Mechatronik – ein neuer Technikbereich

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Mechatronik – ein neuer Technikbereich
Mechatronik – ein neuer Technikbereich
Ein Unterrichtsentwurf aus der Arbeitslehre
M. K. 2002
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Mechatronik – ein neuer Technikbereich.doc
Inhalt:
1. Technikdidaktische Vorüberlegungen..................................................................... 2
2. Vorgaben der KMK von 1987 zum Lernfeld Arbeitslehre........................................ 3
3. Mögliche Lernziele.................................................................................................. 4
4. Unterrichtsskizze .................................................................................................... 4
5. Beschreibung der benötigten Materialien ............................................................... 5
6. Literaturverzeichnis:................................................................................................ 6
Anhang Arbeitsmaterialien.......................................................................................... 7
1. Technikdidaktische Vorüberlegungen
Die erfahrbare Umwelt ist heute entscheidend durch Technik geprägt. Bildung in der
Industrie- beziehungsweise Informationsgesellschaft muss notwendigerweise Technische Bildung mit einschließen (vgl. Rohpohl 1992, S. 7). Sie muss zum Ziel die
Entwicklung eines Menschen haben, der in technisch bestimmten oder beeinflussten
Lebenssituationen (Beruf, Betrieb; Haushalt, Gesellschaft, Freizeit) mündig und
selbstbestimmt sachkompetente Entscheidungen treffen kann (vgl. Sachs, C.: in
Lackmann/Wascher 1991, S. 155).
Erfahrbar wird Technik durch Neuerungen oder Fortentwicklungen technischer Prozesse oder Systeme, durch Technologien. Die Bedeutung, die neuen Technologien
als determinierende und auch als gestaltende Faktoren menschlicher Arbeit zukommt, ist Verpflichtung für ihre Integration in einen arbeitsvorbereitenden Unterricht.
Dabei geht es primär nicht darum, begrenzte Fertigkeiten zu vermitteln, sondern die
in der Arbeit sich vollziehenden Wechselbeziehungen zwischen Mensch, Technik
und Wirtschaft, die sich in den Rahmenbedingungen von Natur und Gesellschaft vollziehen, aufzuzeigen (s. Ropohl 1992, S. 7).
Nach Oberliesen (1996, S. 8 f.) weist ein zeitgemäßer Technikunterricht folgende
Strukturen auf:
§ In handelndem Umgang mit der Technik erkennbar machen, dass technische
Artefakte nicht (nur) als Ursache für spezifische Entwicklungen, sondern auch
als Mittel für neue ökonomische Strategien und Verwertungsinteressen stehen.
§ Technische Zusammenhänge in ihrer Interessengebundenheit und ihrem historischen Entstehungszusammenhang darstellen,
§ Technik als gesellschaftliche Praxis erklären und damit konkrete technische
Entwicklungen im Zusammenhang mit möglichen gesellschaftlichen Entwicklungen und ihrer ökologischen Einpassung darlegen.
Die Umsetzung dieser Strukturen setzt einen Technikunterricht voraus, der es dem
Individuum erlaubt, über unterschiedliche sinnliche Wahrnehmungen und persönlicher Erfahrungen zu einer kognitiven Konstruktion der materiellen Kultur und ihrer
immateriellen Prozesse zu gelangen. Die technische Umwelt muss dazu ein Stück
weit verändert, manipuliert, neu strukturiert, nacherfunden, nachkonstruiert und bewertet werden.
Gerade für den Hauptschüler, der vor dem Problem der Berufswahlentscheidung
steht, verschließen sich viele technischen Gegenstände und Prozesse, die maßgeblich spätere Arbeitssysteme beeinflussen.
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Um die eigene Position in der realen technikbeeinflussten Umwelt einzuschätzen und
um die berufsspezifischen Dimensionen der Technik ansatzweise beim Berufswahlprozess mit zu berücksichtigen, ist eine gezielte Auseinandersetzung mit einzelnen
Technologien notwendig.
Die oft betonte Veränderung der Arbeitsstrukturen in Folge zunehmender Technisierung führte zu einer weiter zunehmenden Automation bzw. Teilautomation. Einher
ging damit eine Aufgabenverlagerung des Menschen hin zu Bereichen, in denen er
als unverzichtbar erschien: Dazu zählte die Handhabung der Automaten und Halbautomaten, das Informationshandling, die teilweise Steuerung und Regelung der Automaten und Kontroll- Instandhaltungs- und Wartungsfunktionen. Dabei muss sich der
Mensch dem restriktiven Charakter des technik-dominierten Umfeldes anpassen. Er
bildet die gewollte elastische Komponente in einem weitgehend unelastischen, weil
technikgebundenen System. (vgl. Staudt /Kriegesmann 1997).
Die Entwicklung neuer Produkte umfasst in zunehmendem Maße die Integration von
Mechanik, Elektronik und Software. Rechnergestützte Systeme können nicht nur digitale Daten aufnehmen und verarbeiten, sondern sind über die Verwendung von Sensoren in der Lage, physikalische Größen wie Druck, Wärme, Strahlung u.a. zu erfassen und auszuwerten. Rechnergestützte Systeme können demnach für eine Vielzahl
von Arbeiten eingesetzt werden. Dies zieht umfassende Umstrukturierungsprozesse
in den Bereichen Produktions-, Verfahrens- und Informationstechnik nach sich. Darüber hinaus müssen Arbeits-, Ablauf- und Organisationsstrukturen neu überdacht
werden. Die Bedeutung dieses Technikzweiges, der Mechatronik, reicht heute bereits
in alle Lebens- und Arbeitsbereiche. Die Mechatronik ist ein interdisziplinäres Gebiet
der Ingenieurwissenschaften. Aus dem Begriff lässt sich bereits schließen, dass mechatronische Systeme mechanische und elektronische Komponenten verknüpfen.
Damit wird die Leistungsfähigkeit klassischer Systeme verbessert oder es werden
vollständig neue Funktionen realisiert.
Ein Unterrichtsversuch, der im WS 2001 mit Studenten der Universität Eichstätt erarbeitet wurde, hatte zum Ziel, die verschiedenen Dimensionen mechatronischer Systeme durch die bewusste Auseinandersetzung mit der Technologie zu untersuchen.
Zum Einsatz kamen dafür zwei Baukästen von Fischertechnik. Mit dem einen wurde
ein Industrieroboter gebaut. Er diente in erster Linie der Einführung in die Thematik.
Bei dem später von den Teilnehmern des Seminars untersuchten Aufbau handelte es
sich um einen Händetrockner mit Lichtschranke.
Beide Versuchsaufbauten können mit einem Softwareprogramm (LLWin 3.0) programmiert und gesteuert werden. Die Steuersoftware ist durch grafische Symbole
verständlich aufgebaut, Einzelschritte können so zur Laufzeit gut nachvollzogen werden. Für die Baukästen existieren bereits programmierte und gut dokumentierte Lösungen.
2. Vorgaben der KMK von 1987 zum Lernfeld Arbeitslehre
Bereich Arbeit und Technik
- Unterschiedliche Werkstoffe nach bewährten Regeln der Technik bearbeiten
- Elementare technische Verfahren und Problemlösungen kennen und anwenden
- Einfache Gegenstände mit Gebrauchswert planen, zeichnerisch darstellen, herstellen und beurteilen
- Technische Gebilde aus dem Erfahrungsbereich der Schülerinnen und Schüler
nach ihrer Zweck-Mittel-Beziehung. ihrem Gebrauchwert sowie ihren sozialen und
ökologischen Auswirkungen analysieren
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- Einsehen, dass Arbeiten sachgerecht, kreativ und kooperativ nach Kriterien der Übersichtlichkeit, der Genauigkeit und der Sicherheit geplant und durchgeführt werden
müssen
- Einsichten in die Notwendigkeit der Gestaltung sach- und menschengerechter Arbeitsplätze gewinnen
- Einblick in anwendungsorientierte Grundlagen und Folgewirkungen der Elektronik/Mikroelektronik, insbesondere in den Informations- und Kommunikationstechniken, gewinnen
Aktuelle Möglichkeiten der Bezugnahme:
- Auswirkungen informations- und kommunikationstechnischer Entwicklungen
auf Freizeit, Arbeit und Beruf
- Berufs- und arbeitsorganisatorischen Entwicklungsprozesse unter dem Eindruck verschiedener Technikentwicklungen (Mechatronik, Biotechnik...)
- Computergesteuerte Maschinen und Werkzeuge, Anforderungen an das bedienungspersonal...
3. Mögliche Lernziele
- Begriffsbestimmung Mechatronik
- Kenntnis verschiedener Anwendungsbereiche:
o Typische Anwendungsbereiche der Mechatronik sind:
§ Automatisierungstechnik
§ Fahrzeugtechnik
§ Mikrotechnik
§ Medizintechnik
o Beispiele mechatronischer Systeme sind:
§ Anti-Blockier-Systeme für Fahrzeuge
§ berührungsfreie Magnetlagerungen
§ Geräte der gesamten Datenperipherie
§ sensorgeführte Roboter
§ Werkzeugmaschinen mit selbsteinstellenden Werkzeugen
§ mikromechanische Geräte der Medizintechnik
- Einblick in Grundlagen der Mechatronik
o Zusammenspiel von Elektronik, Mechanik, Software
o Möglichkeiten menschlicher Manipulation
- Bedeutung der Technik für Berufe und Arbeitsprozesse
o Auswirkungen auf Berufsqualifikationen
§ Zunahme von steuernden, überwachenden und wartenden Tätigkeiten
§ Zunahme von Diagnosetätigkeiten und Dienstleistungen
§ Abnahme von reinen Produktionsarbeiten
- Neue Berufe: Mechatroniker, Elektromechaniker, Kfz-Mechatroniker
- Einschätzung der Technik für den eigenen zukünftigen Lebens- und Arbeitsbereich
4. Unterrichtsskizze
1. Demonstration des Roboters
§ Welche Tätigkeit verrichtet er?
§ In welchen Bereichen wird er eingesetzt?
§ Untersuchung der Bauteile:
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§
§
§
§
Welche Bauteile werden verwendet?
Kann der Roboter denken?
Wie wird er gesteuert?
Welche Bauteile an dem System geben dem Computer Rückmeldung über das Ende eines Weges...?
2. Begriffsbestimmung: Zusammenspiel von Elektronik, Mechanik, Software Mechatronik
§ Mögliche Anwendungsbereiche Heizungsregelung, Klimaregelung im
Auto, Bremssysteme, Händetrockner, regelbare Friseurhaube....
3. Erkundung eines überschaubaren Systems, Zusammenspiel zwischen Elektronik, Mechanik, Software: Demonstration des Versuchsaufbaus- Händetrockner
§ Welche Funktionseinheiten sind vorhanden?
§ Durch welche Bauteile werden sie gebildet?
§ Wie arbeiten Sie zusammen?
§ Beschreiben Sie, mit eigenen Worten was passiert!
4. Ähnliche mechatronische Systeme werden auch in anderen Bereichen eingesetzt: Heizung, Auto, Friseurhaube, Lackiererei....
5. Genaue Verbalisierung, des Versuchsaufbaus anhand von Arbeitsblatt (A).
6. Vergleich der Verbalisierung mit vorgegebenen Sprachbausteinen (Arbeitsblatt
B)
7. Ordnung der Sprachbausteine in ein Schema (Arbeitsblatt B).
8. Vergleich mit vorgegebenem Schema (Arbeitsblatt C)
§ Hinweis: Analogie zur Software. Steuerung über Programmiersprache
§ Programmieren hier nicht notwendig, Grafiksymbole beinhalten Programmierbefehle (Zeigen der Programmsymbole am Rechner).
§ Auch viele Automaten in der Industrie lassen sich über solche Grafiksymbole steuern.
9. Zuordnen der Sprachbausteine zu den einzelnen Grafiksymbolen (ausgeschnittene Grafiksymbole aus Arbeitsblatt C)
10. Vergleich mit dem Programmablauf im Rechner
11. Reflexion
§ Bedeutung der Technik für die Arbeitswelt: Zukunftswerkstatt, oder Szenariotechnik
§ Welche Berufe haben direkt oder indirekt damit zu tun?
§ Wie erleichtert oder erschwert Automation und Computereinsatz die Arbeit
12. Überlegungen zum Lebensbezug
5. Beschreibung der benötigten Materialien
Voraussetzungen für den Aufbau des „Händetrockners“:
Material:
- fischertechnik COMPUTING STARTER PACK (Art.-Nr. 16553)
(enthält benötigte Bauteile, „Intelligent Interface“ zur Ansteuerung der elektrischen Bauteile und Software „LLWin 3.0“ zur Steuerung und „Programmierung“ des Interfaces)
Software fischertechnik LLWin 3.0 (Art.-Nr. 30407) und fischertechnik Intelligent Interface (Art.-Nr. 30402) können auch separat erworben werden.
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Schwierigkeit:
- sehr gute Beschreibung
- wenige Bauteile nötig
- problemloser elektrischer Anschluss
- mitgeliefertes Programmbeispiel ohne Änderungen verwendbar
Voraussetzung für den Aufbau des „Knickarmroboters“:
Material:
- fischertechnik COMPUTING STARTER PACK (Art.-Nr. 16553) oder fischertechnik LLWin 3.0 (Art.-Nr. 30407) und fischertechnik Intelligent Interface (Art.Nr. 30402) sowie fischertechnik INDUSTRY ROBOTS (Art.-Nr. 30408)
(aus COMPUTING STARTER PACK wird nur das „Intelligent Interface“ und
die Software „LLWin 3.0“ benötigt, die anderen Bauteile stammen vollständig
aus dem „INDUSTRY ROBOTS“ - Kasten)
Schwierigkeit:
- sehr gute Beschreibung
- viele Bauteile nötig (fast alle aus dem über 500 Bauteile fassenden „INDUSTRY ROBOTS“ - Kasten)
- problemloser elektrischer Anschluss
- mitgeliefertes Programmbeispiel erst nach einigen kleineren Umstellungen der
Parameter verwendbar, Programm blieb dabei vollständig erhalten, nur
Raumparameter (wo steht die Tonne? ...) mussten angepasst werden.
6. Literaturverzeichnis:
Oberliesen, R.: Technologieentwicklung: Konflikt und Teilhabe. In: a+I/ Technik
21/(1996), 5-11
Rohpohl, G.: Philosophie der technologischen Bildung. In: a+I/Technik, Nr. 8 (1992)
S. 6-9
Sachs, C.: Tätigkeitsorientierung und technisches Experimentieren im Gegenstandsbereich Technik der Arbeitslehre. In: Lackmann, J./ Wascher, U.: Arbeitslehre+ Polytechnik: Annäherung und Wandel, München 1991, S. 155-165
Schmayl, W., Wilkening, F.: Technikunterricht, Bad Heilbrunn 1995
Staudt, E., Kriegesmann, B.: Technische Entwicklung und Innovation. In Kahsnitz, D.,
Ropohl, G, Schmid, A.: Handbuch zur Arbeitslehre, Oldenbourg Verlag München,
Wien 1997, S. 235-248
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Anhang Arbeitsmaterialien
Mechatronische Systeme
A. Beschreibung des Versuchsaufbaus
Beschreiben Sie mit eigenen Worten die einzelnen Schritte, die zum Start des Ventilators führen!
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B. Ordnen Sie die sprachlichen Programmschritte in das unten dargestellte
Schema ein!
1. Start des Programms.
2. Lichtschranken-Lampe wird eingeschaltet, scheint auf den Lichtsensor.
3. Zwei Sekunden Wartezeit, um sicher zu stellen, dass die Glühlampe hell genug leuchtet (damit der Lichtsensor genug Licht erhält).
4. Logischer Baustein überprüft, ob Licht auf den Sensor fällt (Zustand 1) oder
nicht (Zustand 0).
5. Wenn der Zustand 1 ist, wird wieder überprüft, ob Licht auf den Sensor fällt
(siehe oben), Punkt vier wird wiederholt.
6. Wenn der Zustand 0 ist, wird als erstes der Motor in Laufrichtung rechts eingeschaltet.
7. Nach einer fünf-sekündigen Wartezeit wird der Motor gestoppt.
8. Anschließend wird wieder der Zustand des Sensors überprüft, Punkt vier wird
wiederholt.
.
JA
(1)
NEIN
(0)
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Lösung:
Start des
Programms.
Logischer Baustein
überprüft, ob Licht auf
den Sensor fällt.
LichtschrankenLampe wird eingeschaltet, scheint auf
den Lichtsensor.
Zwei Sekunden Wartezeit (damit der Lichtsensor genug Licht
erhält).
JA
(1)
NEIN
(0)
Motor wird gestartet.
Laufrichtung: rechts.
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Fünf Sekunden Wartezeit.
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Motor wird gestoppt.
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C. Ordnen Sie dem Schema die einzelnen Programmsymbole zu! (Lösung)
Start des
Programms.
LichtschrankenLampe wird eingeschaltet, scheint auf
den Lichtsensor.
Zwei Sekunden Wartezeit (damit der Lichtsensor genug Licht
erhält).
Logischer Baustein
überprüft, ob Licht
auf den Sensor fällt.
JA
(1)
NEIN
(0)
Motor wird gestartet.
Laufrichtung: rechts.
Fünf Sekunden Wartezeit.
Motor wird gestoppt.
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LichtschrankenLampe wird eingeschaltet, scheint auf
den Lichtsensor.
Zwei Sekunden
Wartezeit (damit der
Lichtsensor genug
Licht erhält).
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Logischer Baustein
überprüft, ob Licht
auf den Sensor fällt.
JA
(1)
Nein
(0)
Motor wird gestartet.
Laufrichtung: rechts.
Fünf Sekunden Wartezeit.
Motor wird gestoppt.
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