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J U B I L Ä U M S - PR E I S A U S S C H R E I B E N
In diesem Heft sind 7 antike Abbildungen vonArz n e i p f l a n z e n versteckt
(unten links auf dieser Seite finden Sie das erste Bild).
Wenn Sie die Anfangsbuchstaben der botanischen Namen der Pflanzen in der
Reihenfolge ihres Auftretens aneinanderreihen entsteht das Lösungswort.
Für die fünf ersten richtig eingesendeten Lösungen des Rätsels werden folgende
Jubiläumspreise vert e i l t :
1. Preis: 1 Gudjons Therapeuten-Set in C1000,
2. Preis: 1 Gudjons Therapeuten-Set in C200,
3. Preis: 1 Gudjons Therapeuten-Set in C30,
4. Preis: 1 Haus-Apotheke á 25 Arzneien mit Buch,
5. Preis: 12 Notfallmittel im ledernen Reißverschlussetui.
Mitarbeiter der Firma Gudjons können nicht an der Verlosung teilnehmen. Der
Rechtsweg ist ausgeschlossen. Bitte senden Sie Ihre Antwort per Postkarte oder
Mail bis spätestens 21.6.2007 an uns (Adresse siehe unten im Impressum).
Die Gewinner werden persönlich benachrichtigt und im nächsten G u d j o nsaktuell
bekanntgegeben.
Die antiken Pflanzenbilder des Preisausschreibens sind ein
kleiner Teil der über 4000 Pflanzenbilder, die Sie ab sofort
auf unserer Homepage finden können:
www.gudjons-apotheke.de
Klicken Sie dann auf “Pflanzenbilder”. Weiteres zu den
Pflanzenbildern finden Sie auf der letzten Seite dieses
Heftes.
IMPRESSUM
Herausgeber:
Gudjons-Apotheke, Wankelstrasse 1, 86391 Stadtbergen
Tel.: +49 821 4441000 • Fax: +49 821 4441001
e-mail: [email protected] • Internet: www.gudjons-apotheke.de
© Gestaltung:
Christian Korn, Feuerbachstrasse 6a, 84034 Landshut • www.apanoua.de
Abbildungen:
von den Autoren zur Verfügung gestellt.
Titelseite und Hintergrundbild Innenseiten: MEV
Vol. 9 / Nr. 1– 03/2007
I N H A LT
Nunc vos potentes omnes herbas deprecor,
exoro vos maiestatemque vestram,
quas parens tellus generavit
et cunctis gentibus dono dedit medicinam sanitatis.
Jetzt rufe ich euch an, ihr mächtigen Kräuter,
und ich flehe zu eurer Majestät: denn euch
hat die Mutter Erde erzeugt und allen Völkern
als Arznei zur Heilung geschenkt.
(Anruf der Rhizotome des Altertums, ehe sie sich ans Werk begaben)
zu finden mit Quellenangabe in
Julius Mezger Gesichtete Homöopathische Arzneimittellehre, Bd. I, 3. Seite
Editorial
...........................................................................
2
Arzneiherstellung im Labor Gudjons
von Brita Gudjons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 – 10
Erlebte Arzneien
von Dr. P. Strub, Dr. P. Mattmann,
Dr. B. Bichsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 – 16
Erlebnisbericht der Phosphor-Verreibung
von Dr. P. Strub. und Dr. J. Hodel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 – 19
Phosphor: In der Ambivalenz von Licht und Schatten –
Leuchten und ausgebrannt sein
von Dr. M. M. Hadulla und T.A. Pfeil . . . . . . . . . . . . . . 20 – 26
20 Jahre GUDJONS – Jubiläums-Angebote
Britas Bilder Bibliothek
...........
27 – 28
...................................................
29
1
EDITORIAL
m 9. und 10. April 1987 habe ich Mezereum, den Seidelbast, als erste Arznei
durch Verreibung der frischen Zweigrinde von Daphne mezereum auf C1, C2, C3
hergestellt. Diese Arbeit fand in der Apotheke am Atzelberg in Frankfurt zufällig zu
Hahnemanns Geburtstag statt.
A
Wie schnell sind diese 20 Jahre vergangen!
Die Zeit fließt schneller und schneller dahin. 24 Stunden sind
schon lange nicht mehr, was sie einmal waren. Immer wenn
ich von meiner Arbeit aufschaue, so wie ein Maulwurf, der gelegentlich einmal aus der Erde in das Tageslicht eintaucht, ist
wieder 1 Jahr vorbei.
Wie kann das sein? Was geht hier vor? Hat sich die Qualität der
Zeit verändert? Nach meinem Erleben ja.
In dieser Jubiläums-Ausgabe von Gudjons-aktuell finden Sie
eine Beschreibung der Entwicklungsstufen des Labors und die Geschichte meiner Arzneiherstellung, die zu einem guten Teil auch meine Geschichte ist.
Arzneiverreibung hat mein Leben ganz besonders geprägt. Frau Dr. Barbara Bichsel analysiert und erklärt die Arzneiverreibung aus dem Erleben und Denken heutiger homöopathischer Ärzte.
Die Veränderung der Zeitqualität sehe ich am deutlichsten in der Erweiterung des Bewusstseins der Menschen von heute, was sich auch in dem genannten Artikel andeutet.
Ein Geburtstagsgeschenk von Herrn Dr. Hadulla, ein Päckchen Phosphor, finden Sie auf
Seite 20 und die Geburtstagsbonbons an Sie, meine verehrten Leser und Freunde der Homöopathie, können Sie auf der letzten Seite auswickeln…
B. Gudjons
2
ARZNEIHERSTELLUNG
VON
IM
LA B O R G U D J O N S
BR I TA GUDJONS
ie Herstellung homöopathischer
Arzneien ist mit meiner Biographie so eng verwoben, dass ich beides nicht
mehr voneinander trennen kann. In diesem Sinne ist auch die Geschichte zu verstehen, die ich Ihnen hier erzähle.
D
Professor, waren sich darüber einig, dass es sich
dabei um etwas Obskures handele und man pharmazeutisch gesehen lediglich über die Verdünnungsunterschiede zwischen D- und C-Potenzen
und die Technik des Vorgehens beim Potenzieren
reden könne.
„Wir leben in einer ganz besonderen, jedoch sehr
Als junge Apothekerin bekam ich Mitte der 70er
gefährlichen Zeit, in der eiJahre eine nicht diagnosne neue globale Kultur altizierbare Erkrankung.
len Widerständen zum
Das war der erste Anlass,
Trotz allmählich Gestalt andie Methoden der Schulnimmt. Die Integration
medizin zu hinterfragen
menschlicher Kultur und
und alle zu dieser Zeit bemenschlichen Wissens ist
kannten naturheilkundlidie Herausforderung unchen Methoden kennen zu
serer Zeit. Es ist unbedingt
lernen. Dadurch kam ich
erforderlich, dass dieser
mit den Themen und MeProzess sich auf der Ebethoden der Heilpraktiker
ne der Wissenschaften vom
und Ärzte für NaturheilHeilen vollzieht. Heilen
weisen in Berührung und
bedeutet stets, zur Einheit
wurde 1978 selbst Heilfinden. Wenn unser heilpraktikerin. Eine dieser
kundliches Wissen nicht
„alternativen Methoden“
integriert werden kann,
war die Homöopathie.
wie können wir als MenDie Tür zur Homöopathie
Apotheke am Atzelberg in Frankfut am Main
schen untereinander zur
öffnete mir Dr. Mathias
Einheit finden?“
Dorcsi 1976 in einem Seminar in Baden bei Wien
Diese Zeilen, dem Vorwort eines Buches über ayurvedische Kräuterheilkunde1 entnommen, seien
als Einleitung gewählt, da sie ebenso für die Homöopathie gelten.
Als Mitte der 60iger Jahre die Entscheidung zu meinem Pharmaziestudium fiel, konnte ich die Integration menschlicher Kultur und menschlichen
Wissens weder denken noch ahnen. Mein Weltbild
wurde gerade durch das universitäre und materiell-mechanistische Denken strukturiert. Im Studienablauf gab es ein paar Tage, die der Homöopathie gewidmet waren. Alle Studenten, auch der
– und eine unglaubliche Heilung durch 3 kleine
weiße Zuckerkügelchen.
Die Vorträge von Dr. Dorcsi beeindruckten mich
derartig, dass ich in eine regelrechte Seminareuphorie verfiel. Dieser Zustand, scheinbar bedingt
durch den Eintritt in neue Welten, löste eine Sucht
aus, die ich nur durch Teilnahme an allen damals
angebotenen Homöopathie-Fortbildungen befriedigen konnte, angefangen von den Repertorisationskursen auf Spiekeroog mit Dr. Künzli, Dr.von
Ungern-Sternberg und Dr. Tiedemann, die Bad
Brückenauer A-B-C-Kurse und solchen im Kran-
3
AR Z N E I H E R S T E L L U N G
kenhaus für Naturheilweisen in München Harlaching unter Dr. Braun und Dr. Zimmermann bis
hin zu den Homöopathie-Tagen auf Schloss We idenkam von Dr. Stübler. Tagungen bei der Fa. Wala und Weleda eröffneten mir den Blick in die Geisteswissenschaften.
IM
LABOR GUDJONS
Die ersten zehn Jahre nach meiner Bekanntschaft
mit der Homöopathie konnte ich mich unglaublich darüber ärgern, dass ich nicht verstehen konnte, wie sie funktioniert. Dieser Ärger wandelte sich
langsam in dem Maße, wie ich bereit war anzuerkennen, dass sie wirkt, auch wenn ich nicht
wusste, wie! Das, was hier in drei Zeilen steht, war
ein jahrelanges, zähes Ringen, den Standort zu halten, der da hieß: der Mensch weiß alles und kann
alles, und wenn vielleicht auch nicht heute, so doch
sicher morgen, garantiert. Wetten, dass…
Die Bücherberge um mein Bett herum wurden immer höher. 1978/79 fing ich neben meiner täglichen Apothekenarbeit in einer Heilpraktikerpraxis mit dem Ausarbeiten von Anamnesen an, damals noch mit den Repertorisationsbögen, die der
eine oder andere
Diesen Standort
von Ihnen sicher
musste ich dann
noch kennt. Die
endlich aufgetägliche Beratung
ben, oder besser
in der Apotheke
gesagt, in einen
wurde zu einer
Ort der Demut
Homöopathieumwandeln, der
Beratung und danun heißt: Ich
mit zu meinem
weiß, dass ich
Rettungsanker.
nichts weiß.
Wie hätte ich
sonst ApothekeZu einem zenApotheke am Atzelberg in Frankfurt am Main
rin bleiben köntralen Thema
nen, wenn mir
wurde die Frage: „Was ist Materie? Was potenziemeine allopathischen Mittel und Ärzte nicht einren wir eigentlich? Und was geschieht mit der Mamal selber helfen konnten?
terie in diesem Prozess?“
In einem mir selbst zunächst unbewussten, langDie Berge der Bücher um mein Bett herum wursam fortschreitenden Prozess bildeten sich Wege
den noch höher….
zu den neuen Themen meines Lebens. Dieser ProDie Antwort auf die Frage: „Was ist Materie?“ suchzess war begleitet von einer Umwandlung meines
te ich bei den Schöpfungsmythen der verschiedeBewusstseins und Weltbildes: aus der Welt der Nanen Religionen und in der Physik, bei den Schaturwissenschaft meiner Studienzeit zu einer Welt
manen der Indianer und Hawaianer, bei Rudolf
der Energiestrukturen als Information in mateSteiner und Frau Blawatzki, bei Alchemisten und
riellen und materiefreien Zuständen und geistesin den Veden…
wissenschaftlichen Sphären.
Es ging auch darum, eine rational lineare Denkweise zu verlassen. Es ging um ein Bemühen eines nichtlinearen Vorgehens mit intensiver Sicht
auf das Ganze anstelle von Betrachtung und Analyse „mikroskopischer Teile“2.
4
Auf dem Weg von fester Materie zu Schwingungsmustern, von Naturwissenschaft zu Geisteswissenschaft fand ich Tore zu vielen verschiedenen
Welten in unserem Kosmos.
ARZNEIHERSTELLUNG
In all diesen Welten erhielt ich kostbare Geschenke
für meine spätere Arbeit mit den Pflanzen und Arzneirohstoffen.
Mit Staunen und Ergriffenheit lernte ich aus den
Büchern von indianischen Schamanen, wie dem
vom „Weißen Adler“, den Umgang mit Pflanzen
und allen Wesen der Natur.
IM
LA B O R G U D J O N S
Meine Lehrer der Homöopathie
Die Lehrer der Kurse A-B-C und anderer Tagungen waren, wie auch heute, unsere Therapeuten,
Ärzte und Heilpraktiker.
Sie waren bereit, alle erdenklichen Fragen zu beantworten. Durch mein intensives Verhältnis zur
Homöopathie und den Wunsch, ihr zu dienen, entCapra verblüffte mich mit der Aussage, das Entstanden persönliche Kontakte zu diesen Lehrern.
stehen der kleinsten Materieteilchen vorwärts und
Aus heutiger Sicht kann ich sagen, die Väter meirückwärts in der Zeit erinnere ihn an den Tanz des
ner Arzneiherstellung waren Dr. Klunker, Dr. StübShiva3.
ler, Dr. Gypser
und Raimund
Der “Tanz des
Friedrich KastShiva“ wurde zur
ner. Nichts, aber
Weichenstellung
auch nichts habe
in der Hinduich selbst erfunPhilosophie und
den. Ich habe alden Veden.
les nur nachgeBei Maharshi,
macht, Fragen
dem Meister vom
gestellt und die
Berg Arunachala
Antworten verarin Tiruannamalai
beitet. Eine beProf. Junius in der Apotheke beim Atzelberg
erkannte ich das
deutende Frage
„Ich bin“, das
war: Was macht die Qualität der Arznei aus?
mich zurück zur Mystik des Christentums führte.
Dr. Gypser wusste immer Themen in der HomöoYoganada half mir, ein nicht lineares Denken zu
pathie, die der weiteren Erforschung bedurften, um
akzeptieren.
„die Homöopathie dort auf feste Säulen zu stellen,
Bei Frau Dr. von Ungern-Sternberg in Bochum
wo der Untergrund sumpfig war“, wie er zu sagen
lernte ich die Bedeutung der Intention als entpflegte. Ulrike Schober, Andreas Grimm und ich
scheidende Energie zu erkennen, die den Wert der
bildeten eine kleine Arbeitsgruppe, die unter seiGedanken und Taten in unserem Leben bestimmt.
ner Anleitung unklare Quellen von Ausgangssubstanzen bearbeiteten. So entstanden die Artikel
Von Dora Schmidt–Nagel, die bekanntlich eine Anüber Bryonia, Murex, Causticum, Hekla lava und
hängerin der Hindu-Philosophie war, lernte ich,
die Spinnen, die in den Zeitschriften AHZ und KH
den Wert einer Arbeit mit der Arznei in einem meveröffentlicht wurden.
ditativen Zustand schätzen.
Das sind nur einige Beispiele, die sich nicht alle
auf die Vorbereitung zur Arzneiherstellung, sondern auch auf meine persönliche Weiterentwicklung auswirkten.
Herr Dr. Gypser hatte sich mit der Entstehung der
Repertorien und der Herkunft der einzelnen Teile aus Arbeiten verschiedener Ärzte, wie z.B. Hahnemann, Kent und Hering, genauer befasst und
5
AR Z N E I H E R S T E L L U N G
wusste daher, dass Prüfungssymptome gleicher
Arzneien aus Prüfungen verschiedener Ärzte
stammten und die Übereinstimmung der Ausgangsstoffe zur jeweiligen Arznei nicht immer gegeben war. Es ist ja leicht nachzuvollziehen, dass
der Therapeut die Arznei für seinen Patienten verwenden möchte, die die Symptome im Repertorium verursacht hat. Ein Gedanke, der den Autoren
des HAB zunächst fremd war. Hier ist zu erkennen, warum Hahnemann
seinen Patienten die Arznei
aus eigener Hand geben, ja
diese selbst herstellen wollte (§264, Organon der
Heilkunst, VI Aufl.).
Die Herstellung
Im Rückblick sehe ich deutlich, dass Lebensumstände,
Bekanntschaften, Informationen wie von unbekannter
Hand gesteuert, zur Herstellung von Arzneien nach Hahnemanns Vorbild führten.
IM
LABOR GUDJONS
zeugte mich, mit den Q-Potenzen anzufangen. Es
erschien mir auch logisch, die Arzneien herzustellen, die Hahnemanns letztem Entwicklungsstand entsprachen.
So entstand am 9. und 10. April 1987 Mezereum
als erste Arznei durch eine Lactose-Verreibung C1,
C2, C3 und den anschließenden Schritten, wie im
§270, Organon der Heilkunst, VI. Aufl., beschrieben. Damals war mir gar
nicht aufgefallen, daß der
10. April Hahnemanns Geburtstag war. In den folgenden 10 Jahren wurde Hahnemanns Geburtstag in jedem Jahr mit den Ärzten
meiner Umgebung ausgiebig gefeiert.
Beim Verreiben von Mezereum fühlte ich mich von einem heißen Wüstenwind
angeblasen. Beim Verreiben
von Symphytum entstand
der Eindruck, in ein wunderweiches, kühlendes Gel
eingehüllt zu werden.
Bei einer Feier am Bodensee 1983 hatte Dr. Klunker
Apotheke am Atzelberg in Frankfut am Main
Mit Dr. Gypser als Mentor
geäußert, es solle doch jeund Diskussionspartner
mand alle wichtigen Arzneien mit sauberer Dozum Thema „wie stellt man eine optimale Arznei
kumentation nach Hahnemanns Angaben herstelmit hoher Qualität her“, entstanden im ersten Jahr
len. Ich fühlte mich als einzige Apothekerin zwietwa 80 Arzneien bis Q 12. Die erste Beurteilung
schen den anwesenden Ärzten genauso angeder Wirkungsweise der Arzneien durch bekannte
sprochen wie 1976, als Dr. Künzli auf Spiekeroog
Ärzte fiel sehr gut aus.
sagte, es solle doch ein Apotheker in Deutschland
Auch nach Beginn der Arzneiherstellung besuchdie Hochpotenzen von Schmidt-Nagel importieren,
te ich Homöopathie-Fortbildungen. Oft begleitete
damit die deutschen Ärzte leichteren Zugang zu den
ich Dr. Gypser auf seinen Seminarreisen z.B. in die
Mitteln hätten.
Schweiz und nach Italien oder nahm an seinen
Nach meinem Kenntnisstand der besuchten FortFortbildungen in Baden-Baden und später an seibildungsveranstaltungen dachte ich zunächst an die
ner v. Boenninghausen Arbeitsgemeinschaft teil.
Herstellung von C-Potenzen. Peter Bartel über-
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ARZNEIHERSTELLUNG
Die Ausgangsstoff e
C-Potenzen entstanden erst ab 1988 durch Auflösen der C3-Verreibung nach einer Hahnemannschen Angabe (CK, Bd. 3). Von C4 bis C1000 wird
handverschüttelt im Verhältnis 1 Tropfen zu 100
Tropfen in eigens dafür hergestellten 7,5ml Flaschen. Mit diesen Flüssigkeiten werden Globuli direkt imprägniert: C6, C12, C30, C200, C1000. Später, nach HAB, wird die Verreibung bis C6 fortgesetzt und von da aus flüssig potenziert.
IM
LA B O R G U D J O N S
den weißen Dämpfe mit phosphorisierenden grünen Funken darin vermittelten das unheimliche Gefühl, in einer mittelalterlichen Hexenküche zu stehen. Essigsäure wurde aus Weinessig destilliert. Für
Calciumfluorit wurde das Mineral als Rohstoff ausgewählt. Graphit wurde aus einem Graphitstück hergestellt, das aus dem Museum der Graphitmine im
englischen Cumberland stammte (CK III S. 291).
Für die Rohsubstanz zu Hekla lava unternahm ich
eine Reise nach Island, wo sich der Vulkan namens
Hekla befindet. Aloe soccotrina
stammt von der Insel Soqotra, die im Indischen Ozean
s üdlich vom
Jemen liegt.
Diese Abenteuerreise
unternahm
ich in Begleitung von
Herrn Dr. J.
Wachsmuth, der
lange im Jemen gearbeitet hatte.
Die Ausgangsstoffe werden
sorgfältig nach den
Angaben in „Hahnemann:
Chronische
Krankheiten, Bd. 1-5
(CK)“ und
in „Hahnemann: Reine
Arzneimittellehre, Bd. 1-6 (RAL)“
ausgewählt und
frisch verrieben.
Ebenso wird mit
Die Mitglieder der Bönninghausen-Arbeitsgemeinschaft am 6. Mai 1995
Arzneien, die zu
Flüssigkeiten verim Parkhotel am Schloß in Ettringen/Eifel
Zeiten von Hering
fahren. Dabei wird
und anderen Prüfern Eingang in die Therapie fanein Tropfen einem Gran gleich gesetzt. Um die Zuden, wurden nach alten Synthesevorschriften von
sammensetzung der Ausgangsstoffe exakt mit der
Herrn Venzago, einem Schweizer Chemiker, im
der Erstprüfung in Übereinstimmung zu bringen,
Apothekenlabor der Apotheke am Atzelberg in
werden Hahnemanns Herstellungsvorschriften geFrankfurt hergestellt, die ich damals betrieb.
nau nachvollzogen. Es sollten die gleichen Ve r u nJede Arznei hat ihre eigene spannende Geschichte.
reinigungen entstehen, wie bei Synthesen in seiner Zeit. Phosphorsäure wurde aus Rinderkno1990 erteilte mir die zuständige Aufsichtsbehörchen hergestellt (CK V S. 79). Kalium carbonicum
de in Darmstadt auf Antrag eine Herstellungserüber eine Siedeperle, die sich im Keller über Winlaubnis nach Hahnemanns Arbeitsweise, die ich geter verflüssigte (CK IV S. 1). Phosphorus entstand
nau beschrieben mit Kopie der Originalliteratur
durch Verreibung von gelbem Phosphor mit aneingereicht hatte.
gefeuchteter Lactose (CK V S. 1). Die aufsteigen-
7
AR Z N E I H E R S T E L L U N G
Umzug nach Bayern
IM
LABOR GUDJONS
tionen, SOPs, Spezifikationen der Ausgangs- und
Endprodukte, Analysenergebnisse aller eingehenden Stoffe, Stabilitätsuntersuchungen von Teil- und
Endprodukten, sowie Anbruchstabilitäten, Wa rtungsverträge und Validierung der Geräte und verwendeten Software. Registrierungen und Ablage
von Dokumentationsblätter der täglich hergestellten Arzneien, auch wenn es nur eine einzige war
(mit je 3 Unterschriften) füllen nun meterlang die
Regale in Büro und Keller. Das dämpft den Enthusiasmus und die Arbeitsfreude erheblich, treibt
die Kosten in die
Höhe und verwandelt einen
Arzneihersteller
in einen Papierfabrikanten ...
1993 verlegte ich die Arzneiherstellung nach Stadtbergen in ein dafür eigens errichtetes Gebäude.
Dieses war unter der Beratung der Aufsichtsbehörde, der Regierung von Schwaben, nach den bestehenden Gesetzen gebaut worden. Die Beamten
der bayerischen Aufsichtsbehörde bestätigten die
Herstellungserlaubnis aus Hessen. Durch den Umzug und die Herstellung außerhalb der Apotheke
wurde ich zu einem pharmazeutischen Unternehmer und war dadurch den Gesetzen für Arzneihersteller unterworfen. Die zunehmend straffere Gesetzgebung
für Pharmazeutische UnternehAuf Betreiben eimer sorgte anhalnes Mitbewerbers
tend für Arbeit
wurde die Gültigdurch Umstellung
keit meiner Herin der Laborausstellungserlaubrüstung. Die Annis angefochten,
passung an die
Labor Gudjons in Deuringen
die ich anschlieGMP-Richtlinien
ßend nach einem
verlangte Luftfilter-Einheiten an den Arbeitsplätzen,
3-jährigen Prozess mit dem BundesgesundheitsKlimaanlagen, Einteilung nach Hygienezonen, weiamt verlor. Jetzt habe ich eine Herstellungsertergehende Dokumentationen der Arbeitsabläufe,
laubnis nach §13 AMG. In Deutschland kann ein
regelmäßige Schulung der Mitarbeiter und eine
Arzneihersteller seine Arzneien nur vertreiben,
unübersehbare Menge von SOPs (Standard Opewenn er nach dem gültigen Arzneibuch, in meirating Procedure = genaue Beschreibung aller Tänem Fall dem HAB, arbeitet.
tigkeiten im Hause einschließlich Putzbeschreibungen und Protokolle für tägliches Abzeichnen).
Das gültige Arzneibuch manifestiert die Interessen
Alle geforderten Punkte umzusetzen war nur durch
der pharmazeutischen Großhersteller und wurde
einen externen Berater möglich. Langfristig stellvon Pharmazeuten und nicht von Homöopathen gete ich einen versierten Kontroll- und Herstelschrieben. Es bedeutete für mich einen ziemlichen
lungsleiter ein.
Spagat, die Qualität zu halten. Weil ich angetreten
Es vergingen Jahre, bis alle Anforderungen der
diesbezüglich erlassenen Gesetze umgesetzt waren.
Das Labor benötigte danach 25-30 % mehr Mitarbeiter zur Pflege der geforderten Dokumenta-
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war als „die arzneiherstellende Hand Hahnemanns,
die die Medizin für den kranken Menschenbruder
herstellt“ (§265, Organon der Heilkunst, VI. Aufl.).
Wie kann man ein Küchensalz, das zu Hahnemanns
ARZNEIHERSTELLUNG
IM
LA B O R G U D J O N S
Zeiten wohl am ehesten ein Bergsalz war, durch ein
chemisch reinstes (!) NaCl ersetzen (CK IV, S. 347)?
Um nur ein Beispiel zu nennen. Alle bis dahin aufwändigen Unternehmungen, getreu unseren alten Klassikern zu
arbeiten, war damit nicht nur vorbei, sondern verboten.
übernommen und bei Wiederholen des Prozesses
vervielfältigt und verfeinstofflicht.
Ab 1998, im Zuge des BSE-Wahnsinns in Europa,
bedurften alle tierisch-organischen Arzneien, zu denen auch die Nosoden zählen, einer Registrierung für
den Vertrieb. Eine Registrierung bei unserer staatlichen Gesundheitsbehörde
zu erlangen, ist ein weiteres
großes und kostenaufwändiges Kapitel, das ich hier
nur andeuten möchte.
Nachdem ich zunächst ganz natürlich damit umgegangen war, wurde mir
plötzlich der außergewöhnliche Charakter dieses
Zustandes mit einem gewaltigen Schrecken bewusst. „War ich reif für die
Psychiatrie?“
Schon bei der ersten oben genannten Verreibung
von Mezereum
erlebte ich zu
meiner Überraschung eine Reihe
von Symptomen.
Gleichzeitig sah
ich wie in einem
Tagtraum Bilder,
Diese Tatsache
die im Zusamführte zu erheblimenhang mit der
chen Beulen in
Arznei zu stehen
meinem Emotioschienen. Es entEingang zum Labor Gudjons
nalkörper mit
wickelte sich ein
Folgen auf den physischen Anteil meiner We n i gFrage und Antwortspiel mit dem Wesenhaften der
keit.
Arznei, wobei die Antworten in Bildern erschienen.
Menschen wie Frau Dr. von
Ungern-Sternberg, Raimund Kastner und Dr. Stübler, denen ich den Verdacht
gestanden hatte, trösteten
Ve rreibungen
mich mit der Antwort: „Es
Den optimalen Aufschluss
ist alles in Ordnung, es hander Rohsubstanz erhält
delt sich um die Realität eiPapierkriegerin im Labor Gudjons
man durch eine Ve r r e iner anderen Ebene.“ Trotzbung, wie Hahnemann sie
dem habe ich ein paar Jahre lang nicht öffentlich
unter anderem in § 270 seines Organons der Heilüber diese Angelegenheit gesprochen.
kunst VI. Auflage beschreibt. Dabei werden die
Bei den täglichen Verreibungen entstand eine Art
Strukturen des Stofflichen auf eine geheimnisvolvon Begrüßungsritual und Bitte um Mitarbeit des
le Art und Weise vom Kristallwasser der Lactose
Arzneiwesens bei der Herstellung einer Arznei für
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AR Z N E I H E R S T E L L U N G
die Menschen. Mein Gruß war ein Strahl von Liebesenergie aus meinem Herzen, den ich in dem
meditativen Zustand bei der Arbeit genauso sehen
konnte, wie die Reaktion der Arzneiwesen und ihre Gaben, die sie auf meinen Wunsch in die Reibeschale legten. Alle Wesen reagierten mit Freude und Dankbarkeit. Gerade der
Ausdruck ihrer
Dankbarkeit hat
mich oft bis zu Tr änen gerührt.
Das Ergebnis dieser
Begegnungen sind
acht gefüllte Aktenordner mit Notizen
und Verreibeberichten sowie den Protokollen der Ve r r e ibe-Seminare für
Therapeuten, die
eben das selber einmal erleben wollten.
IM
LABOR GUDJONS
Bis heute weiß ich nicht genau, woher die Bilder,
die wahrgenommen werden, stammen.
Da ich den Namen der Arznei nenne, wenn ich die
Verreibung beginne, mag es das Energiefeld der
Substanz sein. Ein altes alchemistisches Geheimnis, das man in Goethes Faust lernen kann. Dr.
Stübler meinte, es
gehe auch biographisches Material
mit ein. Beim Ve r r e iben eines Krebsgewebes habe ich feststellen können, daß
mein Bewusstseinsfeld oder der Ort der
Wahrnehmung nicht
im Bereich meines
Körpers liegt. Vi e lleicht verbinden wir
Menschen uns mit
dem Feld der Ideen,
wie Plato das genannt hat.
Labor Gudjons – Ostansicht
Fussnoten:
1. S.1 Vasant Lad, David Frawley: Die Ayurveda PflanzenHeilkunde – Windpferd Verlag ISBN3-89385-002-3
2. S. eben da
3. Fritjof Capra: Das Tao der Physik, ISBN 3-502-67092-7
4. Causticum: Zeitschrift für Klassische Homöopathie
(ZKH)Bd. 33 1989 Heft 2 Haug Verl. Heidelberg
5. Murex: ZKH Bd. 36 Heft 2 1991 Haug Verl. Heidelberg
6. Mittel aus Spinnen: ZKH Bd 39 1995 Heft 5 Haug Verl.
Heidelberg
7. Hekla lava : ZKH Bd 37 1993 Heft 1 Haug Verl. Heidelberg
8. Bryonia: ZKH Bd. 35 Heft 2 1992 Haug Verl. Heidelberg
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ER L E B T E A R Z N E I E N
( D I E AR Z N E I M I T T E L F O R S C H U N G S M E T H O D E D E R I N T E R E S S E N G E M E I N S C H A F T
H OMÖOPAT H I E UND GEISTESWISSENSCHAFTLICH E RW E I T E RTE
HAUSARZTMEDIZIN)
VON
DR . P. S TRUB , DR . P. M ATTMANN, D R. B. BICHSEL
or 15 Jahren fanden sich im Anschluß an
Seminarien, die von Dr. A. Masi-Elizalde in
Deutschland und der Schweiz gehalten wurden, einige wenige interessierte homöopathische Ärzte,
um sich dem vertieften Studium der homöopathisch verwendeten Arzneimittel zu widmen. Im
Laufe der Jahre entstand daraus die Interessengemeinschaft Homöopathie und geisteswissenschaftlich erweiterte Hausarztmedizin. Aktuell ge–
hören der Gruppe Ärzte, Apotheker, Tierärzte und
Heilpraktiker an.
V
von Polychresten, damit wir diese besser verstehen und gezielter einsetzen können. Andererseits
möchten wir Arzneimittel erarbeiten, die in unserem Kulturkreis seit längerer Zeit als Heilmittel bekannt sind, aber schlecht oder gar nicht homöopathisch geprüft sind.
Im Herbst 2006 führten wir ein Theorie- und Methodikseminar durch, um im Hinblick auf die Darstellung unserer
Arbeit am LIGAKongress in Luzern im Oktober
2006 unser Vorgehen zu überdenken und zu
Anfänglich beardokumentieren.
beiteten wir die
Der nachfolgende
Arzneimittel nach
Text ist eine geden Vo r g a b e n
kürzte Fassung
von Dr. A. Masiunserer darauf
Elizalde. Im Lauverfassten MethoWährend des Methodikseminares, Casina della Burraia September 2006
fe der Arbeit wurdikschrift. Die dade uns bewusst, dass wir die Betrachtung durch
ran anschließenden Berichte vom Phosphorsegenaues Studieren der Ausgangssubstanz einerseits
minar sollen einen Einblick geben in Stimmung
und durch einen intuitiven Zugang zur Substanz
und Dynamik während eines dieser Seminarien.
andererseits erweitern müssen. Für letzteres drängKontakte zu unserer Gruppe sind möglich über
te sich die Verreibungsprüfung auf. Im Seminar
www.IGEH.ch
über Mandragora im Mai 2000 wurden wir von
Brita Gudjons in die korrekte Technik der ArzMethodik
neimittelverreibung eingeführt. Seither ist die VerFür die Verschreibung eines homöopathischen Mereibung bis zur C3 ein wesentlicher Bestandteil
dikamentes ist nach den Regeln der Homöopathie
während unserer Seminarien.
die Ähnlichkeit zwischenKrankheitsbild und
Seit 10 Jahren führen wir nun Seminarien zur Erdem Arzneimittelbild maßgebend. Ähnlichkeit
arbeitung von bekannteren und weniger bekannbezeichnet die Übereinstimmung im Wesen, die anten Arzneimitteln durch; u.a. bearbeiteten wir Nahand von charakteristischen, eigenheitlichen und
trium muriaticum, Sepia, Lycopodium, Phosphor,
besonderen Symptomen gefunden wird.
Kalium carbonicum, Quercus, Castanea, Taxus,
In homöopathischen Kreisen wird zwar immer wieDrosera und Hedera nach dieser Methode. Unseder darüber gestritten, ob dasArzneimittelbild
re Schwerpunkte sind einerseits die Erarbeitung
11
ERLEBTE ARZNEIEN
neben der Symptomenreihe seine Berechtigung
habe und vor allem, ob das Arzneimittelbild „hahnemannkonform“ sei oder nicht. Er selber spricht
zwar im Organon öfters von Krankheitsbildern und
dem Aufsuchen von ähnlichen Gegenbildern in der
Materia medica, nie aber explizit von Arzneimittelbildern. Wie auch immer Hahnemanns Auffassung darüber gewesen sein mag, wer den Begriff
“Ähnlichkeit” ernst nimmt und zwischen “ähnlich” und “gleich” so wie auch zwischen “Bild”
und “A b b i l d” zu unterscheiden weiß, der wird
einsehen, dass die Homöopathie nicht ohne Arzneimittelbilder
ausgeübt werden
kann. Unbestritten bleibt meist
auch, dass die
Homöopathie einer phänomenologischen Betrachtungsweise
entspricht.
So suchen die meisten Autoren aus der Fülle der
Symptome die – von ihrer Sicht aus – “auffälligsten, sonderlichsten, usw.” Symptome auf, um
von diesem Standpunkte aus, die übrigen darum
herum in Themen zu ordnen und zu interpretieren. Dabei ergibt sich meist ein einleuchtendes
Bild, sofern man gewillt ist, den Standpunkt des
Autors einzunehmen. Doch nur schon die Bildung
von Themen ist ein heikler Versuch, im Chaos der
Symptome Ordnung zu schaffen, denn das Ordnen
setzt eigentlich schon die Übersicht voraus, durch
die dieses Ordnen eben erst ermöglicht werden
sollte. Hier besteht die große
Versuchung, dass
der Mensch sich
gerne auf unbewusste Themen
stützt, die ihm nahe stehen (“LiebSo hat die Einlingsthemen”).
sicht, dass eine
So findet jeder
Während des Methodikseminares, Casina della Burraia September 2006
Ähnlichkeit nur
Autor seine eigezwischen Bildern
nen
Themen
wieder,
auf
denen
er sein Gedangefunden werden kann, immer wieder Homöopakengebäude
aufbauen
kann.
then dazu motiviert, die gegebenen Symptomenreihen zu einem allgemein gültigen Bild zu beleben.
Die meisten zeitgenössischen Homöopathinnen und
Homöopathen arbeiten mit sog. „Essenzen“, die das
Wesen der Arznei zu beschreiben versuchen. Für
die phänomenologische Betrachtung ist die philosophische Frage, ob einer Substanz ein Wesen zukommt, d.h. ob sie Bedeutung und Sinn hat, müßig, denn hier gibt es erkenntnistheoretisch keine
vom Subjekt unabhängige objektive Welt. Diese entsteht allein im Bewusstsein des erkennenden Subjekts, das stets intentional ist, d.h. auf einen äußeren oder inneren Gegenstand ausgerichtet ist. Wir
können die Dinge gar nicht erkennen, ohne ihnen
eine Bedeutung, einen Sinn zu geben.
12
Die Feststellung, dass von ein und derselben Substanz viele, oft sehr verschiedene Arzneimittelbilder entworfen werden können, sollte jedoch eine
Aufforderung sein, die Methodik zu hinterfragen,
denn ein eindeutiges und allgemein gültiges Bild
darf nicht vom Standpunkt eines Autors abhängen,
sondern einzig von der Substanz selber. Es muss
also eine Methode gefordert werden, die die Symptomenreihe eines Arzneimittels nach der W i r klichkeit der Substanz ordnet.
Die Arzneimittelbild-Forschung, die vom argentinischen Homöopathen Dr. Alfonso Masi-Elizalde
entwickelt wurde, war eine Antwort auf diese un-
ERLEBTE ARZNEIEN
befriedigende Situation. Masi bezeichnete die heuschreibungen, wie sie in tradierten Arzneimitteltige Homöopathie als ein „nouveau-né“, ein Neulehren nachzulesen sind, wegzukommen und pogeborenes: Die Methode steckt noch in den Ansitive Formulierungen zu finden. Zudem zeigte es
fängen. Wir kennen zu wenige Arzneien ihsich, dass eine Methode, bei der die Betrachtung
rem genauen Wesen nach. Masi beschäftigte
und das Erleben der Substanz in der Gruppe ins
sich auch mit weniger bekannten Mitteln (OligoZentrum gerückt wird, den Zugang zu den erchresten) und entwickelte eine wissenschaftliche
forschten Arzneien öffnete, auch dort, wo dieser
Methode, um – jenseits tradierter Arzneimittelbilfrüher verschlossen geblieben war.
der und Essenzen – zu einem neuen Verständnis
Im September 2006 veranstaltete die IG ein Theodes Wesens der erforschten Arzneien zu gelangen.
rie- und Methodik-Seminar in der Toscana. Das
Die wichtigsten Elemente dieser Methode sind:
Ziel dieses Seminars war es, Klarheit über meRückkehr zu den
thodologische
Quellen (Wortlaut
P rob le me zu
der Arzneimittelschaffen und die
prüfungssymptoAusformulierung
me), Themenbilder Methode zu
dung abgeleitet
realisieren. Daaus der Gesamtbei erkannten
wir, dass die Meheit aller Prüthode, die wir ohfungssymptome,
ne methodoloBeizug von Symgisch-philosophibolik, Wissen
sche Reflexion in
über die Subden Seminarien
stanz, Linguistik
Während des Methodikseminares, Casina della Burraia September 2006
von 1997 bis
usw., Essenzbil2006 entwickelt haben, in der phänomenologidung mittels der scholastischen Philosophie des
schen Philosophie exakt beschrieben wird.
Thomas von Aquin und der Theorie der Primärpsora, die auf der Idee eines spirituellen Mangels
beruht.
Phänomenologie lässt sich kurz wie folgt zusammenfassen:
Die frühere Zürcher Masi-Gruppe, die sich neu
„Interessengemeinschaft Homöopathie und geisteswissenschaftlich erweiterte Hausarztmedizin“
nannte, wandelte die Methodik von Masi in zwei
Punkten ab: Die spekulative Hypothese von der Primärpsora wurde aufgegeben. Es war wenig plausibel, dass die Arzneien ihre Heilwirkung basierend auf einem spirituellen Defizit entfalten sollen. Von nun an betrachtete die Gruppe das Bild
jeder Arznei als ein in sich vollkommenes Wesen. Wir versuchten von den negativ gefärbten Be-
Es ist der Versuch, Zugang zu einer Sache zu bekommen,
– indem die Forschenden vom unmittelbar Gegebenen (Erscheinenden) ausgehen
– ihre Subjektivität miteinbeziehen
– sich Vorurteilen enthalten
– die imaginative Variation anwenden (Beobachtung auf verschiedenen Ebenen und aus
verschiedener Perspektive)
– das Wesen einer Sache beschreiben oder erklären.
13
ERLEBTE ARZNEIEN
Die Erfahrungen aus unserer langjährigen Arzken kann und umgekehrt ein bestimmtes Sympneimittelforschung zeigen, dass eine Substanz
tom von den unterschiedlichsten Substanzen ersich auf drei verschiedenen Ebenen ausdrüzeugt werden kann. Der Schluss ist nahe liegend,
cken kann: auf der Ebene der Substanz, auf der
dass die Ordnung nicht in den Symptomen gefunEbene der Wirkung auf den Menschen und auf der
den werden kann und dass die Symptome eigentEbene der Symbolik und anderen Überlieferungen.
lich nur interpretiert und eingeordnet werden könDie dabei wahrnehmbaren Erscheinungen dieser
nen, wenn das Wesen der Arznei bereits erkannt
drei Ebenen sind untereinander kohärent, entziewurde.
hen sich aber jeder causalen Erklärung. Die in unEin weiteres Problem der Symptome liegt darin,
serer Arbeit verwendeten Ebenen sind folgende:
dass Symptome meist nur eine Pathologie ausdie Ebene der Substanz (chemische und physidrücken. Die philosophische Erkenntnis, dass das
kalische EigenBöse (Patholoschaften, Botanik,
gie) lediglich ein
Zoologie); die
Mangel an Gutem
Ebene der A r z(Gesundheit) ist,
n e i m i t t e l p r ümacht deutlich,
fungen ( S y m pdass die Patholotome beim Mengie allein nicht
schen); die Ebegeeignet ist, das
ne des geistesWesen einer Arzwissenschaftlinei zu beschreichen Materiaben. Das Arzneiles (Synonyma,
mittelbild muss
Etymologie, MyGespräche unter dem Eichenbaum am Seminarort
vielmehr als Te i lthen und Geaspekt der Geschichten). Man vergleiche dazu den Anhang über
sundheit verstanden werden können, so wie die
das praktische Vorgehen bei der ArzneimittelforSubstanz selber ja auch ein „Sein“ und nicht ein
schung.
„Mangel“ auf Erden ist.
Die Wichtigkeit der Betrachtung der drei Ebenen
wird u.a. durch die nachfolgenden Gedanken zur
Bedeutung der Symptome erklärt. Die Symptome
einer Arzneimittelprüfung sind Reaktionen der
menschlichen Lebenskraft, die offensichtlich
nicht nur in verschiedenen Bereichen wirkt (z.B.
Wachstum, Fortpflanzung, Gefühlsbildung u.a.),
sondern zusätzlich auch individuell verschieden
reagieren kann (mit Tumorbildung oder Entzündung, Destruktion, Depression, Aggression usw.),
so dass ein bestimmter Reiz auf die Lebenskraft
eine unüberblickbare Fülle von verschiedenen
Symptomen der menschlichen Pathologie bewir-
14
Zur Überwindung dieser eben geschilderten
Schwierigkeiten haben sich während unserer Arbeit folgende methodische Ansätze bewährt, die im
Wesentlichen den Forderungen der phänomenologischen Forschung entsprechen.
1. Die Erscheinungen einer Substanz auf den
drei Ebenen werden als gleichwertige Informationen betrachtet und gleichzeitig betrachtet.
2. Das Ordnen der gesammelten Symptome, Signaturen und Überlieferungen zu Themen muss als
Gruppenprozess durchgeführt werden. Dadurch
kann die Ebene des subjektiven Erlebens multi-
ERLEBTE ARZNEIEN
pliziert werden, was zusätzliche Schnittstellen der
Variation ergibt.
3. Das intuitive Denken erhält neben dem k a usal-analytischen Denken gleichwertigen Raum.
Abhängig vom Wesen eines Bildes und im Unterschied zum Gegenstand erfolgt das Erkennen des
Arzneimittelbildes nicht linear entlang der gefundenen Fakten, sondern ist geprägt von einem stetigen Wechsel zwischen Erfassen und Auflösen, einem Ausformulieren und Verwerfen des angestrebten Bildes. Auch hier hält die Gruppe von verschiedenen Menschen den Prozess in Gang. Für
das Verständnis dieses Prozesses kann auf die Monographie über
das Kochsalz (Natrium muriaticum) verwiesen
werden, denn es
entspricht dem
“solve et coagula”, dem fortschreitenden Prozess von Auflösen
Die Gruppenarund Ordnen. Hier
beit hat zudem
zeigt sich auch
deutlich gemacht,
d e u tl i c h d a s
dass es in der
Teilnehmer des letzten Seminares über Kalium carbonicum Februar 2007
Grundproblem
Forschung unabjedes konkreten
dingbar ist, sich auf klar definierte Grundlagen beFesthaltens und Ausformulierens eines Wesenhafziehen zu können. Dazu gehören nicht nur die Deten: Der Begriff ist beschränkt und entspricht nur
finitionen der Begriffe, sondern auch die eines
der halben Wahrheit, jedoch ohne Begriff kann das
Menschen- und Weltbildes. Die Erkenntnis, dass
Wesen nicht erfasst und vermittelt werden.
die Symptome nicht nur in sich auf körperlicher,
Das Wesen kann nicht in einem gemeinsamen, auf
seelischer und geistiger Ebene beim Menschen,
einem Gruppenkonsens beruhenden Text besondern auch mit den Signaturen (der Minerale,
schrieben werden, weil es auf dem intentionalen BePflanzen und Tiere) in der Natur kohärent sind,
wusstseinsakt eines jeden einzelnen Subjektes balegt ein Welt- und Menschenbild nahe, in dem die
siert. Worüber jedoch sinnvollerweise ein Konsens
Substanz ein Teil des Menschen darstellt. So haerzielt wird, sind die Themengruppen. Sie legen
ben die bisher erforschten Arzneimittel immer eiein grobes Rohmuster, von dem aus die einzelnen
nen ganz bestimmten Aspekt des menschlichen DaForschenden ihre individuelle Wesensbeschreibung
seins dargestellt, eine Voraussetzung, die beim
herleiten können. Aus diesen Gründen wird auf eiMenschen erfüllt sein muss. Die Substanz selber
ne zusammenfassende Ausformulierung des Wesens
verkörpert diesen Aspekt in vollkommener Art und
innerhalb der Gruppe verzichtet und die einzelnen
Weise; der kranke Mensch drückt ihn als GeBerichte nebeneinander stehen gelassen.
sundheit oder als Pathologie aus.
Die Zusammenarbeit in der Gruppe von mehreren Menschen hat sich bei der Erforschung eines
Arzneimittels in vielen Beziehungen als besonders
fruchtbar erwiesen. Die Gemeinschaft hat ihrem
Wesen nach die Möglichkeit, individuelle Lieblingsthemen, Anschauungen und Meinungen
(blinder Fleck) zu hinterfragen und nötigenfalls
immer wieder aufzulösen. Die erneute Formulierung muss dann allerdings wieder vom einzelnen
Menschen vorgenommen werden, so dass in
der Gruppe ein
Gleichgewicht
der Gemeinschaft
und Individualität
angestrebt werden muss.
15
ERLEBTE ARZNEIEN
Praktisches Vo rgehen
bei der Arzneimittelforschung
4. Erstellen der Themenliste
der Materia medica
1. Erste Begegnung mit der Substanz
Protokoll der Verreibeprüfung
Aufsuchen der Substanz (falls möglich in der Natur)
Themen aus bekannten homöopathischen Arzneimittelprüfungen
Betrachtung der Substanz
Beschreibung der Substanz
Genaue Beschreibung und Herkunft der für die
Verreibung verwendeten Substanz
Anschließend Verreibeprüfung mit diesem Material bis zur C3 (ev. C4).
Toxikologie
Andere medizinische Quellen
Erstellen der Themenliste der Materia medica aus den medizinisch-toxikologischen Quellen
5. Bildung der Themengruppen
Gemeinsames Aufschreiben des während der
Verreibung Erlebten, wobei die Äußerungen unzensuriert geäußert und möglichst wörtlich aufgenommen werden.
Die Themengruppen werden aus dem naturwissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen
Material und aus der Themenliste der Materia medica erstellt.
2. Betrachtung des naturwissenschaftlichen
Materiales (Materia physica)
Eine Themengruppe ist eine Zusammenfassung
von Themen, welche in sich wesensverwandt
sind. Die Erstellung des Zusammenhanges muss
unvoreingenommen und im Konsens der ganzen
Gruppe erfolgen.
Vorkommen, Morphologie, Stellung in der Evolution, Verhalten, physikalisch-chemische Eigenschaften, Verwendung usw.
Auffälliges, Spezielles, Individuelles der Substanz
erfassen und diese Stichworte in der Themenliste
der Materia physica festhalten
3. Betrachtung des geisteswissenschaftlichen
Materiales
Namen der Substanz und deren jeweilige Bedeutung, Mythologie, andere Geschichten oder Überlieferungen, Sprichworte, Bibelzitate, Symbole und
deren Bedeutung, alchemistische Betrachtung usw.
6. Synthese
Versuch, die einzelnen Themengruppen miteinander zu verbinden im „Solve et coagula“-Prozess. Stehenlassen der Betrachtungen der einzelnen Teilnehmer nebeneinander. Die Synthese sollte dem Leser ermöglichen, den erlebten Prozess
in der Gruppe nachvollziehen zu können.
Erstellen der geisteswissenschaftlichen Themenliste mittels der auffälligen Begriffe
Pierre Strub, Peter Mattmann, Barbara Bichsel
Kontakt-Website: www. IGEH . ch
16
ER L E B N I S B E R I C H T E
VON
DER
DR . P. S TRUB
ür die Herstellung des potenzierten Arzneimittels Phorsphor wird der weiße Phosphor verwendet. Meine ersten Versuche, Phosphor
direkt in seiner weißes Konfiguration zu erwerben,
wurden schnell und fast vorwurfsvoll abgewiesen,
sodass ich mich bald nicht mehr getraute, weiter
danach zu fragen. Es war als hätten alle eine Warnung aus dem Internet gelesen:
F
P H O S P H O RV E R R E I B U N G
UND
D R. J. H ODEL
Im Freien stellte ich die Utensilien für mein Vorhaben, den roten Phosphor in den weißen zu überführen, zusammen: Bunsenbrenner, gekrümmtes
Reagenzglas, Stativ, ein großes Becken mit Wasser, eine Schale mit Kupfersulfatlösung. Zudem
Handschuhe, Schutzbrille, alte Kleider und eine
Mütze. In voller Montur wollte ich beginnen, den
Phosphor im Reagenzglas zu erhitzen, doch ich
hatte die Zündhölzchen, um den Bunsenbrenner
zu entzünden, im Haus vergessen. Also Handschuhe, Schutzbrille und Mütze ausziehen und Beginn von vorne!
„Der weiße Phosphor ist hochentzündlich
(selbstentzündlich), hochgiftig, umweltschädigend und ätzend. Versuche mit ihm dürfen nur
im Freien oder
hinter Glas unIn der Hitze der
ter dem Abzug
Gasflamme beobdurchgeführt
achtete ich nun
werden. Rückendlich, wie der
stände sollen
rote Phosphor
restlos abgefalangsam unter
ckelt werd e n ;
R a u c h e n t w i c kkeinesfalls dürlung zu schmelfen sie im Hauszen begann, dann
müll entsorgt
durchglühte er
werden. ALLES
wie von einem
was mit ihm in
Lauffeuer erfasst
Phosphor
Kontakt gekomvon oben nach
men ist, wird mit Kupfersulfatlösung gespült,
unten, um sogleich wieder zu erlöschen. Ich hatdas in genügender Menge auch für den Notfall
te Herzklopfen. Während ich weiter erhitzte, schlug
bereit stehen muss. Phosphorspritzer hintersich allmählich ein gelblicher Belag am vorderen,
lassen tiefe, schlecht heilende Wunden. Bereits
nicht erhitzten Schenkel des Reagenzglases nieder;
50 mg können zu tödlichen Vergiftungen fühes sammelte sich dort eine flüssige, durchscheiren. Das unsachgemäße Zusammenbringen von
nende Masse! Ich verspürte ein Gefühl der FreuPhosphor mit anderen Chemikalien kann zu,
de und des Triumphes in mir und merkte erst nach
explosionsartigen Reaktionen führen. Phosphor
dem Abdrehen des Bunsenbrenners, dass ich die
ist keine Chemikalie für den Anfänger!“
ganze Zeit unter einer ungeheuren Anspannung
und Angst gestanden hatte, es könnte jederzeit etBin ich denn ein Anfänger? Ich bestellte also selbstwas Verheerendes geschehen. Sorgfältig löste ich
sicher und mit einer gut gespielten Selbstverdie erstarrte gelbe Masse aus dem Reagenzglas und
ständlichkeit gleich 100g, diesmal des roten Phosverschloss meinen Schatz in einem mit Wasser gephors, über eine Apotheke, die mir mit der gleifüllten Glasgefäß. Ich konnte die Nacht kaum erchen Selbstverständlichkeit den bunt mit Warnwarten, um das berühmte Phosphorleuchten meisymbolen beklebten Behälter aushändigte, als ob
ner gewonnenen Substanz zu sehen. Doch das kleiich 100g Kochsalz bestellt hätte. Ich war glücklich
ne abgetrennte Stückchen auf dem Fließpapier entund enttäuscht zugleich.
17
ERLEBNISBERICHTE
DER
täuschte mich sehr mit seinem unscheinbaren und
kaum wahrnehmbaren Leuchten. Nach einem
Weilchen begann es dann allerdings zu rauchen,
um sich unerwartet von selbst mit heller Flamme
zu entzünden und gleich wieder zu verlöschen.
Dann gewöhnten sich meine Augen wieder an die
Nacht und ich entdeckte plötzlich ein schwaches,
gespenstiges Leuchten im Garten. Mein zurückgelassenes Reagenzglas leuchtete in einem grünlichen Glanz still vor sich hin. Voller Begeisterung
rief ich die ganze Familie zusammen, um stolz mein
Zauberwerk vorzustellen. Wärmte ich das Glas in
meinen Händen,
wurde das kalte
Leuchten intensiver und schien die
ganze Umgebung
durchsichtig zu
machen. Dankbar
erntete ich die
Bewunderung
und das Staunen
meines Publikums.
P H O S P H O RV E R R E I B U N G
aber erloschen diese Erscheinungen; es wurde still
im Raum. Ich rieb nun mit äußerste Sorgfalt und
Behutsamkeit weiter mit dem Gefühl, das We r tvollste von Phosphor und zugleich meiner selbst
liege unscheinbar und verborgen in dieser meiner Schale. Manchmal meinte ich es nochmals
kurz aufleuchten zu sehen, wenn ich versunken
in die Leere blickte. Schaute ich aber bewusst hin,
um es zu finden, war alles erloschen und gewöhnlich.
Abends, nach getaner Arbeit der Protokollierung
der Verreibungssymptome, saßen
wir dann noch
lange zusammen,
sangen bis spät in
die Nacht Lieder
über die Liebe,
das Leben und
wieder über die
Liebe. Erst in den
frühen Morgenstunden mochten
wir die intensiv
Während des Verreibens von Kalium carbonicum, Februar 2007,
Ein paar Tage
erlebte Ve r b u nL'Aubier, oberhalb Neuchatel
später saßen wir
denheit und Gein unserer Arbeitsgruppe zusammen, um die Ve rselligkeit verlassen und der Müdigkeit nachgeben.
reibeprüfung durchzuführen. Beim Verteilen des
Pierre Strub
Phosphors befiel mich wieder das nämliche Gefühl von Angst, etwas könnte geschehen oder eben
nicht geschehen. Der Phosphor zeigte sich nun
rei unübersehbare Urlichter mischen sich
noch von einer anderen Seite: Aus den Schalen stiejeweils unangemeldet unter unsere Grupgen kleine Nebelschwaden und der Raum wurde
pe, wenn sich diese zweimal jährlich an irgendeiin kurzer Zeit von einem penetranten Geruch von
nem beeindruckenden Ort der „näheren UmgeKnoblauch erfüllt. Sämtliche Fenster mussten gebung“ seminaristisch trifft.
öffnet werden. Eine große Unruhe entstand, und
Unangemeldet, weil Sokrates, Hüter des Nichtals ein Teilnehmer gar entdeckte, dass seine Schawissens, Plato als Schauer des Ewigen in Lehrerle in der kleinen dunklen Besenkammer wie ein
schaft mit Aristoteles, dem Vertreter irdischer StofSternenhimmel leuchtete, wandelte sich die Unfeswelt, bereits und immer an Orten verweilen, wo
ruhe in Begeisterung und gar Wetteifern um. Alle
gefragt, geforscht, gedacht wird.
waren nun bestrebt, ihrem Phosphor durch ReiDieses Gestirn der Unübersehbaren, die, versehen
ben das schönste Leuchten und die bedeutungsmit dem Ausdehnungskoeffizienten der Unendvollsten Dunstschwaden zu entlocken. Allmählich
D
18
ER L E B N I S B E R I C H T E
DER
lichkeit, leicht zu Unüberschaubaren werden, weist
hin auf das erkenntistheoretische Axiom unserer
Arbeit in der homöopathischen Arzneimittelforschung.
Auf seinem Grund ankert eine phänomenologische, sokratische Betrachtungsweise der Substanz
in ihrer Erscheinungs- und Wirkungsform, ausgehend von einem vorurteilslosen Betrachter auf
der einen Seite, hingerichtet auf ein unmittelbar
Gegebenes vor jeglicher Erfahrung auf der anderen Seite. Der anschauenden Urteilskraft soll das
Geheimnis des
Dinges sich aussprechen, anlehnend an Goethes
Mahnung: „Man
suche nur nichts
hinter den Phänomenen, sie selbst
sind die Lehre!“
P H O S P H O RV E R R E I B U N G
bereiter der Geisteskräfte ins Materielle. In teils
disziplinierten, phänomenologischen Betrachtungen, vermischt mit ersten keimenden, imaginativen Bewusstseinsanstrengungen mutiert der Phosphorstoff zum Denkanreger, zum Lichtbringer, Verschmelzer oder Grenzenmissachter.
Oder er bleibt ganz bescheiden im Leibe sitzen als
Peiniger des linken Schulterblattes, ausstrahlend
zum Ellbogen, irdische Schwere mimend, oder
sich als Substanz hinverjüngend zum urphänomenalen Bild der Schöpfung und seiner Verwirklicher, als geistige
Umstülpung seiner Festigkeit.
Unbescheiden ist
nur unser Bemühen: sich zu lösen
von den Fesseln
angeborener
DenkeinschränDieser Grundeinkung und anerstellung offenbart
zogener Doppelsich die Substanz
blindheit, um sich
Pierre Strub, Peter Mattmann, Barbara Bichsel, Jürg Hodel
in ihrer paracelsidem goetheanisschen Struktur als
tischen Schauen
ein Oberes, Mittleres und Unteres oder, Theoübend zu verbinden im Urlicht der drei Unüberphrastisch ausgedrückt: als Sulfur, Mercur und Sal.
sehbaren.
Dieser Grundeinstellung offenbart sich auch der
Jürg Hodel
Mensch in seiner Dreieinigkeit, wenn er sich der
Substanz in der Prüfung hingibt. Es entsteht in der
gegenseitigen Bebilderung beider Triaden Ausdruck und Aussprache.
In dieser nach Oben erweiterten Wahrnehmungsund Denk-Atmosphäre wird ein Seminarleiter der
Phosphorverreibung zum Alchemisten, die Seminarteilnehmer zu Suchern nach dem Stein der Weisen, die Selbstentzündlichkeit des Phosphors zur
zündenden, wesenhaften Idee, die grüne Lumineszenz zum Rätsel.
Im Kreuzfeuer von Plato, Aristoteles und Sokrates,
im Abfragen nach Sal, Sulfur und Merkurprinzip
verwandelt sich rauchender Phosphor zum Weg-
19
IN
DER
P H O S P H O R:
A M B I VA L E N Z V O N L I C H T
UND
S C H AT T E N –
LEUCHTEN UND AUSGEBRANNT SEIN
VON
D R. M. M. H ADULLA, T. A. PFEIL
Etymologie
Der Name, die Bezeichnung, das Wort, gibt Auskunft über das Wesen des Namensträgers, den eigentlichen Archetypus.
Phosphor wörtlich übersetzt aus dem Altgriechischen heißt: Phos-pherrein
= „Licht tragen“ – Lichtträger und in der latinisierten
Form Lux ferrein (Luzifer),
ebenfalls „Licht tragen“ –
Lichtträger.
Ein Anfänger in der Homöopathie will gerne persönlich ein solcher Lichtträger sein oder zumindest
viele Phosphorzüge bei sich
entdecken, besonders
dann, wenn sie so schön beschrieben werden wie indem folgenden Zitat von W.
Gawlik (2):
Streichhölzer
enthalten roten
Phosphor –
schnell entzündet –
schnell verbrannt
„Phosphor-Persönlichkeiten strahlen Liebenswürdigkeit und Liebe aus, suchen
aber auch nach Liebe. Sie sind aufregend,
haben ein anziehendes Wesen und fesseln
ihre Umgebung. Man verfällt ihnen unter
Umständen mit „Haut und Haaren". Sie
sind sehr intelligent, sprühend, äußerst
wach, sportlich.
Abends sind sie in der leicht abgedunkelten Bar zu finden, wo sie ihre langen blonden Haare im Takt der Musik wiegen und
mittels eines oft sehr schönen Körpers Männer bzw. Frauen „angeln". Phosphor-Menschen in jungen Jahren scheinen manchmal „Angelhaken des Teufels" zu sein ...
20
Phosphor-Persönlichkeiten sind äußerst
sensibel und einfühlsam, können sich genau auf ihr Gegenüber einstellen und ...
sie verhalten sich rücksichtsvoll, überaus
großzügig und sehr hilfsbereit... extrovertiert und haben aufgrund ihrer Unterhaltsamkeit, Fröhlichkeit und Hilfsbereitschaft sehr viele Freunde. Kritik äußern sie
kaum. Kleine Schwächen sind für den Außenstehenden eher
amüsant und werden
durch die beständig
gute Laune von Phosphorus akzeptiert...
Die natürliche Offenheit bereitet großes Vergnügen, und die ausgestrahlte Wärme wird an
andere weitergegeben.
Herzlichkeit, Sensibilität und das Talent,
auch andere aufgrund
ihrer so guten „Gottesgaben" zu loben,
bringen den Phosphor-Menschen Dankbarkeit und Freude ein".
Phosphor hat sicher die hier so schön beschriebenen Charakterzüge. Eine Phosphor-Persönlichkeit kann aber auch das Gegenteil darstellen,
furchtbar niedergeschlagen, depressiv, verhärmt
und gleichsam ausgebrannt sein.
Auch hier wollen wir dem bekannten Homöopathen W. GAWLIK (2) folgen:
„Diese Trostlosigkeit, die sich bis zu einer
Abscheu vor dem Leben steigern kann,
führt zu tiefster Verzweiflung, die durch
IN
DER
PH O S P H O R :
A M B I VA L E N Z V O N LI C H T
UND
S C H AT T E N –
LEUCHTEN UND AUSGEBRANNT SEIN
unaufhörliches Weinen und tiefe Depressionen geprägt ist. In diesen Phasen besteht auch Suizidgefahr... Zeigt sich die
Schattenseite des Lebens nicht in jungen
Jahren durch Enttäuschungen, erfährt
Phosphorus sie sicher im Alter, wenn er der
Jugend weichen muß."
neralien: Apatit, Osteolith, Phosphorit. Auch die
Knochen enthalten große Mengen von Kalziumphosphat.
Organisch gebunden findet sich der Phosphor im
Eigelb und in der Hirn- und Nervensubstanz als
Lezithin.
Phosphor in der Ambivalenz von Licht und Schatten in der kompensierten (+) und dekompensierten (-) Form,
z.T. in ihren gegenseitigen Entsprechungen (© Hadulla/Richter)
Diese Ambivalenz zwischen Licht und Schatten tritt
somit schon durch die Namensgebung in Erscheinung.
Chemie, Vorkommen und Anwendung
von Phosphor
Phosphor gehört neben Stickstoff, Arsen, Antimon
und Wismut zur V. Gruppe des Periodensystems
der Elemente. Chemisches Zeichen: P. Atomgewicht
30,98. Drei- und fünfwertig.
Der Phosphor kommt in der Natur nicht in reiner
Form, sondern als phosphorsaure Salze vor, meistens als Kalziumsalz, dem Hauptbestandteil der Mi-
Neben dem weißen Phosphor gibt es auch eine rote Modifikation dieses Elementes. Der rote kann
aus dem weißen Phosphor hergestellt werden, indem man letzteren unter Luftabschluss oder in einem indifferenten Gas, wie Kohlendioxyd, auf etwa 250 Grad erhitzt. Der rote hat eine mikrokristalline Struktur, ist ungiftig, geruchlos, schwer entzündlich und in Schwefelkohlenstoff unlöslich. Er
leuchtet nicht im Dunkeln.
Früher fand der gelbe Phosphor zur Herstellung
von Zündhölzern Verwendung. Wegen seiner Giftigkeit wurde dies durch das Reichsgesetz im Jahre 1908 verboten. Auch bei den chemischen
21
IN
DER
P H O S P H O R:
A M B I VA L E N Z V O N L I C H T
UND
S C H AT T E N –
LEUCHTEN UND AUSGEBRANNT SEIN
Kampfstoffen (Phosphor ist einer der besten Nebelbildner) fand er Anwendung sowie leider auch
als Brandbomben, insbesondere bei der Anwendung durch die Engländer gegen Deutschlands
Städte im 2. Weltkrieg.
Arzneimittelbild
Die oben genannte Herleitung aus der Etymologie
zeigt schon die tiefe Doppelbödigkeit dieses großen Mittels: Auf der einen Seite das helle, wirklich reine Licht. Auf der anderen Seite das unreine, teuflische, gefährliche Licht, eben das Licht Luzifers.
Der berühmte amerikanische Homöopath und C.
G. JUNG-Schüler E. C. Whitmont (8) hat in diesem
Zusammenhang den Geisteszustand von Phosphor
mit einem inneren „Zwielicht" verglichen:
„Ein Wechsel zwischen hellem Bewusstsein
und Strahlen (Licht) in Gesellschaft und
zwischen Gedrücktheit und Erschöpfungen (Dunkel) bei Alleinsein."
Auch in unserer grafischen Darstellung von Phosphor (Abb.1) haben wir versucht, dieses Wesen herauszuarbeiten: „Im Zentrums-Kern der Phosphorpersönlichkeit stehen Leben und Helligkeit auf der
einen Seite und auf der anderen Seite Asche und
Dunkelheit, damit verbunden im Positiven „Ve rlangen nach Gesellschaft und Liebe" und im Negativen „Abhängigkeit von Gesellschaft und Liebe.”
Im oberen Teil von Abb. 1 sind dann die für Phosphor charakteristischen (positiven)-kompensierten Eigenschaften angeführt wie:
Vitalität
Lebensfreude
Offenheit
Empfindsamkeit (3)
Verstand
22
–
–
–
–
–
Heiterkeit (1)
Überschwänglichkeit (2)
Hilfsbereitschaft
Sensibilität (3)
Klugheit (1)
Dabei sind die Wertigkeiten aus dem Repertorium – falls vorhanden – in Klammern gesetzt.
Im Sinne der allem Lebendigen innewohnenden
Ambivalenz finden sich auch die passenden ( n egativen)-dekompensierten Entsprechungen:
Vitalität,
Ausgelassenheit (1)
–
Erschöpfung (3)
Lebensfreude, Überschwänglichkeit (2)
–
Angst, Furcht (2)
Offenheit,
Hilfsbereitschaft
–
Egozentrik, Eigenliebe
Empfindsamkeit,
Sensibilität
Verstand, Klugheit
–
–
Überempfindlichkeit (3)
geistige Erschöpfung (3)
Wenn Sie diese Abbildung länger betrachten, erkennen Sie noch mehr: Es ist ein Kreis, ein ursprünglich Ungesondertes, eine Einheit. Sie erinnert
uns daran, dass auch Luzifer zunächst ein Engel Gottes war und sogar als einer der mächtigsten Erzengel an seiner Seite stand. Vor seinem Fall befand sich
Luzifer noch in der Einheit mit Gott, und eine Aufspaltung zwischen Gut und Böse, zwischen Hell und
Dunkel, war noch nicht eingetreten.
Kompensierte Ausgestaltung
von Phosphor
Was zeigt uns Phosphor nun weiter an Geistes-, Gemüts- und was an körperlichen Symptomen?
Das Äußere der meisten Phosphor-Patienten erscheint uns als „fein“. Sie haben klare, offene Gesichtszüge, sind meist von schlanker Gestalt (nicht
zwingend), die Haare glänzen häufig weich und
seidig, und die Bewegungen sind unverkrampft locker, zum Teil sogar von eleganter Art. Insgesamt
geht von ihnen eine sympathische Ausstrahlung
aus; wenn man sie ansieht, erröten sie leicht.
IN
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UND
S C H AT T E N –
LEUCHTEN UND AUSGEBRANNT SEIN
Dazu das Symptom Nr.60 aus S. Hahnemanns Arzneiprüfung (7).
“Wenn sie einen Gedanken recht lebhaft
auffaßt, überfällt sie eine Hitze, als wäre
sie mit heißem Wasser übergössen.”
Am auffälligsten sind die Augen. Große Augen mit
langen Wimpern, wie man sie bei kleineren Kindern manchmal findet und die zur sofortigen Sympathie zwingen. Darüber hinaus sind diese Kinder
munter, anmutig, mit einem natürlichen Charme
und Flair ausgestattet, der bei günstigen Lebensumständen selbst im Alter nicht verfliegt.
Aus S. Hahnemanns (7) AMP das Symptom 75 :
“Heiterkeit, Freiheit des Geistes, wohlgemuthet, mit angenehmer Wärme im ganzen Körper, besonders an den Händen, die
ganz roth sind von Blut-Andrang; es ist
ihm Alles heller.”
Dieses schöne Äußere spiegelt ein angenehmes Inneres wider.
Doch nicht nur das Äußere dieser Patienten ist angenehm, die Phosphor-Menschen sind feinfühlig
für die Empfindung anderer Menschen, sie sind
gerne bereit, mit ihrem Gegenüber in lebhaften
Kontakt zu treten, mit dem anderen in Freud und
Leid mitzuschwingen; sie freuen sich mit dem, der
sich freut, und leiden mit dem, der leidet.
Dabei ist der Phosphor-Mensch ein guter, wenn
auch sprunghafter Unterhalter, ausgestattet mit guter Laune und Optimismus; wenn auch nicht mit
den pointiertesten Witzen, so besticht er besonders
durch sein humorvolles Wesen.
Humorvoll heißt in diesem Zusammenhang, dass
man nicht nur über die anderen – das könnte ja
Häme sein –, sondern auch über sich lachen kann.
Wo z. B. der Calcium-carbonicum- oder insbesondere der Natrium-muriaticum-Patient sich
schon verletzt fühlt und gekränkt ist, empfindet sich
der Phosphoriker auch noch im schärferen Witz
beachtet, wertgeschätzt und lacht mit.
Dabei ist Phosphor keineswegs leicht und oberflächlich , sondern tröstet gerne andere, findet dabei die richtige Tonlage und Stimmungen mit Worten und Gesten.
Er fasst sein Gegenüber gerne in der direkten Rede an, und sein Gegenüber lässt sich häufig auch
gerne anfassen. So überrascht es dann auch nicht,
wenn wir in der Materia medica finden: Fühlt sich
besser, wenn er „gerieben, berührt, angefasst und
massiert" wird.
S. Hahnemann (7) schreibt gleich zu Beginn seiner Ausführungen zu Phosphor:
“Phosphor, auf diese Weise gehörig potenziert, ist eine der unentbehrlichsten homöopathischen und vorzüglich antipsorischen Arzneien. Doch wird sie in Fällen
chronischer (unvenerischer) Krankheiten,
wo sich Mangel an Geschlechts-Trieben
und Schwäche der Zeugungs-Theile kenntlich macht, oder die weibliche Periode allzu spät zurückkehrt, selten angemessen
gefunden werden und ebenso wenig überhaupt bei allzu grosser Schwäche und Armuth an Lebens-Kräften. Sollte sie in letzterm Falle doch übrigens homöopathisch
passen, so muss bei ihrer Anwendung, um
die Kräfte möglichst aufrecht zu erhalten,
die Einflößung der Lebenskraft von einem
Gesunden (Mesmerism) mit zu Hülfe genommen werden, indem von Zeit zu Zeit
eine gutmeinende, kräftige, gesunde Person mit ihren Händen die Hände des
schwachen Kranken, mit auf ihn gerichtetem, mitleidigem und möglichst wohlwollendem Gemüthe, ein Paar Minuten
lang hält, oder sie auf den geschwächtes-
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LEUCHTEN UND AUSGEBRANNT SEIN
ten, leidendsten Theil seines Körpers auflegt unter Entfernung alles, die Aufmerksamkeit des Kräfte-Mit-theilers und des
Kranken störenden Geräusches umher
oder des Zudrängens And’rer."
Dieses Zitat belegt, dass Hahnemann auch andere
Heilmethoden neben seiner Homöopathie anwandte bzw. wertschätzte. Ganz im Gegensatz zu vielen seiner modernen Nachfolger, die sich häufig
päpstlicher als der Papst geben.
In gewisser Verbindung zu diesem Wunsch, magnetisiert zu werden, stehen bei Phosphor auch die
übersinnlich-telepathischen Fähigkeiten, die häufig bemerkenswert gut ausgeprägt sind.
Dekompensierte Ausgestaltung
von Phosphor
Es überrascht nicht, dass Phosphor-Menschen unbedingt geliebt werden wollen, es ist für sie das
eigentliche innere Bedürfnis, und sie wissen meistens sehr genau, wie sie die Sympathie und Liebe
ihrer Umgebung erlangen können (siehe hierzu
Abb. 1; „Verlangen nach Gesellschaft und Liebe").
Weil sie in diesem Bestreben erfolgreich sind, können sie ihrem Partner bzw. ihren Mitmenschen
auch viel geben. Scheitern aber diese Liebes- und
Harmoniebedürfnisse trotz aufrichtiger Bemühung, dann werden sie verzagt, unglücklich und
verlieren ihre innere Stabilität, sie verlieren im körperlichen und geistig-psychischen Bereich ihr
Gleichgewicht (siehe auch hierzu Abb. 1; „Abhängigkeit von Gesellschaft und Liebe").
Als Folgen zeigen sich Überempfindlichkeit, Ve rletzbarkeit, Misstrauen, des weiteren treten zahlreiche Ängste auf, die sich bis zur schweren Depression, ja bis zum Suizid steigern können (siehe hierzu Abb. 1; „Angst, Furcht").
Auch im körperlichen Bereich zeigen sich dann
negative Eigenschaften: Einmal fällt auf, dass die
24
Phosphor-Patienten bei zunehmender Belastung
oder auch nur bei größeren Anforderungen auf
einmal unruhig, zunehmend hektisch, fahrig werden können. Parallel zu geistigen Erschöpfungen
brechen sie auch körperlich zusammen. Ein Hinweis auf diese verminderte körperliche Belastbarkeit der Phosphor-Patienten, auch schon der
Kinder, ist, dass sie ihren „Mittagsschlaf" einfach
brauchen, um Energie aufzutanken. Der impulsive Phosphor-Patient wird bei Überlastung – weil
er nichts versäumen oder allen zu gefallen und gefällig zu sein will – fahrig, nervös und hektisch.
Parallel zu diesem Hektisch-Fahrigen, Nervösen,
oder nennen wir es auch mit einem gewissen äußeren Zwang „Paroxystischen", zeigt sich eine auffallende Empfindlichkeit gegenüber lauten Geräuschen, strengen Gerüchen und hellem Licht.
Umgangssprachlich könnte man sagen: alles geht
unter die Haut, alles geht auf die „Nerven".
Dazu passt das Symptom 35 der Hahnemann’schen
AMP (7):
“Überempfindlichkeit aller Sinne, besonders des Gehörs und Geruchs.”
Bei J. H. Clarke (1) ist zu lesen:
„Es ruft einen reizbaren Zustand hervor,
Erhöhung der geistigen Fähigkeiten und
einen Zustand, der Überanstrengung
folgt. Der Verstand ist wie alle einzelnen
Sinne zu erregbar und zu leicht zu beeindrucken. Wird leicht zornig und wird heftig; gerät vor Zorn außer sich und leidet
in der Folge körperlich. Zu anderen Zeiten ängstlich und ruhelos, besonders in der
Dunkelheit und bei Dämmerung (die Ruhelosigkeit von Phos. ist universell; der Patient kann keinen Augenblick stillsitzen
oder -stehen; sie gehört zu dem Zustand
der Reizbarkeit und danach folgt Apathie,
wenn der Zustand nicht unterbunden
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LEUCHTEN UND AUSGEBRANNT SEIN
wird). Bildet sich ein, Gesichter zu sehen,
die ihn aus den Ecken des Zimmers angrinsen. Solche Zustände findet man in Fällen, die durch Säfteverlust hervorgerufen
werden; durch Überanstrengung des Ve rstandes; durch sexuelle Exzesse und Masturbation, und sie nehmen die Form progressiver Paralyse an, mit
Größenwahn; und bei
Apoplexie und deren
Folgeerscheinungen“.
Neben dieser beschriebenen Exzitabilität, Impressionabilität und Hyperästhesie findet sich eine Reihe weiterer negativer Eigenschaften.
Herrschsucht zu beobachten; sie sind aber
kalt, hochmütig und abweisend, ihnen
fehlt die Herzlichkeit und Wärme der Phosphor-Menschen. Weiterhin finden wir bei
Phosphor-Menschen eine fast kindlich anmutende Eitelkeit, gepaart mit einem primär nicht bösartigen
Egoismus."
Ebenfalls bekannt ist, dass
Phosphor-Patienten vielfältige Ängste aufweisen,
die durch Alleinsein verstärkt werden. In der AMP
Hahnemanns (7) entsprechen dem die Symptome
15 bis 30:
„Traurig, bang, kleinmüthig. Angst, BanSo führten wir an anderer
gigkeit, als sey ihr leid
Stelle (5) hierzu aus:
um Etwas, öfter wiederkehrend. Aengst„Er möchte Einfluss
lichkeit und Hitze im
nehmen auf die Art
Kopfe, mit heissen,
und Weise, wie man
sie/ ihn glücklich ma- Phosphorus in der bildenen Kunst: Georges de la Tour: Die rothen Händen, öfters
chen soll, und hat die büßende Magdalenda, 1638-43. Dieses Bild verdichtet ge- wiederkehrend und
Tendenz, andere Men- radezu auf seltsame magische Weise die phosphorische Am- im Stehen scheinb a r
schen zu beherrschen: bilvalenz von Licht und Schatten, Jugend und Tod in einer erleichtert. Aengstliche
unentschiedenen, zwielichtigen Situation
Beklommenheit. Angst
zwar verbunden mit
zuweilen, Abends, wie
Zuneigung, Liebenswürdigkeit, Charme,
zum
Sterben.
Bangigkeit,
wie Ahnung von
Koketterie, aber auch mit großer „Power",
Unglück. Viel Beängstigungen, Abends.
Unbeirrbarkeit und Zielstrebigkeit. In dieAengstlich besorgt, wegen unglücklichen
sem Dominanzverhalten ist Phosphor
Ausgangs ihrer Krankheit.
sehr dem homöopathischen Arzneimittel
Lycopodium ähnlich, wobei jedoch u. a.
Angst und innere Unruhe, ohne erd e n k l iHerrschsucht, Hochmut, Schroffheit, Reizchen Grund. Aengstlichkeit und Unruhe,
barkeit und die extreme Kränkbarkeit von
mit viel Stirn-Schweiss und Hitze im KopLycopodium fehlen. Auch bei den attrakfe. Unruhe im Kopfe, Vormittags. Unruhe.
tiven, strahlenden Platin-Menschen ist eiUnruhig bei Gewittern. große Unruhe.
ne solche
Furchtsamkeit und Grauen, Abends. Grau-
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sige Furchtsamkeit, Abends spät, als sähe
aus jedem Winkel ein grässliches Gesicht
hervor. große Aengstlichkeit und Reizbarkeit beim Alleinseyn. Aengstlichkeit-Anfälle, wie unter der linken Brust, was sie
so peinigt, dass sie am ganzen Körper zittert, dabei zuweilen bittres Aufstossen und
Herzklopfen. Lebens-Überdruss."
Diese Ängste können dann bis in die Nacht, ja bis
in die Träume hinein gehen, so findet sich hier
schlechter Schlaf (s. S. Hahnemann, der ca. 60
Traum- und Schlafsymptome aufführt). Im einzelnen können die Träume wie folgt geprägt sein:
„Erdrückt zu werden, vernichtet zu werden, aus dem Leben entführt zu werden,
mit Todesangst, mit einer namenlosen
Angst und undefinierbarem Grauen."
S. HAHNEMANN (7) ergänzt hierzu im Symptom 1805
Folgendes:
„Träume von Räubern. Aergerliche Träume.”
Hier sind wir bereits tief im Schatten dieses Mittels angelangt, sozusagen im Totenreich: im Reich
Luzifers.
An dieser Stelle schließen wir unsere Arbeit und
übergeben die Fackel an den Leser, damit er bei sich
selbst schauen, erfahren und ausloten kann welche
Phosphoranteile er selbst bei sich findet, denn nur
was wir an uns selbst (er)-kennen und erfahren sehen wir auch an unseren Patienten.
Wir zeigten, dass Phosphor nicht nur der „Strahlemann“ sein kann – ja, die homöopathischen Arzneien wäre nicht von dieser Welt wenn sie nur eine
Seite verkörpern würden – alles ist polar angelegt,
auch die Homöopathie (siehe Abb.). Gut dokumentierte Phosphorus-Kasuistiken findet man in der
aktuellen Literatur [3]. Wer noch tiefer in Wesen und
Essenz der homöopathischen Arzneien einsteigen
möchte, dem sei unsere Literatur ans Herz gelegt [4].
26
Literatur
[1] Clark, J.H.: “Der Neue
Clarke” Eine Enzyklopädie
für den homöopathischen
Praktiker (10 Bände)
übers. von Peter Vint, Silvia
Stefanovic Verlag Bielefeld, 1990.
[2] Gawlik, Wilibald: Arzneimittelbild und Persönlichkeitsporträt. Konstitutionsmittel in der Homöopathie,
4. Aufl., Stuttgart 2002.
[3] Hadulla M., M., Richter, O., Fattahi, N.: 101 Krankengeschichten aus der Praxis für die Praxis, ML-Ve rlag, 2006.
[4] Hadulla, M.M., Richter, O.: Die homöopathischen
Arzneien, Bd.I, und II, ML Verlag, Uelzen 1999, 2002.
[5] Hadulla, M.M., Wachsmuth, J.: Homöopathische Archetypen bei Homer, Heidelberg 1996.
[6] Hadulla, M.M., Wachsmuth, J.: Homöopathische Archetypen bei Homer. Eine Archäologie der Seele, HaugVerlag, Heidelberg 1996.
[7] Hahnemann, S.: Die chronischen Krankheiten, Bd.5,
Heidelberg 1991.
[8] Whitmont, E.C.: Psyche und Substanz. Essays zur Homöopathie im Lichte der Psychologie C.G. Jungs, Göttingen 1988.
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