4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam

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4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam
Die Lichtenbergschule (LuO)
zwischen Gestern und Morgen
Jubiläumsschrift zur 175-Jahrfeier der Darmstädter Realanstalten
Die Lichtenbergschule (LuO)
zwischen Gestern und Morgen
Jubiläumsschrift zur 175-Jahrfeier der Darmstädter Realanstalten
1 Grußworte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
· Kultusministerin Karin Wolff · Oberbürgermeister der Stadt Darmstadt Peter Benz
· Schulleiter Peter Herrmann · Elternbeiratsvorsitzende Dr. Astrid Wiemann
2 Unser Schulpatron Georg Christoph Lichtenberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
natur macht schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
4
informatische bildung und medienbildung an der luo . . . . . . . . . . . . . . .
5
theater an der luo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
· Theater-AG · Kindertheater
6
musikalische aktivitäten an der luo in der zeit von 1966 – 2001 . . . . . . . . . 98
7
künstlerische gestaltungen
8
arbeitsgemeinschaften der luo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
· Afrika-AG · Foto-AG – Arbeit im Labor · Keramik-AG
9
schülerlotsendienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
116
10
der sport an der luo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
117
11
schüler als zeitungsmacher
12
ein raum zur meditation (raum 714)
10
· Interview mit Lichtenberg 1993 · Kleine Auslese nicht nur aus den Sudelbüchern
3 Die Darmstädter Realanstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
· Zeittafel zur Schulentwicklung
4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam
5 Der Blick zurück
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
im neuen haus (1966 – 1975)
2
konsolidierungsphase (1976 – 1989)
3
auf dem weg nach europa (1989 – 2000)
4
bauliche veränderungen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
7 Die engagierte Schulgemeinde
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
1
die elternschaft
2
die schülerinnen und schüler und ihre vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
das kollegium und seine schulleiter
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
· Elternbeirat · Förderverein
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
6 Die Gegenwart – Profil der Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
128
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
58
die öffnung der schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
· Lichtenbergschule – Europaschule des Landes Hessen · Studien- und
Berufsorientierung (SBO) · Bildungspartnerschaft zwischen der Lichtenbergschule
und der Fachhochschule Darmstadt · Internationaler Workshop an der Lichtenbergschule
· Science across Europe – Ein Blick über den Tellerrand · Themenwoche an der LuO
· Aus den Anfängen: Schulpartnerschaft zwischen der „Junior Highschool“ und der LuO,
Biologie in englischer Sprache unterrichtet – ein Schulversuch an der LuO
2
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
1
1
88
schüleraustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
· Austausch Chesterfield 1988 – 89 · Schottlandaustausch · USA-Austausch
· Austausch Marquise – Troyes – Boulogne · Szia, Budapest ! · Lichtenbergschule
Darmstadt – Arpad-Gymnasium Budapest · Schüleraustausch mit der Petrischule in
St. Petersburg · Schüleraustausch mit Jakutien (1994 – 1997) – Ein schöner Traum
8 Der Blick nach vorn
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
· Die künftige Verwirklichung der Europaschule als Gymnasium –
Sprachenzentrum, Internationale Begegnungsschule und Begabungsförderung
9 Nachwort der Redaktion
Impressum
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
1 Grußworte
1 Grußworte
Karin Wolff
Kultusministerin
Peter Benz
Oberbürgermeister der Stadt Darmstadt
Peter Herrmann
Schulleiter
Dr. Astrid Wiemann
Elternbeiratsvorsitzende
[4·5]
1 Grußworte
der Georg-Büchner-Schule, Dr. Ekkehard Born, für das Eineinhalbjahrhundert-Jubiläum in Worten nachträglich
eingefangen hat:
Zu dem 175-jährigen Jubiläum der
Darmstädter Realanstalten übermittle
ich der Lichtenbergschule, die zu diesem Anlass eine Festschrift herausgibt,
meine herzlichsten Glückwünsche.
Diese Glückwünsche meiner alten
Schule zu überbringen, berührt und erfreut mich zugleich. Zu meiner Schulzeit war es allerdings noch ein Stück
hin zu diesem Jubiläum.
Die Wünsche verbinde ich mit dem
Dank an alle, die in den vergangenen
175 Jahren diese traditionsreichen
Schulen, die heute die Namenspatrone
Büchner, Liebig und Lichtenberg ihr
Eigen nennen dürfen, mitgestaltet und
sich unter nicht immer ganz leichten
Bedingungen um deren Fortentwicklung bemüht haben.
Gefeiert wird das Jubiläum dreier
Darmstädter Schulen, die seit 1826 zusammen mit der Technischen Hochschule gegründet wurden. Deren reich
verästelter Entwicklungsstammbaum
lässt sich heute durch einige Klicks im
Internet rasch nachvollziehen. Nicht so
schnell erschließt sich dem interessierten Betrachter die Darmstädter Stimmungswelt der damaligen Schulgründungen, die der damalige Schulleiter
„Diese große Herausforderung, diese
challenge im Toynbeeschen Sinne hat
umgestaltend auf die Darmstädter
Schulszene gewirkt, und die Antagonisten heißen Dilthey und Schacht.
Dilthey ist der Direktor des Gymnasiums, Schacht der Direktor der neuen
Realschule. Es ist beglückend zu sehen,
wie die beiden Männer bei aller Leidenschaft der Auseinandersetzung bei ihrer
Sache sind und das, was hinter ihr steht,
verteidigen. Dieser Kampf macht dem
geistigen Klima unserer Stadt Ehre.
Dilthey möchte aus Überzeugung die
»höhere« Bildung dem Gymnasium vorbehalten wissen. Dass auch für die
»Realisten«, die »Professionisten« ein
entscheidendes Stück mehr getan werden muss als bisher, sieht er, aber das
Exemtionsrecht, das Recht, die Reifeprüfung abzunehmen, möchte er nur
bei den Gymnasien sehen. Sein Gegner
ist Dr. Schacht. Er fordert – unerhört in
dieser Zeit! – die Gleichberechtigung
beider Bildungswege.
Nur wenige Auseinandersetzungen auf
dieser Welt gehen aus wie der Kampf
zwischen Rom und Karthago, auch dieser Schulkampf hat nicht mit der völligen Niederlage der einen und dem völligen Sieg der anderen Seite geendet: Die
Entwicklung des Lateinunterrichts an
den neuen Schulen und der vielsagende,
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auftauchende Name »Realgymnasium« macht die Situation deutlich. Es
ist tröstlich und ermutigend zugleich zu
sehen, wie unsere Vorväter sich durch
Dunkelheiten und Unklarheiten hin-
durch zu neuen Formen durchgefochten
haben. (...) Da ist die Wurzel für jenes
Schulmeistergelächter, das Justus Liebig
entgegen schallte, als er erklärte, er wolle sich der Chemie wissenschaftlich widmen: es war eine offene Frage, und für
viele Leute war die Frage nicht einmal
offen, ob man Chemie als ernstzunehmende Wissenschaft betreiben könne.“
Auch heute gilt es der Abwertung der
Naturwissenschaften entgegenzutreten, auch wenn die Zeit der Schulkämpfe nach Art der Hannibalschen Feldzüge vorüber ist. Gleichwohl: Die
Wissenschaftsstadt Darmstadt hängt
an der Nabelschnur der Qualitätsentwicklung des hessischen Schulwesens.
Als weiteren Baustein des zu entwickelnden Bildungslandes Hessen werden wir bei der Reform der gymnasialen Oberstufe die Naturwissenschaften
und die Fremdsprachen stärken, andererseits zu frühe und zu weit gehende
Spezialisierungen zurücknehmen.
Angesichts der TIMSS-Ergebnisse und
der zu erwartenden PISA-Resultate
wird hier ein „Schulmeistergelächter“,
wie es noch Liebig hörte, ausbleiben.
Jubiläumsjahre geben immer wieder
Anlass, eine kritische Standortbestimmung durchzuführen: Zurückzublicken
auf das, was für gegenwärtige Aufgaben bewahrenswert erscheint und
vorauszuschauen auf künftige Zielsetzungen.
Wer die mitunter emotional geführte
öffentliche Diskussion um den Stellenwert und den Auftrag schulischer Bildung beobachtet, stellt eine kontinuierliche Ausweitung der Erwartungen
fest. Manchmal kommt man zu dem
Eindruck, als erwarte unsere Gesellschaft immer dann, wenn sie ein Defizit feststellt, von der Schule Abhilfe.
Rufe nach einer neuen Pädagogik des
Informationszeitalters sind zu vernehmen. Globalisierung, Innovation und
Vernetzung sind Schlagworte einer
Zeit, in der man durch die Welt des
Wissens surft und kaum noch in Büchern blättert. Goethes Grundsatz,
den er in seinen „Maximen und Reflexionen“ aufstellte, bringen diese
Grundbegriffe der neuen Dynamik
nicht ins Wanken:
„Der echte Schüler lernt aus dem
Bekannten das Unbekannte entwickeln
und nähert sich dem Meister.“
Denn Lernen ist auch heute noch ein
Schritt zur Selbstverwirklichung des
Menschen, die schließlich der
Demokratie, der Entwicklung unseres
Gemeinwesens dient.
In der bildungspolitischen Debatte
wird zu wenig über den Bildungsbegriff selbst diskutiert, jeder spricht
von „Bildung“, aber wissen wir eigentlich noch, diskutieren wir eigentlich
noch darüber, was Bildung ist und was
dazu gehört? Kommt dieser Begriff
nicht allzu selbstverständlich über die
Lippen? Forderungen nach Bildungsreformen werden nicht in eine Besin-
nung darüber eingebettet, was Bildung
ist, wozu sie dient und wie dies heute
erreicht werden kann.
Meine These: Bildung soll den Menschen befähigen, ein Leben in Freiheit
und Verantwortung und als Glied einer
Gemeinschaft zu führen. Im Bildungsprozess, der gewiss nicht nur in der
Schule oder anderen staatlichen
Institution abläuft, wie auch Bildung
nicht nur dort vermittelt und erworben
wird, werden die Kenntnisse (Wissen),
Fähigkeiten, Fertigkeiten und auch
Haltungen erworben, die dazu erforderlich sind. Bildung zielt auf die umfassende und ganzheitliche Entfaltung
der Persönlichkeit, die zu einem begründeten Urteil und einem begründeten Standpunkt in der Lage ist. Diese
Fähigkeit ruht auf der durch Bildung
erworbenen Fähigkeit zum eigenständigen Denken und Begreifen. Bildung
strebt also auf Mündigkeit zu. Der gebildete Mensch bringt Kenntnisse in
verschiedenen Disziplinen mit und ist
daher kommunikationsfähig; sein breites Fundament sichert ihm Bewährungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Feldern des persönlichen, gesellschaftlichen, beruflichen und politischen Lebens. So bewirkt Bildung
„Teilhabe am kulturellen Gedächtnis“
und der Einzelne gewinnt Zutritt „in
eine überlebenszeitliche Kommunikationsgemeinschaft und hat Teil an einer Identität“. Zugleich ist er offen für
Neues, weil der wirklich Gebildete um
die Grenzen seines Könnens und Wissens weiß. Bildung ist also sowohl Aneignung von Tradition als auch Offenheit für neue Herausforderungen. Der
gebildete Mensch bewahrt zu sich
selbst und der Sache – z.B. der Gruppe,
der Kultur, der er angehört – noch
Distanz. Er ist deshalb in der Lage, die
Welt auch aus einer anderen Perspektive zu betrachten und im Fremden
bzw. Anderen eine Bereicherung zu erkennen. Zur Bildung gehören aber auch
die Einstellungen, Haltungen und
Wertbindungen, die für ein Leben im
sozialen Zusammenhang erforderlich
sind – ein Gebildeter ist nie ein Rüpel.
Anders ausgedrückt: Erziehung gehört
zur Bildung und ist nicht ein von ihr
trennbarer Vorgang.
Wir brauchen eine Debatte über Bildung auch, um einer Gefahr entgegen
zu wirken, die sich überdeutlich abzeichnet, nämlich einer einseitigen
Reduktion des Bildungsverständnisses
auf das ökonomisch Verwertbare, die
zugleich den Menschen auf seine Rolle
im Wirtschaftsprozess und Arbeitsleben verengt. Aus einem solchen Blickwinkel heraus werden dann rasch alle
Inhalte, für die es keine unmittelbare
Verwertungschance gibt, für obsolet
erklärt. Andererseits führt die unterlassene Reflexion über Bildung dazu, dass
den Schulen eine große Zahl neuer
Aufgaben zugeschrieben wird, die sich
aber nicht mehr vor einem Bildungsbegriff und einer Bildungsaufgabe legitimieren, sondern nur noch vor aktuellen Bedürfnissen.
Zu der oben beschriebenen Bildung
muss die Schule, muss auch die Lichtenbergschule als Gymnasium und
Europaschule des Landes Hessen, in
Zukunft ihren Beitrag leisten. Eine
selbstbewusste und selbstsichere
Schule ist die wünschenswerte Basis
[6·7]
1 Grußworte
für das Lernen der Kinder und Jugendlichen. In diesem Sinne ermuntere ich
meine ehemalige Schule, dass sie ihren
produktiven Weg der ständigen Auseinandersetzung mit den Lernbedürfnissen ihrer Schülerinnen und Schüler
und den Anforderungen der Gesellschaft unbeirrt weiter geht. Ich wünsche der Schulgemeinde, die sich hier
so beispielhaft entwickelt hat, weiterhin gute Perspektiven für ihre Zukunft,
um die sich viele Beteiligte bisher
schon verdient gemacht haben.
Karin Wolff
Kultusministerin
Mit dem 175-jährigen Jubiläum der
drei Darmstädter Realanstalten GeorgBüchner-Schule, Justus-Liebig-Schule
und Lichtenbergschule verbindet sich
eine große Tradition des Darmstädter
Schul- und Bildungswesens. Die gemeinsame Wurzel ihrer Gründungen
liegt im Realienwesen des frühen
19. Jahrhunderts und der damit einhergehenden bildungspolitischen Auseinandersetzung um die stärkere Gewichtung naturwissenschaftlicher Fächer.
Ihre Einführung und Entwicklung gestaltete sich aus heutiger Sicht als
wechselvoller Prozess.
Die traditionsbewussten Darmstädter
erinnern sich noch gut an die Kurzform
LuO als Bezeichnung für die ehemalige
Ludwigs-Oberrealschule, wie sich die
heutige Lichtenbergschule von 1911 bis
1937 nach dem Namenspatron Großherzog Ludwig II. nannte. Die bis in das
Jahr 1826 zurückgehende Schulchronik
erhellt uns darüber, dass es in verschiedenen Epochen immer wieder zu Änderungen des Schulnamens kam. Mit
der Zerstörung des ehemaligen Schulgebäudes am Kapellplatz in der Darmstädter Brandnacht von 1944 ging das
eigene Domizil verloren. Die Folge waren 22 Jahre Gastdasein in anderen
Darmstädter Schulen.
1956 erhielt das 1945 wiedereröffnete
Ludwigs-Realgymnasium den Namen
des in Ober-Ramstadt geborenen bedeutenden Physikers und Schriftstellers Georg Christoph Lichtenberg. Von
1955 bis 1966 war die Schule zu Gast im
Neubau des Ludwig-Georgs-Gymnasiums. Mit den Planungen für einen eigenen Schulneubau ging ein jahrelanger Kampf um die Standortfrage und
die gemeinsame Zuständigkeit von
Stadt und Landkreis einher. „Kein anderes Schulbauprojekt der Stadt Darmstadt hat die Gemüter so sehr erhitzt“,
schildert der damalige Oberbürgermeister Dr. Ludwig Engel die jahrelangen
Auseinandersetzungen um die Standortfrage und Zuständigkeiten. Die 1960
begründete Partnerschaft von Stadt
und Landkreis in Form eines Schulzweckverbandes brachte dann den entscheidenden Fortschritt. 1962 erfolgte
der Spatenstich und 1964 konnte das
Richtfest der neuen Schule gefeiert
werden. Die letzte aus dem Krieg stammende Lücke im Kreis der höheren
Schulen Darmstadts konnte 1966 mit
der Fertigstellung geschlossen werden.
Der Neubau an der Ludwigshöhstraße
bot nun die Voraussetzungen für einen
modernen und zeitgemäßen Unterricht.
Seitdem hat sich die Lichtenbergschule
sowohl hinsichtlich des eigenen Bildungsanspruchs durch eine erste schuleigene Oberstufenreform sowie im
Zuge der Wandlungen des generellen
Bildungsauftrags verändert. Hervorzuheben ist sicherlich auch besonders ihr
Status als Europaschule und die Bestrebungen in Zukunft einmal als Internationale Schule wirken zu können.
Auch die in den zurückliegenden
Jahren vorgenommenen baulichen
Veränderungen an der Lichtenbergschule sind von großer Bedeutung in
der Schulgeschichte. Ein Neubautrakt,
die Schulhofgestaltung, die Renaturierung des Saubachs und eine neue
Spielhalle sowie die PCB-Sanierung
haben die Raumverhältnisse und das
Umfeld der Schule verbessert.
Der Lichtenbergschule Darmstadt ist
es immer wieder gelungen, sich den
Bedürfnissen unserer Zeit zu stellen
und ihren Schülerinnen und Schülern
eine breite Palette interessanter Projekte anzubieten. Lehrerkollegium und
Elternschaft bilden mit den Schülerinnen und Schülern eine engagierte
Schulgemeinde, die gemeinsam mit
dem Blick nach vorn beständig an
neuen Zielen arbeitet.
Ich gratuliere der Lichtenbergschule im
Namen der Stadt Darmstadt zu ihrem
besonderen Jubiläum und möchte
allen, die sich im Laufe der Jahre für die
Belange der Schule eingesetzt haben,
herzlich dafür danken und verbinde
damit die besten Wünschen für eine
glückliche und erfolgreiche Zukunft.
Peter Benz
den aktuellen Anforderungen der Zeit
zu stellen, und hierbei Entwicklungen
vorweg genommen hat, die unter heutigen Maßstäben als modern gelten.
Ich denke zum Beispiel an das schuleigene Oberstufenmodell, aber auch an
den bilingualen Unterricht in Kooperation mit der American High School oder
die Einführung von Russisch als erster
Fremdsprache.
Oberbürgermeister
Nicht immer ist die Zeit reif für innovative Entwicklungen, aber es lohnt immer, diese Vorarbeit für die heutige Zeit
zu nutzen.
Unsere Festschrift anlässlich des 175jährigen Jubiläums der Darmstädter
Realanstalten erhebt nicht den Anspruch auf einen vollständigen historischen Überblick. Sie ist weniger und
dennoch mehr: Unsere Festschrift
macht unsere jüngere Vergangenheit
lebendig, in der sich so viele ehemalige
Schülerinnen und Schüler und ehemalige oder noch aktive Lehrerinnen und
Lehrer wieder erkennen.
Als ich im Februar 2000 an die Lichtenbergschule kam, habe ich das Archiv
unserer Schule zu schätzen gelernt. Es
trat mir das Bild einer Schule entgegen,
die auch früher schon bemüht war, sich
Die Gegenwart der Lichtenbergschule
nimmt einen großen Teil der Festschrift
ein. Sie zeigt, dass die Lichtenbergschule
als Gymnasium und Europaschule
ihren Beitrag für die Bildung der Zukunft bereits heute leistet – dank einer
außergewöhnlich motivierten und engagierten Lehrerschaft. Sie zeigt eine
Elternschaft, die ihre Schule durch
Initiativen, kritische Anregungen, aber
auch durch tatkräftige und finanzielle
Hilfe unterstützt. Sie zeigt nicht zuletzt
eine Schülerschaft, die in zahlreichen
wichtigen Ehrenämtern tätig ist und in
Zukunft noch mehr Verantwortung für
ihre Schule übernehmen will.
Verantwortung übernehmen – dies
entspricht der Tradition unserer Schule!
Verantwortung für die Zukunft des
Gymnasiums als Europaschule in der
Wissenschaftsstadt Darmstadt (und
Umgebung) übernehmen – unter dieser Zielsetzung stehen meine Ausführungen zur künftigen Verwirklichung
der Europaschule als Gymnasium!
Peter Herrmann
Schulleiter
175 Jahre – eine Zahl, die sicher auch
andere Eltern verblüfft. Unbestritten
gibt es an der Lichtenbergschule Tradition, die gepflegt und in die Entwicklung unserer Schule eingebracht wird.
Zumindest aber von Eltern, die nicht
aus eigenen Schultagen Wissen beitragen können, wird die Schulgründung
doch eher dem Alter des Hauptgebäudes gleichgesetzt.
Ich werte dies nicht als Manko, sondern als Zeichen der Zukunftsorientierung einer Schule, die Kompetenz
und Wissen zeitgemäß vermitteln und
sich den Anforderungen einer globalisierenden Welt stellen möchte. Ich gratuliere der Schule zu dem bisherigen
Erfolg und wünsche der Schulleitung,
dem Kollegium, der Schüler- und Elternschaft auch weiterhin das rechte Gespür für die Notwendigkeiten und die
Chancen für eine Schulentwicklung,
von der bei zukünftigen Jubiläen gesagt werden kann, dass sie den Lichtenbergschülern eine optimale Ausbildung in einem optimalen Lebensraum
Schule gegeben hat.
Dr. Astrid Wiemann
Elternbeiratsvorsitzende
[8·9]
2 Unser Schulpatron Georg Christoph Lichtenberg [ 10 · 11 ]
2 Unser Schulpatron Georg Christoph Lichtenberg
2 Unser Schulpatron Georg Christoph Lichtenberg [ 12 · 13 ]
2.1 interview mit lichtenberg
oder gründe, die erklären,
warum die lichtenbergschule
„Lichtenbergschule“ heisst
Interviewer: Herr Lichtenberg, Sie wurden am 24.2.1799 für tot befunden,
also vor fast 200 Jahren. Doch, wie
man sieht, leben Sie – ob wieder oder
immer noch soll hier aber nicht diskutiert werden. Ich würde gerne wissen,
wie es sich erklären lässt, dass Sie überhaupt leben.
Lichtenberg: Vorstellungen sind auch
ein Leben und eine Welt. Da, wo das
Auge undeutlich sieht, ist schon eine
Art von Tod; wo kein deutliches Bild
ist, ist keine Vorstellung. Und im Übrigen: Ich bin zu einer Zeit verstorben,
damals, als die Seele noch unsterblich
war. Mehr lässt sich dazu nicht sagen –
vielleicht ist es auch eine Preisfrage an
den Himmel.
Sie sind wieder nach Darmstadt
zurückgekommen. Die Stadt hat sich
natürlich während Ihrer langen Abwesenheit verändert. Welchen Eindruck
haben Sie von Darmstadt?
Der Ort sieht nicht aus wie eine Stadt;
sondern wie ein Krempelmarkt von
abgetragenen Häusern.
Wenn Ihnen die Stadt nicht gefällt,
warum bleiben Sie dann hier?
Es muss wieder ein Denker her!
Und solch einen gibt es nicht mehr?
Heutzutage werden unsere Köpfe in
Treibhäusern gezogen. Darmstadt ist
ein Städtchen, wo sich ein Gesicht
aufs andere reimt. Es ist doch eine
richtige Beobachtung, wenn man sagt,
dass Leute, die zu stark nachahmen,
ihre eigene Empfindungskraft
schwächen.
Sie haben heute, wie Sie mir vorhin
mitteilten, die Schule besucht, die nach
Ihnen benannt wurde. Welchen
Eindruck haben Sie von der Schule?
Glauben Sie, dass die Schule Ihren
Namen verdient?
Eine verfängliche Frage ...
Was erwarten Sie von einem Lehrer?
Den Lehrer nenne ich groß, der viel gedacht und gelesen und erfahren hat
und der alles, was er gedacht, gelesen
und erfahren hat, bei jeder Sache, die
er unternimmt, vereint zum besten
Zweck anzuwenden weiß, alles so anschaulich darzustellen, dass jeder sehen muss, was er selbst gesehen hat.
Außerdem: Wer Unterricht geben will,
von dem kann man mit Recht verlangen, dass er alles in einem Ton sage,
der zu erkennen gibt, dass er auch im
Falle der Not einen annehmen könne.
Diese Beschreibung kennzeichnet den
Lehrer als Pädagogen. Kommt es aber
nicht viel eher darauf an, welches Fachwissen der Lehrer vorzuweisen hat?
Es ist gar nicht nötig, dass ein Lehrer
dem Anfänger die Sache gründlich
vorträgt; aber der Lehrer, der diesen
Vortrag wählt, muss sie gründlich verstehen; alsdann ist gewiss für den Anfänger gesorgt. Auch im Wort Gelehrter steckt nur der Begriff, dass man ihn
vieles gelehrt, aber nicht, dass er auch
etwas gelernt hat; daher sagen die
Franzosen sehr sinnreich, wie alles,
was von diesem Volk kommt, nicht „les
enseignes“, sondern „les savants“, und
die Engländer nicht „the thought
ones“, sondern „learned“. Im Moment
kann ich nur sagen: „Schwätz’ doch
nicht! Was wollt Ihr denn! Wenn die
Fixsterne noch nicht mal fix sind, wie
könnt Ihr dann sagen, dass alles
Wahres wahr ist!“
Nun zu den Schülern. Was denken Sie
über die Schülerschaft?
Na, sie sitzen da, legen die Hände zusammen, ohne die Augen aufzutun, und
wollen warten, bis ihnen der Himmel
einen Shakespeare-Geist gibt.
Sie sind also der Meinung, den
Schülern mangelt es an Eigeninitiative
und Fleiß?
Die Schüler sind gar zu sehr geneigt zu
glauben, wenn sie etwas Talent besitzen, studieren müsste leicht werden.
Doch: Greif Dich immer an, wenn Du
etwas Großes willst, Mensch!
Wie sollte bzw. wie könnte der Schüler
diese Situation ändern?
Er muss sich folgendes bewusst machen: Alles gelernt, nicht um es zu zeigen, sondern um es zu nutzen. Er lernt
methodisch falsch. Warum er so wenig
behalten kann, ist, dass er so wenig
selbst denkt! Es ist eine große Stärkung beim Studieren, wenigstens für
mich, alles, was man liest, so deutlich
zu fassen, dass man eigen Anwendung
davon machen kann. Man wird am
Ende dann geneigt zu glauben. man
habe alles selbst erfunden, und so
etwas macht Mut.
Was ist Ihnen Besonderes an
den Menschen aufgefallen, wie z.B.
Verhalten etc.?
1. Die Selbstgefälligkeit: wenn sie
einen Spiegel hätten, in welchem sie
sich ganz sehen könnten, sie
würden nie davon weg kommen!
2. Die unverantwortliche Scheuklapperei – man spricht viel von Aufklärung und wünscht mehr Licht. Mein
Gott, was hilft aber alles Licht, wenn
die Leute entweder keine Augen
haben oder die, die sie haben, vorsätzlich schließen?
Ich danke Ihnen sehr für dieses aufschlussreiche Interview. Vielleicht
möchten Sie zum Abschluss noch eine
Kleinigkeit bemerken?
Nein, ich habe all’ das gesagt, was ich
sagen wollte.
Alle Antworten Lichtenbergs sind
Zitate von ihm, entnommen aus den
„Anekdoten Lichtenbergs“
Judith Lochhaas
(aus: Abizeitung 1993)
2.2 lichtenberg aphorismen
ausgewählt von wilfried
schupp
Der Mann hatte so viel Verstand, dass
er fast zu nichts mehr in der Welt zu
gebrauchen war.
Manche Leute wissen alles so, wie man
ein Rätsel weiß, dessen Auflösung man
gelesen hat, oder einem gesagt worden
ist, und das ist die schlechteste Art von
Wissenschaft, die der Mensch sich am
wenigsten erwerben sollte: er sollte
vielmehr darauf bedacht sein, sich diejenigen Kenntnisse zu erwerben, die
ihn in den Stand setzen, vieles selbst
im Fall der Not zu entdecken, was
andere lesen oder hören müssen, um
es zu wissen.
Es hatte die Wirkung, die gemeiniglich
gute Bücher haben. Es machte die
Einfältigen einfältiger, die Klugen klüger und die übrigen Tausende blieben
ungeändert.
Da Menschen sehr lange scheinbar tot
sein können, so ist die Frage, ob man
nicht endlich lernt, ihnen diese Betäubung künstlich zu geben, und sie so zu
erhalten.
Ich bin mehrmals wegen begangener
Fehler getadelt worden, die mein Tadler nicht Kraft oder Witz genug hatte,
zu begehen.
Es ist mir in meinem Leben so viel unverdiente Ehre angetan worden, dass
ich mir wohl einmal etwas unverdiente
Blame kann gefallen lassen.
So lange das Gedächtnis dauert, arbeiten eine Menge Menschen in Einem
vereint zusammen, der Zwanzigjährige, der Dreißigjährige usw. Sobald
aber dieses fehlt, so fängt man immer
mehr und mehr an, allein zu stehen,
und die ganze Generation von Ichs
zieht sich zurück und lächelt über den
alten Hilflosen. Dieses spürte ich sehr
stark im August 1795.
Ehe man tadelt, sollte man erst versuchen, ob man nicht entschuldigen kann.
Es gibt Wahrheiten, die so ziemlich herausgeputzt einhergehen, dass man sie
für Lügen halten sollte, und die nichtsdestoweniger reine Wahrheiten sind.
Die Leute, die niemals Zeit haben, tun
am wenigsten.
Wenn das Ungefähr nicht mit seiner
geschickten Hand in unser Erziehungswesen hineinarbeitete, was würde aus
unserer Welt geworden sein?
Es kommt nicht darauf an, ob die Sonne in eines Monarchen Staaten nicht
untergeht, wie sich Spanien ehedem
rühmte; sondern was sie während
ihres Laufes in diesen Staaten zu sehen
bekommt.
Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird;
aber so viel kann ich sagen, es muss anders werden, wenn es gut werden soll.
2 Unser Schulpatron Georg Christoph Lichtenberg [ 14 · 15 ]
Ist es nicht sonderbar, dass man das
Publikum, das uns lobt, immer für einen
kompetenten Richter hält; aber sobald
es uns tadelt, es für unfähig erklärt, über
Werke des Geistes zu urteilen?
Er kann die Tinte nicht halten, und
wenn es ihm ankommt, jemand zu besudeln, so besudelt er sich gemeiniglich am meisten.
Unternimm nie etwas, wozu du nicht
das Herz hast, dir den Segen des Himmels zu erbitten.
In jeder Fakultät sollte wenigstens ein
recht tüchtiger Mann sein. Wenn die
Scharniere von gutem Metall sind, so
kann das übrige von Holz sein.
Wir leben in einer Welt, worin ein Narr
viele Narren, aber ein weiser Mann nur
wenige Weise macht.
Er schliff immer an sich, und wurde am
Ende stumpf, ehe er scharf war.
Die edle Einfalt in den Werken der
Natur hat nur gar zu oft ihren Grund in
der edlen Kurzsichtigkeit dessen, der
sie beobachtet.
Wenn sich das Alter einstellt, so wird der
Zustand der Krankheit eine Art von
Gesundheit und man merkt nicht mehr,
dass man krank ist. Bliebe die Erinnerung des Vergangenen nicht, so würde
man die Änderung wenig merken.
Er bewegte sich so langsam als wie ein
Stundenzeiger unter einem Haufen
von Sekundenzeigern.
Vernunft und Einbildungskraft haben
bei ihm in einer sehr unglücklichen
Ehe gelebt.
Er hatte einige Definitionen hergesagt
ohne zu stocken und wenn er ein Wort
ausließ, so wusste er es gleich nachzuholen, seine Zunge mehr als sein
Verstand lehrte ihn, dass etwas fehlte,
denn er hatte alles auswendig gelernt.
Unser Leben kann man mit einem
Wintertag vergleichen, wir werden
zwischen 12 und 1 des Nachts geboren,
es wird 8 Uhr, ehe es Tag wird, und von
4 des Nachmittages wird es wieder
dunkel, und um 12 sterben wir.
Sie glauben oft, um ein schöner Geist
zu sein, müsse man etwas liederlich
leben und gleichsam das Genie mit
verdorbenen Sitten fett machen.
Der Bauer, welcher glaubt, der Mond
sei nicht größer als ein Pflug-Rad,
denkt niemals daran, dass in einer
Entfernung von einigen Meilen eine
ganze Kirche nur wie ein weißer Fleck
aussieht, und dass der Mond hingegen
immer gleich groß scheint. Was
hemmt bei ihm diese Verbindung von
Ideen, die er einzeln alle hat?
Ich bin aus vielfältiger Erfahrung überzeugt, dass die wichtigsten und
schwersten Geschäfte in der Welt, die
der Gesellschaft den meisten Vorteil
bringen, durch die sie lebt und sich erhält, von Leuten getan werden, die zwischen dreihundert und 800 oder 1000
Taler Besoldung genießen. Zu den meisten Stellen, mit denen 20, 30, 50, 100
Taler oder 2000, 3000, 4000, 5000
Taler verbunden sind, könnte man nach
einem halbjährigen Unterricht jeden
Gassenjungen tüchtig machen, und
sollte der Versuch nicht gelingen, so
suche man die Schuld nicht im Mangel
an Kenntnissen, sondern in der Ungeschicklichkeit, diesen Mangel mit dem
gehörigen Gesicht zu verbergen.
Es tun mir viele Sachen weh, die
andern nur leid tun.
Wenn die Erinnerung an die Jugend
nicht wäre, so würde man das Alter
nicht verspüren, nur, dass man das
nicht mehr zu tun vermag, was man
ehemals vermochte, macht die Krankheit aus. Denn der Alte ist gewiss ein
ebenso vollkommnes Geschöpf in seiner Art als der Jüngling.
Mir tut es allemal weh, wenn ein Mann
von Talent stirbt, denn die Welt hat
dergleichen nötiger als der Himmel.
Endlich kam er, genau wie er versprochen hatte, nach einem Viertelstündchen, das aber fast so lang war als
anderthalb der gewöhnlichen bürgerlichen Stunden.
Wie glücklich würde mancher leben,
wenn er sich um anderer Leute Sachen
so wenig bekümmerte als um seine
eigenen.
„Wie geht’s?“, sagte ein Blinder zu
einem Lahmen. „Wie Sie sehen“, antwortete der Lahme.
Wenn er seinen Verstand gebrauchen
sollte, so war es ihm, als wenn jemand,
der beständig seine rechte Hand
gebraucht hat, etwas mit der linken
tun soll.
Es ist eine Frage, welches schwerer ist,
zu denken oder nicht zu denken. Der
Mensch denkt aus Trieb, und wer weiß
nicht, wie schwer es ist, einen Trieb zu
unterdrücken.
Dass der Mensch das edelste Geschöpf
sei, lässt sich auch schon daraus abnehmen, dass ihm noch kein anderes
Geschöpf widersprochen hat.
Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenstoßen und es klingt hohl, ist das
allemal im Buch?
Ein Buch ist ein Spiegel, wenn ein Affe
hineinguckt, so kann freilich kein
Apostel heraus sehen.
Wie werden einmal unsere Namen hinter den Erfindern des Fliegens und dergleichen vergessen werden.
Sie schreiben aus Vaterlands-Liebe
Zeug, worüber man unser liebes
Vaterland auslacht.
Die gefährlichsten Unwahrheiten sind
Wahrheiten, mäßig entstellt.
Vom Wahrsagen lässt sich’s wohl leben
in der Welt, aber nicht vom Wahrheitsagen.
Leute, die viel auf der Straße lesen, lesen gemeiniglich nicht viel zu Hause.
Die Neigung der Menschen, kleine
Dinge für wichtig zu halten, hat sehr
viel Großes hervorgebracht.
Ich fürchte, unsere allzu sorgfältige
Erziehung liefert uns Zwergobst.
Man spricht viel von Aufklärung und
wünscht mehr Licht. Mein Gott, was
hilft aber alles Licht, wenn die Leute
entweder keine Augen haben oder die,
die sie haben, vorsätzlich verschließen.
Es ist in vielen Dingen eine schlimme
Sache um die Gewohnheit. Sie macht,
dass man Unrecht für Recht und
Irrtum für Wahrheit hält.
Ich glaube, der Mensch ist am Ende ein
so freies Wesen, dass ihm das Recht, zu
sein, was er glaubt zu sein, nicht streitig gemacht werden kann.
Es ist ja nun einmal nicht anders, die
meisten Menschen leben mehr nach
der Mode als nach der Vernunft.
Nichts kann mehr zur Seelenruhe
beitragen, als wenn man gar keine
Meinung hat.
Wer nichts als Chemie versteht, versteht auch die nicht recht.
Ich mag immer den Mann lieber, der so
schreibt, dass es Mode werden kann, als
den, der so schreibt, wie es Mode ist.
Die Fliege, die nicht geklappt sein will,
setzt sich am sichersten auf die Klappe
selbst.
Es ist fast unmöglich, die Fackel der
Wahrheit durch ein Gedränge zu tragen, ohne jemandem den Bart zu
versengen.
An nichts muss man mehr zweifeln als
an Sätzen, die Mode geworden sind.
Ich vergesse das Meiste, was ich gelesen
habe; nichtsdestoweniger aber trägt es
zur Erhaltung meines Geistes bei.
Handzeichnungen von Lichtenberg:
Der Göttinger Professor Samuel
Christian Hollmann
3 Die Darmstädter Realanstalten
3 Die Darmstädter Realanstalten
[ 16 · 17 ]
3 Die Darmstädter Realanstalten
Zeittafel
1 von der realschule bis zur lichtenbergschule
2 die direktoren von 1826 bis 2001
3 die schulgebäude
1
1826 1. November: Eröffnung
der Darmstädter Realschule, die
in Personalunion mit einer technischen Schule im Weylandschen Haus (Pädagogstraße 1)
untergebracht war.
1863 1. Dezember: Durch Großherzogliche Verordnung wird die
Realschule von der höheren
Gewerbeschule getrennt
Dr. Edmund Jakob Küpp
Dr. Julius Friedrich Karl Dilthey
2
1826 – 1832
1832 – 1834
Pfarrer Gottlieb Leonhard Erdmann
1834 – 1846
1846 – 1862
Dr. Theodor Schacht
1862 – 1864
1873 Umbenennung der
Anstalt in „Realschule und
höhere Gewerbeschule“.
Gliederung der Realschule
in eine Realschule I. Ordnung (mit Latein) und eine
Realschule II. Ordnung
(ohne Latein).
Dr. Friedrich Schalter
1864 – 1867
Balthasar Harres
1867 – 1873
Theodor Hofmann
1897 Die Realschule, seit dem 19. Oktober 1896 im 1844 eingeweihten Gebäude Kapellstraße 5,
erhält eine Unterprima.
1874 Aus der im Herbst 1836
eröffneten höheren Gewerbeschule entwickelte sich die
Technische Hochschule.
1875 Erste Maturitätsprüfung
an der Realschule I. Ordnung.
1879 15. Oktober: Eröffnung der
Vorschule für die Realschule l.
und II. Ordnung. Die Vorschule,
die zunächst vier und dann drei
Jahrgangsklassen umfasste,
bestand bis zum Jahre 1921 und
bereitete auf den Übergang zu
den Realanstalten vor. Sie wurde
1921 von der vierjährigen Grundschule an der Volksschule
abgelöst.
1884 10. Dezember: Die Realschule I. Ordnung erhält die
Bezeichnung „Realgymnasium“,
die Realschule II. Ordnung wird
fortan „Realschule“ genannt,
aber die Personalunion bleibt
zunächst bestehen.
1889 1.April:„Realgymnasium“
und „Realschule“ werden zu
selbständigen Anstalten umgewandelt. Die Vorschule wird dem
„Realgymnasium“ angegliedert.
Hermann Lorey
Christoph Kühl
1873 – 1880
1880 – 1883
1883 – 1889
Ferdinand Albert
1898 Mit Beginn des Schuljahres 1898/99
wird die Realschule (nunmehr mit Oberprima)
zu einer Vollanstalt ausgebaut und bekommt
den Namen „Oberrealschule“. Am Ende des
Schuljahrs wird die erste Maturitätsprüfung
an der „Oberrealschule“ durchgeführt.
1911 18. September: Trennung der „Oberrealschule“ in die zwei Realanstalten „LudwigsOberrealschule“ und „Liebigs-Oberrealschule“.
Die „Ludwigs-Oberrealschule“ (LuO) bleibt im
Gebäude Kapellstraße 5; sie wurde nach dem
Großherzog Ludwig II. (1830-1848) benannt,
weil unter diesem Fürsten 1835 die ehemals
städtische Anstalt verstaatlicht worden war.
Dr. Otto Dersch
1889 – 1898
1898 – 1917
Dr. August Freiherr von Gall
(kommissarischer Leiter)
3
1826 Die Realschule wird im
Weylandschen Haus (Pädagogstraße 1), einem Teil des „Frankensteiner Hofes“, eröffnet und ist
hier bis Ende 1844 untergebracht.
1844 19. Dezember: Das Schulhaus
Kapellstraße 5, das von Baurat
Balthasar Harres entworfen und
von Stadtbaumeister Jordan erbaut
wurde, wird eingeweiht. Im westlichen Flügel findet die Realschule
bis 1872 eine Heimat, während die
Mitte und der östliche Flügel der
höheren Gewerbeschule (später
Technische Hochschule) vorbehalten bleiben.
1869 Zwei Realschulklassen werden
in zwei Räumen des städtischen Bauamtes (des Eichamtes in der Woogsstraße) bis 1871 unterrichtet.
1871 Vier Realschulklassen werden in
das Kyritz’sche Haus, das nach dem
Stadtprediger Friedrich Christoph
Kyritz (1736-1810) benannte und neben
dem Haus des Buchhändlers Ludwig
Saeng gelegene Gebäude verlegt und
bleiben dort vorerst bis 1879.
1872 Da die polytechnische Schule
das Gebäude Kapellstraße 5 ganz für
sich benötigt, ziehen die Realschulklassen aus dem westlichen Flügel um
in das alte Pädagog, das 1831 leer geworden war, als das Gymnasium ins
Waisenhaus übersiedelte.
1873 Infolge der Gliederung der
Realschule in eine Realschule I. und II.
Ordnung wird weiterer Schulraum
benötigt. Einige Klassen beziehen die
hinter dem chemischen Laboratorium
der polytechnischen Schule erbauten
Baracken (Nieder-Ramstädter Straße),
die später einem Spielplatz der „LuO“
weichen mussten. Auch im Hufnagelschen Haus (Ecke Karl- und NiederRamstädter Straße) sind Realschulklassen zeitweise untergebracht.
1876 Die Raumnot zwingt die
Realschule dazu, auch Schulräume im
„Pfarrhaus“ (Kapellstraße 2) zu benutzen. Das „Pfarrhaus“ musste 1905 dem
Neubau für Naturwissenschaften des
Realgymnasiums weichen.
In den Jahren von 1876 bis 1879 musste die Realschule I. und II. Ordnung in
fünf räumlich getrennten Gebäuden
unterrichten (Kyritz’sches Haus, Pädagog, Pfarrhaus, Baracken und Hufnagelsches Haus).
1879 5. April: Das neue Schulgebäude
Kirchstraße 22, später die Heimat des
Realgymnasiums, wird eingeweiht
und dient auch der Realschule II. Ordnung (ab 1884 Realschule) als
Schulgebäude.
[ 18 · 19 ]
1889 Die Trennung des „Realgymnasiums“ von der „Realschule“ hat
zur Folge, dass das „Realgymnasium“ mit Vorschule im Schulneubau
bleibt, während die „Realschule“ bis
zum Jahre 1896 in den alten Räumen des „Pädagogs“ und des „Kyritz’schen Hauses“, das 1907 abgerissen wurde, unterrichten musste.
1896 19. Oktober: Umzug der
„Realschule“ in das 1872 von ihr
verlassene Schulgebäude
Kapellstraße 5, das bis zu seiner
Zerstörung in der Nacht vom
11. zum 12. September 1944 der
„Realschule“, ab 1898 der
„Oberrealschule“, ab 1911 der
„Ludwigs-Oberrealschule“ und
ab 1937 der „Ludwigs-Schule,
Oberschule für Jungen“ als
Heimat diente.
1926 6. November;
Hundertjahrfeier der
Darmstädter Realanstalten (Realgymnasium,
Ludwigs- und LiebigsOberrealschule) im
Großen Haus des Hessischen Landestheaters.
Dr. August Sturmfels
1917 – 1924
Dr. Heinrich Pitz
1924 – 1928
3 Die Darmstädter Realanstalten
1944 In der Nacht vom 11. zum 12. September wird das
LuO-Gebäude Kapellstraße 5 bei einem englischen
Fliegerangriff durch Bomben und Flammen total zerstört.
1
1945 25. März: Die Stadt Darmstadt wird
durch amerikanische Truppen besetzt.
15. Oktober: Die Höheren Schulen in
Darmstadt werden wieder eröffnet,
nachdem am 13. Oktober die amerikanische Militärregierung die Genehmigung
erteilt hatte. Die „LuO“ heißt nunmehr
„Ludwigs-Realgymnasium“.
1937 Zu Beginn des
Schuljahrs 1937/38 wird die
„Ludwigs-Oberrealschule“ in
„Ludwigs-Schule, Oberschule
für Jungen“ umgewandelt.
Dr. Otto Maser 1)
2
1928 – 1933
1933 – 1945
Dr. Johann Baptist Kämmerer
1956 1. Juni: Die Schule erhält den Namen
„Lichtenbergschule-Gymnasium für Jungen“.
Aus dem ehemaligen Realgymnasium wird
die „Georg-Büchner-Schule“ (GBS). Aus der
ehemaligen Liebigs-Oberrealschule wird die
„Justus-Liebig-Schule“ (LIO).
1965 Mit Beginn des Schuljahrs 1965/66 werden Koedukationsklassen an der Lichtenbergschule eingerichtet; der Name der Schule heißt
nunmehr „Lichtenbergschule-Gymnasium“.
1966 6. Juni: Die Lichtenbergschule bezieht
ihr neues Schulgebäude Ludwigshöhstraße 105.
Heinz Lauterbach
Werner Finkenwirth
1945 – 1949
1949 – 1955
Dr. Johann Baptist Kämmerer
1955 – 1970
1970 – 1974
Dr. Karl Wiegand
Hans Werner Schneider
1974 – 1975
Karl von der Au
(kommissarisch)
3
1944 Ab Ostern werden die unteren Klassen der „LuO“ im
Schichtwechsel mit der „Bürgerschule Groß-Bieberau“ in GroßBieberau unterrichtet. In der
Nacht vom 11. zum 12. September
wird das Schulgebäude Kapellstraße 5 durch Bombenangriff
total zerstört.
1945 Nach der Wiedereröffnung
der Höheren Schulen in Darmstadt am 15. Oktober ist das
„Ludwigs-Realgymnasium“ zu
Gast im Gebäude des LiebigsRealgymnasiums (Lagerhausstraße 3), das im Jahre 1911 als
letztes Schulgebäude der
Darmstädter Realanstalten
eingeweiht worden war.
1) Dr. Otto Maser (1939 als ReserveOffizier zur Marine beurlaubt;
1939 zunächst Heinrich Röder und
dann bis 1945 Dr. Kreickemeier
kommissarischer Leiter, von 1944
bis 1945 Dr. Scheuring mit der
Leitung der nach Groß-Bieberau
evakuierten Klassen beauftragt)
1953 11. April: Das „Ludwigs-Realgymnasium“ zieht in das Gebäude Hochstraße 44 um und ist nunmehr zu Gast
bei der Viktoriaschule.
1966 18. März: Das „Ludwigs-Realgymnasium“ siedelt in den Neubau des
„Ludwig-Georgs-Gymnasiums“ (NiederRamstädter Straße 2) um, der zum Teil
auf dem Gelände der früheren „LuO“Schulanlage (Kapellstraße 5) errichtet
wurde. Das „Ludwigs-Realgymnasium“
(ab 1. Juni 1956: Lichtenbergschule) unterrichtet bis zum 27. Mai 1966 im
Schichtwechsel mit dem LGG.
1967 Juni: Die „Lichtenbergschule“ bezieht ihren Neubau Ludwigshöhstraße
105, der Schichtunterricht (seit 1945) ist
endlich beendet. Das Studienseminar II
zur Ausbildung von Studienreferendaren wird im Hause untergebracht.
1970 Aufstellung von zwei Pavillons
mit 8 Klassensälen. Erhöhung der
Schülerzahl von 1965/66 bis 1970/71
von 598 auf 1.368.
Wilhelm Poth
(kommissarisch)
1974 Erweiterungsbau
bezogen: 21 Klassensäle,
Lernküche, Raum für
textiles Werken, zweites
Sprachlabor, Medienraum, kombinierter
Musik- und Kunstsaal
sowie Bibliothek mit
Lesesaal.
1975 – 1989
1989 – 1998
Wilfried Schupp
Günter Schäfer
(kommissarisch)
1998 – 2000
ab 2000
Peter Herrmann
[ 20 · 21 ]
4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam
4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam
Lichtenbergschule Darmstadt
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4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam [ 24 · 25 ]
ein kapitel darmstädter
schulgeschichte
Im Jahre 1824 schlug die „Geheime
Kommission für die Realschule zu
Darmstadt“ in Fühlungnahme mit dem
Gemeinderat die Errichtung einer allgemeinbildenden „Real- oder Höheren
Bürgerschule“ vor, worin Kinder und
Jünglinge, die sich dem Gelehrtenstande nicht widmen wollen, sondern
als Kaufleute, Künstler, Oekonomen und
tüchtige Handwerker künftig dem Staat
nützlich zu werden gedenken, vollkommen vorbereitet, unterrichtet und ausgebildet werden.“ 1) Als „Real- und technische Schule“ wurde sie 1826 errichtet.
Verfolgen wir den Werdegang jener
Real- und technischen Schule, der als
Domizil das alte Weylandsche Haus –
an der Südostecke von Pädagog- und
Kirchstraße – zugewiesen worden war.
Sie war eingerichtet worden, weil im
bisherigen Schulsystem keine „Zwischenschule“ existiert hatte. Die
Darmstädter Eltern hatten ihre Kinder
entweder auf das Pädagogium (heute
LGG) oder in die Stadtschulen schicken
müssen. „In letzteren war an eine
eigentliche Bildung nicht zu denken“,
schrieb Gottlieb Leonhard Erdmann,
der erste Rektor der neuen Real- und
technischen Schule. Die Gymnasien
aber vermittelten Dinge,„die für ihren
künftigen Beruf durchaus zweckwidrig
waren.“ Was sollten die Bürgersöhne,
die das Geschäft des Vaters übernehmen sollten, mit Theologie und Latein
anfangen?
allen den Aemtern, Geschäften
„Der von dem Großh. Kirchen- und
Einheit bildete, ein gemeinsames
Lehrerkollegium und einen gemeinsamen Direktor (Dr. Schacht) hatte.
Inzwischen hatte ein so starker Zustrom von Schülern eingesetzt, dass
die Räume im Weylandschen Haus
nicht mehr ausreichten und ein neues
Schulrathe dahier, der zunächst
vorgesetzten Behörde, ausgesprochene und von der Staatsregierung genehmigte Zweck dieser
1) Theodor Ritsert,
Hundert Jahre Darmstädter Schulgeschichte
Realschule, Realschule I. Ordnung,
Realgymnasium 1826 bis 1926, Darmstadt
1926, S. 9
Anstalt ist erstlich der allgemeine
aller Schulanstalten: Erziehung
und Bildung der Jugend zu denkenden, verständigen, sittlich-religiösen Menschen; zweitens der
besondere: Vorbereitung der Söhne
des gebildeten Mittelstandes zu
und Gewerben, wozu keine academischen Studien nöthig sind, als:
künftige Kaufleute, Manufacturisten, Fabricanten, Oeconomen,
Künstler, Militäre, Apotheker,
Rechnungsbeamten, Kanzelisten
usw.“ 2)
Die technische Schule stellte ihre
Tätigkeit im Jahre 1836 ein; dafür
wurde die höhere Gewerbeschule geschaffen, die mit der Realschule eine
2) Gottlieb Leonhard Erdmann,
Kurze Darstellung des bisherigen Ganges
hiesiger Realschule seit ihrem Eröffnungstage.
Darmstadt 1827, S. 3
Schulgebäude in der Kapellstraße 5,
südlich der Stadtkapelle, (heute Ehrenmal), gebaut werden musste, das 1844
von beiden Schulzweigen bezogen
wurde.
Eine Trennung der beiden Zweige erfolgte durch Großherzogliche Verordnung vom Dezember 1863. Die höhere
Gewerbeschule (Polytechnikum) blieb
im neuen Gebäude, die Realschule
wurde im Kyritz’schen Haus (gegenüber der Einmündung der Schulstraße
in die Kirchstraße), im Pädagog (das
durch den Umzug des Gymnasiums ins
Waisenhaus 1831 freigeworden war)
und an weiteren Stellen in der Stadt
untergebracht. Das Problem Raumnot
an Schulen gab es nicht erst in unserem Jahrhundert.
Da auch in der Realschule inzwischen
Latein gelehrt wurde, um hier die Maturitätsprüfung ablegen zu können, gliederte man sie in eine Realschule I. Ord-
nung (mit Latein als obligatorischer
Fremdsprache) und II. Ordnung (ohne
Latein), die aber verwaltungsmäßig zusammenblieben.
Die Realschule I. Ordnung erhält 1884
die Bezeichnung Realgymnasium, wird
1889 eine selbstständige Anstalt und
wird endgültig in dem neu errichteten
Schulgebäude westlich des Kapellplatzes (Kirchstr. 22) untergebracht, wo
die Schüler bis zum September 1944
(Brandnacht) unterrichtet werden.
1896 kann die Realschule in das 1844
schon einmal bezogene Gebäude (das
Haus mit der großen Treppe südlich
des Kapellplatzes) zurückkehren, da das
Polytechnikum als Technische Hochschule (Gründungsjahr 1877) in die Neubauten am Herrngarten umgezogen
war. Durch Erweiterung der Schuljahrgänge auf die beiden Primen war es
möglich, auch hier die Reifeprüfung für
bestimmte Studienfächer abzulegen.
Seit dem Schuljahr 1898/99 hieß die
Schule dann offiziell Oberrealschule
und war die erste dieser Schulform in
Hessen.
Wieder stiegen die Schülerzahlen an;
so wurde die Errichtung einer zweiten
Oberrealschule vorbereitet. In der Nähe
der Johanneskirche, in der Landwehrstraße, wurde das neue Schulhaus gebaut. Es war für die Schüler bestimmt,
die nördlich der Trennungslinie
Dieburger-, Alexander-, Rheinstraße
wohnten.
„Herbst 1911 fand die Teilung unserer
Anstalt in zwei Oberrealschulen statt.
Der alten Oberrealschule wurde der
Name Ludwigs-Oberrealschule (sie
wurde als Realschule unter der Regierung Ludwigs II. 1835 verstaatlicht), der
neuen Oberrealschule die Benennung
Liebigs-Oberrealschule mit allerhöchster Genehmigung des Großherzogs
verliehen“, schreibt der damalige
Direktor Dr. Dersch in seinem Jahresbericht über das Schuljahr 1911/12.
Namenspatron war also Großherzog
Ludwig II., der von 1830 – 1848 im Hessenland regierte. In den Jahren vor dem
1. Weltkrieg bürgern sich die Abkürzungen LuO und LIO ein und verwundern die Darmstädter Mitbürger, die
wenig von der Schulgeschichte ihrer
Vaterstadt wissen, dass mit LuO die
Lichtenbergschule gemeint ist.
4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam [ 26 · 27 ]
Aus dem Namen Ludwigs-Oberrealschule wird in NS-Zeiten (Schuljahr
1937/38) die Ludwigs-Schule, Oberschule für Jungen. Und als nach dem
2. Weltkrieg die Darmstädter Schulen
am 15. Oktober 1945 wieder mit ihrem
Unterricht beginnen, trägt die LUO mit
Genehmigung der amerikanischen
Militärregierung den Namen LudwigsRealgymnasium. In der Brandnacht
vom 11. September 1944 war das
Schulgebäude am Kapellplatz zerstört
worden, ein neues gibt es noch nicht;
im Schichtunterricht ist die Schule zu
Gast bei der LIO (1945 – 1953), der
Viktoriaschule (1953 – 1955), beim LGG
Das „Abkommen zwischen den
Ländern der Bundesrepublik zur
Vereinheitlichung auf dem Gebiete
des Schulwesens“ vom 17. Februar
1955 verlangt, dass Schulen, die zur
allgemeinen Hochschulreife führen, die Bezeichnung „Gymnasium“
tragen.
Aufgrund dieser Bestimmung kam am
2. Nov. 1955 ein Erlass des Hessischen
Kultusministers heraus, der sich mit
der Namengebung der Schulen be-
dass es sich dabei um Männer oder
Frauen handelt, die für das Geistes- und
Kulturleben bedeutsam sind und als
menschliche Vorbilder gelten können.“
In den Lehrerkonferenzen und in einem
besonders gebildeten Ausschuss der
Schule hatte man sich beraten. Neben
„Lichtenberg-Gymnasium“ stand auch
der Name „Max-Planck-Gymnasium“
zur Debatte, der von dem damaligen
Schulleiter bevorzugt wurde, weil
Georg Christoph Lichtenberg, obwohl
als „lokalgeschichtlich bedeutende
Gestalt“ zu begrüßen, wegen seiner
nicht überragenden Bedeutung als
Physiker und wegen seiner kritisch-
Da auch der Schulträger zu hören war,
wurde beim Hauptamt der Stadt
Darmstadt über Unterlagen zu diesem
Thema angefragt. Diese Anfrage ergab,
dass in den Magistratsprotokollen der
Jahre 1955 und 1956 kein Beschluss
über die Namensgebung der Lichtenbergschule zu finden sei. Lediglich der
Zeitraum der Namensgebung könne
eingegrenzt werden, da in den Protokollen bis zum 1. März 1956 noch vom
Ludwigs-Realgymnasium die Rede sei,
am 21. Juni 1956 der Name „Lichtenbergschule“ auftauche. „Innerhalb
dieses Zeitraumes muss wohl die
Namensgebung erfolgt sein“, heißt es
mündliche Vereinbarungen getroffen
hat – und sich auch darüber einig gewesen ist?
In einem Erlass des Hessischen Kultusministers vom 15. Mai 1956 werden die
neuen Namen der öffentlichen Gymnasien im Lande Hessen aufgeführt.
Die bisherige Bezeichnung „LudwigsRealgymnasium“ wird darin geändert
in „Lichtenbergschule – Gymnasium
für Jungen.“
Mit der Einführung der Koedukation im
Schuljahr 1965/66 entfällt die Typenbezeichnung „für Jungen“. Der Jahresbericht der Schule für das Schuljahr
nasium) lädt Eltern und Schüler zu
einem Konzert ein ...“ Noch einige Zeit
liest man hinter dem neuen Schulnamen in Klammern: „früher LuO“ bis sich
„Lichtenbergschule“ durchgesetzt hat.
Nach der Umbenennung dauert es
noch zehn Jahre – nicht ohne Auseinandersetzungen mit der Stadt
Darmstadt – bis am 6. Juni 1966 die
Lichtenbergschule in ihr neues
Schulgebäude in der Ludwigshöhstraße einziehen kann.
Hans Werner Schneider
Lichtenbergschule Darmstadt
(1955 – 1966). Erst im Juni 1966 kann
die Lichtenbergschule ihren Neubau in
der Ludwigshöhstraße beziehen. Wie
war es zu diesem Namenswechsel gekommen?
fasst. Darin heißt es u.a.:„Bei der
Auswahl der Namen ist auf eine sinnvolle Beziehung zwischen Schule und
Namensträger zu achten. Gleiche oder
ähnliche Namen sind – auch wenn es
sich um Schulen verschiedener Arten
handelt – auf engem Raume zu vermeiden. Es ist zu begrüßen, wenn neben Persönlichkeiten, die für die deutsche Geschichte oder für die Menschheitsgeschichte von Bedeutung sind,
auch lokalgeschichtlich bedeutende
Gestalten durch eine solche Namengebung geehrt werden und die Schule
in ihrer Heimat verankern helfen. Es
sollte jedoch darauf geachtet werden,
satirischen Äußerungen, d.h. seiner
bösen Zunge und seines nicht ganz
integeren Lebenswandels nicht „als
menschliches Vorbild gelten könne.“
Die Bedenken scheinen aber ausgeräumt worden zu sein, denn im Protokoll der Pädagogischen Konferenz vom
12. Mai 1956 lesen wir unter Punkt 5:
Verschiedenes, Ziffer b:„Das Kollegium
ist der Auffassung, dass bei einer evtl.
Namensänderung der Name der Schule lauten soll entweder LichtenbergGymnasium oder Ludwigs-Schule.“
in dem Schreiben des Hauptamtes.
Auch das Schulamt der Stadt Darmstadt hat keine Akten über die Namensgebung. Ob man damals viel mehr
1956/57 vermeldet auf Seite 2 unter
Angabe des oben zitierten Erlasses die
bloße Tatsache der Umbenennung.
Die beiden Darmstädter Zeitungen
(Echo und Tagblatt) verwenden bis ca.
Mai 1956 die alten Namen, am 15. Juni
1956 wird im Darmstädter Echo folgender Hinweis veröffentlicht:„Schüler
konzertieren im Ludwigs-Realgymnasium. Die Lichtenbergschule, Gymnasium
für Jungen (seither Ludwigs-Realgym-
5 Der Blick zurück [ 28 · 29 ]
1966
5 Der Blick zurück
2000
5 Der Blick zurück [ 30 · 31 ]
5.1 im
1966
Richtfest 1966
neuen haus (1966 – 1975)
Das Jahr 1966 war nicht nur der Beginn
eines neuen Schulabschnittes für die
Lichtenbergschule, es bedeutete für
alle Schulen Hessens eine Umstellung.
Die Kultusministerkonferenz hatte beschlossen, den Schuljahresbeginn von
Ostern auf den Herbst zu verlegen, um
eine bundeseinheitliche Regelung zu
bekommen und eine Angleichung an
den europäischen Rhythmus zu erzielen. Die Umstellung sollte bis Herbst
1967 beendet sein.
Während in Norddeutschland ein Langschuljahr (1 1/2 Jahre) eingeführt wurde, das als zwei Schuljahre angerechnet
wurde, wurden in Hessen im Rahmen
der süddeutschen Lösung zwei Kurzschuljahre angesetzt. Das erste begann
wie seither am 1. April und endete am
30. November 1966; das zweite schloss
sich an und dauerte bis zum 31. Juli
1967. Nach dem Sommerferientermin
1967 begann das neue Schuljahr überall im Herbst.
Pädagogische Argumente für Osterbzw. Herbsttermin waren intensiv diskutiert worden, die Ferienordnung für
alle Bundesländer musste abgestimmt
und mit den Erfordernissen der Wirtschaft in Einklang gebracht werden.
Wichtiger aber war, wie durch sinnvolle
Kürzungen des Unterrichtsstoffes und
durch exemplarisches Lernen die Schüler einen Wissensstand erreichen konn-
ten, der ihre schulische Bildung nicht
minderte. Das galt vor allen Dingen für
die zum Ende der Kurzschuljahre abgehenden Schüler, während für alle
anderen Jahrgänge die entstandenen
Wissenslücken in den folgenden Schuljahren ausgefüllt werden konnten.
Die neue Lichtenbergschule –
ein Gemeinschaftswerk
Die festlichen Tage zur Einweihung
unseres Neubaus
Die erste Gesamtkonferenz der Lichtenbergschule im neuen Haus in der
Ludwigshöhstraße fand am 24. Mai
1966 unter dem Vorsitz von Herrn
Oberstudiendirektor Dr. Karl Wiegand
statt. In seinen Begrüßungsworten
„bringt er seinen Dank an Gott für das
Zustandekommen des Schulneubaus
zum Ausdruck.“ Viele organisatorische
Dinge sind zu besprechen und zu regeln: Unterrichtszeiten, Fachsaalbelegung, Pausenordnung, Information der
Schüler über verkehrsgerechtes Verhalten auf dem Schulweg, allgemeines
Verhalten im neuen Schulgebäude und
auf den Pausenhöfen, da die Bauarbeiten noch nicht vollständig abgeschlossen sind.
anlage der Lichtenbergschule eingeweiht
„Das Podium“, die von Helmut Eitel
herausgegebene und von Schülern
mitgestaltete Schulzeitung der Lichtenbergschule Darmstadt, berichtet in
Nr. 27 Jahrgang 6, vom November 1966:
15. September 1966. Dieses Datum leitet in
unserer Schulchronik eine neue Ära ein,
denn an diesem Tage wurde die neue Schulund unserem Gymnasium offiziell übergeben. In der großen Aula ist um 10.30 Uhr
eine zahlreiche Festgemeinde versammelt,
die geräumige Bühne, blumengeschmückt,
strahlt im Licht vieler Scheinwerfer.
Oberbürgermeister Dr. Ludwig Engel begrüßt „im Namen des Schulverbundes für
die Lichtenbergschule und damit zugleich
im Namen des Landkreises und der Stadt
Darmstadt“ als Ehrengäste namentlich: Den
Einweihung am 18.9.1966
Hessischen Kultusminister Prof. Dr. E. Schütte, den Regierungspräsidenten Dr. Günter
Wetzel, den Landrat Gustav Krämer, den
kommunalen Körperschaften. Es würde zu
Heimat, ein Aufklärer von damals. Wenn
Rektor der Technischen Hochschule, Magni-
weit führen, sie alle aufzuzählen. Nicht un-
man in den Werken Lichtenbergs blättert
fizenz Prof. Dr. Marquerre, die Landtags-
erwähnt soll bleiben, dass auch die Schüler-
mit der Absicht, etwas für die heutige Stun-
abgeordneten Frau Ruth Horn, Georg Schä-
schaft durch die Klassen der Mittel- und
de und den heutigen Tag zu finden, dann
fer und Hans Karl, Prof. Dr. Ludwig Schmitt
Oberstufe und die Sprecher der übrigen Klas-
findet man auch etwas. Es gelang mir ges-
vom „Verein der Ehemaligen und Freunde
sen zahlreich anwesend war.
tern Abend, ein Wort zu finden, das er den
der Lichtenbergschule“, den Schulelternbeirats-Vorsitzenden Theo Bauer und die
Vertreter der Kirchen.
In seiner Begrüßungsansprache bezeichnet
Oberbürgermeister Dr. Engel den Schulneubau als ein Gemeinschaftswerk des Land-
Gelehrten gewidmet hat, das m. E. aber
ebenso gelten sollte für Lehrer und Schüler
und uns alle: »Diejenigen unter den Gelehrten, denen es am Menschenverstand fehlt,
In der Festversammlung sah man viele
kreises und der Stadt Darmstadt. „Der be-
bekannte Personen, u. a. unseren früheren
sondere Charakter des Gemeinschaftswerks
Oberstudiendirektor Werner Finkenwirth,
wird übrigens unterstrichen durch den Na-
Rechtsanwalt und Notar Wilhelm Klein als
menspatron dieser Schule, Georg-Christoph
Vorsitzender des „Vereins der ehemaligen
Lichtenberg, der in Ober-Ramstadt im Land-
Ich glaube, wir können zu allen Zeiten nie
Schüler und Freunde der Lichtenbergschule“,
kreis geboren ist und in Darmstadt aufwuchs.“
genug lernen, und dass dies auch in dieser
den Senatspräsidenten Otto Sauer, der sich
als Vorsitzender des „Aktionsausschusses“
große Verdienste erworben hat, ehemalige
Elternbeiräte und Lehrer unseres Gymnasiums und Vertreter der Schulbehörde und
Der Oberbürgermeister fährt dann fort:
„Nun, meine Damen und Herren, diese Schule trägt den anspruchsvollen Namen Lichtenbergs und sie hat damit eine besondere
Verpflichtung übernommen. Lichtenberg, ein
kritischer und reicher Geist unserer engeren
lernen meistens mehr als sie brauchen, und
die Vernünftigen unter ihnen können nie
genug lernen.«
Schule so bleibe, ist mein Wunsch, dem ich
alle guten Wünsche des Schulverbandes, des
Landkreises und der Stadt Darmstadt anfüge für die Schule, ihre Lehrer und Schüler.“
(aus: Podium Nr. 27, Jahrgang 6,
November 1966, S.4 ff)
5 Der Blick zurück [ 32 · 33 ]
Winkel. Es lebt und wirkt aber nur, wenn es
als Organ der Bildung teilnimmt an den
Fragen der Zeit und »ja« sagt zu den stets
neuen Aufgaben. Nur erstarrte Institutionen
haben keine Fragen mehr an das Leben zu
stellen. Unsere Gymnasien stellen Fragen,
und dafür sei ihnen gedankt. Das ist gut so,
wobei man sich daran erinnern mag, dass es
gewiss das hohe pädagogische Ziel gerade
der Gymnasien ist, die Schüler in die Fragestellung zu versetzen.“
(a.a.O.,S.6)
Die Festrede hielt Prof. Dr. Eugen Kogon
(TH Darmstadt) über das Thema „Aufklärung heute“. Eine Ausstellung „Von
der Realschule zur Lichtenbergschule“,
zusammengestellt durch die Arbeitsgemeinschaft Presse-Film mit Unterstützung durch das Stadtarchiv, das
Landesmuseum u.a., zeigte Exponate
aus der Schulgeschichte und aus der
Biographie des Namenspatrons Georg
Christoph Lichtenberg.
Oberstufentanzfest im Atrium
Kultusminister Prof. Dr. Schütte geht in
seiner Rede auf die wichtigsten Phasen
der Schulgeschichte und die tiefgreifenden Reformen ein, die sie zu dem
machte, was sie ist.
Gewissermaßen als Zusamenfassung seiner
Darlegungen zu aktuellen Problemen des
Gymnasiums sagt dann Prof. Dr. Schütte:
,,Das Gymnasium, das lebendige Gymnasium steht heute im Bezugsfeld dieser und
noch ganz anderer Probleme – nicht im
Was wären Festtage ohne kulturelle
Veranstaltungen? Die Arbeitsgemeinschaft Laienspiel unter der bewährten
Leitung von Herrn Oberstudienrat Helmut Ruder führte Christopher Marlowes „Tragische Historie von Doktor
Faustus“ in der deutschen Fassung von
Adolf Seebass auf und erntete gute Kritiken in der Presse. Zum Abschluss der
Festtage wurde ein Schulball veranstaltet, zu dem „der größte Teil des Kollegiums, viele ehemalige und derzeitige
Lichtenbergschüler“ gekommen waren,
um sich in Walzer- und Beatrhythmen
zu vergnügen.
Im Jahresbericht der Schule für die beiden Kurzschuljahre ist zu lesen, dass
für die einzelnen Fachschaften Erstausstattungen zur Verfügung gestellt
wurden, die die wenigen vorhandenen
Lehrmittel wesentlich ergänzten und
erweiterten, was vor allen Dingen den
Schülerübungen in den Naturwissenschaften, dem Werk- und Kunstunterricht, sowie den musikalischen Aktivitäten und dem Sportunterricht zugute
kam. Auch die Schülerbücherei konnte
im Hinblick auf steigende Schülerzahlen aufgestockt werden. Natürlich dauerte es einige Zeit, bis sich Schüler und
Lehrer in der neuen Umgebung wohlfühlen konnten, und es bedurfte einiger Regelungen durch Konferenzbeschlüsse: so die Nutzung der neuen
Fahrradkeller und die Aufsichtsführung
dort (auch durch Schüler) oder die Einteilung des Pausenhofs und des Atriums
durch die diversen Jahrgangsstufen.
Das neue Sprachlabor wurde von einer
Reihe von Kollegen eifrig und mit
Erfolg genutzt. Da von den Schulbuchverlagen nur wenige und dazu recht
teure Programme angeboten wurden,
ergab sich die Notwendigkeit, eigene
Programme zu erstellen, was zeitraubende Arbeit erforderte. Erhebliche
Schwierigkeiten bereitete die Zuständigkeitsfrage (die Stadt als Schulträger
oder das Land Hessen) bzgl. der Kosten
für die Tonbänder und deren Unterhaltung. Neben dem planmäßigen Unter-
Im Sprachlabor
richt wurden „Labornachmittage“ mit
z.T. schülereigenen Programmbändern
eingerichtet, die gerne genutzt wurden. Die Betreuung des Sprachlabors
lag in den Händen von Herrn Studienrat Rudolf Müller.
Gegen Ende des zweiten Kurzschuljahres erschien ein Erlass des Kultusministers, der unter bestimmten
Bedingungen bei Nichtversetzungen
von Schülern der Klassen 7 bis 10 eine
Nachprüfung in den ersten Tagen des
neuen Schuljahres und anschließend
eine Nachversetzung erlaubte. Die
meisten Schüler, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machten, wurden
nachträglich versetzt und mussten keine „Ehrenrunde“ drehen. Um schwächeren Schülern von vornherein die
Nachversetzung zu ersparen, wurden
in Verbindung mit dem Vertrauenslehrer durch die Schülermitverwaltung
„SHS-Kurse“ (Schüler helfen Schülern)
eingerichtet, in denen Oberstufenschüler ihre jüngeren Mitschüler z.B.
bei der Abfassung ihrer Hausaufgaben
betreuten.
Dass sich die gesamte Schulgemeinde
um ein harmonisches Zusammenleben
bemühte, zeigt die Tatsache, dass im
Rahmen der allgemeinen hessischen
Schulordnung eine neue für die Lichtenbergschule geschaffen wurde,
die von allen beteiligten Gremien (Gesamtkonferenz, Elternbeirat und Schülervertretung) gebilligt wurde. Sie trat
am 6. November 1967 in Kraft.
5 Der Blick zurück [ 34 · 35 ]
Im Schuljahr 1967/68 begann es in
Studentenkreisen zu gären. Das wirkte
sich auch auf die Schülerschaft aus.
Auffallend groß ist die Zahl von Klassenkonferenzen wegen Disziplinarfällen; selbst die Gesamtkonferenz
musste sich mit einigen befassen.
Ende Mai 1968 sollten vom Deutschen
Bundestag die Notstandsgesetze verabschiedet werden. Der Sozialistische
Deutsche Studentenbund (SDS) und
das Aktionszentrum unabhängiger
und sozialistischer Schüler (AUSS) hatten für den Tag der dritten Lesung der
Notstandsgesetze (29. Mai 1968) zu einer Demonstration und zu einem
Schulstreik aufgerufen.
Die SMV hatte in Absprache mit der
Schulleitung und Herrn Studienrat
Penninger aber in der Kleinen Aula ein
„Teach-in“ zu diesem Thema präsentiert, das von den Schülern der Klassen
Obertertia bis Oberprima besucht wurde. Nur eine kleine Gruppe der studentischen Veranstalter konnte durch die
Schulsprecherin Konstanze Holtzmann
ihre Aufforderung zum Schulstreik und
zur Demonstration vortragen lassen,
der etwa 50 Schülerinnen und Schüler
folgten. „Dank der größeren Entfernung zur Stadtmitte“, heißt es in der
Podium-Nr. 54, wurde das schulische Geschehen nicht durcheinandergebracht
wie in den dort gelegenen anderen
Gymnasien. Die Teilnahme der Studenten und Schüler an Demos an den folgenden Tagen ließ nach, die Bundesjugendspiele der Lichtenbergschule im
Hochschulstadion wurden trotz eines
dort zeitweise aufgestellten Riesentransparentes mit einem Aufruf zur
Demonstration nach Plan fast rei-
bungslos durchgeführt. Eine weitere
Großdemonstrationswelle erfasste die
Darmstädter Gymnasien, die sich im
Februar 1970 gegen den Numerus
Clausus an wissenschaftlichen Hochschulen richtete.
Für das Schuljahr 1968/69 kündigten
sich neue Schulgesetze an (erlassen
30. Mai 1968), die die Einführung der
obligatorischen Förderstufe vorsahen
und den neuen Typ der Gesamtschule
favorisierten. Die Personalversammlung der Lichtenbergschule wie auch
der Schulelternbeirat sprachen sich im
März mit Entschiedenheit gegen die
gesetzliche Verankerung der vorgesehenen Maßnahmen aus, da überzeugende Erfahrungen nicht vorlägen.
Eine Reformbedürftigkeit von Schulorganisation, besonders der Oberstufe,
wurde bejaht und ein schuleigenes
Konzept in Angriff genommen, das im
Schuljahr 1971/72 mit Beginn der Jahrgangsstufe 12 eingeführt wurde. In
mehreren ganztägigen Klausursitzungen erarbeiteten die Fachschaften eigenständige Modelle für Inhalte und
Organisation der künftigen Oberstufe.
Studierfähigkeit ist dabei oberstes Ziel.
Ein differenziertes Lernangebot sollte
mehr dem individuellen Bildungsstreben, den besonderen Lerninteressen
und der unterschiedlichen Lernfähigkeit der Schüler entsprechen. Die in
den Lehrerkonferenzen gefassten Beschlüsse ordneten sich in die Empfehlungen der Kultusministerkonferenz
ein, sodass der Übergang in ein erwartetes verbindliches hessisches Oberstufenmodell gewährleistet war.
Danach entfiel die bisherige Gabelung
in einen sprachlichen und naturwissenschaftlichen Zweig in der Jahrgangsstufe 11. Deutsch, Mathematik und Englisch waren verbindliche Kernfächer,
auch für die Klassen 12 und 13. Als
viertes Kernfach standen zur Wahl:
zweite Fremdsprache, Physik, Chemie
oder Biologie. Formal wurden Klasseneinheiten gemäß der Wahl des vierten
Kernfachs gebildet, während der Unterricht in einem nach Fächern differenzierten Kurssystem stattfand, das
auch verschiedene Zeitabschnitte (z.B.
Trimester) umfassen konnte.
Schon 1967 war versucht worden,
einen „automatischen Stundenplan“
mit Hilfe des Rechenzentrums herzustellen, was dem Stundenplanteam
aber nicht gelang. So musste er wieder
per Handarbeit hergestellt werden –
und das noch für mehrere Jahre.
Zum Ende des Schuljahres 1969/70
wurde der bisherige Leiter der Schule,
Herr Dr. Karl Wiegand, mit Erreichen
der Altersgrenze in den Ruhestand verabschiedet. Da die Schülerzahl immer
mehr angestiegen war und, um den
Unterricht überhaupt aufrecht halten
zu können, für die Oberprimen wöchentlich ein Studientag eingeplant
worden war, wurde bei der Stadt
Darmstadt beantragt, zwei Pavillonbauten mit je vier Klassenräumen zu
erstellen. Sie konnten im September
1970 bezogen werden.
Bei der Einführung von Herrn Oberstudiendirektor Heinz Lauterbach als
neuem Leiter der Lichtenbergschule
am 6. November 1970 stellte der damalige Schuldezernent Stadtrat Heinz
Winfried Sabais Erweiterungsbauten
Demonstration auf dem Luisenplatz
für naturwissenschaftliche Fachräume
in Aussicht. Der „Neubau“ wurde im
November 1972 begonnen. Allerdings
verzögerte sich die Fertigstellung, sodass im Frühjahr 1974 noch einmal
„Schichtunterricht“ für verschiedene
Klassen eingeführt werden musste.
Vom August 1974 an war der Neubau
nutzbar, aber anders, als er konzipiert
worden war. Fachräume gab es nur für
Musik und Hauswirtschaftlichen Unterricht (Küche, Nähmaschinenraum),
ein zweites Sprachlabor, einen großen
Raum für die kombinierte Schüler- und
Lehrerbibliothek, der auch als Raum für
Klassenarbeiten genutzt wurde, die
anderen Räume waren Klassen- oder
Gruppensäle.
In mehreren Jahren klappte die Verbindung zur „Junior Highschool“ in der
amerikanischen Lincoln Siedlung sehr
gut. Nicht nur Lehrer wurden ausgetauscht, um Unterricht zu erteilen, sondern mehrere Talent-Shows führten
deutsche und amerikanische Schüler
zu künstlerischen Wettbewerben zu-
5 Der Blick zurück [ 36 · 37 ]
sammen. Die gemeinsamen Unterstufenfeste trugen im kleinen Rahmen
zur Völkerverständigung bei.
An das Schicksal der Trennung Deutschlands erinnern Päckchen-Aktionen zu
Weihnachten. Nach einer Sendung
„nach Drüben“ erhielt eine Schülerin
ein Dankschreiben:
„... hier in der Ostzone erhielten wir Euer liebes Weihnachtspäckchen. ... Die Freude war riesengroß. ... Auch das Briefpapier kam wie gerufen. ... Es sind oft Kleinigkeiten, die bei
uns nur schwer zu bekommen sind. Für Euch ein Dankeschön. ... Euch allen wünschen wir gute Lernergebnisse ...“
Im Januar 1971 wurde die Einrichtung
einer „Kooperationsrunde“ beschlossen, die u.a. wichtige Fragen der Schule
beraten, Konferenzen und Reformen
vorbereiten und Fachkonferenzen koordinieren sollte. Die Einrichtung dieses
Ausschusses war dasErgebnis einer
Vereinbarung zwischen dem Personalrat und dem künftigen Schulleiter
Heinz Lauterbach. Er wurde viele Jahre
vor einer gesetzlichen Regelung durch
den Kultusminister ins Leben gerufen
und hat sich nicht nur in Zeiten der
Vakanz bei Schulleiterwechseln bewährt. Mitglieder dieser „Ko-Runde“,
einer erweiterten Schulleitung, waren
der Schulleiter und sein Vertreter, die
Fachbereichsleiter, der Personalratsvorsitzende, der Leiter des Anstaltsseminars und (nach Einführung dieser
Funktion) der Studienleiter. Dieser
Ausschuss hat m.E. über Jahre hinweg
gute Arbeit geleistet – er besteht auch
heute noch.
Eine Erlassbereinigung des Hessischen
Kultusministers vom Dezember 1970
hatte zur Folge, dass die vorgeschriebenen Jahresberichte der Gymnasien
nicht mehr vorgelegt werden mussten.
Sie wurden auch nicht mehr erstellt
und entfallen als wertvolle Quelle für
die Berichterstattung des Chronisten.
Auch in der Schulzeitung „Das Podium“
ist die Schulgeschichte zu verfolgen.
1961 war die Arbeitsgemeinschaft
„Presse-Film“ unter der Leitung von
Studienrat Helmut Eitel gegründet
worden, die – von ihrem Leiter beraten
– in diesem Jahr die ersten vier Hefte
herausgab.
Als Anerkennung für „einen hervorragenden Beitrag zur vorurteilsfreien
Verständigung zwischen Menschen
verschiedener Nationen oder eine beispielhafte Information über Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Leben und Denken Jugendlicher verschiedener Völker“ erhielt das Podium das
Silberne Band des „Prix Fraternité
Mondiale 1966“ (und auch 1968), im
Jahr 1967 sogar das Goldene Band. Im
Wettbewerb der hessischen Schülerund Schulzeitungen 1969 belegte die
Lichtenbergschulzeitung den dritten
Platz. 46 Hefte erschienen bis zum Jahr
1972, wo die Zeitung ihr Erscheinen einstellen musste.
An den Schulen bestand seit den 50er
Jahren „eine innerschulische Einrichtung mit überwiegend pädagogischer
Zielsetzung“, die sich SMV – Schülermitverwaltung/Schülermitverantwortung nannte. Durch den Erlass des
HKM vom 14.9.1948 waren ihrem Wirken recht enge Grenzen gesetzt. Erst
durch die hessischen Bildungspläne
vom 20.12.1956 (Amtsblatt 1957, S.,59)
wurden die Aufgaben der SMV näher
definiert und durch den Gesetzgeber
im Schulverwaltungsgesetz vom
28.6.1961 (GVBl. S. 87) anerkannt. In seiner Neufassung vom Mai 1969 werden
klare und eindeutige Aussagen über
die Stellung der neuen „Schülervertretung“ – SV – gemacht. In der „Verordnung über die SV an öffentlichen Schulen“ vom 3.8.1970 und der dazu gehörigen Wahlordnung sind ihre Befugnisse
genau definiert.
So positiv die Stärkung der Rechte der
Schüler einerseits zu sehen ist, die
ihnen Wesen und Spielregeln der Demokratie in ihrem praktischen schulischen Alltag näher bringen sollen, so
gefährlich waren andererseits die
Versuchungen, sie zu übertreten und
sie zu ihren Gunsten auszunutzen. In
den folgenden Jahren verhärteten sich
die Fronten,„rechtswidrige Tätigkeiten
sozialistischer und kommunistischer
Schülergruppen, die von außerhalb der
Schule gesteuert“ wurden, störten den
Schulfrieden. „Alle Versuche von seiten
der Schule und der Elternvertretung,
mit diesen Schülern zu vernünftigen
und sachgemäßen Formen der Zusammenarbeit zu kommen, sind an der destruktiven Haltung dieser Schüler gescheitert,“ schreibt der Direktor der
Schule, Heinz Lauterbach, in einem Artikel einer Darmstädter Zeitung vom
Februar 1975. Radikale Schüler hatten
einmal etwa 100 ihrer Mitschüler aufgehetzt, das Lehrerzimmer zu blockieren, sodass mehrere Unterrichtsstunden einfach ausfallen mussten. In Wandzeitungen wurden Kollegen scharf
attackiert.
Schwerwiegende Ordnungsmaßnahmen wurden durch die öfters nur zu
diesem Zweck einberufenen Gesamtkonferenzen verhängt, Verweisungen
von der Schule beschlossen. In ihnen
gab es endlose Debatten mit Schülervertretern und den SV-Verbindungslehrern, die die Nerven des Kollegiums
arg strapazierten.
Von Schulkonzerten oder Theateraufführungen ist in diesen Jahren wenig
oder nichts zu lesen. Abiturientenentlassungsfeiern fanden nicht statt. Der
Terminplan vermerkt für einen Tag im
Juni lakonisch: Ausgabe der Abiturzeugnisse. Klassenweise holten sich die
Schüler ihre Dokumente im Sekretariat
ab, einige verweigerten sogar den gut
gemeinten Händedruck.
Der Schulleiter, Heinz Lauterbach, hatte
bei den Landtagswahlen 1974 ein Mandat gewonnen und wurde deshalb mit
Wirkung vom 15. Nov. 1974 in den Ruhestand versetzt. In der Zeit von 1987–
1989 war er unter Ministerpräsident
Wallmann Staatssekretär im Hess.
Kultusministerium. Nach seinem Weggang hatte bis zum Schuljahresende
Studiendirektor Karl von der Au die
Schule kommissarisch geleitet, dann
übernahm Studiendirektor Wilhelm
Poth diese Aufgabe.
In der Schülerschaft hatte es noch keine Beruhigung gegeben. So mancher
Artikel in den Tageszeitungen setzte
sich mit dem Thema „Schülervertretung“ auseinander:
„Denn diese SV-Rechte sind keine absoluten
Rechte, sie unterliegen der Aufsicht und
Kontrolle der demokratischen Institutionen
unseres Staates. Wer wie der Stadtschulsprecher verlangt, dass die Schülerschaft in
Fragen des SV-Rechtes selbst souverän entscheidet, was unrecht ist und welche Folgen
es haben soll, der stellt die SV außerhalb
unserer Rechtsordnung und verlangt für sie
eine Immunität, wie sie im Mittelalter für
Kirche und Kloster galt. Dies kann ja wohl
nicht im Ernst von der Mehrheit unserer
Schüler gemeint sein.“
(DE, 24.12.1975)
Es war weiß Gott keine leichte Aufgabe, in einer solchen Situation die Leitung der Schule zu übernehmen. Hans
Werner Schneider, seit Februar 1975
kommissarischer Leiter der JustusLiebig-Schule in Darmstadt, wurde in
sein neues Amt eingeführt.
„Der ausgesprochen erfahrene Pädagoge
gilt als 'Mann des Ausgleichs', wird jedoch
nicht nur seiner hervorragenden Vermittlungskünste wegen in seinem bisherigen
Wirkungskreis bei Vorgesetzten, Kollegen,
Mitarbeitern, Eltern und Schülern gleichermaßen geschätzt.“
(Darmstädter Tagblatt, 13. 12.1975)
Schulpolitische Probleme wurden von
dem neuen Schulleiter in seiner Rede
nur angerissen, ihm kam es – im Sinne
der oben zitierten Charakterisierung –
darauf an, der Schulgemeinde seine
Prinzipien für den Umgang mit Menschen, gründend auf Achtung und Würde, zu erläutern und um ein faires Miteinander-Arbeiten für die kommende
Zeit zu bitten.
Die Gesamtkonferenzen der folgenden
Monate mussten sich eingehend mit
der Einführung des KMK-Modells zur
Neugestalteten Oberstufe befassen:
Die Jahrgangsstufe 11 hat eine Gelenkfunktion zwischen Sekundarstufe I und
den für das Abitur wichtigen Jahrgangsstufen 12 und 13. Da auch Übergänge
von anderen Schulformen in die Jahrgangsstufe 11 möglich sind, dient das
erste Halbjahr dem Ausgleich (Kompensationsphase), während in der darauf folgenden Orientierungsphase die
Vorbereitung auf die spezifischen Anforderungen der Oberstufe, z.B. in Leistungsvorkursen, vorgenommen werden
soll. Hier soll auch ein Tutor gewählt
werden, der in einem Leistungsfachunterricht die Betreuung des Schülers
bis zum Abitur beibehält.
Die einzelnen Fächer sind drei Aufgabenfeldern zugeordnet: dem sprachlich-literarischen-künstlerischen, dem
gesellschaftswissenschaftlichen und
dem mathematischnaturwissenschaftlich-technischen. Das Fach Sport kommt
noch dazu. Die Leistungsbewertung
wird nach einem 15-Punkte-System vorgenommen. Die Information über die
neuen Gegebenheiten lag hauptsächlich in der Verantwortung des Studienleiters, der mit seinen Kollegen u.a.
auch praktikable Formblätter entwickeln musste.
Hans Werner Schneider
1975
5 Der Blick zurück [ 38 · 39 ]
1976
5.2 konsolidierungsphase
(1976 – 1989)
Auch für die Sekundarstufe I gab es
Neuerungen. Der Hessische Kultusminister Hans Krollmann führte im Mai
1976 eine neue Stundentafel ein. Sie
war so gestaltet, dass eine Durchlässigkeit zwischen verschiedenen Schulformen erleichtert wurde. Für die Klassen
5 – 10 ist Pflichtunterricht vorgesehen,
der in den Klassen 7 – 10 durch Wahlpflichtunterricht ergänzt wird, der zur
Ergänzung oder Verstärkung des Pflichtunterrichts dient. Die Gesamtkonferenz
stimmte für die Einführung von zweistündigem Epochalunterricht, um einstündige Fächer zu vermeiden. Zu verschiedenen Terminen wurden die neu
erarbeiteten Rahmenrichtlinien für
die Sekundarstufe I zur Erprobung freigegeben.
Wenngleich es immer noch laufende
Schwierigkeiten mit der Schülervertretung gab, die – unterstützt von einer
Lehrergewerkschaft – eigene Stärke demonstrieren wollte, indem sie versuch-
te, Erlasse nicht zu befolgen und zu umgehen, ist ein Anfang der Normalisierung im Schulbetrieb z.B. darin festzustellen, dass einzelne Abiturklassen es
wünschten, im Rahmen einer kleinen
Feier ihre Abiturzeugnisse zu erhalten.
Die kleine Aula bot den Rahmen, eine
Flötengruppe oder der Orff-Instrumentalkreis trugen mit ihrer Musik dazu bei.
Der Schulsanitätsdienst wurde in den
Pausen regelmäßig und sehr aufmerksam von einer Schülergruppe wahrgenommen. Auch bei Notfällen war auf
ihn Verlass. Um die Verbindung zu den
Senioren der Schule aufrecht zu erhalten, wurde schon im Februar 1976 ein
monatliches Treffen organisiert, das oft
mit einem Spaziergang, einer Führung
oder einer kleinen kulturellen Veranstaltung begann und in gemütlicher
Runde ausklang. Bis heute wird unter
Mithilfe der teilnehmenden Kollegen
ein Jahresprogramm aufgestellt.
In der Zeit vom 21.–25. September
1976 feierten die „Darmstädter
Realanstalten“ ihr 150-jähriges
Gründungsjubiläum. 1826 war
die Realschule gegründet worden;
aus dieser gemeinsamen Wurzel
entstanden das Realgymnasium
(am Kapellplatz), das als GeorgBüchner-Schule in der NiederRamstädter-Straße ein neues
Domizil erhielt, die Ludwigs-Oberrealschule (ebenfalls am Kapell-
platz), die sich zur Lichtenbergschule entwickelte, und die
Liebigs-Oberrealschule – heute
Justus-Liebig-Schule – im Johannesviertel. Die Akademische Feier
fand im Auditorium maximum
der Technischen Hochschule statt,
wo Mitglieder der drei Schulorchester gemeinsam musizierten. Bei
dem Festball in der Otto-BerndtHalle tanzten Schüler, aktive
Lehrer und Ehemalige aller drei
Schulen mit großem Vergnügen.
Im Schuljahr 1976/77 wurde eine „Ergänzende Schulordnung“ für die Lichtenbergschule erarbeitet. Die seit 1967
gültige musste aufgrund veränderter
Bedingungen überarbeitet werden. Obwohl die Schülervertretung den eigentlichen Anstoß gegeben hatte, zog sie
sich bald nach dem Beginn der Erörterungen zurück, sodass Lehrer und Eltern
allein den Vorschlag erstellten, den Elternbeirat und Gesamtkonferenz diskutierten und abnahmen.
Im gleichen Schuljahr wurde eine Partnerschaft mit dem College Jean Rostand in Marquise (Frankreich) beschlossen und der erste Schüleraustausch
durchgeführt, der Schüleraustausch
mit Troyes wurde in Verbindung mit
der Brecht-Schule weitergeführt.
„Instrumentalkreis. Schulorchester und
Chöre verschiedener Klassen wetteifern miteinander und wollen Sie, liebe Eltern, liebe Kollegen, liebe Freunde
und Gäste der Schule – und auch Euch,
liebe Schüler, unterhalten und erfreuen.
Wir hoffen, dass dieses bunt zusammengestellte Konzert einen neuen Anfang darstellt für eine Folge von Veranstaltungen, wie sie früher an der Lichtenbergschule Tradition waren. Das
war ein wenig in Vergessenheit geraten. Musikalisches Tun steht aber in
unserem Lehrplan und ist auch weiter
gepflegt worden. Unser Abend soll das
beweisen und Ihnen einen Einblick in
unsere Arbeit geben.“ Dieser Abschnitt
aus den Begrüßungsworten des Schulleiters Hans Werner Schneider zeigt,
dass das musikalische Tun in den Klassen der Schulgemeinde wieder vorgestellt wurde, und seit diesem Konzert
am 15. Juli 1977 gab es viele musikalische Veranstaltungen mit Glanzpunkten – bis zum heutigen Tag. Im Februar
1978 hatte sich die Theater-AG der
Schule wieder einmal auf der Bühne
gezeigt. Unter der Leitung von Oberstudienrat Fritz Pratz spielten die Akteure Wolfgang Hildesheimers „Eroberung der Prinzessin Turandot“.
Für das Schuljahr 1977/78 drängten
sich an die 1200 Schüler in die Anfangsklassen der Darmstädter Gymnasien.
Wie so oft gab es politische Kontroversen. Doch der Landkreis DarmstadtDieburg fand sich bereit, einen Pavillonbau für eine zusätzliche Sexta er-
richten zu lassen, ein unbürokratisches
Vorgehen, das von den Eltern sehr gelobt wurde.
Nicht alle Abiturienten hatten dem
Vorschlag ihrer Jahrgangskameraden
zugestimmt, eine Entlassungsfeier des
gesamten Jahrgangs zu veranstalten,
und so blieben einige wenige dem
„großen Ereignis“ vom 30. Juni 1978
fern, mit dem die neue Reihe der akademischen Entlassungsfeiern begann:
mit Reden, Grußworten, Überreichen
von Buchprämien und Zeugnissen, umrahmt von festlicher Musik des Schulorchesters.
Von dem ersten Jahrgang nach dem
neuen KMK-Modell hatten im Dezember 1978 zehn Schüler ihre Abschlussprüfung abgelegt, da die Möglichkeit
gegeben war, dies schon nach der ersten Hälfte der Jahrgangsstufe 13 zu
tun. Acht von ihnen erreichten eine
Durchschnittsnote unter 2,0. Der restliche Jahrgang folgte im Juni 1979. Zu
der Abschlussfeier wollten nicht nur
die in der Oberstufe unterrichtenden
Lehrer eingeladen werden.
Der Schulentwicklungsplan der Stadt
Darmstadt vom Okt. 1979 wurde vom
Kollegium und dem Elternbeirat eingehend diskutiert, da darin die Gesamtschule als bildungspolitisches Ziel favorisiert wurde. Die Veränderungen, z.B.
die Zusammenfassung von Mittelstufen einzelner Schulformen zu Mittelstufenzentren, die obligatorische Einführung von Förderstufen etc. waren
so einschneidend, dass der Bestand des
Gymnasiums gefährdet sei, Kollegium
und Elternbeirat lehnten den Schulentwicklungsplan ab.
Es ist das Verdienst der Elternschaft
der Lichtenbergschule, dass in den Adventswochen immer eine vorweihnachtliche Atmosphäre herrschte. In
der Eingangshalle hing ein großer, vom
Elternbeirat besorgter Adventskranz
und grüßte die Eintretenden. In manchen Jahren zog auch der Schulchor in
der ersten Montagsstunde der Adventszeit durch das Haus und sang
Weihnachtslieder.
Ein Weihnachtskonzert fand 1979 zum
ersten Mal wieder in der Kleinen Aula
statt, zu dem die Kollegen der Fachschaft Kunst mit ihren Schülern eine
weihnachtliche Dekoration beisteuerten. Es erwies sich jedoch, dass die Kapazität der Kleinen Aula für eine solche
Veranstaltung nicht ausreichte, die
Sporthalle (Große Aula) nicht den festlichen Rahmen abgeben konnte, und
so finden seit 1981 die Weihnachtskonzerte – und in der Folge auch die
großen Schulkonzerte – in der Orangerie statt. In den 80er Jahren waren es
oft vier Konzerte, mit denen sich die
Schule nach außen hin präsentierte:
Weihnachts- und Schuljahresabschlusskonzert unter Beteiligung aller musikalischen Gruppierungen, dazu ein Kammerkonzert mit großartigen Einzelleistungen und ein weiterer Musikabend,
der u.a. von den Leistungskursen Musik
gestaltet wurde.
5 Der Blick zurück [ 40 · 41 ]
In manchen Jahren gab es arge Engpässe in der Lehrerversorgung, die aber
durch Eingaben des Schulelternbeirats,
durch gemeinsame Vorsprachen von
Elternvertretern und Schulleiter bei der
Schulabteilung des Regierungspräsidiums oder beim Staatlichen Schulamt
Darmstadt, das zum 1. Januar 1980 eingerichtet worden war, in erträglichen
Grenzen gehalten werden konnte.
In dem Institut für Lehrerbildung in
Jugenheim finden Lehrgänge der verschiedensten Art statt, so auch solche
über die Aufgaben des Personalrats.
Meistens gibt es an den Schulen Auseinandersetzungen zwischen diesem
Gremium und der Schulleitung. Doch
als Personalrat und Schulleiter der Lichtenbergschule gemeinsam einen solchen Lehrgang besuchten, betrachte-
Lehrer und Schüler waren 1980 als Statisten oder
in kleinen Rollen engagiert für den Fernsehfilm
„Tod eines Schülers“, dessen Drehbuch der Darmstädter Autor Robert Stromberger verfasst hatte.
Szenen wurden in Klassenräumen, in der Direktion
gedreht, Turnhalle, Eingangsbereich und auch der
Alte Darmstädter Friedhof waren Drehorte –
für die ganze Schulgemeinde waren es spannende
und erlebnisreiche Drehtage, und Günther Strack
war ja auch ein ehemaliger Schüler der LuO.
ten dies die anderen Teilnehmer als ein
besonderes Ereignis – kennzeichnend
für das „Betriebsklima“ und den
menschlichen Umgang im Kollegium.
In mehreren Phasen wurde die flächendeckende Förderstufe auch in Darmstadt eingeführt. Die letzte (4.) im
Schuljahr 1982/83 betraf auch die Lichtenbergschule. Sie musste Kollegen an
drei Förderstufen abordnen: die Friedrich-Ebert-Schule in der Heimstättensiedlung, die Schwamb- und die Gutenbergschule in Eberstadt. Die Gesamtkonferenz hatte die vielfältigen Probleme, die sich durch den Einsatz an
den Förderstufen ergaben, aufgrund
eines durch den Personalrat angefertigten Informationsblattes sorgfältig
diskutiert, um eine für alle Beteiligten
optimale Lösung zu finden.
Eine Arbeitsgemeinschaft, die über
Jahre hinweg für die Schülerschaft verdienstvoll tätig war, ist der Schülerlotsendienst, dem die Verkehrswacht öfter ihren Dank aussprach. Bei Wettbewerben gewann die Mannschaft
Prämien und Auszeichnungen. Die
Schach-AG der Schule, die zeitweise
von älteren Schülern geleitet wurde,
stellte im Schuljahr 1979/80 und 1984
die Hessenmeister der Mittelstufe, im
Schuljahr 1982/83 wurde die Oberstufenmannschaft Vizemeister bei den
hessischen Schulmeisterschaften.
Seit Beginn des 80er Jahrzehnts wurde
gegen Ende der Schuljahre eine Projektwoche durchgeführt, teilweise im
Klassenverband, aber auch in klassenübergreifenden Gruppen. „Manöverkritik“ wurde in den Konferenzen geübt, und aus den Erfahrungen heraus
wurden, um größere Effektivität zu
erzielen, Planungsgruppen für intensivere Vorbereitung und Beratung geschaffen.
Seit Februar 1982 waren der Lichtenbergschule die Durchführung der Tests
für die medizinischen Studiengänge
übertragen worden. Oberstufenschüler
aus ganz Südhessen nahmen daran
teil. Ein Versuch, die Zeugnisse der
Klassen 5 per Computer schreiben zu
lassen, hat sich wegen der aufwendigen Organisation und der noch unzureichenden technischen Möglichkeiten
nicht bewährt. Hier waren die Klassenleiter wieder mit „Handarbeit“ gefragt.
Im Schuljahr 1982/83 wurde – zehn
Jahre nach Bekanntgabe der KMKVereinbarung über die Neugestaltete
Oberstufe – das Gesetz über die Gymnasiale Oberstufe erlassen, dem die
entsprechende Verordnung und auch
die Verordnung über die Abiturprüfung
folgten. Schaut man sich die Mitteilungsbücher für das Kollegium und die
Konferenzprotokolle an, fällt einem die
Riesenorganisation auf – mit Terminplan, Klausurterminen für alle Fächer
und alle drei Jahrgangsstufen etc. –, die
in jedem Jahr bewältigt werden muss.
Die Fachkonferenz Mathematik stellte
im März 1983 den Antrag, Informatik
als Schulversuch einzuführen, und hatte dazu einen Curriculumentwurf erarbeitet. Durch die Fachschaft Sport wurde alljährlich im Februar/März eine
„Schulschimeisterschaft“ im Schwarzwald durchgeführt, die sich an die
Schifreizeiten der Klassen 10 anschloss.
Natürlich haben sich die Schüler immer zu Schulproblemen geäußert. So
erschienen 1976 mehrere kleine Schülerzeitungen, manchmal auch von
Schülern verfasst, die sich im wesentlichen aggressiv gegen Schulleitung
und die Lehrerschaft richteten, aber
nach zwei oder drei Ausgaben ihr Erscheinen einstellten. Eine Schülerzeitung mit längerer Lebensdauer war das
„ATRIUM“, das 1979 zum ersten Mal erschien, anfangs das Sprachrohr der oft
gegen die Schule als Institution eingestellten SV war, aber nach drei, vier Jahren einen Stil fand, der einer Schülerzeitung angemessen war. Auch hier
wurden Schulprobleme besprochen,
doch recht sachlich und vernünftig. Je
nach der Arbeitsweise der jeweiligen
Redaktion erschienen auch mehrere
Hefte in einem Jahrgang, und heute
noch darin zu blättern, Berichte aus
den Leistungskursen, Episoden von Studienfahrten, Essays oder Gedichte von
Schülern zu lesen, ist eine Freude. Die
„Klimaverbesserung“ im Verhältnis zur
Schülervertretung machte sich u.a. darin bemerkbar, dass in einer „Friedenswoche“ der Schule (17. –22. Okt. 1985)
viele Schüler sich aktiv an der Gestaltung beteiligten.
Durch den Wegfall der Klassen 5 und 6
(Einführung der Förderstufe) konnte
ein Unterrichtsraum auf Antrag der SV
in ein Schülercafe umgewandelt werden, da die Schulraumnot nicht mehr
ganz so zwingend war. Die Eigeninitiative der Schüler wurde vom Personalrat
wie auch den Elternvertretern unterstützt. Eltern steuerten handwerkliche
Arbeit bei, Frau Friedrich als Elternbeirätin kümmerte sich um viele Details,
die Kollegen der Fachschaft Kunst bemühten sich mit den Schülern um die
künstlerische Ausgestaltung. So konnte es im März 1984 eröffnet werden:
„Ein Treffpunkt soll es sein zwischen
Schülern, aber auch zwischen Schülern
5 Der Blick zurück [ 42 · 43 ]
und Lehrern, wo Gespräche zwischen
den Generationen, wo der Dialog mit
der Jugend auf anderer Ebene geführt
werden kann als im Unterricht. Insofern verspreche ich mir – wenn jeder
sich an die getroffenen Vereinbarungen hält – einen positiven Einfluss auf
das gesamte Schulklima. Alkoholkonsum ist laut Benutzerordnung nicht
gestattet, darum ganz im Sinne des
alten Kaffeehausslogans »Hoch die
Tassen!«“ (Schulleiter Schneider)
Aktuelle Probleme beschäftigten die
Schulgemeinde in der Mitte der 80er
Jahre. Zur Drogenfrage und Suchtprävention fanden verschiedene Veranstaltungen statt. Karlheinz Böhms Aktion „Menschen für Menschen“ ließ
eine Schulgruppe entstehen, die ihn
durch Sammlungen und andere geeignete Maßnahmen unterstützte. Der
Erlös von Flohmärkten kam den SOSKinderdörfern zugute.
Den hohen Leistungsstand der LuOAbiturienten belegt die Tatsache, dass
aus vielen Jahrgängen besonders Begabte für die „Studienstiftung des
deutschen Volkes“ ausgewählt wurden. Ihre Verbundenheit mit ihrer alten
Penne haben ehemalige Klassen dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie
zu Jubiläen (20-, 25-, 45-, 50-jähriges Abitur) zu ihrer Schule zurückkamen, das
neue Gebäude kennenlernen und evtl.
ihre alten Lehrer wiedersehen wollten.
In einer kleinen Feier im Musiksaal, von
Kammermusik umrahmt, wurden sie
empfangen, in Ansprachen wurde ver-
gangener Zeiten gedacht, aber auch
die Gegenwart nicht vergessen. Unterrichtsbesuche und Gesprächsrunden
mit Oberstufenschülern ergaben Einblicke in das derzeitige Schulleben.
Ein Jahrgang stiftete ein „Erinnerungsbuch“, in dem diese Wiederbegegnungen festgehalten wurden – in Wort
und Bild.
Das Jahr 1986 bot sich an, des Einzugs
in das neue Schulgebäude (Juni 1966)
zu gedenken. Mit viel Engagement
nahm das Kollegium die Gelegenheit
wahr, die Schule in vielen Facetten vorzustellen. In die Festwoche eingeschlossen waren die Entlassungsfeier
für die Abiturienten, die Abifête, ein
Theaterabend der Laienspielgruppe,
das Schuljahresabschlusskonzert, ein
bunter Abend mit Sport, Unterhaltung
und Tanzvorführungen, ein richtiges
Sommerfest – zur Freude aller Beteiligten. Eine Ausstellung von künstlerischen Schülerarbeiten, eine weitere zur
Schulgeschichte, ein Tag der Offenen
Tür mit experimentellen Demonstrationen, Unterrichtsbesuchen und natürlich ein großes Schulfest rundeten
die Woche vor den Sommerferien ab.
Eigentlich gehört ein richtiger Abischerz zu den Gepflogenheiten eines
jeden Jahrgangs, der die Schule verlässt. Einmal wurde ein Wagen Mist
vor der Schule abgeladen. Es war nicht
ersichtlich, ob es ein Erzeugnis aus
Schülerkreisen war. Jedenfalls war an
einem Stock ein Briefumschlag mit
einem Geldbetrag befestigt für die
Hausmeister, die für die weitere Verwendung zu sorgen hatten. Natürlich
musste immer darauf geachtet wer-
den, dass sich keine Sachbeschädigungen ereigneten; ein Grenzfall war die
Bemalung von Gotthelf Schlotters Pfau
mit bunten Farben. Gelungen fand ich
das Anfüllen des Lehrerzimmers mit
aufgeblasenen Luftballons, die Verkleidung der Ostfassade der Schule mit
Goldfolie – in der Nachahmung des
Verpackungskünstlers Christo –, das
Anfüllen der Sitzmulde im Atrium mit
Wasser und Umfunktionieren zum
Schwimmbad: Italienischer Badebetrieb am Lichtenberg-Strand. Übrigens:
Das erhöhte Wassergeld haben die Abiturienten beglichen. Erfreulich war
auch das Wiederaufleben des Abi-Balls
im Mai 1987.
Die Lehrküche wurde viele Jahre genutzt, um Schülerinnen und Schülern
der Mittelstufe das Kochen zu lehren.
Unsere Hauswirtschaftslehrerin, Frau
Zelenka, brachte ihnen auch das richtige Einkaufen, Servieren und Tischsitten
bei, und zum festlichen Abschlussessen (mit mehreren Gängen) wurden
immer beliebte Lehrer eingeladen.
Nach über 20 Jahren zeigte es sich,
dass die Holzrahmen der Fenster zu
verrotten begannen. Deshalb wurde im
Juli 1988 mit ihrer Erneuerung begonnen. Eine Baumaßnahme im Rahmen
der neuen Sicherheitsbestimmungen,
die den Charakter von Innenräumen
veränderte, war der Einbau von feuersicheren Treppenhäusern. Der Weitblick
durch die Flure war zerstört, der verringerte Lichteinfall beeinträchtigte die
Möglichkeit, die Flure als Aushangflächen für Schülerarbeiten aus dem
Kunstunterricht zu nutzen, die Entfernung der Holzdecken war der Gesamtatmosphäre sehr abträglich.
Da die Schülerzahlen durch den Verlust
der Klassen 5 und 6 zurückgegangen
waren, konnte die Private ComeniusSchule die Pavillonräume vorübergehend für unterrichtliche Zwecke nutzen.
Inzwischen waren die Widerstände von
Eltern und Kollegien gegen den fortgeschriebenen Schulentwicklungsplan
der Stadt so stark geworden, dass zum
Schuljahr 1988/89 wieder Sextaner an
den Gymnasien aufgenommen werden konnten. Für die Lichtenbergschule
waren es 152. Dazu kamen aus der Förderstufe 100 Schülerinnen und Schüler
für die Klassen 7. Im Schuljahr davor
hatten sich in den Fachschaften „Arbeitsgruppen Sexta“ gebildet, die ein
modernes Konzept für den Wiederbeginn entwickelten. Dem Wunsch, den
Schülern und Schülerinnen einen geschlossenen Bildungsgang am Gymnasium zu ermöglichen, der aus Erfahrung gefordert und von der Vernunft
gutgeheißen wurde, ist endlich stattgegeben worden – zur Freude des
Schulleiters Hans Werner Schneider,
der so zum Beginn seines letzten
Dienstjahres wieder Sextaner begrüßen konnte. Am 1. August 1989 wurde
er in den Ruhestand versetzt.
Hans Werner Schneider
1989
5.3 auf dem weg nach europa
(1989 – 2000)
Eine umfassende Darstellung der Tätigkeit Wilfried Schupps als Schulleiter
kann im Rahmen dieses Berichts nicht
geleistet werden. Vieles wird bereits in
anderen Artikeln dieser Festschrift ausführlich dargestellt, dies gilt insbesondere für die Bereiche Kunst, Musik und
die Theatergruppen, die das Gesicht
der Schule in besonderem Maße prägen. Im Folgenden wird versucht, durch
die Vorstellung weiterer Schwerpunkte
einige Akzente zu setzen, dabei galt
es auch Vorgaben der Redaktion zu
beachten.
Auf die Verabschiedung des Schulleiters Hans Werner Schneider, der zum
31. Juli 1989 in den Ruhestand versetzt
wurde, folgte bereits am ersten Schultag nach den Sommerferien am
28. August 1989 die Einführung des
neuen Schulleiters Wilfried Schupp.
Dieser nahtlose Übergang nach einer
Vakanz von lediglich vier (Ferien-)Wochen kann als sensationell bezeichnet
werden. Er war den vereinten Bemühungen des scheidenden Schulleiters,
des Lt. Schulamtsdirektors Gerhard
Jansohn und des damaligen Staatssekretärs im Hessischen Kultusminis-
terium Heinz Lauterbach zu verdanken.
Sie sorgten für rechtzeitige Stellenausschreibung und zügige Durchführung
des Bewerbungsverfahrens, in dem
Wilfried Schupp auch gegen einen
Bewerber aus dem Kultusministerium
„das Rennen machte“, wie das „Darmstädter Echo“ am 29.8.1989 zu berichten wusste.
Für Wilfried Schupp war die LuO kein
unbekanntes Terrain, seit 1967 war er
hier zunächst als Referendar, dann als
Lehrer tätig. Die 1970 übernommene
Ausbildungstätigkeit als Fachleiter für
Mathematik ließ ihn andere südhessische Gymnasien und deren Strukturen
kennen lernen. Das Zentrum seiner
eigenen Unterrichtstätigkeit blieb jedoch die Lichtenbergschule, der er neben den vielfältigen Tätigkeiten und
Funktionen im Rahmen des Studienseminars stets einen erheblichen Teil
seines pädagogischen Engagements
widmete.
In den nicht einmal zehn Jahren seiner
Amtszeit als Schulleiter führte Wilfried
Schupp Projekte, die er bereits in Kooperation mit früheren Schulleitungen
in Angriff genommen hatte, fort bis zu
5 Der Blick zurück [ 44 · 45 ]
ihrer Institutionalisierung, weitere innovative Projekte wurden in Angriff genommen. Zu den Projekten, die an anderer Stelle ausführlicher gewürdigt
werden, gehört insbesondere die Einführung der Informatik als Unterrichtsfach bis hin zu ihrer Etablierung als
Leistungskursfach. Dazu gehören ebenso der Bau einer neuen Sporthalle und
die freundlichere Gestaltung der Schulhöfe, vor allem des Atriums. Zahlreiche
Aktivitäten im ökologischen Bereich
hatten längerfristig einen Öko-Schulgarten mit Teichanlage zum Ergebnis.
Für die Schüler der Jahrgangsstufe 11
wurde ein Programm „Studien- und
Berufsorientierung“ eingeführt.
Die nachdrückliche Förderung von Schüleraustauschprogrammen, die bald fast
weltweiten Charakter gewannen, wird
ebenfalls an anderer Stelle dargestellt
und sei hier nur knapp angedeutet. Die
Partnerschaften mit französischen
Schulen in Marquise und Troyes wurden fortgeführt, Verbindungen zu einer
schottischen Schule auf der Isle of Islay
wurden neu geknüpft. Hinzu traten
Kontaktaufnahmen mit einer amerikanischen Schule in Wisconsin, Afrika trat
mit einer Schule in Moshi/Tansania in
das Blickfeld, und australische Schüler
waren zu Gast an der Lichtenbergschule. Desgleichen wurden Kontakte zu
seit 1990 nicht mehr jenseits des
„Eisernen Vorhangs“ liegenden Ländern intensiviert oder neu aufgenommen. Der Schüleraustausch mit dem
Budapester Arpád-Gymnasium wurde
noch vor der „Wende“ mit einer Studienfahrt der Tutandengruppe Schupp nach
Ungarn im Jahre 1988 aufgenommen.
Ein Austauschprogramm mit Jakutsk in
der russischen Republik Jakutien/Sibirien sei erwähnt, ebenso ein Treffen
mit Jugendlichen aus Darmstadts polnischer Partnerstadt Plock, das im Jahre 1994 im Harz stattfand.
Der Förderung des interkulturellen
Lernens und der Kontakte mit Ländern
des ehemaligen Ostblocks kam im pädagogischen Konzept des Schulleiters
Wilfried Schupp ein hoher Stellenwert
zu. Beide Aspekte vereinten sich in
einem Projekt, das er gleich nach seinem Amtsantritt einer Aufforderung
aus dem Kultusministerium folgend
auf den Weg brachte, mit dem Ziel, an
der Lichtenbergschule Russisch als Regelfremdsprache einzuführen.
Hier konnte auf Traditionen zurückgegriffen werden. Seit drei Jahrzehnten
bestand an der Lichtenbergschule die
Möglichkeit, ab Klasse 9 das Fach Russisch als dritte Fremdsprache zu wählen, seit fast einem Jahrzehnt konnten
die Kinder von Aus- und Übersiedlern
Russisch als erste oder zweite Fremdsprache weiterführen. Dies betraf nicht
nur Schüler der LuO, der Einzugsbereich
umfasste etwa 15 Gesamtschulen, Realschulen und Gymnasien in Darmstadt
und der näheren Umgebung.
Nun wurde im Rahmen eines in Hessen einmaligen, auf fünf Jahre angelegten Schulversuchs Russisch als erste
Fremdsprache angeboten. „Für den
Schulversuch wurden von einer vierköpfigen Arbeitsgruppe des Hessischen
Kultusministers, der auch zwei Russischlehrerinnen der Lichtenbergschule angehörten, ein Curriculum sowie Lehrund Lernmaterial entwickelt. Zur För-
derung des Sprachunterrichts sieht die
schulspezifische Stundentafel eine höhere Stundenzahl für Russisch als erste
Fremdsprache in der 5. und 6. Klasse
sowie für die zweite Fremdsprache im
7. Schuljahr vor“. 1)
Das Angebot von Russisch als erster
Fremdsprache war überhaupt erst
möglich geworden, weil es seit dem
Schuljahr 1988/89 an den Gymnasien
wieder 5. und 6. Klassen gab. Zum
Schuljahr 1991/92 wurde die erste Russisch-Klasse eingerichtet, die sich bereits in den ersten Monaten ihres Bestehens der Aufmerksamkeit von höchster Stelle erfreute. Die fünfzehn Schüler präsentierten bei einem Besuch des
Hessischen Kultusministers Hartmut
Holzapfel im November 1991 „ihre noch
jungen Kenntnisse der Sprache: mit
Gedichten, Gesängen, kleinen Sketches,
spaßigen Zungenbrechern. So putzmunter brachten sie’s, dass Szenenapplaus prasselte“. 2)
Minister Holzapfel war gekommen, um
die ersten frisch erarbeiteten und gerade gedruckten Lehr-, Lern- und Arbeitsmaterialien für Russisch an deutschen
Schulen zu überreichen. Dass diese
noch nicht vollständig vorlagen, vielmehr ständig fortgeschrieben werden
mussten, verlangte von den Lehrkräften auch in der Folgezeit ein hohes
Maß an Kreativität und Flexibilität. Die
heterogene Zusammensetzung der
1) Wilfried Schupp, Denkschrift zur Bewerbung
um den „Carl Bertelsmann-Preis 1996, Sonderpreis Innovative Schulen“ vom 14.12.1995, S. 3
2) Darmstädter Echo vom 14.11.91
Besuch von Kultusminister Holzapfel 1991
Lerngruppen, in denen Muttersprachler und „echte“ Anfänger gemeinsam
lernten, verlangte und förderte die Entwicklung innovativer Lernstrategien.
Am 19. Januar 1996 wurde der Schulversuch beendet, Kultusminister Hartmut
Holzapfel erklärte Russisch neben Englisch zum Regelangebot. Wieder kam er
persönlich, doch dieser Besuch blieb
ihm wohl in weniger guter Erinnerung
als der erste. Kurz vorher waren die
Mittel gekürzt und die Pflichtstundenzahl erhöht worden. Wegen der damit
verbundenen Einschränkung schulischer Aktivitäten und der Sorge um die
Qualität der Ausbildung kam es zu erheblicher Unruhe in der Schülerschaft
sowie bei Eltern und Lehrern.
mit ihm herbeiführen wollten. Dank
des umsichtigen korrekten Vorgehens
der betroffenen Schulleiter und der
sorgfältigen Recherchen des Staatlichen
Schulamtes konnte die anschließend
drohende Gefahr obrigkeitsstaatlicher
Maßregelung abgewendet werden.
Beim Verlassen des Neubaus führte der
von Ordnern freigehaltene Weg des
Ministers durch dichte Reihen wartender Schüler, vor dem Schulgebäude
und auf der Ludwigshöhstraße erwartete ihn eine Demonstration von 2000
Darmstädter Schülern, die ein Gespräch
„Lichtenberg macht Schule“. Am 1. Juli
1992 jährte sich zum 250. Mal der
Geburtstag des Namenspatrons unserer Schule, Georg Christoph Lichtenberg. Über viele Jahre hinweg hatte
5 Der Blick zurück [ 46 · 47 ]
Schulleiter Hans Werner Schneider es
sich zur Regel gemacht, seine Ansprachen zum Abschluss der mündlichen
Abiturprüfungen unter das Motto eines
Aphorismus von Lichtenberg zu stellen.
Er wollte damit den abgehenden Schülern wenigstens einen kleinen Eindruck
vom Geiste dieses selbstständigen
„Querdenkers“, unter dessen Patronat
sie gelernt und gearbeitet hatten, vermitteln.
Diese Hinführung zu Lichtenbergs
Denken erfolgte nun im Jubiläumsjahr
1992 in umfassender Form. Es brachte
bundesweit eine Fülle von Veranstaltungen, die sich unter verschiedenen
Aspekten mit Lichtenbergs Leben und
Werk befassten. Einer der Schwerpunkte lag in Darmstadt, an der Vorbereitung und Durchführung war die Lichtenbergschule in einem nicht geringen
Maße beteiligt.
Bereits im Jahre 1990 hatten hier Kollegen aus den Bereichen der naturwissenschaftlichen Fächer sowie der Fächer Deutsch, Englisch und Kunst einen
„Lichtenbergkreis“ gebildet, in dem
über geeignete Formen nachgedacht
wurde, sich Lichtenberg zu nähern. Aus
vorbereitenden Gesprächen und Studien, zu denen eine zweitägige Reise
nach Göttingen gehörte, entstanden
verschiedene Projekte, in denen Schüler und Lehrer gemeinsam daran gingen, Lichtenbergs naturwissenschaftliches und literarisches Werk ebenso wie
seinen eigenwilligen Lebensgang zu
thematisieren.
Über Ablauf und Resultate unterrichtet zusammenfassend die
Dokumentation „Lichtenberg
macht Schule“. 3) Aus ihr geht hervor, wie Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 13 sich gemeinsam
mit ihren Lehrern in unterschiedlichster, phantasievoller und
höchst geistreicher Art mit dem
Phänomen Lichtenberg auseinandersetzen. Ein fast überwältigendes kreatives Potential wird
hier sichtbar.
Vorgestellt werden, in Auswahl, Arbeiten aus dem Kunstunterricht und
Bildergeschichten, die im Deutschunterricht von Unterstufenklassen entstanden. Die Arbeiten der Preisträger
aus dem Schreibwettbewerb „Wir über
Lichtenberg“, an dem sich 85 Schüler
vorwiegend aus den Jahrgangsstufen
5/6 und 7/8 beteiligt hatten, sind ebenfalls abgedruckt. Die Ergebnisse intensiver Beschäftigung mit verschiedenen
Aspekten aus Lichtenbergs Leben und
Werk, die in Leistungskursen Deutsch
und Englisch erarbeitet wurden, sind
ausführlich dokumentiert. Zu den von
Schülern selbst verfassten Werken gehört das Fragment eines Dramoletts
„Kabale und Leistungskurs“, das bei der
Eröffnung der Lichtenberg-Ausstellung
am 1. November 1991 zur Uraufführung
kam. Ausschnitte aus einem fiktiven
3)
Herausgegeben von der Lichtenbergschule,
Darmstadt 1992
Dialog zwischen Hamlet und Lichtenberg wurden am 1. Juli 1992 im Kulturmagazin „Aspekte“ des ZDF gesendet.
Dem Naturwissenschaftler Lichtenberg
galten Demonstrationen physikalischer
Versuche bei einer Ausstellung auf der
Mathildenhöhe sowie in der das Lichtenbergjahr begleitenden Vortragsreihe
ein Vortrag über das Thema „Lichtenberg – ein moderner Physiker“. Ein weiterer Vortrag hatte „Lichtenbergs
Apparate“ zum Gegenstand. In dieser
Vortragsreihe der Lichtenbergschule,
zu der auch Lesungen gehörten, setzten sich namhafte Wissenschaftler unter verschiedensten Aspekten mit Lichtenberg auseinander.
Die TH Darmstadt veranstaltete im
Sommersemester 1992 eine Ringvorlesung, in deren Rahmen Schulleiter Wilfried Schupp das Projekt „Lichtenberg
macht Schule – eine Schule meistert
ihren Patron“ präsentierte.
Einen Höhepunkt des Lichtenbergjahres stellte die Enthüllung einer Lichtenbergbüste am 5. November 1992 dar.
Sie wurde in der Eingangshalle der
Schule aufgestellt und ist völlig integriert in das Gedränge der sie in den
Pausen umwogenden Schüler. Zum
Abschluß des Jubiläumsjahres konnte
konstatiert werden:„Nun wissen die
4
Schüler mehr über Lichtenberg“ ), aber
auch die Frage gestellt werden:„Und wie
5
wird es in den folgenden Jahren sein?“ )
4
) Frankfurter Allgemeine Zeitung
vom 6.11.1992
5)
Hans Werner Schneider,
Lichtenberg macht Schule, S. 62
Im Jahre 1974 wurde ein bis heute im
gängigen Sprachgebrauch, in Abgrenzung zu dem 1966 bezogenen Atriumbau, als „Neubau“ bezeichneter Klassentrakt errichtet. Dort befanden sich
außer Klassensälen die Bibliothek, ein
Sprachlabor, ein Musiksaal sowie eine
Küche.
Seit 1990 stand dieser „Neubau“ im
Mittelpunkt aller Baumaßnahmen an
der LuO, denn die Raumluft wies relativ
hohe Konzentrationen an Polychlorierten Biphenylen (PCB) auf. Da ein Teil
der darin enthaltenen Substanzen im
Verdacht steht, Krebs zu erregen, war
dringender Handlungsbedarf gegeben.
Bereits 1988 waren alle PCB-haltigen
Kondensatoren durch PCB-freie Bauteile ersetzt worden, dennoch ergaben
Messungen weiterhin erhöhte PCBWerte in der Raumluft. Eingehende
Untersuchungen erbrachten schließlich
das Ergebnis, dass das PCB aus der
Fugenmasse stammte, die zum Abdichten der Fugen zwischen den Fertigelementen verwendet worden war. „Die
Bemühungen der Schule, eine Sanierung des Gebäudes durch den Schulträger zu erreichen, erwiesen sich als
äußerst schwierig und zeitraubend.
Angesichts der schlechten Finanzlage
bedurfte es einer engen Zusammenarbeit zwischen Schulleitung, Kollegium,
Personalrat, Elternschaft und Schülerschaft, um die Stadt Darmstadt und
die verantwortlichen Kommunalpolitiker zu einer raschen und vollständigen
Sanierung des Gebäudes zu bewegen.
Dabei waren nicht nur die Presse, sondern auch der Rundfunk und verschiedene Fernsehanstalten einbezogen“. 6)
6) Wilfried Schupp a.a.o., S. 2
Verschärft wurde die Situation noch
dadurch, dass die Lichtenbergschule
zwar die erste Darmstädter Schule war,
an der das PCB-Problem bekannt wurde, aber nicht die einzige blieb, an der
es auftrat.
Im September 1993 begann eine aufwändige Sanierung, in deren Verlauf
zunächst der südliche Teil des Gebäudes vollständig entkernt wurde. Zu Beginn des Schuljahrs 1994/95 stellten
sich im nördlichen Teil Bauschäden
heraus, die ebenfalls keine unterrichtliche Nutzung mehr zuließen.
Zunächst hatte die Verwendung der
eigentlich schon außer Dienst gestellten sogenannten Pavillons, die in den
siebziger Jahren angesichts rapide
wachsender Schülerzahlen als Behelf
auf dem Schulhof errichtet worden
waren, als Ersatz für die nicht mehr
nutzbaren Klassensäle im Südteil ausgereicht. Der Ausfall auch der Klassensäle im nördlichen Teil erforderte die
Suche nach weiteren Lösungsmöglichkeiten. Alle irgendwie verwendbaren
Räume einschließlich naturwissenschaftlicher Fachsäle und des Schülercafés mussten nun allgemeinen unterrichtlichen Zwecken dienen. Die zehnten Klassen fanden gastfreundliche
Aufnahme in der Friedrich-Ebert-Schule in der Heimstättensiedlung. Der dadurch erforderlich werdende Pendelverkehr zwischen den beiden Schulen
stellte für Lehrer und Schüler eine zusätzliche Belastung dar. Die organisatorischen Herausforderungen an die Stundenplangestaltung waren immens.
Im September 1995 war im Informationsblatt der Lichtenbergschule zu lesen, unter der Rubrik „Wussten Sie...“,
„...dass seit September 1995 ... alle Klassen wieder in den Gebäuden der Lichtenbergschule unterrichtet werden
können? Wir danken den Verantwortlichen im Schulamt und im Bauamt für
die gute Zusammenarbeit in der schwierigen Situation. Unser besonderer Dank
gilt den Damen und Herren Kommunalpolitikern, die trotz der schwierigen
Finanzsituation die für die Sanierung
erforderlichen Mittel bereitgestellt haben.“ Unter der gleichen Rubrik wird
weiter mitgeteilt:„Wussten Sie ... dass
die PCB-Sanierung der Lichtenbergschule erfolgreich verlaufen ist? Dies
ergaben die im August bei 29 Grad
Celsius durchgeführten Messungen“.
Die nur mit einem Euphemismus als
„Pavillons“ zu bezeichnenden Baulichkeiten konnten in den folgenden Jahren endlich, wie schon längere Zeit geplant, der Renaturierung des Saubaches weichen. An ihrem früheren
Standort erstreckt sich seit dem Jahre
2000 ein als Biotop angelegter Teich.
Unter dem Titel „Letzte Meldung“
enthält dasselbe Informationsblatt
die Mitteilung, dass „mit Erlass vom
19. September 1995 des Hessischen
Kultusministers die Lichtenbergschule
in den Kreis der Europaschulen aufgenommen [wurde]. Als assoziierte Europaschule kann die Lichtenbergschule
künftig für besondere Aktivitäten Anträge auf Unterstützung stellen“.
Am 24. April 1995 hatte die Gesamtkonferenz, am 27. April die Schulkonferenz
beschlossen, einer Ausschreibung in
5 Der Blick zurück [ 48 · 49 ]
eines Schwerpunkts ökologische Bildung. In allen Bereichen, mit Ausnahme
der „Entwicklung von freiwilligen Ganztagsangeboten“, konnte die LuO 1995
auf zum Teil langjährige Erfahrungen
zurückblicken. Sie verfolgte die mit den
Europaschulen verbundenen Ziele,
längst bevor diese ausdrücklich formuliert wurden.
Mit Hilfe allerdings nicht immer pünktlich und in der erwarteten Größenordnung fließender Zuschüsse konnten in
den folgenden Jahren bereits bestehende Projekte intensiviert und neue in
Angriff genommen werden. Einige Hinweise mögen hier genügen. Als längerfristige Vorhaben wären zu nennen die
„Sprachwerkstatt“ sowie die Projekte
„Schulhof“,„Afrika“,„Ungarn“ und
„Schottland“, denen sich 1997 das Projekt „Solaranlage“ zugesellte.
Wandmalprojekt im Neubau 1996
der Märzausgabe des Amtsblattes folgend sich um den Status einer Europaschule zu bewerben. Diesem Antrag
wurde in Form der Aufnahme als „assoziierte Europaschule“ stattgegeben. Das
bedeutete die Einbindung in das Netzwerk der acht hessischen Europaschulen, denen hessenweit 27 assoziierte
Europaschulen zugeordnet waren. Damit war zwar die letzte Stufe des „Fit
für Europa“, wie es in einer Presseinformation des Hessischen Kultusministeriums vom 18. September 1995 hieß,
noch nicht erreicht, aber das Anforderungsprofil doch weitgehend erfüllt.
Wesentliche Auswahlkriterien waren
die Entwicklung der Europäischen
Dimension und des Interkulturellen
Lernens, die Öffnung der Schule zur
Gemeinde bzw. zum Stadtteil, die reformpädagogische Ausrichtung des
Unterrichts und die Entwicklung
Na bitte! Die Lichtenbergschule im Glanz der Neuheit.
5.4 bauliche veränderungen
Wie zielstrebig und erfolgreich die LuO
den Weg nach Europa beschreitet, zeigt
die Aufnahme in den Kreis der Europaschulen, die mit Erlass des Hessischen
Kultusministeriums vom 11. Juli 2000
erfolgte.
Wilfried Schupp war knapp zwei Jahre
zuvor, am 2. Oktober 1998, verabschiedet worden, aus gesundheitlichen Gründen ging er vorzeitig in den Ruhestand.
Bis zur Bestellung und Einführung seines Nachfolgers Peter Herrmann am
1. Februar 2000 lag die Leitung der LuO
in der bewährten sicheren Hand des
stellvertretenden Schulleiters Günter
Schäfer.
2000
Traute Endemann
Umzug in die neue Schule! 1966 war
es soweit – die Lichtenbergschule
konnte in die neuen Räumlichkeiten in
der Ludwigshöhstraße einziehen. Das
Provisorium in der Stadtmitte, sich mit
dem LGG ein Gebäude zu teilen, lag
hinter Schülern und Lehrern. Und nun
würde alles besser werden: Keine Wanderklassen mehr, in den Fachsälen nur
noch Fachunterricht, jede Klasse hatte
ihren Klassensaal für sich. So würde es
nun bleiben!
Ob das was wird?
Und so blieb es dann auch – wenn ich
mich recht erinnere etwa für zwei Jahre. Dann hatte die Zahl der Anmeldungen an der LuO mächtig zugenommen.
Die Klassen machten sich wieder auf
Ob
was wird? in den Fachsälen wurdiedas
Wanderschaft,
den wieder alle Fächer unterrichtet
und man teilte sich das Klassenzimmer
mit anderen, die jeweils kurzfristig
einquartiert wurden. Allerdings stellte
sich bald heraus, dass diese Maßnahmen nicht ausreichten. Der Anstieg der
Schülerzahl von 598 im Jahre 1965 auf
1368 binnen sechs Jahren ließ sich so
nicht mehr kompensieren.
Die ersten Pavillons wurden gebaut,
damit fiel 1970 ein kompletter Pausenhof weg, dafür hatte man acht Klassenräume dazu gewonnen. Später wurden
noch einmal zwei angebaut. Besonders
angenehm war der Aufenthalt in diesen Räumen nicht. Die Wände waren
reichlich dünn, flache Dächer sorgten
5 Der Blick zurück [ 50 · 51 ]
Sauber aufgeräumt. Die LuO von oben, rechts sieht man die Pavillons.
Nicht mehr ganz so aufgeräumt: Nach etlichen Schülerjahrgängen haben die Gebäude
ein bisschen gelitten, dafür ist fast ein kleiner Dschungel entstanden.
im Sommer für eine gute Durchwärmung der Gebäude und im Winter zog
es zum Ausgleich dafür durch verschiedene Ritzen, sodass das statistische
Mittel, was die Temperaturen über das
ganze Jahr anging, wieder stimmte.
In den achtziger Jahren wurden die Pavillons nicht mehr benötigt. Sie dienten
zunächst dem Bundesverband bildender Künstler als Ateliers und wurden in
den Neunzigern abgebaut und der
Abgeräumt! Die Pavillons sind weg, der Saubach kann kommen.
5 Der Blick zurück [ 52 · 53 ]
ten in der Schule, Lkw-Verkehr im Hof
und Baulärm während des Unterrichts.
Dieser Neubau entstand auf dem ehemaligen Kickplatz der Lichtenbergschule, einem kleinen Rasenplatz, an dessen
Rand sich eine Weitsprunggrube und
ein Kugelstoßring befanden. Betreten
verboten! – außer während des Sportunterrichts natürlich.
Dies änderte sich allerdings, sobald klar
war, dass hier gebaut werden würde.
Ab da hatte die Oberstufe einen wunderbaren Aufenthaltsort für die Pausen
im Sommer gewonnen – mit Südhang.
Leider stand der weitere Verlauf der
Geschichte dieses Baus gar nicht im Einklang mit dem idyllischen Beginn: Das
ganze Haus musste wegen PCB- Kontaminierung saniert werden. Diese Sanierung wurde 1992 in Angriff genommen.
Das bedeutet in diesem wie in vielen
anderen Fällen, das Problem wurde diskutiert. Da es hier um große Kosten
ging, dauerte die Diskussion auch etwas länger. So lautet die Überschrift
eines Kommentars im Darmstädter
Echo vom 24.01.92 „Abwarten und einatmen“. Am 19.03. titelt ebenfalls das
DE „PCB-Belastung wird unterschiedlich beurteilt“. Im September „lässt die
Stadt ... Teile der Lichtenbergschule
schließen“. (DE) Und im September
1993 meldet schließlich die gleiche Zeitung „in den Sommerferien wurde mit
der Sanierung der PCB-kontaminierten
Räume in der Lichtenbergschule begonnen.“ Es gab zwischenzeitlich sogar Überlegungen, das gesamte Gebäude abzureißen, dies konnte jedoch vermieden werden. Schließlich stand der
Neubau wieder für den Unterricht zur
Verfügung, allerdings lagerte der kon-
So sah der Neubau vor der Sanierung und danach aus –
Das wird mal eine Sporthalle: Das Gerippe steht.
Freien Comeniusschule zur Verfügung
gestellt. Bleiben wir nun auf diesem
Pausenhof und betrachten den Umbau
mit der Renaturierung des Saubachs,
oder halten wir uns an die Chronologie? Wir halten uns an die Chronologie
und darum folgt jetzt der Abschnitt:
taminierte Abfall noch 1996 in Containern auf dem Schulhof. Aber auch die
verschwanden schließlich und der Spuk
war vorüber.
– und so zwischendurch!
Der Neubau. Der heißt auch heute noch
so, obwohl er bereits im Jahr 1974 bezogen wurde. Das bedeutete auch das
Ende von mehreren Jahren Bauarbei-
Die neue Sporthalle entstand 1992
ebenfalls auf einer ehemaligen Sportanlage im Freien, dem Aschenplatz am
Südende von Pausenhof B. Hier konnte
Fußball und Feldhandball (den gab es in
den Sechzigern noch) gespielt werden,
gelaufen und geworfen sowie Hochsprung in Sandhaufen geübt werden,
zumindest in den Jahren vor Dick Fosbury. Heute wäre eine solche Anlage
ein Flop.
Ganz frei von Flops war auch der Bau
der neuen Halle nicht. Speziell als Spielhalle konzipiert, kam es am Anfang vor,
dass Volleybälle an der Decke hängen
blieben, weil Abdeckungen von Nägeln
und Schrauben fehlten. Die Tribüne
konnte nicht benutzt werden, weil Treppenstufen geklaut worden waren, und
in den Umkleideräumen gab es weder
Bänke noch Kleiderhaken. Mittlerweile
sind diese Probleme gelöst und die
Halle ist mit ihren drei Spielfeldern ein
echtes Schmuckstück, das auch von der
TG Bessungen gerne genutzt wird.
5 Der Blick zurück [ 54 · 55 ]
Die neue Halle von der Seite ...
Wasser Marsch!
Der Saubach oder, wie die Bessunger
sagen, die Saubach, wurde viele Jahre
lang ab der Ludwigshöhstraße in die
Kanalisation geleitet. Im Jahr 1987 wurde mit dem Projekt „Naturnaher Ausbau des Herrgottsbergbaches und des
Saubachgrabens“ begonnen. Nach dieser Planung soll der Saubach über das
Gelände der Lichtenbergschule fließen.
... und vom Eingangsbereich gesehen.
Jetzt geht’s los!
Der Graben ist angelegt.
5 Der Blick zurück [ 56 · 57 ]
Es wird niemanden, der Darmstadt
kennt, überraschen, dass dies erst im
Jahr 2000 eingetreten ist.
Dafür ist heute ein echtes Biotop entstanden, das vor allem im Sommer,
wenn es von der Sonne beschienen
wird, als echtes Idyll erscheint. Schade
nur, dass der Bach von manchen mit
einer Müllkippe verwechselt wird.
Papier und Plastiktüten haben darin
eigentlich nichts zu suchen.
Steinzeit – Rundhaus aus der Projektwoche ‘95 (Giso Sonntag)
Da haben sich einige ausgetobt
Die Schulhöfe der Lichtenbergschule
haben sich im Laufe der Jahre und
Jahrzehnte ebenfalls verändert. Nicht
nur, dass einmal Pavillons darauf standen und einmal nicht, dass einmal Abfall zwischengelagert wurde und einmal nicht, dass Lastwagen darüber
donnerten und dann wieder (Gott sei
Dank) nicht, auch was darauf stattfindet, ist dem Wandel der Zeiten unterworfen. Eine Friedenstaube und eine
Windrose wurden gemalt, zum Teil
sind sie schon wieder verblasst.
War früher das Mitbringen eines Balles
bereits ein strafwürdiger Verstoß gegen die Schulordnung, so hat sich auch
das gründlich geändert. Die Jüngeren
spielen zumeist vor dem Neubau Fußball mit Tennisbällen, es sind aber auch
Tischtennisplatten und Basketballkörbe aufgestellt worden, die von den Größeren genutzt werden. Dass dieserhalb
die Welt untergegangen wäre, kann
man nicht behaupten.
Veränderungen gibt es auch durch die
Schüler selbst, wie auch durch ungebetene Gäste. Zu den weniger erfreulichen
Dingen gehören die Schmierereien auf
Die Saubach-Brücke
den Wänden, die, wenn man sich nicht
hinter hohen Mauern einschließen will,
wohl nicht zu verhindern sind. Zu den
eher positiven Dingen gehören „Hinterlassenschaften“ von Schülern wie eine
Hütte, die eine ganze Weile auf dem
Rasen vor der Mopedhalle stand, und
eine Brücke über den Bach vom
Schulhof zum Biotop. Den symbolischen
Gehalt mag jeder selbst enträtseln.
Dass sich eine Schule mit den Jahren
verändert, ist selbstverständlich. Die
Lehrer wie die Schüler wechseln und
somit verändert sich ständig der innere
Aufbau. Dass auch die äußere Form
solch starken Veränderungen unterworfen ist, ist eher eine Ausnahme. Die
LuO kommt – an ihrem jetzigen Standort – allmählich von den besten in die
allerbesten Jahre; wen wundert es, dass
da das eine oder andere Facelifting
nötig war. Schaut man aber im Frühjahr auf das frische Grün rundum, muss
man feststellen, dass es eine ganze
Reihe von unerfreulicheren Arbeitsplätzen in Darmstadt gibt.
Harald Mehring
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
[ 58 · 59 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
6.1 die öffnung der schule
Lichtenbergschule – Europaschule
des Landes Hessen
Als es im Frühjahr 2000 um die Frage
ging, ob die Lichtenbergschule nach
Jahren der assoziierten Mitgliedschaft
in den festen Kreis der Europaschulen
des Landes Hessen treten sollte, waren
es nicht zuletzt die Eltern und die
Schülerschaft, die diesen Antrag der
Schulleitung unterstützten.
Somit wurde mit großer Mehrheit in
allen zuständigen Gremien der
Beschluss gefasst, am Europaschulprogramm teilzunehmen. Diese Entscheidung bedeutete zugleich eine noch
stärkere internationale Ausrichtung
des künftigen Schulprofils.
In der Vergangenheit war das Profil des
schulinternen Europaprogramms sehr
stark von Einzelinitiativen geprägt, die
ihren Niederschlag in vielfältigen Angeboten – zum Beispiel im AG-Bereich –
fanden.
Nun sollte es darum gehen, zum einen
vorhandene und künftige Projekte und
Entwicklungslinien miteinander in Einklang zu bringen, zum anderen unsere
Arbeitskraft unter einer gemeinsamen
Zielsetzung zielgerichteter, koordinierter und damit effektiver einzusetzen.
Was heißt das jetzt konkret für eine
Schülerin oder einen Schüler unseres
Gymnasiums?
Bereits in der Unterstufe wird großen
Wert auf das Thema „Lernen lernen“
gelegt. Dazu haben wir Jahrgangsteams im Kollegium eingerichtet, die
die Schülerinnen und Schüler in ihrer
Ganzheit fördern sollen. Eine Zusammenarbeit mit den Grundschulen ist
hierbei institutionalisiert worden.
Langfristiges Ziel soll ein einheitliches
Methodenkonzept für alle Jahrgangsstufen sein.
Im Rahmen des Konzepts der Mehrsprachigkeit wollen wir das bestehende Sprachenzentrum an der Lichtenbergschule ausbauen. Hier wird seit
Jahren im Fach Russisch auch externen
Schülerinnen und Schülern Unterricht
und Abiturprüfung angeboten.
Im Sinne selbstgesteuerten Lernens
und der Selbsteinschätzung haben wir
seit Beginn der Schuljahres 2001/02
das Sprachenportfolio flächendeckend
in Klasse 5 eingeführt. Im Wahlpflichtunterricht der Mittelstufe bieten wir
bilingualen Unterricht zur Zeit in zwei
Naturwissenschaften an. Dieses Konzept soll auf sozialwissenschaftliche
Fächer erweitert werden. Durch eine
geänderte Fremdsprachenfolge ist es
nicht zuletzt möglich, in der Jahrgangsstufe 11 Spanisch neu zu erlernen und
darin Abiturprüfung zu machen.
Internationales Lernen darf sich jedoch
nicht nur auf das Erlernen von Fremdsprachen beschränken. Ein weiterer
Schwerpunkt unseres Europaschulprogramms liegt im Bereich des interkulturellen Lernens.
Dazu gehören für uns die bewährten
Austauschprogramme mit Ungarn,
Wisconsin (USA), Schottland und
Frankreich, aber auch neue Konzepte
internationaler Begegnung, wie zum
Beispiel unser Kontakt zur American
Middle School Darmstadt oder der
Kibu-Secondary-School in Tansania. Im
Bereich des Sports werden Sportarten
anderer Länder vermittelt und erlebt.
Soziales Lernen muss aber auch täglich
praktiziert und geübt werden. Hierzu
seien stellvertretend jeweils ein Projekt
der Schüler- und der Lehrerschaft genannt. Durch eine Weiterbildung im
Bereich der Mediation versucht das
Kollegium dieses Lernziel im Alltagsleben der Schule zu unterstützen, die
Schülerinnen und Schüler nennen ihr
Projekt „Lebensraum Schule“.
Ein großer Schwerpunkt unseres Europaschulprogramms liegt zunehmend
im Methodenlernen. Die neuen Medien und ihre Beherrschung sind im
Wahlpflicht- und AG-Bereich zu finden,
halten aber auch verstärkt Einzug in
den Regelunterricht. Grundlagen wissenschaftspropädeutischen Arbeitens
werden in Projekten wie „Schulnetz“,
„Info-Schul – Das Riff“ und nicht zuletzt in der Zusammenarbeit zwischen
Schule und Hochschule („Rent a Prof“)
gelegt. Die Facharbeiten der Klasse 10
bereiten die Arbeit in der Oberstufe vor.
Durch ein reiches kulturelles Schulleben
wird die Ausdrucksfähigkeit der Schülerinnen und Schüler gefördert. Dies
findet bei Konzerten, Schultheateraufführungen und in Projekten wie „Schulzeitung“,„Informierte Schule“ und
„Kreatives Schreiben“ statt.
Wo kann man all das bestaunen? In der
Galerie der Lichtenbergschule, einem
neu geschaffenem Kommunikationszentrum im Eingangsbereich unseres
Gymnasiums.
Schaut doch mal vorbei!
J. Borges; B. Volk-Heiser
Studien- und Berufsorientierung
(SBO)
Seit mehr als zehn Jahren führt die
Lichtenbergschule ein Projekt durch,
dem sie den Namen „Studien-und
Berufsorientierung“ (SBO) gegeben
hat. Es entstand in Zusammenarbeit
mit Eltern (gleichzeitig Vertreter der
Wirtschaft), Lehrern, Schülern und dem
Arbeitsamt Darmstadt. Die SBO wendet sich gezielt an alle Schüler und
Schülerinnen der Jahrgangsstufe 11, um
ihnen bei ihrer Studien- und Berufswahl
behilflich zu sein.
Die Lichtenbergschule war eine der
ersten Schulen in Hessen, die dieses
Angebot einem ganzen Oberstufenjahrgang unterbreitete. Heute bieten
viele Schulen das Projekt teils verän-
dem Abitur aufgezeigt. BIZ-Computer helfen, persönliche Interessen
einzuschätzen und mit einem Berufswunsch abzustimmen. Ca. 900 Informationsmappen stellen ausführlich
einen Beruf dar und geben Auskunft
über seine Anforderungen. Videofilme, Hörprogramme, Bücher und
Zeitschriften bieten ein breites
Spektrum zum Thema Berufe und
Berufswahl.
dert teils unverändert an.
Die „Erfinder“ der SBO wiesen dem
Projekt bewusst einen Platz in der
Oberstufe zu:
• Sie wollten nicht einfach die gängigen Betriebspraktika in der Jahrgangsstufe 9 imitieren,
• Nur wenige Schüler verlassen nach
der 10.Klasse ein Gymnasium,
• Wissenschaftliche Studien belegen,
dass sich Gymnasiasten erst mit
16/17 Jahren ernsthaft mit ihrem
zukünftigen Beruf befassen.
Informationsmaterial zur Studienund Berufswahl wird ausgegeben.
Die Veranstaltung findet gruppenweise mit den Gemeinschaftskundekursen statt. Am Nachmittag bietet
das BIZ ein Bewerbungstraining an.
Die Schüler erfahren, wie man z.B. ein
Bewerbungsschreiben verfasst, wie
man sich in einem Bewerbungsgespräch verhält.
Das Neuartige an der SBO der Lichtenbergschule war, dass Informationsveranstaltungen mit Betriebsbesichtigungen und einem Betriebspraktikum
verknüpft wurden.
Ablaufschema:
Die SBO besteht aus vier Phasen:
1. Phase
a) Ganztägige Grundinformationen,
die das Arbeitsamt Darmstadt im
BIZ (Berufsinformationszentrum)
durchführt. Hier werden den Schülern Möglichkeiten und Wege nach
b) Information über Berufsbereiche
Vertreter des Arbeitsamtes, der Bundeswehr, des Zivildienstes, der Polizei, einer Sprachenschule kommen
in die Schule und geben Auskunft
(siehe Tabelle).
Themenorientierte Gruppeninformation
zeit
raum 1
raum 2
raum 3
raum 4
1. und 2.
Stunde
Ingenieurberufe
Soziale Berufe
Kaufmännische
Berufe,Wirtschaftswissenschaften
Bundeswehr
Zivildienst
Auslandsdienst
3. und 4.
Stunde
Fremdsprachenberufe, Journalistik
Gestalterische
Berufe
Naturwissenschaften
Polizeidienst
5. und 6.
Stunde
Datenverarbeitung
Mathematik
Rechtsberufe
Medizinische Berufe
Sprachenschule
Berlitz
[ 60 · 61 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
2. Phase: Berufserkundung im Betrieb
(2Tage)
Jeder Schüler besucht an einem Tag
mindestens einen Betrieb, ausgewählt
aus dem Angebot des Arbeitsamtes.
Über zwanzig Betriebe stehen zur
Auswahl, u.a. die Merkur-Akademie,
Fa. Wella, Fa. Schenck, Fa. Merck, das
Jugendamt, das Polizeipräsidium, Radio
FFH, das Elisabethenstift, das Finanzamt, das Amtsgericht , das Darmstädter Echo, die Sparkasse Darmstadt.
3. Phase: Betriebspraktikum
(zwei Wochen)
Die Schüler suchen sich den Betrieb
selbst aus. Das Praktikum liegt vor den
Osterferien, so dass es in die Ferien hinein verlängert werden kann. Auf einhelligen Wunsch der Schülerschaft erstreckt sich das Praktikum im Schuljahr
2001/2002 erstmalig über 14 Tage.
Über das Praktikum ist ein Bericht anzufertigen, dessen Bewertung in die
Gemeinschaftskundenote eingeht. Die
drei besten Berichte eines Jahrgangs
werden prämiert.
4. Phase: Nachbereitung im
Gemeinschaftskundeunterricht
Gemeinsam mit ihren Gemeinschaftskundelehrern der Jahrgangsstufe 11, die
sie während des gesamten SBO-Projek-
tes begleitet haben, unterziehen die
Schülerinnen und Schüler das gesamte
Projekt einer kritischen Betrachtung.
Bildungspartnerschaft zwischen
der Lichtenbergschule und der Fachhochschule Darmstadt
Unser Ziel ist, die Studien- und Berufsorientierung der LuO zu optimieren.
Seit sechs Jahren hält Prof. Dr. Volker
Wiskamp, an der Fachhochschule
Darmstadt zuständig für die Studienanfänger im Fachbereich Chemische
Technologie, engen Kontakt zur
Lichtenbergschule.
Die Lichtenbergschule versucht seit
dem Jahr 2000, die SBO auf das
Ausland auszuweiten. Unser Ziel ist,
zunächst Kontakte zu französischen
Unternehmen zu knüpfen, um internationale Betriebspraktika für die Lichtenbergschule zu initiieren. Frankreich
wurde gewählt, weil es innerhalb der
EU der wichtigste Handelspartner
Deutschlands ist.
Wir bemühen uns, fünf bis zehn Schüler/innen an französische Firmen zu
vermitteln. Seit August 2000 wurde
telefoniert und viele Briefe wurden geschrieben, u.a. an das Büro für Städteverschwisterung der Stadt Darmstadt.
All diese Bemühungen blieben bis jetzt
ohne Erfolg. Immer wieder wurde an
andere Stellen verwiesen und betont,
man habe keine Möglichkeiten, Schülern ein Praktikum bereitzustellen.
Im Schuljahr 2001/2002 wählen wir
einen anderen Ansatz. Nachdem die
Zahl der Interessenten an einem Praktikum in Frankreich festgestellt worden
ist (ca. sechs), hoffen wir mit Hilfe des
Büros für Städteverschwisterung der
Stadt Darmstadt und der Sprachenschule Berlitz, einige Praktikumsplätze
anbieten zu können.
J. Kratzert
Er gibt dort regulären Chemieunterricht (siehe Foto 1) und führt die jüngeren Jahrgänge, die noch keine Chemie
lernen, spielerisch an das Fach heran.
Er hält Hochschulvorlesungen im Klassensaal und lädt die Älteren zum Probestudium an die Fachhochschule ein,
nicht nur, um sie zu einem Studium an
seinem Fachbereich zu motivieren, sondern auch, um ihnen Informationen
darüber zu geben, welche Anforderungen ein Studium stellt, damit spätere Enttäuschungen und mancher
Studienabbruch vermieden werden
(siehe Teilnehmeräußerungen rechts).
Ein besonderes Anliegen von Wiskamp
ist es, den Schülern zu vermitteln, wie
praxisorientiert die Chemie sein kann
und entsprechend an der Fachhochschule unterrichtet wird. Dass Farben
aus der Chemiker-Küche (siehe Foto 2)
unser tägliches Leben verschönern und
dass es über Kosmetikprodukte (siehe
Foto 3) aus dem Blickwinkel der Chemie
[ 62 · 63 ]
Äußerungen dreier Teilnehmer am Probestudium Chemische
Technologie, 1999
„Ich wollte einfach mal ausprobieren, wie das Leben und die Stimmung an
einer Fachhochschule sind, nicht unbedingt etwas lernen. Für mich war es eine
interessante Erfahrung, einmal in einer Vorlesung zu sitzen und auch, dass
ich in dem englischen Vortrag mehr verstanden habe, als ich dachte. Auch
das Gespräch mit den Studenten in der Mensa fand ich sehr wichtig. Obwohl
ich den Stoff für die Abschlussklausur nicht gelernt habe, wurde mir trotzdem
klar, dass Studieren an der FH Arbeit bedeutet, aber auch sehr viel Spaß.“
„Ein unerwarteter Eindruck, dass selbstständiges Erarbeiten sogar Spaß
machen kann.“
„Erwartungen vorher: kaltes Klima, orientierungsloses Rumgesuche;
Vorlesungen, bei denen man nichts versteht; schlechtes Essen in der Mensa.
Im Nachhinein: Alle Befürchtungen waren umsonst; gut organisiert, gut
betreut, sehr gutes Essen, i.a. verständliche Vorträge der Professoren.“
1: DIE CHEMIE STIMMT: FH-Professor Volker Wiskamp (rechts) mit den Gymnasiasten Alexander Tischbirek, Saskia Schug und Julia Weitzel (von links)
viel zu sagen gibt, wird in Projekten wie
„Wir modellieren die Farbstoffindustrie“
oder „Chemie und Gesundheit“ deutlich, die Wiskamp im Rahmen der jährlichen Themenwochen an der Lichtenbergschule angeboten hat.
Nicht minder wichtig ist es dem Fachhochschul-Dozenten, dass die Schüler
die Chemie auch kommunizieren können. So lernten die Teilnehmer einer
Arbeitsgemeinschaft „Schreiben und
Vortragen in der Chemie“ Techniken,
die sie im Studium gebrauchen können
– wie man einen fesselnden Vortrag
hält oder ein Poster für Tagungen vorbereitet.
Auch in der Hochbegabten-Förderung
ist Wiskamp aktiv, in Zusammenarbeit
mit der Kinder- und Jugendakademie
Südhessen. Besonders befähigte Schüler können sich ein halbes Jahr jeweils
freitags vom normalen Unterricht
befreien lassen und dafür an der Fachhochschule spezielle Projekte durchführen. In den Chemiekursen gründen
sie beispielsweise eine „virtuelle
Chemiefirma“ oder erleben die Chemie
als Kulturwissenschaft.
Da Englisch die internationale Sprache
der Wissenschaft und Technik ist und
auch in der Lehre an der Fachhochschule
vermehrt Einzug hält, baut Wiskamp gelegentlich englischsprachige Elemente
in seine Veranstaltungen ein. Dadurch
werden Berührungsängste der Schüler
mit der Fremdsprache abgebaut.
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Bei den Schülern ist Wiskamps bisheriges Gastspiel gut angekommen, und
auch Wiskamp profitiert davon für seine Arbeit an der Fachhochschule. Er
kann jetzt viel besser einschätzen,
welche fachlichen Vorkenntnisse seine
Studierenden haben und welche Lernstrategien sie besitzen.
2: Kunstwerke aus der Chemiker-Küche
Er hat auch eine plausible Erklärung
dafür, warum sich so wenige Schüler
für Naturwissenschaften begeistern,
was zu dem derzeit allenthalben laut
beklagten Nachwuchsmangel auf diesem Gebiet führt: Die Schule ist ein
Tauschgeschäft ( kurzfristig eingepauktes Wissen gegen eine gute Note in einer Klassenarbeit. Leider ist das Wissen
nicht beständig, es wird sofort wieder
vergessen. Für die Naturwissenschaften ist diese Schüler-Überlebensstrategie aber denkbar ungünstig, denn die
Naturwissenschaften machen kontinuierliches und geduldiges Arbeiten erforderlich.
Umso wichtiger ist es, die Motivation
der Schüler immer wieder anzuschubsen. Deshalb ist die Zusammenarbeit
zwischen der Lichtenbergschule und
der Fachhochschule Darmstadt langfristig angelegt. Mit einbezogen wurden
inzwischen auch der Arbeitskreis Schule/Wirtschaft des Unternehmerverbandes Südhessen mit dem Programm
Rent-A-Prof sowie die Firma Merck.
Chemiedidaktische Journale haben
mehrere Berichte von Wiskamp über
seine schulischen Arbeiten publiziert,
um sie einem größeren Interessentenkreis vorzustellen – in der Hoffnung
auf Nachahmer.
Prof. Dr. Volker Wiskamp
3: Faszinierende Chemie der Kosmetikprodukte
Internationaler Workshop an der
Lichtenbergschule
Im Rahmen des Comeniusprogrammes,
das Kontakte zu Schulen in Portugal,
Spanien, Irland, Polen und Frankreich ermöglicht, wurden ausgesuchte Schüler
dieser Länder an die Lichtenbergschule
eingeladen, um an einem einwöchigen
Kurs über das Rhein-Main-Gebiet teilzunehmen. Gelingen konnte dieser
Workshop nur in Zusammenarbeit mit
Schülern der Schule, die die ausländischen Gäste beherbergten und selbst,
soweit sie dies mit ihrer schulischen
Arbeit vereinbaren konnten, an diesem
Kurs teilnahmen.
Vom 20. – 27. Oktober 2001 fand nun
zum ersten Mal dieser Kurs statt, in
englischer Sprache, da diese von allen
Schülern am besten beherrscht wird
und außerdem Verkehrssprache in der
ganzen Welt ist. Im Laufe dieses
Workshops fuhren die Gäste nach
Frankfurt , Mainz, dem Kühkopf (Bsp.
eines Naturschutzgebietes) und natürlich kamen auch die Stadt und die
Geschichte Darmstadts nicht zu kurz.
Qualifizierte Führungen in englischer
Sprache, Erleben der Natur am Kühkopf
beim Paddeln und intensiver sprachlicher Austausch mit den deutschen
Schülern brachte ihnen das Rhein-MainGebiet nahe. Darüber hinaus wurden
enge persönliche Kontakte geknüpft,
die zu gegenseitigen Besuchen führen
werden. Abschließend wurde von jeder
Gruppe ein schriftlicher Bericht erstellt,
der die Resultate dieses Besuches festigen und vertiefen sollte.
Internationaler Workshop
Die Lichtenbergschule hat somit als
Europaschule einen wichtigen Schritt
in die Zukunft des Kontinents Europa
unternommen, indem sie Jugendliche
verschiedener Nationen in entspannter
Atmosphäre zu gemeinsamem Lernen
und Erleben zusammenbrachte. Auf
Grund der äußerst positiven Resonanz
der Teilnehmer wird dieser Versuch in
den nächsten Jahren wiederholt
werden.
W. Conrad/M. Hiemenz
Science across Europe –
Ein Blick über den Tellerrand
Weil sich die Länder Europas immer
mehr nähern, ist es wichtig, das
Bewusstsein unserer Schülerinnen und
Schüler für die Ansichten und Werte
in anderen Gesellschaften zu wecken –
dies gilt in besonderem Maße für eine
Europaschule. Viele Probleme, mit denen wir konfrontiert werden, wie die
Qualität des Wassers, die Energieversorgung, unsere Ernährung und unsere
Gesundheit, sind von allgemeinem
Interesse und führen zu wissenschaftlichen Auseinandersetzungen. Die
Ansichten zu diesen Problemen können jedoch von Land zu Land und von
Region zu Region unterschiedlich sein,
abhängig von den jeweiligen
Bedürfnissen und Voraussetzungen.
Der Kern dieses Programms besteht
daher im Austausch von Informationen, Daten und Ansichten zu kon-
kreten Themen. Diese befassen sich
mit dem Energieverbrauch zu Hause,
mit erneuerbaren Energien in Europa,
mit Trinkwasser, mit Auswirkungen einer globalen Erwärmung und vielem
mehr. Eine große Anzahl von Einzelinformationen aus mehreren Ländern
fügt sich so zu einem Gesamtbild. Der
Austausch der Daten geschieht über
das Internet, ebenso eine gemeinsame
Analyse der Ergebnisse. Auf diese Weise
werden Probleme aus europäischer
Perspektive beleuchtet und in einen
größeren Kontext gebracht.
Die Schülerinnen und Schüler bekommen bei diesem Angebot (zunächst in
Form einer Arbeitsgemeinschaft) die
Gelegenheit, fächerverbindend und
mit weit entfernten (nicht nur) europäischen Mitschülern an einem gemeinsamen Projekt zu arbeiten – und
nebenher Fremdsprachen zum Leben
zu erwecken.
Thomas Schmidt
[ 64 · 65 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Themenwoche an der LuO
Die Themenwoche, heute Bestandteil
des (Europa-)Schulprogrammes, entstand vor vier Jahren nach intensiver,
anhaltender Initiative der Eltern.
Welche Bereicherung des Schulalltages
war gewünscht?
Wandgestaltung Juli 1998
Die Schüler sollen sich in Kleingruppen
klassen- und jahrgangsübergreifend
mit einem – von ihnen gewählten –
Thema beschäftigen, und zwar zusammenhängend. Nach vier Tagen Arbeit
werden am fünften Tag die Ergebnisse
der Schulgemeinde präsentiert. Die
Themen können fächerübergreifend
sein, dem Bereich Methodenlernen zuzuordnen sein, soziale und handwerkliche Aspekte, Beziehungen zu Umfeld
und Umwelt oder gar interkulturelles
Lernen in den Mittelpunkt stellen.
Was unterscheidet nun unsere Themenwoche von anderen?
Zunächst wird die Planung und Durchführung von einem Organisationsteam
aus Lehrern, Eltern und Schülern durchgeführt. Für ein vielfältiges, kompetent
fundiertes Kursangebot sorgen nicht
nur Lehrer, sondern auch Schüler mit
eingebrachten außerschulischen
Domänen, Eltern mit ihren Erfahrungsund Wirkungsbereichen und externe
Fachleute. Dank dieser Gemeinsamkeit
ist ein quantitativ und qualitativ
äußerst bemerkenswertes Kursspektrum für die Schüler entstanden, hier
eine kleine Auswahl:
• Kernenergie für Europa
• Jugendstil im internationalen Vergleich
• Steine sprechen – römische Inschriften
• Web-Design
• Mit Ikarus und Co ins 21. Jahrhundert
• Modelle der Menschen in der europäischen Psychologie
• Flagfootball
• Astronomie
• Philosophie für Neugierige
• Origami – Kunstwerke aus Papier
• Schwedisch für Anfänger
• Selbstbehauptung und
Selbstverteidigung
• Sicherheit und Administration im
Schulnetz
• Vom Buchdruck zum Internet
• Rope-Skipping
• Chemie, direkt um uns herum
• Wie eine Werbekampagne entsteht
• Schulkonflikte managen
• Varus, Varus, gib mir meine Legionen
wieder
• Hip Hop / Boygroup dance
• Vegetarische Küche
• Afrika – der dunkle Kontinent
• Pen und Paper
• Rollenspiele
• Medium Radio:
Wir machen Schulradio
• Creative Writing and Acting
• Luftfahrt/Segelfliegen
Bereits die erste nach diesem Konzept
im Schuljahr 1998/1999 durchgeführte
Themenwoche war ein voller Erfolg.
Schüler und Lehrer erlebten eine
äußerst positive Woche am Schuljahresende. Dies führte unmittelbar zum
Start der Vorbereitungen der nächsten
Themenwoche für das Ende des Schuljahres 1999/2000. Der erneute Erfolg
ermutigte zu Variationen: Kopplung
der meisten Kursthemen an das Motto
„Europa“ und zeitliches Abrücken vom
Schuljahresende. Die gewählte zeitliche Parallelisierung mit den Studien-
und Austauschfahrten im Frühherbst
des Schuljahres 2000/2001 – gleichbedeutend mit einer Vorbereitungsphase
über den Schuljahreswechsel hinweg –
bewährte sich nicht. So laufen die Vorbereitungen für die Themenwoche dieses Schuljahres bereits für das aktuelle
Schuljahresende, das Motto wird die
Visionen einer Schulentwicklung andeuten:
„LuO international“.
Dr. Astrid Wiemann
[ 66 · 67 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Aus den Anfängen
Schulpartnerschaft zwischen der „Junior
Highschool“ und der LuO
Der Initiative und dem persönlichen
Einsatz des amerikanischen Lehrers Carl
darin eingebundenen Vertrauenslehrer
Seip und Weißert mit der Wahrnehmung dieser Partnerschaft. Die Schulsprecher der LuO – zunächst Alexander
Pfeiffer, später Herbert Eifert, dazu die
beiden Vertauenslehrer und die Vertre-
Lehrer der LuO in der Junior Highschool
und dafür amerikanische Lehrer hier
bei uns.
Absolute Höhepunkte der Zusammenarbeit der Schulen aber waren unbestreitbar die „Talent-Shows“. Im ameri-
Großer Aufmarsch – Ansage durch Vertrauenslehrer Bley, Talentshow ‘68
kreises. Dann begannen die vielen so
unterschiedlichen Darbietungen eines
dreistündigen Programms. In einem
kleinen Beiheft dazu war im Vorwort
zu lesen:
WELCOME
The program being presented is
under the sponsorship of the
American School Darmstadt, with
the cooperation of the Lichtenberg School. This is just one of the
varied programs conducted by
the two schools. It is through
such programs, that we hope to
develop a better understanding
Zufriedene Mienen – Mr. Lane im Gespräch mit Herrn Bley
between the youth of both the
W. Lane jr. war es zu verdanken, dass in
den 60er und auch noch zu Beginn der
70er Jahre eine recht intensive Partnerschaft zwischen zwei Schulen in Darmstadt, der amerikanischen „Junior Highschool“ in dem Lincoln-Village und
unserer „Lichtenbergschule“ bestand.
In einem Gespräch, in dem er seine
Konzeption vorstellte, hatte Mr. Lane
den damaligen Direktor der LuO, Dr.
Wiegand, für ein solches Vorhaben gewinnen können. Dieser betraute daraufhin im September 1966 die SMV
(Schülermitverantwortung, Vorläufer
der heutigen SV) seiner Schule und die
ter der amerikanischen Seite mit vor
allem Carl Lane bildeten in der Folge
ein gut arbeitendes und harmonisierendes Team, das das „Programm zur
Förderung freundschaftlicher Beziehungen zwischen deutschen und amerikanischen Schülern“ weiterplante
und dann auch umsetzte.
Da gab es dann Unterstufenfeste in
der LuO, einen Tanzabend für die älteren
Schüler in der amerikanischen Schule,
gemeinsame Weihnachtsfeiern, Sportveranstaltungen, die unvergessenen
Picknicks auf einem Armeegelände bei
St. Stephan, Begegnungen zwischen
einzelnen Klassen und schließlich auch
einen Schüler- und Lehreraustausch.
Bei diesem besuchte eine Reihe von
Schülern die jeweils andere Schule,
dazu unterrichteten an einem Tage
kanischen Erziehungssystem eine feste
Größe, waren sie damals für uns SüdBessunger etwas völlig Neues: Schüler
beider Schulen traten in einer Art
Varieté-Schau erstmals gemeinsam in
der Öffentlichkeit auf und boten ihr
Können im künstlerischen oder auch
sportlichen Bereich dar. Der erste derartige Wettbewerb, in der LuO-Aula
noch im Dezember 1966 an zwei Abenden vor jeweils vollem Haus durchgeführt und von einer hochkarätigen Jury
bewertet, begann mit den Hymnen
beider Völker und dem Verlesen von
Grußbotschaften, so vom US-Botschafter in Bonn, vom Hessischen Kultusminister, vom Oberbürgermeister
Darmstadts und dem Landrat des Land-
Dieses Motto „ Freundschaft durch
Verständnis“ (oder besser: durch Verstehen) bestimmte auch in den folgenden Jahren diese Schulpartnerschaft.
Auf der LuO-Seite waren dann aber
damit andere SMV-Delegierte und
Darmstadt community and the
American community. For this
reason we have selected the
motto:
WILLKOMMEN
Titelbild des Talentshow-Heftes ‘68
Unser heutiges Programm, bei
dem Schüler der LichtenbergSchule mitwirken, steht unter der
Schirmherrschaft der Amerikanischen Schule Darmstadt. Diese
Aufführung ist nur eine von verschiedenen gemeinsamen Veranstaltungen der beiden Schulen.
Wir hoffen, durch diese Zusammenarbeit das Verständnis zwischen der amerikanischen und
der deutschen Jugend verbessern
zu können. Für unser gesamtes
Programm haben wir als Motto
„FRIENDSHIP THROUGH UNDER-
Schulsprecher, aber auch andere Vertrauenslehrer: Bley, Spuck, Zahrt, …, befasst. Der Motor der langjährigen Schulpartnerschaft war weiterhin Mr. Lane.
Als dieser dann aber anfangs der 70er
Jahre versetzt wurde, kam nach einiger
gewählt:
STANDING“
„FREUNDSCHAFT DURCH
VERSTÄNDNIS“
Zeit die Zusammenarbeit zwischen den
beiden Schulen und ihrer Schülerschaft
zum Erliegen.
Die 5 bis 6 Jahre einer intensiven
Partnerschaft aber waren für beide
Schulen und die an ihrer Umsetzung
Beteiligten sehr fruchtbar gewesen.
Besonders wir von der LuO haben
dafür „unserem Carl“ zu danken.
Zuletzt war er „assistant principal“ an
einer Schule in Frankfurt und im Taunus
ansässig. 67 jährig starb er 1996.
Volkmar Weißert
[ 68 · 69 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Biologie in englischer Sprache unterrichtet – ein Schulversuch an der LuO
Die Idee dazu hatte damals unser stellvertretender Direktor, Karl von der Au.
Und Mr. Lane, Biologie-Lehrer an der
amerikanischen Schule in dem Darmstädter Lincoln Village und guter Geist
der Partnerschaft unserer beiden Schulen, war sofort Feuer und Flamme. Ihn
hatte Karl von der Au nämlich dazu
ausersehen, einen derartigen Unterricht an der LuO zu halten. Als dann
auch noch das Hessische Kultusministerium mitmischte, konnte etwas für
die damalige Schullandschaft völlig
Revolutionäres und wohl auch Einmaliges Gestalt annehmen: An der
Lichtenbergschule wurde das Fach Biologie einige Jahre lang in einigen Klassen bzw. Lerngruppen der Obersekunda
in englischer Sprache unterrichtet.
Carl Lane übernahm diesen erstmalig
im Schuljahr 1969/70 laufenden Unterricht, von Wiesbaden als Schulversuch
genehmigt, zusätzlich zu seiner Tätigkeit an der hiesigen amerikanischen
Schule. Aus rechtlichen Gründen wurde ich ihm als deutscher Fachkollege
zunächst noch zu diesem teilweise
epochal gehaltenen Unterricht zuge-
ordnet. Allein schon das gemeinsame
Vorbereiten dieser Biologiestunden
verschlang viel Zeit, galt es doch, in
Ermangelung eines geeigneten Lehrbuchs jeweils Arbeitspapiere in
Englisch abzufassen und dann auch zu
vervielfältigen (zu der Zeit gab es an
der LuO noch kein Kopiergerät!), die
den Schülern Hilfestellung in einem
solchen, völlig ungewohnten Unterricht geben konnten.
An diesem „Biologie-Unterricht auf
Englisch“ nahmen zu Beginn die sprachlichen Obersekunden (heute Klassenstufe 11) im Klassenverband teil. Das
war lange vor der Einführung der gymnasialen Oberstufenreform. Daher war
im zweiten Jahr des Schulversuchs
auch noch das modifizierte Verfahren,
in dieser Klassenstufe sich für die Teilnahme am Biologie-Unterricht mit
deutscher oder englischer Unterrichtssprache entscheiden zu können,
für die Schüler etwas ganz Neues. Viele
von ihnen haben sich damals im zweiten und auch noch im dritten Jahr des
laufenden Schulversuchs für Englisch
als Unterrichtssprache entschieden
und dadurch auch ihre Sprachkenntnisse verbessern können.
Im Unterricht galt es zunächst, mit
Hilfe der Texte in den Stundenpapieren
ein Fachvokabular zu erarbeiten,
dessen Beherrschen erst ein Beteiligen
am nachfolgenden Unterrichtsgespräch
ermöglichte. Begünstigt wurde diese
Schulversuchsphase durch eine von
Mr. Lane zur Verfügung gestellte große
Handbibliothek englischsprachiger
Biologiewerke. Jeder Schüler hatte
nämlich im Laufe des Jahres „ExtraReading“ zu betreiben und auf einer
Kartei-Karte nachzuweisen. Dazu waren, ebenfalls unter Verwendung dieser
Fachbibliothek und wohl auch erstmals
bei einer solchen Tätigkeit unter Markierung verwandter Textstellen mit „footnotes“, kurze Abhandlungen (term-papers) zu biologischen Aspekten zu
schreiben. Mehrfach wurde der Lernfortschritt der gesamten Gruppe aber
auch schriftlich getestet. Das hier geschilderte Verfahren war damals die
Arbeitsweise in einer amerikanischen
vergleichbaren Schule, allerdings stark
vereinfacht und auf die Verhältnisse eines Schulversuchs an der LuO zugeschnitten.
Wie sehr durch einen anfangs so ungewohnten Fachunterricht Förderung
möglich wurde, zeigt die Tatsache, dass
im zweiten Jahr auf Antrag mehrerer
Schüler, die im ersten an diesem Biologie-Unterricht teilgenommen hatten,
eine Arbeitsgemeinschaft „Discussion
in English about Scientific Knowledge“
ebenfalls mit Mr. Lane zustandekam.
Nach dem dritten Jahr allerdings musste der bis dahin so positiv verlaufene,
so einmalige Schulversuch an der LuO
beendet werden, Mr. Carl W. Lane jr.
wurde nämlich zum Bedauern seiner
deutschen Schüler und der gesamten
Schulgemeinde an eine andere amerikanische Schule in Norddeutschland
versetzt.
Volkmar Weißert
6.2 schüleraustausch
Austausch Chesterfield 1988 – 1989
Durch Vermittlung von Herrn Johannes
Mitterle, der Kontakte zum Lyons Club
Chesterfield hatte, kam im Sommer
1988 ein Austausch mit der Manor Community School in Chesterfield zustande. Dem Direktor der Schule, Mr King,
– auch er Lyons Mitglied – war sehr an
dem Austausch gelegen und es gelang
ihm, zwanzig deutsche Schülerinnen
und Schüler in Familien in Chesterfield
unterzubringen, obwohl nur sechs englische Schülerinnen und Schüler zu uns
kommen konnten. Hauptverantwortlich für den Ablauf in Chesterfield war
die Leiterin des German department,
Joan Watson.
An der Lichtenbergschule organisierten
Frau Brigitte Volk-Heiser und Frau
Rigmor Podack den Austausch. Am
02.07.1988 flogen wir mit unseren Schülerinnen und Schülern nach London,
wo wir mit einem von dem Lyons Club
gecharterten Bus nach Chesterfield gebracht wurden. Zwei herrliche Sommerwochen verbrachten wir mit landeskundlichem Schwerpunkt in der
wunderschönen grünen Landschaft
des ehemaligen Coal District und des
Derwent Water. Die Gastfreundschaft
der englischen Familien ist uns ganz
besonders in Erinnerung geblieben.
Die englischen Gäste waren in der Zeit
vom 29.06. bis 09.07.1989 in Darmstadt.
Mr und Mrs King wohnten bei unse-
rem damaligen Direktor Hans Werner
Schneider. Herr Christoph Ganß war für
das vielfältige Programm in Darmstadt
zuständig, das mit einem Grillfest auf
dem Rasen zwischen dem Altbau und
der neuen Turnhalle beendet wurde.
Chesterfield
Mrs Watson besuchte nochmals Frau
Podack eine Woche im Sommer 1991,
dieses Mal mit ihrer Familie. Einige unserer Schülerinnen und Schüler pflegen
noch heute Kontakte zu ihren Gastfamilien.
Leider konnte dieser so vielversprechend
begonnene Austausch nicht fortgesetzt
werden, da bereits im Herbst 1989
Direktor King die Manor School verließ.
Die Schule sah sich nicht mehr in der
Lage, den Austausch fortzusetzen.
Rigmor Podack
Schottlandaustausch
Eine dauerhafte Partnerschaft zwischen der LuO und einer britischen
Schule war seit Jahren von Schülerund Elternschaft gewünscht worden.
Private Kontakte von Frau Dr. Grassmann-Fry zu Mr. Peter McAvoy, dem
Schulleiter der Islay High School in
Bowmore auf der schottischen Hebrideninsel Islay, führten seit April 1995
zum Aufbau einer Schulpartnerschaft
als einem der ersten Europaprojekte
unserer Schule.
Der erste Austausch fand im Mai 1996
unter der Leitung von Frau Dr. Grassmann-Fry und Frau Würges statt. Für
die Schüler beider Schulen handelte es
sich um einen Kulturschock, der nicht
größer hätte sein können: eine kaum
4000 Einwohner zählende, an Naturschönheiten reiche, am Rande Europas
gelegene Insel mit ihrem täglich von 2
kleinen Maschinen angeflogenen
Airport und ihrer von ca. 300 Schülern
besuchten Gesamtschule und unser im
Ballungszentrum Rhein-Main im
Zentrum Europas gelegener Schulgigant. Und so bereiteten die 22 Lichtenberg-Schüler im Anschluss an die Austauschfahrt an 2 Projekttagen ihre
Begegnungen und Erfahrungen mit
der gälischen Inselkultur auf. Das Ergebnis war eine Dokumentation der Fahrt
in Form von Berichten, Analysen, Fotos
[ 70 · 71 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Crieff High School
Peter McAvoy (Schulleiter)
und Videofilmen, die anlässlich eines
Abschlussabends im September 1996
den Eltern präsentiert und anschließend der Schulgemeinde in einer
mehrmonatigen Ausstellung zugänglich gemacht wurde. Alle Beteiligten
waren sich einig darin, dass wir dem
Europagedanken ein Stück näher gekommen waren.
Für 1997 wurde von schottischer Seite
eine Besuchspause gewünscht, da die
Schule auf Islay im Jahr zuvor ein Zehntel ihrer Schülerschaft für den Austausch mobilisiert hatte. Seine Versetzung auf das schottische Festland im
darauffolgenden Jahr sah Mr. McAvoy
noch als Hindernis für eine Fortsetzung
des Austausches an: Er bot seine neue
Schule in Crieff am Fuße des Highlands
als Partnerschule an. Die Bedingungen
waren insgesamt für uns günstiger:
eine kürzere Anreise, eine größere
Schülerschaft (ca. 600) und das Angebot von Deutsch im Curriculum , das
auf Islay gefehlt hatte.
Partie war Donny, das schottische Original, der echte „native speaker“ mit
Kilt und allem, was dazu gehört, im
Gepäck und ansteckend guter Laune.
Mit ihnen zusammen machten wir
zahlreiche Exkursionen. Wir ließen uns
belehren über die Art, wie man Whisky
bereitet (die älteste Distillerie, Glenturret, ist nur eine Stunde zu Fuß von
Crieff entfernt), wir bewunderten das
schottische Blackface Schaf und die
Highlander Kuh und andere Prachtexemplare einheimischer Züchtungen
auf dem Auktionsmarkt in Perth, besichtigten eine historische Textilfabrik
in Dundee und sahen viele für die
schottische Nationalgeschichte wichtige Sights.
Zur Tradition geworden ist inzwischen
der Abschiedsabend mit schottischer
Musik und Highlandtänzen, die jeden
vom Stuhl holen und alle in schönster
Harmonie durcheinaner wirbeln lassen.
Barbara Breyer
Dr. Grassmann-Fry
USA-Austausch
Der erste Austausch mit der Partnerschule in Crieff fand 1999 statt.
Nachdem die schottischen SchülerInnen im Mai bei uns gewesen waren,
begleiteten Frau Podack und Frau Breyer 25 SchülerInnen aus den verschiedenen Klassen der Jahrgangsstufen 8
und 9 nach Crieff. In der dortigen High
School fanden wir eine besonders angagierte Kollegin in der Deutschlehrerin Jillian Chaleston, die nach wie vor
sehr zum Gelingen des Austausches
beiträgt. Von Anfang an mit von der
Als im Bereich der Partnerschaft
Wisconsin-Hessen auch Schulen die
Möglichkeit bekamen, Austauschprogramme aufzubauen, waren wir
von der LuO natürlich dabei. Mit der
Lutheran Highschool in Somers wurden Kontakte geknüpft und im Januar
1993 besuchte uns die erste Schülergruppe aus Wisconsin. Der Gegenbe-
McAvoy mit deutscher Gastschülerin
[ 72 · 73 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
such fand dann schon bald danach
eine Woche vor – und zwei Wochen in –
den Osterferien statt. Drei Wochen erlebten wir ein Amerika, das eben nicht
den Klischees entsprach. Unsere buntgemischte multikulturelle Gruppe traf
auf die Schulgemeinde einer strikt lutheranischen Privatschule, was sicher
zu vielen Gesprächen Anlass gab. Faszinierend war natürlich auch „windy
city“ Chicago. Man genoss die Tage und
als der Abschied kam, ließ man wirklich
Freunde zurück, auch wenn man sich
nach so viel Cola auf Mineralwasser,
nach so vielen Burgern auf etwas
„zum Schneiden und Kauen“ freute.
Nachdem durch diesen Austausch die
Basis gelegt war, ging es weiter im
Schneeballsystem: Nach der ersten
Betreuung durch Frau Würges und Frau
Dömel ging es dann weiter mit Frau
Dömel und Herrn Kärcher, Frau O’Neill,
Herrn Hohmann, Frau Orff, Herrn Bley,
Herrn Ganß und Frau Pfleger, wobei
man allerdings festhalten muss, dass
bei der oder dem einen der Schneeball
des öfteren kleben blieb.
Somers alleine genügte bei dem Ansturm durch die deutschen Schüler auch
bald nicht mehr und so kam dann noch
Fond du Lac mit in das Austauschprogramm, das doch jetzt schon auf eine
„Tradition“ zurückblicken kann. Auch
fand man andere attraktive Ziele .
Chicago mit seinen Wolkenkratzern
wich der Metropole New York.
Zwar wurde jetzt der Austausch 2001
wegen der schrecklichen Ereignisse in
NY und Washington verschoben, aber
wir hoffen doch, dass der Austausch
ungehindert weitergeht und dass wir
dann in zwei Jahren unser 10-jähriges
Jubiläum in einer friedlichen Welt
feiern können.
Brigitte Würges
Austausch
Marquise – Troyes – Boulogne
Seit über 25 Jahren bestehen zwischen
der Lichtenbergschule und französischen Schulen Kontakte, die zu intensiven, einmal jährlich durchgeführten
Austauschprogrammen führen. Insbesondere die Partnerschaft mit Marquise, einer Kleinstadt in der Nähe von
Boulogne, gestaltete sich sehr „familiär“
und deshalb sehr erfolgreich, weil die
Kontinuität durch die organisierenden
Lehrer gewahrt blieb und aus diesem
Grund ein persönlicher Bezug zustande
kam, der auch in Zukunft den Austausch
der 8. Klassen gewährleisten wird.
Einziges Problem bleibt die Abnahme
der Lernwilligen für das Fach Deutsch
in Frankreich, was zu einer Verminde-
Lutheran Highschool
rung der Schülerzahlen führte; dennoch werden wir uns bemühen, trotz
dieser Schwierigkeiten den Austausch
am Leben zu erhalten.
Für die Oberstufe bestand bis in die
80er Jahre eine jährlich durchgeführte
Fahrt nach Troyes, die aber mangels
Interesse von französischer Seite nicht
mehr stattfinden konnte. Erst vor zwei
Jahren wurde eine neue Verbindung
geknüpft zum Lycée Mariette in
Boulogne, die sich zur Zeit sehr erfolgreich entwickelt und auch in Zukunft,
soweit sich die Schüler und Kollegen
dafür engagieren, fortgeführt werden
kann. Etwa 20 – 25 Schüler nehmen an
diesem Austausch teil, für Marquise
sind es etwas mehr als 20.
Um die in der Schule erlernte Sprache
auch anwenden zu können, ist es
unbedingt nötig, dass die Schüler in
Verbindung treten zur anderen Lebens-
art und Kultur. Aus diesem Grunde
werden sie von uns, den Lehrern, auch
weiterhin motiviert, in möglichst großer Zahl an den Austauschprogrammen teilzunehmen.
Es ist immer wieder erfreulich festzustellen, dass einige Schüler durch diese
Kontakte zu einer andauernden
Freundschaft finden, die zu gegenseitigen privaten Besuchen führt. Damit ist
ein Ziel des Austausches gewährleistet,
nämlich Freundschaften zu schließen,
die das ganze Leben dauern können.
W. Conrad
[ 74 · 75 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Szia, Budapest!
„Na, wie, Ihr Ungarnurlauber, wieder
zurück? Wars schön? Und wir mussten
schaffen!“
Es war nicht immer leicht, diese Art
der Begrüßung nach der Rückkehr aus
Budapest trotz Müdigkeit und lahmem
Rückgrat nach 13-stündiger Bahnfahrt
mit lächelnder Gelassenheit zur
Kenntnis zu nehmen und einfach nur
mit „Ja, natürlich“ zu beantworten.
Irgendwie hatte sich das Image von
unbeschwertem Urlaub mit dem
Ungarnaustausch verbunden, warum,
das war uns schleierhaft. Vielleicht
hatten wir zu begeistert von Budapest
und Ungarn erzählt, zu euphorisch von
der Gastfreundschaft der Menschen
geschwärmt und den Stress, den wir
trotz allem immer hatten, zu wenig
nach außen gekehrt. Vielleicht war
aber auch die Art der Entstehung des
Kontakts zwischen dem Arpad-Gymnasium und der LuO einfach auf den
Kontakt selbst übertragen worden?
Der Fama zufolge war er nämlich das
Ergebnis einer Plauderei, wie die
Ungarn so schön sagen, bei einem
Kirchweihfest, zu dem Herr Knieß, ein
Ungarndeutscher aus St. Stephan in
Griesheim und damals 1986 an verantwortlicher Stelle in der Schulabteilung
des RP tätig, mit dem OB von Darmstadt,
Herrn Metzger, in seinen Heimatort
gefahren war. Man saß in gemütlicher
Runde mit dem Pfarrer und seinem
Sohn Herrn Liska, der gerade am ArpadGymnasium als Lehrer angestellt worden war, zusammen, aß, trank, unterhielt sich, nein, plauderte , und dann
entstand irgendwann die Idee:
Warum sollte man nicht einen Kontakt
zwischen dem Arpad-Gymnasium in
Budapest und einem Darmstädter
Gymnasium herstellen? Die Ungarn
könnten vor Ort deutsch lernen und
für Darmstadt wäre es ein Chance, eine
Partnerschaft mit einem osteuropäischen Gymnasium herzustellen, das
hatte man nämlich noch nicht!.
So einfach sich das in Kirchweihatmosphäre auch darstellte, in der Darmstädter Realität sah es doch etwas anders aus. Die Risikofreudigkeit der
Oberstudiendirektoren wurde eindeutig gebremst durch die Vorstellung,
Begegnungsfahrten in Länder jenseits
des Eisernen Vorhangs zu organisieren.
Nur Herr Schneider ließ sich nicht
schrecken: Seine Schule, die LuO, würde
das schon schaffen – und er hatte recht!
Sozusagen im Vorgriff auf die von ihm
später als Schulleiter initiierte Europaschule war es Herr Schupp, der als erster
mit seinem Mathematikleistungskurs
die Erweiterung Europas nach Osten für
die LuO und ihre Schüler 1988 realisierte. Viel Überzeugungskraft und Arbeit
bei Schülern, Schulamt und „finanzkräftigen Institutionen“ waren notwendig,
damit die Studienfahrt nach Ungarn
stattfinden konnte, ebenso wie der
Gegenbesuch der Budapester Schüler –
in einem Bus, der bei näherem Hinsehen auf den Zusammenbruch des Ostblocks hätte schließen lassen können!
Aber es war ein voller Erfolg:
[ 76 · 77 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Die anfänglichen Zögerlichkeiten der
deutschen Schüler waren wie weggeblasen von der Aufnahme, die ihnen
von Ihren Gastgebern bereitet wurden:
Gastfreundschaft in dieser Form hatte
man so noch nicht erlebt! Und dann
war ja auch noch die Stadt Budapest
und das Land selbst ...
Dass nach 1990 eine Umstellung von
Studienfahrten in der Jahrgangsstufe
13 auf Schüleraustauschfahrten in der
Jahrgangsstufe 10/11 erfolgte, lag letztlich daran, dass der Altersunterschied
zwischen den ungarischen und deutschen Partnern zu groß war. Eine echte
und wenn möglich in Einzelfällen auf
Dauer angelegte Partnerschaft ergibt
sich am ehesten, wenn mit gleichem
Alter auch ähnliche Interessen gegeben sind. Auch sollte nach der Öffnung
Europas nach Osten möglichst vielen
Schülern die Chance gegeben werden,
auf nichttouristischem Weg diesen ihnen bis dahin weithin verschlossenen
Bereich kennen zu lernen. Als nicht
ganz einfach entwickelte sich die Umsetzung dieser Überlegung. Austausch
wird im Regelfall mit dem Lernen einer
Sprache vor Ort verbunden, was sich
dann positiv auf die Note auswirkt.
Aber, bitteschön, wer lernt an der LuO
schon ungarisch? Das daraus oft entstehende Vorurteil, dass der Ungarnaustausch damit eigentlich Ferien
während der Schulzeit sind, ist häufig
nur schwer zu entkräften. Dass man
auch etwas lernen kann, was sich nicht
in Noten niederschlägt, nämlich das
Kennenlernen von anderen Lebensweisen und -welten und ihren Wurzeln,
Ungarisches Gastgeschenk
Der Austausch findet im Wesentlichen
an 2 Terminen statt: im Frühjahr kommen die ungarischen Schüler für 10
Tage nach Darmstadt, im Herbst besuchen unsere Schüler Budapest. Dabei
hat sich in den letzten Jahren ein bestimmter Ablauf herausgebildet:
• Nachdem beide Schulen ihre Teilnehmer
ermittelt bzw. gewonnen haben, werden
mit Hilfe von Steckbriefen passende Partnerpaare gebildet. Daraufhin werden die
ersten Briefe geschrieben, um sich so etwas
näher kennen zu lernen.
• Im Frühjahr kurz vor den Osterferien kommen dann die ungarischen Gäste nach
Darmstadt. Anreisetag ist der Samstag,
damit die Schüler sich zuerst privat kennen
ist ebenso wichtig, vor allem deshalb,
weil für die meisten unserer Jugendlichen der Osten Europas terra incognita und damit sehr oft mit Vorurteilen
beladen ist. Gerade in einer Zeit, wo
Europa zusammenwächst, sollte man
den politischen Aspekt einer solchen
Jugendbegegnung nicht unterschätzen. Die Luo als Europaschule hat hier
alle Möglichkeiten, und gerade wenn
man die Projektarbeit betrachtet, mit
der im Ungarnaustausch begonnen
wurde, kann man auch ermessen, welche Chancen neben den deutschen
auch den ungarischen Schülern gegeben werden.
Und das Fazit? Urlaub ist der Austausch
ganz gewiss nicht, selbst wenn man das
lahme Rückgrat einmal außer Acht
lässt. Aber er macht vor diesem Hintergrund Sinn und Spaß. Und warum soll
Schule nicht sinnvollen Spaß machen –
wenn es gute Gründe dafür gibt?
Johanna Reisky
Lichtenbergschule Darmstadt –
Arpad-Gymnasium Budapest
Der Austausch mit dem Arpad-Gymnasium soll Schülerinnen und Schüler
der Jahrgangsstufe 10 ansprechen, wobei die Intentionen für die Teilnahme
an diesem Austausch vielschichtig und
im Ansatz auch unterschiedlich sind.
Auf ungarischer Seite steht im Vordergrund die Anwendung der im Unterricht
erlernten Deutschkenntnisse. So werden die Schüler, die am Austausch teilnehmen dürfen, auch in erster Linie
nach ihren Leistungen und Fähigkeiten
im Fach Deutsch ausgewählt. Auf deutscher Seite spielen vor allem das Interesse an einem – größtenteils – fremden Land und dessen Kultur sowie die
Neugierde auf neue Bekanntschaften
eine wichtige Rolle für den Entschluss
zur Teilnahme an diesem Austausch.
lernen und in den Familien etwas einleben
können.
• Nach einer offiziellen Begrüßung am Montagmorgen in der Schule fährt die gesamte
Gruppe nach Lindenfels, um dort 2 Tage an
einem gemeinsamen Projekt zu arbeiten.
In gemischten Gruppen wird ein bestimmtes Projektthema bearbeitet. Diese Arbeit
hat sich als sehr sinnvoll erwiesen, da persönliche Beziehungen in dieser speziellen
Situation besser aufgebaut werden können, vor allem aber wird durch das gemeinsame Arbeiten die Idee eines wirklichen
Austauschs besonders gefördert.
• Am Ende der 2 Tage präsentieren die
Gruppen sich gegenseitig ihre fertigen
Ergebnisse.
• In den folgenden Tagen finden Ausflüge
statt, die den ungarischen Gästen die kulturellen, historischen und politischen
Besonderheiten der näheren Umgebung
vermitteln sollen. Als Ziele haben sich in
den letzten Jahren Frankfurt, Heidelberg
und Wiesbaden bewährt. Daneben gibt es
noch einen Sport- und Spieleabend in der
mit typisch ungarischem Essen und einem
Lichtenbergschule und eine Stadtrallye, bei
Reiterprogramm sowie die Besichtigung
der die Ungarn sowohl ihre Deutsch-, als
eines Freilichtmuseums sollen dagegen die
auch ihre Ortskenntnisse unter Beweis
Schönheiten der Landschaft und die reich-
stellen müssen.
haltige Kultur Ungarns zeigen. Neben die-
• Zum Abschluss des insgesamt 10tägigen
sen Ausflügen findet ebenfalls ein Sport-
Aufenthalts gestalten Eltern und Schüler
und Spieleabend statt und in diesem Jahr
einen Abschlussabend, wo die Ergebnisse der
wurde zum ersten Mal auch eine Stadt-
Projektarbeit präsentiert werden, man die
rallye durch Budapest für die deutschen
Erlebnisse der letzten Tage noch mal Revue
Schüler durchgeführt. Als besonderen
passieren lässt und bei Essen und Trinken
Abschluss organisieren die ungarischen
gefeiert und Abschied genommen wird.
Gastgeber eine abendliche Fahrt auf einem
Der Gegenbesuch der deutschen Schüler fällt in die Zeit vor den Herbstferien,
d.h. in das neue Schuljahr (die Schüler
sind jetzt bereits in der 11. Jahrgangsstufe), und dauert ebenfalls zehn Tage.
• Anreisetag ist ebenfalls Samstag, um den
Schülern eine gewisse Eingewöhnungsphase
in die neue Umgebung zu gewähren und
den ungarischen Gastgebern die Möglichkeit zu geben, ihren Gästen etwas von ihrer
Stadt zu zeigen. Der Sinn und Zweck dieses
Besuchs besteht in erster Linie darin, das
Land Ungarn mit seinen geschichtlichen,
politischen und gesellschaftlichen Besonderheiten kennen zu lernen und über den
direkten persönlichen Kontakt mit den ungarischen Gastfamilien auch einen Einblick
in den ganz normalen Alltag zu erhalten.
• Nach der offiziellen Begrüßung am Montag
beginnt das Programm für die kommenden Tage mit Ausflügen zu bedeutenden
historischen, kulturellen und politischen
Stätten Ungarns, wobei sich im Wesentlichen folgende Schwerpunkte herausgebildet haben:
• Mit den Fahrten nach Esztergom, Vishe-
Donauschiff, bei der den deutschen Gästen
nochmals die Schönheiten Budapests vor
Augen geführt werden.
Als letzter und vielleicht auch wichtigster Schwerpunkt dieses Austauschs ist
der persönliche Kontakt der Teilnehmer
untereinander zu nennen. Das Kennenlernen nationaler Eigenheiten ist erst
im privaten Umgang miteinander
wirklich möglich. Den familiären und
schulischen Alltag des Anderen mitzuerleben bietet die Möglichkeit Unwissenheit und Vorurteile abzubauen und
sich somit freundschaftlich näherzukommen. Gemeinsame Unternehmungen, Disco- und Restaurantbesuche
sowie die Abschlussabende vertiefen
und festigen die entstandenen Verbindungen. Dass die Begegnungsfahrten
gerade in diesem Punkt für alle bisherigen Teilnehmer ein Gewinn waren, haben uns die durchweg positiven Reaktionen der letzten Jahre gezeigt.
Viele Kontakte bestehen noch heute
und manche jüngeren Geschwister
sind dem Beispiel der älteren gefolgt.
grad, Tihany und Kecskemet wird ein guter
Einblick in die ältere Geschichte Ungarns
gegeben und anschaulich die Entwicklung
dieses Landes vermittelt. Eine Bootsfahrt
auf dem Balaton, ein Besuch in der Puszta
Th. John
[ 78 · 79 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Erlöser-Kirche
hatten, Russisch als erste Fremdsprache zu wählen, haben dieses Angebot
mit viel Enthusiasmus aufgenommen,
bot diese Fahrt doch endlich die einmalige Chance, ihre Russischkenntnisse in die Praxis umzusetzen, Hörverstehen in authentischen Situationen
zu üben und ihren Wortschatz z.B. um
umgangssprachliche Wendungen zu
erweitern. Die Schüler nutzten diese
Gelegenheit, sei es in den sie betreuenden Familien, beim Einkaufen oder Cafébesuch, in Gesprächen mit Gleichaltrigen in der Schule.
Der Schulbesuch an einer russischen
Mittelschule, in der verstärkt Deutsch
als Fremdsprache unterrichtet wird,
machte den Schülern viele Unterschiede
zu ihrer eigenen Schule klar. So stellten
die Schüler fest, dass strenge Disziplin
und Frontalunterricht den Schulalltag
eines russischen Schülers prägen. Die
Schüler verbanden jedoch gleiche
Musikinteressen, Zukunftsvorstellungen und Alltagssorgen.
Schüleraustausch mit der
Petrischule in St. Petersburg
Der Schüleraustausch unserer Schule
mit der Petrischule in St. Petersburg
fand 1996 zum ersten Mal statt. Die
Russischschüler, die an unserer Schule
zu dem Zeitpunkt noch die Möglichkeit
Den Aufenthalt in den Familien haben
alle Schüler als persönliche Bereicherung empfunden, da ihnen besonders
hier die Unterschiede zur eigenen Umwelt bewusst wurden. So hatten einige
Schüler das „Privileg“ in einer „kommunalka“, einer russischen Gemeinschaftswohnung, die sich etliche Familien samt
Toilette,Wanne und Küche teilen müssen, zu wohnen. Darüber hinaus wurde
ihnen klar, welche besondere Rolle nach
wie vor der „babuschka“/Oma in der
russischen Familie zukommt und wie
wichtig der Zusammenhalt zwischen
Verwandten und Freunden ist. Die
Schüler erlebten die sprichwörtliche
russische Gastfreundschaft und Freigebigkeit, obwohl viele Familien am Rande
des Existenzminimums lebten. Der
Schul- und Familienbesuch in St. Petersburg leistete einen wesentlichen Beitrag dazu, Vorurteile abzubauen, die
eigene Umwelt zu relativieren und kulturelle Unterschiede zu akzeptieren.
sorgten für eine langjährige enge
Verbindung zwischen Deutschen und
Russen. Diese historische Verbundenheit erwies sich als Motivation, selbst
in der Geschichte unserer beider Völker
zu forschen und auch weiterhin täglich
in Funk und Fernsehen die Entwicklung
in Russland zu beobachten.
Die Besichtigung verschiedener Denkmäler der historisch sehr bedeutenden
Stadt trug zur Erweiterung des landeskundlichen Horizonts der Schüler entscheidend bei. So wurde den Schülern
durch den Besuch der reichen Zarenresidenzen in Puschkin und Pavlovsk
oder des Prunkschlosses Peterhof die
Kluft zwischen der schmalen Oberschicht und der verarmten übrigen
Bevölkerung im 18. und 19. Jahrhundert
sehr deutlich und ermöglichte eine
eigene sehr anschauliche Beurteilung
der geschichtlichen Entwicklung
Russlands.
Sehr motivierend für das weitere Erlernen der russischen Sprache erwies sich
der Besuch bei der St. Petersburger
Niederlassung der Firma WELLA: Nach
einem Rundgang durch das Verwaltungsgebäude der Filiale und das anregende Gespräch mit dem Direktor
Andreas Wegner konnte den deutschen
Schülern vermittelt werden, dass
Russlands zukünftige wirtschaftliche
Entwicklung das Erlernen der russischen Sprache erstrebenswert macht
und berufliche Zukunftsperspektiven
eröffnen kann. Für die Schüler interessant waren auch die zukünftig eventuell möglichen Berufspraktika in der
Petersburger WELLA-Filiale. (Leider
konnten diese Praktika dann später
nicht realisiert werden.)
Den Schülern fiel auf, welchen großartigen Beitrag das russische Volk nach
der Zerstörung Leningrads durch die
faschistischen Truppen nach dem Zweiten Weltkrieg zum Wiederaufbau der
Stadt geleistet hat. Durch die Besichtigung des Wachsfigurenkabinetts mit
der sehr beeindruckenden Ausstellung
zum Thema „Russland und die Macht“
wurde den Schüler verdeutlicht, wie
nahe sich Darmstadt und Petersburg
schon immer waren. So wurden zwei
Zarinnen als Darmstädter Prinzessinnen nach Russland „importiert“ und
Die deutschen Schüler ihrerseits erwiesen sich als gute Botschafter ihrer Schule, aber auch ihrer Stadt. Sie haben viel
von Darmstadt und ihrer Umgebung
erzählt und das Interesse der russischen
Schüler an einem Gegenbesuch noch
mehr geweckt.
Der Gegenbesuch erfolgte im März
1997 und war von vielen anregenden
Gesprächen, ausgelassenem Herumtollen im Erlebnisbad Miramar und gemeinsamen Besuchen in Heidelberg,
Pertnerklasse in der Petri-Schule
Mainz, der Flughafen AG und nicht zuletzt der Firma Wella in Darmstadt geprägt …
Aufgrund der instabilen politischen
und wirtschaftlichen Lage war es in
den darauffolgenden Jahren sehr
schwer, Eltern und Schüler für eine
Fahrt nach Petersburg zu gewinnen. Es
fand lediglich noch eine von Frau Boos
und Frau Hiß-Brozovic organisierte
Fahrt 1997/1998 statt.
Wir hoffen sehr, dass die politisch-rechtliche und wirtschaftliche Situation sich
in Russland stabilisiert, so dass diese
wunderbare Stadt und ihre gastfreundlichen Bewohner bald wieder Besuch
aus der Lichtenbergschule in Darmstadt
bekommen werden.
E. Dömel
Empfang beim Direktor
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6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Schüleraustausch mit Jakutien
(1994 bis 1997) – Ein schöner Traum
Strenggenommen handelt es sich bei
dem Kontakt der Lichtenbergschule
Darmstadt zu Jakutsk, der Hauptstadt
der Autonomen Republik, Sacha/Jakutien, mehr um eine Partnerschaft denn
um einen richtigen Austausch. Sie begann mit dem Besuch von zwei
Deutschlehrerinnen, die von der Darmstädter Reiseschriftstellerin Milli Bau
nach Darmstadt eingeladen worden
waren. Als eines der ersten Ziele suchte
Frau Bau für ihre Gäste den Kontakt zur
Lichtenbergschule, in der seit vielen
Jahren Angebote im Fach Russisch für
ganz Darmstadt und darüber hinaus
gemacht wurden. Außerdem stand ab
dem Schuljahr 1994/95 Russisch als erste Fremdsprache im Fächerkanon der
Lichtenbergschule. Der Bericht der beiden Damen aus dem ca. 13.000 km entfernten Permafrostland faszinierte nicht
nur die anwesenden Schüler und Kollegen, sondern führte auch spontan dazu,
der Bitte um einen Besuch (15.02. bis
28.02.1994) von 8 Kolleginnen und
einem Kollegen mit Deutsch als Lehrfach freudig zu entsprechen. Überraschten uns die beiden ersten Besucherinnen bereits mit ihren Deutschkenntnissen, so verblüffte jede/jeder einzelne
der Neunergruppe alle deutschen Gesprächspartner erneut.
Nach 14 für alle Beteiligten ereignisreichen, mit vielen spannenden Berichten
angefüllten Tagen und langen Abenden gab man sich das Versprechen,
dass eine Gruppe aus dem Kollegium
der Lichtenbergschule im Sommer des
gleichen Jahres noch eine Reise nach
Jakutsk unternehmen werde. Von jakutischer Seite wurde der Besuch aufs
Beste vorbereitet: In Amga (ca. 200 km
südlich der Hauptstadt Jakutsk) wurde
eigens eine Sacha-deutsche Sommerschule,„Üneis“, gebaut, an der die Besucher aus Darmstadt Schülerinnen und
Schüler unterrichteten, die wegen ihrer
ausgezeichneten Deutschkenntnisse
für diesen Ferienkurs ausgewählt worden waren. Auch dieser Gegenbesuch
vom 17.07. bis 30.07.1994 war mehr als
ein voller Erfolg. Nicht nur, weil es zu
einer Vertragsregelung zwischen dem
Kultusminister/Jakutien und der
Lichtenbergschule/Darmstadt – zwei
schwer zu vergleichende Ebenen –
kam. Freundschaften, die noch immer
bestehen, wurden geschlossen. Jede
und Jeder wünschte sich eine Wiederholung des Besuches in der bodenschätzereichen Republik im Nordosten
Sibiriens, um die enormen Anstrengungen, die für eine Förderung der Diamanten, des Goldes und des nur dort
vorkommenden Edelsteins (Halbedelstein?) „Charoid“ – um nur drei Vertreter zu nennen – , im ewigen Eis erforderlich sind, näher kennen zu lernen.
Auch eine Schiffsreise auf der Lena mit
einem Besuch der berühmten Lenafelsen wäre allein schon eine solche
Reise wert.
Die in diesem Jahr (2001) verschiedentlich ausgestrahlten Berichte über die
Ströme Sibiriens, dabei auch über die
Lena, sowie über die verheerenden
Packeiskatastrophen in und um die
Stadt Jakutsk geben nur ein sehr unzureichendes Bild über dieses auch als
menschenfeindlich bezeichnete Land.
Die Besucher aus Darmstadt in Jakutsk
und die Besucher in Darmstadt aus
Jakutsk sind erschüttert und betroffen,
aber sonst ganz anderer Meinung. Das
bestätigte schon die erste Schülergruppe aus Jakutien, die vom 03.10. bis
14.10.1994 Gäste der Lichtenbergschule
war. Sie entstammte den Ausgezeichneten der sacha-deutschen Sommerschule aus Amga. Sie machten ihren
Juroren alle Ehre, denn sie sprachen
nicht nur sehr gut unsere komplizierte
Sprache, sondern fielen auch durch
ihre natürliche Höflichkeit und die vollendeten Umgangsformen auf.
Ohne die großzügige Unterstützung
und Mithilfe der Schülereltern und
einiger Kolleginnen und Kollegen ist
ein solcher Schülerbesuch nicht zu realisieren. Die Organisatoren sind auch
heute noch sehr dankbar für die großzügige und uneigennützige Betreuung
der Gäste!
Von 1995 an wurden vom Staat Sacha/
Jakutien kaum bis keine Zuschüsse
mehr zu Reisen nach Deutschland gewährt und die vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) für
[ 82 · 83 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Schülerbesuche aus östlichen Ländern
gezahlten Mittel decken lediglich
einen Bruchteil der Kosten ab. Somit
konnten künftig nur noch Schüler kommen, deren Eltern den Flugpreis bezahlen konnten. Eine Auswahl nach Leistung war nur noch bedingt oder gar
nicht mehr möglich. Die Besuchergruppen, die in den Folgejahren 1995/96
und 97 von der Lichtenbergschule betreut wurden, waren alle stets hochmotiviert und dankbar, in unserem
Land verweilen zu dürfen.
Die eingangs zitierte Lehrer-Besuchergruppe kam auf Betreiben des Lehrerfortbildungsinstitutes Jakutsk. Leider
wurde auch für sie jegliche Unterstützung gestrichen. Aber der Wunsch, uns
hier zu besuchen, ist so wach wie eh
und je. Leider gibt es von unserer Seite
keinerlei Unterstützungsmöglichkeiten.
Schließlich muss der Vollständigkeit
zuliebe noch erwähnt werden, dass die
Jakuten einen deutschen Gelehrten,
Otto Böhtlingk, verehren, der ihnen
Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts eine eigene Schriftsprache gab.
Das lateinische Alphabet wurde allerdings 1938 von den Sowjets durch eine
angepasste kyrillische Schrift wieder
ersetzt. Wir konnten bestätigen, dass
die Jakuten das Deutsche besser aussprechen als die Russen bei gleichem
Bildungsstand. Die Besucher erläuterten uns, dass sie als Abkömmlinge der
Turkvölker, aus Innerasien eingewandert, z.B. gutturale Laute besser sprechen können.
Bis zum „Ausbruch“ der Perestroika waren lediglich Besuche in der DDR möglich. Daraus erklärt sich, dass unsere
Sprache den absoluten Vorrang hatte.
Schon im Kindergarten lernten die
Kleinsten deutsche Lieder zu singen.
Ins weitere Ausland konnte kaum
jemand reisen. Seit der Öffnung der
Grenzen hat das Interesse besonders
für Englisch aber auch für Französisch
deutlich zugenommen, was viele
Deutschlehrer überflüssig machte. Sie
werben seitdem mit Sonderangeboten
wie einem Besuch in der Lichtenbergschule Darmstadt.
Abschließend muss leider konstatiert
werden: Die Lichtenbergschule hat
nach dem „Bruch“ mit Jakutien (1998)
einen besonders interessanten Kontakt
zu einem in geologischer, naturräumlicher und wirtschaftlicher Sicht außergewöhnlichen Land verloren.
Verlorengegangen sind damit auch vor
allem die wegen der isolierten Entwicklung dieses Landes und der daraus resultierenden Sonderstellung die Erfahrungen mit den kulturellen Besonderheiten dieses fernen Landes. Von den
menschlichen Kontakten ganz zu
schweigen.
OstRiR Johannes Mitterle [Lichtenbergschule] ruht und rastet nicht, den Kontakt nach Jakutien auf privater Basis
unter Einsatz erheblicher persönlicher
Mittel und Kräfte weiter aufrecht zu
erhalten. Er war 1994 Mitglied der Jury,
die die jakutischen Schüler in der SachaDeutschen Sommerschule (s.o.) beurteilte. Mit ihm bedauern nicht wenige,
dass keiner mehr bereit ist, die unvermeidlichen Mühen auf sich zu nehmen,
die Partnerschaft daher nicht weitergeführt wird.
Für alle Beteiligten ist ein schöner
Traum zu Ende gegangen.
Johannes Mitterle als Neptun in der Amga
Erhard Vollberg
6.3 natur macht schule
Am 06.06.1966 bezogen wir den Neubau unserer Schule an der Ludwigshöhstraße. Lehrer und Schüler waren im
gleichen Maße hocherfreut über die
landschaftlich einmalige Lage am „Bessunger Forst“ inmitten von Gärten und
am Rande des Odenwaldes. Besonders
die Biologen und Geographen unter uns
nutzten bald jede Gelegenheit, Ausflüge
und Exkursionen in die nähere Umgebung zu unternehmen. Jede Vertretungsstunde war willkommen, Erkundungen und Beobachtungen von
Pflanzen und Tieren sowie zusätzlich
von geomorphologischen und geologischen Strukturen zu machen. Die „Bessunger Kiesgrube“, zu der Zeit noch in
Betrieb, und der eigene Schulwald
waren für uns jederzeit leicht erreichbar, da ein öffentlicher Weg dorthin
erschlossen wurde.
1976 wurde die Kiesgrube geflutet und
es entstand für uns ein zusätzliches und
umfangreiches Arbeitsgebiet. 1978 wurde eine freiwillige AG-Umwelt ins Leben
gerufen, die jeden Mittwoch Nachmittag Beobachtungen und Untersuchungen durchführte. Sie hatte die Möglichkeit, das Labor, die Mikroskope sowie
sämtliche vorhandenen Materialien in
der Schule zu nutzen.
Herr Dr. Döring unterstützte als Sammlungsleiter unsere Arbeit und schaffte
im Jahre 1979 ein großes Wasserlabor
an. Jetzt konnten Wasserproben des
Saubachs, der Kiesgrube und des Teiches am Herrgottsberg genau analysiert werden. Um die gemessenen
Werte vergleichend interpretieren zu
können, waren natürlich auch die Untersuchungen von Regenwasser und
Leitungswasser notwendig. Klimatische Beobachtungen und Lärmpegelmessungen ergänzten die übrigen ökologischen Untersuchungen. An Tagen
der „offenen Tür“ wurden die Ergebnisse
[ 84 · 85 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
forschen, was sich als reiche Quelle für
die Geschichte „unseres“ Bessunger
Hanges und seiner Wandlungen durch
die Jahrhunderte herausstellte. Kenntnisse über die Nutzung und Besiedlung
der Region erwiesen sich als Schlüssel
für die historische Dimension der Umwelt unseres Standortes. Mit Hilfe des
Gartenamtes wurde die ca. 500 Jahre
alte „Klappach-Eiche“ saniert. Diese
war nicht nur Ziel der Biologen, sondern
lag auch der Fachschaft Kunst am
Herzen. Unter der Anleitung von Frau
Springer und Herrn Böhm entstanden
im Gelände Zeichnungen von der
„Klappach-Eiche“ und von besonders
schönen Motiven der Umgebung. Die
Schülerarbeiten wurden 1985 im Forstmeisterhaus ausgestellt.
der Arbeiten interessierten Besuchern
vorgeführt und so schafften wir uns
eine größere Öffentlichkeit.
Auf der Suche nach den Quellgründen
des Saubachs fanden wir Feuchtbiotope wie den „Bessunger bzw. den Klappacher Woog“ und „Im Klappach“, was
uns bewog, den Flurnamen nach zu
Mittlerweile hatte sich eine Bürgeraktion:„Das Klappacher-Feld“ organisiert.
Die AG-Umwelt und im besonderen
Maße auch die SV der Schule unterstützten sie durch unsere ökologischen
Arbeiten. Die „Bessunger Kiesgrube“
und die „Klappach-Niederung“ mit dem
„Klappacher-Feld“ wurden systematisch
kartiert, wobei die Kollegen Dr. Hannelore Haas, Dr. Gieselbert Leyerer und Reiner Heist maßgeblich beteiligt waren.
Noch größeres Interesse und Engagement an der Umwelt entwickelte sich,
als ruchbar wurde, dass eine Autobahntrasse durch unser Schulgelände geplant war und zu allem Überfluss die
Kiesgrube mit Müll verfüllt werden
sollte.
Zu schrecklich war der Gedanke, dass
alle Schönheiten unserer Umgebung
den Bulldozern zum Opfer fallen sollten
und wir tagtäglich mit dem zukünftigen
Verkehrslärm zu kämpfen hätten. Unsere Arbeitsgruppe hatte erkannt, wie
bedeutend und wichtig es in ganz besonderem Maße für unsere Schule war,
diese Naturschönheiten zu erhalten.
Unterschriftensammlungen, die überzeugenden Ergebnisse unserer Arbeiten und der vehemente Widerstand
der Bevölkerung haben diese Ortsumgehung verhindert. Die Sensibilisierung und das große Interesse an der
Umwelt war nun geschärft und blieb
auch in den Folgejahren erhalten.
Bereits 1983 übergab Frau Doris Fröhlich, damals Elternvertreterin, unseren
Antrag mit der Forderung: Renaturierung des Saubachs, an den städtischen
Umweltauschuss. Es war für uns nicht
einzusehen, dass Wasser von hervorragender Qualität im Kanal verschwand.
Es dauerte 17 lange Jahre, bis schließlich nach einjähriger Bauzeit dieses
Projekt am 22.03.2000 beendet wurde.
Der Saubach, der schon hunderte von
Jahren diese Landschaft durchfließt, ist
renaturiert. Die Stadt spart dadurch
jährlich ca. 50 000 DM Kanalbenutzungsgebühren, bei einem Eigenkos-
tenanteil von 450 000 DM. Den Rest der
Gesamtkosten von 1,9 Millionen DM
trug das Hessische Umweltministerium.
Im Rahmen des Wettbewerbs „Umwelt
Schule“ wurde unser Einsatz für die
Umwelt im Jahr 1989 von der Ministerin für Landwirtschaft und Forsten,
Frau Irmgard Reinhardt, mit einer
Urkunde gewürdigt. Für diese Aktion
wurden im Schulwald Nistkästen aufgehängt, Bäume gepflanzt, Pflegemaßnahmen vorgenommen und ein Schulteich im Schulgarten durch Herrn Loos
und Herrn Ritter angelegt. Dieser Teich
entwickelte sich zu einem wichtigen
Bestandteil unseres Biologieunterrichts.
Im Laufe der Jahre hat sich eine artenreiche Flora und Fauna entwickelt.
Durch die Bestimmung der Tiere und
Pflanzen konnte das Interesse der
Schüler an der Natur immer wieder
neu geweckt werden. Leider fiel dieser
Teich notgedrungen den Renaturierungsmaßnahmen im Jahre 1999 wieder zum Opfer.
Jörg Hagen, ein Schüler unserer Schule,
entdeckte am 03.09.1987, dass eine
Jungkrötenwanderstrecke über den
südlichen Teil des Schulgeländes führte. Viele der kleinen Kröten stürzten
durch die Gitterabdeckungen der Fens-
terschächte. Über einige Wochen hin
wurden diese Tiere aufgesammelt und
auf der Nordseite des Schulgeländes
wieder ausgesetzt. Durch diese Maßnahmen konnten 89 Tiere gerettet
werden.
Als Nachfolger der AG-Umwelt von
1976 wurde 1990 der gemeinnützige
Verein „Arbeitsgemeinschaft Umwelt
der Lichtenbergschule Darmstadt“ e.V.
gegründet. Die Arbeiten von 26 Schülern und Lehrern wurden in einem Sammelband „Aus dem Klappachtal“ mit
Abbildungen und Karten veröffentlicht.
Die Erkenntnisse, Pläne und Daten dieses Bandes dienten als eine wesentliche
Grundlage dafür, die Bessunger Kiesgrube als Naturschutzgebiet auszuweisen.
Die Arbeitsgemeinschaft hatte durch
ihre beständige Arbeit dazu beigetragen, ein vielfältiges Naturgebiet zu erhalten und vor der Umwandlung in
eine Mülldeponie zu bewahren. Die
Schulgemeinschaft kann in einer schönen, naturnahen Umgebung den Schulalltag ungestört von Lärm und Krach
verbringen.
Zur Zeit ist der Weg zum Schulwald,
zur „Klappach-Eiche“ und zur Kiesgrube im wahrsten Sinne des Wortes verschlossen. Der Schulgarten und der
alte Teich sind den Sanierungsmaßnahmen gewichen.
Das Gelände um den Saubach und den
neuen Teich ist noch weitgehend kahl
und die Lebensgemeinschaft im Teich
erst spärlich entwickelt. Das alljährliche Froschkonzert fiel in diesem Jahr
beinahe gänzlich aus. Die größten
Tiere, die im Frühjahr zeitweise den
Teich besiedelten, waren zwei Stockentenmännchen, die einsam und in gebührendem Abstand zueinander nur
für eine kurze Zeit zu Besuch waren.
[ 86 · 87 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
In den letzten Sommerferien sind zusätzlich einige schöne, große Schwarzpappeln verschwunden. Die nächste
Umgebung unserer Schulgebäude hat
sich sehr verändert.
Im letzten Jahr konnten wir uns an den
pflegerischen Arbeiten noch nicht beteiligen, da die Garantiezeit für die von
einer Gartenbaufirma ausgeführten
Neuanpflanzungen erst verstreichen
muss.
Wir, Schüler und Lehrer, wollen es unseren Vorgängern gleichtun und nicht
aufgeben, uns auch in Zukunft für unsere nächste Umwelt einzusetzen.
Dazu gehört, dass wir die alten, für unsere Schule wichtigen Plätze wieder erreichen können, um uns an den pflegerischen Maßnahmen zu beteiligen.
Es muss unser Interesse sein, dass wir
Schülerinnen und Schüler direkt mit
der Natur in Kontakt bringen. Eigenes
Erleben und eigenes Tun sind notwendig, um die Kenntnisse und das Verständnis über die Natur und deren fundamentale Bedeutung für unsere
Lebensgrundlagen zu erlangen. Der
virtuelle Kontakt mit der Natur über
Bücher, Filme und Computersoftware
ist durchaus von Bedeutung, kann aber
keineswegs das unmittelbare Naturerlebnis ersetzen.
Giselbert Breyer und Marga Pfleger
Gieselbert Breyer:
• von 1965 - 1990 Lehrer für Biologie,
Erdkunde und Chemie
• Initiator der AG-Umwelt vom
Jahre 1976
• Annahme der Bachpatenschaft
vom Jahre 1986
• Vorsitzender des Vereins
„Arbeitsgemeinschaft Umwelt der
Lichtenbergschule Darmstadt e.V.“
6.3 informatische bildung und
medienbildung an der lichtenbergschule
Informatische Bildung hat an der Lichtenbergschule ein lange Tradition. Als
sie im Jahre 1966 in das neue Gebäude
in der Ludwigshöhstraße einzieht, gehört zur Neuausstattung für das Fach
Mathematik auch ein Gerät namens
SIMULOG. Mit ihm wird es möglich, im
Unterricht der Mittelstufe den Aufbau
und die Funktionsweise eines Computers im Modell zu simulieren. Außerdem
geht Herr Dr. Horst Ahbe regelmäßig
mit seinen Oberstufen-Mathematikklassen in das Deutsche Rechenzentrum,
das sich in der Darmstädter Rheinstraße
befindet, und zeigt seinen Schülerinnen
und Schülern an Beispielen wie mit
Hilfe der Programmiersprache FORTRAN
ein Großcomputer programmiert werden kann.
Im Jahre 1969 kommt mit der OLIVETTI
P101 der erste elektronische Tischcomputer auf den Markt. Firmen wie Compucorp, Hewlett-Packard und WANG
folgen schnell nach. Auf Initiative von
Herrn Wilfried Schupp wird 1970 aus
Mitteln der Elternspende zum stolzen
Preis von 11 000 DM der erste schuleigene Tischcomputer angeschafft. Seine Programmierung erfolgt mit Hilfe
von Lochkarten, die die Schülerinnen
und Schülern mit kleinen Griffeln und
kleinen Täfelchen selbst herstellen.
erworben werden, der nicht mehr in
Maschinensprache programmiert werden muss. Sein Preis beträgt 75 000
DM. In dem Computer ist die Programmiersprache BASIC fest verdrahtet. Er
verfügt über eine separate Tastatur,
einen Bildschirm mit eingebautem Kassettenlaufwerk und die Zentraleinheit.
Zur Peripherie gehören ein Markierungskartenleser und ein „Digitalplotter“.
Letzterer besteht aus einer IBM-Kugelkopfschreibmaschine, die in x- und yRichtung über Schrittmotoren verfügt.
So ist es möglich, mathematische
Funktionen graphisch darzustellen.
In Arbeitsgemeinschaften werden von
einzelnen Schülerinnen und Schülern
nicht nur Programme zu mathematischen Problemen, sondern auch für andere Fragestellungen entwickelt. So benutzt der damalige Studienleiter, Herr
Erhard Vollberg, bereits seit dem Jahre
1976 für die Oberstufenverwaltung
Programme, die von Schülerinnen und
Schülern entwickelt und geschrieben
waren.
SIMULOG – Modell eines Addierwerkes.
Im Jahr 1980 nimmt die Schule am IDA
(Integrierte Datenanwendung) Projekt
teil. Vier Terminals sind über eine Modem-Standleitung mit dem kommunalen Gebietsrechenzentrum (KGRZ) in
Kranichstein verbunden. BASIC-Programme können von Schülerinnen und
Bereits vier Jahre später kann mit der
WANG 2000 der erste Tischcomputer
Projektwoche 1979
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6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Schülern der Informatik-AG am Terminal geschrieben werden. Sie werden per
Datenfernübertragung an das KGRZ
übermittelt und dort auf einem PDP 11
Computer ausgeführt. Die Ergebnisse
werden per DFÜ an die Terminals zurück geschickt. Die Lehrer Dr. Ahbe,
Klaus Fischer und Wilfried Schupp sind
am IDA-Projekt beteiligt und sammeln
wertvolle Erfahrungen zum Einsatz des
Computers in der Schule.
Eine flexiblere Lösung sind die Apple IIe
Computer (64 KB RAM, keine Festplatte),
deren Anschaffung in den Folgejahren
von Herrn Wilfried Schupp veranlasst
wird. Zunächst stehen einzelne, ab
1984 dann insgesamt acht solcher Geräte zur Verfügung. Damit ist die Basis
für erste Informatik-Grundkurse und
für Wahlpflichtkurse Informatik in der
Sekundarstufe I gegeben. Das Interesse
an den Kursen ist sehr groß, im Schuljahr 1986/87 werden beispielsweise 17
Kurse angeboten, zusätzlich nutzen
das Studienseminar und die Volkshochschule den Computerraum. Inhaltlich
steht die Einführung in das Problemlösen mit einer Programmiersprache
im Vordergrund mit dem in der Fachdidaktik sogenannten algorithmischen
Ansatz. Mit dem Erscheinen von TurboPascal wird BASIC als vorherrschende
Programmiersprache verdrängt. Erste
Anwenderprogramme zur Textverarbeitung (WordStar), Tabellenkalkulation
(Multiplan) und Datenbanken (dBase
II) stehen zur Verfügung. In dieser Zeit
nimmt die Schule an einem Modellversuch des Landes Hessen zur Entwicklung eines Curriculums für den Wahlpflichtunterricht Informatik in den
Klassen 9 und 10 teil.
Der PC-Raum ist so stark frequentiert,
dass 1986 der erste Antrag auf Einrichtung eines zweiten PC-Raums gestellt
wird. Aber erst vier Jahre später kann
ein weiterer PC-Raum mit acht IBMkompatiblen XT-Computern eingerichtet und genutzt werden. Von 1985 bis
1990 nehmen die Lehrer Wilfried
Schupp, Hans Schneider und Gerhard
Röhner an zweijährigen Lehrerweiterbildungskursen teil. Damit erhält das
Informatikangebot der Lichtenbergschule eine fachwissenschaftlich und
fachdidaktisch fundierte Grundlage.
Zeitgleich ist Herr Gerhard Röhner am
Modellversuch Hektor des Landes
Hessen beteiligt, dessen Ziel die Entwicklung eines Curriculums und von
Unterrichtsmaterialien für die informations- und kommunikationstechnische Grundbildung ist.
In den Jahren 1990 bis 1995 finden in
Kooperation der Lichtenbergschule und
der Technischen Hochschule Darmstadt
zwei Lehrerweiterbildungslehrgänge
Informatik statt. Jeden Donnerstag hören die Teilnehmer vormittags Informatik-Vorlesungen an der THD, welche
nachmittags an der Lichtenbergschule
mit passenden schulbezogenen Übungen ergänzt werden. Das Kultusministerium unterstützt diese Maßnahme durch Bereitstellung weiterer
AT-kompatibler Zenith-Computer. Im
Jahre 1992 wird die alte Apple-Anlage
durch 486er-Computer mit 4 MB Hauptspeicher und 80 MB Festplatte ersetzt.
Man arbeitet unter DOS, programmiert
mit Turbo-Pascal und fix-Prolog und
wendet dBase und erste Word-Versionen an. Zeitgleich werden die Computer mit der DOS-Netzwerk-Software
Lantastic vernetzt. In der Mittelstufe
findet eine Abkehr vom algorithmenorientierten hin zu einem anwendungsorientierten Zugang statt. Schüler stellen mit PC-gesteuerten XY-Schneidetischen ein maßstabgetreues Modell
der Schule aus Depronplatten her. Mit
„Elwis“ werden im lokalen Netz moderne Kaufhäuser simuliert. Bestellungen,
Warenannahme, Lager, Verkaufsraum,
Scannerkasse, Verkaufsanalyse und
Personalwesen sind über eine gemeinsame Datenbank verbunden. Zaghafte
Versuche zum Einsatz des Computers
im Mathematikunterricht werden unternommen, das Algebrasystem Derive
wird als Schullizenz angeschafft.
Am 2.11.1995 zieht erstmalig das Internet in die Lichtenbergschule ein. Per
14.4er Modem wird ein Computer über
einen eigenen Telefon-Hauptanschluss
mit der GMD (Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung) verbunden. Damit fällt der Startschuss für die
Entwicklung der Lichtenbergschule zu
einer Medienschule. Erste Nutzer sind
die Fremdsprachen, bald kommen Gemeinschaftskunde und Geschichte hinzu. Die Entwicklung geht rasant voran.
Anfang 1996 wird aus Mitteln der
Elternspende und des Schulfestes eine
multimediafähige Ausstattung mit
Pentium 75 finanziert, die erste von
Schülern gestaltete Homepage präsentiert ab April 1996 die Lichtenbergschule im Internet. Im Mai des gleichen
Jahres wird der Kommunikationsserver
Arktur in Betrieb genommen. Nun
kann von allen Arbeitsstationen des
Computerraums aus gesurft werden.
Erste schulbezogene E-Mail-Konten
werden eingerichtet. Der Nutzerkreis
weitet sich erheblich aus, da die Schülerinnen und Schüler nun selbstständig
mit dem Internet arbeiten können.
Anfangs noch ziemlich langsam, aber
immer schneller: 28.8er-Modem, ISDN
und ab 1999 ADSL-Standleitung.
Softwareseitig findet eine Ablösung
der DOS-Betriebssysteme durch Windows 3.11 bzw. Windows 95 statt. Im
Informatikunterricht werden erste
Versuche mit Delphi als Entwicklungs-
werkzeug unternommen. Zunehmend
setzt man Office-Produkte im Wahlpflichtbereich ein und in der Jahrgangsstufe 11 erfolgt ein inhaltlicher Wechsel
von den Anwendersystemen hin zum
Thema Internet und HTML-Programmierung. In den Jahrgangsstufen 12
und 13 halten die Themen Datenbanken
und Informationssysteme sowie theoretische Informatik Einzug. Fachdidaktisch findet somit ein Wechsel zum systemorientierten Ansatz statt. Am
2.9.1997 genehmigt das Schulamt die
Einführung des Leistungsfachs Informatik. Seit dem Schuljahr 1998/99 finden nunmehr Leistungskurse Informatik statt, mit steigender Beliebtheit.
Mit der Vernetzung des zweiten Computerraums und der Anbindung an den
Kommunikationsserver stehen bald
zwei internetfähige PC-Räume zur Verfügung. Insbesondere die Gemeinschaftskunde-Kurse von Frau Dr. Traute
Endemann und Herrn Meinhard Hiemenz nehmen dieses zusätzliche Angebot gerne wahr. Schließlich ergibt sich
durch die erfolgreiche Bewerbung bei
Schulen ans Netz ein fächerübergreifendes Comenius-Projekt, bei dem im
Gemeinschaftskunde-Unterricht von
Herrn Meinhard Hiemenz die Situation
von Jugendlichen in Europa untersucht
und im Informatik-Unterricht von Herrn
Dr. Michael Montag die Ergebnisse für
die Schul-Homepage und den Aus-
tausch mit den europäischen Kooperationspartnern dargestellt werden.
Als sehr wirksam auf dem Weg zur
Medienschule erweist sich das Angebot eines PC-Arbeitsplatzes im Lehrerzimmer. Hier können sich Kolleginnen
und Kollegen gegenseitig bei der Arbeit
mit den neuen Medien unterstützen.
Insbesondere die Internetanbindung
Unser „Schulserver“
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6 Die Gegenwart – Profil der Schule
des Lehrerzimmer-PCs führt zu reger
Nutzung. Ergänzt wird dies durch Angebote zur schulinternen Lehrerfortbildung, unter anderem mit den Themen Textverarbeitung, E-Mail, Arbeitsblätter mit und aus dem Internet.
Die ursprüngliche angedachte Nutzung eines PC-Raums als Sprachwerkstatt setzt sich nicht durch, da die
Geräte nur bedingt multimediatauglich sind. Auch sind die bisherigen PCRäume mit acht bis neun Computern
nur für kleine Oberstufenkurse einsetzbar. Es werden daher die ersten Planungen für einen großen PC-Raum im
Neubau gemacht. Klar ist, dass dort
Ein halbes Jahr später, am 26.11.1999,
wird offiziell das innerschulische Wissenszentrum eingeweiht. Es bietet allen Schülerinnen und Schülern der
Lichtenbergschule einen individuellen
Zugang zur modernen Informationstechnik. Über die Computer des innerschulischen Wissenszentrums können
sie auf Multimedia-Enzyklopädien und
fachspezifische CD-ROMs zugreifen,
die auf dem zentralen Server des Schulintranets vorgehalten werden. Es existiert ein permanenter Zugang zum
Internet, die pädagogische Verantwortung wird durch technische Filter unterstützt. Neben individueller Arbeit
kann das Wissenszentrum auch gut für
reiche Medienprojekte möglich werden.
Das Video-Projekt im Deutsch-Unterricht
„Da schau her“ von Herrn Christoph
Ganß löst „Im Netz der Netze“ ab, Herr
Helmut Haas-Meier beteiligt sich am
Siemens-Wettbewerb Join-Multimedia. Die Aktivitäten führen schließlich
zur Gründung einer digitalen VideoWerkstatt. Zur Zeit läuft das Projekt
„Mathe mit der Maus“ unter Leitung
von Herrn Thomas Schmidt.
Im Jahr 2000 wird der Ausbau des SchulIntranets vorangetrieben. Die Schülervertretung erhält einen Netzzugang
sowie alle naturwissenschaftlichen
Räume. Das kommt insbesondere dem
www.lichtenbergschule-darmstadt.de
von Beginn an das Internet zur Verfügung stehen muss. Anfang 1999 wird
deshalb mit einem LichtwellenleiterKabel eine Verbindung zwischen dem
Alt- und dem Neubau hergestellt. Im
Mai 1999 kann dann ein neuer Multimediaraum mit 15 Computern (Pentium
350, 64 MB, 6 GB) in Betrieb genommen
werden. Endlich können auch ganz Klassen das IT-Angebot der Schule nutzen.
Gruppenarbeiten genutzt werden, wobei gleichermaßen konventionelle und
neue Medien für die Informationsrecherche und -aufarbeitung bereit stehen.
Ab dem Schuljahr 1999/00 nimmt die
Lichtenbergschule am Hessischen
Modellversuch „Neue Lernwelten in
Schule und zweiter Phase der Lehrerbildung“ teil. Herr Reinhard Kärcher
führt das Projekt „The tree of knowledge“, Herr Dr. Michael Montag und
Herr Andreas Müller das Projekt „Im
Netz der Netze“ durch. Insgesamt kann
die IT-Ausstattung dadurch so verbessert werden, z.B. durch Videokarten,
CD-Brenner, Digitalkamera und Multimedia-Produktionssoftware, dass zahl-
Chemie-Leistungskurs von Herrn Heinrich Ritter zu Gute, der erfolgreich am
finanziell gut ausgestatteten Info-SchulProjekt teilnimmt. In diesem Schuljahr
wird dieses Medienprojekt von Frau
Tanja Buchmann-Keller fortgesetzt. Die
von Herrn Dr. Michael Montag betreute
Schul-Homepage erhält am 1.4.2000
die offizielle Internetadresse www.lichtenbergschule-darmstadt.de. Erste
Versuche mit Web-Design-Kursen in
Zusammenarbeit von Kunst und
Informatik werden unternommen.
Nach einjähriger intensiver Nutzung
des Multimediaraums zeigen sich
Probleme, was den Einsatz im Sprachunterricht betrifft. Die Computer sind
nur bedingt einsatzfähig, es mangelt
an Verlässlichkeit. Die Probleme resultieren daraus, dass Windows 98 kein
schulgeeignetes Betriebssystem ist. Es
fehlt ein adäquates Rechtekonzept, das
die Systeme schützt. Schnell werden
mal Moorhuhn oder andere Spiele per
ADSL heruntergeladen und auf dem
Rechner installiert bzw. mit MP3-Dateien die Festplatten verstopft. Ist der
Platz zu eng geworden, löscht man bedenkenlos irgendwelche Dateien oder
Ordner, mit fatalen Folgen für die nachfolgenden Nutzer. Daher hat im Jahr
2001 die Umstellung auf Windows
2000 Priorität. Am 11.6.2001 wird der
Windows-2000-Server „Regulus“ in
Betrieb genommen, kurz vor den Sommerferien sind im Multimediaraum die
Client-Computer auf Windows-2000Professional umgestellt. Ab diesem
Schuljahr können von Klasse 5 bis 8 die
English-Coach-2000 Programme eingesetzt werden, welche in der Fachschaft Englisch sich immer größerer
Beliebtheit erfreuen.
Das Schulnetz wird weiter ausgebaut:
Die Schülerzeitungs-AG, der Mathematik-Fachraum, die beiden ErdkundeRäume, die digitale Video-Werkstatt,
die LMF-Bibliothek und das Lehrerzimmer im Neubau werden zu Beginn dieses Schuljahres mit dem Intranet ver-
bunden. Die ganze Vernetzungsstruktur
basiert auf strukturierter Verkabelung
unter Einsatz von Hubs, Switches und
Routern. Regulus geht als Terminalserver in Betrieb. Damit kann der PCRaum 311 mit seiner bunten Sammlung
von PCs, teilweise noch 486er, endlich
wieder sinnvoll genutzt werden. Die
PCs werden praktisch nur als Terminals
genutzt, die eigentliche Programmausführung erfolgt auf dem Terminalserver.
Die Anbindung weiterer Fach- und
Unterrichtsräume ist für die Zukunft
geplant, erste Experimente mit Funkvernetzung sind für dieses Schuljahr
vorgesehen. Mobile Einheiten sollen
die Nutzungsmöglichkeiten erweitern.
Ein weiterer großer Multimediaraum
zur Nutzung mit Mittelstufenklassen
ist für die Weiterentwicklung des Sprachenlernens und der Durchführung
von Medienprojekten unbedingt erforderlich. Als weitere Alternative mit mittelfristiger Zeitperspektive sehe ich die
Einrichtung von Laptop-Klassen.
Die technische Entwicklung geht einher mit der Entwicklung von Medienkompetenz im Kollegium. Die Referendarinnen und Referendare der Schule
erhalten im Studienseminar im Pflichtseminar „Computer und Unterricht“
sowie in Medientagen, Fachtagen und
den Fachseminaren eine fundierte Ausbildung im Bereich der neuen Medien.
Für das Kollegium finden zwei schulinterne Intel-Medienkompetenz-Kurse im
Umfang von je 40 Stunden mit jeweils
16 Lehrerinnen bzw. Lehrern statt.
Die finanziellen, technischen, personellen und zeitlichen Anforderungen zur
Entwicklung der Lichtenbergschule als
Medienschule sind groß, die Unterstützung durch das Kultusministerium und
den Schulträger eher gering (siehe
www.schule-ohne-zukunft.de). Dank
geht daher an den Förderverein der
Lichtenbergschule, der immer wieder
finanzielle Mittel zur Weiterentwicklung der IT-Ausstattung bereit gestellt
hat. Kritik geht an die Adresse des
Kultusministeriums und der Stadt
Darmstadt, welche die Schule in ihrem
Bestreben die Schülerinnen und Schüler
auf die Anforderungen einer modernen
Informationsgesellschaft adäquat vorzubereiten, unzureichend unterstützt.
Der Einsatz der neuen Medien beim
Lehren und Lernen bringt die Schule
deutlich voran. Schülerinnen und Schüler nutzen gerne die Chancen und Möglichkeiten, die durch die erweiterten
Lernangebote gegeben sind. Kolleginnen und Kollegen erleben zunehmend
die neuen Medien als Bereicherung
ihrer beruflichen Praxis und ihres
Unterrichts. Die von neuen Medien
ausgehenden Impulse helfen alte Gewohnheiten aufzubrechen und führen
somit zu einer produktiven Entwicklung der Lichtenbergschule als Schule
der Zukunft.
Gerhard Röhner
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6 Die Gegenwart – Profil der Schule
6.5 theater an der luo
Theater-AG
Der schiefe Turm von Pisa (ein Stück von
W. Hildesheimer) stürzte 1974 ein und
damit begann eine neue Ära der Theater-AG an der LuO, nachdem es „nach
einer Reihe von gelungenen TheaterAufführungen in den 50er und 60er
Jahren“ ... „still um das Theaterspiel an
diesem Gymnasium geworden...“ war.
(Darmstädter Tagblatt vom 23.12.74).
Jetzt übernahm Fritz Pratz Regie und
Leitung in der neuen Spieltruppe, die bis
1992 mit großem Erfolg vornehmlich
Komödien aufführte.
„Prinzessin Turandot erobert die Luo“ –
so hieß es z.B. 1978 in der „Freien Presse“, sodann folgte auf „Rauchende Colts
und federleichte Damen“ (1980:„PrärieSaloon“ von Wunderlich/Olias) ein „Herkules als verhinderter Saubermann “
(1982:„Herkules und der Stall des Augias“
von F. Dürrenmatt) sowie eine besondere Mirandolina:„Mirandolina zähmte
den Frauenverächter“ (1983:„Mirandolina“ v. Goldoni).
1984 wurde der „Pratzschen Theatertruppe“ attestiert, dass pädagogisches
Sendungsbewusstsein sowie Wille und
Ehrgeiz in den Hintergrund träten:
„Hauptsache, es macht Spaß!“ betonten
die Darsteller des „Jubiläumsschauspiels“
nach 10 Jahren Theater-AG ( „Romulus
der Große“ von F. Dürrenmatt).
Verbindendes Moment der Produktionen (1983:„Häuptling Abendwind“ von
Nestroy; 1986:„Der Bürger als Edelmann“
von Molière; 1987:„Die beiden Nachtwanderer“ von Nestroy; 1988:„Die deutschen
Kleinstädter“ von Kotzebue; 1989:„Die
Kleinbürgerhochzeit“ von Brecht; 1990:
„Ein Engel kommt nach Babylon“ von
Dürrenmatt; 1991:„Hin & Her“ von Horvath und 1992:„Frank V “ von Dürren-
matt) war dann auch der ausgeprägte
Humor der Aufführungen, hinter dem
jedoch stets „der Ernst hervorblitzte“. 1)
„Die Sonne schien grün in den Bäumen“ – mit dieser „Komödien-Tradition“
wurde gebrochen, als Fritz Pratz (der in
den Ruhestand ging) abgelöst wurde
durch zwei neue Kollegen an der LuO
(Reinhard Kärcher und Ina John).
Die Aufführungen von „Andorra“ von
Max Frisch (1993),„Doppelkopf“ von Gerlind Reinshagen (1994),„Aschenglut“
von Samuel Beckett (1995),„Der gute
Gott von Manhattan“ von Ingeborg
Bachmann (ein für die Bühne von der
Theater-AG selbst bearbeitetes Hörspiel,
1996, siehe Abb. links),„Wir sind noch
einmal davongekommen“ von Thornton
Wilder (1997),„Das Leben ist von einer
ungeahnten Grausamkeit“ (nach „Frühlings Erwachen“ von Frank Wedekind,
1999, siehe Abb. unten mitte) und „In
diesem Land vor unserer Zeit“ (nach
1) Zitate aus den Besprechungen im
„Darmstädter Echo“1984 – 1992
dem Drehbuch „Bambule“ von Ulrike
Meinhof, 2000) waren Beweise für den
Anspruch, dem Publikum auch „schwierigere“ Stücke zuzumuten – was die
Zuschauer zuweilen auch mit Grimm
bzw. weniger häufigem Erscheinen
quittierten.
Eine Ausnahme war 2001 eine Komödie
von Woody Allen („Schluss-Aus-Ende“
nach dem Einakter „Gott“) – ein voll besetzter Saal spiegelte wohl auch das
Bedürfnis nach einem lustigen „Event“
wider (siehe Abb. rechts).
„Schluss-Aus- Ende“ – Theaterspielen
macht Spaß, das zeigt sich über die Jahre
hinweg immer wieder, auch wenn die
Hauptakteure kurz vor dem mündlichen
oder schriftlichen Abitur stehen oder
häufig auch in anderen AGs mitwirken
(SV, Chor, Orchester – es sind stets die
gleichen Schüler, die sich mannigfaltig
engagieren) und Jahr für Jahr durch den
Weggang der Abiturienten eine neue
Gruppe konstituiert werden muss. Aber
die Freude am Spielen ist bestimmend
geblieben, das Engagement der
Schauspieler und ihre Selbstständigkeit
[ 94 · 95 ]
sind enorm gewachsen (u.a. abzulesen
daran, dass mit „Infarkt der kommunikativen Geister“ 1998 ein Stück aufgeführt
wurde, das sowohl von den Schülern
selbst geschrieben als auch von ihnen
inszeniert und gespielt wurde).
Jedoch haben sich die räumlichen und
sachlichen Bedingungen für die Arbeit
in der Theater-AG zunehmend verschlechtert, Terminkollisionen mit anderen AGs
oder Unterrichtsveranstaltungen und
Schulveranstaltungen sind kaum vermeidbar und ein Bühnenbild bzw. eine
Ausstattung wie zu Pratzschen Zeiten
scheint heute kaum finanzierbar.
Ina John
T heater
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
ter an der Lichtenbergschule zustande.
Entstanden ist die Arbeitsgemeinschaft aus einem Klassenprojekt einer
achten Klasse, das mit der Aufführung
des Märchens „Der gestiefelte Kater“
seinen Höhepunkt fand.
„Da geht's lang!” Helmut Ruder beim letzten Schliff
Kindertheater
Kindertheater bedeutet Theater mit
Kindern und Theater für Kinder. Das
schließt die großen Klassiker vom Spielplan aus. Es hat sich im Laufe der Jahre
eine Theater-AG entwickelt, die nur mit
Älteren sich der Erwachsenen-Stücke
annimmt.
Daneben kann das Kindertheater an
der LuO ebenfalls auf eine lange Tradition zurückblicken. In den Sechzigern
gab es zwei Schultheatergruppen, die
eine unter der Leitung von Helmut Ruder, die andere unter der Leitung von
Fredi Seip. Gespielt wurde beispielsweise „Der Nürnberger Trichter“,„Emil
und die Detektive“ und „Der Räuber
Hotzenplotz“.
Nachdem durch die Einführung der Förderstufe etwa zehn Jahre lang keine 5.
und 6. Klassen mehr in der Schule waren, kam 1990 wieder ein Kinderthea-
Kd
in
e
In den folgenden Jahren ist es durch
die Zusammenarbeit vieler Schüler,
Eltern und Kolleginnen und Kollegen
gelungen, jährlich eine Inszenierung
auf der Bühne zu realisieren. Mit Stücken wie „Ronja Räubertochter“,„Die
Reise durch das Schweigen“,„Eine Woche voller Samstage“,„Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“
oder „Abu Hassan, das Schlitzohr“ und
anderen konnte die Kindertheater AG
große Erfolge verbuchen. Die letzte
Produktion war im Frühjahr 2001 „Ich
mach’ dich gesund, sagte der Bär“,
derzeit ist eine Neueinstudierung von
James Krüss’ Kinderstück „Das Hemd
des Glücklichen“ in Verbindung mit
einer Schülerbearbeitung einer Kalendergeschichte von Johann Peter Hebel
in Vorbereitung, die im Februar 2002
Premiere haben soll.
Eine Besonderheit des LuO Kindertheaters war und ist es, dass bei fast allen
Aufführungen Schülerinnen und Schüler aller Jahrgangsstufen zusammen
spielten. „Ronja Räubertochter“ wurde
sogar schulformübergreifend auch mit
Schülerinnen und Schülern einer Grundschule inszeniert. Die Aufführungen
der bekannten Kinderstücke wurden
jeweils von bis zu tausend Zuschauern
besucht.
Ganz nebenbei wurde durch die Einnahmen die Ausstattung der Lichtenbergschule mit Scheinwerfern und
weiterem Bühnenequipment erheblich
erweitert. Ein Beleuchtungskonzept für
die Kleine Aula wurde entwickelt und
technisch realisiert.
Einige Schülerinnen und Schüler haben
an der Theaterarbeit so viel Spaß gefunden, dass sie in der Oberstufen TheaterAG weiter spielten und in Einzelfällen
auch ihre berufliche Ausrichtung in den
darstellenden Berufen fanden.
Bühnenbild arbeitete Jörg Aucktor mit
seiner Bühnenbild-AG, die es leider
nicht mehr gibt. Die Technik betreute
Christof Ganß.
[ 96 · 97 ]
Abtransport des kranken Tigers in der Schubkarre
Viele Eltern engagierten sich bei der
Beschaffung von Kostümen, und natürlich wäre es ohne den Einsatz der Schülerinnen und Schüler, die über den üblichen Unterricht in der Schule waren,
nicht gegangen. Für die Regie seit dem
Wiederentstehen des Kindertheaters
zuständig waren Peter Merz, Christof
Ganß, Ina John, Gundula Lott und
Harald Mehring.
Christof Ganß, Harald Mehring
Viele Menschen haben in der Vergangenheit daran mitgewirkt, dass Stücke
des Unterstufentheaters auf die Bühne
kommen konnten:
Harald Frey half bei der Musik mit,
Johanna Reisky bei der Anfertigung
von Kostümen, für Maske und Kostüme
war Gundula Lott zuständig, für das
„Wohltuende Spritze“
r- T h e a t e r
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
6.6 musikalische aktivitäten
an der lichtenbergschule in
der zeit von 1966 – 2001
Obwohl die Schwerpunkte der Lichtenbegschule eher im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich liegen,
aber auch der sprachliche Sektor mit
seinem großen Angebot von Englisch-,
Französisch-, Russisch-, Latein- und Spanischkursen einen beachtlichen Raum
an der Schule einnimmt, muss der
Musikfachschaft mit ihren vielen Aktivitäten in den vergangenen 35 Jahren
ein hohes Maß an Anerkennung zugedacht werden.
Was hier eine kleine Gruppe von Musiklehrern alljährlich immer wieder an
regelmäßig stattfindenden Konzertveranstaltungen in der Orangerie in Bessungen, im eigenen Schulgebäude oder
bei unterschiedlichsten Auftritten in
Altenheimen, auf dem Weihnachtsmarkt in Darmstadt, bei Ehemaligentreffen, an Schulfesten und bei Kammer- sowie Hausmusikabenden oder
durch musikalische Umrahmungen
von Schulgottesdiensten und vielen
anderen Veranstaltungen bereits leisteten und immer wieder zu Wege
bringen, ist schon enorm.
Da ich 1966 noch selbst drei Jahre Schüler der Lichtenbergschule war und zehn
Jahre später nach Bundeswehr/Musikcorpszeit und Studium 1976 bereits
wieder mit einem Lehrauftrag an meine ehemalige Schule zurückkehrte und
einen immer guten Kontakt zu meinen
damaligen Musiklehrern Herrn W. Poth
und Herrn Dr. Trapp pflegte, konnte es
mir nur Recht sein, auch als ausgebildeter Musik- und Deutschlehrer nach
der Referendarzeit 1978 mit einer vollen Stelle wieder in meine „alte Schule“
einzusteigen.
Die Bedingungen an der LuO, wie man
sie auch heute noch gelegentlich nennt,
waren damals für Musiker schon recht
gut, zumal Dr. Trapp als Fachleiter für
Musik, zuständig für die Gymnasien
des Regierungsbezirks Darmstadt, in
der Lichtenbergschule seinen Dienst
versah und ja auch als Musikpädagoge
dort unterrichtete und in beiden Eigenschaften eine bereits beachtliche
„Musikmaterialsammlung“ eingerichtet hatte, von der die anderen Musikerkollegen und die Schüler natürlich
ebenfalls profitierten.
Wenn auch die eigentliche Arbeit der
Musikerziehung im Klassenunterricht
erfolgt, so kommt doch der praktischen
Unterweisung in den Musik-AGs, wie
Orff-Instrumental-Kreis, Chor, Orchester, Flötenkreis, Jazz-Combo und den
Kammermusikgruppen eine besondere, nicht zu unterschätzende Bedeutung zu!
Die Lichtenbergschule konnte ein solches Angebot an freiwilligen Arbeitsgemeinschaften bereits seit Ende der
70er Jahre leisten, nachdem sich mit
steigenden Schülerzahlen auch die
Lehrerversorgung verbesserte. Mit den
damaligen Musiklehrerinnen Frau Vollberg-Bernbeck und Frau Grau, Herrn
Poth, Herrn Dr. Trapp und dann später
mit mir als Neuzugang konnten der
Musikpflichtunterricht sowie die hinzukommenden Musik-AGs ganz gut
abgedeckt werden, nachdem wir teilweise auf unser 2. Fach verzichten mussten. Obwohl es zu Beginn der 80er
Jahre dann nochmals zu einem personellen Einbruch im Bereich der Musik
kam, war man dennoch so weit, dass
an der Schule Leistungskurse für das
Fach Musik eingerichtet werden konnten, nachdem auch durch den Neubau
mit seinem Fachraumtrakt die Räumlichkeiten und damit die entsprechend
geforderten Musiksäle ebenfalls hierfür geschaffen und vorhanden waren,
die für die Bewilligung zur Einführung
von Musikleistungskursen durch das
Staatliche Schulamt gewährleistet sein
mussten.
Durch diese Möglichkeit, Musik als sogenanntes Hauptfach (Leistungsfach!)
mit 5 Wochenstunden zu unterrichten,
gab es für die SchülerInnen, aber auch
für die Lehrer völlig neue Möglichkeiten, im Unterricht und in den AGs musikalische Fähigkeiten Einzelner, aber
auch in der Gruppe zu wecken, zu beleben, auszubauen, entsprechend zu fördern und dabei neue Gestaltungsmöglichkeiten zu erproben! Außerdem
wurden und werden die Leistungskurse in der Regel von Musikkennern und
Liebhabern sowie von InstrumentalSpezialisten gewählt, was normalerweise von vornherein eine gute Arbeitsmoral und -atmosphäre verspricht.
Hier wird auch der Lehrer gefordert
und man freut sich auf diese Herausforderung.
Die Schülerinnen und Schüler der Musikleistungskurse bilden auch gleichzeitig
verlässliche Verstärkung in den MusikAGs wie Chor, Orchester, Jazz-Combo,
in denen sie je nach Fähigkeit und Ausbildung eine Stunde pro Woche praktischen Dienst absolvieren müssen und
dies auch früher schon machen mussten. Diese angeordneten oder verordneten Musizierstunden haben sich in
der Praxis als sehr positiv erwiesen.
Man erlebt es immer wieder, wie sich
Instrumentalisten, die erstmals in einer
Musiziergruppe spielen, langsam in
diese neue Gegebenheit eingewöhnen
müssen. Dabei gilt es, Pausen genau
einzuhalten, Notenwerte auszuzählen
oder durch Einordnung in dynamischer
Hinsicht dem Werk und der musizierenden Gemeinschaft zu dienen.
Schüler mit solistischen Ambitionen
müssen sich bescheiden einreihen;
ängstliche, zurückhaltende Schüler gewinnen Selbstvertrauen und mancher
wird zu eifrigem häuslichen Üben angeregt, weil das Zusammenspiel mit
anderen die eigene Musizierfreude
steigert.
Dass sich die Besetzung in den großen
Musiziergruppen immer wieder ändert
durch Neuzugänge, Austritte, Schulabgänge, Abitur usw., ist für uns Schulmusiker ein Los, mit dem wir leben und
zurechtkommen müssen. Auch im Kollegenkreis geschehen solche Einbrüche,
Wechsel und Abgänge. Nachdem z.B.
Dr. Trapp um das Jahr 1980 herum als
ordentlicher Professor an die Musikhochschule in Frankfurt am Main berufen wurde, hatten wir zunächst erst
einmal diesen Verlust zu verdauen, hatten allerdings dann wiederum großes
Glück, dass seine Frau etwa 2 – 3 Jahre
später zu unserem Musikerteam als
Kollegin stieß, zumal damals Frau Grau
ebenfalls die Schule verließ.
Chor und Orchester sowie die anderen
Musiziergruppen sind immer im Aufoder Umbau begriffen. Ist gerade eine
Gruppe von Sängern oder Instrumentalisten gut aufeinander eingesungen
oder eingespielt, dann passiert es immer wieder, dass durch Stimmbruch
und Mutation einige Mitglieder wegbleiben und die fortgeschrittenen Spieler mit dem Abitur die Schule verlassen. Besetzungsschwankungen sind
also ständig zu verkraften. Dies musste
die Lichtenbergschule auch im Musikkollegium am Anfang und Ende der
80er Jahre sowie Anfang der 90er
Jahre durchleiden. Eine ständig wechselnde Musiklehrerformation musste
verkraftet werden und brachte für
Schüler und Schule eher Unruhe statt
Verstärkung. In diesen Jahren gingen
oder kamen Frau Huber-Lob, Frau
Kretschmann, Herr Müller, Frau Hahn
und Herr Kratzenberg. Keine dieser
Personen ist heute noch bei uns an der
Schule als Lehrer tätig.
Bei den Musikgruppen entsteht oft folgende Situation, dass alteingesessene
Spielerinnen und Spieler auch immer
wieder Rücksicht auf die neu hinzugekommenen Anfänger nehmen müssen
und dabei sich geduldig bei der Einstudierung neuer Stücke zeigen, sie dürfen
oft ihre eigenen Fähigkeiten mit Rücksicht auf die Schwächeren nicht voll
entfalten und sollen möglichst noch
Hilfestellungen an den jüngeren Kameraden vornehmen, z.B bei Streichinstrumenten Stricharten in die Notenblätter
einzeichnen oder beim Einstimmen der
Geigen behilflich sein. Zu diesen erzieherischen Aspekten kommen aber für
die Mitwirkenden auch noch Gewinne
rein musikalischer Art.
So haben sich z.B. einige unserer
Schülerinnen und Schüler in der
Jazz-Combo, im Chor oder
Orchester durch hervorragende
Leistungen beim Bewältigen
schwieriger Solopartien oder
durch außergewöhnliche
Improvisation hervor getan und
damit ihr Können bestätigt.
Besonders musikbegeisterte, stark
engagierte und hoch begabte
Schülerinnen und Schüler haben
auch schon oft auf ihren
Instrumenten gute bis sehr gute
Ergebnisse bei den bundesweit
ausgeschriebenen InstrumentalWettbewerben „Jugend musiziert“ auf Stadt-, Landes- und
sogar mehrmals auf Bundesebene
Preise gewonnen und Siege errungen oder eingespielt.
[ 98 · 99 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Zur Zeit kann sich aus der Klasse 10
Kira Sütterlin auf ihrer Gitarre mit einem solchen Titel schmücken. Schon
im vergangenen Jahr wurde sie Bundessiegerin in ihrer Jahrgangsstufe im
Gitarrenspiel. Weitere frühere Schüler
der Lichtenbergschule, die sich in eine
solche Preisträgerliste auf Stadt-, Landes- oder Bundesebene einreihen können, sind und waren z.B. :
Gerhard Schorlemmer, Ingo und Carsten de
Haas, Wolfram Laux, Sigrun und Uta Wetterich, Franck Schuhardt, Susanne Stetter, Kai
Flade, Johanna Hänsel, Brigitte und Peter
Rost, Clemens Kraft, Barbara und Eckehard
Schneider, Tilmann und Susanne Rentel,
Christiane Erzgräber, Martin Uellner, Ellen
Brommer, Stefanie Buchwald, Martin Pickel,
Barbara Malkmus, Joachim Steinhilber und
Lutz Glenewinkel und evtl. andere, die bei
dieser Aufstellung möglicherweise vergessen
wurden… man möge mir dies verzeihen.
Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass
viele unserer Schüler, die Musikleistungskurse besucht haben, auch in ihrer
Berufswahl ihren früheren schulischen
Neigungen treu geblieben sind und als
z.T. sehr erfolgreiche Musiker heute in
verschiedenen Städten Deutschlands
ihren Dienst versehen; z.B. als Instrumentalkünstler in Theater- bzw. Opernorchestern sitzen und musizieren bzw.
als Pädagogen und Leiter an Musikschulen arbeiten, als Kirchenmusiker
bzw. Kantoren in guten Positionen
agieren, als Musiklehrer aller Schulformen tätig sind und als Musiktherapeu-
ten gute Stellen besetzen, als Sänger,
Dirigenten und als Tanzpädagogen arbeiten und sogar als Konzertmeister in
großen deutschen Orchestern zu finden sind.
Herausragende Ergebnisse im musikalischen Bereich unserer Schule werden
auch bei besonderen Projekten erzielt,
die wir als Musiklehrer unseren Schülern in den zurückliegenden Jahren anbieten konnten. So hat z.B. Frau Vollberg-Bernbeck von Anfang bis Ende der
80er Jahre mit hochbegabten Schülern
unserer Schule ein Streichquartett zusammengestellt, bestehend aus den
Geschwistern de Haas (Dagmar, Carsten und Ingo) sowie Alexander Rettig,
der die Besetzung komplettierte. Sie
haben gemeinsam Streichquartettliteratur erarbeitet und von Jahr zu
Jahr leistungssteigernde hervorragende Ergebnisse erzielt, die sich auch im
Wettbewerbsvergleich mit anderen,
ähnlich zusammengesetzten Gruppen
sehen und hören lassen konnten. Rundfunkbesuche und dortige Vorspiele
waren immerhin die Folge. Dieses Ensemble war natürlich bei allen Schulkonzerten eine „Zugnummer“ und lockte Publikum an. So nahm z.B. dieses
Ensemble am 19.11.1985 am Musikwettbewerb Landesbegegnung „Schulen
musizieren“ im großen Sendesaal des
Hessischen Rundfunks teil mit Haydns
Streichquartett, op 76 Nr. 5 und 2 Jahre
später nochmals am 17.11.1987 in der
Stadthalle Frankfurt Bergen-Enkheim
mit H. Kaminskis Canon-Tanz-Fuge aus
der Musik für 2 Violinen und Klavier in
der Besetzung Ingo de Haas und
Alexander Rettig, Geige, und Susanne
Stetter am Klavier.
Ebenso hatten einige unserer
Möglichkeit, durch Vorspiele auf
Eine Auswahl einiger markanter vorgeführter Werke aus diesen Veranstaltungen möchte ich an dieser Stelle einmal
auflisten:
ihren Instrumenten nach ihren
• Sonata in g-moll, op 1 Nr. 3 für Querflöte
Bundespreisträger auch die
Siegen eigene Sendezeiten zu
bekommen, und erhielten die
Chance, dass ihre Musikstücke
auf Schallplatten und Musikkassetten und neuerdings auf CDs
erschienen sind.
von G. F. Händel
• Divertimento Nr. 14, B-Dur KV 270 für
Bläserquintett von W. A. Mozart
• Pastorale Andante für 2 Querflöten, Fagott
und Klavier von J. Haydn
• Fantasie-Impromptu, cis-moll, op 66 für
Klavier von F. Chopin
• Bläserquintett –
Beethovens Fifth Bossa Nova
• „Eine kleine Nachtmusik“ Serenade
Als einen weiteren besonderen und erwähnenswerten musikalischen Leckerbissen unserer Schule mit dem Chor
und dem Orchester sowie Solisten ist
auch eine Aufführung im Jahre 1983 zu
nennen, bei der wir Telemanns „Schulmeisterkantate“ aufführten. Von 1982 –
1988 hatten wir an unserer Schule viele
engagierte und musikbegeisterte sowie hochbegabte Schülerinnen und
Schüler, so dass wir immer wieder zusätzlich zu den beiden großen Konzerten zum Schuljahresabschluss und im
Advent ein bis zwei Kammerkonzerte
in der Orangerie als interessante musikalische Glanzpunkte dem kulturellen
Geschehen unserer Schule hinzufügen
konnten.
von W. A. Mozart
• Concerto für Mandoline und Klavier
von J. N. Hummel
• Sonata in C-Dur für kleines Orchester
von D. Purcell
• Sonate in F-Dur für Trompete und Klavier
von G. F. Händel
• Konzert d-moll für Oboe und Klavier
von A. Marcello
• Jugoslawische Tanzsuite von E. Werdin
• Sonate g-moll für 2 Geigen und Basso
continuo von G. F. Händel
• Konzert für Violine und Orchester
von J. S. Bach
• Partita a-moll für Violine von J. S. Bach
• Jeux d’eau für Klavier von M. Ravel
• Papillons, op 2 von R. Schumann
• Walzer cis-moll op 64 Nr. 2 für Klavier
von F. Chopin
• Sonata für Klavier und Violoncello
e-moll op 38 von J. Brahms
• Sonate für Violoncello und Klavier
op 40 von D. Schostakowitsch
• Prelude Nr. 8, Vivace von Frank Martin
Die 1986 neu gegründete Jazz-Band,
die sich aus Leistungskursschülern rekrutierte und von dem damals besonders engagierten und hochbegabten
Schüler Andreas Lehmann (Abi Note 1,0
mit anschließendem Förderpreis und
Stipendium der Studienstiftung des
Deutschen Volkes) ins Leben gerufen
und von Herrn Vollberg am Schlagzeug
verstärkt und betreut wurde, erzielte
bald beachtliche Erfolge. Heute wird
die Truppe von Herrn Frey geleitet und
ist aus dem schulischen Veranstaltungskalender nicht mehr wegzudenken. Die
Jazz-Combo hat auch schon so manch
eigenes Konzert veranstaltet und hat
sich in der Zeit ihres Bestehens ein beachtliches Repertoire an Stücken angeeignet, wie aus dem nachfolgenden
Verzeichnis hervorgeht.
Häufig gespielte Jazz-Stücke der Combo:
• Night in Tunesia von Dizzy Gillespie
• Summertime von George Gershwin
• Round Midnight von Miles Davis
• Sir Duke von Miles Davis
• Equino X von J. Coltrane
• Blue train von J. Coltrane
• Naima von J. Coltrane, arr. F. Mantooth
• Watermelon man von Herbie Hancock
• Don’t look back von Jeff Taylor
• Essence of beauty von Bob Lowden
• Skylark von Hoagy Carmichael
• Mr. P. C. von John Coltrane
• AGGA von Jürgen Wuchner
• How’s the time von Charlie Parker
• Cowboy song von Fred Lipsius
• Autumn leaves von Joseph Kosma und
John Mercer
• It don’t mean a thing von Duke Ellington
• Eigelstein 135 von G. Ruby
• I let a song go out of my heart von
Duke Ellington
• In the mood and moonlight serenade
von Glenn Miller
• Milestones von Miles Davis
• Eclipse von Jeff Taylor
• Pink Panther von H. Mancini, arr. D. Lieb
• Tough Talk von Crusaders
• Strolling von A. Jungbluth
• Oye Como Va von T. Puente,
arr. D. Goodwin
• Birdland von Freddie Hubbard
• Miste clean von A. C. Jobin/F. Mantooth
[ 100 · 101 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Sonderkonzert ehemaliger Schüler.
Anfang der 90er Jahre (1991 und 1993)
hat die Schule von der Stadt Darmstadt
eine interessante Möglichkeit bekommen, sich von der künstlerischen und
sportlichen Seite zu zeigen und dabei
einen Nachmittag für Senioren im großen Kongresssaal des Luisencenters unter dem Motto „Musik, Spiel und Sport“
zu gestalten. In Zusammenarbeit mit
einem Teil unserer Sportkollegen konnten wir hierfür ein abwechslungsreiches
Programm zusammenstellen und mit
dem Schulorchester und einigen versierten und talentierten Tänzern aus unseren Oberstufenkursen eine Schülergruppe zusammenstellen und mit
einer beachtlichen Tanzformation aufwarten, mit gelungener Choreografie,
begleitet durch das Schulorchester mit
Beethoven- und Mozartkompositionen
(Contratänzen) und konnten dabei die
TänzerInnen in schöner Garderobe auftreten lassen, zumal ich damals guten
Kontakt zum Staatstheater über die
Hessische Spielgemeinschaft hatte, bei
der ich viele Jahre mit einigen Kollegen
und guten Instrumentalisten unserer
Schule gemeinsam in mehreren Bühnenstücken mitwirkte. So z.B. in Nestroys Werk „Einen Jux will er sich machen“ oder in Zuckmayers Stück „Der
Schinderhannes“ sowie im „Schneider
Wibbel“ von Hans Müller-Schlosser
und einigen anderen Werken.
Ein weiterer sehr schöner und dankbarer Auftrag über die Stadt Darmstadt
erfolgte im März 1997 an das Orchester
unserer Schule zur Ausstellungseröffnung „Gourmet“ im Hessischen Landesmuseum in Zusammenarbeit mit den
Darmstädter Museumspädagogen,
wofür wir den entsprechenden feierlichen musikalischen Rahmen mit Corellis Sonata a quattro als Tafelmusik
geben konnten.
Solche Auftritte auch außerhalb der
Schule sind natürlich für Schüler immer
wieder Ansporn und Reiz zum Weitermachen und Mitarbeiten in den musischen AGs, zumal dabei meist auch
noch eine Einladung zum kalten Buffet
erfolgt.
Einen großen Eindruck in der Schulgemeinde und bei Gästen haben auch die
beiden Sonderkonzerte ehemaliger
Schüler der Lichtenbergschule in der
Orangerie hinterlassen, die zum 25jährigen Jubiläum der Schule im Juni 1991
und zum Wiedereinzug in den sanierten Neubau-Fachraumtrakt 1995/1996
beim ersten Mal von Frau VollbergBernbeck in mühevoller Kleinstarbeit
zustande kam und organisiert wurde
und beim zweiten Konzert auch ich in
diese Organisation mit eingebunden
war, natürlich ebenfalls als mitmusizierender „Ehemaliger“.
Weitere besondere Musikaktionen,
Darbietungen und Projekte werden
und wurden nahezu in allen bisherigen
Musikleistungkursen erprobt und vorgeführt und als zusätzliche Attraktionen in den Schulkonzerten vorgestellt,
so z.B. eine vierstimmig gesprochene
Fuge aus der Geografie, bei der sich wiederholende und überlappende Textpassagen, aber auch sich ständig unterschiedlich rhythmisch gestaltete Figuren begegnen und zu bewältigen sind
und dabei hohe Anforderungen an die
Vortragenden bei guter Konzentration
gestellt werden.
Etwas besonders Originelles hatte sich
ein weiterer Musikleistungskurs bei
einer Abschiedsvorstellung in einem
Konzert ausgedacht, bei der im Stil der
Comedian Harmonists die beiden
Stücke „In der Bar zum Krokodil“ und
der „Kleine grüne Kaktus“ vorgetragen
wurden.
Im Jahr 2000 stellte der LK Musik ein
von den Mitgliedern selbst erarbeitetes
Stück mit dem Titel „Jazz Gloria“ für
gemischte Stimmen von Natalie Sleeth
vor, wobei der Einsatz von Glockenspielen, Kongas, Schlagzeug, Saxophon,
Streichinstrumenten und Chorstimmen
eine eigenwillige, aber interessante Gesamtvorstellung des mit Improvisationen durchgezogenen Stückes ergaben.
Ebenfalls ganz amüsant gestaltet und
vorgetragen erschien im Sommerkonzert des vergangenen Jahres die Interpretation des Schubert’schen vierstimmigen Chorsatzes über die „Forelle“,
die vom letzten LK Musik in abgewandelter Form durch verschiedene Epochen bzw. Stilrichtungen in der Art bekannter „alter Meister“ in Variationen
be- und verarbeitet wurde. Dazu passend brachte eine einfallsreiche Kostümierung so manchen Applaus und
Lacherfolg.
Aktionen des Schulchors, bei denen z.B.
für ein Afrika-Projekt Gelder »eingesungen« wurden, haben Mitte der 90er
Jahre auch schon stattgefunden und
fanden bei den Schülerinnen und Schülern ebenfalls Anklang, da sie dabei die
Notwendigkeit und den Zweck ihrer
Sonderleistung auch erkennen konnten
und hierfür daher schnell zu begeistern
waren.
Überhaupt hat der Chor in den zurückliegenden 35 Jahren eine tolle Entwicklungsphase durchgemacht und beide
Chorleiter, sowohl Frau Vollberg-Bernbeck wie auch Herr Frey, haben mit ihrer
jeweiligen „Mannschaft“ sehr schöne
und interessante Werke erarbeiten
können:
• „Zigeunerleben“ von R. Schumann op 29,3
• „Gloria“ für Chor und Orchester
von A. Vivaldi
• „Der Sturm“ von J. Haydn
• „In dulci jubilo“ von D. Buxtehude
• Chor der Gefangenen aus „Nabucco“
von G. Verdi
• Sanctus aus der Messe D-Dur
Schulchor
von A. Dvorak
• Cantate domino von H. L. Hassler
• „Oh happy day“ von E. R. Hawkins
• „Bohemian Rhapsody“
von Freddy Mercury (Queen)
• Ride the chariot
• Spiritual
• Elia-Rock
• „Summer in the City“ von J. Sebastian
• „I got rhythm“, „The lion sleeps tonight“
von S. Linda
• „Odi et amo“ aus C. Orffs Catulli Carmina
• Hodie Christus natus est
• „Weihnachtssmotette“ von G. Gabrielie
• Jesus,„Lover of my soul“ von E. Hawkins
Flötenkreis
• „Gloria Patri“ von G. P. da Palestrina
• „The Glory Train“ von L. Spevacek
• „Rhythm in my soul“ von P. F. Simms
• „Suncatcher“ von R. Emerson
• „Yes Sir, that’s my baby“ von
W. Donaldson...
und viele andere Werke mehr
Durchgeführte Chorfreizeiten, die Herr
Frey mit seinen Sängern auf der Starkenburg und andernorts mehrmals
praktiziert hat, kamen immer gut an
und dienten gleichzeitig kommunikativen Zwecken und bedeuteten für die
Chorarbeit eine intensive und absolut
nützliche Begegnung auch für die zwischenmenschlichen Beziehungen der
Chormitglieder untereinander.
Die von der Jazz-Combo mehrmals
durchgeführten Darbietungen der
zurückliegenden 10 Jahre bei Schulfesten und anderen Veranstaltungen
kamen und kommen noch heute bei
Jung und Alt immer gut an. Auch die
Unternehmungen, die bisher vom
Unterstufenchor mit Frau Hahn oder
Herrn John sowie dem Orff-Instrumentalkreis bei Schulkonzerten von Frau
Witt vorbereitet und durchgeführt
wurden und werden, sind vom Publikum bei allen Konzerten dankbar und
mit großem Beifall aufgenommen
worden.
[ 102 · 103 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Schulorchester
Queen“ von Henry Purcell oder einer
Fuge zu 3 Stimmen von G. F. Händel, die
von Frau Witt eingeübt und von ihrer
Orff-Gruppe vorgetragen wurde.
Über zu geringe Auftrittsmöglichkeiten
im Schulalltag können wir uns nicht beschweren. Es gibt viele Termine das Jahr
über, die von uns wahrgenommen werden, wie sich aus nachfolgender Aufstellung und Übersicht erkennen lässt.
Zu den regelmäßig stattfindenden Auftritten im jeweils laufenden Schuljahr
mit Musikgruppen der Schule sind folgende Veranstaltungen in ihrer etwaigen Reihenfolge zu nennen:
1. Musikalische Umrahmung des
Gottesdienstes zum Schuljahresanfang
2. Ebenfalls zu Beginn des SchulMan denke nur an die Aufführung von
„Max und Moritz“, Kantate nach Wilhelm Busch, von Günther Kretschmar
oder „Die singende Hyäne“ von Felix
Janosa sowie Drei alte deutsche Schlager – Maskenball bei Scotland YardZuckerpuppe – Ohne Krimi geht die
Mimi... von Heinz Gietz, die G. Eisenmann bearbeitet hat; oder die PopKantate „Swingin Samson“ von Michael
Hurd sowie die Seefahrt nach Rio –
eine Kantate für 2-stimmigen Kinderchor von Heinz Geese nach Versen von
James Krüss.
Ebenso erfreute man sich aber auch an
den Sätzen „Dona nobis pacem“ oder
dem Marsch der drei Könige von E. Hörler und R. Schoch, der Suite „The Fairy
jahres Musikdarbietungen bei
der Aufnahme der neuen Klassen 5 mit dem Orff-Instrumentalkreis oder dem Unterstufenchor
3. Weihnachtskonzert in der
Orangerie jeweils Mitte Dezember mit allen Musiziergruppen
4. Musikvorführungen zum
9. Je nach Möglichkeiten und
„Tag der offenen Tür“ bzw.
vorhandenen Schülertalenten
dem sog. Informationstag,
Entwicklung musikalischer
meist Februar, durch wechseln-
Sonderaktivitäten durch gele-
de Darbietungen von Chor,
gentlich stattfindende Haus-
Jazz-Combo, Orchester oder
musik- und Kammermusikver-
Orff-Kreis, hinzu kommen
anstaltungen in und außer-
gelegentliche Instrumenten-
halb der Schule
ausstellungen zum „Anfassen
und Ausprobieren“
5. Frühlings- bzw. Sommerkonzert mit allen Musik-Gruppen
6. Mitwirkung beim gemeinsamen Jazz-Konzert der Darmstädter Gymnasien seit Beginn
der 90er Jahre jeweils im Juni
7. Verabschiedungsfeier der
Abiturienten, begleitet und
umrahmt durch das Schulorchester
8. Mitwirkung verschiedener
musikalischer Arbeitsgruppen
bei Projektwochen
10. Je nach Bedarf – Mitwirkungen
und Gründungen unterschiedlicher Musikensembles zur Gestaltung von Bühnenmusik bei
Schultheaterveranstaltungen
• Suite für kleines Orchester (Tuttifäntchen)
von P. Hindemith
• Concerto pastorale von J. Chr. Pez
• Triumphmarsch aus Aida v. G. Verdi
• Tritsch-Tratsch Polka von J. Strauß
• 1. Orchester Sinfonie von Carl Ph. E. Bach
• Marcia KV 335 Nr. 1 von W. A. Mozart
• Konzert für Flöte und Orchester
von G. B. Pergolesi
• Konzert in B-Dur für 2 Flöten und
Orchester von G. Ph. Telemann
• Ouvertüre zur Oper „Die Welt auf dem
Mond“ von J. Haydn
• Sinfonie D-Dur KV 202 von W. A. Mozart
• Concerto per tromba und Orchester
von L. Mozart
• Konzert für 2 Geigen in G-Dur
von A. Stamitz
• Doppelkonzert d-moll für 2 Violinen und
Klavier von J. S. Bach
... Darüber hinaus kommen gelegentlich Möglichkeiten oder Einsätze für
den Chor, die Jazz-Combo oder für das
Schulorchester bei unterschiedlichsten
Anlässen zum Zuge, wie z.B. bei Einführung eines Schulleiters in sein neues
Amt oder dessen Verabschiedung, Ausstellungseröffnungen, Jubiläumsfeiern,
Schulfeste und zu anderen Gelegenheiten.
Für solche Zwecke und reine Konzertveranstaltungen habe ich mit dem
Orchester schon folgende Werke spielen
können:
• „Die Geschöpfe des Prometheus“
von L. V. Beethoven
• Concerto grosso C-Dur für 2 Violinen,
Violoncello und Streichorchester
von F. Manfredini
• Suiten: Feuerwerks- und Wassermusik für
großes Orchester von G. F. Händel
• Concerto G-Dur für Flöte, Oboe und
Streichinstrumente von J. F. Fasch
Gerhard Schorlemmer
[ 104 · 105 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
6.7 künstlerische gestaltungen
Die Kunsterziehung der Lichtenbergschule orientiert sich einmal am natürlichen Interesse der Schülerschaft für
praktisches Arbeiten und freies Gestalten, um einen Ausgleich für die eher
theoretischen und reproduktiven Anforderungen der anderen Fächer zu
bieten. Zum anderen verpflichten die
Rahmenpläne. Hier haben sich die Fachkollegen in den letzten Jahren ein verbindliches Curriculum erarbeitet, in dem
die konkreten Inhalte für die einzelnen
Jahrgangsstufen so verteilt sind, dass
noch genügend Spielraum bleibt, um
den wechselnden Interessen von Schülern und Lehrern spontan zu folgen.
Es soll nicht verschwiegen werden, dass
den Bemühungen um einen guten
Kunstunterricht enge Grenzen gesetzt
wurden. Dass Klassen von 30 Schülern
eher Standard als Ausnahme sind, dass
die Grundkurse in der Oberstufe um
Bild links:
Großfiguren der Klassen 7d und 9d
zum Thema Sport und Kunst an den
Fensterscheiben der „Galerie in der Schule“,
von innen und außen zu sehen,
Maße: ca. 100 cm hoch
ein Drittel gekürzt wurden, wirkt sich
im Fach Kunst mit seinen Schwerpunkten gestalterische Kreativität, spielerische Experimente und Entwicklung
individueller Lösungen besonders
nachteilig aus, da dies intensive Beschäftigung mit den einzelnen Schülern verlangt. Dass neuerdings statt 4 nur noch
3 Fachsäle zur Verfügung stehen, hat
die Lage weiter verschärft.
Europawettbewerb, LK 13, Skizze
Zeichnung
Dennoch initiierten und organisierten
wir innerhalb des Unterrichts und darüber hinaus viele Dinge, um die Schülerinnen und Schüler künstlerisch zu
aktivieren.
• Zeichnen nach der Natur auf dem
Schulgelände, im angrenzenden
Wald, im Museum
• Ausstellungsbesuche und
Museumsbesuche
• Regelmäßige Ausstellungen von Schülerarbeiten in den Fluren der Schule
• Beteiligung an Wettbewerben, so z.B.
mit Architekturmodellen an einem
Europawettbewerb, bei dem es Darmstadt- und Hessensieger/innen gab
mit einem Preis in Form eines viertägigen Berlinaufenthalts. Oder mit
einer Wandgestaltung im Neubau,
die den 1. Preis der Stadt Darmstadt
einbrachte.
Modell
[ 106 · 107 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
LK Kunst 12: Kunstgeschichtlicher Überblick von der Antike bis zum Barock, Herstellung eines Buches für Jugendliche
Galeriekonzept, LK 13
• Es konnten auch Arbeitsgemeinschaften angeboten werden für freies
künstlerisches Gestalten, auch im
Sinne einer Qualifizierung auf ein
entsprechendes Studium, AGs für
Fotografie, Druckgrafik, Ölmalerei,
Bühnenbild u.a.m. Solche Arbeitsgemeinschaften sind sehr wertvoll, von
Schülern stark nachgefragt, konnten
aber wegen Lehrermangels nur selten
ermöglicht werden. Zur Zeit gibt es
keine einzige Kunst-AG als Förderangebot.
Seit 2001 wurde es im Rahmen der Europaschule möglich, eine „Galerie in der
Schule“ zu verwirklichen, einen Raum
auszustatten, Ausstellungen zu Themen aller Fächer und Europaprojekte
durchzuführen. Auch die Zusammenarbeit mit anderen Schulen ist geplant.
Ab Oktober 2001 finden folgende
Ausstellungen statt :
• Sport und Kunst:
> zum Sportfest an der Schule
> zum Olympischen Gedanken
• Danach:
Fahrradzeichnungen
zu Biologie/Gentechnik, sowie
Mathematik/Computer und
Chemie und Kunst.
• Die Epoche der Romantik, am
> der Geschichte der Spiele
Beispiel des Faches Deutsch und
> zur griechischen Antike/GK12
Kunst.
(siehe „Pjotr“)
> kritische Stellungnahmen
der Klasse 9c
> Großfiguren der Klassen
• Präsentation der Projekttage
„Über den Tellerrand schauen“ –
Europa und andere Kontinente,
Juni 2002.
7d und 9d
> Darstellungen von Sportarten
der Klasse 9f
> Fahrradzeichnungen der
Klasse 5f
> Präsentation der Einrichtung
eines Sportmuseums „am
Woog“ von J.Harbrecht mit
Schülerarbeiten der Mornewegschule.
Die Fachschaft Kunst:
Philippe Böhm, Thomas John,
Peter Reiske, Georg Schrabeck,
Ulrike Springer
Großfiguren
[ 108 · 109 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Pokal für die Arbeit einer Mutter, sie braucht manchmal mehr als 2 Arme: für Kinder, Haushalt, Kochen, Putzen und vieles mehr (Abb. links)
Preis für die allerbeste Marmelade, die „Goldene Berta“ (Abb. rechts)
LK Kunst 12, Siebdruck/Werbung
Schulhofbild
LK Kunst 12, Buchgestaltung
Spinnennetz
Klasse 6a, Klecksbilder
[ 110 · 111 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Erde zählt, eine Briefpartnerschaft zwischen den Schülern eingeleitet. Diese
Kibo-Secondary-School in Moshi am
Fuße des Kilimandjaro und in unmittelbarer Nähe der Serengeti plant, aus
ihren zerfallenen Räumen in einen
Neubau umzuziehen.
SchülerInnen der Partnerschule in Moshi, Tansania, 1998
Die Afrika-AG der LuO baute ein Zebra zur Schulhofdekoration
6.8 die arbeitsgemeinschaften
der luo
Afrika-AG
Die Lichtenbergschule als neue Europaschule hat seit 1995/96 zu einer Schule
in der nordöstlichen Region von Tansania, das zu den ärmsten Ländern der
Die Kibo Secondary School ist eine
nichtstaatliche Selbsthilfeschule, die
als koedukative Tagesschule für 470
Schülerinnen und 370 Schüler von den
Klassen 8 bis 11 betrieben wird. Sekundarstufenschulen in Tansania sind
überwiegend nichtstaatliche Selbsthilfeeinrichtungen, die aus dem Schulgeld
der Eltern, der Selbsthilfe von Eltern,
Schülern und Lehrern und aus Spenden
finanziert werden. Träger der Schule ist
ein im wesentlichen aus Eltern und
Kommunalvertretern zusammengesetzter »School Board«, der zusammen mit
der Schulleitung die Schule verwaltet.
Die personelle und materielle Ausstattung der Kibo Schule ist in einem
schlechten Zustand. Die Schulräume
sind auf drei Gebäude in der Stadt verteilt (5 bis 10 Min. Weg), die Klassenräume sind nur mit einer Tafel, Holzstühlen und Tischen ausgestattet. Pro
Klasse gibt es zwischen 50 und 70 Schüler und Schülerinnen, die sich z.T. Tische
und Sitzgelegenheiten teilen. Es existiert keinerlei Unterrichtsmaterial,
weder Bücher, Karten, Anschauungsmaterial jedweder Art. Die Räume für
die Naturwissenschaften enthalten
nicht funktionierende Wasser- und
Gasleitungen, es fehlt an grundlegenden Voraussetzungen für naturwissenschaftlichen Unterricht, Sportgeräte
existieren nicht.
Wie viele Schulen in Tansania bearbeiten die Schüler und Lehrer zur Zeit
schon einige Felder, um durch den Verkauf der Agrarprodukte laufende Kosten der Schule zu decken bzw. die Ernährung der Schüler zu gewährleisten.
Der Schule steht seit zwei Jahren ein
Gelände von 23 Morgen Land zur Verfügung, das am Rande der Stadt liegt.
Auf diesem Gelände sollen die Gebäude der neuen Kibo Secondary School
entstehen; ein Trakt mit vier Klassenräumen ist im Rohbau vorhanden.
Die Afrika-Arbeitsgemeinschaft der
Lichtenbergschule hat es sich zum Ziel
gesetzt, diese Zustände zu ändern.
Da es den Lichtenbergschülern und
einer Schule in Gießen gelang, jeweils
2.300 DM zu sammeln, konnte zusammen mit einem Zuschuss des hessischen Ministeriums für Technik, Verkehr und Landwirtschaft zumindest die
Wasserversorgung der Schule finanziert werden.
Bei einer ersten Sammelaktion sind
1.460 Mark gespendet worden. In
einem Begleitprogramm werden die
Schülerinnen und Schüler durch eine
Ausstellung, Filme und Videos über
die Probleme Afrikas informiert. Lehrerinnen und Lehrer sollen sich im
Fachunterrricht des Themas annehmen.
„Die Frühzeit des Menschen“ –
Bausteine für ein fächerverbindendes
Unterrichtsprojekt
Auf dem Hintergrund der gewachsenen
Beziehungen der Schulpartnerschaft
der Lichtenbergschule Darmstadt mit
der Kibo-Secondary-School in Moshi/Tansania wird z.Z. versucht, das Thema
„Afrika“ auch schrittweise im Schulcurriculum zu verankern. Dabei bietet
es sich an, das Thema als fächerverbindendes Europaschulprojekt unter den
Aspekten von interkulturellem Lernen
und Methodenlernen mit Geschichte
oder Biologie als Leitfach im Unterricht
der Jahrgangsstufe 6/7 zu verankern.
Dabei können grundsätzlich nahezu
alle Schulfächer in das Projekt integriert
werden. Aus Gründen der Praktikabilität empfiehlt es sich aber, die Kooperation auf wenige Fächer zu beschränken.
Daher wird das Projekt im Schuljahr
2001/2002 in Kooperation der Fächer
Geschichte, Biologie und Religion in
einer Klasse 7 erprobt.
Die Afrika-AG trifft sich derzeit jeweils
in der 7. Stunde dienstags und erarbeitet z. Z. ein Quiz über Afrika für die
ganze Schulgemeinde. Damit sollen
alle Schüler für Afrika interessiert werden und Freunde für alle Themen, von
der Urmenschenforschung bis zum
heutigen Leben in der Partnerschule,
entwickeln.
Hans-Rüdiger Grundmann und
Hans-Jakob Schmitz
Foto-AG – Arbeit im Labor
Mit dem Einzug 1966 ins eigene Haus
verfügte die LuO nun auch über ein für
den damaligen Standard sehr gut ausgestattetes Fotolabor. Dadurch wurden
an ihr Fotoarbeitsgemeinschaften für
Schüler möglich. In all den Jahren seitdem ist unter Anleitung der Lehrkräfte
Reiske, Schrabeck und Weißert eine
ganze Reihe solcher Foto-AGs zustande
gekommen.
Deren Arbeitsschwerpunkt war naturgemäß neben einer Einführung in die
Aufnahmetechnik mit der Fotokamera
(oder auch dem Erstellen kurzer Super
8-Filmspots) die Dunkelkammerarbeit:
Viele Jahrgänge von Schülerinnen und
Schülern erlernten so im Fotolabor der
LuO das Entwickeln von Filmen, das Umsetzen von SW-Negativen in vergrößerte
Papierabzüge und deren gestalterische
Bearbeitung im Labor.
Aus der Anfangszeit der AG-Arbeit an
der Schule stammt das oben gezeigte,
am 23. 2. 1970 im Darmstädter Tagblatt
erschienene Bild.
„Studienrat Volkmar Weißert leitet die Fotolaboranten in spe an. Seine Tips sind noch
sehr vonnöten; denn erst kürzlich entwickelten die Schüler ihren ersten Film überhaupt.
Zuerst wird ein »Probestreifen« belichtet,
um die richtige Zeit für die Vergrößerung
herauszubekommen. Fachmännisch wird der
Streifen begutachtet, und die beiden an dem
Projektor entscheiden: »Zehn Sekunden sollen es sein!«“
(Darmstädter Tagblatt, 19.2.1970)
Soweit der „historische“ Exkurs.
[ 112 · 113 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Projektwoche 1997
(An Leute, die im Keramik-Keller irgendwann mal aufräumen oder ihn neu
weißen werden: Bitte lassen Sie dieses
„Kunstwerk“ stehen!)
Ein anderes, in vielen der Keramik-AGs
praktiziertes Ritual war das des Brennofenfestes. War der Ofen nach einem
Brand, meistens nach einem Glasurbrand, wieder abgekühlt, traf man sich
zum Aufräumen. Anschließend feierte
die AG, wie das früher in den Töpferkreisen auch üblich war, das Gelingen
der Arbeit: Man saß in der Werkstatt
bei Kerzenschein noch zusammen, es
wurde gesungen, vorgelesen, es gab
Tee und Gebäck.
Heute, mehr als 30 Jahre nach diesen
hoffnungsvollen Anfängen der Foto-AG
an der LuO, hat sich die Situation doch
geändert. Vor allem natürlich die äußeren Rahmenbedingungen: Bei dem
akuten Lehrermangel und der ständigen Erweiterung des Unterrichtsangebots durch neue Fächer und Projekte
ist es nicht verwunderlich, dass einerseits von Seiten der Schulleitung nur
noch selten die Möglichkeit gesehen
wird, eine Foto-AG einzurichten, dass
andererseits aber auch das Interesse
und die zeitlichen Möglichkeiten der
Schüler deutlich eingeschränkt sind.
Wichtiger noch als diese Rahmenbedingungen scheinen uns aber die radikalen Veränderungen, die das Medium
Fotografie selbst erfahren hat durch
die technologische Entwicklung und
die Digitalisierung der Bildmedien. Die
„Handarbeit“ im Fotolabor erscheint
den heutigen Schülern im Vergleich
mit der digitalen Bildbearbeitung oft
uninteressant, ja „steinzeitlich“. Das
bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass
damit jede Beschäftigung mit diesem
„antiquierten“ Medium überflüssig
wäre, im Gegenteil: Es gilt hier, den
Schülern auch eine kritische Haltung
zu vermitteln gegenüber den – zugegeben technisch perfekten – aber eben
doch vorgefertigten und damit in ihrem
Kreativitätspotential eingeschränkten
Bildbearbeitungsprogrammen.
Individuelle kreative Handarbeit gegenüber typisierter, reproduzierender
oder bestenfalls reorganisierender
Technik – darin liegt auch heute noch
die Chance des Fotolabors.
P. Reiske, V. Weißert, G. Schrabeck
Keramik-AG
Begonnen wurde das Werken mit Ton
an der LuO in einer Arbeitsgemeinschaft von Frau König, einer ausgebildeten Keramikerin. Schließlich war in
dem neuen Schulgebäude auch ein
dafür bestimmter Raum mit entsprechender Ausstattung, einem langen
speziellen Arbeitstisch und dazu auch
einem recht großen Brennofen zu finden. Die dort heute ebenfalls vorhandene Töpferscheibe wurde erst später
angeschafft.
Nach dem Weggang von Frau König von
der LuO gab es zunächst keine KeramikAG mehr, der Keramikraum im Kellergeschoss war verwaist. Im Einvernehmen mit der damaligen Schulleitung
und der Fachschaft Kunst übernahm
ich, ein fachfremder „Hobby-Töpfer“,
dann beides verantwortlich. Seit diesem November 1969 hat sich in all den
Jahren eine Vielzahl von Keramik-AGs
dort in diesem Kellerraum zusammengefunden, bis auf einige noch von
Herrn Kiesche betreute, von mir angeleitet.
Mit dem Ende der achtziger Jahre wurden diese AGs seltener, es gab aber
recht große Keramik-Arbeitsgruppen
bei den verschiedenen Projektwochen,
auch wurde in einem Jahr im Kunstunterricht mit Ton gearbeitet. Mehrere
Brände wurden deswegen in kurzer
Zeit notwendig.
Ein von Beginn an geführtes „Werkstattbuch“ verrät noch heute, wie groß
doch an der Schule das Interesse an
dieser Form des Werkens in einer Schülerarbeitsgemeinschaft war. Gearbeitet
wurde überwiegend in Aufbautechnik.
Der eine oder andere Töpferlehrling
setzte sich auch mal an die Töpferscheibe und erfuhr dann am eigenen Leibe,
warum eine Töpferlehre im Vergleich zu
der in anderen Handwerksberufen
einst so lange dauerte. Ein Abdruck der
noch im feuchtem Tonschlicker überzogenen Hand an der Kellerwand neben
der Scheibe nach dem ersten, meist
kläglich endenden Drehen war dann
der Lohn eines solchen Versuchs.
Nun ist der Keramikraum nach meinem
Weggang von der LuO allem Anschein
nach erneut verwaist. Ob sich wieder
jemand findet,und das für einen längeren Zeitraum, der LuO-Schüler in AGs
durch das Verformen von Ton mit der
Hand ein Stück Menschheitsgeschichte
erleben lässt?
V. Weißert
[ 114 · 115 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Einweisung der Schülerlotsen
nen Unikum im Straßenverkehr konfrontiert – dem Schülerlotsendienst
der Lichtenbergschule.
Seit 1953 gibt es in Deutschland den
Schülerlotsendienst, eine ursprünglich
aus den USA kommende Idee. Mit dem
Umzug der Lichtenbergschule im Jahre
1966 sichern auch an unserer Schule
Schülerlotsen den Übergang Ludwigshöhstraße – und das sehr erfolgreich:
Es gab hier noch keinen Unfall, bei dem
ein Kind zu Schaden gekommen wäre.
Schülerlotsen bei der Arbeit
6.9 schülerlotsendienst
Wer sich morgens vor Schulbeginn
über die Ludwigshöhstraße dem
Haupteingang der Lichtenbergschule
nähert, der wird mit einem in Darmstadt inzwischen einmalig geworde-
Ab der achten Klasse können Schülerinnen und Schüler Lotsen werden.
Im Schuljahr 2001/2002 umfasst die
Arbeitsgemeinschaft 22 Schülerlotsen
von der achten bis zur elften Klasse.
Mit Unterstützung der Verkehrswacht
Darmstadt, die im Übrigen in diesem
Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert,
werden die jungen Lotsen geschult.
Dabei steht die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler im Vordergrund. In
den ersten Schulwochen unterstützen
dann die älteren die jüngeren Lotsen
und helfen ihnen, mitunter schwierige
Situationen zu meistern. So müssen
sie sich vor Verkehrsteilnehmerinnen
und Verkehrsteilnehmern schützen, die
die inzwischen eingeführte Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 Stundenkilometern missachten, oder sich mit
undisziplinierten Mitschülern auseinandersetzen, die die Sicherheitsanweisungen nicht ernst nehmen. Leider
gibt es auch immer wieder Konfliktsituationen mit Eltern, die beim Hinbringen oder Abholen ihrer Kinder das
Halteverbot im inzwischen mit Pfosten
gekennzeichneten Bereich missachten.
Aber dennoch lassen sich die Mädchen
und Jungen den Mut und ihren Spaß
bei der Arbeit nicht nehmen.
Ob dies, bei der Einführung als äußerst
fortschrittlich angesehen, nicht zu einer
Benachteiligung besonders der Mädchen führte, muss diskutiert werden.
Neben der regelmäßigen Arbeit vor
und nach der Schule gehört zum Schuljahresbeginn die Verkehrserziehung in
den fünften Klassen zusammen mit
dem AG-Leiter zur Aufgabe insbesondere der älteren Lotsen. Hierbei erfahren die Sextaner aus erster Hand viele
nützliche Hinweise, die zur Verkehrssicherheit auf dem Schulweg zu ihrer
neuen Schule beitragen. Noch in den
Kinderschuhen steckt das Projekt Fahrradwerkstatt, in deren Konzeption die
Schülerlotsen mit einbezogen werden.
Des weiteren lädt die Verkehrswacht
alljährlich alle hessischen Schülerlotsen zu einem Wettbewerb ein. Hierbei
schnitten die Lotsen der Lichtenbergschule in den letzen Jahren mit überdurchschnittlich gutem Erfolg ab. So
erreichten sie hessenweit in den letzten 13 Jahren allein drei erste und vier
zweite Plätze. Dies ist nicht zuletzt auf
den großen Einsatz des ehemaligen
AG-Leiters und Verkehrsbeauftragten
Herrn OstR Loos zurückzuführen.
Es unterrichten zur Zeit 14 Sportlehrer/
innen an unserer Schule. Nicht alle sind
im Sport eingesetzt. Ein bis zwei Referendare unterstützen uns. In den nächsten Jahren wird es zu einem Wechsel
des Sportkollegiums kommen, da einige Kollegen aus Altersgründen die
Schule verlassen.
Mit ihrem ehrenamtlichen Engagement
für ihre Mitschülerinnen und Mitschüler
leisten die Schülerlotsen einerseits
einen wichtigen Beitrag zur Verkehrssicherheit, andererseits einen nicht
hoch genug einzuschätzenden Beitrag
für das Profil der Lichtenbergschule.
So werden neben dem Spaß an der
Sport ist bei uns in der Oberstufe 4. Prüfungsfach, d.h. es wird in der 12 und 13
auch Sporttheorie unterrichtet. Das
Sportkursangebot ist sehr vielseitig.
Wir bieten zur Zeit an:
Schülerlotsen (v. l. Katharina Seith (11), Lisa Jäger, Ida Weber, Lisa Graf, Celina Stroh (alle 8e))
gemeinsamen Arbeit automatisch wichtige Schlüsselqualifikationen wie Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein
vermittelt.
Es bleibt zu hoffen, dass sich auch in
Zukunft immer wieder genügend Schülerinnen und Schüler bereit erklären,
diese wichtige Aufgabe für die Lichtenbergschule zu erfüllen.
Stefan Niemeyer
6.10 der sport an der luo
Die räumlichen Bedingungen für den
Sport sind an der Lichtenbergschule
gut, da wir sowohl in der alten Turnhalle als auch in der Drei-Felder-Halle
unterrichten können. Da die große
Halle jedoch eine reine Ballspielhalle
ist und daher die Ausstattung mit Turngeräten fehlt, ist diese nur einseitig zu
nutzen. Für das Sporttreiben im Freien
nutzen wir die Radrennbahn und den
Wald rund um die Ludwigshöhe, d.h.
es fehlen Anlagen für Weit- und Hochsprung, Wurf und Stoß. Auch Kurz- und
Mittelstreckenlauf ist auf der asphaltierten Bahn nur eingeschränkt möglich.
Für die Zukunft erwarten wir nach den
Verbesserungen im Hallenbereich einen
Ausbau der Außenanlagen, um vor Ort
die nötigen Bewegungsmöglichkeiten
zu schaffen. Die Fachkonferenz wird in
naher Zukunft ein entsprechendes Konzept vorlegen.
Der Sportunterricht findet seit mindestens 20 Jahren koedukativ statt, d.h.
Mädchen und Jungen werden im Klassenverband gemeinsam unterrichtet.
4
1
1
1
2
1
3
1
2
Badmintonkurse
Fußballkurs
Gerätturnenkurs
Handballkurs
Orientierungslaufkurse
Schwimmkurs
Tanz- bzw. Gymnastikkurse
Tischtenniskurs
Volleyballkurse
Das Kultusministerium arbeitet zur
Zeit an neuen Oberstufenplänen, sodass für die nächsten Schuljahre mit
Umstrukturierungen zu rechnen ist.
Es gibt wieder vier Arbeitsgemeinschaften in diesem Schuljahr: Leichtathletik, Trampolin, Fußball, Volleyball.
[ 116 · 117 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
Jonglieren mit Bällen, Diabolos und
Drehtellern, Pedalofahren, Einradfahren, Stelzenlauf usw., unterrichtet.
In einigen Klassen der Jahrgangsstufen
8 bis 10 wird Hockey unterrichtet, mit
dem Ziel, beim Schüleraustausch mit
Schottland Vergleichsturniere spielen
zu können. Dies ist ein sehr erfolgreicher Weg, interkulturelles Lernen durch
Sport zu ermöglichen.
Wir hoffen, dass zusammen mit der
Schulleitung neue Wege gefunden werden können, das Angebot zu erweitern.
Auch bei Jugend trainiert für Olympia
nehmen wir wieder teil. Die Disziplinen
sind: Basketball, Fußball, Turnen,
Volleyball.
Seit einiger Zeit bestehen Kooperationen zwischen Vereinen und unserer
Schule im Bereich Handball, Trampolin,
Tischtennis, Tennis und in Ansätzen
Hockey. Diese sollen künftig noch intensiviert werden.
Ende des letzten Schuljahres fand zu
aller Zufriedenheit das jährliche Schulsportfest statt. Neben Klassenwettkämpfen in Fußball, Handball, Basketball und Volleyball konnten die Klassen
5 – 7 einen Geschicklichkeitsparcours
auf dem Pausengelände und die Klassen 8 – 11 einen Orientierungslauf bestreiten. Der komplette Jahrgang 12 war
zusammen mit den Kollegen als Helfer
bei den einzelnen Veranstaltungen eingeteilt. Der Fachbereich Kunst hat eine
Ausstellung zum Thema Sport und
Kunst organisiert, bei der auch dieses
Fest dokumentiert wird. Im Anschluss
an diese Ausstellung werden wir diese
Präsentationen nutzen, unsere Räumlichkeiten im Sportbereich zu verschönern.
Neu ist, dass im Rahmen der Leichtathletik AG für alle Schüler der Schule
die Möglichkeit besteht, an Schulleichtathletikmeisterschaften teilzunehmen.
Die große Resonanz lässt erwarten, dass
wir diese Meisterschaften als ständiges Angebot etablieren können.
Seit 1969 ist die Skifreizeit der 10. Klassen bei Schülern und Lehrern äußerst
beliebt. Neben der reinen Körperertüchtigung, d.h. Skilaufenlernen, nutzt sie
besonders auch dem sozialen Miteinander. Im kommenden Jahr werden wir
wieder einmal ein neues Ziel ansteuern, Mayrhofen im Zillertal.
Im Rahmen des Europaschulprogramms
wird in einigen Klassen des Jahrgangs
5 – 7 der Bereich Bewegungkünste, d.h.
Neben traditionellen Sportarten, wie
sie auch im Kursangebot der Oberstufe
ausgewiesen sind, werden auch Randoder Lifetimesportarten wie Inlineskaten, Baseball, Judo, Trampolin, Tennis
und Hockey unterrichtet. Viele dieser
Angebote können nur durch die Hilfe
von Sponsoren oder die Unterstützung
des Fördervereins verwirklicht werden.
Dem Förderverein verdanken wir auch
die gute Ausstattung mit Sport- und
Spielgeräten.
Der immer wichtiger werdende Auftrag an die Schulen und damit auch
den Sportunterricht, zur Gesundheitserziehung beizutragen, wird bei der
Auswahl der Unterrichtsinhalte in
Zukunft noch mehr Berücksichtigung
finden. Darin spiegelt sich auch die aktuelle Beschlusslage der Fachkonferenz,
allen Schülerinnen und Schülern im
Rahmen des Pflichtunterrichts vielfältige Bewegungsmöglichkeiten zu bieten.
I. Schmidtberg
6.11 schüler als
zeitungsmacher
Man schrieb das Schuljahr 1960/61, als
Schüler unter der Regie des damaligen
Schulsprechers Günther Zawada und
mit Unterstützung ihres Vertrauenslehrers Dr. Horst Rumpf die Schülerzeitung Die Boje herausbrachten. Diese
sollte der Ausgangspunkt sein für eine
ganze Dekade erfolgreicher Zeitungsarbeit durch Schüler und Schülerinnen
– und für spannende Einblicke ins Zeitgeschehen und Lebensgefühl der 60er
Jahre für denjenigen, der heute im
Schularchiv stöbert.
Zunächst kämpfte man jedoch mit
Schwierigkeiten. Bald nach ihren ersten
journalistischen Gehversuchen beklagten die jungen Redakteure der Lichtenbergschule eine nachlassende Resonanz
innerhalb der Schülerschaft, wollten
aber ihr Projekt nicht aufgeben. Durch
Anregung des Schulsprechers wurde
die Arbeitsgemeinschaft Presse-Film
gegründet, die nun als Herausgeber
der Schulzeitung Das Podium fungierte. Nachdem die erste Ausgabe im Mai
1961 mit bescheidenen 16 Seiten und
zwei Fotos in einer Auflage von 500
Exemplaren erschien, sollte das neue
Forum für die am Schulleben Beteiligten jedoch in kurzer Zeit so erfolgreich
werden, dass man die Auflage des Heftes auf das Dreifache steigern konnte.
Das Podium wurde zu einer „Institution“. Es konnte mit einem durchschnittlichen Umfang von 40 Seiten und zahllosen Bildern regelmäßig bis in die 70-er
Jahre hinein erscheinen und brachte es
schließlich zu über 40 Ausgaben.
Auch außerhalb der Schulmauern
konnten die DIN-A 5 Hefte auf sich aufmerksam machen. In einem vom Hessischen Kultusminister 1964 ausgeschriebenen Wettbewerb für, wie es
damals hieß,„hessische Schüler- und
jugendgeeignete Zeitungen“ wurde
das Podium mit dem 3. Preis ausgezeichnet.
Was die damaligen Gemüter bewegte,
spiegelt sich in Titelthemen wie den
folgenden wider:
„Schulfernsehen“ (1961)
„Europa formiert sich“ (1962/63)
„Die Stellung des Negers in den USA“
(1963)
„Gemeinsamer Religionsunterricht“
(1964)
„Mehr Abiturienten – aber wie?“ (1965)
„Das Farbfernsehen“ (1965)
„Koedukation“ (1965)
„Wettrennen zum Mond“ (1969)
Schule in anderen Ländern wurde zu
einem durchgängigen Thema, eine entsprechende Artikelserie wurde 1965
mit „Russland“ eingeleitet. Man sieht
diesen Formulierungen an, dass man
über den Tellerrand der eigenen Schule
hinaus sehen wollte und durchaus
auch bereit war, politisch heiße Eisen
anzufassen.
[ 118 · 119 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
In der Podiums-Festschrift zur Einweihung des Neubaus 1966 betonte man,
dass man für eine solche Zeitung das
Vertrauen der Schulleitung benötigte
und auch erfuhr, denn die Direktion las
die Veröffentlichungen erst zusammen
mit der übrigen Schulgemeinde – nach
ihrem Erscheinen – und vermied Gängelung oder gar Zensur. Eine stärkere Einmischung hätte nicht zuletzt wegen
einer Änderung der Rahmenbedingungen befürchtet werden können, denn
1964 wurde durch einen Erlass des
Hessischen Kultusministers eine klare
Trennung zwischen Schülerzeitungen,
die ausschließlich durch Schülerinitiative entstehen, und von der Schule offiziell herausgegebenen Schulzeitungen
vollzogen. Man hatte sich in der Redaktion aber entschieden, dem bisherigen
Konzept einer engen Kooperation zwi-
schen den Schülern und einem beratenden, für die Zeitung offiziell verantwortlichen Lehrer die Treue zu halten.
Das Ende des Podiums bedeutete das
vorläufige Ende einer Schulzeitung an
der LuO. In der Folgezeit versuchte man
andere Wege zu gehen: Von Schülerseite gab es einige Ansätze Schülerzeitungen ohne Betreuung durch einen
Lehrer oder eine Lehrerin zu veröffentlichen und die Schwerpunkte neben
der Lehrer- und Schulkritik auf Karikierendes (O-Ton Contra) und allgemein
Unterhaltendes zu verschieben. So entstanden beispielsweise das „Atrium“ in
den 80-er Jahren und in den 90-ern
„Contra“,„Hero“ und schließlich
„Anonym“.
Da seit der Veröffentlichung der letzten
Schülerzeitungsausgabe inzwischen
einige Jahre vergangen sind, mag es
überraschen, dass vielen Schülern „Ano-
nym“ noch ein Begriff ist, doch das Erscheinungsbild der letzten Ausgaben
dieser Schülerzeitung prägte sich ein:
Eine Zeitenwende hatte stattgefunden,
die die technischen Möglichkeiten der
jungen Journalisten enorm erweiterte.
Mit Computerunterstützung konnten
nun aufwendige und mit großer Perfektion gelayoutete Hefte erstellt werden, die in Großformat auf Hochglanzpapier gedruckt wurden.
Bei allem technischen Fortschritt, der
die Herstellung einer professionell aussehenden Zeitung erleichtert, ist aber
der zentrale Punkt der gleiche geblieben. Man kann ihn auch heute nicht
besser formulieren, als dies die Redakteure des Podiums 1966 taten:
[ 120 · 121 ]
6 Die Gegenwart – Profil der Schule
„Es kommt entscheidend darauf
an, leistungsfähige Schüler, die
ihren Mitschülern auch Wesentliches zu sagen haben, für die verantwortlichen Positionen zu gewinnen. Sie müssen in der Lage
sein, die redaktionelle und technische Arbeit bei der Herstellung
einer Zeitschrift zusätzlich zu ihren
schulischen Aufgaben verkraften
zu können.“
In diesem Schuljahr wird wieder ein
Versuch gestartet, ausgehend von
einer AG, in der sich die Schülerinnen
und Schüler koordinieren und Hilfestellungen finden können, eine neue
Schulzeitung aus der Taufe zu heben.
Die AG entstand, weil eine Zeitung für
die Lichtenbergschule seit Mitte der
90er Jahre von Schüler- wie von Lehrerseite als ein wichtiger Bestandteil des
Schullebens vermisst wurde. Ein Medium, an dem man sich einerseits reiben
und mit dem man sich andererseits
identifizieren kann, ist eine große Herausforderung an die Macher: Eine kleine Gruppe junger Redakteurinnen und
Redakteure und regelmäßiger freier
Mitarbeiter hat sich zusammengefunden, um das Experiment zu wagen.
Ein neues Konzept ist entstanden, das
allen am Schulleben Beteiligten möglichst viel Raum zur Kommunikation
lassen möchte, Artikel und Bilder, die
unterschiedliche Aspekte des Schullebens beleuchten, werden wieder gesammelt, ein Internetauftritt ist in Vorbereitung, ein Name gefunden: Die
Schüler entschieden sich für Lux. Das
lateinische Wort soll das (erhellende)
Licht im Namen der Lichtenbergschule
betonen, und sein Klang auf das Zeitungsmaskottchen anspielen: Auf das
schlaue Wesen mit den scharfen Augen
und Ohren, das den neuen Zeitungsmachern Wegweiser und Glücksbringer
sein soll. Sie stehen wieder am Anfang
und hoffen auf Unterstützung – und
Resonanz.
A. Bender
6.12 ein raum zur meditation
(raum 714)
Emotionale Bedürfnisse nach
einem alternativen Raum
• zur Ruhe
• zum Alleinsein
• zum kleinen Gespräch
• zum Loslassen
• zum Entfliehen von der
Pausenhektik
• zur Aussprache über Probleme
• zum Hören auf Musik
• einen guten Gedanken
• einen heiligen Spruch
• zum Lachen und Phantasieren
• zu einer Traumreise
• zur Entspannungsgymnastik
• zum Betrachten eines Bildes
• zum Hören auf die anderen in
einer kleinen Gruppe
• zum Gewinnen von Konzentration und neuer Kraft
• zum Abschütteln von
Streß und Angst, kurz:
Die Erfahrung von Stille und Fülle
Am Anfang stand die Erkenntnis, dass
es an Raum und Zeit für persönliche,
menschliche Kontakte zwischen Schü-
lern und Lehrern mangelte. Diese emotionalen Bedürfnisse brachten den
Wunsch hervor, einen Raum mit einer
eigenen wohltuenden Atmosphäre einzurichten. Die Religionslehrer richteten
den Raum für Pausenmeditationen
und für alternative Unterrichtsaspekte
mit kleineren Gruppen ein. Allen Kollegen steht der Raum zur Verfügung,
mit kleineren Gruppen beliebige Aktivitäten, die in den Raum passen, zu
entfalten.
Zur Zeit finden Pausenmeditationen/
Pausengespräche zu folgenden festen
Zeiten statt:
Montag, 2. Pause . . . . . . . . . . .Unterstufe
Donnerstag, 2. Pause . . . . . . . .Oberstufe
Freitag, 1. Pause . . . . . . . . . . . .Unterstufe
Rüdiger Grundmann
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7 Die engagierte Schulgemeinde
7 Die engagierte Schulgemeinde
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7 Die engagierte Schulgemeinde
7.1 die elternschaft
Elternbeirat
LuO zwischen Gestern und Morgen –
das heißt für die Zeit ab 1966 auch bedeutende Entwicklungen in der Selbstverwaltung der schulischen Gremien
und der Elternmitarbeit.
Wurde vom damaligen Vorsitzenden
des Elternbeirats der Lichtenbergschule,
Herrn Theo Bauer, in der Festschrift anlässlich der Einweihung des Neubaus
der Lichtenbergschule noch die Frage
aufgeworfen „Was ist der Elternbeirat
und was bedeutet er für uns?“, so können wir heute auf langjährige Erfahrung
und Mitarbeit im Elternbeirat unserer
Schule zurückblicken. Per Gesetz wurde
im November 1958 die Mitbestimmung
der Erziehungsberechtigten verabschiedet und damit der Elternbeirat gesetzlich anerkannt. Für uns heute eine
Selbstverständlichkeit, dass Eltern als
Teil der Schulgemeinde an der Entwicklung der Schule mitwirken.
In diesem Sinne hat der Elternbeirat
der Lichtenbergschule seine Arbeit in
den Jahren ab 1966 fortgeführt und
sich in zahlreichen bildungspolitischen
und schulinternen Themen engagiert.
Als Meilensteine aus länger vergangener Zeit mag noch die Auseinander-
setzung mit den politisch Verantwortlichen zum Thema obligatorische Einführung der Förderstufe in Darmstadt
Ende 1970/Anfang 1980 sowie Planungen der Stadt im Rahmen des Schulentwicklungsplanes IV über die Bildung
sog. Mittelstufenzentren schulformübergreifend für die Jahrgangsstufen
7 –10 in Erinnerung sein. Der Schulelternbeirat der LuO hat sich seinerzeit intensiv für den Fortbestand der Schule als
grundständiges Gymnasium ab Klasse
5 eingesetzt. (s. Artikel DA-Tagblatt
vom 26.02.1979)
Die 90er Jahre waren geprägt durch
die Themen PCB-Sanierung und Sanierung des zwischenzeitlich schon wieder erhebliche bauliche Mängel aufweisenden Neubaus. In enger Zusammenarbeit und Abstimmung innerhalb
der Schulgemeinde konnten hier wesentliche Schritte gegenüber der Stadt
erreicht werden.
Schulintern haben in jüngerer Zeit die
Eltern maßgeblich an der Einrichtung,
Ausrichtung und Organisation verschiedenster Angebote mitgewirkt. Die Themenwoche in ihrer heutigen Ausgestaltung geht zurück auf anhaltende Initiative der Eltern und findet in dieser Form
nunmehr seit 4 Jahren statt.
Unter Mitwirkung engagierter Eltern
hat das Schulfest der LuO ein neues
Gesicht bekommen und gehört heute
zu den jährlichen Höhepunkten der
schulischen Aktivitäten. Auf Initiative
und durch intensiven Einsatz von Eltern konnte als jüngstes Projekt im
August 2001 das Angebot einer Hausaufgabenbetreuung für Schüler und
Schülerinnen der Jahrgangsstufen 5
und 6 in Zusammenarbeit mit dem
Förderverein realisiert werden. Über
den Schulelternbeirat wirken die Eltern
an der Erstellung einer zeitgemäßen
Schulordnung, der Erarbeitung des
Schulprogramms und der Umsetzung
des Europaschulprogramms mit. Die
Beteiligung von Klassen- und Jahrgangselternbeiräten an Fachkonferenzen, in Gesamtkonferenzen und verschiedensten Ausschüssen gehört
mittlerweile zum alltäglichen Bild schulischen Lebens.
Herr Bauer schließt seinen Artikel in
der Festschrift von 1966 mit den Worten:„Die Jahre des Kampfes um die
neue Schule haben Lehrer- und Elternschaft zu einer vorbildlichen Gemeinschaft zusammengeführt. Diese Gemeinschaft zu erhalten und zu fördern
zum Wohle unserer Kinder soll auch
weiterhin die vornehmste Aufgabe des
Elternbeirates sein.“ Die Themen seit
1966 haben sich dabei ebenso wie die
Ausgestaltung des schulischen Alltags
gewandelt, das Motiv des gemeinsamen Handelns der Schulgemeinschaft
jedoch ist geblieben.
Im Sinne eines gemeinsamen Wirkens
von Elternhaus und Schule an der Erziehung und Bildung der Kinder und
Jugendlichen heißt das Motto aktiver
Elternarbeit:
MitDENKEN – MitTRAGEN –
MitGESTALTEN – MitENTSCHEIDEN!
Dr. Astrid Wiemann
Birgit Pörtner
Förderverein
Der Förderverein der LichtenbergschuleGymnasium e.V. wurde 1986 von Eltern
gegründet, um die Lernangebote und
Aktivitäten der Schule dort zu unterstützen, wo öffentliche Mittel nicht oder nur
unzureichend zur Verfügung stehen.
Ziele des Vereins waren, die sachliche
Ausstattung der Schule zu verbessern
und die Aktivitäten der Schulgemeinschaft zu fördern. So hat der Förderverein neben traditionsgemäßen Aufgaben
eine Schwerpunktförderung wechselnder schulischer Bereiche verfolgt. Über
die Jahre wurden u.a. Musikinstrumente, Sportgeräte, Kunstausstattung, moderne Rechner, Lernsoftware und Lexika
angeschafft und die Medienausstattung verbessert. Langfristige Projekte
wie Schüleraustauschprogramme erhielten Anschubfinanzierungen. Der
Ausbau der Schulbibliothek zum Wissenszentrum mit Internetanschluss,
die Neueinrichtung von Schüleraufenthaltsräumen sowie besondere Aktivitäten der Schulgemeinschaft wurden
bezuschusst. Dank dieser finanziellen
Unterstützung ist das Lernangebot an
der Lichtenbergschule vielfältiger und
zeitgemäßer als es ohne das Engagement der Eltern wäre.
Heute ist die Unterstützung der LuO
durch Eltern und Freunde wichtiger
denn je. Denn die Anforderungen an
ein modernes und traditionsbewusstes
Gymnasium sind gestiegen. Eine angemessene Ausstattung in sachlicher sowie personeller Hinsicht ist wichtig,
um die intellektuellen und sozialen
Fähigkeiten der Schüler und Schülerinnen optimal zu fördern. In Zeiten begrenzter öffentlicher Mittel sind die gestellten Anforderungen an die Ausbildung zugleich eine Herausforderung.
Um dieser Herausforderung gewachsen zu sein, hat der Förderverein im
vergangenen Jahr eine neue Satzung
erarbeitet und verabschiedet. Die neue
Satzung sieht eine engere Zusammenarbeit zwischen Verein und Schule vor
und bietet allen Freunden der LuO die
Möglichkeit, die Schule durch eine Mitgliedschaft zu unterstützen. Bei der
Gründung des Vereins stand die finanzielle Unterstützung der Schule im Mittelpunkt, jetzt kann die Vereinsarbeit
auf eine breitere Basis gestellt werden,
die es erlaubt, die Aktivitäten der Schule und der Schulgemeinschaft gezielt
und kontinuierlich zu fördern. Um die
bestmögliche Ausbildung für die Schüler und Schülerinnen der LuO zu erzielen, bedarf es der Anstrengung aller
Eltern und Freunde der LuO. Der Förderverein ist diesem Ziel verpflichtet
und lädt Sie ein, sich auch für die LuO
zu engagieren.
Dr. Louise Röska-Hardy
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7 Die engagierte Schulgemeinde
Demonstration 1963
7.1 die
schülerinnen und
schüler und ihre vertretung
Die SV der Lichtenbergschule
Wenn an der Lichtenbergschule wichtige Entscheidungen getroffen werden,
dann ist hieran nicht selten die SchülerInnenvertretung (SV) beteiligt. Ihre
VertreterInnen sitzen im höchsten Beschlussorgan der Schule, der Schulkonferenz, wo unter anderem auch der
Haushalt der Schule verabschiedet wird.
Und hätte es nicht die entschlossenen
Reden der damaligen Schulsprecherin
Bettina Grab in den SchülerInnen-Vollversammlungen und der Gesamtkonferenz der Lehrerschaft gegeben, wer
weiß, ob die Lichtenbergschule den
Antrag auf Aufnahme in das Europaschulprogramm gestellt hätte.
SV-Arbeit bedeutet jedoch nicht nur
Gremienarbeit. Sind es doch am Ende
die politischen Rahmenbedingungen,
die das Lernen an unserer Schule bestimmen. Die SV der Lichtenbergschule
hat hier immer Stellung bezogen. Dies
musste der damalige Kultusminister
Holzapfel feststellen, als er sich nach
der Einweihung des Russisch-Zuges der
Schule vom Schulgelände schleichen
wollte. Die Proteste der LichtenbergschülerInnen gegen seine Sparpolitik
schlugen Wellen bis in die überregionale Presse. Seine Nachfogerin, Kultusmisisterin Wolff, ging mit der Kritik der
SV offensiver um und stellte sich an ihrer früheren Schule der Kritik der SchülerInnen in einer Podiumsdiskussion.
Was hier im Sinne von zu erlernender
Demokratiefähigkeit als selbstverständlich erscheint, musste von vielen SchülerInnengenerationen mühsam erkämpft
werden. Hieß doch die SchülerInnenvertretung der 60er Jahre bezeichnender
Weise noch Schülermitverwaltung
(SMV). Kritik sollte sich auf engen Bahnen bewegen. Die SchülerInnen der
70er Jahre versuchten hier auszubrechen. Oftmals in historischem Materialismus geschult, kämpften sie für heute
so selbstverständliche Einrichtungen
wie eine SV-Stunde in wechselnden Unterrichtsstunden oder das SchülerInnencafé. Erstaunlich ihre Souveränität, mit
der sie die Struktur und Bedürfnisse der
SchülerInnen in Umfragen analysierten
oder Verzögerungsstrategien der Schulleitung entlarvten. Die Schulleitung
unter Herrn OstD Lauterbach sah sich
bald so in die Enge getrieben, dass sie
sich nur noch mit Verstößen gegen die
Konferenzordnung und Einzelverhören
von Schülern zu helfen wusste. Die SV
reagierte prompt – mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde. Das Kultusministerium gab ihr in wesentlichen Punkten
statt.
Unter dem neuen Schulleiter OstD
Schneider begann eine Entwicklung zu
stärkerer Kooperation. Am 10.03.1984
konnte das Darmstädter Echo vermelden, dass es an der Lichtenbergschule
ein Schülercafé gebe. Wie politisch engagiert viele der SchülerInnen waren,
darüber geben die Artikel der Schülerzeitungen Auskunft. Ob der Sternenkrieg Ronald Reagans oder der NatoDoppelbeschluss, SchülerInnen der Lichtenbergschule traten immer für den
Frieden ein. Die amerikanischen Versorgungsflieger, die während des Golf-Krieges über die Lichtenbergschule zogen,
erblickten als Zeichen des Protests die
weiße Friedenstaube auf blauem Grund,
die sich riesig über den C-Hof zog.
Neben der Protest- hatte sich aber auch
eine Fest-Kultur entwickelt. Unterstützt
von Eltern und LehrerInnen ist das Schulfest der Lichtenbergschule nicht mehr
aus dem Jahresplan unseres Gymnasiums wegzudenken.
Wie nützlich eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern ist, erwies sich jedoch nicht nur beim Schulfest. Sie verhalf auch dem Protest der SchülerInnen
gegen die PCB-Verseuchung des Neubaus zu Beginn der 90er Jahre zum
Erfolg. Der Neubau wurde saniert. Und
auch die Themenwoche wurde nur deshalb unter Herrn Schneiders Nachfolger
OstD Schupp zum festen Bestandteil
des Schulprogramms, weil die Eltern
die Organisation wesentlich unterstützten und vorantrieben. Ihre materielle
Unterstützung führte auch das Projekt
eines selbstverwalteten Unter- und
Mittelstufenraumes zum Erfolg. Nach
jahrelangen Auseinandersetzungen in
den Gremien wurde er im Jahr 2001
eingeweiht.
Geht man heute durch die Lichtenbergschule, so hat sie sich durch die Arbeit
der SV verändert. Sie organisiert von
ihrem modern mit Computer und Internet-Anschluss versehenen Büro aus
den Café- und Kiosk-Betrieb, beaufsichtigt mit Hilfe der 10. Klassen den Unterund Mittelstufenaufenthaltsraum, betreut die 5. und 6. Klassen durch ein
Patensystem und ist Anlaufstelle für
die Themenwoche oder die Schulfestorganisation. Natürlich berät sie die
SchülerInnen auch über Rechtsfragen
oder versucht bei Konflikten zu vermitteln. Hierzu hat sie auch eine eigene
Homepage eingerichtet. In den Arbeitsgemeinschaften „Antirassismus“ und
[ 128 · 129 ]
„Lebensraum Schule“ versucht die SV
Schwachstellen in den sozialen Beziehungen der Schule aufzudecken und
diese zu beseitigen.
Ziele und Strategien für die Arbeit der
SV – auch diese Tradition geht bis in die
70er Jahre zurück – werden auf einem
SV-Seminar jährlich neu formuliert. Die
Teilnahme wird von der Schulleitung
allerdings nicht mehr als marxistische
Kaderarbeit ängstlich beäugt, sondern
durch Unterrichtsfreistellungen unterstützt.
Dies bedeutet keinesfalls, dass es keine
Konflikte mehr gäbe. Diese gehören zu
einer modernen Demokratie. Initiativen
zur Neugestaltung eines Raucherhofes,
Diskussionen über Termin und Gestaltung der Abschlussfahrten der Jahrgangsstufe 13 oder die Einrichtung bestimmter Schulprofile: Immer wieder
neu werden hier Vereinbarungen ausgehandelt werden müssen.
Die Lichtenbergschule braucht hierfür
eine starke SV.
Sitzblockade gegen Bildungsabbau 1997
Alice Krozer, Jörn Borges
Timo Wulfmeyer (Oberstufensprecher 2001/02), Romina Peccia
und Steffen Rose (Schulsprecher 2001/02)
7 Die engagierte Schulgemeinde
7.3 das kollegium und
seine schulleiter
[ 130 · 131 ]
1966
2001
Kollegium 2001, sitzend von links nach rechts:
1. Reihe: Hr. Purkert, Fr. Bley, Fr. Lahr, Hr. Dr. Montag, Hr. Herrmann, Hr. Bley, Fr. Hildebrandt, Fr. Buchmann-Keller, Fr. Brietzke-Bott, Fr. Bender, Fr. John, Fr. Altenburger, Hr. Boos, Hr. Berndt
2. Reihe: Fr. Schmidtberg, Fr. Dahlinger, Fr. Dr. Groß, Fr. Ottmann, Hr. Hohmann, Fr. Podack, Fr. Witt, Fr. Dömel, Fr. Dragu, Hr. Strüber, Fr. Würges, Hr. Kärcher, Hr. Gerganow,
Hr. Dalicho, Fr. Stichel
3. Reihe: Hr. Schmitt, Fr. Blechschmitt, Fr. Ohmsen, Fr. O‘Neill, Fr. Eirich, Fr. Springer, Fr. Güldenpenning, Fr. Hiß, Fr. Ridder, Hr. Schüßler, Fr. Nungeßer, Fr. Dr. Mitschke,
Fr. Becker, Fr. Hallstein, Fr. Loring
Stehend von links nach rechts:
4. Reihe: Hr. Mayer, Hr. Borges, Hr. Grundmann, Hr. Kiskämper, Fr. Matusca, Fr. Hörr, Hr. Reiske, Fr. Dr. Graßmann-Fry, Fr. Reisky, Fr. Korber-Kraneis, Fr. Schatz, Hr. Kratzert,
Hr. Niemeyer, Hr. Haas-Meyer, Hr. Schmidt, Hr. Volz, Hr. Mehring
5. Reihe: Hr. Ritter, Hr. Frey, Hr. Schorlemmer, Hr. Möller, Hr. Fassmann, Hr. Hofmann, Hr. Conrad, Hr. Riemann, Hr. Deiß
1917
1984
Hr. Dr. Wiegand 1955 – ‘70
1950
1992/1993
Hr. Schnupp 1989 – ‘98
Hr. Lauterbach 1970 – ‘74
Hr. Schäfer 1998 – 2000
Hr. v.d. Au mit Hr. Poth 1974 – ‘75
Hr. Schneider 1975 – ‘89
Hr. Herrmann ab 2000 (mit Herrn Schupp)
8 Der Blick nach vorn
8 Der Blick nach vorn
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8 Der Blick nach vorn
die künftige verwirklichung
der europaschule als gymnasium – sprachenzentrum,
internationale begegnungsschule und begabungsförderung
„Die Lichtenbergschule versteht sich
als Gymnasium in Europa“. Unter dieser Zielsetzung haben die Gremien der
Lichtenbergschule im Frühjahr 2000
die Teilnahme am neuen Europaschulprogramm des Landes Hessen beschlossen. Das Europaschulprogramm fördert
die interne Schulentwicklung durch
Zuwendungen in Höhe von jährlich
60.000 DM. Der Beitrag von J. Borges
und B. Volk-Heiser macht deutlich, dass
die Schule den Weg nach Europa auf
wichtigen pädagogischen Feldern energisch beschritten hat.
Die Erfahrungen der letzten Monate
zeigen, dass mit dem Titel „Europaschule des Landes Hessen“ besondere
Erwartungen an die Lichtenbergschule
verbunden sind:
Die Erwartungen von Eltern an die
Europaschule sind vielfältig und
(scheinbar) heterogen:
• Was unterscheidet die Europaschule von anderen Gymnasien?
(Häufige Anfrage unserer Eltern)
• Gibt es besondere Klassen für
englischsprachige Schüler (Anfrage von bilingualen Eltern)
• Kann mein Sohn einen internationalen Abschluss machen?
(Deutscher Mitarbeiter eines
internationalen Unternehmens)
• Wir kommen aus den USA. Wir
suchen eine Schule für unsere
drei Kinder, eins ist in der Grundschule. Die internationale Schule ist zu teuer! (Gastprofessor an
der TU Darmstadt)
• Ich würde mein Kind gerne an
eine deutsche Schule geben (Amerikanische Familie in Darmstadt)
Unbefriedigend für uns war, dass auf
solche drängenden Fragen das Europaschulprogramm des Landes Hessen
derzeit keine klaren Antworten gibt.
Daher sehen wir es als unsere Aufgabe
an, selbst ein Konzept zu entwickeln,
das den Erwartungen an eine Europaschule als Gymnasium Rechnung trägt.
Ein Einladungsvortrag zum Thema „Zukunftsfaktor einer Wirtschaftsregion –
Internationale Schule/Internationaler
Kindergarten“ vor der Industrie- und
Handelskammer im Frühjahr 2001 gab
mir Gelegenheit, erste Überlegungen
für eine „Internationale Schule im Rahmen des öffentlichen Schulwesens in
Darmstadt“ vorzustellen.
In Anlehnung an die Begegnungsschule im deutschen Auslandsschulwesen
entwickelte ich das Konzept einer „Internationalen Begegnungsschule“ als
besonderes Bildungsangebot der Europaschule als Gymnasium und als Alternative zu den privaten International
Schools.
Das Konzept fand großes Interesse bei
internationalen Unternehmen und Institutionen und wurde anschließend
in enger Zusammenarbeit mit der Firma Wella und Merck ständig weiter
entwickelt. Im Oktober 2001 kamen die
Mitglieder der Arbeitsgruppe „Internationale Begegnungsschule in Darmstadt“ unter Beteiligung des Staatlichen
Schulamtes zu dem Ergebnis, dass das
Konzept der Internationalen Begegnungsschule tragfähig ist und alsbald
verwirklicht werden sollte.
Das nachfolgende Interview mit Frau
Bredow-Cordier für die städtische
Internetzeitung „dafacto“vom Presseund Informationsamt der Stadt Darmstadt beleuchtet die vielfältigen Aspekte des Konzepts einer Internationalen
Begegnungsschule an der Lichtenbergschule:
Warum braucht Darmstadt Ihrer
Meinung nach eine internationale
Begegnungsschule?
Dass Darmstadt eine internationale
Schule braucht, darüber besteht Konsens bei Wirtschaft, Wissenschaft, For-
schungseinrichtungen und europäischen Institutionen wie Eumetsat und
ESOC. Sie fordern seit langem eine
internationale Schule und einen internationalen Kindergarten. Ohne ein
derartiges Angebot gestaltet sich die
Anwerbung geeigneter Mitarbeiter zunehmend schwieriger angesichts der
weltweiten Konkurrenz um hochqualifizierte Mitarbeiter.
Aber auch für die einheimische Bevölkerung besteht ein solcher Bedarf: Wir
können heute nicht mehr davon ausgehen, dass Menschen ihr Leben lang
an einem Standort, in einem Land bleiben. Die öffentlichen Schulen bereiten
sie auf die Mobilität, die künftig im Berufsleben gefragt ist, bisher noch unzureichend vor.
Schon jetzt gibt es viele Kinder, die mit
ihren Eltern für ein paar Jahre im Ausland leben und die Kontinuität in ihrer
Schullaufbahn benötigen. Es ist eine
wichtige Aufgabe einer internationalen Schule, flexibel auf die Bedürfnisse
ausländischer Kinder bei der Integration bzw. deutscher Kinder bei der ReIntegration ins deutsche Schulsystem
zu reagieren.
Diese doppelte Aufgabe kann meines
Erachtens nur eine Begegnungsschule
leisten.
Was verbirgt sich hinter dem
Begriff? Was wird dort gelehrt?
Das Modell Begegnungsschule hat
sein Vorbild im deutschen Auslandsschuldienst. Übertragen auf das Inland
bezeichnet es einen Schultyp, der das
deutsche Gymnasium mit einem internationalen Angebot kombiniert.
Der Unterricht wird etwa zur Hälfte in
Deutsch und Englisch gegeben und hat
eine ausbalancierte Zweisprachigkeit
zum Ziel. Zweisprachigkeit bedeutet,
eine zweite Sprache (fast) wie die Muttersprache zu sprechen. Zwei Sprachen
zu sprechen bedeutet, zwei Denkweisen zu erlernen. Zwei Sprachen zu sprechen und in zwei Sprachen zu denken,
bedeutet zu erleben und zu wissen,
dass es verschiedene Weltbilder, verschiedene Zivilisationen und verschiedene Kulturen gibt. Daher ist die Zweisprachigkeit der Ausgangspunkt für
eine Erziehung, die den Vorrang einer
Kultur verneint. Oder umgekehrt: In der
Vielfalt der Sprachen und Kulturen eine
Bereicherung sieht.
[ 134 · 135 ]
8 Der Blick nach vorn
Die Anwesenheit ausländischer Schüler und ausländischer Lehrer ist sowohl
methodisch als auch inhaltlich ein notwendiger Bestandteil des Begegnungskonzepts. Es wird ersichtlich, dass die
Zweisprachigkeit auch eine wichtige
Grundlage zum Erwerb weiterer Fremdsprachen ist.
Grundlage des Unterrichts an einer Internationalen Begegnungsschule wären
die geltenden Lehrpläne des Landes
Hessen, erweitert um die Europäische
Dimension der Fächer. Neben dem deutschen Abitur könnten die Schüler einen
internationalen Abschluss erwerben.
Allgemein wird ein Trend weg von
den Sprachen festgestellt.
Sind Sprachen denn überhaupt
wichtig? Warum dem Trend etwas
entgegensetzen?
In der Tat scheint das Bewusstsein in
der deutschen Bevölkerung für Sprachen im Vergleich zu anderen Ländern
eher gering ausgebildet zu sein. Da
machen wir denselben Fehler wie die
Amerikaner, Briten und Franzosen –
allerdings in einer ungünstigeren Situation, weil Deutsch keine Weltsprache
ist, keine lingua franca wie das Englische und Französische. Aber die Kommunikation in Englisch allein genügt
auch nicht, wenn es um den emotionalen Zugang zu den Menschen anderer
Kulturen geht. In einer besseren Situation ist derjenige, der neben Englisch
auch die Landessprache beherrscht, auch
lesen und schreiben kann und die Menschen auch kulturell versteht. Das ist
das entscheidende Argument für eine
Mehrsprachigkeit, die auch nichteuropäische Sprachen wie das Russische,
Japanische und Chinesische einbeziehen sollte.
Da Deutschland vom Export im hohen
Maße abhängig ist, liegt die Begründung für die Mehrsprachigkeit auf der
Hand. Die Frage lautet daher nicht,
„warum“, sondern „wie“ dem Trend etwas entgegensetzen. Ein Ansatz, den
ich unterstütze, ist das frühzeitige gezielte Lernen einer Fremdsprache schon
in der Grundschule. Im Gymnasium
könnte darauf aufgebaut werden, anstatt von vorne anzufangen. Die zweite
Fremdsprache könnte ebenfalls früher
einsetzen. Sprachen müssen generell in
der Schule stärker in ihrem Gebrauchswert gefördert werden, wie dies z.B. im
fremdsprachigen Fachunterricht an
Schulen mit bilingualen Zügen oder in
multinationalen Unterrichtsprojekten
der Europaschulen bereits geschieht.
Das Modell der Internationalen Begegnungsschule ist in der Lage, diese Doppelaufgabe zu erfüllen. Es kann dabei
auf die langjährigen Erfahrungen im
deutschen Auslandsschuldienst zurückgreifen. Dies möchte ich an einigen
Punkten verdeutlichen:
franca Englisch, sondern misst
Welche Vorteile hätte eine „Internationale Begegnungsschule“ gegenüber den herkömmlichen schulischen
Angeboten?
• Eine internationale Begegnungs-
Schüler von großer Bedeutung.
Dass deutsche Schulen noch nicht auf
die zunehmende berufliche Mobilität
deutscher und ausländischer Familien
eingestellt sind, hat erhebliche Anpassungs- und Integrationsprobleme dieser Kinder und Stress in den Familien
zur Folge.
Wer es sich leisten kann, schickt sein
Kind auf eine International School.
Doch viele Eltern können sich das nicht
leisten oder wollen für ihre Kinder beides: Integration in die deutsche Gesellschaft und Internationalität bis hin zur
Option eines internationalen Schulabschlusses anstelle des Abiturs.
schule hat für die Eingliederung
ins deutsche Schulsystem, aber
auch für die Rückkehr in ein
ausländisches Schulsystem ein
geeignetes Konzept.
• Durch den zweisprachigen Bildungsgang in Deutsch und Englisch wird der Wechsel zwischen
dem deutschen Gymnasium und
einer internationalen Schule im
Ausland erleichtert.
• Die Internationale Begegnungsschule definiert Internationalität nicht alleine über die lingua
der kulturellen Identität über
die Leitsprache Deutsch ebenfalls einen hohen Stellenwert
zu. Dies ist für einheimische
• Mehrsprachigkeit, Englischkenntnisse auf dem Niveau einer
Zweitsprache und interkulturelle Kompetenz kennzeichnen das
internationale Profil eines Absolventen der Internationalen
Begegnungsschule.
Warum würde sich die Lichtenbergschule als Ort einer Internationalen
Begegnungsschule eignen und
weche baulichen und personellen
Voraussetzungen müssten dafür
geschaffen werden?
Die Lichtenbergschule ist schon vom
Standort ideal. Die Schule ist leicht mit
der Straßenbahn zu erreichen und bietet auch Platz für etwaige Zubauten.
Inwieweit Zubauten erforderlich sein
werden, hängt auch davon ab, wie sich
der aktuelle Schulentwicklungsplan
des Landkreises Darmstadt-Dieburg
auf den Schülerzufluss nach Darmstadt auswirken wird.
Auf jeden Fall wäre ein Zubau für das
schulübergreifende Sprachenzentrum
erforderlich, aber auch Umbauten für
eine Cafeteria und für den Ganztagsbetrieb. Die bereits vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen müssten vorgezogen, der Raumplan der Schule den Erfordernissen einer sehr differenzierten
Schule angepasst werden. Die Ausstattung der Schule müsste den Ansprüchen an eine Internationale Schule insgesamt angepasst werden.
Die Lichtenbergschule verfügt über
eine motivierte und engagierte Lehrerschaft, die Neuerungen offen steht:
Im Rahmen des Europaschulprogramms
wurden bereits wichtige Entwicklungen eingeleitet, die Einarbeitung der
Europäischen Dimension in die neuen
Lehrpläne wird aktuell in den Fachschaften vorgenommen.
Mehrere Lehrkräfte der Lichtenbergschule verfügen über Auslandserfahrungen, viele sind an der Mitarbeit in
der Internationalen Begegnungsschule
[ 136 · 137 ]
8 Der Blick nach vorn
interessiert. Bei Neueinstellungen oder
Einversetzungen müssten künftig auch
die besonderen Belange der Begegnungsschule beachtet werden. Dazu
gehörte auch die Einstellung englischmuttersprachlicher Lehrer.
Wegen ihrer vielfältigen zusätzlichen
Aufgaben wird die Begegnungsschule
einen Zuschlag bei der Lehrerversorgung benötigen.
Was unterscheidet Ihr Konzept von
anderen bereits realisierten internationalen Schulen?
Zunächst möchte ich betonen, dass es
viele Gemeinsamkeiten mit den englischsprachigen International Schools
gibt: Vom pädagogischen Prinzip des
interkulturellen Lernens über den Ganztagsbetrieb bis hin zu einem gepflegten Erscheinungsbild der Schule.
Der grundsätzliche Unterschied liegt
in der Struktur: Bei der Internationalen
Begegnungsschule handelt es sich um
einen zweisprachigen deutsch-englischen Bildungsgang für deutsche und
ausländische Kinder vom Kindergarten
bis zum Abitur oder zum internationalen Abschluss IB. Zusätzlicher Unterricht in den Muttersprachen Deutsch,
Englisch, Französisch, Italienisch oder
Spanisch und nach Bedarf auch in anderen Sprachen ist wesentlicher Bestandteil des Programms vom Kindergarten bis zum Ende der Grundschule.
Ab Klasse 5 würde das schulübergreifende Sprachenzentrum zusätzlichen
Sprachunterricht für die Schüler aus dem
Ausland anbieten, die in ihrer Muttersprache nicht ins Hintertreffen geraten
sollen, damit eine reibungslose Rückkehr in das Schulsystem ihres Heimatlandes möglich ist.
Diese Kurse sollen auch sprachbegabten deutschen Schülern offen stehen
und ihnen zu einer erweiterten Fremdsprachenkompetenz auf hohem Niveau
verhelfen. Bis zur Klasse 8 würde eine
Ganztagsbetreuung bis 16 Uhr angeboten werden.
Eine weitere Besonderheit meines Konzepts ist das schon angesprochene
schulübergreifende Sprachenzentrum:
Das vorhandene Sprachenzentrum an
der Lichtenbergschule soll zu einem
umfassenden Beratungs- und Servicezentrum ausgebaut werden, das von
einem privaten Träger getragen wird.
Die Leistungen wären zum Teil kostenpflichtig. Zu den kostenpflichtigen Leistungen gehörten die genannten Sprachkurse für ausländische Schüler in ihrer
Muttersprache, aber auch Internationale
Zertifikate und das Sprachportfolio,
Vorbereitungskurse auf Eingangstests
für englische und amerikanische Universitäten. Auch Sprachkurse in nichteuropäischen Herkunftssprachen (z.B.
Japanisch, Chinesisch) sind denkbar.
Das Sprachenzentrum könnte sich zu
einer internationalen Volkshochschule
für Jugendliche entwickeln.
Eltern, die sich für eine zweisprachige
Ausbildung interessieren, wird eine Beratung und psychologische Betreuung
vom Kindergarten bis zum Abschluss
angeboten.
Einen Aspekt meines Konzepts möchte
ich wegen seiner schulpolitischen Bedeutung für die Stadt Darmstadt besonders hervorheben:
Die Angebote des schulübergreifenden Sprachenzentrums richten
sich selbstverständlich auch an
die Schüler anderer Gymnasien.
Die Option auf einen internationalen Abschluss durch englischsprachige Zusatzangebote am
Sprachenzentrum könnte daher
von allen interessierten Darmstädter Gymnasien genutzt werden. Qualifizierte und interessierte Lehrkräfte aller Gymnasien
könnten sich teilweise an das
„IB-Zentrum“ abordnen lassen.
Internationalen Schulen haftet immer der Vorwurf der Elitebildung
an. Wer könnte sich für seine Kinder
einen Besuch in Ihrer Internationalen Begegnungsschule leisten? Was
würde das kosten?
Ich bin nicht grundsätzlich gegen Elitebildung, sofern sie auf eigener Leistung
beruht. Ganz im Gegenteil, ich wende
mich entschieden gegen ein Tabu der
Begabungsförderung. Kinder haben ein
Recht, in ihren Begabungen individueller gefördert zu werden.
Aber mit einem Schulgeld von über
20.000 DM sind die privaten International Schools nur einer finanziellen
Elite zugänglich. Die Internationale
Begegnungsschule hingegen ist ein
zusätzliches Bildungsangebot (enrichment) an einem öffentlichen Gymnasium. Sie sollte nicht mehr als 500 bis
600 DM im Monat kosten, Mittagsbetreuung inklusive. Für Eltern, die auf
zusätzliche Leistungen im Sprachenzentrum verzichten, wäre die Internationale Begegnungsschule ab Klasse 5
prinzipiell kostenfrei.
Neben ihrem zweisprachigen Bildungsgang würde die Lichtenbergschule weitere Schwerpunkte zur Begabungsförderung bilden. Es bieten sich naturwissenschaftliche, musische und sprachliche
Schwerpunkte an. Im Sinne einer frühzeitigen Förderung der Begabung schon
in der Grundschule würden einige
Grundschulen und das Gymnasium eine
Partnerschaft im Sinne eines gemeinsamen und verbindlichen Europaschulprogramms eingehen.
Darmstadt, im Oktober 2001
Peter Herrmann
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9 Nachwort der Redaktion
Danke
9 Nachwort der Redaktion
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9 Nachwort der Redaktion
nachwort
In Anbetracht der kurzen Zeit, die der
Redaktion nach Beauftragung und Konstituierung für die Erstellung einer
Festschrift zur Verfügung stand, musste das Motto lauten: Beschränkung.
Eine vollständige Bestandsaufnahme
der letzten 35 Jahre LuO war nicht zu
leisten. Die Redaktion hat sich deshalb
zum Ziel gesetzt, Historisches, Dokumentarisches, Illustratives und Berichtendes in einem Band nach dem Prinzip „produktiver Willkür“ zu vereinen
und damit vielfältige Aspekte der LuO
in Form eines Kaleidoskops zu präsentieren. Folglich strebte die Redaktion
eine breite Beteiligung von Kolleginnen
und Kollegen, Eltern, Schülerinnen und
Schülern an der Festschrift an, sodass
mannigfaltige Interessen, Stile und unterschiedliche Akzente zum Ausdruck
kommen konnten. Für die Autoren gilt
das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit
für Inhalt und Länge der Beiträge, sowie für die Vorwegauswahl und Urheberrechte der Bilder.
Die Tätigkeit der Redaktion beschränkte sich vorwiegend auf Erstellung einer
Konzeption für die Festschrift, auf Maßnahmen zur Sicherung der Finanzierung, des Layouts und des Druckes
(Spendenaufrufe, Kostenvoranschläge),
auf Anregungen für die Autoren, auf
Koordination und Korrektur der Beiträge und auf Anpassung an die neue
Rechtschreibung.
Zum Abschluss seiner Tätigkeit möchte
die Redaktion ganz besonderen Dank
sagen:
• den zahlreichen und z.T. großzügigen
Spendern aus der Elternschaft, aus
dem Kollegium, aus dem Kreis der
Pensionäre, Ehemaligen und Freunde
der LuO, ohne deren finanzielles
Engagement die Festschrift gar nicht
hätte erscheinen können,
• den Firmen Goldwell AG, Wella AG,
Gutenberg Buchhandlung/Buchhandlung H.L. Schlapp, Schuh Lotz und
Südhessische AG für ihren Finanzierungsbeitrag und insbesondere der
Firma Merck AG, die mit einer maßgeblichen Spende den Grundstein für
eine zukünftige Partnerschaft legte,
• allen Autoren und Helfern, vor
allem unseren ehemaligen Schulleitern Hans Werner Schneider und
Wilfried Schupp und den Pensonären
Dr. Traute Endemann, Erhard Vollberg
und Volkmar Weißert,
• unserem seit seiner Pensionierung
ehrenamtlich tätigen Archivar, Harald
Nickmann, dem das große Verdienst
gebührt, den Grundstein für ein historisches Schulbewusstsein gelegt zu
haben,
• der Vertreterin der Elternschaft in
der Redaktion, Frau Pörtner, der scheidenden Elternbeiratsvorsitzenden,
Frau Dr. Wiemann, und der Kassenwartin des Födervereins, Frau RoebFroitzheim, für die tatkräftige
Unterstützung,
• OStD i.R. H. Eitel für die freundliche
Genehmigung zum Abdruck diverser
Textausschnitte u. graphischer
Darstellungen aus dem »Podium« ,
• der Fa. Foto-Friedrich für die Freigabe
der Schüler- und Kollegiumsbilder
und nicht zuletzt
• dem Sekretariat für die mühevolle
Spendenabwicklung und Unterstützung bei der Texterstellung.
Im Namen der Redaktion:
Bernhard Möller
die autoren und mitarbeiter
Andrea Bender
Marion Blechschmitt
Philippe Böhm
Jörn Borges
Barbara Breyer
Giselbert Breyer
Willfried Conrad
Erika Dömel
Dr. Traute Endemann
Christof Ganß
Dr. Brigitte Graßmann-Fry
Rüdiger Grundmann
Peter Herrmann
Meinhard Hiemenz
Yvonne Hildebrand
Ina John
Thomas John
Jürgen Kratzert
Alice Krozer
Judith Lochhaas
Harald Mehring
Bernhard Möller
Harald Nickmann
Stefan Niemeyer
Marga Pfleger
Rigmor Podack
Birgit Pörtner
Hans-Peter Reiske
Johanna Reisky
Gerhard Röhner
Dr. Louise Röska-Hardy
Ute Ruchay-Ottmann
Thomas Schmidt
Irene Schmidtberg
Manfred Schmitt
Hans Jakob Schmitz
Hans Werner Schneider
Gerhard Schorlemmer
Georg Schrabeck
Wilfried Schupp
Burkhard Schüßler
Ulrike Springer
Brigitte Volk-Heiser
Erhard Vollberg
Volkmar Weißert
Dr. Astrid Wiemann
Prof. Dr. Volker Wiskamp
Brigitte Würges
[ 142 · 143 ]
impressum
© 2001 Lichtenbergschule Darmstadt
Herausgeber: Förderverein Lichtenbergschule e.V.
Redaktionsteam: Dr. Traute Endemann, Harald Mehring,
Bernhard Möller (Koordinator), Harald Nickmann,
Birgit Pörtner, Thomas Schmidt, Manfred Schmitt,
Hans Werner Schneider, Wilfried Schupp, Erhard Vollberg
Text- und Bildnachweis: Archiv der Lichtenbergschule
Umschlagfoto: Ulrike Springer
Konzept und Gestaltung: Suse Schmitt, [email protected]
Druck und Verarbeitung: Druckerei Drach, Alsbach
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