Formen auf den Auswahl-Seiten.
Deshalb genießen Sie unsere Empfehlungen des Monats, beginnend mit einer ruhrgebietsweiten Besonderheiten-Schau, danach die Tipps nach Städten sortiert und
wie immer persönlich ausgewählt. Das polyzentristische Ruhrgebiet braucht weniger Telefonbücher, dafür mehr Service. Wir legen schon mal vor. (Der Herausgeber)
59
Eszter Salamon (HU/DE)
Fr 4.3. 20 UHR
PACT Zollverein, Essen
Infos: 0201 812 22 00
19. 2. - 1. 5. 2011
„Dance for Nothing“ heißt das jüngste
Stück der Choreographin und Tänzerin
Eszter Salamon. Es entstand auf Basis
von John Cages „Lecture on nothing“, die
bestimmten zugrunde liegenden Zeitteilungen ähnlich denen seiner Musik folgt.
Salamon legt in ihrer Choreographie eine
Spur von Bewegungen, die zwar parallel
entstehen, jedoch einem unterschiedlichen Zeitmaß folgen: Tanz und Text
teilen sich gleichberechtigt eine Performancezeit.
IM MUSEUM FÜR KUNST- UND KULTURGESCHICHTE DORTMUND
3. Whisky ’n’ More
Die Whisky-Messe im Ruhrgebiet
Sa und So 12. - 13. März
Die Jüdischen Kulturtage finden bereits zum vierten Mal statt und inzwischen ist fast ganz Nordrhein-Westfalen dabei. 500 Veranstaltungen in 52
Städten und 14 beteiligte jüdischen
Gemeinden zeigten pralles zeitgenössisches Leben, die Historie steht
dabei nicht im Fokus. Entstanden ist
ein alle Kunstsparten umfassendes
Programm. Ein Beispiel: Abraham Inc.
ist eine ansteckende Groove-Orgie
aus Klezmer, Funk und Rap. Krakauers Klarinette beherrscht traditionelle
jiddische Musik, Free Jazz, rasenden
Rock und sogar Electro. Wesleys Posaune groovt lustvoll die Funk-Götter
an. Und die wunderlichen Hip-HopBasteleien von SoCalled geben dem
Ganzen einen leicht wahnsinnigen
Touch. Neben diesen Musikevents stehen insbesondere die Begegnungsprojekte als kulturelle Beiträge aus den
jüdischen Gemeinden. Gerade sie führen dem Publikum vor Augen, welches
enorme künstlerische Potential in der
Region vorhanden ist
EINE AUSSTELLUNG DES FRITZ-HÜSER-INSTITUTS FÜR
LITERATUR UND KULTUR DER ARBEITSWELT, DORTMUND
Das Thema Whisky ist komplex und kompliziert. Es geht um die sinnliche Wahrnehmung eines alkoholischen Getränks,
das in seiner Ausdeutung irisch-schottischen Ursprungs ist. Der gegenwärtige
Whiskypapst Jim Murray ist für den interkulturellen Dialog bekannt. In seiner
aktuellen »Whisky Bible« rückt er den
indischen »Amrut Fusion« (97 Punkte) bis
auf einen halben Punkt in die Nähe der anbetungswürdigen »Ardberg Uigeadail« und
»Ardberg Supernova«. Die höchste Punktwertung sind in dieser Skala die bisher
von Murray noch nicht vergebenen 100
Punkte. Was soviel bedeuten kann: Selbst
in Schottland oder Irland ist der perfekte
Whisky ist noch nicht hergestellt worden.
Aber können auch deutsche Brennereien
einen Whisky herstellen, der mit einer
satten Punktzahl geadelt wird? Ja, denn in
Hagen gibt es sie Märkische Spezialitäten
Brennerei in Hagen. Brennmeister Klaus
Wurm hat einen Whisky destilliert, von
dem Jim Murray vor Ort eine Fassprobe
nahm und dem Brennmeister seine Anerkennung für sein gelungenes Destillat
aussprach. Mit mindestens 90 Punkten soll
dem Vernehmen nach sein Whisky in der
»Whisky Bible 2012« vorgestellt werden.
ZUM 50. GEBURTSTAG DER DORTMUNDER GRUPPE 61
GRUPPE
Auswahl
Bochum
SCHAUSPIELHAUS BOCHUM
Dortmund
PRINZ REGENT THEATER
ROTUNDE-ALTER
KATHOLIKENTAGSBF.
Mi 30. 3., 20 Uhr
So 13.3., 19 Uhr, Kammerspiele
Parzival
Parzival weiß von nichts. Nicht einmal seinen Namen. Seiner Mutter
fragt er Löcher in den Bauch. Doch
sie erklärt ihm nichts. Sie will ihn
vor der Welt bewahren und hat ihn
deshalb in der Einöde großgezogen.
Aber Parzival will die Welt sehen,
möchte ein Ritter werden. Er zieht
los, trifft bald schon auf Artus und
die Ritter der Tafelrunde – und stellt
die dümmsten Fragen. Doch der
dumme Junge ist stark, erschlägt
den roten Ritter und legt sich seine Rüstung an. Ein alter Mann unterrichtet ihn. Sagt ihm, was er tun
soll und was nicht: Vor allem soll er
nicht mehr fragen. Und Parzival gehorcht. Regie David Bösch.
Infos: 0234 33 33 55 55
www.boropa.de
Iphigenie auf Tauris
Bad Or Mad
Auch wenn Iphigenie mal mit dem
Telefon ihre Göttin anruft: Dass
durch Vertrauen errungene Friedfertigkeit möglich sei, ist die Utopie
Goethes und der gesamten Aufklärung. Nicht mehr List und kriegsbereite Wehrkraft sollen den Frieden
erhalten, sondern die Überzeugungskraft der Wahrheit. Goethes
Schauspiel handelt von Verantwortung, Schuld und Vergebung,
Pflicht und Neigung, Schicksalsergebenheit und selbstbestimmtem
Handeln und entwirft dabei ein
Idealbild vom Menschen als einem
vernünftigen und verantwortungsbewussten Wesen.
Infos: 0234 477 20
www.prinzregenttheater.de
Christian Brückner
liest „Moby Dick“
In welchem Zustand befinden sie sich
eigentlich? bad or mad? Was ist ihr
Herzschlag, ihr Rhythmus? Wie ticken sie? Was fehlt ihnen? Kommt
nach dem Schmerz die Anpassung?
Neben der phlegmatischen Psychologiestudentin Lilli leben sechs junge Leute zwischen Alltag und Alptraum in einer WG. Kann Musik ihren
Schmerz lindern? Du bist bad, du bist
mad - Du versuchst deine Träume zu
retten.
Infos: 0231 98 21 20
www.depotdortmund.de
BAHNHOF LANGENDREER
Do 24.3. 20 Uhr
Max Pashm
So 27.3., 20 Uhr
Wir sind so frei wie nie zuvor, nur
was wir daraus machen, ist unfreiwillig komisch. Wir haben die
Demokratie erkämpft, aber bei der
Europawahl stimmen weniger Bundesbürger ab als bei Deutschland
sucht den Superstar. Vince Ebert
wandert auf den Spuren von Freidenkern und Denkfreien. Vom Dalai
Lama („Free Tibet“) bis zu David
Hasselhoff („I’ve been looking for
freedom“).
Infos: 0234 687 16 10
www.stadthalle-wattenscheid.de
Fr 25.3., 20 Uhr
Sa, 12. März, 20 Uhr
STADTHALLE
WATTENSCHEID
Vince Ebert
THEATER IM DEPOT
Gepeppte Balkan-Beats mit irren
Scratch-Samples, versetzt in feierliche Klezmermelodien:
Max
Pashm, DJ und Bandleader, verbindet analoge und digitale Soundelemente zu aufbrausenden, folkloristischen Party-Stücken. Sein Set-Up
macht tanzwütig, ganz egal mit
welcher Absicht man zum Konzert
schlendert. Als Pionier der Elektro-World-Fusion-Bewegung hat
Pashm sein explosives Klezmer-Balkan-Gemisch bereits 1995 gezündet
und bis heute reicht ein Besuch seiner Show um sich zu vergewissern,
dass der Sprengsatz immer noch
scharf ist. „The King of Falafel Techno“ wird im Rahmen der jüdischen
Kulturtage NRW zu sehen sein.
Infos: 0234 687 16 10
www. bahnhof-langendreer.de
www.juedische-kulturtage-rheinland.de
„Nennt mich Ismael. Ein paar Jahre
ist‘s her - unwichtig, wie lang genau -, da hatte ich wenig bis gar
kein Geld im Beutel, und an Land
reizte mich nichts Besonderes, und
so dacht ich mir, ich wollt ein wenig
herumsegeln und mir den wässerigen
Teil der Welt besehen.“
Zahlreiche Lesungen aus Melvilles
Jahrhundertroman kann man allein im März im Ruhrgebiet erleben.
Schauspielerinnen und Schauspieler
wagen sich in die stilistische Takelage des imposanten Prosa-Fünfmasters. Dennoch sei an dieser Stelle
die Lesung von Christian Brückner
hervorgehoben, denn niemand geringerer als „The Voice“, Synchronsprecher von Robert de Niro und anderen,
hat es gewagt, eine über 30-stündige
Gesamtlesung des Romans auf ein
Hörbuch zu bannen.
Zwei Stunden atemberaubenden
Hörgenuss verspricht die szenische
Lesung, mit der Brückner den weißen Wal ins Bochumer Bermuda3eck
bringen wird.
www.Die-Lust-am-Lesen.de
60
KULTURZENTRUM WICHERN
Do 31.3., 19 Uhr
Süchtig
Spielen, Klauen, Sex, Drogen - willkommen in der Welt der Abhängigkeiten! Menschen verfallen dem
Rausch des Geldausgebens, des Internets, des Fernsehkonsums und
schaffen es nicht, ohne fremde Hilfe davon zu lassen. Es wird so viel
analysiert und therapiert wie nie
zuvor - nicht immer mit Erfolg, aber
stets mit großem Ernst. Mark Lundholm hält dagegen. Sein Solo- Stück
„SÜCHTIG. Relativ komischer Stoff“
ist schonungslos, aber nicht Mitleid
heischend. Es geht um Sucht, um
Süchte überhaupt ohne erhobenen
Zeigefinger oder moralische Parolen.
Es zeigt die Grausamkeit von Sucht
und ist dabei grausam komisch. Das
Stück lässt sich nicht vergleichen mit
den Klassikern der Sucht-Literatur
von Borroughs bis Bukowski. Es verklärt nicht, klagt nicht an. „SÜCHTIG“
ist Comedy, bittere Comedy.
Infos: 02318 63 09 83
www.wichern.net
Auswahl
Duisburg
Essen
KONZERTHAUS
CAFÉ STEINBRUCH
THEATER ESSEN
THEATER FREUDENHAUS
Di 15.3. 20 Uhr
Fr 4.3. 20 Uhr
Sa 12. 3., 20 Uhr
So 27. 3., 20 Uhr
Efterklang
Mouse On The Keys
Abba Jetzt!
Vergangenes Jahr überzeugten die
Dänen von Efterklang beim Traumzeit Festival in Duisburg, wo sie gemeinsam mit den Efterkids, einer
Gruppe von musizierenden Kindern
aus der Ruhrregion, auftraten. Es
ist gerade ihre Experimentierlust,
die diese bunte Band aus- und gut
macht. Im Laufe ihrer Karriere entwickelten sie sich von Indie-Pop zu
experimenteller Musik bis hin zu Musical-Anleihen. Was sich die Band für
den besonderen Auftritt im klassisch
geprägten Konzerthaus ausgedacht
hat, darf durchaus mit Spannung erwartet werden.
Infos: 0231 22 69 62 00
www.pop-abo.de
Mouse On The Keys sind eine Band
zwischen Szenen und Welten,
unkategorisierbar und trotzdem –
wer sie einmal live sieht, ist von
ihrer Klasse begeistert. Die Japaner sind angedockt an das Umfeld
des Ruhrgebietslabels Denovali, sie
machen aber, anders als das Gros
der Labelkollegen, keinen Postcore
oder Ambient-Rock. Sie sind ein
Instrumental-Trio, technisch enorm versiert und daher in jazzigen
Gefilden zuhause, ohne allerdings
den Gestus und die Standards
des Stils zu übernehmen. Sie sind
druckvoll und spielerisch zugleich,
rhythmisch mitreißend und atmosphärisch verwoben. Ihr Weg wird
weiter nach oben führen, da gibt es
keinen Zweifel.
Infos: 0203 37 61 89
www.cafe-steinbruch.com
DOMICIL
Mo 14.3. 20 Uhr
Julien Siegel Quartett
THEATER DUISBURG
Do 24.3. und 25.3., je 19.30 Uhr
Phädra
Wer spielt noch wirklich Be-Bop?
Schwierige Frage. Was man aber
im Spiel des britischen Saxophonisten Julien Siegel heraushört, ist
oft jene harmonische Hektik, die an
viele Charlie Parker-Stücke erinnert.
Eine Betonung des Angebrochenen,
die erst im freien Spiel ohne melodiöse Zwänge abgerundet werden
kann. Julien Siegel ist ein Meister
auf diesem Gebiet. Siegel kommt
mit seinem Quartett, bestehend aus
Liam Noble, Oli Hayhurst und Gene
Calderazzo, zum Auftakt der British
Jazz Week ins Dortmunder Domicil.
Nicht seine erste Ruhrgebietserfahrung. Er spielte bereits bei der
Ruhrtriennale 2006 mit Laurie Anderson und Steve Nevie.
Phädra, Frau des Königs von Athen,
ist verliebt, rasend verliebt in ihren
Stiefsohn Hippolytos. Als sie erfährt, dass ihr Mann in der Fremde
gestorben ist, gesteht sie dem Sohn
diese verbotene Leidenschaft. Hippolytos aber weist sie zurück, seine
Liebe gehört Aricia. Eine verbotene
Liebe auch dies, denn Aricia besitzt Ansprüche auf den Thron und
wird deshalb von Hippolytos‘ Vater
gefangen gehalten. Und plötzlich
kehrt der tot geglaubte Vater und
Ehemann zurück ... Racine lässt
die extreme Gefühlswelt der Figuren auf eine strenge und harte
Versform prallen, obsessive Leidenschaft auf gedankliche Schärfe und
Genauigkeit. Seiner Heldin Phädra,
hoch aufschäumend, gleichzeitig in
untröstlichem Liebesverlangen tief
niedersinkend, verleiht der Dichter
die Intelligenz, ihre Schuld unbarmherzig analysieren und verurteilen
zu können.
0203 300 91 00
www.duisburg.de
61
Die musikalisch-kabarettistische
Antwort auf die anhaltend grassierende ABBA-Begeisterung liefern
Tilo Nest, Hanno Friedrich und Alexander Paeffgen mit ihrem preisgekrönten Programm. Ganz stilecht
im Frack präsentieren sie Hits wie
S.O.S., Money-Money, Dancing
Queen und Waterloo als einen
atemberaubenden Ritt durch alle
musikalischen Genres, wunderbar
komisch und immer überraschend
anders.
Infos: 0201 812 22 00
www.theater-essen.de
PACT ZOLLVEREIN
Di 29.3., 20 Uhr
(Deutschlandpremiere)
In their name (performance)
Das Verhältnis zum Anderen. Berührung meint Zuwendung, aber auch
Abstand, nicht festhalten wollen und
können. Den Abstand zwischen dem
eigenen Körper und dem anderen
spüren wir ständig, er prägt unsere
Lebensrealität, er ist unüberwindbare
Grenze und wichtiger Spiegel zugleich.
Der österreichische Choreograph Philipp Gehmacher stellt in seinen Arbeiten sehr präzise grundlegende Fragen
– des Tanzes und menschlicher Beziehungen generell. Seine Bewegungen
schließen den Tanzkörper mit dem alltäglichen Körper kurz, ohne repräsentierende Bilder zu erzeugen.
Infos: 0201 289 47 00
www.pact-zollverein.de
Danke, Bitte Tach und Tüss...
Das Ruhrgebiet aus der Sicht einer
„sanitären Fachkraft“ - im Pott wird
Klartext über den Pott gesprochen.
Auch das Nachfolgeprogramm von
„WC-Geflüster“ ist eine pointierte
Bestandsaufnahme des Ruhrgebietes
heute. In der „schönen, neuen Welt“
von Ein-Euro-Shop, Ein-Euro-Job
und Euroland-Krise, schaut der Protagonist auf alle „Schlaglöcher“,
Leerstände und Nothaushalte, lässt
aber auch die positive Seite unserer
„Ruhr-Realität“ nicht zu kurz kommen. Dazu gibt es viel Musik von
Abba bis Zappa.
Infos: 0201-851 32 30
www.theater-freudenhaus.de
ZECHE CARL
Do 10.3. 20 Uhr
Diego
Diego aus Karlsruhe wird oft zugeschrieben, sich stark vom Postpunk
Interpols und der Editors inspiriert haben zu lassen, und das ist sicher nicht
falsch. Trotzdem ist ihre Musik weit
mehr als bloß ein fader Abklatsch,
sondern in Songs und Arrangements
durchweg überzeugend. Sie können
einfach diese kühle, stoische und
zwingende Atmosphäre, die die Musik
der angloamerikanischen Kollegen so
reizvoll macht. Ein Fall, in dem man
mal wieder guten Gewissens sagen
kann: Beachtet die heimischen Bands,
sie sind keinen Deut schlechter als die
ausländischen Stars. Und die Konzerte, die man von ihnen sehen kann,
sind meistens sogar gemütlicher.
Mi 16.3. 2011, 20 Uhr
U.K. Subs
Charlie Harper bildet dabei als einziges
Mitglied, das von der Anfangsformation aus den 70ern übrig blieb, den
urpunkigen Kern. An die erfolgreichen
Chart-Positionen von „Another Kind of
Blues“ oder „Diminished Responsibility“ muss man nicht mehr herankommen. Stattdessen ist jedes Konzert der
Subs ein intensives und lautes Zitat der
Punkgeschichte – mit einer beständigen Portion politischer Wut.
Infos: 0201 834 44 10
www.zechecarl.de
Ausblick
GELSENKIRCHEN HERNE
MÜLHEIM
OBERHAUSEN
MUSIKTHEATER IM REVIER
FLOTTMANN-HALLEN
THEATER AN DER RUHR
THEATER OBERHAUSEN
Sa 5.3., 19:30 Uhr
Mi 16.2., 20 Uhr
Do 10. 3., 19:30 Uhr
Fr 18. 3., 19:30 Uhr
Gedanken eines Zweiflers
Keine Macht
den Dosen
Justin Vali &
Ny Malagasy Orkestra
Carmen
(Premiere)
Ein Ballett von Bernd Schindowski:
Verflochten sind hier zwei Perspektiven auf die Ränder des Lebens:
Ein junger Mensch packt sich die
ganze Weltphilosophie auf die
Schultern und gibt sie in phantastischen Visionen wieder. Ein alter
Mensch lässt im Bewusstsein des
nahen Endes sein Leben in phantastischen und einprägsamen Stationen an sich vorüberziehen. Eine
Geliebte macht sich schön für den
Tod ihres Sturmsoldaten. Im Kerker
schreit ein Todgeweihter um Gottes
Erbarmen. Doch die poetische Kraft
des Menschen ist auch hier allgegenwärtig: „Der Abend naht lautlos,
und plötzlich über mir Licht, das die
Dunkelheit bannt. Im Stillen hier
ganz allein: Ich und mein klarer
Verstand.“
Infos: 0209 409 72 00
www.musiktheater-im-revier.de
Dass ein abendfüllendes Programm
mit Flaschenmusik nicht nur eine
Schnapsidee oder Bierlaune sein
muss, sondern wunderbar funktioniert und trägt, hat das GBSQ bei
Flottmann bereits mit seinem ersten
Stück „Liedgut auf Leergut“ bewiesen. Nun kehrt die Gruppe mit ihrem
zweiten Programm „Keine Macht
den Dosen“ zurück. Und greift noch
etwas tiefer in die Trinkkiste.
Infos: 02323 16 29 61
www.flottmann-hallen.de
Neue Berufe – Neue Chancen
Heilpraktiker/in
Psychotherapie
Gesundheitsberater/in
Psychologische/r
Berater/in
Ernährungsberater/in
Ausbilder/in
AT und PM
Fitness- und
Wellnesstrainer/in
Erziehungs- und
Entwicklungsberater/in
Staatlich zugelassene Fernlehrgänge mit
Wochenendseminaren in vielen Städten.
Impulse e. V.
Rubensstr. 20a · 42329 Wuppertal
Tel. 0202/73 95 40 · www.Impulse-Schule.de
Das musikalische Erbe Madagaskars ist
so reichhaltig, dass die verschiedenen
Musikstile häufig nur grob mittels ihrer geographischen Herkunft benannt
werden – ohne damit den eigenständigen und teilweise Jahrhunderte alten
Traditionen gerecht zu werden, die diese Vielfalt der madagassischen Musik
prägen. Das Projekt von Justin Vali will
genau dieses Defizit beheben und die
madagassische Musik in ihrer Breite
und Vielfalt erlebbar machen, um die
verschiedenen Traditionen zu pflegen,
neu zu beleben, aber auch miteinander
in Dialog zu bringen. Jedes Konzert ist
ein musikalischer Streifzug durch das
immense Repertoire der Musik der
großen Insel.
Infos: 0208 599 01 88
www. theater-an-der-ruhr.de
Das Theater Oberhausen wird im
März 2011 erneut zum Musiktheater, wenn Joan Anton Rechis
Carmen-Inszenierung
Premiere
hat. Dabei handelt es sich zum einen tatsächlich um Georges Bizets
berühmte, 1875 entstandene Oper,
zum anderen aber um eine echte
Neufassung: Der musikalische Leiter Otto Beatus überträgt Bizets
Melodien in eine neue musikalische Sprache und arrangiert sie
als Songs für ein kleines Ensemble.
Und auch die vertraute Geschichte
um die tödlich endende Liebe Don
Josés zu der femme fatale Carmen
wird zum einen zwar so erzählt, wie
man sie kennt, doch zum anderen
neu interpretiert. Carmen ist purer
Mythos, großes Melodram und
wenig glamouröse Kleine-LeuteGeschichte zugleich.
Infos: 0208 857 81 84
www.theater-oberhausen.de
DRUCKLUFT
Mi 16.3. 21 Uhr
206
IMPRESSUM
Herausgeber: trailer Verlag
Joachim Berndt
Redaktion: Dawid Kasprowicz (v.i.S.d.P.),
Christian Meyer
Mitarbeit an dieser Ausgabe:
Lars Albat, Thomas Borowski, Frank Brenner,
Lutz Debus, Christiane Enkeler, Hartmut
Ernst, Rolf-Ruediger Hamacher, Thomas
Hirsch, Tom Jost, Gesa Klapproth, Klaus
Keil, Marianne Kolarik, Thomas Linden, Jules
Lux, Thomas Ninnemann, Sandra Nuy, Anne
Nüme, Peter Ortmann, Kerstin Maria Pöhler,
Frank-Michael Rall, Elmira Ramzadeh, Øle
Schmidt, Frank Schnorneck, Sebastian 23,
Christian Steinbrink, Martin Thelemann, Olaf
Weiden, Hans-Christoph Zimmermann
Projektleitung:
Ralf Schiessl
Grafik: Michael Hennemann, Wilhelm Schmidt
Gestaltung:
PS Grafik GmbH
Citadellstr. 14, 40213 Düsseldorf
Telefon 0211-8668212
Fax 0211-8668222
Anzeigenverwaltung:
Berndt Media
Dr.-C.-Otto-Str. 196, 44879 Bochum
E-Mail: [email protected]
Tel. 0234-94191-0, Fax -94191-91
Buchhaltung: Karin Okniewski
Druck: Henke Druck
Verbr. Auflage:
IVW IV/2010 34.146
Alle nicht gesondert gekennzeichneten
Bilder sind Pressefotos.
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206 sind die neue Entdeckung
des wohl wichtigsten Labelbosses
des Punk, Alfred Hilsberg. Grund
genug, mal genauer hinzuhören,
schließlich hat dieser Mann seinerzeit eine junge Band namens
Blumfeld unter Vertrag genommen. Mit denen haben 206 auch
die eine oder andere Gemeinsamkeit, besonders im Gesang. Musikalisch ist das Trio aus Halle/Saale
dagegen konzentrierter, dynamischer und druckvoller. Definitiv
eine der neuen deutschen Indie/
Punk-Bands, die etwas Eigenes in
sich tragen. Ihr Debütalbum „Republik der Heiserkeit“ wird das
beweisen.
Infos: 0208 85 24 54
www.drucklufthaus.de
Magenbitter
VERLOSUNGS-BOX
Weitere Auswahl-Tipps und Verlosungen –
E-Mail mit dem zugehörigen Kennwort an
[email protected]
Foto: N.Schmitz/pixelio
Pina: Wim Wenders‘ Verbeugung vor der großen Choreografin ist ab dem 24. Februar in 3D in
deutschen Kinos zu sehen. trailer verlost 1 Fanpaket mit je 1 Buch „Peter für/for/pour Pina: die
Bühnenbilder von Peter Pabst für die Stücke von
Pina Bausch“, 1 Filmposter und 2 Kinokarten I
Email bis 3.3. I Kennwort: Pina
Foto: Alexander-Hauk/pixelio
Kulturfeudalismus und Aschermittwoch
Warum der Teufel immer auf den größten Haufen scheißen soll
We are the people that rule the world
A force running in every boy and girl
All rejoicing in the world
Take me now, we can try. (Empire of the sun)
Von Peter Ortmann
Stellen wir uns einmal vor, wir hießen Senfkopf. Dann wäre schon die
Jugend verpfuscht gewesen. Dumme Sprüche, Hänseleien, selbst die
Lehrer hätten gegrinst, wenn sie uns aufgerufen hätten. „Kommen Sie
mal nach vorne Senfkopf“. Höhöhö. Dann lieber schon nur Theodor als
Vornamen, kennt jeder, der mit dem Ofenrohr. Ein dummer Witz. Doch
zusammen wäre es ein halber Weltuntergang. Theodor Senfkopf, gerade
gegoogled. Gibt es wohl nicht, sonst hier schon mal ein demütiges Sorry.
Aber. (mittellange Pause) Die Welt wäre nicht halb so schlecht, wenn
drei Buchstaben diesen Malus nicht entkräften könnten. Es macht nämlich einen Unterschied, wenn es Theodor von Senfkopf heißen würde.
Ganz alter Adel aus der Nähe von Bautzen. Der Urgroßvater war bereits
Oberst in der preußischen Armee, die Mutter eine geborene von und
zu Bautzen. Ja dann, dann hätte kein Lehrpersonal gegrinst, Hänselein
hätte es auch nicht gegeben, wahrscheinlich wäre man sowieso nicht
auf eine gewöhnliche Schule mit gewöhnlichen Schülern gegangen. Fürs
Abitur den ersten fahrbaren Untersatz, Cabrio versteht sich. Uni. Studieren auf ein Fach was der Papa schon lange betreibt. Doktorarbeit in Auftrag geben. Ist momentan en vogue. Dann heißt es bereits Dr. Theodor
von Senfkopf und von und zu Bautzen. Die ganze Welt steht offen. Von
US-Amerika bis Afghanistan. Der Feudalismus hat nämlich nie aufgehört
zu existieren, und das adelige Geschlecht, das seine Besitztümer noch
mit Kopf abhacken und Menschen schinden erworben hat, leider auch
nicht. Sie sind eben teures Kulturgut geworden.
Gut geht es im kulturellen Feudum des Ruhrgebiets auch nur denen,
die sowieso schon dem Imperium dienen. Ihre Pfründe sind gesichert,
doch es soll immer noch mehr werden. Mehr Geld, mehr Einfluss, mehr
medienwirksame Beute. Die Vasallen stehen abseits im Regen, obwohl
sie nicht alle Senfkopf heißen. Schon gar nicht die grauen Eminenzen.
Und der Teufel soll immer weiter auf den größten Haufen scheißen.
Beispiel: Nach dem medienwirksamen Start des Museums Folkwang im
Kulturhauptstadtjahr möchte die finanziell klamme Stadt Essen mehr
Landesgeld für den Alltagsbetrieb des Hauses. Das Land soll nun 10 oder
20 Prozent der laufenden Kosten von derzeit 4,5 Millionen Euro im Jahr
übernehmen. Wir erinnern uns. Ganze 55 Millionen Euro hatte die Alfred
Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung gegeben (ja wenn das Wörtlein
von nicht wär). Den laufenden Betrieb und zusätzliche Rückstellungen
für das Gebäude in Millionenhöhe muss die Stadt finanzieren. Das ist
schwierig, trotz der 800.000 Besucher. Geld vom Land fließt sowieso.
Über die Kunststiftung NRW für Ankäufe und staatliche Hilfe bei der
kostspieligen Versicherung der Werke. Auf der anderen Seite ist die vom
1999 gestorbenen Geiger Yehudi Menuhin gegründete Stiftung Ende Januar zahlungsunfähig geworden, weil die Bezirksregierung Fördergelder
von mehr als einer Million Euro nicht ausgezahlt hatte. Werden jetzt
weniger Kinder von der MUSE geküsst? Oder ist Aschermittwoch alles
vorbei – mit den Senfköpfen und Teufelshaufen?
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Powder Girl: Liebestrubel im Pulverschnee
— am 17. März startet die romantische
Komödie um Snowboarderin Kim in den
deutschen Kinos. trailer verlost 3x2 Fanpakete mit je 2 Freikarten zum Film und
der aktuellen CD der Band Livingston, die
den Soundtrack beisteuerte I Email bis
20.3. I Kennwort: Powder Girl
Rango: Ein durchgeknalltes Chamäleon entkommt aus dem Terrarium und wird zum Westernhelden. Zum Kinostart am 3. März verlost trailer 3x2 Fanpakete mit Hängematte,
Flip Flops und Kaktus Tasse I Email bis 20.3.
Kennwort: Rango
Ticketinfos unter: www.concertteam.de
04.03.2011
Essigfabrik
Köln
OVERKILL
21.03.2011
E-Werk
Köln
29.03.2011
Kulturkirche
Köln
OTTMAR LIEBERT & LUNA NEGRA
11.04.2011
Gloria
Köln
18.04.2011
Live Music Hall
Köln
26.04.2011
Essigfabrik
Köln
ASHLEY HICKLIN
ALEX MAX BAND
I BLAME COCO
27.03.2011
Luxor
Köln
20.04.2011
Musical Dome
Köln
18.03.2011
Die Werkstatt
Köln
LYKKE LI
THE HUMAN LEAGUE
JAN ROUVEN
01.05.2011
RuhrCongress
Bochum
JAN ROUVEN
SUNRISE AVENUE
10.05.2011
Live Music Hall
Köln
KAMELOT
14.05.2011
Essigfabrik
Köln
SONDASCHULE
15.05.2011
Live Music Hall
Köln
SAXON
20.05.2011
Underground
Köln
DELAIN
20.06.2011
Tanzbrunnen
Köln
support: KEULE
CHICAGO
26.08.2011
Zeltfestival Ruhr
Bochum
DIETER THOMAS
KUHN
02.09.2011
Museumsplatz
Bonn
DIETER THOMAS
KUHN
24.09.2011
E-Werk
Köln
THE SPECIALS
29.10.2011
König-Pilsener-Arena
Oberhausen
FMX GLADIATOR
GAMES
März 2011
www.trailer-ruhr.de
IN EINER
BESSEREN WELT
EIN FILM VON SUSANNE BIER
www.ineinerbesserenwelt-film.de
ab 17.3. im Kino
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