US-Produkthaftpflicht

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US-Produkthaftpflicht
US-Produkthaftpflicht
US-Produkthaftpflicht
Stand: Januar 2010
Der US-amerikanische Markt bietet für viele nicht-
1. Rechtliche Aspekte der US-Produkthaftung
amerikanische Hersteller interessante Absatzmöglichkeiten. Nicht nur große Konzerne, sondern
1.1 Das rechtliche Umfeld in den USA
auch kleinere und mittelständische Unternehmen
Die USA ist eine Bundesrepublik von derzeit 50
sind aus diesem Grund nicht selten durch den
teilsouveränen Bundesstaaten. Es gibt eine klare
Export ihrer Produkte auf diesem Markt präsent.
Trennung der Machtbefugnisse zwischen den Teil-
Allerdings geht mit dieser Präsenz eine erhebliche
staaten und dem Bund: Entsprechend der Verfas-
Erhöhung des Produkthaftungsrisikos einher. Dies
sung besitzt der Bund nur jene gesetzgeberischen
stellt nicht nur den Hersteller, sondern auch des-
Kompetenzen, die ihm durch die Verfassung ein-
sen Haftpflichtversicherer vor besondere Heraus-
deutig übertragen wurden, der Rest fällt in die Zu-
forderungen.
ständigkeit der Bundesstaaten. Jeder Bundesstaat
hat ein eigenes unabhängiges politisches System
Inhalt
mit einer eigenen Verfassung, einem direkt ge-
1.Rechtliche Aspekte der US-Produkthaftung
wählten Gouverneur, einer Legislative, einer staat-
1.1 Das rechtliche Umfeld in den USA
lichen Verwaltung und einer eigenen Judikative.
1.2 Grundlagen der Produkthaftung in den USA
Aufgrund dieser recht weitgehenden Autonomie
1.3 Schadenersatzarten
hat sich das US-Produkthaftungsrecht in den ein-
1.4 Spezifika des US-Produkthaftpflichtrisikos
zelnen Bundesstaaten teilweise uneinheitlich ent-
1.5 Mögliche Präventionsmaßnahmen
wickelt. Neben den verschiedenen bundesstaat-
2.Versicherung von US-Produkthaftpflichtrisiken
lichen Ausprägungen des Produkthaftungsrechts
2.1 Indirekter Export von Produkten in die USA
gibt es auf Bundesebene diverse föderale Spezial-
2.2 Direkter Export von Produkten in die USA
gesetze wie etwa den Consumer Product Safety Act
2.3 Niederlassungen und Betriebsstätten in
von 1992.
den USA
Hinzu kommt, dass in den USA zwei Rechtssysteme
nebeneinander existieren. Neben dem kodifizierten
Recht (Civil law oder statutory law), das sich ausgehend vom römischen Recht entwickelt hat und in
Kontinentaleuropa vorherrscht, existiert in den USA
traditionell das Richterrecht (common law), welches
in der angelsächsischen Rechtstradition steht. In
diesem Rechtssystem unterscheidet sich die Stellung der Gerichte grundsätzlich von der, die Gerichte in kontinentaleuropäischen Staaten innehaben:
In den USA kommt diesen eine ihnen durch das
common law zugewiesenen Rolle als Rechtsetzungsinstanz zu und nicht „nur“ die einer das Recht anwendenden Institution. Durch diese Fortentwicklung
im Rahmen der Rechtsprechung erfährt das Produkthaftungsrecht in den einzelnen Bundesstaaten ein
zusätzliches divergentes Element.
2 | Deutsche Rück – US-Produkthaftpflicht
Dieses Geflecht an verschiedenen bundesstaatlichen
rungshaftung unterschiedlich ausdehnen. Die Gewähr-
und föderalen rechtlichen Regelungen bedingt es,
leistung ist dabei nicht auf Kaufleute beschränkt,
dass das US-Produkthaftungsrecht als außerordent-
d. h. Hersteller und Händler haften auch gegenüber
lich unübersichtlich und intransparent gilt.
Nichtkaufleuten nach den Vorschriften des UCC.
1.2 Grundlagen der Produkthaftung in den USA
1.3 Schadenersatzarten
Wie im deutschen Recht existieren auch in nahezu
Das US-Produkthaftpflichtrecht sieht eine Vielzahl von
allen US-Bundesstaaten drei Anspruchsgrundlagen,
Schadenersatzarten vor, die dem Kläger zugesprochen
die der Kläger in der Regel kumulativ geltend ma-
werden können. Diese lassen sich in drei Kategorien
chen kann.
einordnen:
Die Gefährdungshaftung (“strict liability”) stellt
Beim materiellen Schadenersatz wird zum Beispiel
die wichtigste Anspruchsgrundlage im US-Pro-
der Ersatz der Kosten für eine medizinische Heilbe-
dukthaftungsrecht dar, da der Hersteller unabhän-
handlung oder für einen dem Geschädigten entstan-
gig davon haftet, ob er schuldhaft gehandelt hat
denen Sachschaden geleistet. In diese Kategorie fällt
oder nicht. Wesentlich für die Bejahung einer Ge-
auch der Ersatz des (zukünftigen) Verdienstausfalls.
fährdungshaftung ist die Frage, ob das Produkt als
Unter die Kategorie des immateriellen Schadener-
„unangemessen gefährlich“ zu betrachten ist, wo-
satzes fallen nicht nur die Ansprüche des Verletz-
bei ein (Fehl-)Gebrauch für den Hersteller vorher-
ten auf Schmerzensgeld, sondern zum Beispiel auch
sehbar gewesen sein muss. Ein Produkt ist zum Bei-
die Ansprüche der jeweiligen Familienangehörigen
spiel immer dann „unangemessen gefährlich“, wenn
auf Ersatz des Verlustes oder der Einschränkung des
die Gefahr einer Verletzung besonders groß ist, ein
ehelichen und geschlechtlichen Zusammenlebens,
gleichwertiges Produkt mit demselben Verwen-
den Ersatz für den Verlust der elterlichen Fürsorge
dungszweck ein wesentlich geringeres Verletzungs-
oder wegen emotionaler Irritation.
risiko in sich birgt oder das Produkt nicht dem Stand
der Technik entspricht.
Die dritte Kategorie, der Strafschadenersatz
(“punitive damages”), hat als Zweck die Bestra-
Die Haftung aus Verschulden (“negligence”) stellt
fung, Abschreckung oder Vergeltung: Es soll „be-
die älteste und auch nach der Entwicklung der Ge-
straft“ werden, dass ein Hersteller den Profit an
fährdungshaftung immer noch sehr wichtige Haf-
einem Produkt vor dessen Sicherheit gestellt hat.
tungsgrundlage dar. Der Kläger kann sich auf einen
Die Rechtsgrundlage hierfür bilden einzelstaatliche
Anspruch aus “negligence” immer dann stützen,
Gesetze oder das in den Bundesstaaten geltende
wenn der Hersteller bei der Konstruktion, Fabrikati-
Richterrecht. Eine bundesweite gesetzliche Grundla-
on, Instruktion oder Wartung nicht die Sorgfalt an-
ge des Strafschadenersatzes gibt es bis heute nicht.
gewendet hat, die nach allgemeiner Verkehrsauffassung im konkreten Fall hätte angewendet werden
1.4 Spezifika des US-Produkthaftpflichtrisikos
müssen. Liegt eine Sorgfaltspflichtverletzung vor
Die im Vergleich zum deutschen Recht deutlich hö-
und ist diese für den dem Kläger entstandenen
heren Haftungsrisiken der Hersteller werden durch
Schaden kausal, so ist der Hersteller ersatzpflichtig.
die Besonderheiten des US-amerikanischen Prozessrechts erheblich verschärft. Die zentralen Elemente
Die Gewährleistung (“breach of warranty”) ist in
der US-Prozessführung sind die Klageerhebung, Kla-
den §§ 2-313 bis 2-318 des Uniform Commercial Code
gezustellung, Klageerwiderung, das vorprozessuale
(UCC) geregelt. Dieses Modellgesetz ist in allen Bun-
Beweisermittlungsverfahren (pretrial discovery) und
desstaaten bis auf Louisiana umgesetzt. Der UCC bie-
– schließlich – das Gerichtsverfahren (trial). Verhan-
tet in § 2-318 den Einzelstaaten drei Optionen zur
delt wird vor einer Jury, deren Mitglieder unter den
Umsetzung an, die den Schutzbereich der Zusiche-
Bürgern am Gerichtsort nach dem Zufallsprinzip
Deutsche Rück – US-Produkthaftpflicht | 3
ausgesucht werden. Besondere Bedeutung kommt
“Juridical Hellholes”
im US-amerikanischen Prozess der pretrial discovery
zu, die sehr kostenintensiv und zeitraubend sein
Nach Aussage der American Tort Reform Foun-
kann. Im Durchschnitt sind die Prozesskosten in den
dation (ATRA), einer gemeinnützigen Stiftung,
USA deutlich höher als etwa in Deutschland. Es gilt
die sich um ein faires Rechtssystem bemüht,
der Grundsatz, dass jede Partei – auch die obsiegen-
wird an den State Courts einiger Regionen in
de – ihre eigenen Kosten trägt.
den Vereinigten Staaten gegenüber den Beklagten nicht immer „gerecht“ und „fair“ entschie-
Charakteristisch für Produkthaftpflichtschäden ge-
den. Als Hauptgrund hierfür wird die unverhält-
rade im Zusammenhang mit in hoher Stückzahl her-
nismäßige Beeinflussung der Richter durch das
gestellten und vertriebenen Konsumgütern ist, dass
Lager der Klägeranwälte genannt. Oft unter-
eine hohe Anzahl von Verbrauchern potentiell ge-
stützen diese die Richter, die – anders als die
schädigt ist. Für solche Fälle sieht das US-amerika-
Richter an den Federal Courts – nicht ernannt,
nische Prozessrecht die Möglichkeit zu sogenannten
sondern in das Amt gewählt werden, in ihrem
Sammelklagen (class actions) vor. Bei einer Sammel-
Wahlkampf mit erheblichen finanziellen Mitteln.
klage bringen eine Vielzahl von Klägern ihren An-
Die State Courts, die in der Vergangenheit durch
spruch gemeinsam gegen einen oder mehrere Be-
in diesem Sinne „tendenziöse“ Rechtsprechung
klagte vor. Die Idee hinter dieser Regelung ist, die
aufgefallen sind, werden von der ATRA in einem
auf ein und denselben Produktfehler zurückzufüh-
jährlichen Bericht, den sie kostenlos auf ihrer
renden Schadenersatzansprüche in einem Verfahren
Webseite zur Verfügung stellt, unter der Be-
zu verhandeln, um die Gerichte zu entlasten und
zeichnung “Juridical Hellholes” veröffentlicht.
den privaten Endverbrauchern zu ersparen, jeweils
als Einzelkämpfer ihre Ansprüche durchzusetzen.
Weitere Informationen: www.atra.org
Die Initiative zur Erhebung einer Sammelklage geht
oft von Klägeranwälten aus. Dabei gibt ihnen die
oben beschriebene Prozesskostenregelung einen
taktischen Vorteil an die Hand: Aufgrund des gerin-
Anspruchstellerpartei bestehen, die auch die
gen Prozesskostenrisikos, welches in der Regel von
Herausgabe interner Dokumente umfasst. Dies
den Klägeranwälten für die Anspruchsteller durch
sollte bei der unternehmensinternen Kommuni-
die Vereinbarung von reinen Erfolgshonoraren zu-
kation berücksichtigt werden. Es ist daher dringend
sätzlich marginalisiert wird, gelingt es oft leicht,
zu empfehlen, vor der Aufnahme des Produktexpor-
eine hohe Anzahl von Anspruchstellern in einem
tes in die USA mit einem fachkundigen Berater über
Sammelklageverfahren zu bündeln und damit einen
geeignete Präventionsmaßnahmen zu sprechen.
erheblichen Druck auf den Beklagten auszuüben.
Erste Hinweise geben oft auch Publikationen von
Industrie - und Handelskammern oder die Bundes-
1.5 Mögliche Präventionsmaßnahmen
agentur für Außenwirtschaft1.
Die Präsenz auf dem US-amerikanischen Markt erhöht das Risiko einer Inanspruchnahme aufgrund
Haftpflichtversicherer, die die Exportaktivitäten ihrer
eines Produktfehlers für den Hersteller, aber auch
Kunden in die USA begleiten, sollten sich rechtzeitig
für einen Händler erheblich. Gerade kleineren und
auf die Regulierung eines Produkthaftpflichtschadens
mittelgroßen Unternehmen ist oft nicht bewusst,
in den USA vorbereiten. Auch hier ist, sofern keine ent-
dass die amerikanische Rechtsprechung erhebliche
sprechende Expertise in der eigenen Schadenabtei-
Anforderungen an die Instruktionspflicht des
lung vorgehalten wird, die Kooperation mit einer ent-
Herstellers eines Produktes stellt. Weiterhin ist zu
sprechend qualifizierten Anwaltskanzlei zu empfehlen.
bedenken, dass im Falle einer pretrial discovery
weitreichende Auskunftspflichten gegenüber der
1 www.bfai.de
4 | Deutsche Rück – US-Produkthaftpflicht
2.
Versicherung von US-Produkthaftpflichtrisiken
• die Anrechnung von Abwehrkosten auf die Ver sicherungssumme (cost inclusive clause)
2.1 Indirekter Export von Produkten in die USA
In den im deutschen Markt üblicherweise verwen-
• und die Haftpflichtversicherung für Betriebsstät-
deten Allgemeinen Versicherungsbedingungen für
ten, die ihren Sitz in den USA, in US-Territorien
die Haftpflichtversicherung (AHB) ist die gesetzli-
und Kanada haben, wird ausgeschlossen. Ver-
che Haftpflicht des Versicherungsnehmers wegen
sichert wird somit nur das reine Produkthaft-
im Ausland vorkommender Versicherungsfälle aus-
pflichtrisiko durch den direkten Export.
geschlossen (s. z. B. Ziff. 7.9 der AHB – Bedingungsempfehlung des GDV). Eine solch enge Ausgestal-
Da das Produkthaftpflichtrisiko in den USA deutlich
tung des Versicherungsschutzes ist seit langem
höher als in anderen Märkten zu bewerten ist, ist bei
nicht mehr zeitgemäß. Aus diesem Grund wird der
der Mitversicherung des US-Exports ein Zuschlag
territoriale Geltungsbereich der Produkthaftpflicht-
zum Prämiensatz des Versicherungsvertrags zu er-
versicherung in den marktüblichen Versicherungs-
heben. Zweckmäßigerweise orientiert man sich da-
produkten für gewerbliche Versicherungsnehmer
bei an den im US-Markt üblichen Bedarfssätzen, die
gegenüber der AHB-Regelung erweitert.
zum Beispiel von dem Insurance Services Office (ISO)
ermittelt und veröffentlicht werden.
Üblicherweise werden dort Produkthaftpflichtansprüche aufgrund des sogenannten indirekten Exports in die USA, d. h. durch Erzeugnisse, die ins
Insurance Services Office (ISO)
Ausland gelangt sind, ohne dass der Versicherungsnehmer dorthin geliefert hat oder hat liefern lassen,
Das ISO ist ein kommerzieller Anbieter von sta-
mitversichert. Unter „liefern lassen“ wird dabei auch
tistischen Daten, aktuariellen Dienstleistungen
der Umstand verstanden, dass der Versicherungs-
und Underwriting Informationen in den USA.
nehmer seine Erzeugnisse an einen inländischen Ab-
Es bietet eine breite Produktpalette „rund um
nehmer liefert, der diese dann mit dem Wissen und
die Versicherung“ an, zum Beispiel das Verfas-
Wollen des Versicherungsnehmers in das Ausland
sen und die Pflege von Musterbedingungen, ak-
exportiert.
tuarielle Unterstützung bei Tarifentwicklungen
oder die Bereitstellung von Schadenstatistiken.
2.2 Direkter Export von Produkten in die USA
Der direkte Export in die USA, d. h. der Export von
Das ISO ist 1971 aus dem Zusammenschluss
Produkten durch den Versicherungsnehmer selber,
mehrerer kleinerer Dienstleistungsanbieter für
wird – anders als der indirekte Export – nicht pau-
Versicherungsunternehmen hervorgegangen.
schal im Rahmen der Produkthaftpflichtversiche-
Eigentümer des ISO sind neben verschiedenen
rung mitversichert. Vielmehr wird der Haftpflichtver-
Versicherungsunternehmen auch die Mitarbei-
sicherer nach gesonderter Prüfung des spezifischen
ter des Unternehmens.
US-Produktrisikos des Versicherungsnehmers über
eine Mitversicherung dieses Risikos im Einzelfall
entscheiden. Bei einer Mitversicherung des US-Produkthaftpflichtrisikos sind mindestens die folgenden zusätzlichen Vereinbarungen in den Versicherungsvertrag mit aufzunehmen:
• Der Ausschluss von Ansprüchen auf Entschädigun gen mit Strafcharakter (punitive und exemplary
damages),
Weitere Informationen: www.iso.com
Deutsche Rück – US-Produkthaftpflicht | 5
Vertreibt der Hersteller seine Erzeugnisse in den
2.3 Niederlassungen und Betriebsstätten
USA über einen Vertriebspartner oder über ein Netz
unabhängiger Händler, so stellt sich erfahrungsge-
Unterhält der Versicherungsnehmer Betriebsstätten
mäß die Frage nach einer vertraglichen Regelung
oder sogar selbstständige Niederlassungen in den
bezüglich des Haftungsrisikos. Hier sind zwei ver-
USA, wird dessen Versicherungsbedarf in der Regel
schiedene Möglichkeiten gebräuchlich.
über ein sogenanntes Internationales Programm ge-
in den USA
staltet. Dabei werden in den Ländern, in denen das
Zum einen kann der Versicherungsnehmer in Ab-
Unternehmen durch Tochterunternehmen oder Nie-
stimmung mit seinem Haftpflichtversicherer gegen-
derlassungen aktiv ist, sogenannte Lokaldeckun-
über seinem Vertriebspartner im Rahmen der Ver-
gen installiert. Diese Lokaldeckungen2 sind mit einer
triebsvereinbarung eine Freistellungserklärung
Versicherungssumme ausgestattet, die für die zu er-
(Hold Harmless Agreement) abgeben, mit der der
wartenden Frequenzschäden ausreichend ist. Im An-
Versicherungsnehmer diesen in Hinblick auf aus-
schluss an diese Lokaldeckungen wird ein zentraler,
schließlich solche Produktfehler freistellt, die er als
sogenannter Master Cover – im deutschen Sprachge-
Produzent zu vertreten hat. Der Produkthaftpflicht-
brauch auch „Globale Anschlussdeckung“ genannt –
versicherer wird dann dem Versicherungsnehmer
installiert, der die Lokaldeckungen bis zur benötig-
Versicherungsschutz für solche Ansprüche gewäh-
ten bzw. gewünschten Versicherungssummenhöhe
ren, die auf der Basis der abgestimmten Freistel-
ergänzt. Die Konstruktion ist schematisch in Abbil-
lungserklärung erhoben werden.
dung 1 dargestellt.
Eine zweite, gerade von US-amerikanischen Vertriebspartnern häufig gewünschte Regelung sieht
Beispiel für die Struktur eines internationalen
den Einschluss des Vertriebspartners als mitver-
Versicherungsprogramms
sicherte Person (Additional Insured) in die Produkthaftpflichtpolice des Herstellers im Rahmen eines
Master Cover
sogenannten Vendors Endorsement vor. Bei der
Formulierung eines solchen Einschlusses ist große
Sorgfalt geboten, um eine saubere Abgrenzung der
Produkthaftpflichtdeckung vom originären Händlerrisiko zu gewährleisten. Zu empfehlen ist dabei ei-
Beispielland 1
Beispielland 2
USA
Beispielland 3
ne Orientierung an dem vom ISO formulierten Standardtext, mit dem im Rahmen der Haftpflichtpolice
Abb. 1
des Herstellers das Vertriebsrisiko der Händler mitversichert ist. Kein Versicherungsschutz besteht,
Die Steuerung eines internationalen Programms
wenn das Produkt, die Verpackung oder die Doku-
stellt hohe fachliche und administrative Anforde-
mentation vom Vertriebshändler abgeändert wird.
rungen an die Organisation eines Versicherers.
Neben den versicherungstechnischen Spezifika der
Die Regelung über eine Freistellungserklärung hat
verschiedenen lokalen Versicherungsmärkte sind
für den Produkthaftpflichtversicherer gegenüber
rechtliche, regulatorische und fiskalische Aspekte
dem Einschluss des Vertriebspartners als mitversi-
zu beachten. Voraussetzung für das Management
cherte Person den Vorteil, dass auf diese Weise eine
eines internationalen Programms ist daher, dass
potentielle Zuständigkeit amerikanischer Gerichte in
die Organisation des programmführenden Versiche-
eventuell auftretenden deckungsrechtlichen Fragen
rers Zugriff auf ein geeignetes internationales Netz-
vermieden wird. Der Haftpflichtversicherer wird der
werk hat.
ersten Variante daher immer den Vorzug geben.
2 Mit den Lokaldeckungen wird natürlich nicht nur das Produkthaftpflichtrisiko,
sondern auch das lokale Betriebsstättenrisiko versichert.
6 | Deutsche Rück – US-Produkthaftpflicht
Versicherungstechnisch wird der Anschluss des
Der Deckungsumfang einer CGL-Police entspricht
Master Covers an die unterliegenden Deckungen
nicht in allen Bereichen dem der im deutschen Markt
durch sogenannte DIC/DIL-Regelungen gesteuert
gebräuchlichen AHB, auf denen in der Regel die Aus-
(siehe Info-Kasten auf Seite 7).
gestaltung der Bedingungen des Master Covers auf-
3
baut. Beispielsweise ist in der CGL-Police unter beMittlerweile ist es marktüblich, globale Anschluss-
stimmten Umständen die Gebrauchsunfähigkeit von
deckungen als Kongruenzdeckungen anzubieten.
Sachen, die auf Mängel der gelieferten Produkte
Unter einer solchen Konstruktion – oft mit dem eng-
zurückzuführen ist, mitversichert. Dieser mit dem
lischen Begriff “Reversed DIC” bezeichnet – werden die
Begriff “loss of use” bezeichnete Schadentyp ist in
Bedingungsinhalte der Lokalpolice, die über den Be-
einem AHB-basierten Bedingungswerk grundsätz-
dingungsumfang des Master Covers hinausgehen, in
lich nicht versichert.
diesen übernommen (s. Seite 7, Abb. 5). Zur Gestaltung einer Reversed DIC-Deckung ist daher eine ge-
Weiterhin ist zu beachten, dass sich die Versiche-
naue Kenntnis der unterliegenden Deckung zwingend
rungsfalldefinition der Grunddeckung von der des
erforderlich.
Master Covers unterscheiden kann. So existieren zum
Beispiel zwei Versionen der CGL-Police. Neben dem
In den USA finden die sogenannten “Commercial
ursprünglichen Konzept, das als Versicherungsfall-
General Liability” (kurz CGL) Bedingungen weitver-
definition das Schadenereignis (occurence) vorsieht,
breitet Anwendung. Bei diesem Bedingungswerk
gibt es seit 1986 auch eine auf dem Anspruchserhe-
handelt es sich um einen vom ISO für den US-ame-
bungsprinzip (Claims made) basierende Version der
rikanischen Markt entwickelten Standard zur Versi-
CGL-Police. Diese findet vor allem Anwendung bei der
cherung von Betriebs- und Produkthaftpflichtrisiken,
Versicherung von Risiken mit ausgeprägtem Spätscha-
der – zumindest materiell – einheitlich oder ähnlich
denpotential, etwa dem von Pharmaunternehmen.
von allen Versicherern in den USA angeboten wird.
Das Wording der CGL-Musterpolice wird regelmäßig durch die ISO geprüft und gegebenenfalls angepasst. Neben den CGL-Musterbedingungen hat das
ISO eine Vielzahl von Sonderklauseln wie zum Beispiel das im vorherigen Abschnitt erwähnte Vendors
Endorsement entwickelt, mit denen die Standardbedingungen an die spezifischen Bedürfnisse des Versicherungsnehmers angepasst werden können.
3 Difference in Conditions/Difference in Limits =
Bedingungs- /Deckungssummendifferenz
Deutsche Rück – US-Produkthaftpflicht | 7
DIC/DIL-Konstruktionen
Master Cover: Drop-down-Klausel
Die Bedingungsdifferenzdeckung – englisch Difference
Masters auch für die lokalen Policen, falls der Versicherungsschutz darin weniger weitgehend ist. Es gelten dann
die Bedingungen des Masters.
Deckungssumme
in Conditions (DIC) – bietet den Versicherungsschutz des
Master
Master
Cover
Cover
Master
Cover
Lokale
Master
Police
Cover
RoW4
USA
Bedingungsumfang
Master Cover: Bedingungsdifferenzdeckung
Lokale Police durch
Drop
Master Cover steht für
Teilschäden erschöpft
down
weitere lokale Schäden von
Grund auf zur Verfügung
Abb. 4
Deckungssumme
Die Kongruenzdeckung – englisch Reversed DIC – bietet den
Lokale
Master
Police
Cover
Versicherungsschutz der lokalen Policen für die dort versicherten Unternehmen auch für den Master Cover, falls der VersiRoW
4
USA
cherungsschutz weitgehender ist. Es gelten in diesem Fall die
Bedingungen der lokalen Policen.
Bedingungsumfang
Master Cover: Kongruenzdeckung
Abb. 2
Bei der Summendifferenzdeckung – englisch Difference in
Limits (DIL) – hebt der Master Cover die VersicherungssumMaster
me der lokalen auf die Summe des Masters Covers zu des-
Master Cover: Summendifferenzdeckung
Cover
Deckungssumme
sen Bedingungen an.
Lokale
Police
RoW4
Deckungssumme
USA
Master
Bedingungsumfang
Cover
Abb. 5
Lokale
Police
RoW4
USA
Bedingungsumfang
Eine erweiterte Kongruenzdeckung weitet den Versicherungsschutz der lokalen Policen für die im Master versicherten
Unternehmen für das jeweilige Programmland aus.
Abb. 3
Master Cover: Erweiterte Kongruenzdeckung
Ist eine sogenannte “Step-down”- oder “Drop-down”-Funktion für den Master Cover vereinbart, dann steht nach Erschöpfung der lokalen Police die Versicherungssumme aus der
Master
Differenzdeckung des Master Covers für weitere lokale Schä-
Cover
Deckungssumme
den von Grund auf zur Verfügung.
Lokale
Police
RoW4
USA
Bedingungsumfang
4 Rest of World
Abb. 6
8 | Deutsche Rück – US-Produkthaftpflicht
Häufig werden die Versicherungssummen der CGL-
• Medical Malpractise (Arzthaftpflicht)
Deckung mit einer sogenannten excess liability form
• Asbest
oder Umbrella Police aufgestockt. Der Begriff “Um-
• Toxic Mold (Haftpflicht wegen Schäden im Zusam-
brella” wurde geprägt, weil die entsprechende Ver-
menhang mit Schimmelbefall von Gebäuden)
sicherungssumme als Aufstockung für verschiedene
• Punitive/Exemplary damages (Entschädigungs-
unterliegende Versicherungen zur Verfügung steht,
leistungen mit Strafcharakter)
wobei es sich typischerweise um Haftpflichtversiche-
• Strahlenrisiken
rungen handelt, zum Beispiel “commercial auto liabi-
• Luft-/Wasserfahrzeug-/Raumfahrzeug und
lity” oder “employers liability”-Deckungen.
off-shore Risiken
• Risiken, die in der vorangehenden Lokaldeckung
Bei dem Aufsetzen einer Anschlussdeckung auf ei-
sublimitiert sind
ne solche Umbrella Police mit einer Reversed DIC-Re-
• Lokale Pflichtversicherungen
gelung wären diese Versicherungen neben anderen
• Recall (Rückrufdeckungen)
„unerwünschten“ Bedingungselementen grundsätz-
• Product guarantee (Produktgarantie)
lich von der Höherdeckung im Rahmen des Master
• Loss of use (Haftpflicht aus Nutzungsausfall)
Covers mit umfasst. Um dem zu begegnen werden
• Terrorismus
Kongruenzdeckungsregelungen unter Einschluss von
US-Lokaldeckungen immer mit mindestens den folgenden Ausschlüssen ergänzt:
• Workers’ Compensation (Arbeiterunfall)
• Employers Liability (Arbeitgeberhaftpflicht)
• Employers Practise Liability (EPLI5)
• Auto Liability (Kfz-Haftpflicht), Environmental
impairment (Umwelthaftpflicht)
• Pure Financial Losses (reine Vermögensschäden)
• Professional Indemnity (PI), Errors & Omissions E&O (Berufshaftpflicht)
5
EPLI-Deckungen gewähren Versicherungsschutz für den Arbeitgeber gegen
Haftpflichtansprüche von Arbeitnehmern im Zusammenhang mit diskriminierendem Verhalten am Arbeitsplatz, rechtswidriger Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Versichert ist in der Regel die Haftpflicht des Unternehmens und die der Führungskräfte.
Deutsche Rückversicherung Aktiengesellschaft
Hansaallee 177
Telefon 0211. 4554-01
Telefax 0211. 4554-199
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