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2 3 “Freaks, geeks, nerds and losers, that’s who zines are made by.” (S. DUNCOMBE) Die grüne LCD Anzeige sagt 3:23 Uhr, grad von der DM Lesung in der Brause nach Hause gekommen. Jetzt macht es sich der Kater neben der Deadline in meinem Nacken gemütlich und freut sich schon auf morgen früh. Auf jeden Fall wieder mal ein schöner Abend mit Freunden und Bekannten. Und diesmal sogar ohne spucken... Aber mal ehrlich: wer kennt in seiner Heimatstadt bzw. seinem Heimatdorf die Legende eines Mädchens, dass von seinen Eltern „Rosa Schlüpfer“ getauft wurde? Würde mich brennend interessieren, bei uns kursierten allerhand Geschichten – die nicht. Oder kommt Nagel aus Wolkenkuckucksheim? Oder ist der schwip-Schwager vom Baron von Münchhausen? Bitte um Aufklärung. Apropos, im Hintergrund läuft „von wegen“. Was soll ich sagen? Muff Potter, vom Major glattgebügelt, in die Knie gezwungen nach so vielen Jahren, Seele verkauft? Dafür vom persönlichem Chauffeur zur Lesung fahren lassen und auf einer eigenen Flasche Wein bestanden? Nee, nee, keine Angst, war nur Spaß, super Album geworden, hab jetzt schon drei Ohrwürmer. „Wir können auch ohne Spaß Alkohol haben“ – spitze. Kommen wir zur vorliegenden Jubiläumsausgabe (das wird ja erwartet): Euch bleibt auch nichts erspart. Aber immerhin haben wir uns Zeit gelassen: neue und alte Jobs, Urlaube, Fußball sowie weitere Lesereisen standen im Vordergrund. Berlin zum Beispiel war auch sehr schön und eine Reise wert: ist für die Stimmung doch klasse, wenn der Veranstalter/Wirt einen ungefähr gar nicht begrüßt (auch wenn vielleicht ein komischer Trip, den er nie wieder losgeworden ist, daran Schuld sein mag...) und um halb neun noch keine Besucher, nicht mal Freunde („Ich komm dann gegen acht, spätestens!“ da sind. Zu allem Überfluss erzählt uns die Bedienung beim Abendessen, während sie die Pizzen serviert, dass der Pizzabäcker leider krank sei und sonst niemand wirklich wüsste, wie man die Dinger macht, wären vielleicht nicht so lecker... Recht hatte sie. Einziger Lichtblick soweit: der Träger Berliner Pils für 3,45 Euro. Danach ging es dann auch steil bergauf: super Abend, volles Haus, alle begeistert – die Hauptstadt war unser. Bizarres Ende der Nacht für die einen eine Pingpong Party mit komischen Pornoprojektionen, für die anderen „Didi, der Doppelgänger“ in englischer Synchronisation. Glücklicherweise zählte ich vorwort drachenmädchen drachenmädchen zu letzteren... Der auf der „nur“ ungefähr acht Stunden währenden Heimreise gefasste Vorsatz, einen Witz gegen Honorar in die „BZ“ zu bringen, gelingt Wochen später auch noch. Wir sind die Geilsten. Und kommen bestimmt bald auch in deine Stadt, dann gibt es kein Entkommen mehr. �������� Oops, schon wieder zwei Wochen vorbei, jetzt wird es aber wirklich Zeit. Mittlerweile läuft die Bundesliga wieder, Makaay, unser Tulpenknicker trifft schon wieder wie verrückt und Carsten Ramelow hat ne CD rausgebracht – die ich glücklicherweise noch nicht gehört habe. Aber schlimmer als der Ausflug von Jens Weißflog ins Musikbusiness, den ich gerade im Fernsehen ertragen muss, kann es nicht sein - bei allem Respekt. Apropos Fernsehen: Gestern abend konnte ich mich nicht entscheiden, wer nerviger und schlimmer ist: Thomas Gottschalk und seine schreckliche Deutschland vs. Schweiz vs. Österreich Patriotenschrott-Show oder aber der besoffene Elch. Bin mir bis heute nicht ganz sicher. Beide ganz weit vorne dabei, soviel steht fest. Auf jeden Fall wünsche ich nun viel Spaß mit dieser Jubiläumsausgabe. Nummer zehn. Maradona, Zico, Gullit – und wir mittendrin. Und wieder haben wir viele Freunde eingeladen, viele sind der Einladung mit Freude nachgekommen, wie ihr feststellen werdet. Danke an dieser Stelle an alle, die das Heft irgendwann irgendwie unterstützt und es zu dem gemacht haben, was es ist. Bestimmt ist am Ende nicht alles so geil und besonders geworden, wie wir mal gedacht hatten, dennoch bin ich mir sicher, dass zumindest wir selber die Ausgabe lieben und abfeiern werden. Und somit bleiben viele gute Ideen und Visionen nicht auf der Strecke, sondern nur in der Hinterhand – bleibt gespannt und freut euch schon mal auf die #11. In diesem Sinne aloha, Euer COMMANDER POSITIVE 3D ([email protected]) P.S.: Ich stehe total auf die RAKES, verreise immer mit Trolley (wieso auch sollte ich 15 Kilo auf meinem Rücken – oder noch besser: auf einer Schulter schleppen, wenn ich sie auch bequem hinter mir herziehen kann?) und war letzte Woche mit äußerst angenehmen sogenannten Promotanten – und Onkels ganz hervorragend feiern. Das musste ich an dieser Stelle schnell noch los werden... vorwort vom chief 4 I can‘t relax in Deutschland. vorwort 5 Einmal alles. Mit scharfe Soße. Das Projekt besteht zuerst einmal aus einem Sampler mit Buchbeilage. Oder einem Buch mit CD-Beilage? Auf der CD: Mouse on mars, Kettcar, Tocotronic, The Robocop Kraus, Kante, Die Goldenen Zitronen, Die Sterne, Von Spar, Stella, Lali Puna, Muff Potter, Knarf Rellöm, T.Raumschmiere, Superpunk, Lawrence, Bernadette la Hengst, Monochrome, Räuberhöhle feat. Saalschutz, Rhythm King and her friends, Peters feat. Egotronic. 77 min Spielzeit. Im Buch: Martin Büsser (Autor und Journalist: testcard, Intro, taz, konkret) und Roger Behrens (Autor: Die Diktatur der Angepassten [2003], Adorno-ABC [2003]). 56 Seiten. Erscheinungstermin ist der 29. August 2005. Infotext aus der Pressemappe des Projekts: „Die (deutsche Kultur-) Nation startet durch – aufgeschlossen, entkrampft, relaxt. Mit oder ohne Radioquote boomt deutsche Musik, der deutsche Film illustriert konsequent die Geschichte des eigenen Leids, Deutsch-sein punktet als hippster aller Lifestyles, Trendfarben rot-grün. Das Nationalteam 1. FC Deutschland kommt zu sich und entdeckt das positive Wir-Gefühl nicht mehr nur aus einer Standortlogik als Erfolg versprechende Marketingstrategie heraus, sondern baut auch das neue Selbstbewusstsein als geläuterte Kulturnation auf ein stolzes Wir-sind-wieder-wer. Neben dem guten alten Konservatismus setzt sich dabei zunehmend eine vorpolitische Stimmungslage durch, in der sich Popkultur und ein modernes, unverkrampftes Heimatgefühl zu einem geläuterten deutschen Identitätsverständnis verbinden; immer bedacht auf ein positives Image im Ausland, schließlich will ‚deutsch’ ganz vorne mitspielen: wirtschaftlich, geo-strategisch und eben auch kulturell. Zu dieser kulturalistischen Nationalisierungstendenz ist seit dem Wegbruch der so genannten Poplinken kaum eine öffentliche Gegenstimme wahrnehmbar. Auch das Modell Indie als scheinbar bessere Kultursparte und mögliche Gegenpositionsplattform hat ausgedient, die Nationalisierung zieht sich quer durch alle, auch ehemals linke oder subkulturelle Genres und Kulturen.“ Was mir zuallererst dazu einfällt: Mieze, die Sängerin der Band Mia gibt auf einer eigens eingerichteten Homepage Interpretationshilfen für ihren Text des Songs „was es ist“. Dieser Text hatte einiges an Wirbel verursacht, weil er „revisionistisch“ rüberkommt. Ich drachenmädchen setze „revisionistisch“ in Anführungszeichen, weil diese Vokabel heutzutage inflationär benutzt wird und man mit der Verwendung meiner Meinung nach behutsam umgehen sollte. Aus ihrer Eigeninterpretation lese ich heraus, dass sie sich der faschistischen Geschichte Deutschlands zwar bewusst ist, aber vor dem Hintergrund, dass, (vereinfacht und so in der Art auch vorgefunden), Deutsche heute viel Gutes für den Frieden tun, sie ein neues Bewusstsein erlangen möchte: ein gestärktes, positives Gefühl zur „Heimat“. Sie formuliert das so: „der tag vergeht und in hinsicht auf die gedanken, die ich mir in bezug auf mein verhältnis zu meiner heimat gemacht habe, fühle ich bewusster denn je“1. Nun ist ja ein „bewusstes Verhältnis“ bezüglich eigener Gedankengänge keineswegs per se mit Makel behaftet. Auffällig ist jedoch, dass diese naive Aufbruchstimmung einseitig ausblendet, dass aus „unserer Heimat“ Panzer in die Türkei verkauft werden oder reger Handel betrieben wird mit Staaten, die folternderweise Menschenrechte missachten bis hin zur Exekution. Mieze findet „dass deutsche überall in der welt arbeiten und leben und geschätzt werden für ihre art, und teilweise selber probleme mit ihrer herkunft haben. die kraft, diese ansicht zu ändern steckt in jedem selbst. es regt sich in mir das gefühl, dass ich nicht warten will, bis sich die veränderung vollzieht, ich muss es selber tun“. Soll heissen: man soll keine Probleme mit seiner Herkunft haben müssen. Die Kraft, die Ansicht zu ändern, man müsse Probleme mit seiner Herkunft haben, steckt in jedem von uns. Weg mit dem Ballast, kein Blick zurück, sondern nach vorn. „in diesem augenblick es klickt - leuchtet uns ein heller tag“2 , und wir streben einer goldenen Zukunft entgegen in der es uns an nichts mangelt und uns kein Leid geschieht, denn: wir sind ja die Guten. „Nationalismus artikuliert sich in Deutschland unter den Bedingungen Mitte als etwas Lebendiges, Aufgeschlossenes, Modernes.“ (Felix Klopotek in Intro 12/04) Meine Mutter sagt manchmal: „Kann man das nicht einfach alles vergessen?“ Sie ist des Themas müde. Ihr Vater hat im russischen Frost auf dem Weg zur Front seine Zehen verloren und Zeit seines Lebens daran festgehalten, dass ihm nichts besseres hätte passieren können zu der Zeit. Schließlich war ihm persönlich wenig daran gelegen, in einem völlig sinnlosen Krieg das alte „lieberDu-als-ich-tot-im-Matsch“-Spiel zu spielen. Ich soll also keine Probleme mit meiner Herkunft haben müssen. Natürlich habe ich selbst meinen Großvater nur als feinen Kerl kennengelernt. Und wenn er nichts erzählt hätte, wüsste ich heute nichts über die Einzelheiten dieses „Wahnsinns“ (O-Ton Opa). Und drachenmädchen setze „revisionistisch“ in Anführungszeichen, weil diese Vokabel heutzutag benutzt wird nie undeinen man Zweifel mit der Verwendung meiner Meinung nac der hat trotz allerinflationär persönlichen Verluste daran gelassen, behutsam umgehen sollte. Eigeninterpretatio n lese ich heraus, da wessen Schuld das alles war. Natürlich bin Aus auchihrer ich wenig begeistert, wenn sich der faschistischen Geschichte Deutschlands zwar bewusst ist, aber ich im britischensie Pub erstmal als Nazi identifiziert werde ob meines Akzentes, vor demauch Hintergrund, dass,als (vereinfacht und so in Warum der Art auch vorgefunde schließlich identifiziere ich Auschwitz Zivilisationsbruch. Deutsche heute vielwieder Gutesals fürunproblematisch den Frieden tun,oder sie ein also gilt „deutsch-sein“ heute eher garneues chic? Bewusstsein erlangen möchte: ein gestärktes, positives „Heimat“. Roger Behrens im Interview mit Beatpunk Webzine auf dieGefühl Frage, zur woher das Sie formul das so: tag vergehtkommt: und in „Ich hinsicht auf die reaktionäre Rollback in „der der Popkultur glaube, dassgedanken, sich dieserdie ich mir in bez auf mein verhältnis zunur meiner heimatdes gemacht habe,Wenn fühle ich bewusster de Rollback im Nationalismus äußert, ist die Spitze Eisberges. 1 . Nun ist ja ein „bewusstesnicht Verhältnis“ bezüglich eigener Gedankengäng Bands wie MIA je“ verschwinden, verschwindet mit ihnen dieses Phänomen, keineswegs perMainstream se mit Makel behaftet. dass diese naive weil die Überschneidung zum schon längstAuffällig gegebenist ist.jedoch, Das, was Aufbruchstimmun g einseitig dass aus „unserer sich bei MIA und anderen äußert, ist ja schon ausblendet, längst der Common sense derHeimat“ Panzer die Türkei verkauft werden oder reger Handel betrieben wird deutschen Angestelltenkultur und der hemdsärmeligen Sozialdemokratie. Im mit Staaten, d Menschenrechte missachten bis hin zur Exekution. Mieze fi Fernsehen wird folternderweise zum Beispiel durch Ostalgie-Shows die DDR-Geschichte „dass deutsche überall in der welt arbeiten leben und geschätzt werden wieder einverleibt, beziehungsweise zunichte gemacht. Manund kann ja vom ihreStaat‹ art, und teilweise selber probleme mitdieses ihrer Segment herkunft haben. die kraft, d ›antifaschistischen DDR halten was man will, aber ansicht zu kommt ändern steckt in jedem selbst. regt ganzen sich in mir das gefühl, dass der deutschen Geschichte interessanterweise bei es diesen nicht warten will,nicht bis sich veränderung vollzieht, ich muss es selber tun“ Renationalisierungen überhaupt vor.die Das wäre zwar nicht minder Soll heissen: man solleines keineimProbleme seiner Herkunft haben müssen. D problematisch, jedoch die Tradition Commonmit sense verankerten Ansicht zu ändern, man müssegeben Probleme mit gibt seiner Antifaschismus,Kraft, die es die auch aus einer linken Perspektive könnte, es Herkunft hab steckt in jedem von uns. Weg mit dem Ballast, kein Blick zurück, sondern na ja nicht.“3 vorn. „in diesem augenblick klickt - leuchtet unsgibt ein heller tag“2 , und wir Und passend zum deutschen Common Senseesohne Antifaschismus es dann einer goldenenim Zukunft der esQualität, uns an nichts dieses Geschrei streben nach Deutsch-Quote Radio. entgegen Niemand in fordert was mangelt un uns kein LeidHand geschieht, sind ja dieder Guten. „Nationalismus artiku viel offensichtlicher auf der liegen denn: würdewir hinsichtlich zweifelhaften, sichBeschallung in Deutschland unter den Bedingungen Mitte flächendeckenden unserer „Heimat“, nein, darum gehtalsesetwas Lebendiges, Aufgeschlossenes, Modernes.“denn (Felixdas Klopotek in Musik“ Intro 12/04) nicht. Zumindest wird es nicht so formuliert, „deutsche Meine Mutter sagtinmanchmal: „Kann man das nicht einfach alles vergessen? gleichzusetzen ist mit „Qualität“ Abgrenzung zu anglo-amerikansichem Sie ist des Themas müde. hat im russischen Frost auf dem Weg zur oder sonstwie ausländischem Schrott (wasIhr soVater selbstverständlich nie formuliert FrontSoseine Zehen verloren und Zeit des seines Lebens„Von daran festgehalten, dass wurde), ist implizit. ist nachzulesen im Bei-Buch Projekts: ihm nichts hätte passieren können zu der Zeit. Yvonne Catterfield, Smudobesseres (Die Fantastischen Vier), über Joachim WittSchließlich und war ihm persönlich wenig daran gelegen, in einem völlig sinnlosen Krieg das alte „lie Heinz Rudolf Kunze, bis hin zu den Abgeordneten des Bundestages oder gar Matsch“-Spiel zuindes spielen. Ichden sollQuell also keine dem NPD-BlattDu-als-ich-tot-im„Deutsche Stimme“ war man sich über der Probleme mit meiner Herkunft haben müssen. Natürlich habe ich selbst meinen Großvate Bedrohung einig. Das „dominante anglo-amerikanische Repertoire“ (Wolfgang nur als„weniger feinen Kerl kennengelernt. Und wenn er(Antje nichtsVollmer, erzählt hätte, wüsste Thierse, SPD) immer weltumspannende[r] Firmen“, ich „die heuteAllmacht nichts über Einzelheiten Kulturimperialismus“ dieses „Wahnsinns“ (O-Ton Opa). Un Die Grünen), also des die amerikanischen (ebd.) zerstöre das kulturelle Fundament des deutschen Wertesystems. Mit i can*t relax in deutschland 6 der Ablehnung so genannter seelenloser „Fabrikmusik“ wird so das bereits seit der Romantik in Deutschland präsente Vorurteil von der kultur- und geschichtslosen Neuen Welt fortgeschrieben.“ (S.10 ff) Lustig, oder? Und gleich ein bisschen weiter findet man auch die meiner Meinung nach höchst schlüssige Begründung, warum ich solcherlei Ansichten lustig finde: „Elvis Presley war, so drückte es die Spex 08/93 aus, nicht umsonst kein Deutscher, deshalb sollte man nie hinter die Erkenntnis zurückfallen, dass es ohne die Internationalität des anglo-amerikanischen Kulturimports wahrscheinlich keinen Ausweg aus dem Kulturmief der Nachkriegszeit gegeben hätte.“ (S.11) Allein die Idee, man könne Popmusik von anglo-amerikanischen Einflüssen bereinigen oder fernhalten, ist indiskutabel. Weder Mia noch Joachim Witt noch Heinz Rudolf Kunze oder wer da sonst noch so ist, können mir ihre Musik als „deutsch“ verkaufen, nur weil in deutscher Sprache getextet wird. Die Einflüsse lassen sich zurückverfolgen und man landet zwangsläufig im anglo-amerikanischen kulturellen Raum. Nun lässt sich darüber streiten, ob ein CD-Sampler mit Buch die richtige Form ist, um eine Öffentlichkeit für Diskussionen zu schaffen.der In Ablehnung so genannter seelenloser „Fabrikmusik“ wird so das bereits Internetforen findet man durchaus die Meinung, hier sei eine weitere linkeseit Platte der Romantik in Deutschland präsente Vorurteil von der kultur- und für den Selbstzweck gepresst worden, die man sich als bereits bekehrter Mensch geschichtslosen Neuen Welt fortgeschrieben.“ (S.10 ff) Lustig, oder? Und gleich in den Schrank stellt, um sich beruhigt auf der „richtigen Seite“ zu wähnen. einDa bisschen weiter findet man auch die meiner Meinung nach höchst schlüssige in der Pressemappe jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass man die Begründung, warum ich solcherlei Ansichten lustig finde: „Elvis Presley war, Diskussion durchaus in die Feuilletons tragen will, halte ich den Ansatz und so die drückte es die Spex 08/93 aus, nicht umsonst kein Deutscher, deshalb sollte Art der Durchführung für berechtigt und lohnenswert, denn der abschliessende man nie hinter die Erkenntnis zurückfallen, dass es ohne die Internationalität Gedanke ist meines Erachtens noch nicht weit genug vorgedrungen: „Der des anglo-amerikanischen Kulturimports wahrscheinlich keinen Ausweg aus rebellische Gestus, den so genannte Subkulturen mit sich führen, hat sich im dem Kulturmief der Nachkriegszeit gegeben hätte.“ (S.11) Allein die Idee, popkulturellen Rahmen und damit in bloßer Symbolik von der umstürzlerischen man könne Popmusik von anglo-amerikanischen Einflüssen bereinigen oder Geste zur konformistischen Plakette gewandelt. Die Pop-Dissidenz endet eben fernhalten, ist indiskutabel. Weder Mia noch Joachim Witt noch Heinz Rudolf doch bei einem frechen Haarschnitt.“ (S.13). Und das sollte wenigstens einmal Kunze oder wer da sonst noch so ist, können mir ihre Musik als „deutsch“ erkannt werden. Dann sehen wir weiter. verkaufen, nur weil in deutscher Sprache getextet wird. Die Einflüsse lassen Umfangreiche Information über das komplexe Thema befinden sich im Netz sich zurückverfolgen und man landet zwangsläufig im anglo-amerikanischen unter: http://www.icantrelaxin.de kulturellen Raum. Nun lässt sich darüber streiten, ob ein CD-Sampler mit Buch Kontaktaufnahme möglich unter: [email protected] die richtige Form ist, um eine Öffentlichkeit für Diskussionen zu schaffen. In Internetforen findet man durchaus die Meinung, hier sei eine weitere linke Platte 1 http://www.r-o-t.de/wasesist.html für den Selbstzweck gepresst worden, die man sich als bereits bekehrter Mensch 2 textauszug: „was es ist“ von Mia in den Schrank stellt, um sich beruhigt auf der „richtigen Seite“ zu wähnen. Da 3 http://www.icantrelaxin.de am 15.4.05 in der Pressemappe jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass man die Diskussion durchaus in die Feuilletons tragen will, halte ich den Ansatz und die Art der Durchführung für berechtigt und lohnenswert, denn der abschliessende puffi und kevin drachenmädchen Gedanke ist meines Erachtens noch nicht weit genug vorgedrungen: „Der rebellische Gestus, den so genannte Subkulturen mit sich führen, hat sich im 7 Ende August erscheint auf Unterm Durchschnitt der Sampler „I Can’t Relax In Deutschland“ der sich mit gestärktem Nationalbewusstsein in der Gesellschaft und speziell der Popmusik beschäftigt. Eine der Bands die ein Lied dazu beisteuerten sind die PETERS aus Hamburg. Über die Ziele und Erfolgschancen des Projektes, ihre persönlichen Empfindungen gegenüber ihrem Heimatland und die Kollabo mit EGOTRONIC sprachen sie im Interview. Die einen beobachten seit Jahren ein zunehmendes gestärktes „deutsches Selbstbewusstsein“ in der Gesellschaft, für andere Menschen mag dies erst auffallend sein, seit Radio-QuotenDiskussion, bestimmten Berliner Rappern oder „Wir sind Papst“Geschichten. Bei euch speziell, wo war da der Punkt im Kopf, an dem man sich sagte, das nimmt immer mehr Überhand, das birgt Gefahren, da wollen wir was tun? Also das war genau am 8.5.2000. Nee, Quatsch. Tja, da gab es eigentlich keinen bestimmten Zeitpunkt. Man konnte zwar nie einen positiven Bezug zu Deutschland herstellen und sicherlich hat sich dieses Gefühl auch in den letzten Jahren mit der Politik und dem neuen Großmachtstreben der rot-grünen Regierung noch mal verstärkt, doch man muss ja sagen, dass wir nicht die Idee hatten, mit diesem Sampler ein Statement dagegen zu setzten. Das waren halt Andi und Tobi. Und als wir gefragt wurden, ob wir da mitmachen wollen, sagten wir natürlich gerne zu. Wo liegen deiner Meinung nach die Gründe, für ein widererstarktes Wir-Gefühl in Deutschland und der damit einhergehenden verbreiteten Meinung, die Vergangenheit endlich anders zu sehen und neu zu bewerten? Ich bin da wohl wie viele der Meinung, dass Menschen besonders in Krisenzeiten für nationale Ideen empfänglich sind. Wenn der sogenannte „Wohlfahrtskapitalismus“ deutliche Risse bekommt und das Ende eines Aufschwunges erkennbar ist, wird von Politik von Medien versucht, das eigentliche Problem zu überspielen, und stattdessen andere Sündenböcke zu finden. Bei 5 Millionen Arbeitslosen braucht man dann halt erst mal wieder neues Selbstbewusstsein. Die Leute haben Zukunftsängste und eine vorgegaukelte Volksgemeinschaft soll ihnen dann Schutz und Geborgenheit vermitteln. Das Boot ist dann halt voll. Da ist den Leuten dann nichts drachenmädchen zu schade, um sich selbst wieder aufzuwerten und vom Eigentlichen abzulenken. Dieses sich „wieder besser machen“ geschieht meiner Meinung besonders stark durch die Abgrenzung zu den USA. Und dadurch entsteht oft ein völlig unreflektierter Antiamerikanismus. Gut gegen Böse. Es ist wieder salonfähig geworden ein anderes Land zu hassen und das finde ich sehr bedenklich. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Menschen Gefühle wie Stolz, Patriotismus oder auch Geschichts-Revisionismus überhaupt nicht mit rechtem Gedankengut in Verbindung bringen, es also für sie da auch gar kein Problem gibt. Da ist man zwar „Gegen Nazis“ und „Wählt nicht Stoiber“, nimmt dann jedoch in Diskussionen über z.B. Immigration oder Patriotismus die genau andere Position ein. Meinungen gegen rechts können so neben einem „Wir sind wieder wer“-Gefühl existieren und die Menschen sehen da drin gar keinen Widerspruch. Mit dem Sampler wird darauf hingewiesen, dass sich „rechts“ nicht nur durch Glatzen und ähnliches definiert. Ich finde dies am wichtigsten, den Leuten das klar zu machen, um sie überhaupt zu sensibilisieren. Meinst du, dass die Thematik aus der Richtung ausreichend genug angegangen wird? Ich finde schon. Das Anliegen des Samplers ist ja schließlich nicht, ein Statement gegen die offensichtlichen Nazis zu setzen, sondern man will ja gerade darauf aufmerksam machen, dasz sich nationalistische Tendenzen durch alle Bevölkerungsschichten und politische Lager ziehen. Gerade auch bei den sogenannten Linken finden sich ja auch solche Tendenzen, dasz man kein Problem mit Deutschland hat. Bands wie Mia., die von Vielen dem linken Spektrum zugeordnet werden, wollen die Geschichte beiseite schieben und beziehen sich wieder positiv auf Deutschland. Und auf diese Gefahren weist der Sampler meiner Meinung nach auch ganz deutlich hin. Wenn ihr an Deutschland denkt, was empfindet ihr da? Kommt es in Gesprächen auf das Thema, wie würdet ihr antworten? Ehrlich gesagt empfinde ich weder besonderen Hass, noch Liebe oder sowas wie „Stolz“ für das Land „Deutschland“. Warum auch? Wenn man sich allerdings die Geschichte vergegenwärtigt, hat natürlich gerade Deutschland einen sehr faden Beigeschmack. Auf Staatsangehörigkeit stolz zu sein, wie interview mit peters 8 geht das? Welche Gründe sollte es dafür geben? Dieses Heimatgeschwätz geht für mich auch nicht klar, denn ich mache meine Heimat doch nicht an einer Nation fest, eher schon an „Home is where your heart is“ und so, also meinem unmittelbaren Umfeld. Musiker melden sich ja immer wieder zu politischen Themen zu Wort. Meistens erreichen ihre Aktionen jedoch nur die Fans und vielleicht noch die Leser von irgendwelchen Promi-Seiten im Boulevard. In wie weit denkst du, dass I CANT RELAX IN DEUTSCHLAND mehr Leute als nur Musik-Interessierte und Fans der Bands ansprechen wird? Oder um noch ein wenig weiter auszuholen: Ob überhaupt neue Leute für die Thematik sensibilisiert werden, oder es dann doch nur die, die sich eh damit auseinander setzen, anspricht? Dadurch, daß auf dem Sampler - mal abgesehen von uns - ziemlich bekannte Bands sind, die jetzt nicht nur das „linke Spektrum“ bedienen, sondern auch ein Publikum, welches sich mit den Themen, die der Sampler anspricht, aus welchen Gründen auch immer noch nicht auseinander gesetzt hat. Angedacht war ursprünglich, daß alle Bands der Compilation jeweils ein unveröffentlichtes oder exklusives Stück beisteuern, um die Verkaufszahl und damit auch den Wirkungskreis des Themas erheblich zu vergrößern. Leider hat das so nicht geklappt, da viele Songs bereits vorher als Single oder so erschienen sind... Naja, wie dem auch sei. Jedenfalls denke ich, daß ein bestimmter Teil der Fans von z.B. Kettcar oder Tocotronic, die ja immerhin den Sampler erstmal kaufen, weil dort ein Song von eben jenen drauf ist und nicht der Thematik wegen, erstmals damit vertraut gemacht werden und so darüber reflektieren können und es vielleicht auch weitertragen werden, um Diskussionen mit Freunden etc. auszulösen. Außerden wird es hoffentlich durch die vielen bekannten Bands ein größeres Echo in der Öffentlichkeit geben und damit auch eine breitere Auseinandersetzung in den Medien stattfinden. Ein weiterer Punkt ist, daß der I CAN‘T RELAX IN DEUTSCHLAND-Sampler ein unkonventionelles Format ist, weil es keine normale CD mit ein paar runtergeschriebenen Gedanken im Booklet ist. Allein aus visuellen Gründen sollte sich die Buch-CD im Handel schon von den anderen herkömmlichen CDs abheben und auffallen. interview mit peters von kevin 9 Euer Beitrag für den Sampler, ist eine Kollabo mit Egotronic. Wie habt ihr das Lied geschrieben und wer kam überhaupt auf die Idee der Zusammenarbeit? Andreas von Unterm Durchschnitt bot uns gleich zu Anfang der Planungsphase an, ein Lied beizusteuern. Also haben wir dafür relativ früh einen Song im Studio aufgenommen, der musikalisch jedoch nicht so richtig fertig war. Gleichzeitig wollte die BLACKSTAR CONSPIRACY aus Leipzig die Berliner Egotronic mit auf den Sampler haben, die ebenfalls früh zusagten. Daß so viele populäre Bands, welche die Öffentlichkeit aufmerksam machen sollten, tatsächlich zusagen würden, war zu dem Zeitpunkt noch gar nicht abzusehen. Und als ein paar Tage/Wochen/ Monate später etliche Zusagen kamen, war dann doch nicht 100%ig klar, ob wir noch bei der Compilation dabei sein würden, da sich das „Sampler-Kommitee“ nicht einig war, wer letztendlich auf den Sampler kommen sollte. Andreas machte schließlich den Vorschlag, unser Stück von Egotronic überarbeiten zu lassen bzw. zu elektronifizieren. Irgendwie hat das alles zusammengepasst, weil es um einiges cooler geworden ist und sie es quasi komplettiert haben. Wie sehen die weiteren Veranstaltung bezüglich des Samplers aus? Habe bisher nur von Konzerten/Info- Veranstaltungen gehört. Und wie weit seid ihr da eingespannt ? Im Vorfeld haben Torben und Jörg eine solche Veranstaltung zur Finanzierung von I CAN‘T RELAX in Hamburg organisiert, auf der drei Bands spielten, die auch auf der CD vertreten sind. Ähnliche fanden bereits auch in anderen Städten statt und werden vornehmlich von den Organisatoren des Samplers bzw. in irgendeiner Weise beteiligten Leuten veranstaltet. Es gibt allerdings auch Interesse von einigen Unabhängigen, die das Projekt unterstützen wollen und selbst Abende mit Podiumsdiskussion und Konzert veranstalten, was ich schon echt super finde. Man kann dabei nur hoffen, daß die ursprüngliche Intention dabei nicht aus den Augen verloren bzw. zu anderen Zwecken missbraucht wird. Ab Semptember, also nach dem offiziellen Release, startet dann eine Reihe von Konzert-Diskussions-Partys im Rahmen des Projekts. drachenmädchen drachenmädchen vorwort testsieger und nils damage drachenmädchen sind mit kleinen tapestreifen versehen. oder aber auch, man weiss doch einfach wie was klingt; kennen unsere boards ja mittlerweile ganz gut. n.damage>>>das habe ich schon verstanden und mir auch jetzt mal gemerkt.... wie lange habt ihr denn so insgesamt an dem album gearbeitet? ich brauch für ne lp mit allem drum und dran sowas bei zehn monaten rum. bei euch war das dann doch etwas zeitaufwendiger?! siegercrew>>> mit unseren grundsätzlichen argen zeitproblemen, haben wir so round about gute zwei jahre dran gwerkelt, gefeilt und soviel gute songs zusammen getragen, dass es für nur eine cd zu wenig war. das debutalbum soll ja man dann auch immer mit das beste werden. wann kommt denn dein erstes studio doppelalbum raus herr nilson??! n.damage>>> bestimmt demnächst! mal den herrn peter trash fragen.... aber weiter im text; ihr seid ja man nicht gerade hartz IV empfänger und hab echt permanent nen arsch voll zu tun, sogar der herr echolotse wird endlich nen testsieger-papa. wie bekommt ihr das so auf die reihe, wie lassen sich studium (puuaaah...>>>n.damage), eure musikjobs und privatleben miteinander vereinbaren? siegercrew>>>schlecht. ganz schlecht sozusagen. aber insgesamt nur ein focus problem. wenn wir das, was wir an zeit und arbeit in unsere theatergeschichten und andere bands stecken, nur in testsieger investieren würden, dann wären wir mit sicherheit ein ganzes stück weiter wie jetzt. aber andererseits ist es eine stärke von uns, dass wir anderen einflüssen offen gegenüber treten und das wir so breit gefächert arbeiten. wir haben also nicht wirklich soviel zeit um testsieger allein voran zu bringen, was aber auch mit sich bringt, dass dadurch so viele verschiedene einflüsse einfliessen, das es dumm wäre dies zu bedauern. durch die theaterarbeit z.B., was nicht nur extrem interressant ist sondern auch noch die nötige kohle einbringt, können wir uns dann auch finanzieren, wieder neue instrumente kaufen und aufnahmen bezahlen. dadurch ist alles etwas entspannter und wir haben keinen n. damage >>> jungens, fangen wir doch mal an und erzählt mir und dem drachenmädchenjubiläumspublikum, wie es zu eurem spitzen bandnamen gekommen ist und wo der wesentliche unterschied zwischen eurem neuem gold album und der handelsüblichen elektonik-schiene liegt. siegercrew >>> also das mit dem „spitzen“ namen war wie so oft im leben, eher ein zufall. dieser ist uns beim kreuzen eines matrazengeschäftes zugefallen. dort stand diese testsieger-matraze draussen und die würfel waren gefallen. naja, und der wesentliche unterschied zwischen uns und der, wie du es gerade so schön formuliert hast, handelsüblichen elekronik-schiene, ist, dass wir live komplett mit analogen instrumenten spielen. wir schleifen wirklich mindesten drei millionen instrumente mit auf die bühne und bedienen sie entsprechend live. ein anderer unterschied ist auch, dass wir garnicht aus der elektonikecke kommen. da kannste uns namen nennen, kennen wir alle nicht (fast wie bei mir.. hehehe>>>n.damage). das spiegelt sich auch in unserer musik wieder. natürlich bedienen wir uns irgentwelcher sachen, die TESTSIEGER. trash-hits für elektriker und radiokonsumenten? eigentlich bin ich in ganz anderen schubladen zu hause; gerade deswegen ein grund, diese jenigen welchen zu zulassen und über clubhits und discokracher zu berichten! TESTSIEGER sind jerry mono (boards, sounds), derek vulcano (live-kickdrums, boards, sound) und role echolotse (der mann hinter den reglern am mischpult). nach der veröffentlichung ihres ersten (doppel cd!) album „Gold TESTSIEGER - 20 Volltreffer“ wollte ich als teil der fangemeinde erfragen, wie es zu diesem hammer aus gold gekommen ist und natürlich erforschen, wo die ursachen zu diesen anomalischen tanzfieberschüben auf den meist ausgebuchten konzerten zu finden sind. unterhalten habe ich mich eines schönen kaffee- und kuchennachmittages mit allen dreien in der tonmeisterei: drachenmädchen na dann. dem ist nichts mehr hinzu zufügen. danke vielmals meine herren, es war mir ein vergnügen und euch doch hoffentlich auch. der mohnkuchen war ausgezeichnet, im vergleich zu dem kaffee. oder war das doch tee?!!! allen anderen netten leuten hier sei noch gesagt: besorgt euch diesen hammer aus gold! wenn das zeugs schon so‘m schrägen rattenhund wie mich zum geschmeidig fühlen und hüftgelenk bewegen bringt, kann das ja nur von äusserst guten einfluss, von absolut ausgezeichneter musik zeugen! ahoi, euer nils damage. druck irgentetwas zu bestimmten zeitpunkten an den start, auf den markt zu bringen. ausserdem sind wir alle viel zu unruhig und könnten mit unseren ideen einmal im monat eine neue band oder sowas in der art gründen. insgesamt arbeiten wir mit einem anderen arbeitskonzept, welches nicht soviel wert auf regelmässiges zusammen treffen legt, sondern wir arbeiten eher mehr projektorientiert. hat auch was für und gegen sich. und was die zeit im allgemeinen anbetrifft, gibt‘s ja nie wirklich genug davon.... n.damage>>>wie könnt ihr mir erklären das ihr auch radio-play habt (keinen offenen kanal scheiss und sowas), discos rockt, die konzerte die ich von euch bisher sehen durfte, immer proppevoll sind und die leute in ihren viel zu kleinen konfirmationsanzügen- und kleidern sich die schenkel nass tanzen??? liegt es daran das euer sound eher nur für den einfachen elektiker und radiokonsummenten angelegt ist?... wieso unterhalte ich mich dann überhaupt gerade mit euch... siegercrew>>> nun, vielleicht sollten wir da versuchen objektiv zu bleiben und die presse das beantworten lassen: ...ein hammer aus gold...es ist als ob die welt auf diese band gewartet hat...während die erste cd noch den humor-bonus auspielt und aberwitzige trashhits beinhaltet, setzt der zweite silberling auf die oftmals zitierten unendlichen weiten - spacenight zwischen filia brazilia und der zweiten mondlandung...yeah. wir mit sicherheit nicht neu erfunden haben, wie drumbeats oder einen keyboard sound, der hier und da schon einmal verbraten worden ist. aber es fliessen auch elemente ein, die einfach aus unserem eigenen empfinden, aus unserer eigenen welt entnommen sind, ohne durch eine bestimmte stilistik vorbelastet zu sein. dazu kommt, dass wir immer offen sind für alle uns gefallenden musikalische einflüsse und uns dadurch auch immer versuchen weiter zu entwickeln. n. damage>>> also spielt euer equipment eine grosse rolle. was für instrumente benuzt ihr und wie geht es vornander, wenn ihr neue songs an den start bringt? siegercrew>>> wir sind grundsätzlich analog unterwegs. das heisst, dass unsere soundästhetik sich an eben solchen instrumenten orientiert. das kernstück unserer anlage ist ein rhodes piano, welches über das roland bandecho läuft. das drumset dem entsprechend, mit einer alten roland-drummaschine. dann haben wir einen ganzen haufen von analogen synthies, wie moog, rogue, juno, crumar und korg. dann gibt‘s noch mehrere bandechos. das was wir am meisten daran schätzen, ist der warme und weiche sound. zudem ist nichts genau reproduzierbar, das ist cool. jedes mal musst du neu an den reglern drehen und jedes mal klingt es anders. es kommt immer wieder etwas neues dabei raus, was auch dann unsere inspirationsquelle ist. also die musikinstrumente ansich. wenn wir neue songs schreiben, läuft es meistens so, dass wir ein ewig langes stück spielen und/oder improviseren und die grossen schalter auf den boards bedienen. häufig ensteht dann ein zufallsprodukt, welches sich zu einem neuen track verarbeiten lässt. es setzt sich also keiner zu hause hin und schreibt die stücke, heisst ja keiner von uns nils damage, hahaha. dann schneiden wir ab und zu was auf md mit und es gibt auch noch eine andere illustre art der notierung, also akkorde und melodie aufzuschreiben. die keybords sind teilweise abgetaped, meint also, die soundeinstellungen 10 11 kontakt: www.die-tonmeisterei.de 12 13 “When you`re up to your neck in shit, the only thing left to do is sing.” Wenn die Musik nicht wäre, wäre er schon vor langer Zeit innerlich gestorben, sinniert Whitmore, im Geiste Samuel Becketts. Musik empfindet er als seine Therapie, als den richtigen Umgang mit dem frühen Tod seiner Eltern: „It´s better to sing the blues than to cheat yourself in the head!“ Als ich Anfang Februar mal wieder meinen E-Mail Account checkte, waren neben null persönlichen Nachrichten, einem Haufen Spam-Mails und Werbung noch ein paar Tourangebote im Postfach. Neben einigen durchgenudelten Emo Bands wurde mir William Elliott Whitmore angepriesen. In dem Text hieß es: „Wer nur ein Fünkchen für Johnny Cashs Spätwerk übrig hat, wird William E. Whitmore lieben.“ Große Worte, dachte ich, und lud mir einen Song runter. Midnight hieß dann der Song, der mich anfixen sollte. In meinen Augen steht die Einzigartigkeit Johnny Cashs außer Frage, doch um Whitmores Musik zu beschreiben, drängt sich der Vergleich immer wieder auf: Countryeske Singer-Songwriter Balladen, wechselnd von Akustik-Gitarre oder Banjo getragen, machen Whitmores zwei bisherige Alben „Hymns For The Hopeless“ und „Ashes To Dust“ zu dem, was sie sind: Tieftraurige, melancholische, düstere und verbitterte Zeugnisse einer Person, die persönliche Erfahrungen in seiner Musik verarbeitet. Whitmores tiefe Whiskeystimme thematisiert immer wiederkehrend den Tod. Als er noch jung war, starben seine Eltern, was für ihn eine einschneidende Erfahrung gewesen ist. Der Kreislauf des Lebens und des Todes, das Diesseits und Jenseits sind dem zu Folge fundamentale Hauptmerkmale seiner Lyrik, die sich in Songs wie „The Day The End Finally Came“ oder „Diggin` My Grave“ voll entfalten. Ich klickte auf den „Antwort-Button“ meines E-Mail Accounts, um direkt einen Konzerttermin festzumachen. Am 19.05. war es dann soweit und der bereits einige Wochen zuvor eingetroffene Tourrider ließ einiges erhoffen: 1 Flasche Whiskey, 15 Flaschen Bier, und 4 Flaschen Wasser (still) sollten für den Herrn Whitmore bereitstehen. Nach einer intensiven und begeisternden Live-Show und einigen Whiskeys später wurde der anfänglich wortkarge Whitmore ein wenig redseliger. vorwort drachenmädchen drachenmädchen Angesprochen auf die ewigen Vergleiche mit Johnny Cash fühlt er sich auf der einen Seite geehrt, da Johnny Cash für ihn einer der größten Künstler aller Zeiten ist. Auf der anderen Seite widerspricht er da er sich vor allem in musikalischer Hinsicht durch die majoritäre Anwendung seines Banjos unterscheide. Trotz allem verbindet die beiden einiges. Abgesehen von immer wiederkehrenden Themen, die in ihrer beider Lyrik behandelt wird, teilen sie eine ähnliche Sozialisation. Wie Cash, so wuchs auch Whitmore auf einer Farm auf. Eine Pferdefarm in Iowa, an den Ufern des Mississippis, ist das zu Hause des erst 26jährigen. Nach eigenen Aussagen wuchs er dort in der Mitte eines Kornfeldes – in der Mitte von nirgendwo – auf. Es war hauptsächlich die Country Musik und der Blues, die ihn in musikalischer Hinsicht sozialisierten, beeinflussten und inspirierten. Bei mir zu Hause angekommen, legte Whitmore jedoch als erstes die „Group Sex“ LP von den Circle Jerks auf und gröhlte lautstark mit. Ursprünglich wollten wir bei mir nur einen Zwischenstop machen, um das Banjo abzulegen, und direkt weiter, um eine einschlägig bekannte Diskothek aufzusuchen. So wurde der Zwischenstop unweigerlich ein bisschen mit Whiskey und alten Punk Klassikern verlängert, während Whitmore erzählte, wie er an Punkrock gelangte. Mit 16 begann er Skateboard zu fahren. Über Skateboard Magazine wurde er auch auf andere Bands aufmerksam. Er gelangte an Bands wie Minor Threat, Minutemen, Bad Religion, NWA oder Public Enemy die ihn fortan beeinflussten. Verschiedene Freunde von Whitmore spielten außerdem in Punk und Hardcore Bands und so kam es, dass er mit befreundeten Bands auf Tour fuhr. Für einen Mann mehr war im Bulli immer Platz. Auf einer Tour mit einer befreundeten Band namens „Ten Grand“, für die er Roadie war und gleichzeitig den Support machte, wurde er dann entdeckt. Das Label „Southern Records“ signte Whitmore und auch Ten Grand vom Fleck weg. Inzwischen hat auch schon Epitaph-Boss und Bad Religion Gitarrist Brett Gurewitz nach einer England Tour zusammen mit der Hardcore Band „Converge“ sein Interesse bekundet. Die Shows mit „Converge” zählt Whitmore zu seinen besten: „It was nice william elliott whitmore 14 to be able to hopefully turn some of these hardcore kids on something different and they enjoyed it. The shows there´d be a thousand kids there, but not one said a word when I was playing. They were really focused and into it...“ Für Whitmore ist es wichtig, mit Bands zusammen zu spielen und in Verbindung gebracht zu werden, die in einem subkulturellen Kontext stehen. Es waren die oftmals konservativen Inhalte der amerikanischen Volksmusik, die Whitmore am Country ablehnte. Er hat es geschafft, ohne die musikalische Komponente der Country Musik zu vernachlässigen, diese mit alternativen Inhalten zu füllen und einer D.I.Y. Ethik zu verbinden. „I thought if I can play my hillbilly music through a punk rock crowd, that would be the best of both worlds to me.” Neben Whitmore gibt es immer mehr junge Bands, wie Whiskey & Co, The Weight oder Boxstep, dies sich diesem „Alternative Country“ zugehörig fühlen und mit der konservativen oft republikanischen und NRA nahen Country Bewegung nicht in einen Topf geschmissen werden möchten. Von Country Labels verschmäht und von subkulturellen Labels oft unbeachtet, haben es solche Bands anfangs recht schwer einen Plattenvertrag zu erhalten. Überbrückt hat Whitmore dies, indem er seine ersten Veröffentlichungen D.I.Y. produzierte. “It taught me that kids can just do whatever they want when they put their mind into it!.” Inspiriert durch Dischord Records, die das Label ursprünglich gründeten, um ihre eigene Musik rauszubringen, hat Whitmore, bevor er auf Southern Records veröffentlichte, einige 7“s und CDs in Eigenproduktion rausgebracht. Selbst das Artwork seiner Platten bleibt in Familienhand. Luke Tweedy, Whitmores Cousin, stellt die Skulpturen aus Tierschädeln, getrockneten Rosen und allerlei anderen organischen Materialen her, die Whitmores Alben zieren. Und auch seine Gitarre verzierte er mit organischem Material: Beklebt mit den Nikotingefärbten Filterpapierresten unzähliger Spliffs machte er Whitmores Klampfe zu etwas Einzigartigem. „And it actually sounds better!“ Bis heute fällt William Whitmore die Entscheidungen über sich und seine musikalische Zukunft alle selbst, ohne Management. Selbst im Booking Bereich behält er gern den Überblick. So kommt es öfters vor, text von lennart bohne, fotos martin schmitt 15 dass er sich einfach in sein Auto oder in den Zug setzt, losfährt und bei irgendwelchen Bars oder Pubs anfragt, ob er für etwas zu Essen und zu Trinken spielen darf. Diese Tatsache erklärt auch sein Reisegepäck: eine ledernde Umhängetasche, gefüllt mit einigen T-Shirts, Hemden, Socken, sowie einer Kulturtasche, sind das einzige, dass er unterwegs dabei hat. Selbst für zwei Monate (!) Europa. „I like to live pretty simply and so when I go on tour I don`t bring much – I just bring enough clothes to wear and of course my intruments. I don`t like to be weighted down by much – I like to travel light.” Später ging es dann doch noch in obig erwähnte einschlägige Discothek – weiterzechen. Überflüssig zu erwähnen dass William seinen Whiskey nur pur trinkt. „I love the flavor of pure whiskey man. I normally don`t mix it up with coke, because I don`t drink soda-pop” Stark angetrunken, versuchte ich William noch in Gespräche und Fachsimpeleien über Fußball zu verwickeln. Ich konnte ihm jedoch nur noch entlocken, dass er Fußball selbst nicht praktiziert. Mit Freunden zusammen schaut er sich jedoch des Öfteren ein Spiel an – bei einem Glas Whiskey auf Eis. drachenmädchen The man in black Lohmeier liest Cash (10.06.2005) Durch die schönen großen Fensterscheiben des schönen kleinen Cafés Tazza d´Oro in Hamburg-Ottensen gucke ich raus und kann sehen, wer da so rumläuft, in unserem Viertel: jede Zweite ist schwanger, jeder Dritte schiebt einen Kinderwagen. Draußen fahren Autos langsam über Kopfsteinpflaster, hier drinnen läuft Johnny Cash, und er singt ´When the man comes around`. Da warte ich hier auch drauf, dass mal ein richtiger Mann um die Ecke kommt, ein Mann, dem man ansieht, dass er es nicht einfach hat, der gelitten hat und weiß, wie Blut und Tränen schmecken. Hier aber scheint die Welt so dermaßen in Ordnung, dass man gerne viele Kinder kriegt. Wenn ganz Deutschland so wie Ottensen wäre, müssten wir uns keine Gedanken machen über Geburtenrückgang und Vergreisung der Gesellschaft. Hier ist Schwangerschaft schick. Neben meiner Tasse Marocchino liegt Charles Bukowskis ´Ochsentour`, seine Erinnerungen an die Deutschlandtour 1978. drachenmädchen Bukowski - auch ein Mann. Draußen immer noch nur modebewusste junge Hamburger. Kein Mann weit und breit. Letzte Woche hat Peter Lohmeier ein Johnny Cash-Hörbuch promotet: ´Auf Kurs – Johnny Cash in guten wie in schlechten Tagen`. Herr Lohmeier ist gerade auf ausgedehnter Promo-Tour: morgens Berlin („Am Tag als Bobby Ewing starb“) , mittags Düsseldorf („Playa del futuro“), abends dann die Lesung in Hamburg. Der ganze Promo-Stress lässt Peter schön kaputt aussehen. Er trägt Jeanshose, Jeansjacke, Jeanshemd, dazu Cowboystiefel. Er sieht ein bisschen so aus, wie jemand, der sich mit gewagtem Sprung vom Güterwaggon direkt vor die Thalia-Buchhandlung in Hamburgs City abgerollt hat, so wie Cashs Vater, wenn er, den Tageslohn in den zerbeulten Taschen, abends nach Hause kam. „Mir hat das schwere Leben nichts ausgemacht, ich kannte ja nichts anderes“, sagt Cash durch Lohmeier, wenn er sich an sein Baumwollpflücker-Sohn-Dasein erinnert. Schon früh gab’s für Johnny nur Musik. Statt den durstigen Erntehelfern das Wasser zu reichen, sitzt er im lohmeyer und cash 16 17 Traktor und hört Musik. Sein Vater dazu: „Solange der Bengel nur Musik im Kopf hat, wird er es nie zu was bringen.“ Etwas später in Detroit steht Cash am Fliessband und stanzt Löcher in Blechbögen, Musik im Kopf. Draußen ist gerade wieder eine unglaublich schwangere Frau vorbeigetorkelt. Als Truman 1950 Freiwillige sucht, ist JC dabei und macht sich auf nach Korea, mit Musik im Kopf wird er Funker. Und was für einer! Er entschlüsselt synchron gemorste Funksprüche. Während sein linkes Ohr und seine linke Hand den einen Funkspruch hören und notieren, hören und schreiben rechtes Ohr und rechte Hand einen anderen. Nach Korea: Militärdienst in Bayern, wo Cash seine erste Band gründet, die ´Landberg Barbarians`. Er konfrontiert Platte ´Fulson Prison Blues` bekommt er 1968 einen Grammy. Lohmeier liest und liest, und das Publikum in der Buchhandlung hätte wenig dagegen gehabt, an diesem Abend weniger Johnny und mehr Peter zu erleben, aber der liest und erholt sich dabei vom Promo-Terror. Und ich glaube, er liest gerne. Kann sich jemand an Cashs Auftritt in ´Wetten, dass...?` 1983 erinnern? Zu der Zeit wurde JC dermaßen von Halluzinationen geplagt, dass er Frank Elstner für eine riesige Giftspinne hielt, die sein Leben bedroht. 1994 kommt der junge zottelige Rick Rubin und nimmt in wenigen Tagen im Studio zig Songs mit Cash auf, darunter viele Coverversionen, die wir alle kennen: ´Hurt` von Nine Inch Nails, ´Mercy Seat` von Nick Cave, ´Personal Jesus` von Depeche Mode, die Bayern mit Country. Deutsch hat er in Bayern nur wenig gelernt, wie man auf seinen wenigen deutschen Aufnahmen hören kann. Auf einem von Franz Doblers liebevoll zusammengestellten Samplern hören wir Cashs Deutsch in ´Wo ist zu Hause, Mama?`. Back home in the U.S. gründet er ´The Tennesse Three`. Erste professionelle Studio-Aufnahme am 22.3.1955. Wie es sich gehört, wird Nüchternheit für Johnny zum Fremdwort. Kombiniert mit Amphetaminen wird das schon früh zum Problem. Aber statt ideenlos Fernseher aus Hotelfenstern zu schmeißen, kauft Cash 50 Hühner, die er dann im Hotel frei lässt. Randale auf die nette Tour. Apropos nett: Draußen schlendern immer noch die Schwangeren vorbei, halten manchmal an, um koffeinfreien Latte Macchiato zu trinken. Drinnen läuft immer noch Johnny Cash, eine seiner in den 90ern von Rick Rubin produzierten American Recordings. Johnny muss sich nicht verstellen, um zu leiden, er leidet wirklich. Bei ihm wird das Shydragger-Syndrom fehldiagnostiziert, die falschen Medikamente führen 1997 zur letzten EuropaTournee, er wird Plattenkünstler ohne Auftritt. Und das ihm, der gerade für seine Live-Auftritte bekannt war. Legendär seine Konzerte in amerikanischen Gefängnissen: ´Saint Quentin, i hate every inch of you.` Für den Text seiner Bonnie Prince Billys „I See A Darkness“. Cash unplugged, der alte Mann und seine Gitarre. 1999 bekommt er noch mal Grammys für sein Lebenswerk, um wenig später von uns zu gehen: am 12.09.2003 in einem schwarzen Sarg mit silbernen Griffen: „The man in black“. Johnny lebt weiter, u.a. in den Liedern von Cashs Duzfreund Gunter Gabriel, der kürzlich ein paar seiner Lieder auf deutsch rausgebracht hat. „Gabriel singt Cash“, mit netten Übersetzungen, z.B. „Mann hinterm Pflug“ für „Man in Black“. Danke, Gunter. Danke auch, Peter, für die schöne Lesung. Danke auch, Johnny, für deine Lieder an diesem sonnigen Nachmittag. Sascha Wundes . 0162-4003311 . [email protected] drachenmädchen drachenmädchen vorwort 18 Hinter GREY GOOSE, dem Quartett aus Gainesville/Florida, verbergen sich ehemalige Mitglieder von AS FRIENDS RUST, RADON und CRO(W)S – eine Gainesville Allstar-Band sozusagen. Aufgenommen haben sie ihr Album „til the medicine takes“ mit Ann Beretta´s Rob McGregor in den Goldentone Studios in Gainesville. Abgemischt hat McGregor das Album zusammen mit Chris Wollard von Hot Water Music, der beim Song „Elimination Process“ selbst in die Saiten gegriffen hat und seinen ehemaligen Cro(w)s-Kollegen Kaleb Stewart und Bill Clower auch bei den Background Vocals zur Seite steht. All das lässt Großes erwarten und GREY GOOSE erfüllen diese Erwartungen auf ganzer Linie. Auf „til the medicine takes“ (erschienen übrigens auf SOUNDS OF SUBTERRANIA) gibt es zehnmal treibenden, melancholischen Punkrock der Marke Gainesville auf die Ohren. Die Songs kommen im Vergleich zu den Cro(w)s jedoch nicht so aggressiv rüber, sondern sind eine ganze Ecke relaxter ausgefallen. Grey Goose ist es gelungen ein großartiges, zeitloses Album mit ordentlichem Tiefgang zu schreiben, weshalb wir nicht warten wollten bis die Jungs in Europa auf Tour gehen und haben Kaleb vorab schon mal ein paar Fragen zugeschickt. Die Antwort kam prompt, obwohl sich der gute Kaleb gerade auf seiner Hochzeitsreise befand. Viel Spaß also beim kleinen Grey Goose-Frage/Antwort-Spiel, dass euch schon mal auf das demnächst folgende ausführliche Interview einstimmen soll (Sollten euch irgendwelche Fragen brennend interessieren, dann mailt interview mit grey goose 19 sie uns einfach an [email protected] und wir werden sie ins Interview einbauen). Could you please introduce yourself, tell us what you do for Grey Goose and tell us your favorite joke? My name’s Kaleb, I play guitar and sing. “Why did the chicken cross the road? ” “To get to the other side.” I can’t really think of a good joke on the spot, some of George W. Bush’s speeches are pretty humorous though. Do you think that humor in general is important? Yeah, because if you can’t laugh about life, you’ll be down all the time. Nothing’s perfect so you have to enjoy the flaws and smile. What means Grey Goose for you? What is it all about? Well, I was raised listening to a lot of old blues records my dad had, and one of my favorites was a guy called Leadbelly. One of my favorite songs of all time was written by him and it’s called “Grey Goose”, so naming the band that, was a sort of homage to music I was raised on. Can you name one quality or one funny thing for each band member that makes him special in your eyes? Sean, the bassist is just a super loyal friend and hard worker. He’s always down to write and practice. I can’t imagine being in a band without him. Bill is one of my best friends, and is also in the Cro(w)s drachenmädchen with me. He’s one of the punkest dudes I know. I love those guys. How have the responses to Grey Goose been so far? It’s been great, people really seem stoked on the new record in general. Are there any plans for a European Tour this year? Yeah, our label is based out of Germany so I imagine we’ll be getting over there pretty soon if they want us to tour there. Are you touring the US right now? Not at the moment because our drummer is on probation... don’t ask. Is Grey Goose a fulltime job for you or what else do you do to make a living? Some of us work in kitchens, I work at the University of Florida library What do you do besides the music? How does your everyday life look like? BBQ, hang out with friends, play guitar. What do you consider the strengths and weaknesses of Grey Goose. What are some things you’d like to improve on in the future? Just keep writing stuff that feels natural and not force anything, that’s what I admire about bands like Husker Du and Leatherface, they just wrote stuff they were happy with and didn’t worry about what was popular at the moment Some questions for you as individual persons: Did you at any time have another future? Did you ever have another path that you drachenmädchen didn’t follow? Well, at one point I was the full-time road manager for Hot Water Music, and basically when I started playing in bands I couldn’t tour with them anymore. I also quit As Friends Rust after three years and sometimes I wonder if that band would still be around if I had stuck it out, since Damien, the singer and I are still really close friends... What have you most regretted doing while drunk? Drinking more What is your greatest talent? Laughing What’s the best piece of advice you’ve received in your life? “You never die if you never grow old” -Tom Petty The music again - Are there any plans for the future of Grey Goose? Get over to Europe, that’s gonna be our next move I think Do you have any final thoughts you want to add? Stay sick! von herrn solke 21 vorwort Meine Top 5 von früher... Gar nicht so einfach für mich, da jetzt aus dem Stehgreif ne Liste aufs Papier zu bringen. Die Hörgewohnheiten meiner späten Kindheit, bzw. frühen Jugend lassen sich nämlich ganz klar in zwei Abschnitte separieren. Und damit ich mich jetzt nicht selber vollkommen verwurschtele und zum Beispiel die zweite „Bonfire“-Platte mit der „Gladbach soll brennen“-EP von EA 80 durcheinander BRAMI, Muff Potter: Hey, liebes Drachenmädchen, spät, aber hoffentlich noch rechtzeitig... Bis die Tage! Brami. ROCKO SCHAMONI, der Dorfpunk....: Damned - Smash it up Der Plan- Normalette Surprise Daf- die erste... Swell Maps- Jane from occupied Europe Fehlfarben- Monarchie und Alltag Meine Lieblingsplatten als ich 18 (15) war: Weil es so schön war, zum Jubiläum gleich noch mal: diverse TOP 5 von Freunden und Bekannten - und bei den nicht so faulen Gesprächspartnern noch mit ein paar Dönkes garniert... schmeiße, werde ich diesen Text auch in zwei Abschnitte klar gliedern. Das dient zum einen der Verdeutlichung chronologischer Abläufe und damit einhergehend zum anderen dem inhaltlichen Verständnis. Interessant an solch einer kleinen Dokumentation ist ja vor allem die äh, Sozialisation des Verfassers sag ich mal. An den Hörgewohnheiten, vor allem den frühen, lässt sich ja oft erstaunlich viel herausfinden über einen Menschen, so z.B. über seine Herkunft ( Meat Loaf: Bat out of Hell), seinen sozialen Status (Canalterror: Saufbauch) oder auch seine sexuellen Vorlieben (Scorpions: Virgin Killer). Eben die gesamte soziale, emotionale und moralische Entwicklung, bzw. der Verfall eines Heranwachsenden. Nu aber los! Phase 1 In dieser Phase blieb ich bedauerlicherweise sehr lange stecken, eigentlich bis zum Alter von 14 Jahren. Mein Hauptaugenmerk war während dieser Zeit vor allem auf die Plattensammlung meines großen Bruders gerichtet, die neben einigen Aerosmith, Bonfire, White Lion, Twisted Sister, Warlock oder Def Leppard –Scheiben fast ausschließlich aus Scorpions –Alben bestand, also von „Fly to the Rainbow“ bis zu „Savage Amusement“ seinerzeit. Etliche Picturediscs, Japan-Pressungen und natürlich die beiden live-burner „Tokyo Tapes“ und „World Wide Live“ komplettierten das 20 drachenmädchen Programm. Und das hab ich mir gegeben. Und wie! Wenn ich ausreichend gepichelt habe, kann ich noch heute Klaus Meines komplette WWLAnsagen aus dem Lockenhut zaubern. Und sogar das japanische gesprochene Eingeschleime von den „Tokyo Tapes“. Damit das allerdings aus den Tiefen meines Gedächtnisses wieder an die Oberfläche kommt, muss ich mich vorher mindestens zwei Mal im Abstand von höchstens drei Minuten tierisch mit dem Fahrrad auf den Pinsel gelegt haben, was glücklicherweise heutzutage seltener passiert, als früher. Ich hab eh nen Platten. Phase 2 Erst hier wird es eigentlich interessant, denn erst in Phase 2 begann ich Musik zu hören, die mich in großen Teilen auch heute noch interessiert, und das kam so: Weil ich so schlecht in Latein und Mathe war, musste ich im 2. Halbjahr der 8. Klasse die Schule wechseln. Und zwar musste ich „auf Real“, wie man damals sagte. Und schon nach kurzer Zeit „auf Real“ bekam ich mit, was wirklich so abgeht! Im Schulbus wurde nämlich ruckzuck eine Band gegründet! Dass ich noch nie schlaggezeugert hatte und sowieso nicht wusste, was Punkrock ist, verschwieg ich natürlich. So hörte ich kurze Zeit später erstmals die „Never Mind The Bollocks“, übrigens im Elternhaus eines gewissen „Wiesmann“. Ich war absolut weggebeamt und bekam sofort in der Garage von Wiesmanns Eltern „Cash from Chaos“ auf die (Wild) –Lederjacke gesprüht!! Jedenfalls war von da an nichts mehr so wies vorher war, ihr kennt das wahrscheinlich selber. Die „Never Mind...“ hab ich mir dann direkt am nächsten Tag bei Karstadt gekauft und zwar von Geld, welches mir meine Mutter für ein Schulbuch für den Religionsunterricht eingepackt hatte. Ne geile Schulboykottaktion halt. Das gab natürlich Ärger, auch nachher noch: Weil ich nämlich kein Religionsbuch hatte, bekam ich eines von der Schule gestellt, und als dann in dem Buchstempel, in den man seinen Namen eintragen muß, „Karl Arsch“ stand, wurde mir von meiner Religionslehrerin „bodenlose Dummheit“ bescheinigt. Und da ich nicht genau weiß, ob auch bodenlos dumme Leute in den Himmel kommen, hab ich die Sonntagmorgene, an denen meine Mutter mich zur Kirche geschickt hatte, bei meinem (evangelischen) Kumpel Mongo verbracht, wo ich drachenmädchen „Minor Threat“, „Black Flag“ und die „Angry Samoans entdeckte. Nein, falsch: Wo ich eine Welt entdeckte!!! Hier meine Top 5, als ich ca. 15 war: 1. Sex Pistols – Never Mind The Bollocks 2. Slime – 1 und Die Letzten 3. Dead Kennedys – Fresh Fruit For Rotten Vegetables 4. Black Flag – Damaged 5. Daily Terror – Gefühl & Härte Nix Besonderes eigentlich, aber wenn man bedenkt, was die armen Kids sich heute so anhören müssen.. den beschissenen Fred Durst oder dicke schwarze Männer mit Goldketten, die mit Bitches in teuren PKWs einkaufen fahren... Nee, war schon schön damals. Brami. Die fünf besten Songs der 90er Jahre: CLICKCLICKDECKER (sein tolles Album, jetzt auch auf Vinyl bei RECORDS & ME!): Meine persönliche Best of Songs der 90er? Schwierig! 90er Jahre war meine Jugendzeit in der ich noch einen Musikgeschmack formte, soll heißen, dass ich jeden Trend mitgenommen habe, deshalb lasse ich mal Nirvana, Biohazard oder Tocotronic draußen und konzentriere mich auf Songs die ich heute noch hören kann (will) ohne Ohrenschmerzen oder gar Scham. Helmet – Unsung (Meantime – 1992) Dieser Umgang mit Rhythmus und Gesang war für mich neu und total beeindruckend, soviel Energie und Kraft ohne dass jemand Grunzen oder dicke Hosen brauchte,… die waren einfach völlig normal…die Betty fand ich auch noch sehr gut, danach wurde der Sound zu aufgemotzt, dass sie es jetzt noch mal versuchen finde ich eher eklig Sebadoh – Rebound (Bakesale – 1994) Ich war immer mehr Sebadoh als Dinosaur Jr Fan... die Bakesale ist eine meiner Lieblingsplatten überhaupt, auf Sebadoh kam ich weil ich das Video zu Rebound auf MTV bei Alternative Nation sah, nun ja und wie das meistens so ist, das erste Lied dass einen kriegt bleibt für immer das erste Lied Superchunk – Detroit has a skyline (Here´s were the strings come in – 1995) Im Auto hundert fahren und diese Hymne laut mitgrölen, Sound, Tempo, vorwort vorwort TEMPER TEMPER, wieder einmal beweist Revelation guten Geschmack und schickt diese grandiose Dance-Wave-Punk Band ins Rennen. Wozu die Jungs aus Detroit in den 90er getanzt haben? Dr. Dre – dre day Gin Blossoms – hey jealousy Jesus Jones – right here, right now Whitney Houston - I will always love you (the theme from „The Bodyguard“) The Rembrandts – I’ll be there for you (the theme from „Friends“) Jetzt, wo auch noch der Papst deutsch ist, und sich alle aufregen, dass der Bundestrainer nicht in Deutschland wohnt, ist es an der Zeit, auch dem Lokalpatriotismus der Punkbands auf die Spuren zu gehen… Im Ring diesmal: der Underdog Emsland gegen das mächtige Bayern... Die TOP 5 Gründe, ein EMSLÄNDER zu sein: EL*KE (Debüt Album jetzt draußen! Und auch live immer unterwegs, www. alleselke.de ): Das Emsland ist daran beteiligt das wir EL*KE heißen! Da das amtliche Autokennzeichen des Emslandes mit „EL“ beginnt und wir unseren Namen von unserer alten WG Karre haben! DIE UNERFORSCHTEN WEITEN DES EMSLANDES In denen kann man sich austoben und immer wieder neues entdecken kann! Besonders gilt das für den Rock’n’Roll. Stichwort „Proberaum“, denn das ist gleich Partys, Bier und nackte Frauen! Eigentlich der Ort, an dem man mehr Zeit verbringt als bei seinen Eltern. Und das prägt! Wenn man genug davon hat, zieht man einfach in eine große Stadt! DIE RESTE DER NORDSEELUFT Man kann sie im Emsland noch spüren, man muss nicht gleich Ostfriese werden, um sie zu atmen. Das Meer ist auch nur eine Stunde Autofahrt entfernt! PLATTDEUTSCH Die offizielle Landessprache nach deutsch. Kommt sogar in Berlin gut an! drachenmädchen drachenmädchen Und was sagen die Bayern dazu? Die TOP 5 Gründe, aus BAYERN zu sein: COSMIC CASINO (tatsächlich aus Bayern, dazu die erste Band auf Stickman, und ohne Scheiß, die Platte rockt so was von...): 1. Mit bierdimpfligem Südpatriotismus haben wir, das vorne weg, nichts am Hut. Aber so was von gar nichts. Trotzdem: Wer auch immer uns - und das passiert erstaunlicherweise öfter mal - ob unserer bayerischen Herkunft mit falscher Zunge anspricht oder gar beleidigt, unwahre Gerüchte streut („ihr f…t Schafe!“ - stimmt nicht, nur Hamster!) oder Lügen verbreitet („wer in München kifft, kommt nach Dachau“! - stimmt nicht, wer in München kifft, hat eine Bierallergie!) kriegt nach guter bajuwarischer Tradition entweder gleich eine aufgestrichen oder wir strafen ihn mit einer unser liebsten Charaktereigenschaften: Schweigen. 2. Ich liebe karge, flache Naturlandschaften, und das Meer ebenso. Aber ein in voller Blüte stehender Kastanienbaum in Münchens Stadtmitte, mit darunter befindlicher Bierbank, dazu ein kaltes Getränk und ein Wurschtsalat (Igitt..., Anm. d. Red.) o.ä., und das ganze in Begleitung eines guten Freundes: Das ist RAMIN/ DIE TÜREN: Technohead - i wanna be hippy Wir saßen dazu immer bei Maurice zu Hause auf’m Sofa rum, haben uns weggeballert und Mtv geguckt. Knocking on heavens door... natürlich in der Guns’n’Roses Version Wir saßen dazu immer bei Maurice zu Hause auf‘m Sofa rum, haben uns weggeballert und Mtv geguckt. Genesis - i can´t dance Wir saßen dazu immer bei Maurice zu Hause auf‘m Sofa rum, haben uns weggeballert und Mtv geguckt. Whigfield - saturday night Wir saßen dazu immer bei Maurice zu Hause auf‘m Sofa rum, haben uns weggeballert und Mtv geguckt. Barnes&Barnes - fishheads Wir saßen dazu immer bei Maurice zu Hause auf’m Sofa rum, haben uns weggeballert und Mtv geguckt. HOLLAND Da das Emsland direkt an der Holländischen Grenze ist, fährt man sehr oft rüber um sich dort Inspiration und neue Klamotten zu holen. Das im wesentlichen macht den Emsländer zu einem aufgeweckten Kerlchen! Länge... hier stimmt einfach alles, wenn ich jemandem Superchunk das erste Mal vorspielen sollte, dann dieses Lied, „playin track 6, track 7 again and again“ Ja!!! Diese Leadgitarre, Wahnsinn…irgendwie wurden Superchunk nie wirklich berühmt, zu unrecht, aber gut für uns, so bleiben sie für immer eine der Indie Bands überhaupt… The Notwist – Chemicals (Shrink -1998) Wegweisende Platte für mich, immer noch, diese Verschmelzung von Elektronik und Indie-Rock, da kann man nicht viel zu sagen, der Einstieg von Martin Gretschmann war entscheidend, die Produktion ist der Wahnsinn, ich hatte Angst vor dem Neon Golden Album, weil ich nicht wusste wie sie diese Platte noch topen wollten, aber sie haben Ihren Stand gehalten, …Marion Thaler und O.L.A.F. Opal sind für mich die absoluten Recording-Götter (sehr zu empfehlen die Dokumentation zur Entstehung von Neon Golden) … das Nachahmen dieses Styles habe ich bis heute nicht aus meinem Kopf bekommen, gehört für mich zu den 5 besten Platten ever! Tom Liwa – Musical Cats (V/A Familienangelegenheiten 2 – 1998) Dieser Song veränderte mich mehr als alle Tocos und Sterne Lieder zusammen, wegen diesem Lied mache ich Musik, ich kann nicht wirklich beschreiben wieso… Natürlich gab es noch Hunderte anderer Lieder die hier hätten stehen können, aber ich sollte mich ja auf fünf beschränken... Danke für die Aufmerksamkeit! 23 schon ein gewichtiger Grund, den Sommer auf diesem Flecken Erde zu verbringen. Solange kein Japaner dabei ein Farbfoto von uns macht. Was nicht zwangsläufig der Fall sein wird, denn wir tragen - Achtung! - auch bei solch erdiger Abendunterhaltung seltsamerweise keine Lederhosen. 3. Bayern hat politisch gesehen grauslig schwarze Flecken, die vor Provinzialismus und ignorantem Grantelhubergetue nur so strotzen. Wahltage sind in Bayern deswegen eher Qualtage. Aber Bayern ist auch das Land der Freidenker: Denn man vergesse nie die Kehrseite von mangelndem Liberalismus und katholischer Einengung: strong underground resistance. Auch Brecht war Bayer! 4. Fußball ist natürlich ein starkes Thema, wenn man hier wohnt, insbesondere in der Landeshauptstadt. Schön, aber: ich als Schalke Fan (noch mal Igitt aus der Redaktion...) bin vor körperlichen Übergriffen relativ sicher. Denn gewalttätig wird der normale Bayer erst, wenn man ihm seinen Wurschtsalat ungefragt wegnimmt. Seltenst wegen Fußball oder ähnlicher lebensnotweniger Nebensächlichkeiten. Ich schätze dieses Laissez-Faire an uns Norditalienern sehr. 5. Schon mal auf niederbayerisch von einem Mädchen angesprochen worden? Wer sich dabei nicht in Herzatemstillstandkoma geschwindigkeit verliebt, muss ein Herz aus mecklenburgischem Sandstein haben. Wenn es da so etwas gibt. 22 vorwort 24 Wer ist Mark Fiore? Wie kommt er ins Drachenmädchen? Mark Fiore kommt aus San Francisco und ist ein Cartoonist, der sowohl gezeichnete als auch animierte politische Cartoons entwirft. Die gezeichneten Cartoons sind unter anderem in der Washington Post, dem San Francisco Chronicle, der Los Angeles Times sowie in vielen anderen amerikanischen Tageszeitungen erschienen. Die animierten politischen Cartoons findet man auf den Homepages von SF Gate, Salon.com, The Village Voice, Mother Jones, Workingforchange.com oder einfach auf der Homepage von Mark Fiore – www.markfiore.com. Da das Drachenmädchen allen kreativen Ausdruckarten immer offen gegenüber steht, war es nun endlich auch mal an der Zeit sich mit Mark Fiore über seine Arbeit zu unterhalten. Less Talk, More Rock und los geht’s mit dem Interview: Could you please introduce yourself (How old are you, where do you live? Etc.). How would you describe yourself in a few words for somebody who doesn´t know anything about you? I’m 35 and live in San Francisco. San Francisco is a great city for a cartoonist because it has so much natural and architectural beauty, and also is a great place to live politically-- one of the more/most liberal cities in the U.S. Political cartooning is a huge part of my life, but I also like to leave the politics behind once in a while and go surfing. It would be too interview mit mark fiore 25 depressing to not have an escape from all the bad news in the world and I’m fortunate enough to be able to turn it off now and again. You have studied political science and now you are working as a cartoonist and as an illustrator � where´s the link between your studies and your creative output? Was there something like a development during your studies? Definitely. I went to a small liberal arts college called Colorado College. Studying political science and learning how to argue and think allowed me to make stronger cartoons. Sure, the drawing and cartoon style is important, but the most important part is still the idea. My political science background helps me get angry and dig deeper in a particular issue. You are making animated political cartoons – when did you start with it and what made you first turn to the internet as a cartoonist? I first started experimenting with Flash around 2000/2001 after working on a freelance job for an educational software company. At that time, I was doing traditional print political cartoons and would take outside freelance jobs to make the rent. I began learning Flash and animation to support my political cartooning habit, then began experimenting with merging the two. I’m a little embarrassed, but here is my first crude attempt at an animated political cartoon: http://www.markfiore.com/animation/streetmov.html This is what I was working on for the educational company: drachenmädchen http://www.markfiore.com/animation/pwalk.html What is the most important factor in making an animated political cartoon effective? Definitely the idea-- I always ask myself “what are you trying to say?” Can you describe your creative process, from the idea to the final product, for one of your cartoons – for example – “Jurisprudence” or “Fissionary”? Initially, I’ll begin by reading the newspaper and checking various news sites, making notes the whole time. At that point I’m “trolling” for a topic, seeing what grabs my eye or jumps out and makes me angry. Then, once I decide on a topic, say, new nuclear weapons, I’ll dig a little deeper and do more research on that topic, again, taking loads of notes. At some point, those notes begin to get more graphical and become sketches-- just tiny thumbnails-- and an idea starts to take shape. Once I’ve got a solid idea, I’ll work it out into a storyboard. My story boards are very basic, just one page in my sketchbook with about 8 or 10 thumbnail sketches with the script and dialogue written beside them. (The topic/idea phase is the most important and the most difficult for me.) Once I’ve completed the storyboard, I’ll begin the drawings-- usually about 18-30 drawings on regular old laser paper. I’ll pencil the drawings and then use a brush to do the inking. Then scan into the computer, assemble in drachenmädchen Flash and record the audio. Once I’ve got the rough animation together, I’ll add the dialogue audio and sound effects and music, followed by some animation tweaks, then finished. Whew! Is there a special issue you are working on right now? I just finished an animation on torture. I wanted to let people know (mainly Americans) that the U.S. is using torture and that is terrible. Also, I wanted to point out to the people that may be supportive of torture that it is a stupid way to do things because it doesn’t really work. It’s a clear-cut black and white issue for me. Not a lot of caveats-- “torture is bad and it doesn’t work.” Your animated political cartoons are very cynical – how are the reactions of the people you criticize or of the conservative ones who support them? Can you give some examples? Yikes. I get some very crazy letters. Most people that disagree spout off and don’t expect a response. A few weeks ago I received a death threat email and passed it on to some friends. Within 20 minutes, they had tracked down the guy that sent the email and had actually found a photo of him on the web! I sent an email with the photo to the guy simply saying “is this you?” Needless to say he was pretty freaked out and suddenly seemed to feel a little threatened by me. von herrn solke 26 My favorite letters are from people that say something like: “you’re a crazy leftie pinko and I hate you . . . but I really like your work.” Those always make me laugh, but also realize the power of cartoons-- you can bring people in that otherwise would write you off immediately. Can you make a living with your work as a cartoonist and illustrator or do you have another job to make a living? Fortunately, I can make a living doing this. I charge various news sites a license fee to run my animations on their sites. Also, recently, I’ve started selling DVDs from my site. I have more big capitalist plans, but seem to generally be too busy cranking out the current animation. Let´s talk about the U.S. Election – what does it mean to you that your old President is the new President? Does it change anything in your motivation for your work or in your life? As a citizen, I think it’s a shame Bush won. He’s doing terrible things to our country and to the world and I was really hoping he would get the boot. As a cartoonist, I couldn’t be happier. Bush and his crew are so crazy, they make for perfect cartoon material. I used to long for being a cartoonist in the days of Nixon, but now I think Bush makes even better cartoon material than Nixon. When there is more cause to be irate, political cartoons are more effective. I’m basically a hyena. If you would find a time machine, is there any place or time you mark fiore 27 would like to travel to? Is there anything you would like to change in the past? Yikes, tough question! I hope I get unlimited use of the time machine, because it might take more than a few trips. Hitler and WWII pops into my mind first, I’d like to travel back and straighten him out-- maybe give him a happier childhood so he wouldn’t become so crazy, or give his parents more birth control. I’d like to settle things in a nonviolent way before they really get started, ideally. Here in the United States, I’d pass out the small pox vaccine to the Native Americans so they wouldn’t be decimated when the whites started spreading around. It’d be nice to slow or stop the destruction of America’s native people and animals. More fish, more buffalo, less genocide. Any last comments? I’ll be thinking of question number 10 and all the ways I should’ve answered that. Fortunately, the time machine will also allow me to travel back and change my responses! drachenmädchen drachenmädchen vorwort 28 29 Der Schleichende Wahnsinn kann sich auch mal in einer E-mail irren Seitdem ich hören kann, lebe ich mit Lärm. Der amerikanische Schriftsteller Ambrose Bierce hat Lärm einmal als Gestank im Ohr bezeichnet. Das trifft vor allem auf den Lärm von der Baustelle zu, die meiner Wohnung gegenüberliegt. Und sowieso auf alle Baustellen, die an vorherigen Wohnorten mein Leben bestimmten. Inzwischen sind Baustelle, Lärm und ich per du, obwohl wir uns anfangs nicht wirklich mochten. Zwischen meiner jetzigen Wohnung und der gegenüberliegenden Grossbaustelle sind es ca. 5 Meter, genug Platz also für einen Betonmischer, um diesen auszufüllen und meinen Wohn-und Schalfraum mit mächtig Lärm „aufzumischen“. Ein Klassiker unter den Lärmmachern ist ein Man-Betonmischer LKW mit 411 PS und hochbelastbaren AußenplanetenAchsen, der mit Boshaftigkeit seinen grossen Mischraum dreht. Aber nicht nur die Drehzahlkonstanz beim Mischbetrieb ist faszinierend, der Lärmpegel lässt meine innere Dezibelverträglichkeit schon zur Übelkeit tendieren. Das Baustellenkomplettpaket von gegenüber liefert zusätzlichen, ohrenbetäubenden Lärm gleich kostenlos mit. Nachts wird die Lärmthematik gerne in meinen Träumen wieder aufgegriffen. Zwei Träume haben mir inzwischen geholfen, den Baustellenlärm als meinen Freund anzusehen: Ein Traum handelt davon, dass ich eine Baustelle in Fraggle Rock bin, dem Wohnort der Fraggles aus der gleichnamigen Puppenserie der 80er Jahre. Ich als Baustelle: das hat man sich ungefähr wie in Gullivers Reisen vorzustellen, denn ich liege praktisch auf einem Felssims inmitten Fraggle Rock und die Doozers haben unzählige Gerüste an meinen Körper emporgebaut. Sie bearbeiten fleissig meinen Körper. Bevorzugt dreschen sie mit ihren kleinen Spitzhacken auf meinen Kopf ein und erzeugen somit kaum auszuhaltende, stechende Schmerzen in mir. Sobald die Schmerzen unerträglich geworden sind, tauchen Gobo und seine Fragglebande auf und singen: Sing und schwing das Bein, lass die Sorgen Sorgen sein. In das Lied stimm ein, froh nach Fraggle-Art. Rackern muss man doch, tanzen kann man morgen noch. Mein Freund die Tassen hoch, mit Gobo, Mokey, Wembley, Boober, Red. vorwort drachenmädchen Sing und schwing das Bein, lass die Sorgen Sorgen sein. In das Lied stimm ein, froh nach Fraggle-Art, froh nach Fraggle-Art froh nach Fraggle-Art Danach befreien sie mich von den Aufbauten der Doozers indem sie diese einfach verspeisen. Genau wie damals in dieser Serie. Die Doozers kümmern sich aber einen Dreck um ihre zerstörten und aufgegessenen Bauten, denn die Fraggles und die Doozers lebten ja in Symbiose miteinander: das Verzehren ihrer Bauten bedeutete zugleich Futter für die Fraggles als auch neuen Arbeitsplatz für die eifrigen Wesen mit Bauarbeiterhelmen. Sie fangen also gleich wieder mit den Aufbaumassnahmen an. Ich wache immer dann auf, wenn ich mit den Fraggles Hand in Hand durch ihre Welt laufe und dieses Fraggle-Lied singe. Dieser Traum kann sich bis zu 3 Mal in der Nacht wiederholen. Der zweite Traum handelt von meinem Aufenthalt im Konsonantenland, ein Land in dessen Landessprache keine Vokale auftauchen. Absurderweise leitet sich konsonantisch vom klassischen Hochdeutsch ab, nur dass die Vokale herausgekürzt worden sind. Deswegen wird die Sprache dort mitunter auch als „Vklkrzngssprch“ bezeichnet, was soviel bedeutet wie Vokalkürzungssprache. Die Konsonanten, die Einwohner des Konsonantenlands und nicht zu verwechseln mit der Artikulationsform, haben selbst untereinander Verständigungsprobleme, denn die Sprache ist natürlich total absurd. Die Konsonanten müssen bei der Verständigung ihre artikulierten Plosive, Frikative, Nasale usw. immer wieder im Gedächtnis mit Vokalen auffüllen um dem Ganzen Sinn zu geben. Somit sprach man konsonantisch, aber man dachte bzw. verstand die Sprache im vokaleingebundenen hochdeutsch. Es konnte schon einmal mehrere Minuten dauern bis man wusste, was der Gesprächspartner von einem wollte. Im Konsonantenland waren Geräusche die Basis für Kunst und Literatur. Die Literaturszene im Konsonantenland wurde z.B. ausschliesslich von Baustellenlärm beherrscht. Hier kommen wir also zum Hauptmotiv des Traums. Nirgendwo anders gab es eine so grosse Vielfalt von Geräuschen, der sich die Konsonanten hingeben konnten. So sammelten sich so genannte drachenmädchen Geräuschverschriftlicher vor den Baustellen um Geräusche aufzuschreiben und diese zu dechiffrieren. Dabei wandelten sie die gehörten Laute in eine Aneinanderreihung von Konsonanten um. Kamen gleiche Konsonanten mehrfach hintereinander vor, wurden sie ganz nach entstandenen Sinn gekürzt. Aus diesem Konsonantenüberbleibseln entstand dann die Literatur des Landes. Das künstlerische daran war zweifelsohne, dass man die verschriftlichten Geräusche so mit Vokalen im Kopf auffüllen musste, so dass alles Sinn ergab. Man kann sich vorstellen, dass ungeübte Geräuschverschriftlicher mehrere Jahre brauchten um ein Meisterwerk der konsonantischen Literatur zu verfassen. Natürlich handelte es sich bei dieser Art von Literatur um reine Wahrnehmungsliteratur, denn jeder erfahrene Geräuschverschriftlicher codierte den Lärm auf seine eigene Art und schrieb somit ein anderes Stück mit unterscheidlichem Sinn und kulturellem Wert. Ich habe meine Realität dem Baustellenlärm ausgeliefert, meine Träume hingegen, habe ich dem Wahnsinn verkauft. Für die Logik dieser Träume haftet also allein der Wahnsinn, doch dieser scheint mir tatsächlich Strategien gegen den Lärm aufgezeigt zu haben. Natürlich habe ich im Traum keine Ausbildung zum Geräuschverschriftlicher abschliessen können, aber das Konsonantenland und seine Art Literatur zu schaffen, lassen mich den Baustellenlärm fortan anders wahrnehmen. Inzwischen klingt der Lärm wie Musik in meinen Ohren. Welchen Beitrag die Fraggles daran haben, weiss ich nicht. Baustellenmusik, Donnerstag, den 6.7. Der Lärm folgt logischen und musikalischen Mustern. Das Aufsetzen des blanken Hammerkopfes auf den noch unbearbeiteten Stein richtet sich oft nach einem nicht gerade klassischen aber umso interessanteren 7/8 Takt mit einem Aussetzer auf der 3 und der 5. Das Anschreien des Kollegen setzt zumeist im Offbeat ein und entwickelt sich zu einem imponierenden Verbal-Crescendo mit atemberaubender Artikulationskraft in garantierter Unverständlichkeit. Das damit verbundene Call and Response-Intermezzo konnte mit Schimpfwörtern der miesesten Art abgeschlossen werden. Das Open-Air Konzert dauert bei anhaltendem Sonnenschein von 7 Uhr morgens bis 17 Uhr nachmittags. Danach stehe ich applaudierend am Fenster und teile meine Begeisterung mit aufgrund des schönen Zehn-Stunden dr. nolte berichtet aus dem hirnstrudel 30 31 Konzerts. Die verdutzten Bauarbeiter erwidern meine Anerkennung mit dem Stinkefinger und pöbeln mich durch das Fensterglas an. Ein krönender Abschluss ihrer alltäglichen Performance. Die alten Punker von der Baustelle haben nun Feierabend. Ich höre auch wieder die Einstürzende Neubauten. „Hört ihr den Krach der schlagenden Herzen?“ Ja, ich höre ihn, Blixa. Und zum Einschlafen Throbbing Gristles First Annual Report und klassische Noise Experimente wie Sonic Youths Silver Sessions. Metal Machine Music, Lou Reeds „giant fuck you“ aus dem Jahre 75 weckt mich morgens aus dem Schlaf. Ich stimme lauthals unter der Dusche ein in den Krach: „RRRRRRZZZZZZZGNNNN NNIIIIEEEEHHGRRRRRRqqquiiwpdvsssdddddswwwwrrrrrrrrrsdfkkkrrr rrrroooppppsdssss“ Danach ziehe ich mein Häschenkostüm an und checke noch meine Mails, bevor ich auf die Strasse gehe… On a mission Zunächst mal eine ganz simple Frage: Wo überall kann man Schuhe sehen? Im Schuhgeschäft –richtig An den Füßen von irgendwelchen Leuten –richtig An den eigenen Füßen -richtig Auf der Autobahn –richtig Ist Euch das schon mal aufgefallen? Ständig liegen auf Autobahnen neben Radkappen und Mc. Donalds–Verpackungen einzelne Schuhe rum. Wo kommen die her? Diese Frage ließ mich nicht los, denn jetzt, wo ich darauf achtete sah ich dort immer mehr Schuhe. Immer einzelne Schuhe, die so aussahen als ob sie nicht erst seit gestern da lagen. Wieso schmeißen Leute einzelne Schuhe weg? Aus Langeweile? „Verdammter Stau ! Im Radio läuft auch nur Schrott. Ist mir langweilig. Ich glaub ich schmeiß erst mal meinen rechten Schuh aus dem Fenster.“ Nur so zum Spaß? „ Cool, Heinz ist eingeschlafen. Höchste Zeit einen seiner stinkenden Turnschuhe bei 170 Sachen aus dem Fenster zu pfeffern und im Rückspiegel zu beobachten, wie das Teil über die Straße tanzt.“ Aus Versehen? „Kannst du mir mal bitte einen Deiner Pumps reichen? An der Scheibe sitzt gerade eine Fliege, die ich gerne kaputt hauen möchte.“ „Hier bitte.“ „Danke.“ „Scheiße, jetzt hab ich die Scheibe kaputt gehauen und Dein Schuh ist auch mit rausgeflogen. Tut mit leid mein Schatz.“ „Macht nichts, das kann ja jedem mal passieren. Nur schade, dass Du die Fliege nicht getroffen hast.“ Aus Hass? „Ich hasse Schuhe. Die sollen alle an irgendeiner Autobahn elendig vergammeln.“ Es gab unzählige Möglichkeiten. Wo sollte ich da ansetzen? Erst mal brauchte ich Zeit, viel Zeit. Also nahm ich mir zunächst ein Jahr bezahlten Urlaub um dieses Problem zu lösen. Mein Chef hatte volles Verständnis dafür. Irgend jemand musste der Sache schließlich auf den Grund gehen. Zunächst fuhr ich alle deutschen Autobahnen in beide Richtungen ab um alle Schuhe zu kartografieren. Immer wenn ich einen Schuh sah fuhr ich auf den Standstreifen, zückte meine Polaroid und knipste das Ding. Außerdem markierte ich den Fundort auf meiner Karte. Die ganze Aktion dauerte sieben Wochen, denn ich musste oft rechts ranfahren. Zuhause machte ich mich dann umgehend an die Auswertung der Daten. Gab es Gebiete in denen deutlich mehr Schuhe lagen als anderswo? Nein, Fehlanzeige. Sie waren fein säuberlich verteilt. Insgesamt waren Oh, e-mail für mich…..vom Wahnsinn: huhu arschloch, wenn du denkst, dass du verrückt wirst, ist es das allersicherste zeichen dafür,dass genau das nicht passiert. und ist auch irgendwie logisch. menschen, die wirklich verrückt werden, merken das ja gar nicht. die denken dann auf einmal, sie müssten sich in häschenuniform in die fußgängerzone stellen und allen vom nahenden weltuntergang berichten. und fühlen sich dabei, als sei alles tiptop in ordnung. du bist also auf der sicheren seite. dicken gruss, der wahnsinn [repeat] (geschrieben in einem Gehirnstrudel) dr. nolte drachenmädchen drachenmädchen es 7652 Schuhe. Etwas mehr linke als rechte. Mehr Herren als Damenschuhe. Vom Gummistiefel über Badelatschen bis hin zu High-Heels war alles vertreten. Aber immer nur einzelne Schuhe. Kein einziges komplettes Paar. Als ich vor meiner Karte mit den unzähligen Stecknadeln, die die Fundorte markierten stand, schoss es mir durch den Kopf. Was, wenn das alles kein Zufall war und die ganze Sache die Aktion eines Einzeltäters ist. Irgendwo fährt ein Wahnsinniger mit einem Sack voller Schuhe auf dem Beifahrersitz im Cabrio durch die Gegend und schmeißt von Zeit zu Zeit einen Schuh über Bord. Was soll das? Ich musste anders an die Sache rangehen und auf einen Zufall hoffen. Einen Sechser im Lotto sozusagen. Im Agentenshop besorgte ich mir einige Minisender und machte mich auf den Weg. Wo gibt es einzelne Schuhe? Richtig, auf den Ständern vor Schuhgeschäften. Hier fällt es auch nicht weiter auf, wenn der eine oder andere Schuh auf einmal nicht mehr da ist. Ich war gerade dabei meine ersten Sender an den Schuhen zu befestigen, als sich vor meinen Augen der komplette Ständer mit allen Schuhen in Luft auflöste. Sofort kam eine aufgebrachte Schuhverkäuferin nach draußen gerannt, die die Szene mit eigenen Augen verfolgt hatte. Bevor sie auch nur ein Wort sagen konnte verschwand auch sie von der Bildfläche. Plötzlich wurde mir schwarz vor Augen und als ich wieder zu mir kam befand ich mich in Gesellschaft der Schuhverkäuferin an Bord eines schuhförmigen Raumschiffes. Um uns herum standen diverse Schuhständer inklusive der dazugehörigen Schuhe. Wir waren im Lagerraum der Schuhpiraten gelandet und vermutlich nur durch Zufall mit an Bord gebeamt worden. Diese Vermutung stellte sich sofort als nicht zutreffend heraus als zwei Außerirdische, die sich um uns zu verwirren als Dick und Doof verkleidet hatten zur Tür reinstolperten. Sie brachten uns zu ihrem Chef. Der machte erst mal einen auf großer Gönner und meinte auf den Schreck könnten wir wohl erst mal einen Cognac vertragen. Wir exten das Zeug runter und machten es uns auf der pinken Ledercouch gemütlich, von der man einen beachtlichen Ausblick auf Mutter Erde hatte. Der Chef der Truppe war ein ziemlich cooler Typ Marke Frauenheld. Als er der Schuhverkäuferin vielsagend zulächelte, war die Gute sofort hin und weg. Jetzt wandte sich der Chef an mich. Er meinte, dass er mich schon einige Zeit beobachten würde und dass er befürchte ich könne ihm in die Suppe spucken. Dann packte er aus. Er erzählte von den Kornkreisen, die er mit seiner Crew in den 80ern fabriziert hatte. „Darüber wurden sogar Bücher geschrieben und Dokumentarfilme gedreht. Aber niemand ist uns damals wirklich auf die Schliche gekommen. Irgendwann wurde die Sache busy beatman Nächster Halt Drensteinfurt. „Mein Leben als Zehnpfennigstück“ Es ist Weltjugendtag, nicht zu verwechseln mit Weltjudentum. Und was “You think I ain’t worth a dollar, but I feel like a millionaire” normalerweise in diesem Zug Pendler sind, sind heute Pilger, die den Pabst Hamm, Verkehrsknotenpunkt. Sonntag Nachmittag. Diese Stadt taugt nur zum 33 sehen wollen, den angeblich keiner gut findet. Das ist das postmoderne an Umsteigen; ob von Braunschweig nach Münster oder Heroin auf Methadon. unserem obersten Hirten: Es interessiert niemanden, was er sagt und vertritt. Ein Atomkraftwerk in der Region ist immer ein schlechtes Zeichen. Bloß weg Er ist bloß eine sinnentleerte Ikone, ein Popstar. Daher auch zu Recht das hier. Wir sind heute nicht gekommen um zu bleiben. Scheiße – die regionale Bravoposter. Bei der Messe, auf einem Acker bei Köln, unter dem beleuchteten Bimmelbahn erwischt. Zum Teufel. Wir entern mit einem Schwung sogenannter Baldachin, wirkt er wie ein Elvis, der im Raumschiff auf die Erde niederkommt. Schwarzafrikaner. Was soll das sein? Das Gegenteil von Weißrussen? Otto Religion hin oder her: Die Leute brauchen einfach einen Halt, weil sie zu würde sagen: Schwarze Kopf, schwarze Bauch, schwarze Füß. Aber schwarze schwach sind für das harte Leben hier draußen. Wie Karl Marx schon erkannt Afrikaner? hat Sie ist Opium des Volkes, nicht für das Volk. Die ganze Bahn guckt. Also wirklich die ganze Bahn. Drensteinfurt. Naja,Nächster ist ja auchHalt scheißegal. Würden sie bloß nicht so blöd aus ihrer „Mein Leben alsfür Zehnpfennigstück“ Warum? Was ist das eine Hautfarbe? Oder, wer sind die beiden jungen Leute Es ist Weltjugendtag, zuverdammten verwechseln Christen mit Weltjudentum. Und was Kirchentagswäsche gucken.nicht Diese sehen wirklich think I ain’t worth a dollar, but I feel like a millionaire” (also “You ich) dahinten? normalerweise diesem Zug Pendler sind, sindzwar heuteihren Pilger, die denaber Pabst aus. Undinsie starren einen an. Sie haben Glauben, Hamm, Verkehrsknotenpunkt. Nachmittag. Diese Platz Stadt suchen, taugt nur zumfürchterlich Was ist hier los, muß ich mich fragen.Sonntag Während wir einen freien sehen wollen, den angeblich gut findet. DasSie ist haben das postmoderne sie können nicht glauben, was umkeiner sie herum geschieht. das ganze an obvon voneinem Braunschweig nach Münsterzum odernächsten. Heroin auf Methadon. blickeUmsteigen; ich verblüfft Glubschaugengesicht Was haben unserem obersten Hirten: Es was er ist sagt und vertritt. erklärt bekommen, aberinteressiert was um sieniemanden, herum geschieht unfassbar. Ein Atomkraftwerk der Region ist immer schlechtes Zeichen. Bloß weg Universum die denn? Steht hinter mirinFranz Ferdinand, oder ein was? Er ist bloß eine sinnentleerte einist Popstar. zu Recht eigentlich schon tot, diese Ikone, Welt hier für sie Daher bereitsauch vergangen. Siedas hier. Wir sind heute nicht gekommen um blöd zu bleiben. Scheiße – die Kann regionale Sie sind Ich merke ziemlich bald: Es sind alles einfach glotzende Christen. Bravoposter. der Messe, auf einem Acker Köln,dabei: unterEr dem jetzt schonBei zurück auf diesen Moment undbei denken da, beleuchteten mir Bimmelbahn Zum Teufel. Wir entern einem Schwung in sogenannterblicken man sich darunter erwischt. etwas vorstellen? Sie sitzen da wiemit blöde Tiefseefische Baldachin, wirkt wie ein Elvis, der im Raumschiff auf die Erde niederkommt. gegenüber, er wird zurerHölle fahren. Schwarzafrikaner. Was soll das sein? Dasihnen Gegenteil Weißrussen? Gottes Aquarium. Ihr Bekenntnis sieht man an dervon Nasenspitze an, Otto Religion hin oder her: Dieein Leute einfach einen sie zu Von mir aus. Mittlerweile sind paarbrauchen Wochen vergangen. IchHalt, sitzeweil im Zug würde sagen: Schwarze Kopf, schwarze Bauch, schwarze Aber schwarze welche sie plattdrücken an einer unsichtbaren Glasscheibe, dieFüß. der heilige Geist schwach sindStrecke für dasund harte Karl Marx erkannt auf der gleichen warLeben geradehier dreidraußen. Tage mitWie Queens of theschon Stoneage Afrikaner? ist. Dahinter lauert die große, böse und böse, große Welt. Und wir sind ihre hat SieInistmeiner OpiumHölle des Volkes, für das Volk. unterwegs. könnennicht sie ruhig jeden Tag spielen.. Die ganze Bahn guckt.Sünde. Also wirklich dieEva, ganze Bahn. aus dem Paradies. Vertreter. Die verkörperte Adam und vertrieben Naja, ist ja auch scheißegal. Würden sie bloß nicht so blöd aus ihrer Warum? Was ist das für eine Hautfarbe? Oder, wer sind die beiden jungen Leute Kirchentagswäsche gucken. Diese verdammten Christen sehen wirklich (also ich) dahinten? fürchterlich aus. Und sie starren einen an. Sie haben zwar ihren Glauben, aber Was ist hier los, muß ich mich fragen. Während wir einen freien Platz suchen, sie können nicht glauben, was um sie herum geschieht. Sie haben das ganze blicke ich verblüfft von einem Glubschaugengesicht zum nächsten. Was haben Universum erklärt bekommen, aber was um sie herum geschieht ist unfassbar. die denn? Steht hinter mir Franz Ferdinand, oder was? Sie sind eigentlich schon tot, diese Welt hier ist für sie bereits vergangen. Sie Ich merke ziemlich bald: Es sind alles einfach blöd glotzende Christen. Kann blicken jetzt schon zurück auf diesen Moment und denken dabei: Er da, mir man sich darunter etwas vorstellen? Sie sitzen da wie blöde Tiefseefische in gegenüber, er wird zur Hölle fahren. Gottes Aquarium. Ihr Bekenntnis sieht man ihnen an der Nasenspitze an, Von mir aus. Mittlerweile sind ein paar Wochen vergangen. Ich sitze im Zug welche sie plattdrücken an einer unsichtbaren Glasscheibe, die der heilige Geist auf der gleichen Strecke und war gerade drei Tage mit Queens of the Stoneage ist. Dahinter lauert die große, böse und böse, große Welt. Und wir sind ihre unterwegs. In meiner Hölle können sie ruhig jeden Tag spielen.. Vertreter. Die verkörperte Sünde. Adam und Eva, vertrieben aus dem Paradies. 32 dann einfach langweilig. Die Reaktionen der Erdbewohner auf die immer neuen unerklärlichen Muster in den Kornfeldern ließen nach. Außerdem wurden die Aktionen auch einfach zu aufwendig und kostspielig.“ Also entschied sich der Chief einen Schlußstrich unter die Sache zu ziehen, einen Großteil der Mannschaft zu entlassen und sich einen neuen Spaß auszudenken um die blöden Menschen zu verarschen. Er ließ also eine Schuhkanone bauen mit der er im Tiefflug zielsicher Schuhe auf Autobahnen schießen konnte. Denn da fielen sie am meisten auf und sollten für Verwirrung sorgen. Der Typ hatte einfach einen kranken Humor. Jetzt griff er zum Joystick, mit dem sich das Schuhschiff steuern ließ und setzte zum Sturzflug in Richtung Erde an. Mit der anderen Hand nahm er seelenruhig eine Sandale von einem Haufen und lud die Kanone, als ob er das schon das eine oder andere Mal gemacht hatte. Dann ging alles furchtbar schnell. Wir rasten auf die Erde zu, der Kerl drückte auf den Kanonenknopf und mit den Worten „A31 kurz vor Meppen“ riss er die Karre rum und lachte sich kaputt. Aber warum hatte er uns raufgebeamt? Ganz einfach. Die Verkäuferin sollte bei ihm bleiben und es sah auch so aus, als ob sie nichts dagegen hätte. Ich sollte wieder zurück und der Bild und der Bunten von meinen Erlebnissen erzählen. langweilig. Die Die wollten Reaktionen der Erdbewohner auf die immer neuen und zahlen wollten sie die Sache aber nicht groß genug aufziehen n Muster inauch den nichts. Kornfeldern ließen nach. Außerdem die und ich denke das ist Deshalb gehört ihr jetzt zu denwurden Eingeweihten h einfach zuauch aufwendig und kostspielig.“ im Sinne des Chiefs. d sich der Chief einen Schlußstrich unter die Sache zu ziehen, einen Mannschaft zu entlassen und sich einen neuen Spaß auszudenken n Menschen zu verarschen. ne Schuhkanone bauen mit der er im Tiefflug zielsicher Schuhe auf chießen konnte. Denn da fielen sie am meisten auf und sollten für orgen. Der Typ hatte einfach einen kranken Humor. Jetzt griff er mit dem sich das Schuhschiff steuern ließ und setzte zum Sturzflug Erde an. Mit der anderen Hand nahm er seelenruhig eine Sandale ufen und lud Kanone, mit als ob er das schon das eine oder andere ondie a mission dem beatman hatte. Dann ging alles furchtbar schnell. Wir rasten auf die Erde rückte auf den Kanonenknopf und mit den Worten „A31 kurz vor drachenmädchen drachenmädchen wiesi wiesmann und die christen 34 35 La notte dei morti viventi Momente der Melancholie - so hieß ein Tee, den ich vor einer Woche bei einer Freundin getrunken hatte. Ich kann den Geschmack nicht genau wiedergeben, aber der Name war treffend. „Nein, er war nicht nur treffend, er ist es noch. Er beschreibt haargenau und bis zur kleinsten Nuance mein momentanes Lebensgefühl. Ist es die Jahreszeit? Ist es das Wetter? Suche ich nach Gründen, nach Ausreden oder gar nach Ausf lüchten – Fluchtmöglichkeiten? Ich weiß es nicht. Ich will es gar nicht wissen. Das einzige, was ich gerade möchte ist schlafen. Keinen sehen, mit niemandem reden, nur schlafen. Nichts machen, nichts denken, nichts träumen, einfach nur schlafen. Schlafen, schlafen, schlafen…“ „Dieses gottverdammte, beschissene Telefon!“ Ich hatte vergessen das Telefon auszustöpseln und jetzt riss mich dieser penetrante, markdurchdringende Klingelton aus meinem wohlverdienten Schlaf. Schlaftrunken schleppte ich das, was man für meinen Körper halten konnte, zum Telefon, zögerte kurz und ging dann ran. Es war meine Mutter. Sie machte sich Sorgen, da sie seit Wochen schon nichts mehr von mir gehört hatte. „Ja, es geht mir gut.“ „Was ich zurzeit mache? So dies und das, auf jeden Fall habe ich viel zu tun und bin fast nie zuhause.“ „Ja, vielleicht sollte ich mir mal etwas Ruhe gönnen, da hast Du Recht. Hey, tut mir leid, ich habe jetzt einen echt dringenden Termin und muss wirklich los.“ „Wohin? Das erzähle ich dir später in Ruhe. Ich muss mich jetzt aber wirklich so langsam auf den Weg machen.“ „Ja, ich melde mich.“ „Ja, ich dich auch. Tschüss.“ 12:23 Uhr, 12:37 Uhr, 12:56 Uhr – wie hypnotisiert starrte ich auf die kleine, in mein Telefon eingelassene Digitaluhr. Freute mich darüber, wie schön still mein Telefon doch war und mich einfach in Ruhe ließ. Für Außenstehende mag sich das vielleicht komisch und etwas paradox vorwort drachenmädchen anhören, aber ich genoss die Einsamkeit in vollen Zügen. Ich ließ mich einen arbeitslosen Penner halten. Aber viele Leute traf ich sowieso nie treiben wie ein Blatt vom Wind. und was ist denn auch überhaupt abwertend daran, arbeitslos zu sein? Die Blatt vom Wind. überhaupt abwertend daran, arbeitslos zu sein? Die wenigsten a Den einzigen realen Kontakt zur Außenwelt stellte mein alltäglicher Kioskwenigsten arbeitslosen Menschen haben sich ihr Schicksal ausgesucht. Und Den einzigen realen Kontakt zur Außenwelt stellte mein alltäglicher KioskMenschen haben sich ihr Schicksal ausgesucht. Und dann soll m Besuch dar. Aufgrund der Tatsache, dass ich nie vor 19:00 Uhr aus dem dann soll mal jemand, der so große Töne spuckt von wegen „verwahrlostes, Besuch dar. Aufgrund der Tatsache, dass ich nie vor 19:00 Uhr aus dem Bett der so große Töne spuckt von wegen „verwahrlostes, arbeitssch Bett kam und es auch nur notgedrungen verließ, um mir etwas zu Essen zu arbeitsscheues Pack“ versuchen Tag ein, Tag aus ein Leben zu bestreiten, kam und es auch nur notgedrungen verließ, um mir etwas zu Essen zu holen versuchen Tag ein, Tag aus ein Leben zu bestreiten, das keine v holen oder um auf die Toilette zu gehen, schaffte ich es nie meine Wohnung das keine verpflichtende Tagesstruktur ausweist. Es ist egal, wann man oder um auf die Toilette zu gehen, schaffte ich es nie meine Wohnung vor Tagesstruktur ausweist. Es ist egal, wann man aufsteht und es i vor 20:00 Uhr zu verlassen. Also musste ich, wenn ich denn etwas brauchte, aufsteht und es ist egal, was man macht. Hauptsache der Tag geht irgendwie 20:00 Uhr zu verlassen. Also musste ich, wenn ich denn etwas brauchte, zum macht. Hauptsache der Tag geht irgendwie vorüber. Um da nich zum nächstgelegenen Kiosk laufen und es mir dort besorgen. Meine vorüber. Um da nicht aus der Bahn geworfen zu werden, braucht man nächstgelegenen Kiosk laufen und es mir dort besorgen. Meine Einkaufliste war geworfen zu werden, braucht man schon verdammt viel Selbstd Einkaufliste war eigentlich immer die gleiche – Wasser, Weißbrottoast, schon verdammt viel Selbstdisziplin und am besten ein riesiges Spektrum eigentlich immer die gleiche – Wasser, Weißbrottoast, Nutella, Tomatensoße, besten ein riesiges Spektrum an Interessen und Hobbys. Da sin Nutella, Tomatensoße, Nudeln und Schokolade. Die einzige Ausnahme an Interessen und Hobbys. Da sind die Leute, die für ihre Arbeit und den Nudeln und Schokolade. Die einzige Ausnahme bildete, wie ein Feiertag für ihre Arbeit und den damit verbundenen Status gelebt haben bildete, wie ein Feiertag im tristen Arbeitsleben, der unregelmäßige damit verbundenen Status gelebt haben, aber verdammt schlecht dran… im tristen Arbeitsleben, der unregelmäßige Einkauf von Zahnpasta und schlecht dran… Naja, egal – ich bin ja arbeitslos mit Sinn, also Einkauf von Zahnpasta und Toilettenpapier. Naja, egal – ich bin ja arbeitslos mit Sinn, also Student sozusagen. Mein Toilettenpapier. sozusagen. Mein Leben ist so mehr oder weniger in eine Strukt Das war die einzige Herausforderung, die ich annahm – möglichst lange Leben ist so mehr oder weniger in eine Struktur eingebettet, die mir Halt Das war die einzige Herausforderung, die ich annahm – möglichst lange die mir Halt und Sinn geben kann, wenn ich es denn zulasse od mit dem Toilettenpapier und der Zahnpastatube auszukommen. Früher und Sinn geben kann, wenn ich es denn zulasse oder will. mit dem Toilettenpapier und der Zahnpastatube auszukommen. Früher In den heiligen Hallen „meines“ Kiosks angekommen fiel mir a hatte ich mich noch über diese Spießer lustig gemacht, die Zahnpastatuben In den heiligen Hallen „meines“ Kiosks angekommen fiel mir hatte ich mich noch über diese Spießer lustig gemacht, die Zahnpastatuben die Schlagzeile der Süddeutschen Zeitung (oder war es die FAZ aufschnitten, um auch den Rest herauszubekommen, oder immer nur augenblicklich die Schlagzeile der Süddeutschen Zeitung (oder war es aufschnitten, um auch den Rest herauszubekommen, oder immer nur drei - „Atomstreit mit Iran“. Das Mekka der fried- und freiheitsliebe drei Blatt Toilettenpapier verwendeten – der Umwelt zur Liebe. Scheiß die FAZ?) ins Auge - „Atomstreit mit Iran“. Das Mekka der fried- und Blatt Toilettenpapier verwendeten – der Umwelt zur Liebe. Scheiß auf die – die USA also – forderte die Internationale Atomenergiebehör auf die Umwelt – dachte ich mir früher immer dabei und hoffte ihr mit freiheitsliebenden Menschen – die USA also – forderte die Internationale Umwelt – dachte ich mir früher immer dabei und hoffte ihr mit jedem meiner gegen das böse, muslimische Land vorzugehen und iranische V jedem meiner verschwenderischen Toilettengänge den Todesstoß zu Atomenergiebehörde dazu auf gegen das böse, muslimische Land verschwenderischen Toilettengänge den Todesstoß zu versetzen. Aber es klappte den Atomwaffensperrvertrag an den Uno-Sicherheitsrat zu mel versetzen. Aber es klappte nicht. Sie hatte den längeren Atem. Faulheit vorzugehen und iranische Verstöße gegen den Atomwaffensperrvertrag nicht. Sie hatte den längeren Atem. Faulheit und Bequemlichkeit machten der Sicherheitsrat endlich wirtschaftliche Sanktionen gegen die und Bequemlichkeit machten mich gezwungenermaßen zu einem an den Uno-Sicherheitsrat zu melden. Damit der Sicherheitsrat endlich mich gezwungenermaßen zu einem umweltbewussten Menschen – welch eine Gotteskrieger verhängen könne. Diese Meldung beruhigte mich umweltbewussten Menschen – welch eine Tragödie… wirtschaftliche Sanktionen gegen diese ruchlosen Gotteskrieger verhängen Tragödie… nicht viel geändert in der Welt. Wir, d.h. der Westen, wir waren Der Kühlschrank war leer, die Vorratskiste in der Küche auch - es war mal könne. Diese Meldung beruhigte mich. Es hatte sich nicht viel geändert in Der Kühlschrank war leer, die Vorratskiste in der Küche auch - es war mal alle anderen die Bösen. Alles schön geordnet in schwarz und we wieder „Kiosk-Zeit“. Ich fühlte mich immer ein bisschen wie Mort Rainey der Welt. Wir, d.h. der Westen, wir waren die Guten und alle anderen die wieder „Kiosk-Zeit“. Ich fühlte mich immer ein bisschen wie Mort Rainey in alles schön simpel gehalten. Das war genau nach meinem Gesch in „Das Geheime Fenster“, wenn ich schlaftrunken, mit Dreitage- bis Bösen. Alles schön geordnet in schwarz und weiß unterteilt, alles schön „Das Geheime Fenster“, wenn ich schlaftrunken, mit Dreitage- bis Dreiwochenals die Iraner ´45 das erste Mal „die“ Bombe einsetzten… Halt! Dreiwochen-Bart und langen, fettigen, halb unter einer alten Wollmütze simpel gehalten. Das war genau nach meinem Geschmack. „Damals als die Bart und langen, fettigen, halb unter einer alten Wollmütze versteckten noch mal? Was hatten die Iraner noch mal gemacht? Die Iran-C versteckten Haaren das Haus verließ. Die Leute draußen mussten mich Iraner ´45 das erste Mal „die“ Bombe einsetzten… Halt! Wie war das noch Haaren das Haus verließ. Die Leute draußen mussten mich aufgrund meines – was war das denn noch mal gewesen? Und „die“ Bombe – das aufgrund meines „leicht“ heruntergekommenen Erscheinungsbildes für mal? Was hatten die Iraner noch mal gemacht? Die Iran-Contra-Affäre „leicht“ heruntergekommenen Erscheinungsbildes für einen arbeitslosen USA. Aber wie ging das denn, die gehören doch zu den Guten… Penner halten. Aber viele Leute traf ich sowieso nie und was ist denn auch machte sich in meinem Kopf breit und aus Angst meine Scharz drachenmädchen vorwort 36 37 – was war das denn noch mal gewesen? Und „die“ Bombe – das waren doch die USA. Aber wie ging das denn, die gehören doch zu den Guten…“ Verwirrung machte sich in meinem Kopf breit und aus Angst meine ScharzWeiß-Theorie ernsthaft in Gefahr zu bringen, wandte ich mich „meinem“ Kioskbesitzer zu – er war Iraner. Da stand ich nun. Auge in Auge mit dem Feind. War er womöglich ein Schläfer, der jeden Morgen anstelle des Unterhemdes einen Sprengstoffgurt anzog und eine AK 47 unter der Ladentheke auf bewahrte? Fünf Jahre kannte ich diesen Menschen nun schon und jetzt plötzlich realisierte ich es erst – er war I-R-A-N-E-R. Ich hatte mir früher keine Gedanken darüber Damit sollte meine zweite Lektion im Kiosk beginnen. Aadish blickte mich nachdenklich an und sagte schließlich: „Probleme sind Probleme, mein Freund! Und Leid ist Leid! Du wirst immer Menschen finden, denen es schlechter geht als dir, aber das löst „deine“ Probleme auch nicht. Du musst mit ihnen leben und eine Lösung für sie finden.“ Dies wiederum machte mich nachdenklich. Brachte es vielleicht doch nichts, die eigenen Probleme und das eigene Leid zu relativieren? Brauchte vielleicht doch jeder Mensch seine eigene, persönliche Geschichte für seine Probleme und sein damit verbundenes Leid? Ich erinnerte mich an die Geschichte von einem englischen Fotojournalisten namens Paul Lowe. Struktur und einen Kontext für unser Leben gibt. Ohne sind wir hilflos und können die Dinge, die uns geschehen sind, nicht verarbeiten. Es wird schwierig, gar unmöglich einen neuen Anknüpfungspunkt zu finden, um das eigene Leben weiterzuleben. gemacht, aber jetzt wusste ich ja nun endlich Dank den USA und der Zeitungsschlagzeile was das bedeutete. Gehörte vielleicht auch er zu diesem Terrornetzwerk namens Al-Quaida? Hatte er vielleicht Osama die letzten Jahre über in seinem Lager zwischen staubigen Bierf laschen, Diät-Cola, Zigaretten und Nacho-Chips versteckt? Unterstützte ich etwa mit jedem Einkaufsgang meinerseits einen skrupellosen Terrornetzwerkaktivisten (wie die Presse hierzulande es wohl ausdrücken würde)? Der gesunde Menschenverstand gewann den Kampf in meinem Kopf und ich entschied mich dafür, etwas grau in mein Leben zu lassen. Aadish, der Kioskbesitzer, war Iraner und gehörte trotzdem zu den Guten – so wie wahrscheinlich die paar anderen Millionen Iraner auch… Da hatte ich heute ja mal was gelernt in „meinem“ Kiosk. „Hallo, ich grüße dich mein Freund. Wie geht es dir?“, war Aadishs normale, aber immer herzliche und überschwängliche Begrüßungsformel. „Wie es mir geht? Eigentlich ganz gut. Also, wenn ich das so mit anderen Menschen auf der Welt vergleiche, dann geht es mir eigentlich immer gut. Ich plage mich mit kleinen Problemchen rum, während sie um ihre Existenz und das nackte Überleben kämpfen…“ Lowe hatte mehr als ein Jahr im belagerten Sarajewo verbracht und stellte Anfang 1994 die in der Zeit entstandenen Fotos in einer Kunstgalerie in Sarajewo aus. Zu den Bildern aus Sarajewo stellte der Berufsfotograf noch ein paar seiner Fotos aus, die er wenige Jahre zuvor in Somalia gemacht hatte. Es waren zwei Komplexe seiner Arbeit auf die er stolz war und die er für sinnvoll hielt. Die Menschen aus Sarajewo interessierten sich sehr für die neuen Bilder von der Zerstörung ihrer Stadt, waren jedoch über die Einbeziehung der Bilder aus Somalia mehr als empört. Ihre Leiden neben die Leiden anderer zu stellen hieß vergleichen. Welche Hölle des Krieges und der Gewalt war die schlimmere gewesen? Sarajewo wurde damit zu einem Fall unter vielen. Das Schicksal der Menschen verlor damit seine Einzigartigkeit. Aber waren denn nicht alle Menschen im Leiden gleich? Bluteten wir nicht alle das gleiche Blut? Und vergossen wir nicht alle die gleichen Tränen? „Brauche ich die Einzigartigkeit meines Schicksals damit es erträglicher wird? Damit ich nach Sinn suchen kann, wo ich niemals einen finden werde?“ Ich glaube Aadish wollte mir versuchen zu sagen, dass die Einzigartigkeit unserer Geschichte und unseres Schicksals uns eine hatte ich mich die letzten beide Tage über Wasser gehalten. „Aber ich bin gerade so müde und ich habe keine Lust mehr nachzudenken. Überhaupt zu denken. Schlafen - das wäre jetzt genau das richtige. Ich kann ja auch noch Morgen zum Kiosk gehen und Übermorgen… Und Übermorgen fange ich wieder an, mein Leben zu leben. Mich meinen Problemen zu stellen. Mit meinen Ängsten zu kämpfen. Ja, Übermorgen. Übermorgen ist es so weit. Aber jetzt… Jetzt werde ich erstmal noch für ein paar Stunden die Augen zumachen.“ vorwort drachenmädchen Das alles machte mich sehr nachdenklich. Ich denke noch immer viel darüber nach. „Soll ich vielleicht nachher mal wieder zum Kiosk gehen und das Gespräch mit Aadish fortsetzen?“ Etwas zu Essen könnte ich durchaus gebrauchen, meine Vorräte sind nahezu aufgebraucht. Ich hatte noch eine alte Packung mit Knäckebrot von Wasa gefunden und mit der Herr Solke drachenmädchen vorwort vorwort ana anaconda Zur falschen Zeit am rechten Ort Den Desktophintergrund zum Horizont. Die Sonne steigt und blendet. Dein schwindender Blick auf eine völlig weiße Seite. Nur ein kleiner Schritt zurück. Fort geht alles, was du hattest. Dein kleines Stück vom Glück. Die Nacht und die erfüllten Stunden. Und nun der kleine miese Abgang. Aber wie du mir, so ich dir. Denn das war es, was du wolltest. Hinaus in die Stadt. Ein Gefühl. Gejagt von zu Hause und endlich draußen. Am Ziel deiner Träume. Im Einklang mit den Tönen, die du hörst. Der Weg ist das Ziel. Denn so ist es immer hier. Frag mich nicht was ich gemacht hab. Ganz egal und noch drei Schritte. Denn darauf kommt es gar nicht an. Geatmet? Gelebt? Das ist alles was ich wollte. Denn das ist alles was es braucht. Zumindest hier an diesem Ort. Ein Schwur. Aber bitte nimm mich nicht zu ernst. „Von hier geh ich nie mehr fort.“ Selbstbetrug? Nur zur falschen Zeit am rechten Ort. Du weißt was Atmosphäre ist. Denn du brauchst nur das Gefühl. Das andere nicht empfinden. Ohne welches keiner dich versteht. Vertraute Fremde aller Orten. Es kommt nicht darauf an, was du hier findest. Und bitte keine Fragen. Projektion in lebensgroß. Jede Fassade ein Gedanke. Glatt poliert, bequem und falsch. Oberfläche in Perfektion. Aber bitte nicht dran kratzen. Bis zum Tellerrand und ja nicht weiter. Verdingst dich groß in Illusion. Hier ist alles deins. Alles, das du zu kennen meinst. In gänzlich neuem Licht. Ein Gefühl gejagt, dass Großstadt heißt. Fernbeziehung. Neues Date. Mit allem was es ausmacht. Mit allem was du nicht verstehst. Denn das ist nicht rational. Kopfsteinpflaster. Straßenecken. Leuchtreklamen. Der Leuchtturm, das kleine grüne Schild. Leuchtet dir den Weg. Fünf Buchstaben for ever, ein schwerer Kopf. Jetzt bloß keine Kompromisse. Zuhause in jedem Heimathafen. Autopilot an und Lenkrad los. Ferngesteuert durch die Stadt. Vorbei an ihren schönsten Töchtern. Erkennst mit sicherem Blick ein jedes Abenteuer. Dieser Ort, das große Fass ohne Boden. Was dir zu Hause noch verhasst, bekommt hier die volle Punktzahl. Erklärungen, die du nie brauchtest. Des Rätsels Lösung in Stein gemeißelt. Der Blick in den Hof. Auf das, was früher einmal lebte. Was still vergeht und neu entsteht. In der Jugend schönster Blüte. 20 Meter verdammt Wir schreiben einen Tag. Vielleicht wie jeder andere. Vielleicht weht ein lauer Wind. Vielleicht geht die Welt endlich unter. Vielleicht kommt es zu Komplikationen; in der Liebe, bei der Arbeit, Familie, Finanzen, Freunde, Gesundheit, Aussichten, Zukunft, Wünsche und Träume, Reisen, Bekannte. Etcetera Pepe! Was auch immer das Horoskop verspricht, die Sonne kann trotzdem versinken, der Mond kann trotzdem bluten, der Hund kann trotzdem schlafen. Vielleicht wacht er nicht mehr auf. Wer weiß das schon am Morgen. Die Zeit wird schon alles regeln denkt man sich und vergisst die Autonomie. Wir sind frei, wir können tun und lassen was wir wollen, denn: wir müssen nur woll’n! Life is a rollercoaster, as we know. Du wolltest das schon immer mal machen? Warum dann lange zögern? Auf Frage prallt Gegenfrage. Sie wirkt nicht so belehrend wie ein einfacher Aussagesatz oder gar der Gebrauch der Imperativs, der den Fragenden immer gleich recht bedeppert dastehen lässt; aus den Angeln gehoben, verdutzter Blick, feuchte Hände‚ `was hab ich falsch gemacht’?‚ `was soll ich jetzt sagen’? Wie war doch gleich die Ausgangsfrage? Den Faden nicht wiedergefunden. Also muss ein neuer her. In rot? Nein, zu Standart. Schwarz und weiß sind keine Farben, und farbig sollte das Leben doch schon sein; zumindest ein wenig. Sonst kann man doch gleich zum Ausgangspunkt zurück schwimmen. Wieder hinein, durch die Kindheit, wird man wieder geschlagen, zurück in den Leib der Zeugerin. Alles von vorn! Der Schritt zurück scheint fehlgeschlagen, Haken schlagen Richtung Hölle. Der Strick ist frisch geknüpft. Fast zu frisch, er könnte reißen, da drachenmädchen Wie so oft bleibt alles gleich. Großes Herz und prall gefüllt. Der Untergang, der naht. Wie jedes Mal am letzten Tag. Einmal mehr fort von hier. Fort von dir. Und fort von mir. Ein letzter Blick zurück ins Glück. Die Räder, die die Welt bedeuten. Warst zur falschen Zeit am rechten Ort. hoch hinaus. Stets über alle Zweifel erhaben. Die Sonne brennt dir ins Gesicht. Ab an den Strand. Du bist den ganzen Weg gerannt. Der Wahrheit auf der Spur. Bitte sag mir nicht, wenn du es erkannt hast. Alles was ich weiß: der Teufel liegt im Detail, sowie im Ganzen. Die Wahrheit rinnt dir durch die Finger. Sowie jedes Körnchen dieses Strandes. An vielen Orten und unendlich vielen Plätzen. Im Sonnenlicht auf diesem Tisch. Die schönste aller Perlen. Stolper und fall ihr in die Arme. Sie fängt dich auf und lässt dich nie im Stich. Bist noch immer sanft gelandet. Schließ die Augen und du hörst jedes Meer der Welt. 100 Meter und 2 Welten. Verlass die Loge und träum dich rüber. Stehplatz auf der Gegengerade. Du wirst Realist und willst ganz schnell zurück. Das ewig gleiche Brummen der Maschinen. 40 Fuß mal 40 Tonnen. Das ist Fernweh im Quadrat. Aber leider nur für dich. Kisten, die die Welt bedeuten, sinken krachend in die Luken. Der Stoff für deine schönsten Träume. Drüben wird’s zur Hölle. An Schlaf ist nicht zu denken. Das Meer der Sehnsucht direkt vor deinen Füßen. Realität mit Schützengraben. Ein Graben voller Wasser. Nichts außer Lärm und viel Geschrei. Für dich wird’s zur Musik. Die ganze Welt an einem Ort. Danke an den Schützengraben. Du glaubst du hast die Wahl: fort von hier und ja nie mehr zurück. Wenn du nur wüsstest. Die anderen würden gerne tauschen. Nur einmal verweilen. Nur für den Tag. In 24 Stunden ist alles gelaufen. Für Dich wird es niemals enden. Du hältst es in deinen Händen. Auf Nachschub ist verlass. Allzeit bereit. er noch nicht weise genug ist seine Aufgabe ganz zu begreifen. Vielleicht will er bloß spielen und dann fällt man wieder gen Boden auf die genverseuchte Erde zu den Füßen der Menschheit. Und da liegt man dann; betreten, schwach, dem Ende nah und doch zu weit entfernt. Den Traum vor Augen, die Hand vermag ihn nicht zu erreichen, doch das Herz, er zerrt so sehr. Es verzerrt sich doch fast selbst und man weiß es wird Zeit, und die Vögel zieh`n schon so lange, doch man hat den Anschluss verpasst. Du hast eindeutig nicht genug Sport gemacht in deinem Leben! Und dann lacht er wieder als gäb es kein Morgen mehr, nie wieder. So wie er lacht dort unten muss es recht amüsant sein. Die Sehnsucht schlägt von Innen ihr Begehren; leidet gegen Wände aus Trauer, Angst, Unvernunft, Enttäuschung und dann die letzte dicke, dicke Schicht: Resignation! Wann hast du das letzte Mal geweint? Ich weiß es nicht! Müder Blick schmiert ins Nichts den leeren Kopf. Die Erinnerung verschwindet zu schnell und legt sich schlafen mit dem Hund, dem Räudigen. Zu ausgebrannt zum Gehen; nicht vor und nicht zurück. Blick, Füße, Gedanken, Glaube, Gefühl; ein beispielloser Brei an Lieblosigkeit und zerlebtem Sinn. Sterbenende? Sterbewende? Sterbende Hände! Stumme Wände! Hummeln, die wenden! Wohin zum flennen? Wenig zu nennen! So viel musst du kennen! Das Ziel zu erkennen! Fällt dir nicht mehr schwer! Reflexion – Realisation – Repression - Resignation – Reduktion – Retroversion. 38 39 sailorman sucht die leuchttürme 40 […] Mein Name ist Sharkey. Ich bin Anführer einer Jugendgang. Wir überfallen Zigarettenautomaten und alte Omas, Apotheken und Arztpraxen, weil wir den Stoff halt brauchen, Tankstellen um unsere Feuerstühle zu heizen und wer uns quer kommt, kriegt `n Brett. Ich bin elf Jahre alt. Glaubt mir kein Mensch. Ist auch gelogen. Ich sitze in meinem Zimmer und der Fernseher läuft. Die Dokumentation über den vierten Weltkrieg ist gerade zuende. Das Monitordisplay fragt, ob es mir noch einen Wunsch erfüllen kann. Draussen gleiten zischend die Schwebomaten durch den glatt laufenden dreistöckigen Verkehr. Wenn jetzt nicht gleich das Logofon angeht, hat sie mich wohl vergessen. Ich streichele meinen Katzenhund und gebe ihm einen von den Kaltfischen, die so komisch riechen, wenn man sie nicht ordnungsgemäss lagert. Im Kühlfach. Der Katzenhund schnurrt. Und schmatzt. Und kratzt am Boden rum. Das ist alles Quatsch. Ich drehe seit puffi hat ganz andere probleme 41 4 Stunden ohne Pause Bücher um, die auf einem Fließband an mir vorbeitransportiert werden. Den Buchrücken nach rechts. Nach meinem Arbeitsgang schweisst ein grosser Automat die Bücher ein. Dann werden sie auf einer Palette gestapelt, von einem anderem Automatensklaven mit Gehirn, der zuhause eine Familie hat vielleicht, die zu ernähren sein Job ist. Seine Haare sind grau, waren wohl mal braun, den Schnauzbart rasierte er sich besser bei Gelegenheit mal ab. Jemand holt die Palette, endlich fertig, mit dem Gabelstabler ab und stellt uns eine neue, leere, frische hin, die wir wieder vollmachen sollen. Mit dem Bildband. Über den schönen Landkreis. In dem wir wohnen. Niemand weiss, wer den kaufen soll, aber das macht nichts, weil ich werde für’s Umdrehen bezahlt und nicht für’s Verkaufen. Deswegen habe ich mit dem Projekt ja auch nichts zu tun. An und für sich. Hand auf – Geld rein – Essen kaufen – Zimmermiete bezahlen – weitermachen. Mir doch alles egal. Ist sowieso alles gelogen. Also eigentlich wollte ich erzählen wie das ist wenn man akustischen Täuschungen unterliegt. Wenn man etwas gehört hat, was gar nicht da war. Ein Telefonklingeln. Ein bißchen Musik. Jemand vertrautes, der einen anspricht, aber gar nicht da ist. Wie Opa gelacht hat, als er noch lebte. Wenn Du das hast, denkst Du ganz schnell, Du bist bekloppt, dabei ist das doch nur ein Kurzschluß im Gehirn. Erinnerungen werden von der Bio-Festplatte nochmal abgerufen, direkt ins Ohr geleitet und gefaket. Das ist neudeutsch und bedeutet: gefälscht, nachgeahmt. Die Experten könnten das jetzt genauer erklären, es braucht wohl auch einen Auslöser, ein Startschußsignal, you know, aber ich, bin ich Psychologe oder was? Mein Name ist Pit, ich bin Briefträger, mich gibt es auch als Klingelton zu kaufen. Wenn Laura, meine schöne Kollegin aus dem Weltraum zu Besuch kommt, trinken wir immer Vanilletee, das ist gesund und entspannt; außerdem ist das hier so üblich, um vier Uhr nachmittags einen Tee zu trinken mit Amazonen in gelben GanzkörperAnzügen, sogenannt Overalls. Der Katzenhund frisst auch ordinären Thunfisch aus der Dose, ranzig drachenmädchen oder frisch: egal. Hauptsache ist doch, dass wir nicht direkt an der Autobahn wohnen, da würde man ja verrückt bei dem Lärm. Nein, wir sind hier schön in der Innenstadt, wo all die freundlichen Leute uns ins Wohnzimmer gucken können, da sind wir dann auch nicht so alleine, wenn wir mit uns selbst sprechen. Da haben wir dann Publikum, wenn wir mit dem Spazierstock auf und ab trotteln, tock, tock, tock, quietsch, andere Richtung, tock, tock, tock, quietsch, ja, damit kann man sich schonmal einen Nachmittag lang beschäftigen, das ist noch was anderes, als bloss vor Langeweile zu saufen. Das Logofon hat immer noch nicht geklingelt. Komisch. Vor der Tür sind ein paar 11jährige, ich glaube, die haben gerade einen Slogan an meine Hauswand gesprüht, ich hoffe, sie haben silber gewählt als Farbe und ich hoffe, sie haben sich was einfallen lassen, nicht bloss ihren Namen und dann: war hier oder so. „Nieder mit dem Kapital!“ Oder: „Was soll das eigentlich alles?“ Aber diese Frage stellt ja im allgemeinen keiner mehr. Da drachenmädchen macht man sich verdächtig und der Blockwart von untendrunter meldet das der Geschmackspolizei, weil denen für ihren Geschmack zu viel geschnüffelt wird, wenn man so vor sich hin überlegt: häh? Und diese Sinnkrise manifestiert sich jeden Tag aufs Neue: wenn man mal drauf achtet, kann man das hören. Bloss mal zur Tür rausgehen und warten. Da kommen Menschen an einem vorbei, deren Kopfgeklapper man hören kann, weil das lauter ist als das eigene. Wenn man Glück hat, sehen die einen an und lachen, weil man nicht so aussieht wie die anderen, weil man keine Frisur hat, oder keine Rasur, oder nicht mit Bravour der Mode zum Opfer gefallen ist, weil man sowieso kein Geld dafür hat. Aber Wärme haben die auch nicht in sich. Kein Geld mehr gehabt; nach Abzug der Handyrechnung nichts mehr am Start, was irgendwie Sinn machen würde. Angefangen hat das so vor 20-30 Jahren, da haben Menschen noch miteinander gesprochen. Zum Glück gibt es heute diese Logofone, sogenannte Logs. Ich bin elf Jahre alt und spiele in einer Fussballmannschaft, die mich nicht will. Ich sitze wie immer auf der Bank und der Trainer hat die merkwürdige Idee, mich fünf Minuten vor Schluss einzuwechseln. Was ich in diesem Moment noch nicht weiss: Das macht er, weil er weiss, dass ich nichts mehr kaputtspielen kann und weil er weiss, dass ich zwar schnell laufen kann, aber nicht lange. So hofft er, ich könne mich noch als Wunderwaffe entpuppen. Als der geheimnisvolle Torjäger, den man ganz am Ende noch aufs Spiel setzt, damit er wie ein trojanisches Pferd den Deckel endgültig draufmacht. Ist aber Quatsch. Pferde können gar nicht Fussball spielen. Und ich schon gar nicht. Macht ja nichts, sowieso alles gelogen, ich zieh jetzt meine Folie aus und häng mich aus, ausserdem hat mein Log geleuchtet, Gedankenübertragung, ich bin raus. Bis dahin. Euer Puffi. puffi 42 Heute. Da ist also dieser Typ. Oder, vielmehr, ach, ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Dieser Typ ist ja gar kein Typ, sondern ein Charakter. Ein Original, wie man sagt. So jemand, den jeder kennt in der Stadt. Weil man ihn regelmässig sieht. Geredet hat wahrscheinlich noch nie jemand mit dem. Ist ja auch kein Wunder. Der ist nämlich ein bißchen unheimlich. Wenn man den sieht, dann läuft er irgendwohin. Immer. Der hat aber nie eine Tüte dabei oder sowas. So wie der Dicke mit der Pomade aus unserer Strasse, der immer nur zum Billig-Supermarkt, entschuldigung, Discounter geht und wieder zurück und nirgends anders hin, weil er vermutlich niemanden kennt und Mama ist auch schon tot und die Geschwister bekloppt oder vielleicht können die auch nicht richtig sprechen so wie er oder schlimmer oder so. Aber der, den ich meine, der hat nie eine Tüte dabei. Oder Jutetasche. Beutel von mir aus. Der trägt auch keinen Rucksack, der transportiert nichts. Nur sich selbst. Und vielleicht noch diese Dunstglocke aus tagealtem getrockneten Schweiß, die, man wundert sich, gar nicht so eklig ist, wie man sich das gerne vorstellen möchte. Wenn der an einem vorbeigeht, dann denkt man gar nicht: „Iiihh stinkt der nach Schweiß, der sollte sich mal waschen, sowas Widerliches“, blablabla undsoweiter, daskenntmanja, sondern man denkt:“Oh. Schweiß.“ Das kennt man ja auch, von sich selbst. Sind ja nunmal alle Menschen. Oder Säugetiere oder was weiß ich, auf jeden Fall: alle gleiche Sorte. Und dieser Mann, der hat einen langen Bart. Der Bart sieht genauso aus wie seine Haare: lang, glatt, splissig irgendwie vielleicht, und aschfahl. Also, blond möchte man meinen, aber so graublond. Mal gewesen. Früher. Und die Hose, die der anhat, ist ein bißchen zu kurz. Das war mal modern, dann wieder nicht, und jetzt ist es das wieder, oder auch wieder nicht, oder auf jeden Fall schonmal gewesen. Oder so. So eine Capri-Hose. So heißen die. Benannt nach den berühmten Caprifischern und der Caprisonne, die –das fällt mir ganz ehrlich jetzt zum ersten Mal auf- ja tatsächlich nach diesem Schlager benannt sein muß: „Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt“ und die Schlaumeier nennen ihr Zuckerwasser schön Caprisonne, weil, weiß ja jeder, was der Durchschnittsdeutsche, vor allem der, der in den Fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts in Deutschland aufgewachsen ist, also von all diesem billigen Romantik- und Fernweh-Kitsch, der aber immerhin funktioniert hat, und auch heute noch funktionieren würde, wenn die Leute puffi ... 43 ersma drauf kämen, scheiß auf Mallorca, Italien ist wieder in, dann...häh? Ach ja: Caprihose. Hat der an. Rot ist die. Glaube ich. Vielleicht auch grün oder blau. Auf jeden Fall zu kurz. Oder auch absichtlich so geschneidert, jedenfalls zeigt sie seine dünnen haarigen Beine, wenn der so rumläuft. In der Stadt. Egal welches Viertel. Den siehst Du mal eine zeitlang gar nicht, dann bist Du in einer Gegend, in die Du Dich bloß reinverfahren hast mit dem geliehenen Auto, und dann hälst Du an der Ampel an und wer geht über den Fußgängerüberweg? Der Typ. Also Mann. Der Mann. Den noch nie einer sprechen gehört hat. Ich nicht, und die anderen, ich hab sie nicht extra gefragt, aber ich glaube und werfe das jetzt mal hier einfach so in die Runde: die anderen auch nicht. Der geht an Dir vorbei, grüßt nicht, wäre ja auch doof, der kennt mich ja gar nicht, was hat der mich zu grüssen, und dann triffst Du den wieder in der Mensa, in dieser Studentenkantine, wo die jungen Erfolgreichen Coffee-to-Go trinken und die Langzeitstudenten versager sich am Stammtisch treffen seit 10 Jahren oder so, statt arbeiten zu gehen wie sich das gehört und andere das ja sehr wohl auch können, und da trinkt der Kakao, aber immer alleine. Das alles könnte mir ja auch fürchterlich egal sein. Aber heute ist was außergewöhnliches passiert. Ist ja klar: kein Mensch versucht eine Geschichte zu schreiben, merkt dann zwischendurch, dass er gar nicht in der Lage ist, sich was auszudenken, und dann ist man noch immer so besessen von authentisch sein, das muss aber immer alles authentisch sein, das ist so’n Überbleibsel von dem Punkgehabe, andere sagen „Punkhabitus“, dass man meint, alles müsse immer authentisch sein, aber dann versuch mal `ne Geschichte zu schreiben und alles, was in Deinem Kopf ist, ist der Gang dieses Mannes, immer geradeaus, unbeirrt, jeden Tag, egal welches Wetter, und so eine Geschichte braucht natürlich einen Höhepunkt, eine Irritation, wie in einer Novelle, uraltes Schema auch heute noch, und ja, was ist also passiert? Heute hab ich den Mann, den Typen, in meiner Strasse gesehen. Der geht so auf dem Bürgersteig, guckt so, als denke er an und für sich an nichts, geht mir entgegen, vielleicht sogar auf mich zu, dann an mir vorbei, ich zähle: 1...2... und bei drei hole ich Luft, es sind über dreißig Grad Celsius und da ist der Geruch: „Oh. Schweiß.“ Und der Mann ohne Namen riecht viel besser als ich. drachenmädchen Leben im Konjunktiv Und dann hat er gesagt: „Es gibt Situationen, die wirken wie verpasste Gelegenheiten, sind aber keine.“ Ich war verblüfft. In meinem Kopf war das alles ganz klar: Es gibt Gelegenheiten, und es gibt die Momente, in denen ich aus Zögerlichkeit, aus Dummheit, aus Feigheit, gar aus falsch verstandener Höflichkeit oder aus was-weiss-ich-was für überflüssigen und daher ekelhaften Gründen die Gelegenheiten verpasse, während sie noch kalt lächelnd an mir vorüberziehen. Ich ärgere mich dann über alle Maßen über mich selbst. „Hätte ich doch bloss...“ und „wäre ich...“. Hätte ich bloss die Gelegenheit erkannt, und wäre ich bloss souverän genug gewesen, wäre ich mit mir selbst genug im Reinen gewesen, um die Situation zu überblicken und richtig einschätzen zu können, ich könnte jetzt...was auch immer. Und es nervt mich bis ins Mark: Ich könnte jetzt […] statt […], und […] wäre unglaublich viel besser gewesen als […]. Aber ich musste ja unbedingt […], weil ich doof bin. Und jetzt hab ich es. Das. Und es ist einfach nicht so gut, wie das, was ich mir vorstelle verpasst zu haben. „Es gibt Situationen, die wirken wie verpasste Gelegenheiten, sind aber keine.“ Was soll das überhaupt heissen? Ich wünschte, es wäre Hippie-Gequatsche, dass ich in gewohnt arroganter, herablassender Art und Weise einfach abtun könnte. Aber mir schwant, dass da was ran ist. Mehr als mir lieb ist. Denn: Ich denke, es war eine Gelegenheit, aber zu einer Gelegenheit gehören mehr Personen als nur ich. Gelegenheiten werden geboren aus Kommunikation. Und sei es nur ein Schild auf dem steht, dass ich irgendwas ganz Tolles für nur ganz erstaunlich wenig Geld erwerben könnte; selbst das ist eine Form der Kommunikation. Und hier komme ich langsam an den Punkt: an den Punkt des Missverständnisses. Klar denke ich: Eine Gelegenheit ist eine Gelegenheit ist eine Gelegenheit. Aber vielleicht habe ich auch nicht richtig aufgepasst. Es gibt keine zuverlässige Instanz, die mir bestätigen kann, dass ich hier-jetzt-unbedingt reagieren, zugreifen, am Start sein muss. Die einzige Instanz bin ich, und wer bin ich schon, Dinge zu entscheiden, und das richtig? Eben. Und da stehe ich dann und verliere mich im „wenn“ und „ob“, bin überzeugt, einen Riesenfehler gemacht zu haben, weil ich den Schritt nach vorne rausgezögert habe, rausgezögert und noch ein bisschen gezögert, bis die ‚Gelegenheit’ weg war. Fühle mich wie ein Idiot, weil in meinem Kopf die Gelegeheit zu einer einzigen Einladung mutiert ist, eine Einladung nur für mich, und plötzlich ist da so viel Ich in meinem Kopf, dass ich gar nichts anderes mehr wahrnehmen kann. Als mich. Kurz drachenmädchen später bin ich echt sauer auf mich, weil ich, nur mit mir beschäftigt [„Was soll ich jetzt machen? Was soll ich jetzt machen? Was soll ich...?], paralysiert bloss dagestanden habe. Vielleicht gelächelt. Oder geblinzelt. Oder mich am Bart gekratzt und gelächelt. Aber: War das überhaupt eine Gelegenheit? War es ein Angebot? Hätte ich wirklich einsteigen können in eine andere Zeitlinie, in eine Parallellrealität, und wäre die wirklich besser gewesen? Quatsch mit Soose. Es ist, wie es ist, und, wie er sicherlich meint: Das hat auch seinen Grund. Eine eindeutige Gelegenheit wäre wohl fast zwangsläufig zu einer konkreten Situation geworden. Lose Fäden liegen ja im Überfluss überall rum, es kommt nur auf Dich an, ob Du sie aufnimmst oder nicht. Das ist das Ding. Ja oder Nein. Wenn nicht, dann nicht und das war’s. No Remorse. Leben im Konjunktiv hat noch nie irgendjemanden weitergebracht. Mich auch nicht, übrigens. Die Tagträume, die zu Alpträumen werden, wenn Du sie nicht abschaltest, die Träume davon, was Du hättest machen können, was Du hättest sein können, taugen allemal als Leitfaden, zur Orientierung, aber sie erfüllen ihren Zweck nur, wenn Du Dich ihnen immer mehr annäherst, ganz gleich, in welchem Tempo. In seiner Logik bedeutet das alles: Wenn es wirklich eine echte Gelegenheit war, die Du da gerade meinst, verpasst zu haben, dann kommt sie auch wieder, weil die grundsätzlichen Gegebenheiten sich nicht so schnell ändern, wie Du befürchtest. Morgen ist auch noch ein Tag. Andernfalls hast Du da was verpasst, was gar keine Gelegenheit gewesen ist. Etwas, auf das Du keine Aktien hattest. Von vornherein nicht. Vergiss es: es läuft, wie es läuft. Nicht so, wie es gelaufen wäre, wenn...oder? ... hat recht. Zwischen Kontakt und Rückzug, letztlich Isolation. Ma Gequatsche: Du hast soziale Defizite. So ausgedrückt hö ich Täter und nicht Opfer. Als hätte ich wieder mal versa mich anzupassen. Aber ich will mich anpassen. 45 Nicht in Heute habe ich endlich einen Brief an Oma fertig, an dem ich schon seit 3 Tagen in der jede Krähe nach der anderen hackt. In der Offenh rumgebastelt habe. Ich habe ihr geschrieben. Sie soll mich aus dem Kontakt, Zwischen Kontakt unddass Rückzug, letztlich Isolation. ihrem höher PsychoFremdworte sind.Marion In der mit Egoismus bewertet wird Normal. Ich warte ja auch nicht aufden densie Bus, einen Kumpel undheraushalten. mitsondern meinemauf leiblichen Vater hat, Ich glaube nicht, Gequatsche: Dumich hastist soziale ausgedrückt es sich an alsMenschen sei einSo lassen. Oder inhört der die meisten mindesten somit habe ich Zeit noch etwas zuzuhören. es mit ihm noch einen Weg der Verständigung geben kann. Für dieserDefizite. ichwill Täter und ichich, wieder mal nicht versagt. Als seiWenn ich zuich blöd es bloß zugeben. die Wahl hätte Zeitpunkt längst überschritten. Ich denke mal, ich auch garnicht nichtOpfer. mehr Als mit hättewie mich anzupassen. Aber ichich will mich anpassen. NichtLeben in dieser Gesellschaft genug sein, mein ganz alleine zu leben. Mir selbst Heute habe ich endlich einen Brief an fertig, ankein demStolz, ich schon seit 3diese TagenHaltung ihmOma reden. Es ist der mich einnehmen lässt. Aber der jedeLeben Krähegestrichen nach der anderen hackt. der Offenheit undfest Ehrlichkeit aus mirInselbst zu schöpfen, in mir zu ruhen. Aber di rumgebastelt habe. Ich habe ihr geschrieben. Sie soll ausgehabt, dem Kontakt, habe 35 Jahre das mich Gefühl dass er mich ausinseinem hat. Fremdworte sind. In der höher als das auf einander Ich binbewertet gefangenwird, im System, in etwas, das jeder Mensch den sie mit meinem leiblichen VaterUnd hat, ich heraushalten. glaube dass Keil zwischen denke dieseIch lange Zeitnicht, hat einen uns getrieben, derEgoismus sich ein lassen. OderVerständigung in der die meisten Menschen mindestens genauso kaputt sind Sozialverhalten und soziale Strukturen. Wir werden dam es mit ihm noch einen Weg der Verständigung geben kann. Für mich ist dieser jetzt auch nicht mehr überbrücken lässt. Der Zeitpunkt für eine ich, es bloß nichtausmacht, zugeben. Wenn die Wahl hätte würde gerneAhnen stark mitgegeben desich Verhaltens, das uns von ich unseren Zeitpunkt längst überschritten. Ich ist denke mal, ich Obwohl will auchich garweiß nichtdas mehr mit Teilwie verstrichen. er einen meiner Depression genug Es sein, mein Leben sein ganz alleineeines zu leben. Mir selbst genug zu sein, Kraft Rudels und sozial an dieses Rudel gebunden. Man ihm reden. Es ist kein Stolz, der mich Haltung einnehmen lässt. bindiese ich heute entschlossen den wegAber ohneich ihn zu gehen. muss möglich aus mir selbst zu schöpfen, fest in mir zu ruhen. Aber diesegenommen. Wahl habe Ich ich wusste nicht. nicht, woh schon in der Kindheit habe 35 Jahre das Gefühl gehabt, dass mich ausohne seinem gestrichen hat. daseralles auch ihnLeben zu bewältigen. Ich bin gefangen im System, in etwas, dasheute jeder nicht. Mensch und jedes Tier hat, das es bis Und ich denke diese lange Zeit hat einen zwischen unsLKH getrieben, deranderer sich Aspekt Es ist Keil das erste mal im ein ganz meiner Krankheit Sozialverhalten soziale Strukturen. Wir werden damit geboren. Es ist Teil jetzt auch nicht mehr überbrücken lässt. Der Zeitpunkt fürDepression eine Verständigung angesprochen worden. mit Angst- und Panikattackenund ist schon des eine Verhaltens, dasdie uns Ahnen mitgegeben Ich bin Erzählerin scheintwurde. auch nicht mitTeil dem Bus fahren zu ist verstrichen. Obwohl ich weiß dasrichtig. er einen Teildiese meiner Depression ausmacht, Aber Depression ist nur eine Folge auf Neurose, ichvon im unserenDie eines und sozial an dieses Rudel gebunden. Man hat mir diese Bindung entspannt. bin ich heute entschlossen den weg Laufe ohne ihn gehen. Es muss möglich seinheißt, das der zu Zeit entwickelt habe. Und das dassRudels Verhältnis zwischen derüberlegen, Kindheit wie genommen. Ich wusste nicht, wohin ich gehöre und weiß das alles auch ohne ihn zu bewältigen. mir und meiner Umwelt nicht in Ordnung ist. Ichschon muss in mir ich es bis heute nicht.sehe; wie ich Edda hatte Silvia und Susanne erzählt, dass ich im LKH Es ist das erste mal im LKH ein ganz anderer Aspekt meiner Krankheit anderen Menschen begegne; wie ich mich in diesen Begegnungen ihnen erzählt, dass mich ihr Verhalten damals nach unse angesprochen worden. Depression mit Angstschonwie viel Bereitschaft zum Kontakt ich andere sehe;und wiePanikattacken viel Nähe ich ist zulasse; Die usw. Erzählerin scheint auch nicht mit dem Bus Sie wirkt verletzt hat fahren und ichzubiswollen. heute nicht darüber hinweg bin. richtig. Aber diese Depression ist nur eine Folge auf eine Neurose, die mir ich im ausstrahle; Bereitschaft etwas von preiszugeben entspannt.zusetzen. Neue ihnen die Einladung, sie auf ein Wochenende zu besuch Laufe der Zeit entwickelt habe. UndEs dasistheißt, das dass zwischen schwierig sichVerhältnis mit all meinen Problemen auseinander abgelehnt, weil die Verletzung noch so tief sitzt und ich mir und meiner Umwelt nicht in Ordnung ist. -Ich muss überlegen, Wohnung aber mitmir wem? Rente – wie gehtich sie durch? Geld – wird es für das Edda hatte Silvia Susanne erzählt, dass ich im LKH bin. Und sie hatte emotionsgeladene Situation begeben wollte. Zum andere anderen Menschen begegne; wie ichtägliche mich inLeben diesenreichen? Begegnungen wie ich Rechnungen. All diesehe; unbezahlten Ganz zuund schweigen ihnen erzählt, dass mich ihr Verhalten unserer sehrbehandelt werde. erst,damals als sie nach wussten, dassTrennung ich stationär andere sehe; wie viel Nähe ich zulasse; viel Bereitschaft Kontakt Keine ich Beziehung, vonwie meinen persönlichenzum Problemen. keine Freunde, keinen verletzt undTherapie ich bis heute nicht darüber Plötzlich kam vonGewissen geregt h sich mit hinweg diesem bin. Wissen ihr schlechtes ausstrahle; Bereitschaft etwas von mir preiszugeben usw. Halt. Ich habe zumindest erst mal entschieden, jetzt nochhat keine ihnenDas dieGefühl Einladung, sie auf ein Wochenende zu besuchen. Ich habe das ausgesprochen w und die Einladung aus diesem Grunde Es ist schwierig sich mit all meinen anzufangen. Problemen auseinander zusetzen. Erst muss ich wissen,Neue wo ich hingehöre. haben, abgelehnt, weil die Verletzung nochso solanger tief sitzt ich mich nichtnoch in diese Zeitund dieses Angebot annehmen? Ist es ni Wohnung - aber mit wem? Rente – zuhause geht sie durch? wird esichfür daseine Therapeutin zu sein.Geld Dann– suche mir in meiner Nähe und emotionsgeladene Situation begebenlanger wollte. Zum kam diese Einladung Zeit eineanderen Verständigung nicht mehr möglich ist? M tägliche Leben reichen? All die unbezahlten Rechnungen. Ganz schweigen fange noch mal an. Aber was zu fange ich da an? Einneues Leben? Ist es der erst, als sie wussten, behandelt das werde. vermute mal, dass kann, das d so verhärtet, ich Ich gar nicht mehr glauben von meinen persönlichen Problemen. Keine Beziehung, keine keinen allerletzte Versuch? Ist das Freunde, Leben darauf reduziert immer wieder von dass vorneich stationär mit diesem Wissen Gewissen geregt hat Person gilt. Marion sagt,und ichdie binEinladung ich bin stolz und es ist m Halt. Ich habe zumindest erst mal entschieden, noch keineden Therapie anzufangen?jetzt Immer wieder Weg an der Krisesich zu suchen? Woher soll ihr schlechtes undImmer die Einladung aus diesem Grunde ausgesprochen wurde. KannHaltung ich nachtreibet. Aber is die mich zu dieser ablehnenden anzufangen. Erst muss ich wissen, wo hingehöre. Das Gefühl haben, dieich Kraft kommen, immer wieder neu zu beginnen? wieder aufs so langer dieses Angebot noch Situationen annehmen?gibt, Ist esinnicht so,persönliche das nach soBeziehungen ause denen zuhause zu sein. Dann suche ich mirneue eineden Therapeutin in zu meiner Nähe und Anpassung steilen Grat suchen zwischen und Zeit Individualität. langer Zeit eine Verständigung nicht mehr möglich ist? Meine Front hat fange noch mal an. Aber was fange ich da an? Einneues Leben? Ist es der sich so verhärtet, das ich gar nicht mehr glauben kann, das diese Einladung allerletzte Versuch? Ist das Leben darauf reduziert immer wieder von vorne meiner Person gilt. Marion sagt, ich bin ich bin stolz und es ist meine verletzte anzufangen? Immer wieder den Weg an der Krise zu suchen? Woher soll Eitelkeit, die mich zu dieser ablehnenden Haltung treibet. Aber ist es nicht so, die Kraft kommen, immer wieder neu zu beginnen? Immer wieder aufs das es Situationen gibt, in denen persönliche Beziehungen auseinandergehen neue den steilen Grat zu suchen zwischen Anpassung und Individualität. Normal. Ich warte ja auch nicht auf den Bus, sondern auf einen Kumpel und somit habe ich Zeit noch etwas zuzuhören. 44 Nicht ganz schmerzfrei Eine Lache von Urin in der Bushaltestelle. Es ist heiß. Ich lausche den Selbstgesprächen. Gestern bin ich aus dem LKH entlassen worden. Kaum war ich bei Gisela etwas zur Ruhe gekommen, rief Edda noch mal an. Oma hatte wieder einmal die halbe Verwandtschaft verrückt gemacht. Im speziellen hat sie natürlich Inge verrückt gemacht. Bevor ich eingeliefert wurde, hatte ich Oma und Inge bescheid gesagt, dass ich ins LKH gehen würde. Ich hatte gesagt ich würde mich wieder melden. Im LKH hatte ich mich dann dazu entschlossen, während der Therapie keinen Kontakt zu Inge oder Oma halten zu wollen. Sie wollten mich im LKH besuchen kommen. Aber alles in mir wehrte sich innerlich gegen diesen Besuch. Ich hätte es nicht ertragen können. Omas Sorge um mich und Inges Hilflosigkeit. Oma hat ins LKH geschrieben und auch Geld geschickt. Die Briefe sind nie bei mir angekommen. Also hat Oma auch keine Rückmeldung von mir erhalten und fing an, sich nun Sorgen zu machen. Schließlich hat Inge bei Edda angerufen und sich nach mir erkundigt. Also musste ich gestern Abend noch mal raus zur Telefonzelle. Eigentlich wollte ich den Zeitpunkt selber bestimmen an dem ich den Kontakt wieder aufnehme. Ich wollte selber bestimmen, wann ich die Kraft habe, mich dieser Konfrontation auszusetzen. Aber ich wurde durch Zwang von außen (Oma macht sich Sorgen) dazu gedrängt. Oma war nicht zuhause, also rief ich Inge an. Das Gespräch wogte so eine Weile hin und her und es kam wieder die alte Leier. Wenn wir damals gewusst hätten was so los war, wären wir eingeschritten. Ich kann es bald nicht mehr hören. Vom Nachtrauern kann das Versäumte auch nicht wieder aufgeholt werden und es muss endlich einmal Schluss sein, ständig hinter der Vergangenheit herzuhecheln. Auch will ich nicht, dass ständig in alten Schubladen rumgewühlt wird. Ich bin heute soweit, dass ich die alten Geschichten erst einmal ruhen lassen will. Zumindest innerhalb der Familie sollten sie kein Thema mehr sein. Ich habe auch im Augenblick nicht die Kraft, mich mit diesem Thema auseinander zusetzen. Der Urin stammt von einem rüstigen Rentner, der auf den Bus wartete und während des Monologes hinter das Bushäuschen pisste. Kein Iro, kein Hund. vorwort drachenmädchen drachenmädchen nicht ganz schmerzfrei rosi Mein Telefon klingelt. Wir treffen uns etwas später. In 10 Minuten wäre er aber da. Bitte. Erst fiel es mir schwer, mich zu bemühen und ein Zimmer in einer WG zu suchen. Es ist das alte Lied gewesen: Aktivität aus eigenem Antrieb und Veränderung. Am Samstag war ich völlig fertig, körperlich und mental. Aber jetzt habe ich eine Nacht darüber geschlafen und in mir wächst der Drang, mich nun zu verändern. Ich will jetzt mein eigenes Zimmer und das Gefühl, wieder ein zuhause zu haben. Wenn alles klappt habe ich zum 1.08. ein Zimmer. Es ist keine optimal Raumaufteilung aber man kann was daraus machen. Das WC ist eine Katastrophe. Jetzt muss nur noch der Hauswirt zustimmen. Die Lage ist zentral. Aldi, K+K, Kitzig, Post, Videothek, alles in der Nähe. Allerdings dürfte es wohl ziemlich laut werden. Die Hannoversche Strasse führt direkt daran vorbei. Am Freitag gibt es den Mietvertrag und hoffentlich die Schlüssel. Umziehen kann ich aber noch nicht, weil mein Krankengeld immer noch nicht da ist und ich so kurzfristig auch keinen Termin beim Stadtmobil kriege. Jetzt hoffe ich, das ich ein paar Tage bei Marion bleiben kann. Mein Freund guckte nur komisch auf diese vor sich hin brabbelnde Dame und schüttelte mit dem Kopf. Ich konnte allerdings etwas für mich mitnehmen. Danke. <rosi> Sie steht auf und läuft ein paar Schritte über den Gehweg. Sie erzählt leise etwas das ich aber nicht verstehen kann und setzt sich dann wieder. Sie wirkt zufrieden. drachenmädchen drachenmädchen für Bands und Dienstleister www.starkton.de Wir haben heute mit der N3 telefoniert, Claudia und Bernd sind wieder auf der Station. In unserer gemeinsamen Zeit, die 7 Wochen dauerte, haben wir uns gut verstanden. Wir mussten nicht großartig diskutieren. Es war eine Seelenverwandtschaft da. Wenn wir die Möglichkeit gehabt hätten, hätten wir uns gemeinsam umgebracht. Es ist schon spät: 22.30 Uhr. Es ist nicht gut für mich, an diese Sache zu denken. Sie wühlt mich auf und ich komme nicht zur Ruhe. Bärbel hat heute Abend angerufen. Sie will ihre Schlüssel wieder und den Seidenschlafanzug, den sie mir für` s LKH geliehen hat. Sie machte mir Vorwürfe, das ich mich nicht telefonisch oder schriftlich gemeldet habe. Aber beim Schreiben habe ich im Augenblick eine Blockade. Außerdem fühle ich mich durch diese Erwartungshaltung, die sie an mich hat, unter Druck gesetzt. Und dann ist da noch ihr Doppelzüngigkeit. Mir erzählt sie, sie will mit mir zusammenziehen, Gisela erzählt sie genau das Gegenteil. Dann hat sie Gisela gefragt, ob ich von Edda Geld bekäme. Das ist eine Verletzung meiner Grenzen, die ich ihr nie zugetraut hätte. Ich kann im Augenblick niemandem in meinem Leben gebrauchen, der mir so die Energien abzieht wie Bärbel. Außerdem strengt mich jedes Gespräch mit ihr an und ich habe nicht das Bedürfnis, ihr mein Innenleben zu offenbaren. Ich vertraue ihr nicht mehr. Ich habe ihr bereits am Telefon gesagt, das es zwischen uns eine Zeit des Abstandes geben wird. Und aus heutiger Sicht denke ich, das es auch bei diesem Abstand bleiben wird. Am Mittwoch hatte ich mit Bärbel eine Aussprache. Wir wollten uns treffen, damit ich ihr die Schlüssel, die Karte für die Stadtbibliothek und den Heute morgen habe ich endlich meinen Mietvertrag bekommen. Das Zimmer ist hell, hat eine Schräge, die allerdings sehr hoch angesetzt ist. Es hat ein Fenster mit Rundbogen und einen runden Erker. Die Decke ist kunststoffvertäfelt. Eine Satellitenanlage für das ganze Haus gibt es auch. Ich brauche nur noch einen Receiver kaufen. Mein Mitbewohner zieht in drei Monaten aus und ich kann mir jemanden nach meinem Geschmack suchen. Heute Nachmittag um 16.00 Uhr holt mich Marion ab. Endlich kann ich dieser Spießigkeit und diesem asozialen Touch entfliehen und muss auch ihr Doppelzüngigkeit nicht länger ertragen. Sie hat hinter meinem Rücken Bärbel angerufen und erzählt, wann ich mich mit wem treffe, wann ich in der Eisdiele bin, das ich 4 Kannen Kaffee am Tag trinke. Dabei hat sie so ganz nebenbei vergessen zu erwähnen, das ich die ganzen 5 Wochen auch den Kaffee bezahlt habe. Und das sowohl sie davon mittrinkt als auch ihre Nachbarin. Zu mir hat sie die ganze Zeit gesagt, ich könne mindestens 6 Wochen bei ihr wohnen. Bärbel wusste von Anfang an, das ich zum 1.08. bei ihr wieder würde ausziehen müsse. Zwischendurch hat Gisela schon gefragt ob ich nicht wieder bei Edda wohnen könnte. Am gleichen Tag am Telefon hat sie zu Bärbel gesagt, das ruhig noch eine weitere Woche bei ihr wohnen könne. Davon wusste ich wiederum nichts. Was für ein Kindergarten. Dann hatte Gisela Bärbel soweit gebracht, das sie ohne mein Wissen zu Besuch kommen wollte und zu zweit wollten sie mit mir ein klärendes Gespräch führen. Dem habe ich mich wiedersetzt. Was ist denn das für eine Taktik. Ich lasse mich nicht auf diese Art und Weise in eine Gruppendominanz hineinpressen. Label • Verlag • Servicenetzwerk Ich greife zum Telefon um meinen Freund zu bitten etwas später zu kommen. Sie schaut mich direkt an und spricht noch etwas leiser. Seidenschlafanzug zurückgeben konnte. Dabei erfuhr ich, was Gisela so alles am Telefon erzählt hat. Das sie alleine fürs Wochenende eingekauft hat. Das stimmt nicht. Ich hatte von meinen letzten 30 Euro Brot und Aufschnitt gekauft. Und noch einige Sachen mehr. Auf jeden Fall zeugt die ganze Angelegenheit von Giselas Charakter. Rein äußerlich fällt sie schon voll in das Bild derjenigen Leute, die man immer auf dem Sozialamt sieht. Äußerlich und innerlich gleicht sie einer asozialen Schlampe. Neugierig ohne Ende und auf der anderen Seite dumm wie Bohnenstroh. Als sie Christine im Heim anmeldete muss sie doch gewusst haben das dass Sozialamt alle Bezüge bis auf das Limit kürzen würde. Nun jammert sie ganz Belm voll, wie dreckig ihr es doch geht. Dann das Thema mit ihrem Gewicht. Sie behauptet, das kommt von den Tabletten. Alles quatsch. Was die an Kuchen und Süßigkeiten in sich reinfrisst. Bei jedem Bücken muß sie stöhnen, so fett ist sie. Das ist absolut abstoßend. (ab Auflage 1, inkl. Mastering, Drucksachen, Konfektionierung und/oder Versandservice) auch ohne das ein Streit vorgefallen ist? Könnte ich mich überhaupt noch nach Greven begeben, in diese Wohnung, in diesen Garten, mit dem so viele Erinnerungen verbunden sind? Jedes mal, wenn ich an Greven denke, hab ich die Situationen vor Augen, die in meine und Eddas Trennungsphase fielen. Mir ist gegenwärtig, wie beschissen ich mich gefühlt habe, weil ich damals bereits ahnte, das Edda und Christa etwas miteinander hatten. Wenn ich heute nach Greven ginge, würde ich diese schmerzhaften Gefühle noch einmal durchleben müssen. Professionelle CD Produktion 46 Pferdegebiss das die hat, da denkste doch nicht an Liebe.“ Wen meinsten jetzt“, fragte Chris. „Na die Hillu, die Alte vom Schröder. Wenn die sich liften lässt, sieht die aus wie Michael Jackson. Ha Ha.” “Hast Du gesehen, was der Jackson für Pyjamahosen anhatte. Har har, das war zu komisch, da hat der tausend Millionen und läuft dann in so hässlichen Pyjamahosen rum. Ha Ha.“ „Was machst Du dich denn so lustig? Du mit deinen Baumwollhosen siehst doch auch nicht besser aus.” „Das stimmt, aber ich verdien ja auch nur 1800 im Monat, ha ha.“ Danny nahm noch einen Schluck Bier. „Scheiße, schon wieder alle. Willste auch noch eins?“ Chris schaute auf sein Glas, nickte und nahm einen großen Schluck. „Hey Chef, bring uns noch mal zwei Bier!“ Mit Chef war ich gemeint. Ich stand hinter dem Tresen und zapfte Bier. Die beiden saßen an dem Tisch direkt vor der Theke. Ich zapfte zwei weitere Pils für die beiden und brachte sie ihnen an den Tisch. „Das ging aber schnell, Chef. Auf den prompten Service!“ rief Chris und prostete dabei Danny zu. Ich ging wieder hinter meine Tresen und schaute dabei auf die Uhr. Erst halb elf. Bis zum Kneipenschluss würden noch ein paar Stunden ins Land ziehen. An der Theke hatten es sich in der Zwischenzeit zwei Studenten der örtlichen FH bequem gemacht. Beide waren Anfang Zwanzig und wie es sich für diese Stadt gehört, waren sie dem neusten H&M Trend entsprechend gekleidet. Der eine, der links saß, hatte schwarzgefärbtes Haar, welches er eloquent zurück gegelt hatte. Sein Kompagnon hatte blondes Haar. Seine Frisur nannte man seit geraumer Zeit Beckham- Iro. Wahrscheinlich wollte er wie Robbie Williams aussehen, das wollen ja viele zur Zeit, doch es reichte bei ihm bloß zu Thorsten Fink. Ihr wisst schon, der ehemalige Fußballer von Bayern München, der immer mit vorwort drachenmädchen Stefan Effenberg und Olli Kahn in Münchens Edeldiscos abstürzte. Aber so sahen jetzt ja viele aus. Sie bestellten beide ein Cola- Bier. „Und was hast Du so gemacht in den Ferien?“ „Ach, ich habe ein Praktikum gemacht, in einer Werbeagentur in Frankfurt.“ „Cool Mann, das ist ja echt der Hit? Was hasten da gemacht?“ „Och, nicht so viel. Ging auch nur einen Monat. Die meiste Zeit habe ich mit Tom, so heißt der eine Teilhaber, Kundenprofile erstellt. So Marktforschung. Die versuchen immer die neusten Trends aufzuspüren, damit deren Werbekampagnen auch voll einschlagen.“ „Eh echt, das ist ja cool. Und was ist der neuste Trend?“ „Na ja, der hat noch keinen Namen. Es muss halt jung und frisch rüberkommen, aber trotzdem preiswert irgendwie. Die Leute haben ja auch nicht mehr so viel Geld in der Tasche. Mit den ganzen Arbeitslosen. Die werden doch immer mehr, und da wächst natürlich ein ganz neuer Markt heran. Früher, als es der Wirtschaft noch gut ging und alle Arbeit hatten und Geld und so, da konnte das alles exklusiver sein und teuer. Aber jetzt, da ist das echt schwierig. Die Leute kaufen ja weniger. Die müssen jetzt genauer schauen, was sie mit ihrem Geld machen. Da schauen die natürlich viel genauer, was das alles kostet und kaufen natürlich das, was am billigsten ist.“ „Ja stimmt man, ist echt scheiße zur Zeit. Mein Alter hat auch nicht mehr so viel Geld und hat mir jetzt auch die Unterstützung gekürzt. Da muss ich jetzt auch schauen, was billiger ist.“ „Siehste! Aber du kaufst dir doch auch keinen Scheiß aus dem 1,-Euro Laden. So billig darf es dann auch nicht sein.“ „Genau!“ „Und das ist ja jetzt das Problem der Werbeindustrie. Die müssen da jetzt drauf eingehen, das die Leute nicht mehr so viel Geld haben, nur so nen Türkenbillig Scheiß will auch keiner haben. Gut aussehen muss es trotzdem. Die Leute haben ja auch Ansprüche. Die haben vorher viel mehr Geld gehabt und Kneipengespräche “Ha Ha, Jobgipfel. Körperschaftssteuer runter, Unternehmenssteuer runter, aber die Tabaksteuer erhöhen sie immer weiter. Mit uns Rauchern kann man es ja machen.“ Zornig griff er nach seinem Bier und trank hastig einen großen Schluck. Hat sich dein Scheiß BVB doch noch gerettet, Chris. Da steckt doch die Mafia dahinter, das die noch ne Lizenz kriegen. Da stecken doch die Jugos dahinter.“ „Ach Danny, halt doch das Maul. Du hast doch keine Ahnung. Solltest nicht soviel Scheiße erzählen, sonst ergeht es dir wie der Simonis. Har Har. Das hat die voll verdient, die blöde Sau.“ „Was hat denn die Alte mit dem BVB zu tun? Aber gerecht geschieht ihr das schon. Wie die schon aussieht. Die könntest Du mir nackt auf den Bauch binden und ich würde keinen hoch kriegen?“ Lachend klopfte er sich auf den Oberschenkel. Chris, der gerade einen Schluck Bier zu sich nahm, versuchte das Lachen zu unterdrücken, schaffte es aber nicht und prustete das Bier auf den Tisch. „Ha ha, du Vollidiot. Nicht mal trinken kannst du.” „Ha ha, Halst Maul! Die Simonis nackt, Bäh!. Die ist ja fast so schlimm wie die Merkel. Da geht einem doch alles ab. Deren Männer sind bestimmt schwul.“ Danny fingerte eine Zigarette aus der Schachtel, griff nach dem Feuerzeug und steckte sich die Zigarette an. Chris nahm noch einen Schluck Bier. „Aber sag doch mal, das ist doch scheiße alles. Da sperren die für den Bush ne ganze Stadt ab, das kostet Millionen und bei Opel müssen die Leute gehen. Aber für den Bush, das Arsch, da haben sie die Kohle übrig. Da geht es ja ums deutschamerikanische Verhältnis. Das da Tausende jetzt auf der Straße stehen, das juckt die in Berlin doch nicht. Unser toller Herr Schröder kauft sich einen Hund und adoptiert ein Kind. Bringt es wohl nicht mehr, ha ha, der Saftsack.“ „ Na das musste doch aber verstehen. Bei dem 48 49 drachenmädchen vorwort vorwort drachenmädchen der Typ heute morgen. Es hat natürlich mal wieder länger gedauert auf dem Amt...“ „Wie immer...“murmelte Danny. „...und ich dass da acht Uhr morgens vor den Media Markt, wenn es da an dem Tag keine Mehrwertsteuer gibt, um sich einen neuen DVD- Player zu kaufen. Director? Keine Ahnung, aber hört sich ganz schön hochgestochen an. Aber doch schon irgendwie besser als ‚Gas-Wasser-ScheißeInstallateur’, findest Du nicht“, fragte Danny grinsend. „Da haste schon recht, Du Arsch!“ sagte Chris und musste lachen. „Office Chief Producer Assistant hört sich schon besser an, als ‘Gas-Wasser-Scheiße-Installateur’, aber der ‚Gas-Wasser-Scheiße-Installateur’ fliegt mit Sandra und der Arbeitsamtkohle auf die Malediven und macht den Rest schwarz, während der Chief Producer Assistant auf die neusten Sonderangebote bei Saturn wartet und sich dabei umschulen lässt!“ Als er das gesagt hatte, musste Chris losprusten und fing lauthals zu lachen an. Danny tat es ihm gleich und fing ebenfalls zu lachen an. „Mach mal zwei Klare klar!“ rief mir Danny zu und musste dabei noch mehr lachen. Ich blickte auf die Uhr. Halb eins. „Noch eine halbe Stunde“, dachte ich zufrieden, drehte mich zum Schnapsregal um und griff nach dem Doppelhäuser. habe morgen um acht Vorlesung.“ „Um acht Uhr schon Vorlesung? Man, das ist echt früh, aber Du bist ja auch eher der Strebertyp.“ Er grinste. „Hey Barkeeper, die Rechnung bitte.“ Sie bezahlten ihre Cola- Biere und verließen die Kneipe. „Hey Chef, bring uns noch mal zwei Bier“, schallte es vom Tisch vor der Theke. Ich zapfte zwei neue Pils und brachte sie Danny und Chris an den Tisch. „Chef, bist heute voll im Rekordzeitfieber, ey echt.“ Dann wandte er sich wieder Danny zu. Ich räumte die beiden leeren Gläser ab und stellte mich wieder hintern den Tresen. „Habe ich dir schon von dem Typen erzählt, den ich heute morgen im Amt kennen gelernt habe?“ „Nö“ antwortete Danny und fingerte sich eine Zigarette aus der, auf dem Tisch liegenden, Zigarettenschachtel. „Ist kein Problem Danny, kannst dir ruhig eine Zigarette nehmen. Brauchst nicht zu fragen. Nee, also, kam, ist die Firma in der er gearbeitet hat, auch pleite gegangen und er war natürlich arbeitslos. Und jetzt findet er nichts, weil die Branche voll am Boden ist. Der muss jetzt sogar eine Umschulung machen.“ „Krass. Aber, der ist doch voll das gute Beispiel. Der hat doch früher bestimmt einen guten Lebensstil gehabt und den will er jetzt doch nicht aufgeben. Das wäre doch auch voll die Niederlage für den.“ Er nahm einen großen Schluck von seinem Cola- Bier. Dann steckte er sich eine Gauloises Legère an und sprach weiter: „So persönlich. Ist bestimmt Top ausgebildet und so und echt fit in seinem Metier und muss sich jetzt trotzdem in der Schlange im Arbeitsamt, mit den ganzen Pennern zusammen, anstellen. Der will doch nicht zu den Verlierern gehören! Und das will der doch nicht, daß das jemand sieht. Und der ist jetzt ja ne ganz neue Zielgruppe. ‚Geiz ist Geil’ und so, ist ja eher was für Friseusen und Heizungsbauer. Die stellen sich da um halt so rum und musste warten bis ich dran bin und neben mir saß so ein junger Typ. Der war so Mitte Zwanzig. Sah eigentlich ganz gepflegt aus. So ein Geleckter halt. Der sah aus wie so ein Möchtegern Robbie Williams. So mit diesem Pseudo Irokesen. Mann, dem hätte man früher echt das Fressbrett poliert für diese Frisur. Aber ist ja alles nicht mehr so wie es war. Ist ja alles hip jetzt.“ Dabei musste er bitter lachen und trank noch einen Schluck aus seinem Bierglas. „Jedenfalls“, fuhr er fort, „kam ich irgendwann mit dem ins Gespräch. Was er denn hier so macht, habe ich ihn gefragt. Naja, arbeitslos, wäre er, hat er geantwortet. Und so kamen wir ins Gespräch. Früher hatte der mal bei einer IT- Firma gearbeitet und voll die Kohle gescheffelt. Hat auch viel mit Aktien gemacht damals, am neuen Markt. Und als das dann alles den Bach runter ging, machte halt seine Firma pleite und er wurde entlassen. Seine Aktien waren natürlich auch voll für´n Arsch, da er auch nur in so Start- Up Klitschen investiert hatte und die sind ja alle abgeschmiert wie die Fliegen...“ „Boah, hör mir bloß auf damit, da kann ich dir was...“ „Um dich geht’s jetzt doch gar nicht“, unterbrach ihn Chris entrüstet. „ Na jedenfalls, ist der jetzt arbeitslos und die ganze Kohle die er im Boom gemacht hat, ist auch weg. Und jetzt hockt der da auf dem Arbeitsamt mit irgendeinem Job, den die auf dem Amt gar nicht kennen. Office Director Assistant oder so, hieß dem seine Tätigkeit und so was sucht ja niemand. Und der findet auch nix. Und irgendwie schwarz was nebenher verdienen könnte er damit auch nicht, meinte er. Jetzt muss er eine Umschulung machen. Arme Sau. Office Assistant Director. Was soll das denn überhaupt sein?“ Danny zuckte gelangweilt mit den Schultern, zog ein letztes Mal an seiner Zigarette und drückte die Zigarette dann im Aschenbecher aus und trank einen großen Schluck Bier. „Assistant Office Aber dein Kumpel will sich doch nicht mit so nem Handwerker um einen DVD- Player prügeln. Wollte ich auch nicht. Der will schon was Exklusives. Der will unter sich bleiben. Und das ist ein ganz neuer Markt für die Werbung. Lifestyles kreieren, die zwar exklusiv erscheinen und trotzdem bezahlbar sind, auch für nen arbeitslosen IT- Fuzzi.“ „So wie H&M oder was? Das sieht ja auch nicht so billig aus, ist aber trotzdem bezahlbar. Da hat ja jetzt auch der Lagerfeld Mode für entworfen.“ „Ja, so in der Art. Natürlich schon ein bisschen anders, aber schon Lagerfeld für den kleinen Geldbeutel. Das ist halt die Zukunft. Machen doch alle. Selbst Mercedes baut jetzt Kleinwagen.“ „Stimmt!“ Er schaute auf sein leeres Glas, dann auf die Uhr auf seinem Handy. „Lass mal bezahlen. Ist schon spät, ich jetzt mit weniger in der Tasche, müssen die natürlich die Ansprüche runterschrauben, aber so aussehen, wie ein arbeitsloser Penner will auch niemand. Auch wenn sie es sind. Arbeitslos ist doch echt das Letzte. Da biste voll marginalisiert.“ „Biste was? Margi... was?“ „Marginalisiert heißt das! Im Abseits stehen halt.“ Er nippte an seinem Cola- Bier unf fuhr fort: „Arbeitslos hat ja auch einen schlechten Ruf. Das waren früher nur Penner, Alkis und so, die arbeitslos waren, und die ganzen faulen Schmarotzer, die nicht arbeiten wollten. Aber jetzt sind das da auch gute Leute dabei. Denen halt gekündigt wurde, weil es der Firma so schlecht geht, und nicht weil die schlecht gearbeitet haben.“ „Ja, stimmt. Ein Kumpel von meinem Bruder, der hat früher in der ITBranche gearbeitet und als der Börsencrash 50 51 drachenmädchen vorwort 52 Trolley-Koffer Ich hasse Trolley-Koffer. Sie sind die Geißel der Menschheit, die Pest auf den Bahnhöfen und Flughäfen dieser Welt. Gezogen von stupiden Menschen, die nicht zu begreifen scheinen, daß der Kurvenradius ihrer rollenden Bomben viel kleiner ist, als ihr eigener. Ursprünglich waren Trolley-Koffer eine Koryphäe, die man eher den über sechzig-Jährigen zugeordnet hätte. Sie waren meist schottisch kariert, eckig und die Radgröße überstieg wohl häufig das polizeilich zugelassene. Für das soziale Gefüge waren sie aber nicht weiter beachtenswert, da ihre Aufgabe fast ausschließlich darin bestand, Schwarzbrote, Rothändle Packungen und Corega Tabs-Familienpackungen von Tante Emma nach Hause zu hieven. Irgendwie haben diese an sich ja so harmlosen Dinger es aber dann geschafft, sich in die „junge“ Generation einzuzecken. Jetzt gibt es plötzlich Sporttaschen mit Rädern, Rucksäcke mit Rädern, Reisetaschen mit Rädern und, davon gehe ich aus, wohl auch Schminkköfferchen mit Rädern. Und warum? Sind wir alle so faul geworden, daß es die gute alte Jutetüte, der klassische Rucksack oder Opas verstaubter Lederkoffer nicht mehr bringen? Oder hat sich das Gewicht, daß wir im Durchschnitt mit uns rumschleppen etwa erhöht? Wohl kaum, denn so weit ich mich erinnern kann, habe ich noch nie einen Kiepenkerl mit Rollen an seinem Korb oder einen Reinold Meßner mit Rädern an seinem Bergsteigerrucksack gesehen. Sollte es also wirklich so sein, daß diese Dinger nur verkauft werden, damit man seine Mitmenschen damit quälen kann? Sind sie eine geschickte Erfindung der Kommunisten, um das kapitalistische Regime sich selbst zerstören zu lassen? Oder werden darin etwa alte Brennstäbe aus diversen Ostblockstaaten versteckt? Ein Trolley-Koffer verlängert einen Menschen um das drei- bis vierfache und erhöht damit natürlich auch das von ihm beanspruchte Platzvolumen. Er bewegt sich in einer schmerzhaften Höhe von ca. 50 Zentimetern, was ungefähr dem Bereich zwischen Fuß und Knie entspricht, grundsätzlich im toten Winkel und verursacht Verletzungen wie überrollte Zehen, abgeschürfte Schienbeine und geprellte Knie. Von seiner Eigenschaft als Stolperfalle ganz zu schweigen, was den Verletzungsradius dann auch auf ausgeschlagene Zähne, aufgeplatzte Schädeldecken oder gleich abgetrennte timmi und die trolleypathen 53 Gliedmaßen erweitert. Hinzu kommt die psychische Belastung durch den Stress, dem man ausgesetzt ist, wenn man ständig wie ein Hürdenläufer zwischen diesem Trolley-Terror hin- und herslalomt. Man hat auch schon von Opfern gehört, deren Kiefer zerbarst, weil ein Ellenbogen, dessen Besitzer gerade, wie beim Nachladen einer Pumpgun, den, wahrscheinlich ergonomisch geformten Griff, nach oben herauszog und dabei genau in‘s schwarze traf. Es versteht sich von selbst, daß ich da einfach mal Bösartigkeit unterstelle. Sollte man an Bahnhöfen und Flughäfen nicht Sonderbereiche (oder besser „ausgesonderte“) Bereiche für Trolleykofferbenutzer einrichten? Brauchen wir nicht wenigstens ein Verkehrsleitsystem was das unschuldige Freiwild von diesen Raubtieren absondert? Können wir diese asozialen Sicherheitsrisiken nicht einfach verbieten oder wenigstens die Todesstrafe für die Benutzung verhängen? Und ganz nebenbei: wer hat sich eigentlich diesen beschissenen Namen ausgedacht? „Trolley“ ist so schmerzhaft nichtssagend. Wenn es wenigstens „Rollikoffer“ geworden wäre, was einen potentiellen Käufer schon wegen des „süßen“ Namens abschrecken würde. Oder „Trolli“ womit dieser Wahnsinn dann als rosafarbenes Accessoire auf ewig in die Kinderzimmer dieser Welt verbannt wäre. Habe ich schon erwähnt, daß Trolleykoffer nebenbei auch noch total laut sind und die Schmerzgrenze von 120 Dezibel ganz locker sprengen, wenn man gezwungen ist, hinter, vor oder neben einem Trolleypathen laufen zu müssen und nicht das Glück hat, einen glatten Untergrund belaufen zu dürfen? Ist eigentlich noch niemand auf die Idee gekommen, daß sich Trolleykoffer hervorragend zum Verstauen von Bomben, Kettensägen und anderen Utensilien eignen, die man heutzutage braucht, um als Sicherheitsrisiko zu gelten? Anscheinend nicht, denn sonst wären die Tage, an denen öffentliche Plätze mit ihren Anblick verschandelt würden, wohl bald gezählt...da läßt sich doch bestimmt was machen. drachenmädchen Marco Schnell Ich habe mich gerade rasiert und übergieße mich jetzt gerade in diesem Moment mit Benzin. Wenn sie da rauskommt, weiß ich so ungefähr was vor sich geht. Sie steht vorm Spiegel und ihre Angst isst mit. Sie kommt rein, wie ein aufgeblähter Finnwal und nur ich bin ihr Atlantik. Ich weiß um so einiges was sie betrifft, aber nichts angeht. Mein Appetit hält sich auch länger schon in Grenzen. Weiß nicht wohin mit all dem Zeug. Sie stellt wohl zu viele Fragen wie „Wann denn mal nicht?“ Ich war vermutlich nie lang genug allein, um mal zu wissen, wie das wirklich ist. Aber das hält mich ja auch von so einigem ab. Das weiß ihr dann doch wieder zu gefallen. Sie bedient, sexy wie gewohnt und noch immer nicht erwartet, den Fernseher und ich sitze bloß dumm rum. Mit einem Instrument auf meinem Schoß und immer noch Füßen ohne Strümpfe. „Noch kurz zum Föhnen muss ich rein.“ „Wie lange noch bei Dir?“ Ich also rein irgendwann nach ein, zwei Liedern und sechs Minuten TV. Ich weiß genau was sie jetzt macht. Sie zerstört ihre Frisur, die bisher noch keine war und macht sich fertig. Sich und andere. Sie wittert ein Verbrechen, das in ihren Haaren steckt und lässt nichts unversucht. Was sie dabei erreichen will, habe selbst ich noch nie gesehen. Interessieren würde es mich ja schon mal, aber das dauert mir wohl zu lange. Jetzt wieder meine Angst. Esse Müsli mit Quark. Ich spüre den Brei langsam hochsteigen und dann fällt alles von mir ab. Eine Last, gefolgt von Befreiung. Ein Siegesrausch. Ein wirkliches Gefühl. Schaue auf mein Handy. 23:47 leuchtet es da leicht bläulich. Eigentlich ist es sogar ziemlich grell und ungemütlich. Aber wer setzt sich schon freiwillig auf sein Handy. Ich nicht, weil ich es noch brauche. Wir sitzen gleich im Auto und sind ganz schön verliebt… Ich hasse es, neben schönen Menschen Auto zu fahren. Der Airbag würde bestenfalls mein Profil retten. Meine Knie pressen sich an die Heizung, die nur Krach schlägt. Wird sie jemals unerwartet vor meiner Türe stehen und mein Handy in Aufregung versetzen? Sie ist unzufrieden. Und ich kann das nicht verstehen, schließlich ist sie ja gewissermaßen im selben Raum. Wie kann so was überhaupt sein? Plötzlich erreicht mich eine Kälte. Pass´ auf, wenn Du von mir ablässt! Du könntest bemerken, wie kalt es hier bei mir ist. Und dieser Kälte entkommst Du nicht, indem Du die Heizung aufdrehst. Neapel sehen und sterben… marco schnell <schwalbenmö[email protected]> marco schnell <schwalbenmö[email protected]> 54 magdalena wir befinden uns mitten in der stadt in der wir leben, laufen langsam gemeinsam durch die unzähligen schluchten moderner architektur. „und so jetzt?“ frage ich ihn an, und hoffe die schallwelle meiner stimme wird sein gesicht eindrücken, verändern, es ihm nicht lassen. ihn gegen die wand schleudern vor der wir stehen, ihm nicht die möglichkeit auch nur der kleinsten bewegung gönnen. deformierte zähne, froschaugen, segelohren, seine haare sollen wie von einem orkan ausgerissene bäume davonfliegen. ihn als glatzköpfigen gnom zurücklassen. kann mich selbst nicht ernst nehmen, höre die souffleuse aus ihrer in meinem hinterkopf gegrabenen lücke „falscher text, falscher text“ flüstern, bis es sich zu einem schrei des regisseurs ausweitet, licht, kulisse, komparsen, alles okay, falscher text, unglaubwürdig, täuschend, trügerisch, wie zoos zur artenerhaltung, sektpartys zum spendensammeln, krieg für frieden, sex für die jungfräulichkeit, wie trauernde, denen die tränen vor lachen aus den augen quellen, als wollten sie gleich mit raus, um den anblick ihrer eigenen verlogenheit nicht mehr ertragen zu müssen. es ist ein wunder das ich mich ohne rückgrat immer noch auf den beinen halte, in seine augen starre und seine worte höre. warum sollte ich zuhören? warum sollte ich etwas sagen? schweigend guckt er mich an. wartend. diskrepanz in den eigenen reihen. „warten?“ worauf denn, dachte ich noch kurz, als ich seine hand losließ und vorwort 55 wegging. „wenns schimmelt wird’s gefährlich.“ kam mir auf einmal in den sinn. ein satz den meine freundin heute zu mir gesagt hatte, als wir über küchenhygiene sprachen. ich muss aufräumen. wendete den kopf in die andere richtung und lief los. kopfsteinpflaster. ziellos fliegen vögel über mir, während haare in meine augen fallen. ein auto hinter mir, sein geruch in der nase. schnelles laufen durch eine unbemerkte umgebung. tauben, autos, regen. endlich zuhause, fenster öffnen. kaffee kochen, dann mal weiter schauen. bringt nichts neues, immer noch dieselben vier wände mit tür die mich umgeben. im radio sagt der sprecher, das auf der autobahn 4 ein kind auf der fahrbahn spielt. ich weiss noch nicht mal wo das ist und zum spielen hab ich auch keine lust. der kaffee ist heiß, eine letzte tasse, bevor ich los muss. arbeiten. die sonne steht knapp unter den giebeln der umliegenden häusern. ihre strahlen beschreiben die konturen der gebäude, vor dem hintergrund der aufziehenden regenwolken. ich laufe langsam. bleibe auf dem weg zur ubahn vor einem buchladen stehen und nehme ein buch aus der auslage. „vegetarisch kochen – vollwertkost geniessen“. auf dem cover ist ein gericht abgebildet das scheinbar nur aus salatblättern und körnerhäufchen besteht. liebevoll garniert mit einer zur rose geschnitzten karotte. ich hasse gesundheitsvegetarier. In der u-bahn kaufe ich eine strassenzeitung von jemanden der schon an der nächsten haltestelle wieder ausgestiegen war. arbeiten. den lebensunterhalt verdienen. sich nützlich machend beteiligen. beteiligen an dem grossen traum. wohlstand für alle. glücklich leben. den drachenmädchen teil vom kuchen ergattern. sich einreihen in die front der arbeiter. in die gesellschaft. ihr ein nützliches glied sein. in talkshows sitzen und aufzeigen wer vater staat und mutter land ruiniert. warum alles kaputt geht. ohne zu erkennen das wir uns wie in einem schleudersitz unaufhaltsam einer betonwand nähern, kein notausgangsschild, keine pfeile nach draussen, keine ausstiegsluken, eingeschlagenen scheiben oder doppelte böden. sie zeigen stattdessen wer die wahren mörder unserer eltern sind. wo sie sitzen. auf parkbänken. auf anklagebänken. in arbeitsagenturwartezimmern und auf bahnhofsvorplätzen. ein glied dieser gesellschaft die sich selber frisst. die mehr neid versprüht als feuer funken. die kollektiv der lüge folgt. ihr zustimmt, sie trägt. jede sekunde ihres lebens. unmöglich geschlossen zurückzutreten. alle warten auf den ersten moment schwäche, das zuckende augenlid, die erschlafende bewegung. ich wünschte wir wären schneller, die wand nur millimeter entfernt, das ende wirklich zum greifen nah. doch der pilot ist gerissen, reisst das steuer im letzten augenblick nach rechts. nennt es freies europa. 25 statt 15. und alle wollen es erleben. mehr arbeit für weniger geld trotz ausreichender güter. der pilot hält am drive-in. kauft das maxi menü mit extra wurst, lässt sich einen aufschlag geben. bedankt sich, hinterlässt einen guten eindruck. die frisur sitzt. mit allen wassern gewaschen. ob spree, themse, po oder seine. so in etwa sieht es aus, denke ich. dennoch ziehe ich waren über das fliessband. monotones piepen. bestätigung der wahrnehmung. danke technik. eine letzte untrügliche konstante. mein namensschild suggeriert die überwindung der anonymität und ei rentner fragt mich wo die rosinen sind. bei den müslizutaten sage ich und er glaubt es. drachenmädchen neonlicht wirft blasse schatten durch die lücken, die regale, dosenbierpaletten, frischobstabteilungen, sonderangebotsstände und wühltische von dem kahlen raum übrigliessen. 4 stunden lang sauge ich dieses leben in mich auf. wie in einen abfluss muss alles in mich herein. wie in einem betonmischer verschwinden die linien der eigenen grenzen. wie in einem fluss aus mir selbst treibe ich entlang. ich bin nur die person die ware über das fließband zieht und auf das piepen wartet. manchmal liebe ich es diese person zu sein. einheitskleidung und exakte aufgaben lassen mich verschwinden. lassen nur das nötigste zurück. nur meine fahrkarte nach hause. meine fahrkarte in die geborgenheit. in die mutmaßliche, gezwungene natürlichkeit der dinge. in den sinn des lebens, der manchmal so einfach scheint das ich schreien möchte. das ich die fahrkarte weder abstempeln, noch zurückgeben will. das ich sie einfach nur behalte, niemals benutze, mit der hand berühre, wenn ich sie wie nebensächlich in der tasche verstecke. es ist dunkel. der heimweg gesäumt von schatten, die die strassenbeleuchtung wie zur belustigung des asphalts, wie eine aufführung hinter einem vorhang, wie eine schmierenkomödie unter wasser auf den nassen strassen hinterlassen. man sollte nachts leben. da ist die welt nicht so voll, ging mir durch den kopf als ich nach hause fuhr. ich horchte in die stille und hörte nur die kälte. heute ist schlussverkauf, sie haben noch nichts? nehmen sie mehr, mehr als sie tragen können. als sie ertragen können. heute ist alles egal. die welt steht kopf und wir gehen mit, auf armen laufend, reicht euch die füsse, bewohner dieses wunderbar blauen planeten, kann man super sehen wenn man gerade vorwort 56 mal nicht seine zeit auf dem boden der tatsachen totschlägt. ein sprung, ein flug, ein gedanke, ein sturz. aus unvorstellbarer höhe. mit unvorstellbarer geschwindigkeit, luft wird zu wasser, wolken zu stein, regen zu glassplittern. mit beiden beinen auf dem boden stehend schaut man hoch und fragt sich was man da oben nochmal wollte, gemacht hat, wie man überhaupt da hingekommen ist. blackout, filmriss, verlust der kontrolle, unzurechnungsfähigkeit, entschuldigung für fast alles. woran ich mich nicht erinner, ist nie passiert. fühlen genügt mir. hinten anstellen in unserer polonaise die sich leben nennt. und wenn sie gerade stehen, reichen sie mir bitte einen regenschirm, die tropfen beginnen unangenehm zu werden, schlagen mir in die augen, machen mich blind. danke. stop. fahrradschloss. türschloss. zu hause. endlich eingeschlafen „ich hab dich nicht vergessen. hab nur das gefühl losgelassen. oder es verliess mich. ich bin froh das es so ist. mir geht es gut. dennoch sitze ich mit dem rücken gegen das sofa gelehnt in meinem zimmer und höre deine lieblingsplatte. wir kennen uns nicht besonders gut. vielleicht ist sie es gar nicht. vielleicht magst du sie gar nicht mehr. ich glaube ich stehe der melancholie einfach zu nahe als das ich dich nicht nutzen dürfte, in gedanken zu versinken. jemand singt „i`m in love with my sadness“ und ich weiss was er meint.“ du wirst diesen brief niemals erhalten. regen trommelt gegen die scheibe. ich weiss nicht genau wie spät es ist. der verkehr vor meinem fenster beruhigt sich. ich schätze sieben uhr. ich stehe auf, drehe die musik lauter und setze mich wieder hin. die zigarette verglüht im aschenbecher, während ich die anzeige der anlage beobachte. 2:54, 2:55, 2:56, 2:57. und ende. es ist ein popsong. radiokompatible länge. doch er wird niemals dort gespielt werden. er ist einfach zu traurig. Niemadn möchte traurig sein. es klingelt an der tür und ich öffne sie. meine beste freundin betritt die wohnung. sie dreht die musik etwas leiser, nimmt die zigarette aus vorwort 57 dem aschenbecher und setzt sich auf einen stuhl. „du darfst dich jetzt nicht verstecken“, teilt sie mir mit und ohne es zu wissen hinterlässt dieser satz die begierde einen wunsch zu stillen. ich will mich nicht verstecken. ich will an die oberfläche. an die oberfläche der menschen. weitergehen bis jemand ruft, „was machen sie da, sie haben da nichts verloren“; als wenn er das wüsste. falsche meinungen. falsche ansichten. meine falsche oberfläche umgibt mich. beherrscht mich mit zu grosser verständlichkeit als das ich sie abstreifen könnte, wie eine jacke die mir doch nicht gefällt, ein pulli der nicht zu mir passt. verfilmt wäre es sicherlich telegen. würde einen tollen streifen abgeben, für ergriffene menschen die sich an meiner realität weiden. chips, cola und knorpelfleisch in sich hineinstopfend die endgültigkeit ihres alltages, die endgültigkeit ihrer wohnzimmereinrichtungen voller eichenholzmöbeln nicht bemerken, nur das fenster in meine welt beobachten, anfangen zu weinen, weil ihnen ihr schicksal als viel zu gewollt erscheint. aus den gardinen quillt staubiges licht, beherrscht den raum, vernebelt ihn, lässt die farbe weiss verschwinden, alle unschuld schon lange verloren, sitzen sie auf ihren sesseln, ihren schaukelstühlen, zerschlagen fliegen auf ihren blümchentapeten und machen aus voyeurismus anteilnahme. „ihr seid nicht mehr zusammen, oder“, klingt wie die wahrgewordene vision. doch kann ich mir soviel selbstbetrug gönnen, zu glauben, bedauern gehört zu haben. „komm, die anderen sind schon im chaplin.“, sagt sie und unsere blicke treffen sich nur für einen kurzen moment. ich ziehe nervös an meiner zigarette, unschlüssig. „okay“, höre ich mich sagen, nehme meine zigaretten, mein geld und meine jacke, wir verlassen die wohnung, betreten den hausflur und tasten uns nach draussen. die schritte der besucher sind nicht zuhören in clubs. vermeintlich lautlos bewegen sie sich. schütteln hände, kaufen getränke, lachen voller freude. ich spüre die kälte des drinks in meiner hand, lasse mich von der atmosphäre anstecken und beginne zu tanzen. unglaublich. man schliesst nur für einen moment, eine kurze zeit seine augen, öffnet sie und der markt ist da. bin ich zu ihm gekommen? gezielt? oder war ich nur kurz weg, nicht anwesend, hab sein erscheinen verschlafen. wie drachenmädchen konnte ich ihn nur übersehen. schrill, bunt, grell und einheitlich präsentiert sich meine umgebung. ein angebot jagd das nächste. ohne hast, es ist noch früh. blond oder black pony? sind sie auf der suche nach der weiten hose, die dieser schicke kleidungsdiscount im sonderangebot führte oder nach der klassischen variante? tunnelblick mit röhrenschnitt. ich nehme den flyer, der mir von der jungen dame herübergereicht wird. schade, hab ich schon was vor. na ja vielleicht nächstes mal. ich werfe einen kurzen blick auf ihre buttons. schrift zu klein. labels zum selberbasteln. jeden abend eine neue identität. „ja, genau, die mag ich.“ ich identifiziere mich. ein netter trend. zumindest netter als feuerzeugkappen am hemdkragen. entschuldigung ihr scheitel ist verrückt. ihr scheitelpunkt. ich muss jetzt umdrehen. mich wegdrehen. ellenbogen in meinen seiten auf dem weg zur toilette. ich betrete eine der weiß gekachelten kabinen. falle auf die knie und übergebe mich. ohne würgen, ohne ekel. ich stehe auf. missachte die dezentral dekorierten aufkleberverzierten wände und wasche mein gesicht mit kaltem wasser. suche meine zigaretten. laufe zurück, finde sie neben dem klo liegend und zünde eine an. der rauch schmeckt angenehm fremdartig durch die vermischung der einzelnen substanzen in meinem mund. wenig später stehe ich am rande der tanzfläche und blicke abwesend durch den raum. mir fällt auf, das ein junger mann mich beobachtet, ich schaue ihm unverwandt in die augen. er empfindet es scheinbar anders als ich und beginnt sich mir zu nähern. auf halber strecke zögert er, lehnt sich gegen eine wand und nimmt einen schluck aus seiner flasche, ich beobachte ihn unbemerkt. er holt eine zigarette aus seiner tasche. ein untrügliches zeichen. ich weiss das ich noch einen augenblick zur entscheidung habe. genau eine zigarettenlänge. bleibe ich stehen, setze ich mein zeichen unter unsere wortlose absprache. auf einmal stößt er sich von der wand ab und kommt mit seiner zigarette in der hand auf mich zu. überrascht gucke ich ihn an und er beugt sich hinüber. wir kommen ins gespräch. reden über musik. irgendwann fragt er, was ich so mache. ich antworte ihm, ich sei künstlerin. ich verschweige mein im scheitern begriffenes studium, meinen job im supermarkt, all die zähen stunden allein zu hause. dies hat alles nicht mit dem zu tun was ich mache. er zeigt interesse, fragt welche art von kunst. ich sage ihm: „ich lebe“. fragend drachenmädchen blickt er zu mir hinunter. „ich lebe, ich gehe nach wie vor nach draussen, treffe mich mit freunden, kaufe ein und koche etwas zu essen. höre meine platten und telefoniere mit meinen eltern. helfe den menschen die mir nahe stehen und versuche mich selber nicht zu vergessen. versuche mein leben auf die reihe zu kriegen, ohne mich einzureihen. versuche klarzukommen, wie man so sagt, ohne das etwas klar ist. mein leben ist der ausdruck, es ist dasselbe wie wenn jemand ein bild malt, einen song schreibt oder eine skulptur meißelt. es ist nur komplexer, facettenreicher, man kann es weder erschliessen, noch erwerben oder betrachten. nur erleben kann man es.“ er schaut mich an und ich glaube, er hat nicht die hälfte von dem verstanden was ich gerade gesagt habe, vielleicht nur akustisch, egal, ich sage ihm das ich mir kurz etwas zu trinken holen werde. mit einem vollen glas in der hand lehne ich mich an die theke. jeder hat halt seine art von humor. na ja, hat er wenigstens mit seinen freunden was zu lachen. was hier für freaks rumlaufen. ich glaube nicht das ich ein freak bin. ich glaube ich bin einfach ein schlechterer schauspieler als die meisten anderen. wenig später verlasse ich den club. ich laufe los und trete in eine pfütze in der das licht der reklameschilder bricht, ohne es zu merken. ich möchte noch nicht nach hause. die mond scheint, schwach, ohne zu stören. es ist ungewöhnlich warm für diese jahreszeit. der wind rauscht in den bäumen am rande meines weges. ich zupfe ein blatt aus dem korbgeflecht eines stuhls. wie aussetzig steht er mit seinem tisch abseits der anderen vor der gläsernen fassade des cafes. Ich bedanke mich bei der bedienung die den lauwarmen kaffee gleich neben den aschenbecher stellt. entzünde eine zigarette und beobachte wie der wind die spitze verglühen lässt. „im grunde geht es uns doch ganz gut.“ hat mir mal jemand gesagt. natürlich. wenn du etwas vergleichen willst. etwas messen, einteilen, skalieren und portionieren. dann bin ich schon zufrieden. die portion ist gross genug. die rückenlehne beginnt zu schmerzen. augenblicklich verlasse ich das cafe. abel v. b. christopher parkinson drachenmädchen herumknabbert, macht ihm Marie-Louise folgenden Vorschlag, um wenigstens etwas Flair in die Situation zu bringen: „Klaus, möchtest du, dass wir ‚Geschichtenerfinden’ spielen, ja?“. Er blickt sie uninteressiert an und beantwortet die Frage wieder mit einem zaghaften Kopfnicken. „Möchtest du anfangen?“, fragt sie ihn nahezu flehentlich. Aber er will nicht und schüttelt den Kopf. „Gut, dann fange ich an: Also… Es war einmal ein kleiner Kobold…und der hieß…Lazarus. Er war von Kopf bis Fuß gelb und hatte riesige grüne Warzen am ganzen Leib….“ – Klaus unterbricht sie quengelnd und mit vollem Mund: „Nein, bitte keine Warzen!“ – „Meiner lieber Sohn, zuerst lassen wir uns doch bitte gegenseitig ausreden. Wenn du mich unterbrichst, habe ich das Gefühl, dass wir beide uns nicht mehr gegenseitig respektieren. Und dabei sind Respekt und Toleranz das Wichtigste auf der Welt. Das findest du doch auch, oder?“, Klaus nickt wieder. „Davon abgesehen hat mein Kobold nun einmal gelbe Warzen. Wenn dein Kobold anders aussehen soll, dann kannst du die Geschichte ja dann verändern, sobald du dran bist.“, versucht sie besänftigend auf ihn einzureden. „Und wenn du möchtest, kannst du jetzt auch weitermachen.“, ergänzt sie zickig. Aber Klaus hat keine Lust mehr, weiter Geschichtenerfinden zu spielen. Klaus muss aufs Klo. Entschuldigung, er möchte aufs Klo, und flüstert dieses Begehren leise in das rechte Ohr von Marie-Luise. Infolgedessen zeigt sie auf die sich schräg gegenüber befindende Waggontoilette und weist ihn laut darauf hin, dass er sich beim „Pischern“ über die bakterienverseuchte Klobrille hocken soll. Der ihnen gegenübersitzende junge Mann schaut mit einem leicht verstörten Blick auf, verdreht seine Augen ganz entrüstet und widmet sich wieder seinem Buch. Stets von Marie-Louises beschützenden Blicken verfolgt, geht Klaus zur Toilette, öffnet die Tür, betritt die Lokalität und schließt ab. Die „Besetzt“-Lampe leuchtet auf. Zeitgleich vergrößern sich ihre Pupillen auf das Doppelte. Sie beginnt nervös herumzuwippen und führt einen unüberhörbaren, verzweifelten Monolog: „Oh nein, oh nein! Er hat abgeschlossen! Was mache ich denn nun? Oh, verflixt. Hoffentlich geht das gut. Ich habe ihm doch so oft schon gesagt, dass er niemals abschließen soll.“ Nervös holt sie aus ihrem Rucksack ein dickes, schweres Zärtlichkeiten In den einzelnen Abteilen machen sich geringe Anzeichen von Unruhen breit. Manche Fahrgäste wirken beim Aussteigen sehr gestresst, andere wiederum unglaublich routiniert und entspannt. Das Bild ist von einem regelmäßigen Kommen und Gehen geprägt, dessen Intensität von der jeweiligen Bedeutsamkeit des Bahnhofs abhängig ist. GauAlgesheim scheint für die meisten Menschen wohl keine allzu große Bedeutung zu haben. Denn die Zahl der ein- und aussteigenden Passagiere ist ausnahmsweise mal recht übersichtlich. Von weitem kann man zwei Personen beim Einsteigen beobachten. Die eine Person ist klein, die andere winzig. Auch wenn die Entfernung keine allzu genaue Beschreibung zulässt, stechen die knallbunten Zipfelmützen, die beide auf ihren zierlichen Köpfchen tragen, aus dem gesamten Ambiente heraus. Leise schweben sie durch den Gang; vorbei an den aufgezehrt dreinblickenden Geschäftsleuten und vorbei an den ebenso erschöpft wirkenden Schülern. Kurz bevor das Abteil endet, bleiben sie vor zwei gegenüberliegenden Sitzbänken stehen. Auf der einen sitzt ein junger Mann, der gerade in ein Buch vertieft zu sein scheint. Auf der anderen sitzt ein jugendliches Mädchen, das aus dem Fenster guckt, um darin das Spiegelbild des ihr gegenüber sitzenden Kerls beobachten zu können. „Würden sie sich bitte auf die andere Bank setzen, damit wir nebeneinander Platz finden können?“, fragt die Größere der beiden Persönchen das Mädchen und zeigt auf ihren kleinen Gefährten. Während sie das sagt, wirkt ihre Stimme nett und zugleich bestimmend. Ohne etwas zu erwidern und sichtlich von dieser Bitte überrascht, setzt sich das Mädchen zu dem jungen Mann, der ebenso verwundert aus seinem Buch zu dem seltsamen Pärchen aufschaut. Dem Anschein nach ist die Größere die Mutter und der Kleinere ihr Junge. Wie bereits erwähnt, trägt sie eine –rotfarbene– Buch heraus, auf dessen Front in großen Lettern das Wort „Zärtlichkeiten“ geschrieben steht. Während sie es fest an sich drückt, atmet sie tief durch die Nase ein, hält die Luft einen Moment an um dann wieder kraftvoll auszuatmen. Diesen Vorgang wiederholt sie viermal. Dann öffnet sich die Toilettentür und ihr Sohn kommt mit einem zufriedenen Grinsen und roten Bäckchen ins Abteil gehüpft. „Klaus! Ich habe dir schon so oft gesagt, dass du, wenn du auf fremde Toiletten gehst, nicht abschließen sollst. Ich passe doch auf, dass niemand reinkommt und du kannst dich immer auf mich verlassen. Immer! Das weißt du doch, oder? Ach, ich bin so froh, dass noch mal alles gut gegangen ist. Hast du dich auch nicht auf die Brille gesetzt? Nicht dass du dir noch eine Krankheit holst. Mh, möchtest du noch etwas Süßes?“ Ganz von den vielen Fragen irritiert, weiß Klaus gerade gar nicht, was er antworten soll, nickt und bekommt noch eine Reißwaffel. Die nächste Viertelstunde verläuft ohne weitere Vorkommnisse. Klaus isst an seiner Waffel und Marie-Louise blättert in ihrem Buch. Aus den Boxen ertönt die Stimme des Zugführers: „Nächster Halt: Trechtlingshausen. Der Ausstieg befindet sich in Fahrtrichtung rechts.“ Marie-Louise beginnt die Tüten und ihre Decke zusammenzuräumen. In diesem Moment betritt der Schaffner das andere Ende des Abteils: „Alle neu Zugestiegenen die Fahrkarten bitte.“ Plötzlich wird sie in ihrem Schneewitchengesicht noch schneeweißer, greift panisch nach den Tüten, zieht ihrem Sohn die Zipfelmütze tief ins Gesicht und reißt an seinem Arm. „Komm, Klaus, der Schaffner. Wir müssen hier schnell raus und dürfen uns nicht von ihm erwischen lassen. Der will unsere Fahrkarten, aber ich habe gar keine gekauft, weißt du, mh?“ Klaus will gerade zustimmend nicken als sie dermaßen kräftig an seinem Arm zieht, dass er durch die Luft wirbelt und seine Reiswaffel fallen lässt. Schnell wie der Wind huschen die Zwei durch den Gang. Der Zug wird allmählich langsamer und bleibt stehen. Bevor der Schaffner sie erreicht, springen sie auf den Bahnsteig und flüchten in die Wallachhai. Verdutzt blickt er ihnen nach, kann aber nur noch zwei im Wind wehende Zipfelmützen erkennen. Er schüttelt den Kopf, bläst in seine Pfeife und steigt wieder ein. Zipfelmütze. Unter dieser hängen ihre langen, schwarzen zu zwei Zöpfen gebundenen Haare an den Seiten heraus. Ihr schneeweißes Gesicht wirkt kindlich, was durch das Rouge auf ihren Backen noch verstärkt wird. Passend zu der Mütze trägt sie einen roten Schal, einen roten Mantel, einen roten Rock und rote Halbschuhe. Selbst ihre Strumpfhose hat rote Ringel. Nur der schwarze, bestickte Bändelrucksack und die unzähligen Einkaufstüten passen nicht so recht in ihr gesamtes Erscheinungsbild. Das etwa fünfjährige kleine Früchtchen neben ihr am Fenster, ist etwas pfiffiger gekleidet und trägt auf eine braune Kordjeans einen Streifenpulli, der in allen Farben des Regenbogens leuchtet. Zudem hat seine gelbe Mütze sogar an ihrem Ende ein königliches, kleines Glöckchen. Nachdem Mutter und Sohn die Sitzfläche mit einer kleinen Schafsfelldecke ausgepolstert haben, ziehen sie ihre Mäntelchen aus. Im Anschluss greift der Junge in eine der vielen Tüten und kramt darin herum. „Klaus, möchtest du deine Geschenke und die Süßigkeiten jetzt oder erst zu hause haben?“, fragt das junge Mütterchen besorgt. „Jetzt möchte ich die bitte haben, Marie-Louise.“ „Klaus, ich frage dich noch einmal: Möchtest du deine Geschenke nicht lieber erst dann auspacken, wenn wir es uns zu hause schön gemütlich gemacht haben und ich dir eine Geschichte vorlese? Dabei kannst du dann ja auch die Süßigkeiten essen.“ „Nein, bitte, bitte jetzt, liebe MarieLouise, bitte jetzt. Ich kann es nicht mehr abwarten, die Päckchen auszupacken. Und ich mag den Puffreis doch so gerne!“, antwortet der kleine Klaus in einem brillanten Hochdeutsch und macht dabei einen ganz traurigen Blick. „Na komm, dann lass uns einen Kompromiss finden. Du bekommst jetzt das Süße und zu hause die Geschenke, ja?“ Der kleine Klaus nickt enttäuscht. Während er genüsslich an dem trockenen Reis 58 59 drachenmädchen fährt bahn 60 Zwangsjackenpoesie Gewissen ist Gedankensturm ohne Regen Tausend dünne Flüsterstimmen zwingen mich ins Wortgefecht. Mein Gegner schlimmer als jeder Feind, kennt mein Inneres zu genau. Er zieht wohin er will durch und durch und Durch meinen Körper - sein frierend kaltes Sinngewand. Mein Gegner - das bin ich. Zwiegespräch im Intro ist Seelenkampf ohne Kontur. Zischeln und Züngeln erreichen mein Ohr von Innen. Kein Ausschluss durch Verschluss mehr möglich. „Go with the flow“ oder „Der Weg zum hohen C“ Es gibt Zeiten, da ist mein Leben kein Wunschkonzert, da kann ich, als Pfeife erst recht keine großen Töne spucken. Für wahr dann ist alles scheußlich! Ja, da geht gar nichts! Die Berge von To Do Listen bedeckt von Staub, der Spiegel lacht dezent weiter, obwohl man sich schon lange weggedreht hat. Das „kleine Senfkorn Hoffnung“ wurde in das Land der Ironie zwangsverwiesen. Kurzum: Das Leben sagt: „You are dismissed!“ Jetzt heißt es, sich mit den kleinen Dingen zufrieden geben. Runterfahren und auf Neustart gehen. Vergleiche nur nach unten hin anstellen. Notwendigenfalls die eigene Mutter anrufen, die ist subjektiv genug, um auch die Niederlage ihrer Früchte schön zu zeichnen. Ich meine nicht auf Standby-Modus umschalten und sich über Berieselung zu definieren, die man sonst nur zweitklassig ernst nimmt. Nicht die Glückseeligkeit des längst vergangenen Daumennuckelns im Rückzug wieder zu entdecken. Nein, nein, es geht um einen Schritt nach vorn, wenn auch im neuen Gewand der Bescheidenheit. Das ist gar nicht so einfach, erst recht nicht, wenn das profilieren den Jargon des Lebens mitbestimmt hat. Raus aus dem Porsche der Tagesformen, ab in den Airbag gesicherten Golf. Versteht mich nicht falsch, es geht nicht darum jetzt auch über schlechte Witze zu lachen, oder sich nur noch Wasser, nicht aber das Meer vorzustellen. Wichtig ist betty blue 61 die Richtung „Vorne“, abgesichert mit den Kissen der Erwartungslosigkeit. Der Clou kommt also nicht im Passiv, nein Aktiv mit Erfolgsaussichten in Klammern, das ist es worauf es jetzt ankommt! Dafür ist: „Augen auf im Alltagsverkehr“ der korrekte Claim. Eine kleine Investition, das Alltagsbewusstsein wieder von 60 auf 100 Prozent hochfahren. So wird Dosenwerfen zur attraktiven Alternative der Play Station. Dann merke ich nämlich doch wieder, dass die WG Toilette genau in dem Moment frei wird, wenn ich für kleine Mädchen muss, dass die Ampel tatsächlich auf grün schaltet, bevor ich ansonsten abbremse, ein Griff in den Rucksack und der Schlüssel liegt direkt in meiner Hand! All das sind eben auch Geschichten, die das Glück erzählt... denjenigen, die sie hören wollen. Bei Monopoly kriegt ja auch nur der Kohle, der beim „Über Start gehen“ dran denkt sie einzukassieren. Ich behaupte nicht, dass diese Alltagsverkitschung langzeitig umsetzbar ist (erst recht schwierig für alle Zyniker unter uns, nun ja was in der Produktion von Glück ist für eben diese leicht?), aber für die erste Selbsthilfe klappt es prima. Hat man diese Taktik nur ein wenig ernst genommen und für kurze Zeit beherzt gelebt, Schwupps zählt der Takt schon wieder ein neues Lied ein, vielleicht nicht das Rockigste, aber immerhin tanzbar. A one, a two, a one two three four! Selbst die grauen Herren von der Bank können einem (wenn gleich kapitalistisch instrumentalisiert) erklären: „Wissen sie Frau Soundso, von nichts kommt nichts.“ Das Tolle ist, im Leben setzt Du Dir selber Deinen Zinssatz fürs Glück. Das ist wie Fahrradfahren im dritten Gang, ein-, zweimal kräftig in die Pedale getreten und zack, der Schwung ist wieder da! Es geht gleich ein bisschen einfacher mit dem Vorankommen. Wie sehr ich diesen Dingen Beachtung schenke, wie viel ich ihnen beimesse, das entscheidet darüber, wie viel Energiegewinn ich schließlich verbuchen kann. Fest steht, es geht. Die Macht ist mit Dir. Vielleicht hilft es auch Euch, wenn ihr mal nicht mehr wisst, wo Euer Einsatz Wunschkonzert in die Partitur geschrieben steht. drachenmädchen Untitled No.1 „Ich weiß nicht was ich tun soll, ich weiß nicht wohin. Es ist wieder mal Freitag und da muß doch was passieren. Ich gehe in die Kneipe, es ist immer die gleiche, wart auf irgendwas und besauf mich dabei.“ (Hans - a – Plast 1979) Es ist schon irgendwie interessant, sich selbst und sein Verhalten zu beobachten. Dabei geht es noch nicht einmal ums Reflektieren. Seit ein paar Monaten bin ich 30. Laut dem Pyramidenmodell nach Maslow bin ich jetzt in der Stufe, wo ich mein Leben geregelt habe, d.h., ich strebe nach Anerkennung in der Gesellschaft, habe mein Berufsleben voll im Griff und müsste mich gerade darum sorgen wie hoch den der Preis pro Quadratmeter zum Bau eines Hauses ist. Ist mir aber alles egal, denn ich bin immer noch Berufsjugendlicher, der einfach nicht einsehen will, dass die besten 10 Jahre vorbei sind. Jahre in denen man viel erlebt hat, weil man sich einfach die Freiheit nehmen konnte, das zu machen was man wollte, ohne sich Gedanken an die Zukunft zu machen. Ist mir das wirklich alles egal? Natürlich nicht! Irgendwann in diesen besten Jahren habe ich eine Ausbildung abgeschlossen, sogar ein Studium begonnen, aber auch wieder abgebrochen. Um meinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, muß ich arbeiten gehen, egal ob ich das gut finde oder nicht! Für mich ist diese Arbeit nur ein Job, der gemacht werden muss. Und da sind wir auch schon bei diesen faulen Kompromissen, die man irgendwann zwangsläufig eingehen muss. Es ist nicht so, dass ich diesen Job hasse, aber ich denke oft daran, dass es bestimmt etwas besseres gibt als das. Trotzdem bin ich stolz auf mich und mein bisheriges Leben. Ich bin zwar kein Atomphysiker geworden, kenne mich dafür aber im Bereich des Punkrock/ Hardcore von 1976 bis heute recht gut aus. Das ist doch auch was, finde ich. Nicht umsonst wurde ich immer Professor Doktor Hc drachenmädchen genannt. Außerdem höre ich den Dreck schon seit über 15 Jahren, hehe. Wenn ich mir meinen Freundeskreis betrachte, dann fällt mir auf, dass sich diese Tagediebe auch sehr gut durch das Leben schlagen. Man muß halt nur bescheiden sein, keinen Wert auf Klamotten, Frisuren oder Gesundheit legen, dann ist man auch mit 500 Euro im Monat ein reicher Mann. Sechs Halbe für 2 Euronen, man muss auch nicht immer in die Kneipe gehen! Meiner Meinung nach, haben sich diese 10 – 15 Leute miteinander gut arrangiert. Sie machen Musik, bauen Bühnen zusammen, lassen sich am ganzen Körper tattoowieren oder arbeiten, so wie ich. Das, was wir machen, das machen wir gut! Ich kann mich daran erinnern, dass vor ein paar Monaten noch gesagt wurde, dass hier nichts mehr passiert und zwar deshalb, weil wir alle zu kopflastig geworden sind. Das stimmt so nicht! Klar, es gibt immer eine gewisse Struktur, in der man sich befindet und die mir sogar sehr gut tut, aber selbstverständlich kann man die Rübe da oben auch ausschalten. Zum Beispiel das Konzert in Rheine, Ende Mai, als sich ca. 10 Osnabrücker Punx aufmachten, um die Bude zu stürmen. Bei der Ankunft wurde fleißig gekotzt, anschließend in die Trinkhalle gewankt und weitergemacht. Ende des Lieds: eine zerbrochene Brille, eine gebrochene Nase, eine aufgeschnittene Hand und ein geschrotteter Walkman. Und das gute Gefühl, von allen anderen Leuten im Laden gehasst worden zu sein. Auch so kann man sein Selbstwertgefühl steigern, man hat halt immer etwas zu erzählen. Wir freuen uns, auch bei deiner Party zu sein. Letztendlich ist es wichtig, dass man Prioritäten setzt. Wie die dann aussehen, ist jedem selbst überlassen. Meine Priorität ist, dass ich regelmäßig schwimmen gehe, um etwas für meinen Körper zu tun. Ich bin auf jeden Fall gespannt wie es weitergeht. Mit mir und meinem Umfeld. Und jetzt ab ins Schwimmbad. Es gibt immer was zu tun! vorwort 62 Grüß Gott, und gratuliere! Liebes Drachenmädchen, jetzt hast du es doch auf die 10 gebracht, im Herbst wirst du dann eingeschult. Und das auch noch vor unserem Jubiläum beim Choke Fanzine. Das ist wieder mal typisch, die einen als Siegertypen geboren, die anderen kommen - weil unterprivilegiert und dazu noch faul - nicht aus der Startbox. Während das DRACHENMAEDCHEN die Verantwortung der gesamten deutschsprachigen Fanzine Kultur tragen muss und mit dieser Aufgabe auch noch relativ gut umgehen kann, sind wir bei einem schwindelerregenden Release Plan von einer Ausgabe pro Jahr geblieben… das heißt wenn Trends schon längst überholt sind, haben wir noch nichtmal die CD dazu besprochen. Aber dennoch, das ist auch ein Weg mit Modeerscheinungen umzugehen. Müdigkeit / Verzweiflung / Resignation Nach einem im Glücksfall nur acht Stunden langen Arbeitstag, auf dem Weg nach hause, komme ich am Postkasten vorbei, entledige mich der Reklamebroschüren, seufze bei Rechnungen und Ansichtskarten von fernen Ländern und schüttle den Kopf bei den Luftpostertaschen. Diese vorwort 63 Format C5 Luftpolstertaschen versprechen in der Regel nichts gutes, nämlich „Promomaterial“ (wie soll bei dem Begriff auch etwas Erfreuliches erwarten), also CDs (oder noch schlechter, CD-Rs), und einen Fetzen Papier der vor übertriebenen Darstellungen der geradezu einzigartigen Genialität der Musikanten nur so trieft. Wenn man den Ausführungen der für diese ekelerregend-enthusiastischen Begleitschreiben verantwortlichen Tagedieben glauben schenkt, kommt man nicht umhin zu meinen der Rock’n’Roll wird ungefähr zweimal pro Tag neu erfunden. Man zuckt mit den Schultern, wirft das Plastik in den Müll oder legt es in das Fach „Auf Ebay verkaufen“. Leider ist es ab und zu mit der bloßen Zusendung nicht abgetan, man erhält sogenannte „Reminder“ in denen die PR Beauftragten nur mal so kurz locker flockig nachhaken was nun ist mit der Besprechung, obs eh ins Heft kommt und ob sie das Heft dann ja auch sicher zugeschickt bekommen. Die meisten kann man aber noch ganz gut abwimmeln, meistens reicht eine ehrliche Besprechung der von ihnen geschickten Platte und man hört nie wieder was von ihnen. Müde wird man nur wenn einige hartnäckige Gesellen nichtmal so etwas kapieren. Da muss man dann schon deutlicher werden. Also, FICK DICH drachenmädchen INS KNIE, ANDREAS ZORBAS. Ein schönes Bild friedlicher Koexistenz Das Internet hat die Schleusen für den Musikmüll geöffnet. Natürlich hat es den vorher auch schon gegeben, diesen Müll, Alben die keiner braucht, vor denen sich einige Zeit sogar diejenigen schämen die sei verbrochen haben. Es ist nur so, dass man kann sich wirklich nicht mehr wehren kann überall diese mittelmäßig bis fürchterliche Musik, tausendfach gehört, alles gleich, alles auf uns losgelassen, es fehlt nur noch die TÜV Plakette… die kommt dann auf die CD wenn man alles richtig gemacht hat, die „richtigen“ Anzeige, Slogans, Outfits, Artwork, Texte, Talkshows, … Es wäre schön wenn das alles alten Gans, Album Artwork wird nun auf 12 x 12 Zentimeter präsentiert. Ein weiterer „Vorteil“ der CD hat uns schon viele Minuten und Nerven geraubt, nämlich die gegenüber LPs längere Spieldauer… so haben die Bands die Möglichkeit uns eine Unmenge von schlechten Songs anzudrehen. Die MP3s haben letztendlich alles verdreht, das Artwork ist völlig verschwunden, die Qualität ist schlecht und noch dazu haben die Songs keine physikalische Ausprägung mehr. Während man mit Platten noch vorsichtig handhaben sollte (na ja, ein paar Spritzer Bier haben Gott sei Dank noch keine schlimmen Auswirkungen), ist das bei den CDs schon liebloser geworden, und was MP3s betrifft, pah, die kann man löschen und wieder runterladen sogar bloß auf so leichte Ziele wie die von Majors gepushten Kleiderbügel wie JULI, SILBERMOND, ihr kennt sie eh alle… zutreffen würde. Viel schlimmer ist wen man – wie es mir heute passiert ist – zwei Veröffentlichungen nicht mehr zuordnen kann, eine wurde mir von Proto Allegre, Brasilien geschickt, eine aus Helsinki, Finnland. Einmal vertauscht, weiß man nicht mehr was von wo, beides die selben 08/15 Songs, beide mit identischen Klamotten, beide bedienen sich derselben glatten Produktion… Wo der Überblick fehlt, ist das umbenennen oder beschneiden… tz tz tz, kein Wunder dass die Kids da keinen Respekt mehr davor haben. Warum sollten die dann 99 Cent pro Song bezahlen? Oder gar 17 Euro für eine stinknormale CD bei Müller? Musik rippen und stehlen ist wohl nicht ganz rechtmäßig, ganz klar, aber ich glaube ich kann nachvollziehen wieso die Kids denken das sie im Recht sind: Musik ist überteuert und qualitätsmäßig im Arsch zu Hause. Da geh ich doch lieber zu meinem Plattenspieler, hole die schöne Vinylscheibe umständlich aus der Grauen nicht weit, und wenn schon die Kleinen sich so ähneln, tja, wieso sollen sich dann die Bands die im Radio gespielt werden unterscheiden… ich kenne mich da nicht mehr aus, hab zumindest zwei Stufen der Entwicklungen verpasst. iTunes ist für mich ein komplettes Mysterium, und wenn man sich über diese Sache Gedanken macht dann finde ich mich auf der eigentlich unerfreulichen Seite der Diskussion Musikdownloads und Diebstahl wieder… Weil ich so unendlich alt bin, denke ich immer noch in der Kategorie Schallplatte, also ne A und ne B Seite. Compact Discs…pffft… die sehen Scheiße aus und irgendwie hab ich mir schon immer gedacht dass damit was nicht in Ordnung ist. CDs haben uns einen Haufen mieser Covers eingebrockt, jahrzehntelangem künstlerischen Schaffen wurde Hals umgedreht wie einer Hülle und leg sie behutsam auf den Plattenteller, und höre auch schon gleich das knarzen und knacken, alleine das ist ja schon ein Genuss. Rattenfänger, auf allen Seiten Neulich durfte ich einer Diskussion auf einem Nachrichtenkanal beiwohnen, an einem verregneten Julitag war das, und genauso mies war die Stimmung der teilnehmenden Plaudertaschen, die sich hier mal wieder gegenseitig in die Taschen logen und von einem Aufschwung der Musikindustrie im „Schatten“ von der wiedermal neuen deutschen Welle sprachen. Unter anderem wurde auch darüber gesprochen wie man es innerhalb so kurzer Zeit geschafft habe ein neues „Bewusstsein bei den Käufern“ (ich kotze gleich) zu schaffen. Ganz einfach, man hörte einfach in den Markt hinein. Das war also das einfache drachenmädchen vorwort 64 65 Rezept. Mh. Ebenso wie ich verarbeitete die Katze die sich die Sendung mit mir angeschaut hat diese Informationen mit stoischer Miene. Was soll das heißen, „in den Markt hinein hören“??? Wie soll das gehen? Man fragt also ein, zwei Sachen, und dann sollen die zukünftigen Kunden die Antwort auf etwas wissen, dass es noch gar nicht gibt, und das sie demnach nicht kennen. Mir wird schon wieder schwindelig. Das hieße dann, dass wir uns das alles so wie es auf uns eingeprasselt kommt also großteils gewünscht haben. Tja, Musikkonsumenten, zumindest die typischen, sind aber dumm, können daher gar nicht wissen was sie wollen, und nehmen daher das was die anderen (Zeitungen, Freunde) sagen was gut ist. Die ewige Suche nach etwas neuem, frischen, großartigem Durchhalten, Schnaps trinken Trotzdem bleibt Musik der rote Faden meiner Tagesgestaltung, vom Aufstehen bis zum Schlafen gehen. Alternative Rockmusik Radiosender verstören mich aber weitgehend, daher höre ich tagsüber lieber „Bailando, Bailando“ „When you’re looking like that“ als Foo Fighters oder Billy Corgan. Was trotzdem bleibt ist die Sucht nach noch nicht gehörtem, die treibt einen zwangsläufig man in die Arme von Plattenhändlern, Internetauktionen und Raritätenkataloge. Und so sitze herum, höre Beach Boys und malträtiere meine Augen mit ein paar Stunden Internet Recherche über eine Band Namens „The Headaches“ die es (einen unglücklichen Revitalisierungsversuch vor beginnt mit jedem Monat aufs Neue, wenn die Printmedien uns wieder ein paar sonderbare Bandnamen (diesen Monats waren es zb THE RAKES, RÖYKSOPP oder FIGURINES) vor den Latz knallen und uns einen Kaufbefehl erteilen. Das alles soll uns erklären was gerade angesagt, also populär ist, doch Popularität ist nicht alles, die Titanic war auch bekannt. Kein Wunder dass Menschen wie ich, mittlerweile immun gegen Werbekampagnen, Anzeigenschaltungen und dergleichen werden. Naja so ganz ein paar Jahren ausgenommen) gerade mal auf eine Single Namens „Teenage Sex“ gebracht haben. Gebt mal bitte die Wörter „headaches teenage sex“ bei Google ein. Fündig wird man, auch einige hilfreiche Tipps kann man mitnehmen, jedoch nicht gerade was diese Band betrifft… egal, es geht um alte Singles, neue Singles, Sachen die man noch nicht hat, und Sachen die noch niemand hat, man ertappt sich dabei Sachen zu kaufen die man nur der Vollständigkeit halber kauft, und da und dort (sic!) sind wohl auch ein stimmt das nicht, immun ist man nicht, man liest die bunten Zeitschriften, entdeckt da und dort die immergleichen Werbesujets von Bands die man nicht kennt, weil man schließlich zwischen 8 und 18 Uhr etwas besseres zu tun hat als die seltenen Musikvideos auf den Klingeltonkanälen wie MTV, Viva und GoTV (eine besonders abartige, österreichische Variante des Musikversehens fernsehens) ausfindig zu machen. Das endet zwangsläufig in einer totalen Ablehnung sämtlicher Veröffentlichungen dieser Bands auf Jahrhunderte hinaus, obwohl man noch nicht einmal eine einzigen Ton dieser Spacken in Designerklamotten (die fast genauso aussehen wie die Fetzen die man in amerikanischen Thriftstores der Heilsarmee um nen Dollar angeboten bekommt) kennt. paar Releases die man wenn’s gut geht einmal im Leben anhört. Ja, darf man denn gar keine Fehler machen? Nicht das ihr jetzt einen falschen Eindruck von mir gewinnt, ich bin keiner dieser geizigen, schnöseligen, pedantischen Einzelgänger-Plattensammler! Seltenere Platten haben ist ja schön und gut, aber das alleine macht mir noch keinen Spaß, der kommt erst wenn man die Songs dann hört, wenn man die Platte letztendlich spielt. vorwort NOCH EIN SPOILER ZUM SCHLUSS Rory hört mit dem College auf und Lorelay stellt Luke die nicht unbedeutende Frage ob er sie heiraten möchte. drachenmädchen Wir jubilieren! Herzlichen Glückwunsch! Das Drachenmädchen feiert Jubiläum. Aber was heißt eigentlich Jubiläum? Ist ein Jubiläum nicht gleichzeitig ein Jahrestag, also ein Geburtstag. So wie bei einem Menschen, der irgendwann geboren wurde und dieser Tag Jahr für Jahr wieder gefeiert wird? Da aber ein Magazin oder zum Beispiel auch ein Schützenverein kein Mensch ist und nicht geboren wurde, obwohl der erste Erscheinungstermin oder auch der Tag der Vereinseintragung als Geburtsurkundenersatz dienen könnte, wird das x-te Jubiläum seit Bestehen gefeiert. Ich weiß noch, wie mir früher immer eine Mischung aus Ekel und Anerkennung hochkam, als ich im heimatlichen Lokalblatt Meldungen las wie: „Herr Ypsilon feiert heute seine 25-jährige Firmenzugehörigkeit. Wir gratulieren und bedanken uns für seine langjährige zuverlässige Tätigkeit!“ Und Herr Ypsilon tut so, als sei dies nichts Besonderes und das normalste der Welt, 25 Jahre bei ein und demselben Betrieb zu arbeiten und geht mit Blumenstrauß und dem traditionellen Uhrensachgeschenk bewaffnet zurück an die Arbeit. Aber er ist glücklich. Na ja, wahrscheinlich Alkoholiker, irgendwie frustriert und schon auf den Ruhestand freuend- aber froh. Ist denn nicht irgendwie jeder glücklich, wenn es ein Jubiläum oder einen Geburtstag zu feiern gibt? Jede Firma, jeder Verein und auch jedes Magazin kann doch glücklich sein, dass ein, zwei oder mehrere Personen es geschafft haben, ihre Idee am Leben zu erhalten. Und es kommen ja auch immer mehr Jubiläen dazu. Weil ich Jubiläen mehr als eine Art Jahrestag betrachte, häufen sich im Laufe eines Lebens so ziemlich viele Jubiläen an. Angenommen, ich wäre Mitglied im Schützenverein Nortrup-Loxten, gleichzeitig Kassenwart im Kegelclub KC „Die Holzköppe“ oder „Zur feuchten Rinne“ und würde nebenbei noch bei einer Bank arbeiten, dann hätte ich schon dreimal im Jahr etwas zu feiern. Dazu gibt’s dann noch etliche Geburtstage der Vereins- und Arbeitskollegen und natürlich den Jahrestag, an dem ich mit meiner Freundin zusammen gekommen bin. Also könnte ich schon fast in das nächste Poesiealbum unter Hobbies „Jubiläen feiern“ schreiben. Damit möchte ich keineswegs jeglichen Jubiläumsfeiern ihre Wichtigkeit abstreiten. Solange es freudige Anlässe und nicht irgendwelche schwachsinnige Jubiläen sind, halte ich Jubiläumsfeiern für lebensnotwendig. Schließlich erinnert man sich so jedes Jahr wieder daran, dass man es schon wieder geschafft hat. Ist nicht auch irgendwie jeder froh, der es schafft, seinen Geburtstag mit sich alleine oder im besten Falle mehreren Männern und Frauen zusammen zu feiern? Ich hatte Ende April drachenmädchen Geburtstag und habe es geschafft, eine bunte Mischung aus Freunden und Bekannten um mich zu scharen und Spaß zu haben. Irgendwie ändert sich in jedem Jahr ein bisschen die Gästeliste- aber das halte ich für ein gutes Zeichen, so lange jahrelange Stammgäste, die jetzt entweder noch zu Hause oder irgendwo in der Welt verstreut leben, sich immer noch melden. Ich bin jetzt 29 Jahre alt, also ein Endzwanziger. Seit meinen letzten zwei bis drei persönlichen Jubiläen kommt in mir immer so ein paar Tage nach der Feier die Lebens- und Sinnfrage hoch. Bist du glücklich mit deinem Leben, mit deinem Job, mit deiner Frau oder auch alleine und die ganze Sentimentalscheiße. Ist das normal? Ist das die Endzwanziger-Crisis? Liegt es vielleicht auch an der Stadt, in der ich lebe? Stellen sich diejenigen, mit denen ich aufgewachsen bin und die dort auch geblieben sind, auch diese Fragen? Nicht zwingend ein paar Tage nach ihrem Geburtstag, aber überhaupt irgendwann mal? Ich will jetzt nicht sagen, dass ich unglücklich mit meiner Entscheidung bin, irgendwann zum Studieren und jetzt zum Arbeiten in eine Großstadt gezogen zu sein. Gar nicht! Eigentlich fühle ich mich ja auch wohl mit den ganzen Möglichkeiten, die einem eine liberale Millionen- und Medienhauptstadt Deutschlands so bietet. Vielleicht täusche ich mich ja auch jedes Mal, wenn ich Weihnachten, Ostern und zu anderen Jubiläen in die Heimat fahre und alles wieder gut ist. Auch diejenigen, die in der Heimat geblieben sind, freuen sich, weil ja endlich wieder (fast) alle da sind und richtig was los ist. Und jedes Mal gibt es dann die Nachricht, dass der und der sich gerade verheiratet hat oder wahlweise Vater wird. Ich möchte jetzt gar nicht die „Was wäre wenn ich auch zu hause geblieben wäre, inklusive Ausbildung seit zehn Jahren arbeite und mit meiner Freundin schon genauso lange zusammen wäre“ - Frage stellen. Ich möchte mein Leben auch nicht mit dem Leben anderer vergleichen oder bewerten. Ich habe damals in meiner ersten blöden „Ich studiere in einer fremden Stadt-Euphorie“ einen guten Freund von mir zu hause gefragt, warum er denn nicht auch studieren geht oder auch mal in einer anderen Stadt leben möchte? Er hat mir nur geantwortet: „Wieso? Ich habe hier alles, was ich brauche. Meine Familie, meinen Job, den ich machen möchte, meine Freunde und meine Freundin.“ Und da war ich neidisch, weil er schon das gefunden hatte, wonach manche lange suchen müssen. Und zwar das, was sie wollen. Und das sollte jeden Tag mit einem Jubiläum gefiert werden! TT aka Äktschn Eule vorwort 66 „See the Dead End Streets“ Die Dunkelheit machte mir zu schaffen. Schon bei Tageslicht war meine Sehstärke nicht sonderlich gut, bei Nacht allerdings schien mein Augenlicht nahezu völlig zu versagen. Dunkelheit in Kombination mit Regen hatte eine gerade zu tödliche Wirkung. Vor allem, wenn wie in diesem Moment die Scheibenwischer in einen Sekunden-Streik getreten waren, der nur gewaltsam mit einem erneuten ziehen am Scheibenwischerbetätigungshebel beendet werden konnte. „Jedes Land bekommt das Wetter das es verdient …“ klingt es aus den Boxen und wenn es danach gehen würde, müssten wir wohl auf Ewigkeiten in Regen und Schneematsch versinken. Die Ampellichter vor mir verschwommen langsam aber sicher immer mehr zu riesigen Lichter-Ballons, die mal rot, mal gelb, mal grün oder manchmal alles auf einmal leuchteten. Verflucht, wo befand ich eigentlich? Meine panischen Blicke aus dem Inneren des alten roten Golfs nach draußen wanderten zumeist ins Leere, tanzten eine Sekunde um eine Straßenlaterne, die mir die ihrige LichterZunge herausstreckte und kamen zurück ins Auto. Wo musste ich lang? Wo war der verfluchte Bahnhof? Ich hatte das Gefühl, dass der Alkohol meinen Kopf über die letzten Tage mürbe gemacht hatte. Das Leben glitt durch meine Finger wie der schon oft beschworene heiße Sand am Strand. Ich konnte zwar zu sehen, es aber nicht verhindern. see the dead end streets 67 „Kung-Fu-Schule rechts!“ senden meine Augen als Bildinformation an meinen Kopf. Mein Gehirn verarbeitet diese Massage und trifft innerhalb weniger Sekundenbruchteile eine Entscheidung. Daraufhin befielt meine Gehirn meiner linken Hand: „Bewegen und Hebel nach oben drücken!“ Das sind natürlich nur zwei kurze Meldungen und Vorgänge, die mein Körper beim abbiegen bewältigt. Kritisch wird es erst, als ein Radfahrer rechts neben meiner Beifahrertür auftaucht. Sein Gesichtsausdruck spiegelt das bloße Entsetzen darüber wieder, dass ich auf einmal doch abbiegen möchte und dass dieses Abbiegemanöver seinen geraden Weg auf dem Fahrradweg überraschenderweise doch in einem Punkt schneiden würde. Mein Gehirn läuft auf Hochtouren. Hätte ich doch weniger Alkohol intus. Was jetzt? Ein Zusammenprall, dann die Polizei, Blut abnehmen, Führerschein weg, Job gekündigt, kein Geld mehr für die Miete und Obdachlosigkeit. Teufelsspiralen drehen sich vor meinem inneren Auge, wo sind bloß die alten Zeitungen? Während meine Phantasie Achterbahn fährt, ein Bild nach dem nächsten durch meine Gehirnwindungen bläst und es nicht in Ruhe lässt, hatten meine Arme und Beine ein reges Eigenleben entwickelt. Fernab jeglicher Kontrolle durch Kopf, Magen oder Herz hatten sie nahezu zeitgleich das Bremspedal in Richtung Asphalt gekickt und das Lenkrad wie beim Glücksrad geschwungen. Anstatt „Bankrott“ leuchtete „Extra-Dreh“ auf der Tankanzeige auf. Den drachenmädchen beinahe Aussetzer überstanden, einen glücklichen aber laut fluchenden und schimpfenden Radfahrer zurücklassend, stand ich mit abgewürgtem Motor auf der Kreuzung. Hinter mir begann ein einstimmiges Hubkonzert und ich startete den Wagen wider des besseren Wissens erneut. Es waren nur noch wenige Meter. Wie ich in diesem debil angeschlagenen Zustand mein Auto in eine Minilücke lenken konnte, sollte für mich ein Rätsel bleiben. Aber eine gewisse Bestätigung doch nicht zu besoffen zum Autofahren zu sein war es sicherlich schon. Die letzten Meter gestalteten sich dann unspektakulär, da ich ja wieder zu Fuß unterwegs war und den Bahnhof erreicht hatte. Ein Blick auf die überdimensional große Bahnhofsuhr sagte mir, dass ich gut in der Zeit war. Viertel vor Acht! Dein Zug kam um Acht, oder? Ich schaute schnell auf diese schwarz-weißen Ankunftspläne und stellte fest, dass um acht Uhr kein Zug aus deiner Richtung kam. Auch nicht kurz vor Acht oder kurz danach. Ich konnte mich plötzlich auch nicht mehr daran erinnern, dass du etwas von Acht gesagt hattest. 18:48 war ein Zug angekommen, den du hättest nehmen können. Oder halt 20:48. Zu viele Achten, für meinen Geschmack. Was sollte ich tun? Vielleicht wartetest du schon seit knapp einer Stunde auf mich, ich Idiot. Schnell rannte ich Bahnsteig Sieben hoch. Eine ganze Horde Passagiere drängelte sich gerade in den Zug in Richtung Norden. Ich versuchte verzweifelt die Sitzgelegenheiten des Bahnsteigs mit meinen Augen nach dir abzusuchen, doch vergeblich. Jedes mal wenn ich freie Sicht erhaschte, erblickten meine Augen nur eine leere hölzerne Bank. Kein Mensch weit und breit, der sich auf diesem Bahnsteig befand und nicht aus einem Zug ausstieg oder einsteigen wollte. Außer mir! Nach und nach schaute ich auf den anderen elf Gleisen nach, da ich plötzlich nicht mehr wusste, warum ich ausgerechnet zu Gleis 7 gelaufen war, aber das Bild glich sich überall. Wenn irgendwo Menschen saßen, sahen sie dir in den meisten Fällen nicht einmal annähernd ähnlich. Nur einmal hatte ich deinen Namen voller Begeisterung ausgerufen und war zu einer Bank gelaufen. Doch als die Person sich umdrehte bemerkte ich, dass er nicht einmal das gleiche Geschlecht hatte wie du. Und außerdem, obwohl die Länge der Haare hätten übereinstimmen können, war die Farbe eine andere. Mittlerweile war es zwanzig Minuten nach Acht, ich hatte den Bahnhofsvorplatz abgesucht, den Hintereingang durchquert, dann einmal von dem Hintereingang zum Vordereingang und andersrum. Du warst nicht da. Ich ließ eine Durchsage durch den Bahnhof machen und erkundigte mich zeitgleich nach Dir. Doch auch drachenmädchen das verlief ohne Erfolg. Ich entschied mich am Kiosk ein Bier zu holen und wartete darauf, dass du um 20:48 ankommen würdest. Ich nahm das Bier, begab mich auf den Bahnsteig an dem der Zug einlaufen sollte und setzte mich auf die hölzerne Bank. Das Bier floss gut, meine Kehle wurde wieder feucht und ich ließ vor meinem inneren Auge die Situation ablaufen, wie wir uns in den Armen liegen, wenn du aus dem Zug aussteigst. Als ich wieder aufwachte huschte mein panischer Blick als aller erstes auf die Bahnhofsuhr. „Scheiße! Verfluchte Kacke, ich geh kaputt …!“ Ich sprang auf, das halbvolle Bier in meiner Hand wurde voller Verachtung mir selbst gegenüber auf die Schienen gedonnert und ein älterer Mann beobachtete mich argwöhnisch. Von dir und deinem Zug fehlte mittlerweile jegliche Spur und in meiner Frustration trat ich gegen die nächstbeste Werbetafel. Da das Loch in dieser wohl nicht allzu lange unbemerkte bleiben würde und mir mein Fuß nun anfing höllisch zu schmerzen, zu höllisch um mich auf eine Verfolgungsjagd mit einem Bahntypen einzulassen, humpelte ich so schnell es ging von dannen. Wenn du aus dem Zug ausgestiegen wärest, hättest du mich sehen müssen, dachte ich während ich noch einmal durch den Bahnhof humpelte und dich suchte. Ich musste mir was einfallen lassen, aber ersteinmal aus dem Bahnhof raus, denn der Rentner vom Bahnsteig würde mich garantiert verpfeifen. Als ich am Auto ankam stand ich nun vor zwei Riesenproblemen. Dabei war erst mal ein kleines zu bewältigen, denn wo war der Autoschlüssel? Mein Gefluche begann erneut, ich war kurz davor das Bier, welches mir auf der Flucht humpelnd am Kiosk gekauft hatte, durch die Nacht zu werfen, konnte mich allerdings noch zurückhalten. „Wo war denn der verfluchte … der muss doch hier irgendwo … verdammt!“ Nachdem ich alle meine Hosen-, Jacken- und sonst wie Taschen durchsucht hatte, zweimal, stand ich vor meinem Auto und dachte, der Tiefpunkt wäre erreicht. Ein letzter Blick ins Innere des Autos, in die trockene Welt des Volkswagens. Dem Licht der Laterne gebührte der Dank, dass ich meinen Schlüssel im Auto blinken sah. Genau an der Stelle, wo ich ihn vor mehr als zwei Stunden nach mehrmaligen Versuchen hereingesteckt hatte. In dem Zündschloss, super. Demnach waren die Türen noch offen. Ich schleppte mich also ins Auto, war froh, endlich sitzen zu können und öffnete mir auf den Schock erst einmal ein neues Bier. In Ruhe konnte ich mich jetzt den beiden größeren Problemen widmen. Erstens, autoschlüssel? 68 wo sollte ich dich suchen und wo konntest du nur sein? Zweitens, wie sollte ich hier jemals aus dieser verflucht engen Parklücke herauskommen? Wenn man sich selber „nimm dich zusammen“ sagen hört und zeitgleich noch selber gemeint ist, muss man aufpassen. In dem Moment befindet man sich an mindestens einer Grenze. Ich war gleich an mehreren Grenzen. An der Grenze endgültig rotzbesoffen zu sein, denn mein Alkoholpegelstand sendete SturmflutWarnungen an meinen Kopf und mein Gutelaunepegel war so tief gesunken, dass ich eigentlich im Fußraum des Golfes sicherlich schon drauf getrampelt war. Egal, ich musste dich finden, nur wo würdest du sein? Die Fragen hinterließen ein Echo in meinem leeren, besoffenen Kopf, prallten wieder ab und wiederholten sich. Aber, bevor ich mich auf die Suche machen konnte, musste ich aus dieser zugeparkten Situation ausbrechen. Wie war ich hier bloß reingekommen? Rückwärtsgang rein, Zündung an, ein Stück zurück, Lenker einschlagen, Stück nach vorne, Lenkrad in die andere Richtung, sich eine Servolenkung wünschen, fluchen, Rückwärtsfahren, Lenken, bzw. mittlerweile am Lenkrad herumreißen, lauter fluchen, die Servolenkung, dessen Erfinder und alle seine Besitzenden gleich mit verfluchen, Autoradio einschallten. Gasgeben, fluchen! „Scheiße!“ entfuhr es meinen Lippen, ich hatte vergessen den Vorwärtsgang einzulegen und war mal locker auf meinen Hintermann drauf geknallt. Nicht hart, aber deutlich. Schnell Vorwärtsgang eingelegt und nichts wie weg. Zu Hause könnte ich mir den Schaden ja schließlich noch ansehen. Wo war eigentlich meine Bierflasche, überlegte ich mir, als ich sie leer im Fußraum der Beifahrerseite herumrollen hörte. Zuerst wollte ich bei mir zu Hause sehen, ob du vielleicht zu Fuß zu mir gegangen warst und wir uns nur knapp verfehlt hatten. Auf dem Weg hielt ich an einem Kiosk, kaufte nochmals einen Sixpack, für uns beide bei mir, und stand dann vor meiner Tür. Doch niemand war da. Weder du, noch einer meiner Mitbewohner, noch war eine Nachricht zu finden. Ich öffnete eine Flasche Bier und setzte mich in die Küche. Mmh, wo konntest du nur sein. Ein ausgedrückter Joint lag im Aschenbecher und ich reanimierte ihn noch mal. Für einen Moment fühlte ich mich schwerelos, bis dann die Erdkraft mich wieder voll erwischt, ich vom Stuhl plumpste, mein Bier verschüttete und noch einmal laut fluchte. Schnell ein neues geöffnet und dann wieder ins Auto, du musstest doch irgendwo hier sein. Du wolltest doch kommen. Ich war mir sicher. Du hattest es gesagt. Ich beschloss die Kneipen abzustottern, in denen wir öfter zusammen gesessen mika fäll langsam vom hocker 69 hatten. Blechtrommel, Fehlanzeige, Watusi Bar, Fehlanzeige, Doc Müllers Raketencafé, Fehlanzeige. Kurzzeitig kam mir der Entschluss im Raketencafé zu warten und ein Bier zu trinken. Du würdest mich ja auch suchen, also, vielleicht würdest du ja in die Kneipe kommen. Nichts geschah. Es kamen zwar etliche Leute in die Kneipe und jedes Mal horchte ich auf, aber du warst nie dabei. Auch zwei Bier später nicht. Also wieder ins Auto. Ich brauchte ca. drei Minuten bis ich es endlich geöffnet hatte und bis ich angeschnallt und der Motor am Laufen war, vergingen bestimmt weitere fünf. So konnte es nichts mehr werden. Ich war zu besoffen, stellte ich fest. Andererseits war meine Kehle wieder trocken und im Auto lagen noch vier kleine Freunde. Und eins ging immer noch, schließlich musste ich noch überlegen, wo du warst. Irgendwann bin ich dann bei Butt’s Bierstube am Bahnhof angekommen. Das Ende aller Reisen. Mein Auto parkte auf dem Gleisparkplatz direkt am Parkscheinautomaten, Spötter würden behaupten fast im Parkscheinautomaten und ich schleppte mich zum Tresen. „Ein großes Bier bitte!“ doch die Bedienung verstand mich nicht auf Anhieb. Ich versuchte mich noch einmal deutlicher zu artikulieren, doch es gelang mir nicht wirklich. Ich zeigte auf das große Bier meines Nebenmannes und machte mit dem Daumen eine Gastwirtschafts-Eins. Ich bekam gerade mein Bier auf einen Bierdeckel vor mein Gesicht gestellt, als mein anderer Nebenmann mich von der Seite ansprach. „Mensch, was machst du denn hier? Siehst ja fertig aus, was’n los?“ Ich drehte mich um. Kannte ich diese Person? Ich wusste es nicht, aber die Stimme kam mir bekannt vor. Trotzdem war ich froh, dass er zumindest mich zu kennen schien. Ich erzählte ihm von meiner Odyssee, dass ich doch nur meine Freundin vom Bahnhof abholen wollte. Dann kam es über mich und ich erzählte den Tränennahe, wie beschissen die letzten Tag gewesen wären. Er schien mir zuzuhören, er war also ein Freund. Doch zwischen all den Worten die sich über mich vergossen, stellte er mehrmals die Frage, ob ich eine Neue hätte. Irgendwann hakte ich nach, „Eine Neue was?“ Er schaute mich überrascht an. „Eine neue Freundin?“. Wie, was, warum? „Häh?“, donnerte es in meinem Kopf, wieso denn eine Neue? „Hast du nicht gesagt, sie hätte letzten Samstag mit dir Schluss gemacht?“. Was war letzte Woche gewesen? Langsam dämmerte es bei mir, bevor ich vom Hocker fiel und einschlief! drachenmädchen I’ve got the dungeon master’s guide. Speaking of Leichen im Keller. Rollenspiele. Darf ja wohl nicht wahr sein. Und doch: Sag’ mir, welchen Charakter du damals gespielt hast, und ich sage dir, was für ein Mensch du bist. Wenn du dich jetzt angesprochen fühlst, darf ich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass du ein Mann bist. Zumindest soviel muss sicher sein, sonst verlieren wir hier noch alle den Boden unter den Füßen. Nun gut – was durfte es denn sein: Shadowrun, Schwarzes Auge, oder vielleicht sogar MERS (wer die Abkürzung ohne Internet-Recherche entschlüsseln kann, gewinnt einen 20-seitigen Würfel)? Ich war ja eher für ersteres, weil man dort prima jene Schusswaffen-Neurose ausleben konnte, die man als Kind aus einem politisch korrekten Haushalt ebenso sicher wie andere schwerwiegende Persönlichkeitsstörungen mit sich herumtragen durfte bzw. auch gerne noch darf. Ich sag’ nur: Knarren-Surrogate aus Duplo-Steinen. Oh Mann. Nicht auszudenken, was ohne den ‚Straßensamurai-Katalog’ aus mir geworden wäre. Gespielt habe ich trotzdem eher Schwarzes Auge, weil ich da in eine Spielgruppe geraten war, die ziemlich konstant Treffen abhielt. Man frage bloß nicht, wie ich da hineingeraten bin; ein Kontext, in dem sowohl ‚evangelische Kinder- und Jugendbibliothek’ als auch ‚ehrenamtliche Mitarbeit’ eine Rolle spielen, sollte dem interessierten Leser als Anregung für biographische Mutmaßungen genügen. Man wird halt nicht als Punk geboren… drachenmädchen Das geht nämlich so: Doppelhändige Streitaxt, Saraszener-Dolch, Kettenpanzer, Uzi, automatische Schrotflinte, Kevlar-Panzer, AC/DC, Metallica, No Fx, Sonic Youth, Hüsker Dü, Flannel-Hemd. Und fertig ist der Jungmann. Sollte sich eine spätere Zivilisation gen-modifizierter Supermenschen Houllenbequ’scher Prägung bemüßigt fühlen, nachzuforschen, wie das denn damals eigentlich alles so schief gehen konnte, empfehle ich Recherche nicht nur auf altbekannten Baustellen wie z.B. Serienmörder, Diktatoren oder Kindersoldaten in Afrika zu betreiben. Vielmehr sollten auch Aufzeichnungen hitziger RollenspielSessions begutachtet werden, innerhalb derer die adoleszenten Komplexbündel ihre angestauten Aggressionen und sozialen Unzulänglichkeiten mit einer nur noch in Megatonnen zu messender Sprengkraft detonieren lassen. Ja, Spiegel und Focus haben recht: Alles kleine Monster. Pubertärer Scheiß, unterbewusst angetrieben durch sexuelle Frustration und klebrigen Hormon-Überschuss. Also richtig eklig. Und gerade darum: toll. Ja, liebe Mädchen, das haben die komischen Jungs damals in ihren Kellern und Kinderzimmern so getrieben. Manchmal packt mich zu allem Überfluss das Gefühl, dass sich eigentlich soviel gar nicht geändert hat. Sitze ich jetzt vorm Green-HellKatalog, muss ich an damals denken, als der Fantasy-Productions-Katalog einen Hauptteil meiner Zeit beanspruchte. Ist ja klar: Luftschlösser bzw. –schutzbunker bauen. Ja, ganz richtig: Streuner. Eher der poetische Typ, so. Mit ner fetten AK-47 in der Hinterhand. So watch out while you’re playing your tricks. the mighty hans vorwort drachenmädchen besser verdient habt. Vor mir sitzen zwei 13-14-jährige Jüngelchen, schön auf Ghetto gestylt. „Mann war das ein harter Schultag Alta, isch bin platt, isch schwör ey“. Ok Jungs, ihr seid auch heiße Kandidaten. Was wisst ihr schon vom harten Leben ihr Wichser. Schön bei Mutti wohnen, immer Essen parat, die Wäsche wird gemacht, usw.. Geht kacken, hart wird es für euch erst wenn ihr Angestellte der Agentur für Arbeit seid, eure „Kumpels“ euch nicht mehr kennen wenn sie im Benz an euch vorbeifahren und die neue deutsche Welle einleiten. Vielleicht geben sie euch noch ein Bier aus und man schwafelt über alte Zeiten, wie man damals geil die Penne geschwänzt hat. Tja, leider hatten eure Alten keine Kohle, also auch keine Nachhilfe, keinen Job, egal, war auf jeden Fall ne geile Zeit, würden Juli wahrscheinlich sagen. 15:29, an der Haltestelle Herzlia-Allee steigt ein Typ mit Blaumann ein. Er setzt sich gegenüber von meiner Reisebegleitung und mir, diese packt die Gelegenheit sofort beim Schopfe und rückt mir noch ein bissken mehr auf den Pelz. Blaumann, ca.40, mit Schnäuzer zieht erstmal eine BILD aus der Zollstocktasche. „Urlaub im Puff “ prangt in BILDtypischen Lettern auf der Titelseite. Daneben ein unscharfes Bild auf welchem man die Umrisse eines grauhaarigen Mannes erahnen kann. Der Unterschlagzeile entnehme ich dass wieder einmal ein Untermensch, ähhh, Sozialhilfeempfänger sich auf unsere Kosten ein Superleben leistet. Na logo, is doch alles so easy. Blaumann blättert weiter, schlägt die Seiten um und schon der nächste Reißer, „…und SIE lacht auch noch..“. SIE ist wieder auf einer völlig unscharfen Aufnahme als ca. 15-16jähriges dunkelhaariges Mädchen zu „erkennen“. SIE hat ihr Neugeborenes heimlich entbunden und elendig verrecken lassen. Ok, ist nicht so wirklich prickelnd, aber ich kann mir nicht vorstellen dass das Mädel dies aus Spaß an der Freud gemacht hat. Aber die wahren Gründe interessieren BILD einen Dreck, lieber ein armes Mädel als gewissenloses Monster darstellen, das garantiert wenigstens eine hohe Auflage, und überhaupt, was zählt schon ein Menschenleben? Stand nicht auch schon in der Bibel Auge um Auge…? God bless US all. Das Mädel auf Seite eins heißt diesmal übrigens Carla, sie spielt Golf, ist geschickt weil sie hofft, es sei er. Doch sie nimmt niemals ab, sie macht niemals auf. Sie sitzt einfach da und ihre Augen werden feucht. Sie sitzt einfach da und ihre Hände fangen an zu zittern. Meistens ist es nach ein paar Minuten wieder vorbei, manchmal aber auch nicht. Manchmal dauert es die ganze Nacht, manchmal noch länger. Ihre Periode ist ausgeblieben. Aber das heißt nicht das eine. Sie hat nur seit Wochen fast gar nichts mehr gegessen und das, was sie gegessen hat, hat sie meistens nicht bei sich behalten können. Sie hat abgenommen, mehr als auch nur annähernd gesund wäre. Ihre Haut hat jegliche Farbe verloren. Ihre Augenringe sind größer als ihre Augen. Sie hat wieder mit dem Rauchen angefangen. Sie weiß, dass es falsch ist, aber sie weiß halt auch, dass es egal ist und es lenkt sie wenigstens einen Moment ab, wenn sie die Zigaretten auf ihren Armen ausdrückt. Sie geht auch nur noch selten ins Büro. Ihr Chef fragt sie schon nicht mehr nach einem Kankenschein. Keiner traut sich sie anzusprechen. Sie ist wie ein Gespenst. Aber Gespenster sind doch rastlose Seelen, die noch irgendwas zu erledigen haben auf der Welt, auf die noch etwas wartet. Auf sie wartet nichts mehr, nur noch der Tod und was, noch schlimmer ist, die Einsamkeit. Vielleicht ist sie schon tot, vielleicht wäre es wirklich besser, wenn sie es wäre. Sie spürt den kalten Stahl zwischen ihren Fingern. Die Rasierklingen hat sie schon vor einer Woche gekauft. Nur für den Fall. Heute hat sie sie ausgepackt. Sie sind so klein, so leicht und so zerbrechlich. Und doch so tödlich, wenn man nur mit ihnen umzugehen weiß. Zwei kleine Schnitte und jeder noch so schnelle Arzt käme zu spät. Der Stahl fühlt sich kalt an auf der Haut ihres Unterarms. Morgen ist auch noch ein Tag. Vielleicht. keine Nacht wirklich durchgeschlafen. Mehr als einmal hat sie gar kein Auge zu bekommen. Im Büro starrt sie dann manchmal eine Stunde auf den Bildschirm ohne auch nur eine Taste zu berühren. Sie starrt auf den Schirm bis ihre Augen brennen. Sie starrt auf den Schirm und sie sieht sein Gesicht. Er lächelt. Er lacht. Er ist glücklich. Glücklich mit ihr. Nicht nur das. Er ist glücklich ohne sie. Ohne sie! Und was ist mit ihr? Ist sie ihm denn total egal? Für sie bricht eine Welt zusammen, ihre Welt, seine und ihre. Die Welt, die sie sich zusammen so mühsam aufgebaut haben, und er trampelt einfach darauf herum, reißt alles ein, lässt alles stehen und liegen und verschwindet. Sie hatten doch eine Zukunft. Sie hatten doch Träume. Sie hatten doch Pläne! Sie hatten doch alles, was sie brauchten, denn sie hatten sich. Reicht ihm das jetzt nicht mehr? Bedeutet ihm all das denn gar nichts mehr? Hat es ihm überhaupt je etwas bedeutet? Wie kann er das alles einfach so vergessen? Wieso will er das alles einfach so vergessen? Sie kann es nicht vergessen und sie will es eigentlich auch gar nicht, und selbst wenn sie es wollte, sie könnte es nicht. Überall wo sie hinsieht, sieht sie ihn. Das Regal, das sie zusammen angeschraubt haben. Die Vase, die er ihr geschenkt hat. Das Sofa, auf dem sie gelegen haben. Das Bett, das sie geteilt haben. All das ist noch da, doch es wirkt alles so falsch ohne ihn. Es ist alles nicht komplett ohne ihn. Er fehlt. Er fehlt an allen Ecken und Enden, und vor allem fehlt er ihr. Sie fühlt sich so alleine. Sie fühlt sich so leer. Sie will auch ihre Freunde nicht mehr sehen, denn in jedem Gesicht erblickt sie ihn. Jedes Paar Augen hat doch auch ihn schon mal erblickt, und in ihnen ist noch immer sein schwaches Spiegelbild zu erkennen. Zumindest sieht sie es. Jedesmal wenn das Telefon klingelt, rutscht ihr Herz in Urlaub im Puff und SIE lacht auch noch!! Knallhart, ungeschönt, ungeschminkt, von Onkelchen Ein Freitag im Juli. 15:17, Bushaltestelle am Krankenhaus, ca.38Grad. 15:19, der SB25 kommt, die Türen öffnen sich, drückende Luft versucht sich aus ihrem fahrbaren Gefängnis zu befreien. 15:20, die nach 4711 (echt kölnisch Wasser) riechende Omma, hat es endlich auf die Kette bekommen und ihr Hinterteil in einen Sitz gefläzt. Immer noch 15:20, meine Adleraugen haben einen freien Platz erspäht und ich setze mich neben eine mollige Mitdreißigerin mit blonden, halblangen Haaren und Riesenbrüsten. Sie fährt öfters mit mir im Bus, diesmal scheint sie in ein Deutschwörterbuch vertieft, mir kommt es allerdings so vor dass sie versucht sich an mir zu reiben. 15:22, ich stecke die Ohrstöpsel meines MP3-Players in die Lauscher, es erklingt ALL, ich schließe die Augen, versuche die verschiedenen Gerüche zu differenzieren und ein wenig Heia zu machen. 15:24, heute ist nicht mein Tag, die Batterien des MP3-Players verweigern ihren Dienst. Ok, also das alte Lied, wer fährt heute im SB25 und verdient sich den finalen Rettungsschuss? Die beiden Mädels rechts neben mir, ich schätze sie auf höchstens 20, sind schon heiße Kandidatinnen. Ihrem Gesülze entnehme ich dass sie schon auf ein Eigenheim sparen, für ihre Rente mit einem Bausparvertrag vorsorgen und dass beide auch dieses Jahr noch heiraten wollen. Nachdem Altersvorsorge und Lebenslauf bis zur Beerdigung abgeschlossen sind, zerreißt man sich nun das Maul über Alexa, die blöde Schlampe. Alexa kifft, hat einen Iro, trinkt Bier im Park und hat schon mal mit zwei Männern gleichzeitig Sex gehabt. Ich bezweifle zwar dass Ihr das lest, ich meine euch männliche Flachpfeifen die ihr demnächst in den Hafen der Ehe einfahren werdet, aber trotzdem. Geht lieber mit Alexa in den Park, raucht Einen, trinkt Bier und kopuliert was das Zeug hält mit Alexa. Ist vielleicht nur für einige Monate aber besser als sich jahrelang auf eine Tussi zu legen, die sich beim Akt Gedanken über den Lohnsteu erjahresausgleich, eine neue Tapete, oder das Mittagessen für den nächsten Tag machen. Allerdings denke ich dass Ihr es auch nicht die Hose, weil sie hofft, es sei er. Jedesmal wenn es an der Tür läutet, hält sie den Atem an, Seit er weg ist, ist sie völlig durch den Wind. In den vergangenen drei Wochen hat sie 70 71 drachenmädchen vorwort im Umgang mit Bällen und Hauptsache das Grün ist immer gut gestutzt, zwinker zwinker. 15:32, Marl-Mitte ist erreicht, ich muss umsteigen in den SB26, die mollige Mitdreißigerin ebenfalls, leider haben wir ihn um eine Minute verpasst und somit eine halbe Stunde Aufenthalt. 15:34, ich habe mir gerade am ZOB-Büdchen ein eiskaltes Traugott Simon gegönnt und in zwei Zügen geleert. 15:37, Mist, warum bin ich nicht so cool und lasse den Dingen freien Lauf? Stattdessen unterdrücke ich einen der besten Rülpser seit der Grundschule. 15:39, kaum habe ich meinen Tabak ans Sonnenlicht befördert, kommt schon der erste Passivraucher an. Ein MegaMöchtegernHipHopStar, ca.15. Ich habe heute meinen sozialen Tag und halte ihm den Beutel hin. Er kann leider nicht drehen, ob ich nicht so nett sein könnte. Sagte ich schon dass ich heute meinen Sozialen habe? Ok, deswegen bleibt die 7mm Walter heute auch im Holster, die Kniescheibe bleibt folglich an ihrem rechten Platz und ich säusel ihm zärtlich ein „verpiss dich“ ins picklige Angesicht. 15:45, mit hartem, russischem Akzent fragt mich eine weibliche Stimme nach Feuer. Es ist die mollige Mitdreißigerin mit den Riesenbrüsten. Während ich ihr die Flamme hinhalte sehe ich dass sie einen schwarzen BH anhat. Sie hat mich in ihren Fängen, eine wahre Flut an Informationen prasselt wie ein Regenschauer auf mich ein. Sie heißt Julia, ist 36(ich kann schätzen wa?), kommt aus Kasachstan und wohnt seit 2 Monaten in Dorsten. Ich fühle mich ein wenig kontrolliert als sie mich fragt ob ich Arzt bin, der kalte Krieg ist doch schon lange passeé denke ich noch. Vielleicht war sie früher mal beim KGB, oder was wahrscheinlicher ist, sie möchte ein Kind mit mir zu machen und verfolgt mich auf Schritt und Tritt. Kurz überlege ich ob ich ihr erzählen soll dass ich Oberarzt bin, entscheide mich dann allerdings für den alten, aber immer guten, Witz dass ich Krankenschwester bin. Hahaha, sie lacht, tja, ich bin schon ein Gigolo, scheiße wie werd ich die wieder los? 16:01, endlich, der SB26 trifft ein. Gemeinsam steigen wir ein, ganz zufällig fällt ihr Ticket auf den Boden. Ihr gewaltiger Hintern zwingt mich förmlich zu einer Berührung mit meiner Nase, ich drehe den Kopf leicht seitlich um dies zu vermeiden. Nicht dass ich sie jetzt besonders unattraktiv finden würde, aber irgendwie, ich weiß nicht so recht, da hilft auch ihr schwarzer String nicht. 16:28, wir erreichen die Haltestelle Wulfener Markt, Julia muss aussteigen. Dankend lehne ich ihr Angebot, einen Kaffee mit ihr zu trinken, ab. 16:31, Haltestelle Fritz-Eggeling-Allee, nun habe auch ich mein Ziel erreicht, endlich Wochenende. Ein paar Wochen später. Montagmorgen, 5:38, Haltestelle am Krankenhaus, ich steige aus, drehe noch ein Kippchen, die Luft ist angenehm, noch ein Zug, ich betrete das Krankenhaus. 5:47, ganz in weiß, ohne Blumenstrauß, komme ich auf meine Station, die gute Nachtschwester Monika hat selbstverständlich den Kaffee fertig. 6:07, mittlerweile sind alle Kollegen anwesend, Übergabe, ich hatte sechs Tage frei, es sind einige Neuaufnahmen gekommen. 6:45, schnell noch den letzten Schluck Kaffee getrunken dann geht´s los. 7:18, ich betrete Zimmer 7-08, das Gesicht kenne ich doch, ich überlege kurz, Julia, meine Busbekanntschaft. 7:43, ich lese Julias Krankenakte, Julia hat Condylomata acuminata. 7:47, durch einen Blick in den Pschyrembel erfahre ich dass es sich hierbei um eine durch Geschlechtsverkehr übertragene Virusinfektion handelt. 7:51, weiter steht in Julias Krankenakte dass sich die Condylome sowohl vaginal als auch peri anal befinden. Da nicht alle so einen 7ten Sinn wie das liebe Onkelchen haben, geb´ ich Euch die Dermatologenweisheit mit auf den Weg. Drum prüfe wer sich ewig bindet, ob sich ne Effloreszenz am Arsch befindet. 72 vorwort drachenmädchen 74 75 LUX.BE.NE – Reise durch Nachbarstaaten die Luxemburger zeichnen nach wie vor alles in ihrer prä-Euro-Währung aus und ein Bier kostet dann „700“. Drei Euro ist da schon konkreter, also zwei und geniessen den kühlen Schlaf. Als ich aufwache ist die Sonne um die Ecke der Baumreihe gebogen und knallt mir erbarmungslos in die Fresse. Der linke nur selten so unerwartet erlebt. Kein Reiseführer = große Überraschungen. Der Fahrtwind hatte bestimmt 35 Grad. Zur Abkühlung hielten wir an einem 01. LUX Luxemburg ist die langweiligste Stadt, die ich kenne. Stimmt nicht ganz, Holzwickede ist langweiliger, ist aber schließlich auch keine Hauptstadt. Als wir gegen 23 Uhr im Herzen Luxemburg-Stadts direkt einen gebührenfreien Parkplatz gefunden haben, hätte uns das eigentlich schon komisch vorkommen müssen, aber wir waren euphorisiert und begierig. Bier. Und schon kommen die Russinnen, für jeden eine. Flank hat wegen mangelnder Fremdsprachenkenntnisse und hohem Ignoranzfaktor bald Ruhe, aber ich, mit meinen fünf Jahren Französisch als zweiter Fremdsprache und der Unfähigkeit, damit nicht beeindrucken zu wollen, führe Konversation mit Ines aus Moskau. Ich frage sie, wie Luxemburg denn so am Tag sei. Ines aber kennt von Luxemburg nur die Bar, ihre Wohnung und den Weg zwischen beiden. Und sie habe noch nie was von den zwei Hügel gehört, auf denen Luxemburg steht und die mit ein paar tollen Brücken verbunden sind. Ich glaube ihr nicht, aber sie streichelt trotzdem meine Hände, guckt mir tief in die Augen, aber irgendwann hat auch Ines begriffen, dass bei mir nichts zu holen ist und ist weg. Wir dann auch, zum zentral gebührenfrei geparkten Auto, raus aus Luxemburg. Teil meiner Unterlippe ist geschwollen. Schlimmer als die Schwellung an sich ist die Vorstellung, wie sie entstanden ist: wie irgendwas auf meiner Lippe rum krabbelt, während ich schlafe und dann sticht oder beisst es mich. Stausee. Ich pinkel in das luxemburgische Trinkwasser und lasse mich dabei auf meinem geborgten Body-Board an den Badenden vorbeitreiben und merke zu spät, dass meine Brustwarzen durch intensives Body-Boarding mehr als sensibilisiert sind. Jeder Luftzug ist Pein, jede Berührung mit Stoff lässt einen unbekannten Schmerz aufblühen. Die beiden Straßen-Cafés neben unserem Parkplatz sind gut besucht und die Menschen auf der Straße wirken, als seien sie auf dem Weg in ihr luxemburgisches Nachtleben. Und genau da wollen wir auch hin. Wir lassen die Cafés liegen und gehen erst mal ein bisschen durchs Viertel. Als wir nach einer halben Stunden von unserer ersten Schleife zurückkommen, sind die Cafés zu und die Menschen verschwunden. Was noch offen ist, sind Bars, a.k.a. Nights-Clubs. So viele, dass wir nicht glauben konnten, das man da nicht einfach rein und ein Bier trinken kann, ohne eine 19-jährige Russin auf dem Schoss zu haben. Nach ein paar weiteren erfolgslosen Schleifen durch die verödete luxemburgische Innenstadt gehen wir also rein, in die Bar. Bier bestellt, vorher noch schnell gefragt, wie teuer das Bier komme, denn unterwegs Flank fährt und fährt, auf der Suche nach einem entspannten Platz zum Pennen und als ich auf dem Beifahrersitz mit Nackenschmerzen aufwache, liegt er im Gras, neben einer Schnellstraße, im ersten Sonnenschein. So geht das nicht, also fahre ich weiter, nur ein paar Meter, links in den Waldweg. Im Schatten der Tannen legen wir uns auf die Isomatten und unter die Decken drachenmädchen Ich weiß nicht, warum wir noch mal nach Luxemburg reinfahren, vielleicht, um mal Menschen auf den Strassen zu sehen. Wir trinken einen Kaffee. Mit meiner Lippe muss ich aufpassen, nicht zu schlabbern. Flank liest aus der Zeitung vor, dass die Mücken dieses Jahr wegen der Hitze keinen feuchten Platz zum Legen ihrer Eier finden. Beiläufig drücke ich auf meiner Unterlippe rum, um zu checken, ob´s schon kribbelt und wann die Mückenlarven schlüpfen. Pro forma gehen wir einmal durch die Stadt, schlendern in der Bruthitze über die schönen Brücken, sehen Menschen und fragen nicht, wo sie gestern Abend alle waren. Zum Abschied tritt Flank noch mal vor den Cola-Automaten, der gestern Nacht weder Erfrischung raus noch Geld zurück gegeben hat. Ich frage mich, warum ich mir Luxemburg und Belgien so flach wie die Niederlande vorgestellt habe. So was Zerklüftetes wie Luxemburg habe ich drachenmädchen 02. BE Wenn man von Deutschland nach Holland fährt, muss man auf 30 Stundenkilometer runter. Man spürt sozusagen durchs Bremspedal die Grenz-Erfahrung. Von Luxemburg nach Belgien darf man und mit 120 kmh einreisen und schnell sind wir bei Brüssel. Zwei Ausfahrten vorher fahren wir ab, auf einen Campingplatz mit 90%iger Dauer-Camper-Kundschaft, eine überwältigende Mehrheit Profi-Camper. Alle haben aufgeschaut, gebellt und ein paar sind sogar aufgestanden und sind an ihren Zaun gekommen. Wir haben alle freundlich angelächelt. Während ich die Dusche checke, baut Flank das Zelt auf. Kurzes Entspannen. Dann schnell nach Brüssel. Peripher geparkt, weil uns nicht der Sinn nach belgischem Spät-Feierabend-Verkehr steht. Mit der U-Bahn ins Zentrum. bei den nachbarn 76 Brüssel ist voll und das wird sich in dieser Nacht nicht mehr ändern. Bis drei Uhr nachts sind Menschen auf den Strassen, ich vermute, dass ein großer Teil davon Luxemburger sind. Wir lassen uns durch die Stadt treiben und ich summe permanent ein Lied der New Yorker Band Bowery Electric mit dem Titel „Floating World“, in dem „a sea of people“ durch die Strassen „floatet“ und die melancholische Sängerin fragt „how can you sleep?“. Darauf habe ich in Brüssel keine Antwort, wir floaten mit, entschädigen uns für Luxemburg-City. Wir feiern in Flanks Geburtstag rein und sitzen auf einer Bank auf dem Platz mit dem Denkmal für die belgische Jeanne d´Arc. Ich freue mich für ihn. Wir machen uns locker, sitzen in Cafés und gucken Brüssel zu. Ich freue mich auch für mich. Die Temperaturen sind um diese Zeit erträglich, und die Stadt strahlt. Kurz nach unsere Ankunft, nach dem Aufstieg aus der Brüsseler Metro, setzen wir uns zwischen die Gruppen auf dem Platz zwischen Historischem Rathaus und noch historischerer Kathedrale und können unser Timing kaum fassen. Das Licht geht aus und für einen Augenblick ist der ganze große Platz einfach nur dunkel, aber ein erwartungsvolles Raunen geht durch die Menge und lässt auf Absicht hoffen. Klassische Musik beginnt. Wir gucken uns an und der Turm der Kathedrale beginnt von innen rot zu leuchten. In den nächsten Minuten strahlt die Kathedrale von innen heraus, wird vom gegenüberliegenden Rathaus angestrahlt, wirft Schatten und verändert sich andauernd. Fünf Minuten lang sitzen wir regungslos und gebannt und gucken mit allen anderen auf das, was passiert. Dann geht das Licht an und der Platz kommt in Bewegung. Wir floaten weiter, gehen in Kneipen und schauen Frauen entgegen und hinterher und können es kaum fassen. Ohne es auszusprechen entscheiden wir uns zu Fuß zur Peripherie zu lux.be.ne 77 gehen, wo das Auto parkt. Wir orientieren uns an den Stadtplänen, die in Leuchtkästen hängen und gehen zweieinhalb Stunden durch ein Brüssel, das langsam leerer, aber immer monumentaler wird. Überall Paläste, Fontänen und Reiterstandbilder, Quadrigas und Tore und was zur Verherrlichung der belgischen Nation noch alles so an den Start gebracht worden ist. Paris ist in seiner nationalen Selbstbestätigung wohl unübertroffen, aber mir fällt spontan gerade keine andere Stadt ein, die dem näher kommt als Brüssel. Wieder mal zu Hause nehme ich mir vor, meine Mutter zu fragen, warum ich nie in Brüssel war und den Unterschied zu Luxemburg nicht kannte. Meine Mutter wird mir antworten, dass ich sehr wohl schon in Brüssel war, vor 29 Jahren und mich fragen, ob ich mich da etwa auch nicht mehr dran erinnern kann. Was soll ich sagen, ich war Zweieinhalb. Und außerdem dürfe ich seit 14 Jahren selber Auto fahre, wird sie sagen und fragen, wie oft ich seitdem in Brüssel war. Recht hat sie. Aber jetzt war ich da, keinen Tag zu spät. Wir canceln Brüssel bei Tag, fahren direkt zum Atomium, wo ich immer schon mal rein wollte. Als ich in der obersten Kugel stehe und rausblicke, danke ich uns für die Entscheidung, nicht nach Barcelona, sondern nach Benelux zu fahren. Ich stelle mir mich in dieser Kugel vor, in der Spitze dieses zigMilliardenfach vergrößerten Eisen-Kristalls, wie ich raus lächle und den Augenblick geniesse. Nebenan, weiter unten, ist ein Mini-Europa, alles im Maßstab 1 zu 580.000.000. Aber im Vergleich zum Größen-Verhältnis von Atomium zu Atom ist Mini-Europa wohl fast maßstabsgetreu. Eisenbahnen fahren durch die Alpen, Vierjährige gucken auf den Eifelturm runter und Eltern machen Fotos. Flank ist schon auf den Rolltreppen auf dem Weg nach unten und ich folge ihm. drachenmädchen Wieder im Auto will Flank weiter nach Antwerpen und es ist sein Geburtstag, deswegen sage ich nichts. Aber eigentlich will ich sofort an die Küste, denn ich möchte, dass er heute noch das Meer sieht. Von einem ganz besonderen Platz aus: Bloemendaal. Den Tipp habe ich vor drei Monaten auf einer Geburtstagsparty in Amersfort bekommen. Direkt am nächsten Tag war ich damals da und begeistert. Aber jetzt erstmal Antwerpen und wie in Brüssel bin ich auch hier mehr als angenehm überracht. Ich weiß nicht, an was ich beim Namen Antwerpen immer gedacht habe, aber an das hier bestimmt nicht. Alles ganz alt und gut erhalten und unglaublich unzerstört. So was kennt man in Deutschland nur aus Wolfenbüttel. Wahrscheinlich verhält es sich hier wie in Münster: die Tages-Besucher sind begeistert, einigen Einwohnern aber kommt bei so viel alter Bausubstanz, Harmonie und renovierter Fassade das Kotzen. Gut, dass wir Tages-Touristen sind und ich nicht mehr in Münster wohne. Wir verheddern uns im Rotlichtbezirk, sehen Frauen hinter Scheiben sitzen und ich traue mich kaum hinzugucken, aber was ich sehe, sind auch sehr schöne Frauen. Wir finden wieder raus, verlaufen uns, aber eigentlich können wir uns ja gar nicht verlaufen. Wir schreiben Karten, die bis heute nicht angekommen sind. Flank spendiert ein Eis von Häagen Dasz für 5 Euro pro Becher, mit denen wir beide nicht fertig werden. Zu spät kommen wir hier raus und als wir den besonderen Platz am drachenmädchen Meer suchen, finden wir ihn nicht und fahren nach Zandfort. Wir sehen auch hier den Sonnenuntergang und Flank weiß ja nicht, was er verpasst, aber Bloemendaal ist nur 500 Meter weiter nördlich, was wir nicht wussten, aber eine andere Welt. 03. NE Der Geburtstag geht seinem Ende zu und wir fahren in die leerstehende Wohnung eines von Flanks holländischen Verwandten, der auch heute Geburtstag hat und auch nicht zu Hause ist. Scheint in der Familie eine Masche zu sein. Wir parken, gehen in den ersten Stock und ich komme, glaube ich, zum ersten Mal in die Wohnung eines wirklichen Holländers. Der Druck lässt nach, die Tür wird zugezogen und ich falle in komatösen Schlaf. Elf Stunden später werde ich in meinen staubigen Chucks wach und überlege, ob ich die jetzt noch ausziehen soll, denn es geht ja gleich weiter. Aber ich will mir die Dusche nicht entgehen lassen, also Schuhe aus. Ich freue mich auf Bloemendaal, denn heute werden wir es finden, ganz bestimmt. Flank hat als Kind seine kompletten Ferien in Voorschooten verbracht und kennt jede Ecke. Wir gehen rum, ich kaufe runtergesetzte Pistazien, Flank reise durch nachbarstaaten 78 ein Drei-Mann-Zelt. Wir fahren an den Heimatstrand. Bevor ich mit dem Body-Board in die stürmische See tauche, klebe ich Pflaster auf meine sensiblen Brustwarzen. No more pain. Die Wellen sind zu stark für meine Unsportlichkeit. Bevor ich resigniere, gehe ich freiwillig und lege mich in die Gluthitze, aber es stürmt. Alle anderen hier sind Strand-Profis und haben Windschütze. Schnell weiter. Flank ist nicht davon abzubringen schnell noch in einen Süßwassersee zu springen, in dem er einen beachtlichen Teil seiner Jugend verbracht hat. Dann aber Bloemendaal. Unterwegs frage ich mich, ob ich nicht zu viel versprochen habe. Wir gucken und ich habe nicht. Für die nächsten Stunden hört die Mobilitätsfrage auf, denn wir wollen einfach nur bleiben. Und das tun wir auch bis Mitternacht und ich traue mich nicht, zu beschreiben, wie es war. So wie ich selten genauso tanzen kann, wie ich mich fühle. Es war unbeschreiblich, nur Fränkie und ich wissen, wie es uns da ging. Und es ging uns gut. Nachdem wir bis zum Ende durchgechillt haben, sind wir nach Amsterdam gefahren. Ist praktisch um die Ecke. Wie in Luxemburg und Brüssel sind wir auch hier stundenlang durch die Stadt gelaufen, haben an Plätzen angehalten, auf beleuchtete Stadtpläne geguckt und wieder kam er, mein Bowery Electric Ohrwurm: Floating World. sascha wundes · 0162/4003311 · [email protected] 79 Irgendwann stehen wir vor dem Auto und steigen ein, stellen die Sitze nach hinten und ruhen ein Stündchen. Mein Pilot bringt uns nach Bloemendaal und wir sitzen um acht auf Liegestühlen, hinter Windschützen und schlafen in der Sonne. Bis die ´Republik Bloemendaal` wieder erwacht und den Strand für das heutige Volleyball-Turnier herrichtet. Alle, die aufbauen, sehen so aus, als würden sie ihre eigene Party organisieren. Ein Mädchen setzt sich auf den Liegestuhl neben mich. Flank hat sich zum Glück verpisst, um noch einen Kaffee zu trinken, so dass ich ihre Anwesenheit alleine geniessen kann. Ich höre dem Meer zu, rauche eine Zigarette und gucke ab und zu rüber, um zu sehen, ob auch sie ab und zu rüberguckt. Der Sommertag fängt gegen zehn an, wir liegen auf einer mit schwarzem Segel-Stoff bezogenen Matratze, unter einem Baldachin und geniessen den Ausblick. Vom Meer trennen uns nur die Leute, die vor uns die Sonne geniessen. Bloemendaal ist mit seiner loungigen Drum&Bass-Atmosphäre angenehm anders als die Strandkaffees, die man sonst so kennt. Draussen nur Kännchen und dann ab hinter den Windschutz. Auch schön. Aber gut, dass es auch anders geht. Als wir gleichzeitig zu dem Schluss kommen, dass es nicht schöner werden kann, packen wir unsere Sachen und machen uns auf den Weg. drachenmädchen Die Idee war gut, doch unser Auto noch nicht bereit An jenem Montag verließen wir unser Barrio. Hamburg. Eimsbüttel. Ellenbogen. Hasta la vista, Baby! Und was sollte schon schief gehen? Wir waren bestens präpariert, die Idee war längst zu einem ausgefeilten Plan gereift. Flugtickets, Reisepässe, abdruckfähige Finger und ein smartes „How are you“-Grinsen für den Zwischenstopp in Miami, die Kopfhörer für das Hollywood im Flugzeug, frische Unterhosen für Guatemala City und die Modest Mouse Best-Of-Compilation für die Autofahrt zum Flughafen Köln-Bonn. Alles dabei! Unser Gefährt – ein Golf Zwei, Baujahr 1991, mit etlichen technischen Geilheiten wie Hubraum 12, PS 200, km/h 122 sticht – sah blendend aus. Im edlen weiß gehalten, geschrubbt und gewachst, so ganz unschuldig glänzte er in der Hamburger Nachmittagssonne. Man könnte fast meinen, dass wir die zweite Geburt dieses Autos miterlebten. Doch nicht nur das schmucke Äußere ließ uns entzücken, auch das extravagante Interieur. Vorfreude bereiteten uns jetzt schon die vielen kleinen Überraschungen, die das Handschuhfach – Marke Zauberhut mit Hasen – auf dieser Fahrt für uns bereithalten sollten. Bei diversen Handschuhfachausgrabun gen wurden nicht selten schon wahre Jugendschätze freigelegt. Von verschollen geglaubten Drei Fragezeichen-Hörspielen (zum Wachbleiben und Mitsprechen) über amüsante und nervenaufreibende Zeitvertreiber wie Jojos oder Reise-Vier-Gewinnt (für die Raststätte) zu nützlichen Dingen wie einer Deutschlandkarte von 1962 oder Programmheften von drachenmädchen Heavy-Metal-Festivals der Neunziger – man kann nie wissen, ob man nicht irgendwann einmal in die Bredouille kommt, auf einer Tankstelle zwischen Zewen und Dortmund einem wildgewordenen, Accept-Aufnäher auf Jeanskutte tragenden Typen, die exakte Running-Order vom 95er WackenFestival aufzusagen. You better be prepared, Dude! Und der Respekt, den du erntest, ist enorm... Wir cruisten die A1 vom feinsten: Linke Spur, Lichthupe, Ellenbogen lässig aus dem Fenster, rechte Hand am Steuer, überdimensionierte Sonnenbrillen im Gesicht, offenes Verdeck und abwechselnd „Highway to Hell“ und 50 Cents „In da Club“ aus der getunten Kenwood-Bassboxxxx. Naja, so ähnlich jedenfalls. Hamburg, Elbtunnel, Veddel, Bremen, Dortmund, Deutschland. Wir waren dabei, alles hinter uns zu lassen und auf der anderen Seite der Welt ein neues Leben zu beginnen. Doch schon in Wuppertal drohten alle Träume zu zerplatzen. Mit einem Getriebeschaden waren wir gezwungen die Standspur anzusteuern, auch wenn ich durchaus dafür war bis Köln-Bonn so weiterzufahren. Die Vernunft sollte siegen, dieses Mal. Vor unserem geistigen Auge hob das Flugzeug mit zwei freien Plätzen, zwei nicht gegessenen leckeren Vegetarian-Meals, unendlich viel Spass im Multimediaprogramm und etlichem von uns nicht konsumierbaren British-Airways-Merchandise in Richtung Zentralamerika ab. Gefesselt an die Leitplanken einer deutschen Autobahn – Worst Case Scenario, Alter! – in den Klauen dieses Landes. Sollte dies das Ende sein? Mit den vielleicht letzten Atemzügen rafften wir uns auf, nicht bereit ohne Gegenwehr dahinzusiechen. Wir vorwort 80 führten Telefongespräche mit Versicherungen, Abschleppdiensten, Flughafenmitarbeitern und Pizzalieferanten. Als uns das Wasser ausging, die tonnenschweren LKWs über uns hinwegfegten, das Kassettendeck nur noch Bandsalat produzierte und uns so schummrig wurde, dass wir anfingen, den Löwenzahn, der auf der Grünfläche zwischen den Leitplanken der Autobahn wuchs, zu kauen und über die kulturelle Relevanz von steppenden Gürteltieren zu debattieren, nahte die Rettung am Horizont. Ein gelber Blitz näherte sich uns in sekundenschnelle, der ADAC hatte uns gefunden. Der vermeintliche Retter sah die Tristesse in unseren Augen, holte etwas aus seiner Hosentasche seines gelben Overalls und hielt es uns hin: „Das wird euch aufmuntern“. Ich war zwar etwas skeptisch, ob der Tatsache, dass ein ADAC-Mitarbeiter die A1 abfährt, um gestrandeten Autofahrern gelbe Pillen zur Verköstigung und Aufmunterung zu verabreichen, griff aber trotzdem zu. Die Lage war definitiv beschissen und konnte sich durch gelbe Pillen eines komplett in gelb gekleideten ADAC-Mitarbeiters, der zuvor einem gelben Cadillac mit der Aufschrift „Gelber Engel“ entstiegen war. Zum Runterspülen sei die gelbe Brause mit der Aufschrift „Gelbe Brause“ bestens geeignet... Danach müssen Jahre vergangen sein. Oder Minuten. Ich weiß es nicht mehr. Der gelbe Engel verabschiedete sich, überreichte uns noch jegliche ADAC-Gimmicks, gelbe Socken, Zahnbürste, Buttons und zwei Freikarten für „das fröhliche Miteinander heute Abend im Bierzelt Wuppertal-West mit der hauseigenen AD/AC-Kapelle. AD/AC. AD/AC.“ Während er AD/AC mehrmals wiederholte, grinste er und zwinkerte uns zu, weil er wusste, vorwort 81 dass wir das Wortspiel verstanden hatten. Wir waren seine Leute! „Viel Glück!“, rief er noch und ich fragte mich, wie denn dieses Glück aussehen sollte, als der gelbe Engel in der Nacht verschwand. Eigentlich empfand ich es durchaus als glücklichen Umstand, dass jener gelbe ADAC-Engel uns zwischen Löwenzahn und Leitplanke halluzinierend entdeckt hatte. Doch eine Lösung des Problems hatte er nicht parat. Wahrscheinlich war der ADAC längst in anderen Geschäftszeigen aktiv und war als Subunternehmung nur noch ein Konglomerat an gelben Engeln, die hier und da mal vorbeihuschten. Die sechs Indianer, die in sicherer Entfernung die Zusammenkunft mit dem gelben Engel beobachtet hatten, näherten sich nun behäbig. Mit jedem Meter, den sie sich auf uns zubewegten, änderten sie ihren Gang und ihr Äußeres. Schließlich standen sechs Typen mit Bob MarleyShirts und Allianz- Baseballcaps vor uns. Endlich, dachte ich. Die Versicherung hatten wir doch schon letzte Woche angerufen... So schien es jedenfalls. Der einzige, der einen Mustache und einen Cowboyhut mit dem Slogan „Erst die Prüfung, dann geht’s los!“ trug, entpuppte sich als Wortführer und Kopf der mobilen Versicherungseinsatzgruppe. Beim näheren Hingucken fiel mir noch seine „Mein Land, meine Heimat, mein Stolz“-Tätowierung auf. „Könnten Sie hier bitte unterschreiben?“. Die Kombination aus Bob Marley-Shirt und der debilen Tätowierung bereitete mir zwar Kopfzerbrechen, mittlerweile war mir aber alles egal. Egal war das Auto, der Löwenzahn, das Flugzeug, die Reise. Nur schnell abkanzeln drachenmädchen die Sechser-Crew, damit der gelbe Engel noch mal rumgeflogen kommt, und ein paar von seinen gelben Minifreunden mitbringt dachte ich mir, während ich versuchte Worte zu einem Satz zu formen: „Aber der Mietwagen ist doch umsonst, oder?“. Das Gelächter war bei ihnen. „Bei uns ist nichts umsonst, Sie müssen den Mietwagen natürlich nicht zahlen, er ist im Versicherungspaket enthalten.“ Er hielt kurz inne, dann tönte er: „Es sei denn, Ihr Auto stellt einen wirtschaftlichen Totalschaden dar.“ Alles klärchen, ein wirtschaftlicher Totalschaden war nicht auszumachen und neue Getriebe stehen ja auf Autobahnen rum wie volle Astra-Knollen auf guten Parties. Und das Gelachter war zwar bei ihnen, ok, aber der Mietwagen mit Klimaanlage bei uns. Etwas zu schaffen, machte mir mein geistiger Zustand, aber hey, eine Pille war ja noch übrig. Mein Blick wanderte vom Beifahrersitz des Autos, wo ich das letzte gelbe Freundchen vermutete, aber nicht finden konnte, zurück zu der Sechser-Crew, die keine Anstalten machte, uns mit unserem Schicksal alleine zu lassen oder endlich mal den verdammten Mietwagen zu organisieren. Wie kam ich nur darauf, dass alle sechs Bob Marley-Shirts trugen? Erst jetzt erkannte ich, obwohl ich arge Mühe hatte mich wach zu halten und ich mein Umfeld nur noch schemenhaft wahrnahm, dass vor mir der Landser-Fanclub-Bottrop stand, Warsteiner-Pils trinkend und lachend unser Unglück besiegeln wollte. Dann skandierte irgendjemand irgendwas, Worte kamen aus den Mündern, meine Augen fielen zu und ich konnte nur noch erahnen, was als Parole ausgegeben wurde. Als Feind schien man uns und das Auto auserkoren zu haben. Die letzten Worte drachenmädchen waren: „Hier hast du deinen Totalschaden, Drecksau!“ Sechs Typen fielen mit Gummiknüppeln und Taschenmessern über das Auto her, zerbeulten es, zerkratzten es und zelebrierten irgendeine Art Stammesritual um das Objekt der Zerstörung... Ich erwachte – Homer-Simspon-Like – mit einem Kaugummi auf der linken Backe und Brotkrümeln im Bart. Meine Augenlider klebten aneinander, ich nahm Geräusche wahr und versuchte, mit meiner linken Hand meine Umgebung zu ertasten. Dann plötzlich Worte, Sätze, Geräusche, Lärm. Heißes Essen landete auf meinem Schoss, „No Woman, no cry“ in einer beruhigenden Instrumentalversion mit Panflöte und Marimba über die Lautsprecherboxen und ich kurz vorm kollabieren. Plötzlich stößt mich jemand von der Seite an, ich ziehe meine verklebten Augenlider auseinander, blicke in das aufgesetzte 24-Stunden-Lächeln einer Stewardess, die mich fragt: „Möchten Sie etwas zum Lesen? Wir haben das ‚British-Airways Magazine’, ‚Die Bunte’ oder ‚GQ’.“ Ich gebe ihr zu verstehen, dass ich nicht lesen kann, greife in die Tasche unter meinem Sitz und schlage die ersten Seiten der Drachenmädchen-JubiläumsAusgabe auf. vorwort vorwort drachenmädchen drachenmädchen herzlichst, ihr kleiner kulinarischer führer, frollein schön knoblauchsoße oder diese chinakohlsachen. hätte ich früher nie für möglich gehalten. und nie bestellt. wahnsinn. ich verliere den verstand. ich durchdenke meine 10 besten ausserhalb-essen aller zeiten: zum beispiel den krautsalat beim griechen, einer meiner ersten restaurantbesuche. das muss so 1988 gewesen sein. da ist gerade die bug von dinosaur jr. rausgekommen ... damals hat mich wohl der krautsalat mehr interessiert. ich verfalle in einen komatös-wabbeligen zustand, krautsalat und oliven kämpfen gegen gefüllte nudeln, garniert mit etwas, das nicht ganz durch ist. freak scene. blicke an die irgendwie wischi-waschi-goldig verspiegelte decke und sehe nicht mich sondern sternchen. ich hab noch nie so einen hunger gehabt. die killertomaten greifen an. aber da kommt in letzter sekunde der salat. unbedingt ohne eier bestellen, sonst riecht das ganze ding wie ne stinkbombe und man kann sich auf die anderen beilagen nicht mehr konzentrieren. der clou ist nämlich, dass die erdnusssoße WARM ist. warme soße auf salat. es sind erdnüsse drin. und alles, was sich gemischter salat nennt. und sojasprossen. dazu werden krabbenchips gereicht. die schmecken so wahnsinnig gut, dass ich sie nicht stehenlassen kann. ich lege sie auf meine zunge und sie fressen sich in kleinsten explosionen einfach rein. ob da wirklich krabben drin sind, weiss ich nicht. wenn ja, muss es ein aufwändiges verfahren geben, das ihre körperteile nahezu unsichtbar macht ohne dem geschmack zu schaden. oder ist ein krabbenchip gar eine ganze krabbe? aufgeschäumt oder explodiert wie ein maiskorn im heissen topf? jetzt geht alles ganz schnell. die heizkiste aus metall mit teelicht, danke, heisser teller drauf, danke, an der kippe nur drei mal gezogen und schon ist sie da. diese heisse fettige schweinerei, wasser läuft in meinem mund zusammen und vermengt sich mit erdnusssoßerückständen. schnell einen schluck wasser trinken. reis im töpfchen, kellnerwünsche, die ich nicht verstehe. er sagt so oft danke, dass ich versucht bin, bitte zu sagen. aber wofür? dafür, dass er mich hier bedienen darf? ich frage mich, ob ich bei meiner observierung seines psychischen und körperlichen befindens nicht aufmerksam genug war ... reis auf meinem teller, tofustückchen, chinesische pilze, nicht diese gallertartige masse, die quietscht, wenn man sie zerkaut, sondern pilze mit format. möhrchen mag ich eigentlich nicht, schon garnicht warm, aber der soja-reisweingeschmack der soße ist so stark, dass ich sie kaum schmecke. diese soße ist eine solche gaumenfreude, ich wäre auch ohne den ganzen anderen schnickschnack höchst entzückt. tofu hab ich auch schon unbehandelter gegessen, dieser hier ist immerhin kurz angebraten. ich frage mich, ob die portion zu klein ist. aber meistens reicht es doch. auch heute. ich experimentiere gern mit den fläschchen und streuern die auf dem tisch stehen, noch etwas rotes scharfes hier und überhaupt noch viel mehr sojasoße überall. reis ist noch über, der präsentierteller ist leer, ich hab ihn heimlich abgeschleckt. hat niemand gesehen. nur die leute, die draussen am fenster vorbeigehen. haben angewidert geguckt, aber was glotzen sie auch auf anderer menschen teller. selbst schuld. ich bin satt und noch viel mehr. ein dessert passt nun selbst in meinen dessertmagen nicht mehr rein. nur noch das pflaumenschnäpschen ... und das kommt mit der rechnung. rülps. nachts träume ich von einer riesigen bratwurst und wache davon auf, dass ich auf meiner bettdecke herumkaue. das liegt bestimmt am mononatriumglutamat. heiß und fettig. heute ins bali. draussen ist es sommer-nieselig wie so oft. da macht drinnen sein ja besonders spaß. und wenn sich dazu noch ein ausgeprägter hunger gesellt, können und sollten vor allem vegetarier schon mal den weg ins bali finden, weil das fleischlos-angebot mit einer din a 4-seite weltweit nahezu einzigartig ist. wo war ich? im bali, neubrückenstrasse. so eben noch einen der begehrten plätze am fenster erwischt. der eifrigste kellner von allen eilt sofort mit einem obligatorischen pflaumenschnäpschen herbei und begrüsst mich wie immer hochmotiviert. was möchte ich trinken? was zu trinken beim chinesen. achtung! vor längerer zeit habe ich eine reportage gesehen, deren inhalt mich in diesen sekunden noch immer daran erinnert, dass es jetzt um leben und tod geht: niemals!! darf!! man!! beim!! chinesen!! COLA!!! zum!! essen!! bestellen!! hier die medizinischen hintergründe für alle unwissenden: da gibts diesen geschmacksverstärker, mononatriumglutamat oder so. der löst in verbindung mit inhaltsstoffen aus cola einen bronchialen krampf aus und kann in schlimmen fällen zu tod durch ersticken führen. Besonders asthmatiker sollten hier vorsichtig sein. „ich hätte gern ein wasser, bitte.“ „danke.“ ich stürze den pflaumenschnaps herunter und spüre sofort seine wirkung. mein magen scheint wirklich wirklich leer zu sein. an dieser stelle frage ich mich, ob die angestellten hier gut behandelt werden. ich versuche, heimlich so intensiv wie möglich in ihren freundlichen gesichtern nach spuren der misshandlung, demütigung, der schlechten ernährung oder der mangelnden medizinischen versorgung zu suchen. nichts. wirklich. hier herrscht friede, freude, eierkuchen. entspannt lehne ich mich zurück und studiere die karte. Gleich auf der ersten seite steht: wir nehmen auch essensgutscheine (die vom sozialamt). herrlich, hier ist der kleine mann noch was wert. ich bestelle den gemischten salat mit erdnusssoße ohne eier und als hauptgang tofu mit chinesischen pilzen und möhren, nippe an meinem wasser und halte es kaum noch aus. ich denke nur noch ans essen. war meine entscheidung richtig? wahnsinnig gut sind ja auch die auberginen in 82 83 frolleinschönfrauschön hat noch nie soviel hunger gehabt. 84 ROCK’N’ROLL IS DEAD? So’n Quatsch - Runden drehen mit el Commandante Schlaue Köpfe werden es schon gemerkt haben. Der etwas langsame, nein, gemütlichere Leser mag sich grad am Kopf kratzen und fragen: wo sind denn die Reviews? Tja, diesmal eher ohne, ein paar Empfehlungen soll es aber an dieser Stelle dennoch geben, is ja schließlich auch ein Musikmagazin. Wer mehr will: www.myruin.de, da gibt es auch ne Ecke mit Besprechungen. So, jetzt aber rein ins Vergnügen - da sind so einige Platten dabei, die im virtuellen Boxring der Künste, den Nick Hornby in „The Polysyllabic Spree“ entwirft, bestimmt das ein oder andere Buch oder Theaterstück oder den ein oder anderen Film auf die Bretter schicken würden... Super neue Alben erschienen ja beispielsweise von KETTCAR, ADAM GREEN und Redaktionsliebling MONEYBROTHER. (Moment mal, Adam Green? Nee, Commander, ich hasse den Typ. Ich hab sogar ein echt prima Haßreview für Amazon geschrieben. Ist aber leider nie veröffentlicht worden. Komisch. - Jan95) Da aber von den Tagesthemen über Spiegel, Bildzeitung und Woman Magazin bis hin zu Obernervensäge Sarah Kuttner wirklich alle was dazu zu sagen hatten, spare ich mir das hier mal und lege euch stattdessen CARTRIDGE ans Herz. Mit den vier Songs, tanzbar und Franz F. und Konsorten teilweise nicht ganz unähnlich, schaffen es die jungen Dänen trotzdem einen eigenen, coolen Sound zu kreieren. Erschienen auf dem neuen Hamburger Label RECORDS & ME, bislang allerdings leider nicht als 7“. Macht mal! Auf jeden Fall im Auge behalten. Bevor ich es vergesse: reviews 85 eines meiner Lieblingsalben gibt es mittlerweile auch als LP! Die Rede ist von TIGER LOU und seinem Debüt „is my head still on“. Dank geht an RIPTIDE, dass dieses Meisterwerk jetzt auch auf Vinyl erhältlich ist. Und weil die Braunschweiger so geile Typen sind, haben sie auch gleich noch die „green street“ von THE 101 rausgebracht. Ein Feuerwerk aus Ideen und Melodien, Hit reiht sich an Hit. Im Vergleich mit dieser neuen Band von Eric Richter (ehemals Kopf von Christie Front Drive) können (fast) alle anderen Emo-/Poppunk Bands mal lang kacken gehen, um mit Lui zu sprechen... Und sonst so? FAVEZ haben ein neues Album ( „old and strong in modern times“, STICKMAN) und das rockt - trotz des melancholischen Titels - wieder mal so einiges in Grund und Boden. So gut wie Schokolade, Chapuisat und Zurbriggen. Und HOT HOT HEAT? Die Latte mit “make up the breakdown” zu hoch gelegt? Keinesfalls. „Elevator“ hält allen Unkenrufen zum Trotz die hohe Qualität des letzten Albums – mindestens - und lässt sich auch durch die große Riege neuer englischer Top-Bands nicht aus der Spitze der DiscoWave-Soul-Punk-weiß-ich-was-Bands verdrängen. Essentiell nennt man das wohl. Wo wir uns schon auf der Tanzfläche befinden: da fühlen sich auch die EPOXIES und „stop the future“ (Fat Wreck) pudelwohl. „Plüsch-ElektroPunk“ oder so ähnlich bezeichnete Pastorensohn, Chief Torwart und 3 Chords Redakteur Horch das Ganze. Im Gegensatz zu ihm kann ich damit ganz gut. So, Zeit für ein Highlight: THE ROBOCOP KRAUS. Ich gestehe: Deren neues Album (erschienen auf LADO/Epitaph) löste bei mir zunächst Enttäuschung aus. Schien doch das gewisse Etwas zu fehlen. Aber weit gefehlt: nach drachenmädchen mehrmaligem bis unzähligem Hören muss ich sagen: Killer, ein Meisterwerk. Für mich eine Platte, bei der man – wie Nagel es mal so schön formulierte – im Laufe der Zeit acht bis zehn verschiedene Lieblingssongs haben wird. Minimum. Da macht es auch nichts, dass man im Pro Sieben Teletext als Robocop Klaus besprochen wird... Von Nürnberg aus geht’s direkt ins Softeisparadies nach Ankum. Da hat’s jetzt also auch eine Turbojugend. Ach du Scheiße. Mit dem neuen, nicht nur von den Jüngern heißersehntem Album (Burning Heart), schaffen es die Denim Boys von TURBONEGRO nach dem Ausrutscher in den UEFA Cup wieder direkt in die Königsklasse, um mal unseren Lieblingsfachjargon zu bemühen. Eine bunte Tüte, gefüllt mit Hits, die wie eine Mischung aus den letzten drei Alben klingen. Und gleich noch mal Burning Heart: Frauenschwarm Dennis Lyxzens Projekt LOST PATROL BAND hat sich zur richtigen Band entwickelt und die neue Scheibe eignet sich hervorragend zum einkaufen, rumhängen und wohlfühlen oder feiern. Gute Laune ist also angesagt, weg vom Singer/Songwriter Kram. Apropos Powerpop: ALIEN SNATCH hat das neue FEVERS Album veröffentlicht und das hellt mir sogar an Sommertagen wie diesem, an denen es 24 Stunden lang pisst, die Miene auf. Auf einer Reise durch die Geschichte des Pops packen sie sich ihren Sack randvoll, um daraus dann zurück in der Gegenwart zwölf neue, eigene Perlen zu basteln. Hihi... Eher minimalistisch geht es bei den Labelkollegen THE MOJOMATICS zu. Da fallen einem schon mal die White Stripes oder auch die Ghetto Ways als Referenz ein. Wie immer bei Alien Snatch alles mit geilem Artwork und vergleichsweise günstig, da kann man eigentlich immer blind zuschlagen... Genau wie bei SOUNDS OF SUBTERRANIA: die COLUMBIAN NECKTIES geben auf „takeaway“ mal wieder Vollgas und treten nach der erneuten Abschiedstour der New Bomb Turks jetzt vielleicht endgültig deren Erbe an. Dahingegen passen die STEREOTYPES eher in die SOS Ecke mit den Bad Apples, Rachael Gordon oder The Carnation. Garage Pop? Gibt’s das? Auf jeden Fall auch so’n Sonnenscheinding. Zum guten Schluss hätten wir noch ein paar Re-Releases von FLIGHT13: von den SPERMBIRDS gibt es die total geile „common thread“ jetzt ebenso als CD wie die meiner Meinung nach nicht ganz so starke „eating glass“ sowie die WALTER ELF. Ach, auch fast vergessen: Redaktionsfreund Basti findet die neue HELLACOPTERS („rock’n’roll is dead“) unglaublich super. Mir gefällt sie drachenmädchen auch, wieder einmal geil abgeliefert. Aber der Anfang is soo hart bei Chuck Berry geklaut, ihr wisst schon, aus „Zurück in die Zukunft“, „Enchantment under the Sea“ und so... Für alle Fans solcher Rockmusik (also Schweinerock, nicht Chuck Berry), also auch Turbojugend Vögel oder Zeke Jünger: hört euch mal die GRANNIES an! Könnte was für euch sein... Produziert von Jack Endino übrigens. Grad kommt noch die neue BAYSIDE reingeschneit, schon drauf gefreut. Super, endlich, hör ich mir jetzt mal an und tschüss. Immer dran denken: Tut nichts, was ich nicht auch tun würde. Aloha. Okay, Herr Solke muss ja irgendwie rechtfertigen das er weiterhin Promos kriegt und ich muss die Seiten vollkriegen: COMEBACK KID – Wake The Dead (Victory Records) Heilige Scheiße!!! Ich glaube ich halte hier gerade das Hardcore-Album des Jahres in den Händen. Haben sich noch viele gefragt wie COMEBACK KID ihr exzellentes Debüt-Album „Turn It Around“ noch überhaupt Toppen wollen, so belehren uns die Kanadier mit „Wake The Dead“ sofort eines besseren. Es gibt weiterhin schnellen HC, mit tausenden von Chören und fetten Moshparts, doch diesmal mit wesentlich mehr Melodie. Dieses Album ist so abwechselungsreich und hitverdächtig, da kann es einem schon mal die Sprache verschlagen. Der Titelsong „Wake The Dead“ jedenfalls wird direkt in meine Hitliste der besten HC-Hymnen aufgenommen. Produziert wurde das ganze übrigens von Bill Stevenson (All/ Descendents/Only Crime), gemastered von Alan Douches und Guest Vocals gibt es von Mr. Good Riddance/Only Crime Russ Rankin. Hammer-Album!!! <AS> THE LETTERS ORGANIZE – Dead Rhythm Machine (Nitro Records) THE BRONX bekommen ernstzunehmende Konkurrenz aus Atlanta, nur treten THE LETTERS ORGANIZE das Gaspedal die ganze Zeit bis zum Anschlag durch. Fans vom Schweden-Sound, der durch REFUSED, ABHINANDA und SEPERATION geprägt wurde, werden Tränen in den Augen haben bei der Spielfreude und Energie, die diese Band versprüht. Noch ein bisschen JR EWING dazu und fertig ist eine der explosivsten Mischungen des Jahres. „Dead Rhythm Machine“ rockt so dermaßen, dass es schon seit Stunden bei mir in einer Repeat-Schleife läuft und ich meinen Nacken wohl morgen nicht mehr bewegen werden kann. reviews 86 87 IMPRESSUM Eine Platte, die in keiner guten Punk/HC-Sammlung fehlen sollte. <AS> THE BLACK MARIA - Lead Us To Reason (Victory Records) Bei THE BLACK MARIA wird der eine oder andere wohl voreilig einen TAKING BACK SUNDAY/ THURSDAY-Vergleich heranziehen, womit er ganz so falsch auch nicht liegt, aber... hinter THE BLACK MARIA stehen zwei Menschen, die mit ihren Bands Vorreiter dieser ganzen Musik-Sparte waren: Chris Gray und Kyle Bishop. Kyle Bishop, der unter anderem auch bei der Hardcore-Ikone THE SWARM gespielt hat, hat mit seiner letzten Band GRADE einen wahren Meilenstein von einer Band geschaffen. Im Gegensatz zu GRADE übernimmt er jedoch nicht die Lead-Vocals, sondern spielt Gitarre und singt die zweite Stimme. Die Vocals übernimmt Chris Gray, der schon bei NEW DAY RISING und ZYON für einen äußerst charismatischen Gesang gesorgt hat. Von ZYON sind auch der Schlagzeuger Derek Petrella und der Gitarrist Alan Nacinovc mit von der Partie. Komplettiert wird THE BLACK MARIA von Mike De Eyre am Bass und am Keyboard. Musikalisch servieren uns THE BLACK MARIA rockigen, sehr hymnischen Emo-Core, getragenen von Chris Gray �s kraftvoller Stimme, garniert mit dem einen oder anderen Schrei-Part, der wohl Kyle Bishop zu verdanken ist. Besonders begeistert bin ich von der Idee gewesen, dass die Jungs bei Songs wie „Our Commitment �s A Sickness“ oder „Ash“ auch nicht davor zurückschrecken mal eine Doublebass-Attacke einzubauen. Weitere Anspieltips sind der Opener „The Memento“, der Ohrwurm schlechthin namens „Mirrors And Cameras“ (die Gesanglinie habe ich Tage lang nicht mehr aus dem Kopf und aus den Ohren bekommen) und der krönende Abschluss der Platte in reviews Form des Rockers „Rats In The Prison“. Respekt, so eine Platte wie „Lead Us To Reason“ nenne ich mal ein fulminantes Debüt und bin sehr darauf gespannt THE BLACK MARIA mal live erleben zu dürfen. <AS> BELLE & SEBASTIAN – push barman to open old wounds (Jeepster) Compilation aller Singles der Briten aus den Jahren 1997-2001, die auf Jeepster erschienen sind. Logischwerweise gibt es einen Haufen Hits sowie gute B-Seiten, eine gute Gelegenheit die Band entweder kennen zu lernen oder Sammlungen zu vervollständigen. Für die-hard Sammler fürs Auto. Oder zum Joggen. <KP> THE FORECAST – late night conversations (Victory) Da kenn ich nix: Emo Schublade auf, Forecast rein. Soweit, so gut. Und das soll jetzt nicht als Kritik gemeint sein. Vergleiche mit Bands wie JeJune oder Rainer Maria zeigen schon, dass es sich hier um eine starke Platte handelt, die vor allem durch den wechselnden männlichen und weiblichen Gesang auszeichnet. Für Fans des Genres allemal lohnenswert! <KP> TOCOTRONIC – pure Vernunft darf niemals siegen (LADO) Tocotronic? War ich ja nie Fan von, ging irgendwie an mir vorbei. Jetzt also ein neues Album. Keine Spur mehr von den ungestümen Songs der Vergangenheit (oder waren das nur die Hits, die ich kannte?), hier regiert eher der Gitarrenpop. Poetische Texte und zwei Gitarren. Gefällt mir ganz gut. Keine Champions League, aber mit der Leistung kann man international dabei sein. <KP> drachenmädchen Das war wieder schön. Anstrengend auch und der Optiker wurde endlich den Ladenhüter los. Flimmern. Nach neuesten Erkenntnissen trocknet Kaffee den Körper gar nicht aus. Das bedeutet, das ich nun nicht mehr auf 2 Kannen Kaffe auch 2 Liter Flüssigkeit mehr trinken muss. Das gab selbst in meinem Singlehaushalt ein ganz schönes Schlangestehen vor der Toilette. Meine Oma hat früher den Boden des Kaffeefilters einmal umgeschlagen bevor sie ihn in die Maschine fummelte. Sie war der Meinung, das dass Aroma sich dann intensiver entfalten könnte, außerdem würde sie Kaffee sparen. Beim Drachenmädchen Magazin ist es auch ähnlich, Seite umschlagen damit sich das Aroma entfalten kann. Hmm. Andere Leute einladen damit wir nicht selbst soviel Arbeit damit haben. Clever. Für diese Ausgabe wäre ich leer, ausgebrannt. Selbst mein Horoskop bestätigt mir seit Tagen, das ich das Recht habe, nichts zu tun. Ich wäre in meinen Gedanken sehr mit mir beschäftigt und das wäre gut so. ok. Ich bin nicht mal wirklich in der Lage an einem Gespräch teilzunehmen. Wie heißt du? Ich heiße Helga, gefällt dir mein Name? Nein, deine Brüste gefallen mir besser. Dialog aus Schulmädchenreport von 1970, genau mein Niveau. Da halte ich lieber meinen Mund, mache nichts kaputt und sage einfach jedem ich wäre total entspannt und alles ist cool. Have Fun or Fuck off. Die Antwort ist klar. Wie gehabt ist das Erscheinen der nächsten Ausgabe ungewiss, der günstigste und schnellste Weg die heißen Infos zu erhalten: Ihr meldet euch kurz per E-Mail. Dann halten wir Euch auf dem Laufenden und sagen: Willkommen in der Gang, ey. Immer Rocker bleiben. drachenmädchen Verlag: My Ruin Verlag Anschri ft: Drachenmädchen Magazin | Postfach 3107 | 49021 Osnabrück Fon: 0541-7608077 Fax: 0541-7608653 Mail: [email protected] Web: www.myruin.de Herausgeber: My Ruin/ Rosi Redaktion: Herr Solke, Dr. Nolte, Herr Neumann & Commander Positive_3D Grafik & Layout: Jan95 Mitarbeiter # 10: The Gimp, Lennart Bohne, Mika, Busy Beatman, C.Parkinson, Mathias Hamich, Sascha Wundes, Nils Damage, Bölla, Sir Charles Monsen, Falk, Onkelchen, Mathias Ahrberg, Sailorman, Marco Schnell, Ärol, Wiesmann, Turbo Take, Betty Blue, Kevin, Frau Schön, Andreas, Timmi, Anna Anaconda & Frauke. Danke: Du, Oiro, Anzeigenkunden und die ganzen Zechpreller. Wir sehen uns. Vertrieb: Eigenvertrieb Auflage # 10: 500 Stck. Bankverbindung: My Ruin, Postbank Hamburg Konto: 541 60 201 Bank: 200 100 20 Dies ist keine Veröffentlichung im Sinne des Presserechts. Es wird kein Gewinn erwirtschaftet. Die Beiträge gefallen der Redaktion, verantwortlich ist jeder für sich selbst und sein geschriebenes Wort. Danke für den Erwerb dieser Ausgabe. Es geht immer weiter. gruß aus dem Beau Rivage