Nachhaltige Wachstumsimpulse auslösen
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Nachhaltige Wachstumsimpulse auslösen
Titel | Niedrigzinsphase Nachhaltige Wachstumsimpulse auslösen Rund um den Globus sinkt das Zinsergebnis der Kreditinstitute. Kostensenkungen allein sind nicht die Lösung. Mittel- bis langfristig müssen die Erträge steigen. BANKMAGAZIN nennt Ansatzpunkte für mehr Gewinn. Illustration: © Malte Knaack Stefan Terliesner Die Politik der Notenbanken hat den Zins fast ausradiert – und damit die wichtigste Ertragsquelle der Kreditinstitute in Deutschland nahezu zum Erliegen gebracht (siehe Grafik Seite 14). Auf diese Herausforderung müssen die Banken und Sparkassen reagieren. Eine Möglichkeit sind Kostensenkungen. Eine andere die Steigerung der Erträge. Nachdem die 12 BANKMAGAZIN 2-3 | 2015 meisten Kreditinstitute in den vergangenen Jahren eine Vielzahl an Sparprogrammen auf den Weg gebracht und einige davon bereits umgesetzt haben, rücken nun neue Ertragsquellen in den Vordergrund. Banken haben dabei eine Fülle an Optionen: Gebühren einführen oder erhöhen, Honorarberatung anbieten, Kreditzinsen anheben, Provisionsgewww.springerprofessional.de Titel | Niedrigzinsphase schäft stärken, Geschäftsfelder erschließen und viele mehr. Theoretisch ist der Fantasie keine Grenze gesetzt. Für den Erfolg muss eine Bedingung in jedem Fall erfüllt sein: Die Banken müssen sich als Dienstleister ihrer Kunden verstehen. Dreh- und Angelpunkt aller Bemühungen müssen die Bedürfnisse der Kunden sein. „Wer auf Dauer mehr Umsatz und Ertrag generieren möchte, muss die Bedürfnisse seiner Kunden erkennen und ernst nehmen“, sagt Lutz Passow, Associate Partner bei der Unternehmensberatung Q-Perior. Ein erfolgreiches Geschäftsmodell funktioniert nach seiner Ansicht wie folgt: Erkenne die Bedürfnisse von Kunden. Stelle sie dauerhaft zufrieden. Verlange für deine Leistung einen fairen Preis. Und kommuniziere dies, damit neue Kunden zu dir kommen. Damit auch unter dem Strich ein Erfolg daraus wird, müssen die Unternehmen ihre Kosten im Griff behalten. Dann stimmen nicht nur die Erlöse, sondern auch die Erträge. Basis all dessen ist das gegenseitige Vertrauen. Das Management ist natürlich besonders in der Pflicht, es ist Vorbild, Motivator und Kontrollinstanz zugleich. Fintechs erhöhen den Druck auf Banken und Sparkassen zusätzlich Ein entsprechend geführtes Institut kann zwar immer noch scheitern. Aber nicht, weil es blind oder überheblich „am Markt vorbei produziert“, sondern, weil andere Unternehmen zum Beispiel aufgrund des technisches Fortschritts schneller und besser Kundenbedürfnisse bedienen. Deshalb zittern viele Banker vor der Konkurrenz aus dem Silicon Valley. Amazon, Apple, Facebook, Google und andere Internet unternehmen positionieren sich für einen Vorstoß ins Finanzgeschäft. Ein komplettes Bankangebot unterbreiten sie damit noch lange nicht. Die Banken unterliegen schließlich einer strengen Regulierung und müssen eine Fülle gesetzlicher Vorschriften beachten. Das lässt die IT-Unternehmen vor einem umfassenden Markteintritt zurückschrecken. Damit sind Banken wichtige Partner für IT-, Internet- und App-Unternehmen. Bankberater Passow empfiehlt Kreditinstituten die Kooperation mit findigen Newcomern. Als Beispiel nennt er Mytaxi, den mit zehn Millionen Nutzern weltgrößten Anbieter einer mobilen App zum Bestellen eines Taxis und Bezahlen der Fahrt per Smartphone. Bargeld ist nicht notwendig. Bezahlt wird per App. Die Quittung kommt per E-Mail. „Diesen Service wickelt Mytaxi über das Bezahlsystem einer Bank ab“, sagt Passow und zeigt damit neue Erlös- und Ertragsquellen auf. „Solche Kundenbedürfnisse müssen Banken erkennen.“ Mit „solche“ meint er den Wunsch, von A nach B zu kommen und dafür die Dienste eines Taxis zu www.springerprofessional.de nutzen. Der Service muss bezahlt werden. Und schon ist eine Bank mit ihrer Zahlungsverkehrsabwicklung im Spiel. Für Bankmanager mit der Fähigkeit, derlei Kundenbedürfnisse zu erkennen und zu ihrer Befriedigung beizutragen, eröffnen sich neue Möglichkeiten. Die Hamburger Sutor Bank ist eine Kooperation mit dem Start-up Fairr.de eingegangen. Gemeinsam werden Altersvorsorgeprodukte entwickelt und online vertrieben. Die ITFirma hat das Konzept und die Nutzeroberfläche entwickelt, das Bankhaus kümmert sich um vertragliche und regulatorische Aspekte. Bernd Richter, Partner beim Beratungsunternehmen Capco, rechnet verstärkt mit solchen Kooperationen (siehe BANKMAGAZIN 12/2014). „Die Kernkompetenz einer Bank sind Bankdienstleistungen, nicht Technologie.“ Dazu passt eine aktuelle Studie. Laut einer Umfrage der Targobank unter 1.000 Bankkunden beurteilen drei Viertel die Transaktionen über Apps von bankfremden Anbietern wie Google Wallet, Girogo oder Yapital als unsicher. „Die Kunden vertrauen beim mobilen Bezahlen am meisten den Banken“, freut sich Ates Demir, Bereichsleiter Internet und Mobiles Banking bei der Targobank. Das heißt freilich nicht, dass die Kunden den Banken uneingeschränkt vertrauen. Kompakt ■ Kreditinstitute entdecken alte Ertragsquellen im ■ ■ ■ ■ klassischen Bankgeschäft wieder. Eine Abkehr von der weitverbreiteten Kostenloskultur zeichnet sich ab. Die gängige Preisgestaltung stammt aus einer Zeit, als Einlagen für Banken einen hohen Wert hatten. Heute sind gute Anlagemöglichkeiten rar, und das Parken nicht benötigter Einlagen bei der Zentralbank kostet Geld. Den negativen Einlagenzins geben die ersten Kreditinstitute an Unternehmen und institutionelle Kunden weiter. Ertragsausfälle im Geschäft mit Tagesgeldeinlagen werden zumindest teilweise durch immer noch attraktive Margen im Firmenkundenkreditgeschäft ausgeglichen. Im Provisionsgeschäft erzielen Banken teilweise gute Ergebnisse. Weil die Provisionen bei Fonds und Versicherungen aber allmählich unter Druck geraten, könnten sich die Institute eines Tages auf breiter Front zur Honorarberatung hinwenden. 2-3 | 2015 BANKMAGAZIN 13 Titel | Niedrigzinsphase Im Gegenteil: Wie eine Umfrage von Eurogroup Consulting ergab, hat sich das Verhältnis weiter deutlich verschlechtert (siehe Grafik Seite 15). Mit Spannung blickt die Kreditwirtschaft jetzt auf das Sparkassenlager. Anders als die Privat- und Genossenschaftsbanken, die gemeinsam selbst eine E-Commerce-Lösung entwickeln, wie Uwe Fröhlich, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, im BANKMAGAZIN-Interview verrät (siehe Interview Seite 20), waren die öffentlich-rechtlichen Institute auf Einkaufstour. Der Deutsche Sparkassenverlag ist vorgeprescht und hat mit Wirkung zum 1. Januar dieses Jahres 80 Prozent an dem Zahlungsserviceanbieter Payone übernommen. Damit kann der Verlag die seit einiger Zeit eigentlich für die gesamte Branche angestrebte Lösung für das Bezahlen im Internet anbieten. Payone gehört mit einem Transaktionsvolumen von rund drei Milliarden Euro zu den großen konzernunabhängigen Anbietern von Zahlungsservices. Das Unternehmen bietet seinen Geschäftskunden die E- und MCommerce-Anbindung sowie eine elektronische Plattform für den Abrechnungsverkehr mit den Anbietern von 30 verschiedenen Bezahlverfahren, darunter auch Paypal, die EbayTochter, die 2015 an die Börse gehen könnte. Kooperationen mit und Übernahmen von IT-Firmen im Bereich der Finanzdienstleistungen sind nur zwei Strategien, sich neue Geschäftsfelder zu erschließen. Die akuten Probleme auf der Ertragsseite löst solches Neugeschäft natürlich nicht. Wenn Volumenausweitungen ausbleiben, müssten dafür auf breiter Front die Gebühren angehoben werden. Unternehmensberater Passow hat „die ersten Sparkassen erlebt, die für Buchungen wieder Geld verlangen, unabhängig davon, ob sie beleghaft oder online durchgeführt werden“. Ins titute würden wieder zunehmend Kontoführungsgebühren erheben. „Ob sie sich damit am Markt durchsetzen, wird sich zeigen“, zweifelt Passow. Bisher ist gängige Praxis, dass Banken ihren Kunden diese Gebühr erlassen, wenn auf deren Konto ein bestimmter Geldeingang erfolgt. Diese Preisgestaltung stammt freilich aus einer Zeit, als Einlagen für eine Bank noch einen hohen Wert hatten. Dies gilt in der anhaltenden Niedrigzinsphase nicht mehr. Gute Anlagemöglichkeiten sind rar, andere zu riskant. Und das Parken nicht benötigten Geldes bei der Europäischen Zentralbank kostet die Geschäftsbanken inzwischen 0,2 Prozent. Zinsen schmelzen dahin Spanne aus Zinserträgen und -aufwendungen der Kreditinstitute in Prozent der Bilanzsumme Quelle: Deutsche Bundesbank 14 BANKMAGAZIN 2-3 | 2015 www.springerprofessional.de Sinkendes Vertrauen Frage : „Wie würden Sie das Verhältnis zu Ihrer Bank bezeichnen?“; Anteil der Befragten 1) 2013 38 % Vertrauensvoll 2014 22 % 24 % „Think Tanks”: Foren für Ihre Unternehmensentwicklung 27 % 54 % Geschäftsmäßig 35 % Neutral, distanziert, misstrauisch 1) Online-Befragung von 1.000 Menschen im November 2014 und im Vorjahr Quelle: Eurogroup Consulting Im Juni 2014 hatte die Europäische Zentralbank (EZB) den Einlagesatz zunächst auf minus 0,1 Prozent und dann auf minus 0,2 Prozent gesenkt (siehe Grafik Seite 16 oben). Damit will sie Finanzinstitute zwingen, das Geld an Unternehmen zu verleihen, statt es bei der Notenbank zu parken. Ein noch höherer Negativzins ist nicht ausgeschlossen. In Schweden zahlen die Geldhäuser bei der Reichsbank 0,75 Prozent Zinsen. Und am 15. Januar senkte auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) auf Einlagen von Kreditinstituten ab zehn Millionen Franken ihren Zins auf minus 0,75 Prozent. Das Motiv der SNB: Sie will die Attraktivität des Franken als Fluchtwährung für Ausländer brechen. Vor diesem Hintergrund stehen die Geldinstitute in Deutschland ernsthaft vor der Frage, ob sie auf die Einlagen ihrer Kunden einen „Strafzins“ erheben. Die genossenschaftliche Skatbank hat als Erste einen Negativzins für Privat guthaben ab 500.000 Euro eingeführt. „Ich erwarte bei unseren Genossenschaftsbanken im Privatkundenumfeld in der Breite keine negativen Zinsen“, sagt BVR-Präsident Fröhlich. Otto Normalsparer dürften schließlich Minuszinsen abschrecken. „Dann besteht die Gefahr, dass Kunden massenhaft Einlagen abziehen“, warnt Passow. Von institutionellen Kunden spricht BVR-Präsident Fröhlich nicht. Gegenüber Unternehmen, Versicherern und Fondsgesellschaften sind die ersten Banken denn auch weniger zimperlich. Die Commerzbank hat Ende 2014 eine „Guthabengebühr“ für institutionelle Kunden mit hohen Einlagen angekündigt. Zuvor verlangte bereits die DZ Sven Poguntke Corporate Think Tanks Zukunftsgerichtete Denkfabriken, Innovation Labs, Kreativforen & Co. 2014. XVI, 140 S. 47 Abb. Brosch. € (D) 39,99 | € (A) 41,11 | *sFr 50,00 978-3-658-04317-9 Spannende Praxisbeispiele von Unternehmen wie Google, Procter & Gamble, Tchibo oder TUI illustrieren den Einsatz von Corporate Think Tanks in der Praxis; ein umfassender Toolkasten zeigt die konkrete Durchführung im eigenen Unternehmen. Neben klassischen Methoden werden auch innovative Tools wie ThinkX, Design Thinking, Lego® Serious Play® oder der Business Model Canvas anschaulich erläutert. € (D) sind gebundene Ladenpreise in Deutschland und enthalten 7% MwSt. € (A) sind gebundene Ladenpreise in Österreich und enthalten 10% MwSt. Die mit * gekennzeichneten Preise sind unverbindliche Preisempfehlungen und enthalten die landesübliche MwSt. Preisänderungen und Irrtümer vorbehalten. springer-gabler.de A10814 | 140104 Titel | Niedrigzinsphase Bankeinlagen werden bestraft Zinsatz für Einlagen von Geschäftsbanken bei der Europäischen Zentralbank in Prozent Quelle: Deutsche Bundesbank Privatbank, die Luxemburger Tochter des genossenschaftlichen Zentralinstituts DZ Bank, von Fondsgesellschaften einen Zins von 0,25 Prozent. Vor allem gegenüber Firmenkunden hat sich die Situation schlagartig geändert. Peter Barkow, Geschäftsführer von Barkow Consulting, geht längst nicht nur von Einzelfällen aus. „Etliche Unternehmen mit hohen Einlagen werden zur Kasse gebeten.“ Ob die Banken ihre Geschäftssituation damit verbessern, müssen sie genau kalkulieren. Verzinste Einlagen sind derzeit für Banken „ein Verlustgeschäft“, sagt Berater Barkow. Und das trotz der sehr niedrigen Zinssätze für Tagesgeld von zuletzt durchschnittlich 0,29 Prozent für Privatkunden und 0,11 Prozent für Unternehmen. „Bezogen auf das Volumen an Tagesgeld von insgesamt 1,4 Billionen Euro, verlieren die Finanzinstitute aktuell jährlich vier Milliarden Euro. Direkt Zinserträge mit Tagesgeld Angaben in Milliarden Euro 12,5 3,6 Jan. 03 Jul. 03 Jan. 04 Jul. 04 Jan. 05 Jul. 05 Jan. 06 Jul. 06 Jan. 07 Jul. 07 Jan. 08 Jul. 08 Jan. 09 Jul. 09 Jan. 10 Jul. 10 Jan. 11 Jul. 11 Jan. 12 Jul. 12 Jan. 13 Jul. 13 Jan. 14 Jul. 14 ‐4.0 Quelle: Barkow Consulting „Credit Benchmark Model“ 16 BANKMAGAZIN 2-3 | 2015 vor Ausbruch der Schuldenkrise 2008 verdienten die Banken noch 12,5 Milliarden Euro pro Jahr“, hat Barkow ermittelt (siehe Grafik unten). Der aktuelle Verlust von vier Milliarden Euro stamme zu 85 Prozent aus dem Privatkundengeschäft und zu 15 Prozent aus Tagesgeldern von Unternehmen. Bei seiner Berechnung hat Barkow eine fristenkongruente Anlage der Tagesgeldeinlage unterstellt, also zu einem Durchschnittszins aus dem Interbankensatz Eonia und der EZB-Einlagefazilität. Ein Teil der Ertragsausfalls aus den Tagesgeldeinlagen werde allerdings durch die derzeit relativ hohe Ertragsstärke des Kreditgeschäfts kompensiert. Die Gewinnspanne für Unternehmenskredite von mehr als einer Million Euro lag Ende 2014 bei 2,5 Prozent (siehe BANKMAGAZIN 1/2015). Hier winken also noch ansehnliche Erträge für Kreditinstitute. Neben der günstigen Refinanzierung profitieren die Banken dabei auch von der guten Auftragslage der deutschen Unternehmen. Dass sie die Kreditzinsen anheben, glaubt Unternehmensberater Passow nicht: „Dafür ist der Wettbewerb viel zu intensiv.“ Um den durch die Privateinlagen verursachten Ertragsausfall zumindest teilweise auszugleichen, gibt es ein paar Stellschrauben. Einige Institute präsentieren zwar weiterhin ihr kostenloses Girokonto im Schaufenster, erhöhen aber zum Beispiel die Gebühr für die Bank- oder Kreditkarte. Ehrlicher wäre es indes, direkt für das Girokonto ein Entgelt zu verlangen. Seit Jahren besonders aggressiv geht hier die Commerzbank vor: Beim „kostenlosen Girokonto“ ist für eine Kreditkarte Typ Classic eine Jahresgebühr von 34,90 Euro fällig. Für Neukunden gibt es ein „Begrüßungsgeld“ von 50 Euro. Noch dreht das gelbe Institut nicht an der Gebührenschraube. „Wir überprüfen unser Angebot regelmäßig und passen es an“, teilt ein Sprecher auf Anfrage mit. Auch die ING-Diba lockte mehrere Jahre mit hohen Tagesgeldzinsen zahlreiche Kunden an. Das Girokonto ist immer noch kostenlos. Die Deutsche Bank dagegen hat ihr Girokonto schon immer als kostenpflichtige Dienstleistung betrachtet. „Banken müssen den Wettbewerbern, die mit Niedrigpreisen in ihrem Segment wildern, etwas entgegensetzen“, sagt Jens Baumgartner, Partner bei Simon-Kucher & Partner. Die Lösung sei aber nicht, durch weiteres Unterbieten mitzumischen. Auch plumpe Preiserhöhungen seien zum Scheitern verurteilt. Besser sei es, das bestehende Portfolio neu zu strukturieren und so die Sicht der Kunden auf den Wert des Angebots zu schärfen. So werde aus einem scheinbaren Massenprodukt ein auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden maßgeschneidertes Gut (siehe Interview Seite 18). Auch Unternehmensberater Passow betont: „Wenn ein Produkt ein Unterscheidungsmerkmal hat, zum Beispiel, wenn es etwas www.springerprofessional.de Titel | Niedrigzinsphase Notenbanken Nullzinspolitik seit 1995 Anfang der 90er Jahre platzte in Japan eine Aktien- und Immobilienpreisblase. Die Bank of Japan reagierte mit Leitzinssenkungen. Seit 1995 liegt der Satz bei fast null Prozent. Aus Japan strömte in den folgenden Jahren via Zinsdifferenzgeschäfte (Carry Trades) billiges Geld in die Welt. Anfang der 2000er Jahre platzte die Blase bei Internetaktien. Die Federal Reserve Bank (Fed) schleuste ihren Leitzins rasch auf ein Prozent. Die (Welt-)Wirtschaft erholte sich wieder. Der US-Leitzins wurde bis auf 5,2 Prozent angehoben. Dann platzte die US-Immobilienpreisblase. Die Fed lies den Leitzins rasch fallen. Seit Ende 2008 liegt er knapp über null. Die Europäische Zentralbank (EZB) hielt sich zunächst lange Zeit zurück. Seit Herbst 2013 liegt ihr Leitzins (Hauptrefinanzierungssatz) eben- einfacher in der Bedienung ist, dann hat es einen Mehrwert, den der Kunde honorieren sollte.“ Diesen Weg hat nun zum Beispiel die Sparkasse Fürth beschritten. Das „Mehr.Giro“ kostet monatlich – je nach Modell – 3,90 bis 9,90 Euro für die Kontoführung. Beim Bezahlen mit der Sparkassen-Card bei aktuell rund 50 regionalen Partnern und mehr als 500 Onlineshops fließen gewährte Rabatte auf das Girokonto zurück. „Diese können nicht nur den Kontoführungspreis übersteigen, sondern es kann mit jedem Einkauf sogar zusätzliches Geld verdient werden“, berichtet ein Sprecher der Sparkasse Fürth. In der PremiumVersion sind alle Leistungen rund um die Kontoführung im Preis enthalten. Solche Modelle dürften in Zukunft häufiger auf den Markt kommen. Die Kostenloskultur wird abge tragen. Kreditinstitute setzen nur wenig Hoffnung in die Honorarberatung Eine häufig kostenlose Dienstleistung der Banken ist auch die Wertpapierberatung. Nur wenn es zum Abschluss kommt, kassieren die Bank und anteilig oft auch der Berater eine Provision, die sie vom Produktgeber erhalten, also zum Beispiel einem Versicherer oder einer Fondsgesellschaft. Dennoch sieht nur jede fünfte Bank in der Honorarberatung ein erfolgreiches Geschäftsmodell, ergab eine Umfrage von Q-Perior Ende 2013. Die große Mehrheit fürchtet mangelnde Zahlungsbereitschaft bei den Kunden. Tatsächlich wartet www.springerprofessional.de falls bei null Prozent. Der Satz für Einlagen der Geschäftsbanken bei der EZB (Einlagefazilität) ist seit Juni 2014 negativ. Auch in der Schweiz, Großbritannien und anderen europäischen Ländern liegt der Leitzins jeweils auf extrem niedrigem Niveau. Generell gilt: Der Leitzins beeinflusst vor allem die kurzfristigen Geldmarktzinsen. Die langfristigen Zinsen am Kapitalmarkt drücken etliche Notenbanken, indem sie Wertpapiere mit mehrjähriger Laufzeit kaufen. Im Fall der EZB steht der massive Ankauf von Staatsanleihen offenbar kurz bevor. Für viele Volkswirte wäre das eine verbotene Staatsfinanzierung. Ohnehin dürfte bei der Nullzinspolitik der großen Notenbanken die hohe Verschuldung ihrer Länder eine große Rolle spielen. die Honorarberatung noch immer auf ihren Durchbruch (siehe BANKMAGAZIN 5/2013). Allein die auf Vermögensverwaltung spezialisierte Quirin Bank setzt ausschließlich auf diese Art der Vergütung. Das Geschäft ist mühsam. Nach sieben Verlustjahren erzielte die Bank 2013 ihren ersten Überschuss in Höhe von 1,6 Millionen Euro. Auch 2014 wird wohl wieder positiv ausfallen. Die Quirin Bank verwaltete Ende Juni 2014 ein Vermögen von 2,7 Milliarden Euro von insgesamt etwa 9.300 Kunden. Mindestens 100.000 Euro Anlagebetrag muss ein Kunde mitbringen. Um kleinere Beträge ab 10.000 Euro kümmert sich seit Oktober 2014 die Online-Neugründung Quirion. Mit Comdirect und der Consorsbank bieten zwei weitere Institute ergänzend Honorarberatung an. Insgesamt sind das alles nur bescheidene Ansätze. Allerdings geraten die Provisionen unter Druck. Im Zins tief erzielen auch die Versicherer geringere Kapitalerträge und kappen deshalb die Vergütung ihrer Vertriebe. Noch verdienen die Banken gut an der Versicherungsvermittlung. Im Jahr 2013 wurden in der Bankfiliale die meisten Lebensversicherungen verkauft, hat Towers Watson festgestellt. Der Anteil der Banken an allen Vertriebswegen liegt bei 28,5 Prozent, die angestellten Vertreter der Versicherer kommen auf 28,1 Prozent. Vor allem Lebenpolicen gegen Einmalbeitrag verkaufen sich gut in den Geldhäusern. Und in der Fondsbranche wiederum setzt sich der Siegeszug der börsengehandelten Indexfonds fort, der Ex2-3 | 2015 BANKMAGAZIN 17 change Traded Funds, kurz ETFs. Hier freilich wird der Wettbewerb zunehmend über den Preis ausgefochten. Zum Beispiel haben db x-Trackers von der Deutschen Bank, Comstage von der Commerzbank und i-Shares von der USGesellschaft Blackrock die Jahresgebühr für bestehende ETFs auf 0,7 bis 0,9 Prozent gesenkt. Einen Ausgabeaufschlag gibt es ohnehin nicht. Eine große Fondsgesellschaft, die das Preisgefecht aus der Distanz beobachtet, ist die genossenschaftliche Union Investment. „Wir sind ein aktiver Portfoliomanager, der mit seinen Investmententscheidungen darauf abzielt, die Performance eines festgelegten Referenzindex zu übertreffen“, sagt ein Sprecher auf Anfrage. „Nach unserer Erfahrung entspricht ein aktives Management den Erwartungen der meisten Privatanleger.“ Von 2002 bis 2007 hatte der Fondsa nbieter der Volks- und Raiffeisenbanken ETFs im Angebot, mangels Interesse der Kunden aber wieder eingestellt. Geschadet hat es der Bankengruppe bisher nicht. Im Wertpapiergeschäft sprudeln derzeit die Erträge. Insgesamt entwickelt sich in der Kreditwirtschaft eine Vielzahl an Initiativen, um die Erträge dauerhaft zu steigern. Wenn der Regulierungsstress jetzt nachlässt, kommen vielleicht noch mehr vielversprechende Ideen auf den Tisch. Allerdings bleiben die Herausforderungen gewaltig. „Das Filialnetz ist in der Breite nicht überlebensfähig“, heißt es nicht nur in einer Studie von April 2014 der Boston Consulting Group. Bis zu 15.000 der heute 36.000 Filialen und Zweigstellen könnten wegfallen. Dort steht aber auch, dass beim Ertrag die Talsohle erreicht ist. Ab 2017 könnte es wieder „nachhaltige Wachstumsimpulse“ geben. So lange werde es dauern, bis die folgenschweren Veränderungen wie Zinstief, Regulierungswelle und geändertes Kundenverhalten voll verarbeitet sind. ■ Praxistipps 1. J ede Gebührenanhebung oder -einführung muss gut vorbereitet sein. Dazu muss eine Bank die Bedürfnisse und die Zahlungsbereitschaft ihrer Kunden kennen. 2. E lementar wichtig ist, dass Kunden den Wert des Produktes verstehen. Nur dann können Banken ihre Produkte entsprechend differenzieren und bepreisen. 3. Banken können auch einfache Produkte mit einem Unterscheidungsmerkmal versehen. So schaffen sie einen Mehrwert für Kunden. 4. Banken müssen weiterhin daran arbeiten, das Vertrauen ihrer Kunden zurückzugewinnen. Dafür müssen sie ihnen zuhören und ihre Bedürfnisse ernst nehmen. Jedes Bedürfnis ist eine Erlös- und damit Ertragsquelle. 5. Die Regulierung bedeutet auch ein Plus beim Thema Datensicherheit. Das sollte gegenüber Kunden kommuniziert werden. 6. Um in der Internet-Welt neue Einnahmequellen zu erschließen, bieten sich Kooperationen an. Die Bank ist für das Bankgeschäft zuständig, das ITUnternehmen für die Technik. Autor Stefan Terliesner ist Diplom-Volkswirt und freier Wirtschaftsjournalist in Köln. Seine Schwerpunkte sind Bankstrategie und Regulierung. aa Service für Abonnenten von „Springer für Professionals | Banken & FDL“ Zum Thema Profitabilität Bank Suche finden Sie unter www.springerprofessional.de 1.249 Beiträge Medium ☐☐ Artikel (21) ☐☐ Interview (1) ☐☐ Zeitschriftenartikel (157) ☐☐ Buchkapitel (1.070) Sprache ☐☐ Deutsch (1.248) ☐☐ Englisch (1) Stand: Januar 2015 Von der Redaktion empfohlen Isabel Schnabel: Das europäische Bankensystem: Bestandsaufnahme und Herausforderungen, in: Wirtschaftsdienst Sonderheft 1/2014 www.springerprofessional.de/4976894 Hendrik Budliger: Aspekte der Musikindustrie auf die Bankenindustrie übersetzt, in: Marcel Seidel, Axel Liebetrau (Hrsg.): Banking & Innovation 2015, Wiesbaden 2015, Seite 69-75 www.springerprofessional.de/5520046