Wenn Individualität zählt

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Wenn Individualität zählt
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20. Februar 2010
63. Jahrgang
BAYERISCHE SCHULE
Zeitschrift des BAYERISCHEN LEHRER- UND LEHRERINNENVERBANDS e.V., BLLV im VBE
Inklusion statt Integration
Wenn Individualität zählt
Verärgerung über
„Dialogforen”
Frust wegen
Gymnasial-„Reform”
Christin S., 9 Jahre, Dyskalkulie
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Inhalt
Editorial
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2010
04
Bildungsticker
Politik
06
Mittelschulkampagne
Von alten Klamotten und Maulkörben
08
Kurz berichtet, kurz kommentiert
Liebe Leserinnen und Leser,
10
Gespräche
vor bald einem Jahr hat sich Deutschland mit der Übernahme der
Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen dazu verpflichtet, die gesamte Gesellschaft „barrierefrei und inklusiv” auszurichten. Dies stellt alle Bundesländer vor die Aufgabe, auch ein
inklusives Bildungssystem zu gewährleisten. Die wichtigsten
Schritte zur Umsetzung der UN-Konvention in Bayern sind laut
Kultusminister Spaenle, den Elternwillen bei der Wahl der Schule
für ihre Kinder mit Behinderungen zu stärken und den „Bayerischen Weg“ der Integration auszubauen, zum Beispiel durch
Einführung von „Inklusionsklassen“ und die Weiterentwicklung von
Unterstützungs- und Kooperationsmaßnahmen.
12
Akzente
Grundschule: Ein Kompromiss wird 90
13
Aus dem Landtag
Thema
Anlässlich des Jahrestages gehen wir der Frage nach, wie es mit
der Umsetzung der Inklusion in Bayern wirklich aussieht. Reicht es
schon, die vorhandenen Einrichtungen auszubauen beziehungsweise umzubenennen? Müsste da nicht mehr passieren? Ein
wahrhaft inklusives Bildungssystem bedeutet: Gemeinsamer
Schulbesuch ALLER Kinder – ob behindert oder nicht –, wie
Dr. Pius Thoma von der Universität Augsburg, Herausgeber des
Buches „Inklusive Schule“ im Interview mit der BS anmerkt.
Entscheidend ist bei solcher Sicht nicht mehr das jeweilige, oftmals fragwürdige, „Krankheitsbild“, sondern die Individualität
eines jeden Menschen – für die der unverwechselbare Fingerabdruck steht. Darüber nachzudenken, sollen unsere Titelbilder
anregen.
Inklusion
UN-Konvention: Individuelle Förderung
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Experteninterview
„Inklusion nur geduldet“
18
Erfahrungsbericht
Grundschullehrerin übernimmt Koop-Klasse
20
Portrait
Als behinderte Autistin an der Uni
22
Leitartikel
Eine Konvention mit Potential
Service
Ein wahrhaft inklusives System geht auch von einem gemeinsamen
Engagement aller Lehrer aus. Es ist – entgegen der landläufigen
Meinung – nicht nur ein Thema für unsere Sonderpädagogen.
Ganz im Gegenteil. Vor allem die Lehrkräfte an den allgemeinen
Schulen müssen sich künftig verstärkt mit dem Gedanken auseinandersetzen, behinderte Kinder mitzuunterrichten. Dass eine derartige Herausforderung nicht in Überforderung enden muss, und
sogar für alle Beteiligten zur Bereicherung werden kann, zeigt der
Erfahrungsbericht einer Grundschullehrerin (S. 18), die erstmals
eine Kooperationsklasse übernahm.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihr
Tomi Neckov
[email protected]
2
14
23
Recht
Geänderte Volksschulordnung
24
Dienstrecht
Altersgrenze: Regierung signalisiert Abmilderung
28
Verband
Ehrenpräsident Ebert präsentiert Memoiren
34
Leserbriefe
36
Unsere Jugendzeitschriften
37
Kleinanzeigen
39
Impressum
Die 1-Millionen-Euro-Frage: Welche Störung liegt hier vor?
Bayerische Schule 2 2010
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Bildungsticker
Bildungsticker
Mangel an Erzieherinnen
wegen Krippenausbau
München (dpa/lby) - Wegen des Krippenausbaus droht in Bayern in den kommenden Jahren ein massiver Mangel an Erzieherinnen und anderen pädagogischen
Fachkräften. Das räumte Sozialministerin
Christine Haderthauer (CSU) ein. Bis
2013 fehlten in den Kindertageseinrichtungen im Freistaat voraussichtlich 1.000
bis 1.200 Fachkräfte. Gegengesteuert
wird nach Angaben der Ministerin unter
anderem durch neue Ausbildungsstätten
und gezielte Anwerbemaßnahmen.
Innenminister Herrmann
will Sex-&-Crime-Filter
Bad Kissingen (dpa/lby) - Bayerns Schulen
sollen nach einem Vorschlag von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) Filter nutzen,
um Kinder und Jugendliche vor Pornografie,
Gewalt, Sekten und Extremismus im Internet
zu schützen. Die „Time for kids“ Foundation
aus Berlin stellt Schulen bundesweit eine
Software zur Verfügung, um unliebsame
Webseiten zu blockieren.
Männliche Migranten als
Problemschüler
München (dpa/lby) - Männliche Jugendliche aus Einwandererfamilien haben die
größten Probleme an Bayerns Schulen.
Diese Gruppe stellt die meisten Schulabbrecher und erzielt die niedrigsten Schulabschlüsse.
Böhmer will Migrantenquote für Lehrer
Berlin (dpa) - Die Integrationsbeauftragte
der Bundesregierung, Maria Böhmer, hat
eine Debatte über eine feste Migrantenquote im Öffentlichen Dienst ausgelöst.
„Bereits jetzt hat jeder Fünfte in Deutsch-
4
gen, eine Abkehr von der starren SechsSemester-Regelung beim Bachelor und
auch den Hochschulwechsel durch eine
vereinfachte Anerkennung von Leistungsscheinen erleichtern. Im Winter hatten Studierende mehrheitlich und zum Teil gemeinsam mit dem akademischen Personal
gegen offensichtliche Missstände an den
Unis protestiert. In der Kritik standen unnötige Stofffülle und Verschulung in den
Bachelor-Studiengängen, eher gesunkene
Mobilität sowie massiv gestiegener Leistungsdruck wegen der zusätzlichen Aufnahmehürden für das anschließende
Master-Studium.
Jeder dritte Schüler leidet
unter Stress-Symptomen
Berlin schafft im Sommer
Hauptschulen ab
Ministerium warnt vor
„Würgespielen“
Berlin (dpa) - Ein Jahr lang hat das Land
Berlin über seine Schulen gestritten, nun
ist es beschlossen: Die Hauptstadt schafft
im Sommer ihre Hauptschulen ab. Das Abgeordnetenhaus beschloss die Reform mit
den Stimmen von SPD und Linken. Haupt-,
Real- und Gesamtschulen werden zu sogenannten Sekundarschulen zusammengefasst. Sie bilden neben dem Gymnasium
dann die einzige weiterführende Schulform
nach der sechsjährigen Grundschule.
Potsdam (dpa) - Als Reaktion auf den tragischen Tod eines 14-Jährigen bei einem
„Würgespiel“ hat das Brandenburger Bildungsministerium jetzt Informationen über
die tödlichen Gefahren solcher Praktiken
ins Internet gestellt. Minister Holger Rupprecht (SPD) rief sowohl Lehrer als auch
Schüler und Eltern zu erhöhter Sensibilität
im Umgang mit dem Phänomen auf: „Würgespiele sind keine harmlose Mutprobe,
sondern eine tödliche Gefahr.“
Lüneburg (dpa) - Nach einer Studie im Auftrag der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) leidet jeder dritte Schüler
unter Stress-Symptomen wie Kopf- und
Rückenschmerzen, Einschlafproblemen
und Gereiztheit. Der Studie zufolge leiden
Schüler, die die Auseinandersetzung mit
Problemen meiden, mehr als doppelt so
häufig regelmäßig unter Kopf-, Rückenoder Bauchschmerzen. Besonders oft treten gesundheitliche Probleme bei einem
schlechten Klassenklima auf.
Quereinstieg I:
Handwerker zu Erziehern
land einen Migrationshintergrund“, sagte sie
und forderte: „Besonders dringend benötigen wir mehr Lehrerinnen und Lehrer sowie
Erzieherinnen mit Migrationshintergrund.
Sie sind wertvolle Brückenbauer und
Ansprechpartner für die Jugendlichen aus
Zuwandererfamilien.“
Berlin (dpa) - Berlin will auch Handwerker
zu Erziehern machen. „Wir wollen den
Quereinstieg ermöglichen“, kündigte Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) an.
Der Plan sei keine Notlösung. Es sei sogar
„pädagogisch sinnvoll, Leute mit anderen
Erfahrungen zu holen, zum Beispiel auch
Handwerker“.
Türkische Gemeinde
fordert Integrationsagenda
Quereinstieg II:
Diplomphysiker zu Lehrern
Berlin (dpa) - Die Türkische Gemeinde in
Deutschland fordert angesichts der Debatte um das Zusammenleben mit Migranten
eine „Integrationsagenda 2010“. Darin
müsste dem Bundesvorsitzenden Kenan
Kolat zufolge das bisherige Sammelsurium
an Politik-Ansätzen gebündelt werden.
München (dpa) - Aufgrund des erhöhten
Lehrerbedarfs in den Fächern Mathematik
und Physik an Gymnasien eröffnet das
Kultusministerium Diplomphysikern mit
guter Diplomprüfung unter bestimmten
Voraussetzungen den Einstieg in den Vorbereitungsdienst.
Männliche Schulanfänger
oft therapiebedürftig
Kultusminister planen
Bologna-Korrekturen
Berlin (dpa) - Jeder fünfte Junge der AOKVersicherten braucht vor der Einschulung
eine Sprachtherapie. Wie die AOK weiter
feststellte, erhielten knapp 14 Prozent der
Jungen dieses Alters eine Behandlung zur
besseren Beweglichkeit. Dem Bericht
zufolge wurden 2008 rund 350.000 Kinder
unter 15 Jahren mit Physio-, Ergo- oder
Sprachtherapie versorgt.
Berlin (dpa/BS) - Zehn Jahre nach dem
Bologna-Beschluss zur Vereinheitlichung
des Hochschulraums in Europa planen die
deutschen Kultusminister eine radikale
Kurskorrektur. Sie wollen bei den Bachelor- und Masterstudiengängen die Stofffülle deutlich begrenzen, weniger Prüfun-
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Politik_Mittelschulkampagne
Politik_Mittelschulkampagne
Von alten Klamotten und Maulkörben
Kritik, Enttäuschung, Resignation – die
Reaktionen auf die Kampagne des
Alte Wäsche als Haute Couture – die Wenigsten
halten das für eine saubere Sache
Kultusministeriums zur Einführung
der Mittelschule sind bayernweit dieselben: Die Kommunen fürchten, für
überholte Maßnahmen teuer bezahlen zu
müssen und für abzusehende Flurschäden
verantwortlich gemacht zu werden. Auch die
„Dialogforen“ kommen nicht wirklich gut an.
Ein Stimmungsbild.
Text: Chris Bleher
Was Bayerns Kommunalvertreter von der Regierungsoffensive zur
Einführung der Mittelschulen halten, wurde am deutlichsten sichtbar
in Amberg. Das Kultusministerium hatte zum Auftakt seiner bayernweiten Informationskampagne ins Berufliche Schulzentrum von
Amberg geladen. Bestuhlt war für 300 Gäste, es kamen 30. Die wurden in die vorderen Reihen des riesigen Saals gebeten, saßen
sodann einigen hohen Herren aus München gegenüber und durften
sich etwas von „passgenauen Entscheidungsprozessen vor Ort“
(Spaenle) anhören und davon, dass niemand bevormundet werden
solle, wie die Regionalzeitung „Neuer Tag“ berichtete. Woran es
liege, dass so wenige gekommen waren, habe ein Bürgermeister hinter vorgehaltener Hand so erklärt: „Vielleicht, weil sowieso schon
alles beschlossene Sache ist.“
Der Amberger Oberbürgermeister Wolfgang Dandorfer (CSU)
und sein Schwandorfer Amtskollege Helmut Hey (SPD) beschwerten sich neben anderem darüber, dass sie Schulverbünde einfädeln
sollten, aber am Ende nicht mitbestimmen könnten. Hey: „Man bürdet uns etwas auf und gibt uns keine Mitwirkungskompetenz.“ Vor
allem die Angst vor steigenden Kosten als Resultat weit auseinanderliegender Schulen in Schulverbünden war groß.
Amberg ist nicht irgendein Ort in der geplanten Mittelschullandschaft, Amberg-Sulzbach ist Pilotlandkreis und war schon von daher
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wichtiger strategischer Termin bei dem Vorhaben des Kultusministers, „mit 2.500 Stadt- und Gemeindeoberhäuptern zu diskutieren“,
wie verlautbart wurde. Doch dort wie anderswo offenbarte sich
Kritik, Enttäuschung, Resignation – oftmals aus den eigenen Reihen.
CSU-Landrat Richard Reisinger, ein ehemaliger Gymnasiallehrer,
beschwerte sich via Presse auch über die sogenannten Dialogforen.
Die hätte man abhalten sollen, „bevor die Regelungen festgezimmert wurden“. Der Realschulabschluss werde immer noch höher eingestuft als der des M-Zweigs, er sei mittlerweile für ein zweigliedriges Schulsystem.
Besser besucht, aber kaum angenehmer für die Regierungsvertreter, war eine Veranstaltung für die Kommunalvertreter aus Oberbayern-Süd Anfang Januar im Ballhaus Rosenheim. Dort platzte dem
Gilchinger Amtsträger Michael Muther (FW) am Ende der
Veranstaltung mit rund 50 Kolleginnen und Kollegen der Kragen:
Nachdem seine Wortmeldungen mehrfach ignoriert worden waren,
rief der sechsfache Familienvater nach der Schlussrede des
Staatssekretärs sein Fazit in die Versammlung: Die Mittelschule sei
„ein alter Hut“. Es werde alles so bleiben wie es ist, egal wie man es
nenne. Man könne den Eltern den Unterschied zwischen Real- und
Mittelschule nicht verkaufen, erklärte er später gegenüber der BS,
eine wirkliche Aufwertung der Hauptschule sei nicht zu erkennen.
Die Bürgermeister des Landkreises Dachau gaben gar ein Positionspapier gegen das Mittelschulkonzept heraus und forderten eine
sechsjährige Grundschulzeit. Es unterschrieben sämtliche Bürgermeister aller Parteien. Später kamen sie überein, die Pläne ab 2011/12
umzusetzen. Es bleibe ihnen nichts anderes übrig, sagte Bürgermeister-Obmann Konrad Wagner (Altomünster/FWG) auf Anfrage.
Auch die „Dialogforen“ erregen bayerweit Unmut. Pars pro toto
der Landkreis Dachau: Im Landratsamt der Kreisstadt wollte Johann
Turner, Bürgermeister von Mammendorf (Bürgergemeinschaft), der
Süddeutschen Zeitung zufolge wissen, „ob das neue System nur
dazu diene, Lehrer einzusparen“. Eine klare Antwort habe er nicht
bekommen. In Bezug auf Amberg hatte sich MdL Tanja Schweiger
(FW) dem „Neuen Tag“ zufolge noch drastischer geäußert: Von
einem Dialog habe man nicht sprechen können, zumal die Schulleiter
und Lehrer zuvor an ihre Treuepflicht erinnert worden seien. Besser
geeignet sei der Begriff „Maulkorberlass“.
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Kommentar von Fritz Schäffer
Rheumadeckenpolitik
Der Kultusminister, sein Staatssekretär und hohe
Ministerialbeamte ziehen wie fliegende Händler durchs
Land. Sie verkaufen keine Rheumadecken, sondern
preisen eine Schulpolitik an, die auf allseitigen Widerstand trifft. Die Reaktion der Bürgermeister und anderer
Adressaten auf zahllose Dialogoffensiven schwankt
zwischen Resignation und offener Auflehnung.
An rhetorischer Ungeschicklichkeit kann es nicht
liegen, Spaenles Wortsalven kommen mit rekordverdächtiger Geschwindigkeit. Es ist ganz einfach so: Die
mit ungeheurer PR-Gewalt angepriesenen Produkte
passen nicht mehr auf den Markt. Auch der geschickteste Autohändler steht auf verlorenem Posten, wenn er
einem Trabi einen Heckspoiler anklebt, um ihn als
modernen Sportwagen zu verticken. Was auf den ersten
Blick lediglich als Kommunikationsdebakel erscheinen
mag, offenbart in Wirklichkeit den Bankrott der Schulpolitik des Kultusministers, der partout an einem
überholten Bild von Schule festhält.
Mit den als Reform verkauften und hektisch verkündeten
kosmetischen Veränderungen an der viel geschmähten
Oberstufe des G8 scheint sich das Muster nun zu wiederholen: Auch da kündigte der Kultusminister eine Dialogoffensive durch alle bayerischen Bezirke an, in der er
die Segnungen seiner Politik dem unverständigen Publikum nahe bringen will. Abzusehen, dass auch diese
Klientel nichts von Rheumadeckenpolitik wissen will.
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Politik_Kurz berichtet, kurz kommentiert
Politik_Kurz berichtet, kurz kommentiert
Wertlose Regierungsversprechen
Das Desaster bei der Einstellung von Junglehrern wäre vermeidbar
Reformer-ei
Das Gymnasium wird in die Pfanne gehauen – so oder so
Wenige Wochen nach Schuljahresbeginn hat der BLLV vor der
drohenden Belastung der Q11-Schüler am Gymnasium gewarnt.
Hatten die Vorgänger der jetzigen 11. Klassen in der Kollegstufe
(K12) gut 28 Unterrichtsstunden pro Woche, beläuft sich das
Pensum der Schülerinnen und Schüler, die die neue Qualifikationsphase Q11 besuchen, auf bis zu 38 Stunden. Vorgeschrieben sind insgesamt 132 Jahreswochenstunden in den vier Halbjahren – also durchschnittlich 33 pro Halbjahr. Viele Schülerinnen
und Schüler haben dreimal Nachmittagsunterricht, manche auch
viermal – Vorbereitungszeit nicht eingerechnet. Neben dieser rein
zeitlichen Belastung wurden auch die Prüfungsanforderungen
verschärft. So muss jeder Schüler in Deutsch, Mathematik und in
einer Fremdsprache eine Abiturprüfung ablegen.
Dies soll sowohl eine höhere Studierfähigkeit, die vor allem
durch Schlüsselqualifikationen wie Kreativität, Teamfähigkeit, Selbständigkeit, Flexibilität et cetera definiert ist, födern, als auch eine
breitere Allgemeinbildung erzielen, die durch mehr Lerninhalte
nach einem nicht mehr existenten Wissenskanon erreicht werden
soll. Beide Ziele schließen einander aber logisch aus. Entweder
es wird in der Schule breiter oder aber es wird tiefer gelernt.
Der Hebel, um dieses paradoxe Ziel zu erreichen, ist einzig die
Verschärfung der Prüfungsanforderungen. Denn: Schon bisher
musste jeder Abiturient die Fächer Deutsch, Mathematik und eine
Fremdsprache in der gesamten Kollegstufe belegen und in die
Gesamtnote einbringen. Somit kommt als einzige Änderung eine
verpflichtende Prüfung am Ende hinzu. Hier wird Schule nach rein
quantitativen Aspekten durchleuchtet: Werden Input und Anforderungen erhöht, steigen auch die
Leistungen. Eine verpflichtende
Abiturprüfung macht demnach
aus einem schwachen MatheSchüler der 10. Klasse einen
Spitzenmathematiker am Ende der 12. Klasse. Wer dies
ernsthaft glaubt, ist naiv und
lässt wesentliche Aspekte
zur Steigerung der Unterrichtsqualität völlig außer Acht.
8
Demotivierende und frustrierende Reformerei
Exemplarisch zeigt sich an der Oberstufenreform, dass das Gymnasium einer dringenden, grundsätzlichen Neuausrichtung bedarf.
Derzeit leidet es unter dem Spagat zwischen dem Festhalten an
überkommenen und veralteten Strukturen und Traditionen einerseits und einer halbherzigen und meist nur oberflächlich postulierten Öffnung für das unvermeidlich Neue andererseits:
• So sind Gymnasien einerseits immer noch streng nach dem
Fächerprinzip organisiert, sollen andererseits aber immer neue
fächerübergreifende Anliegen verfolgen.
• So bestimmen einerseits die prall gefüllten Lehrpläne und eng
getakteten Prüfungsintervalle den Unterricht, andererseits sollen
möglichst viele außerunterrichtliche Angebote wie Praktika, Exkursionen, Projekte während der Unterrichtszeit stattfinden.
• So sollen die Gymnasien einerseits immer noch einen klaren
Ausleseauftrag erfüllen, diesen andererseits aber ignorieren, indem sie viele Schüler trotz schlechter Leistungen vorrücken lassen und an der Schule behalten.
Diese Widersprüche müssen aufgelöst werden. Dabei steht das
Gymnasium in Bayern vor einer äußerst schwierigen Herausforderung. Einerseits brauchen wir dringend eine neue Vision von
Schule und Gymnasium und darauf aufbauend konkrete Reformen, andererseits ist nach der überhasteten Einführung des achtstufigen Gymnasiums die Bereitschaft für weitere Reformen bei
den Lehrkräften, Eltern und Schülern des Gymnasiums verständlicherweise sehr gering. Demotivation, Frustration und Enttäuschung über den überstürzten Reformprozess überwiegen immer
noch bei vielen Kolleginnen und Kollegen. Wenn sich das Gymnasium aber den Herausforderungen einer gewandelten
Gesellschaft, eines daraus resultierend neuen Auftrags und der
modernen Lern- und Leistungskultur erfolgreich stellen will,
müssen tiefgreifende Konsequenzen für seine innere Verfassung
und seine Ausstattung gezogen werden. Der BLLV stellt demnächst ein Diskussionspapier zur Zukunft des bayerischen
Gymnasiums vor. rk
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Ende Januar schockte die Meldung, dass nur 50 Prozent der
Bewerber eine Stelle bekommen werden, nicht nur die Absolventen des aktuellen Prüfungsjahrganges am Gymnasium. Zum
Redaktionsschluss lagen die genauen Zahlen noch nicht vor, aber
man muss davon ausgehen, dass in einigen Fächerkombinationen
nur fünf Prozent der Bewerber eingestellt werden.
Dieses Desaster ist keineswegs gottgegeben, sondern das
Ergebnis mangelnden politischen Willens, für Bildung ausreichend Finanzen zur Verfügung zu stellen. So könnte der Freistaat
den Bewerberüberhang etwa nutzen, um sein Versprechen vom
24. Juni 2008 einzulösen, wonach bis 2014 an weiterführenden
Schulen nicht mehr als 30 Schülerinnen und Schüler in einer
Klasse sitzen sollen. Bisher verwiesen Staatsregierung und
Kultusministerium regelmäßig darauf, dass dieses hehre Ziel leider nicht verfolgt werden könne, da es zu wenig Bewerber gebe.
Nun zeigt sich, wie viel dieses Versprechen der Staatsregierung wert ist: Nichts.
Für die Betroffenen bleibt nur Fassungslosigkeit. Noch Mitte
Dezember erfuhren viele über ihre Seminarlehrer vom Ministerium,
ihre Stellen seien so gut wie sicher. Dies ist unverantwortlich.
Ende Januar war es für viele zu spät, sich nach Alternativen umzusehen. Welches Desaster im Februar droht, musste doch schon
seit Schuljahresanfang im Ministerium klar gewesen sein. Denn:
Sowohl die Anzahl der Zweigschulreferendare (die ab Februar als
billige Arbeitskräfte ausgenutzt werden) als auch die Zahl der
Absolventen ist bekannt. Da muss es dem Ministerium doch möglich sein, eine vernünftige Bedarfsplanung fürs nächste Halbjahr
zu veröffentlichen.
Das Kultusministerium muss jetzt schleunigst handeln: Es ist
nicht zu rechtfertigen einerseits Bewerber mit guten und sogar
sehr guten Examensnoten in die Arbeitslosigkeit zu entlassen und
andererseits auch weiterhin Notmaßnahmen zur Aufrechterhaltung der Unterrichtsversorgung durchzuführen. Dies gilt insbesondere für solche Maßnahmen, durch die die Referendare selbst
während ihrer Ausbildungszeit zusätzlichen Belastungen ausgesetzt werden, um den Bedarf ihrer eigenen Planstelle wegzurationalisieren. Deshalb muss die Verpflichtung für Referendare zur
Unterrichtsaushilfe umgehend gesenkt werden. Konkret fordert
der BLLV daher eine deutliche Reduzierung der maximalen
Unterrichtsverpflichtung von Referendaren im 2. Ausbildungsabschnitt, die 2007 wegen der angespannten Personalsituation auf
17 Stunden angehoben wurde. Daneben sollen Referendare im
3. Ausbildungsabschnitt ab sofort nicht mehr eigenverantwortlich
unterrichten, wie dies bis zur Ausrufung des Lehrermangelnotstands vor vier Jahren obligatorisch gewesen ist. Diese Forderungen haben Ende Januar innerhalb von zwei Tagen mehr als
1.000 Personen in einem offenen Brief auf unserer Homepage
unterzeichnet: www.bllv.de/bs/2010/02 rk
Nachbarschaftshilfe Gassigehen: Gegen ein kleines Entgelt finden unbeschäftigte Junglehrer sicher eine neue Herausforderung
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Politik_Gespräche
Politik_Gespräche
Der BLLV im Gespräch mit MdL Wild (SPD), dem Städtetagspräsidenten Schaidinger, der Behindertenbeauftragten Badura …
… dem Landesbeauftragten für den Datenschutz Petri und den Landtagsabgeordneten der Freien Wähler
SPD: Inklusion in
allen Schularten
Städtetag und Mittelschule: Enges Korsett
Behindertenbeauftragte:
Inklusion vorantreiben
Bedenklicher Umgang
mit Datenschutz
Bedauern über fehlende
Unterstützung durch FW
Das Themenspektrum beim Gedankenaustausch zwischen BLLV-Präsident
Klaus Wenzel und der Landtagsabgeordneten Margit Wild (SPD) reichte von
Inklusion über Schulentwicklung bis zur
Lehrerbildung und der Belastung der
Schulleitungen. Wild begrüßte es, dass
zum Thema Inklusion eine interfraktionelle Arbeitsgruppe eingerichtet wurde,
die hoffentlich ein ebenso pragmatisches wie perspektivisches Konzept
erarbeiten wird. Inklusion betreffe aus
ihrer Sicht allerdings nicht nur das
Verhältnis zwischen Regelschulen und
Förderschulen sondern müsse Konsequenzen für die Entwicklung aller Schularten und des gesamten Schulsystems
haben. Für die Lehrerbildung kündigte
Wild einen Gesetzentwurf der SPDFraktion an. Wenzel stellte fest, dass es
in Vorgesprächen große Übereinstimmung bezüglich der wichtigsten Reformpunkte gab: mehr Bezüge zum Berufsfeld Schule, mehr Orientierung an
Schulstufen als an Schularten, mehr
Flexibilität und weniger Gängelung für
die Studierenden. Ausführlich wurden
die ständig wachsenden Belastungen in
der Schulleitung besprochen. Wild
sagte zu, dieses wichtige Problemfeld
ausführlich im Bildungsausschuss zu
thematisieren und sich um konkrete
Unterstützung zu bemühen. BS
Die Zukunft der Hauptschule stand im
Zentrum eines konstruktiven Gesprächs
zwischen dem Bayerischen Städtetag
und dem BLLV, geführt von Städtetagspräsident Hans Schaidinger, Oberbürgermeister von Regensburg, und BLLVPräsident Klaus Wenzel sowie Manfred
Riederle, Schulreferent, Reiner Knäusl,
Geschäftsführer des Städtetages, und
den BLLV-Vertretern Gerd Hüfner und
Fritz Schäffer. Beide Seiten stimmten
darin überein, dass das Mittelschulkonzept des Kultusministeriums trotz positiver Aspekte keine dauerhafte Lösung
der Probleme bringen wird. Schaidinger
unterstrich, dass sowohl auf die demografische Entwicklung als auch auf die
sinkende Attraktivität der Hauptschule
überzeugende und nachhaltige Antworten gefunden werden müssen. Von besonderer Bedeutung sei ein anschlussfähiger Abschluss, der den Absolventen
sowohl Ausbildungen in anspruchsvollen
Berufen ermögliche als auch weitere
höher qualifizierende Schullaufbahnen.
Er betonte, dass die Städte zwar keine
generelle Reform der Schulstrukturen
fordern, aber mehr Offenheit für schulartübergreifende Modellversuche im Rahmen der Regionalen Schulentwicklung
unterstützen. Genauso wie Wenzel halte
er das Korsett für die Dialogforen und
Schulverbünde für zu eng geschnürt. fs
„Inklusion kann nur in einem offeneren
Schulsystem funktionieren“, sagte die
Behindertenbeauftragte der Bayerischen
Staatsregierung, Irmgard Badura, im
Gespräch mit dem BLLV. BLLV-Präsident Klaus Wenzel bekräftigte, ein anderes, inklusives Schulsystem sei für eine
demokratische und offene Gesellschaft
ein Muss. Fritz Schäffer, Leiter der
Abteilung Schul- und Bildungspolitik,
berichtete, dass der BLLV derzeit ein
Grundlagenpapier zur Umsetzung der
UN-Konvention erstelle. Es wird sich für
ein inklusives Schulsystem aussprechen
im Bewusstsein, dass dieses „quer“
zum jetzigen „segregierenden Schulsystem“ stehe. Der BLLV fordere aber
die Freiheit der Schulwahl. Pauschale
Antworten oder gar eine „Zwangsinklusion“ seien abzulehnen. Einigkeit
bestand zwischen Badura und dem
BLLV auch darin, dass sonderpädagogische Kompetenz und Förderung in
einem inklusiven Schulsystem erhalten
und aufgebaut werden müsse. Damit die
Regelschule für Kinder mit Behinderungen auch tatsächlich zur Regelschule
wird, müssten die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung stehen.
Stefan Sandor, Mitarbeiter der Behindertenbeauftragten, forderte, auch über
Konsequenzen für die Lehrerbildung
nachzudenken. ff
Der erste Entwurf (2008) der Staatsregierung zu „Datenverarbeitung und
Datenschutz im Bayerischen Schulwesen“ hatte beim BLLV zu Skepsis und
zur Forderung nach Verschlankung und
Verbesserung geführt. Der Bayerische
Landesbeauftragte für den Datenschutz,
Dr. Thomas Petri, schloss sich den
damaligen Bedenken des BLLV weitgehend an und erreichte in Verhandlungen mit der Staatsregierung eine
Fassung mit „ausschließlich unproblematischen Kategorien“. In einem Gespräch mit Dr. Petri bedankte sich
BLLV-Präsident Klaus Wenzel für das
kompetente und engagierte Wirken
des Datenschutzbeauftragten und ließ
sich den aktuellen Gesetzentwurf
detailliert erklären. Auf Befremden stieß
das Verhalten des Kultusministeriums,
das den Verbänden für diesen komplexen und sehr bedeutenden Gesetzentwurf lediglich fünf Wochen für die
Formulierung einer Stellungnahme
gewährte. Außerdem wurde die schriftlich angekündigte mündliche Anhörung
erst nach Aufforderung des BLLV durchgeführt, wobei die Verbände erst vier
Tage vor der Anhörung informiert wurden. Petri und Wenzel waren sich einig,
dass dieses Vorgehen bei einem ohnehin sehr sensiblen Thema zusätzliche
Skepsis schaffen könne. BS
„Wir bedauern, dass die Freien Wähler
die Grundschulpetition des BLLV nicht
mehr unterstützt haben – trotz 100.000
Unterzeichnern“ – dies sagte BLLV-Präsident Klaus Wenzel im Gespräch mit
Abgeordneten der Freien Wähler (FW).
MdL Eva Gottstein erklärte, sie und
Günther Felbinger hätten im Bildungsausschuss für die Petition gestimmt –
außer für die längere gemeinsame Schulzeit, die die FW ablehnen. Wenzel und
Simone Fleischmann, Leiterin der Abteilung Berufswissenschaft im BLLV, waren
für den BLLV bei den Beratungen im
Bildungsausschuss anwesend. Die FW
haben nur für mehr Förderung und kleinere Klassen gestimmt. Beim gleichen
Status für Grundschullehrer enthielten
sie sich der Stimme. Die freie Schullaufbahnentscheidung, die längere gemeinsame Schulzeit und die bessere Lehrerbildung wurden von den FW abgelehnt.
So steht es auch im Protokoll. Gottstein
kündigte ein Gutachten zur Zukunft des
bayerischen Schulsystems an. Auf dessen Basis wollen sich die FW im Frühjahr neu positionieren. Sie sagte: „Die
Zeit arbeitet für diejenigen, die mit diesem System nicht einverstanden sind.“
Fritz Schäffer, Leiter der Abteilung Schulund Bildungspolitik im BLLV, ermutigte
die FW, der Idee einer Regionalen
Schulentwicklung näherzutreten. ff
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Politik_Akzente
PPolitik_Aus dem Landtag
Der neuralgische Punkt unseres Schulsystems ist die frühe Verteilung der Kinder auf parallele Schularten. Kaum wird dieses Thema angesprochen, finden sich Befürworter und
Gegner einer „begabungsorientierten äußeren Differenzierung“, womit letztlich ein Vorgang umschrieben wird, der viele Probleme schafft. Und zwar für Kinder ebenso wie für
Eltern, für Pädagogen ebenso wie für Politiker. Nicht selten behaupten die Anhänger der
frühzeitigen Auslese, dass lern- und entwicklungspsychologische Befunde für die Einführung der vierjährigen Grundschule ausschlaggebend waren. Wissenschaftler hätten
schon vor Jahrzehnten bestätigt, dass den Kindern am meisten geholfen sei, wenn sie
im Alter von neun bis maximal zehn Jahren in (vermeintlich) leistungshomogene Gruppen
sortiert werden. Was soll man dagegen sagen?
Ein
Kompromiss
wird 90
Von Klaus Wenzel
Tatsache ist, dass die vierjährige Grundschule zum Zeitpunkt ihrer Entstehung weder
von Wissenschaftlern gefordert wurde, noch auf psychologischen Befunden basiert. Sie
ist ein problematischer Kompromiss, der zwar mathematisch korrekt war, aber die
Bedürfnisse der Kinder weitgehend negierte.
Im August 1919 wurde durch die Weimarer Verfassung die allgemeine Grundschule in
Deutschland gesetzlich verankert. Die Nationalversammlung hatte allerdings nicht die
Dauer der gemeinsamen Schulzeit festgelegt. So bekam die Reichsschulkonferenz den
Auftrag, diese Festlegung zu treffen, wobei sich im Lauf der Diskussion zwei Lager herausbildeten. Die einen wollten die Aufgabe der Grundschule darauf beschränkt sehen,
den Kindern Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen. Dies sei mit tüchtigen Lehrern in zwei Jahren zu erreichen. Die Grundschule, so eine offizielle Begründung von
damals, sollte die Funktion einer „gymnasialen Vorschule“ übernehmen. Mehr als zwei
Jahre Grundschule lehnte diese Gruppe ab und diffamierte eine längere gemeinsame
Schule als „Kinderzuchthaus“. Die anderen proklamierten einen „Bildungsauftrag“ der
Grundschule und forderten für die solide Erfüllung dieses Auftrags mindestens sechs
Jahre. Sie beriefen sich auf Comenius und Fichte aber auch auf den „Deutschen Lehrertag“ von 1885, bei dem „eine lange Schulzeit für alle“ gefordert wurde, damit der
„Anspruch auf Bildung“ eingelöst werden könne und zwar „unabhängig von Stand und
Einkommen“.
Klausuren: Viele schöne Worte – wenig Konkretes
ei den diesjährigen Winterklausuren
der fünf Landtagsfraktionen waren
sachpolitische Entscheidungen, etwa im
Bereich der Bildungspolitik, rar. Stattdessen gab es Gerüchte und Spekulationen
im Vorfeld, Ankündigungen und Geschlossenheitsappelle während der Klausuren
und leuchtende Zukunftsvisionen danach.
Die CSU-Tagung in Wildbad-Kreuth
war dominiert von der Personaldebatte um
den Fraktionsvorsitzenden Georg Schmid.
Die „Revolution“ von Markus Söder fiel
jedoch aus und Parteivorsitzender Horst
Seehofer gewährte demonstrative Rükkendeckung. Die Abgeordneten diskutierten über den von Schmid eingeleiteten
Entlastungsangriff eines „Zukunftsdialogs“: Sie sollten in mehreren Foren ihre
Vorstellungen von Bayern im Jahr 2020
entwickeln und aufzeigen, wofür die CSUFraktion steht. Eines der Foren fand zur
Bildungspolitik statt. Da man die Themen
mit den Menschen diskutieren will und vor
B
allem zuhören möchte, gab es keine
Beschlüsse.
Die SPD-Abgeordneten Rinderspacher, Pronold und Kohnen demonstrierten
im Anschluss an die Kreuther Tagung die
Verluste von 3,75 Milliarden Euro der
HGAA. Mit dem Geld hätten für zehn
Jahre 5.000 zusätzliche Lehrer eingestellt
oder allen bayerischen Schülern zehn
Jahre ein kostenloses Mittagessen finanziert werden können. Bei ihrer eigenen
Klausur in Irsee demonstrierte die SPD
Geschlossenheit und plante eine Gesprächsoffensive an der Wählerbasis, um
verlorenes Vertrauen wieder zu gewinnen.
Nabelschau auch bei den Freien
Wählern in Bischofsreut. Angesichts fraktionsinterner Turbulenzen, dem Ausschluss von Gabriele Pauli und der Abwahl von zwei Stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden machte man sich daran, mit
Hilfe eines externen Coaches die eigene
Teamfähigkeit zu verbessern. Fraktionsvor-
sitzender Hubert Aiwanger ließ sich auch
durch die Meinungsumfrage des BR
nicht verunsichern, die die FW nur noch
bei sechs Prozent sieht. Dieselbe Umfrage attestierte Bündnis 90/Die Grünen
einen Zuwachs an Zustimmung auf 15
Prozent, was wohl mit ihrer seit Jahren
konsequent verfolgten Bildungspolitik zu
tun hat. Die selbsternannte „PremiumOpposition“ diskutierte bei ihrer Klausur
wirtschaftliche Veränderungsprozesse in
der Region und ihre gesellschaftlichen
Folgen. Die Grünen stellten somit im Gegensatz zu anderen anspruchsvolle Sachthemen in den Mittelpunkt. Für den Nachtragshaushalt 2010 forderten sie insbesondere zusätzliche Bildungsinvestitionen.
Die FDP beschloss bei ihrer Klausur
ein „Zukunftskonzept“ mit dem Titel „Chancen schaffen – Bayern erneuern“ mit den
Themen Wirtschaft und Energie, Wissenschaft, Gesundheit, Umwelt und Chancengerechtigkeit. ff
Kultusetat schrumpft
CSU: AbwärtsTREND
Kompetenzlose Foren
Die Bayerische Staatsregierung hat dem
Landtag den Entwurf für den Nachtragshaushalt 2010 zugeleitet. Gegenüber dem
Gesetz zum Doppelhaushalt 2009/10
werden die Ausgaben um 322,7 Millionen
Euro gekürzt, der Haushalt wächst nicht
wie vorgesehen um 2,9 Prozent, sondern
nur um 2,1 Prozent. Allein im Kultusetat
werden die Ausgaben um 20,6 Millionen
auf 9,47 Milliarden Euro reduziert. Der
Kultusetat steuert infolge der QuellePleite 2,5 Millionen Euro zum „Strukturprogramm Nürnberg-Fürth“ bei (gesamt
115 Millionen). Zudem werden die zum
1. September geplanten Stellenhebungen
auf den 1. Januar 2011 verschoben (-6 Millionen). Zum Ausbau der Ganztagsschulen werden die Zuweisungen an die Gemeinden auf 43,9 Millionen verdoppelt. ff
In die Klausursitzungen der Landtagsfraktionen platzte die jährliche BayernTRENDUmfrage des Bayerischen Rundfunks. Die
Bürger wurden unter anderem nach den
bildungspolitischen Kompetenzen der
Parteien gefragt. Den höchsten Zuspruch
erhielt die CSU mit 38 Prozent (3 Prozent
weniger als im Vorjahr). Es folgten SPD
(17 Prozent/-8 Prozent), FDP (12 Prozent/+3 Prozent) und Grüne (7 Prozent/
+3 Prozent). Nur 1 Prozent (-4 Prozent)
favorisierten die Bildungspolitik der Freien
Wähler. Laut Forschungsgruppe Wahlen
war die Bildungspolitik das wahlentscheidende Thema der Landtagswahl 2008.
Für 32 Prozent der Befragten war die
Schul- und Bildungspolitik das wichtigste
Problem, gefolgt vom Arbeitsmarkt mit
21 Prozent. ff
Das Kultusministerium (KM) will den Dialogforen zur Mittelschule keine Entscheidungskompetenz geben. Dies geht aus
einer Anfrage des Bildungspolitischen
Sprechers der Grünen, Thomas Gehring,
hervor. Die Dialogforen sollen lediglich
„Transparenz mit allen Beteiligten“ herstellen und „die jeweiligen regionalen Gegebenheiten, Beobachtungen und Wünsche stärker einbeziehen“ (Drs. 16/3071).
Detailfragen sollen anschließend in „Regionalgesprächen vor Ort geklärt“ werden. Auf deren Grundlage würden „konkrete Planungsmodelle“ erarbeitet. Verantwortlich sei ein „Leitungsteam“ aus Regierung, Schulamt und Landrat. Wenn
sich die Dialogforen bewähren, sollen sie
erhalten bleiben – laut KM auch zur „Weiterentwicklung der Schulorganisation“. ff
Zwei plus sechs durch zwei = fauler Kompromiss
Die Unruhen der jungen Weimarer Republik veranlassten Reichsinnenminister Erich
Koch-Weser, rasch zu einem Ergebnis zu kommen. Er forderte die Vertreter der beiden
Lager auf, einen Kompromiss zu suchen. Mathematisch korrekt war der gefundene
Kompromiss deshalb, weil man die Forderung der einen Gruppe (2 Jahre) mit der der
anderen Gruppe (6 Jahre) addierte und durch zwei dividierte. So gibt es seit April 1920
eine vierjährige Grundschule, der 90. Geburtstag steht vor der Tür.
Seriöse Stimmen, die eine fröhliche Geburtstagsparty fordern, sind nicht zu vernehmen.
Vielmehr hat der Auftakt zu unserer Grundschulaktion im vergangenen Jahr gezeigt, dass
dieser Schulart (und ihren Schülern und Lehrern!) mit politischer Unterstützung mehr
gedient ist als mit einer Geburtstagstorte. Denn die Probleme haben sich nicht geändert.
Auch im Jahr 2010 gibt es viele Menschen, die unsere Grundschule auf eine „gymnasiale Vorschule“ zurecht stutzen wollen. Auch im Jahr 2010 haben alle Kinder „Anspruch auf
Bildung“, und zwar „unabhängig von Stand und Einkommen“. Auch 2010 geht es nicht
in erster Linie um Lesen, Schreiben und Rechnen, sondern um vielseitige und umfassende Kompetenzen. Die Petition des BLLV zur Grundschulaktion ist deswegen keineswegs
„erledigt“, auch wenn das eine Mehrheit im Landtag gerne so hätte. Der 90. Geburtstag
unserer Grundschule sollte für die Politik und für uns alle Ansporn und Auftrag sein, den
Kindern alters- und zeitgerechte Lernprozesse zu ermöglichen, damit wirklich Lernen und
Leistung im Vordergrund stehen und nicht das Auswendiglernen des „zentralprüfungsrelevanten Kernstoffs“.
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Bayerische Schule 2 2010
Bayerische Schule 2 2010
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Thema_Reportage
Thema_Inklusion
I n d i v i d u e l l e Förderung inklusive
Die Umsetzung der UN-Konvention
über die Rechte von Menschen mit
Behinderung erweist sich als Pflichtaufgabe für alle Schulen. Ebenso
wie für die Schulpolitik. Allerdings
muss man sich auf ein zentrales
Bildungsziel verständigen. Leitmotiv:
Die Gleichwertigkeit aller Menschen.
Abaz M., 10 Jahre, Mukoviszidose
Gallina D., 13 Jahre, Vollblindheit
Bildungsbarometer Inklusion
Fortschritte auf dem Weg zur inklusiven Bildung in
den Bundesländern, SoVD-Bewertung: Stand August 2009
Johannes P., 7 Jahre, Multiple Dyslalie
Ein 34-seitiger Text der Vereinten Nationen krempelt derzeit die
deutsche Bildungslandschaft um: Die UN-Konvention über die
Rechte von Menschen mit Behinderung. In Artikel 24 werden die
Vertragsstaaten aufgefordert, ihr derzeitiges Schulsystem zu
überprüfen. Es soll auf allen Ebenen dem Inklusionsgedanken der
Konvention entsprechen. Das heißt nichts weniger als: Der
gemeinsame Schulbesuch aller Kinder, ob behindert oder nicht,
muss gewährleistet sein. Wo das noch nicht der Fall ist, sind die
Länder verpflichtet, dies zu ändern und einen Entwicklungsprozess anzustoßen. Deutschland ist seit dem 26. März 2009 daran
gebunden.
Jennifer R., 16 Jahre, Autoaggressionen
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Text: Frank Tollkühn
Bayerische Schule 2 2010
Bayerische Schule 2 2010
Die Konvention von 2006 haben mittlerweile weltweit mehr
Staaten ratifiziert als die UN-Kinderrechtskonvention, die es seit
20 Jahren gibt. Die Diskussion ist also keine Modeerscheinung,
sondern fordert von der Gesellschaft eine intensive Auseinandersetzung mit der Thematik. Für Bayern bedeutet das: Der Freistaat
muss wie alle anderen Bundesländer wesentlich mehr Kindern
und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf als
bisher den Besuch der allgemeinen Schule ermöglichen.
Die Integration behinderter Kinder ist, so geht es zumindest aus
zahlreichen Veröffentlichungen des Kultusministeriums hervor, in
den vergangenen Jahren forciert worden. Die Fakten: Kinder mit
sonderpädagogischem Förderbedarf werden derzeit an 139
Außenklassen in bayerischen Grund- und Hauptschulen unterrichtet. Dies sind komplette Klassen der Förderschulen im Gebäude
der allgemeinen Schule. Gemeinsamen Unterricht für Kinder mit
und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf gibt es in 532
Kooperationsklassen. Außerdem können einzelne Kinder mit
Unterstützung von Integrationshelfern eine allgemeine Schule
besuchen. Offen bleibt, wie viele Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf bereits am Unterricht der allgemeinen
Schule teilnehmen. Das Ministerium spricht von 23 Prozent, laut
einer Studie des Sozialverbands Deutschland (SoVD) sind es in
Bayern aber gerade mal 12,5 Prozent.
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Thema_Inklusion
Thema_Experteninterview
Dr. Pius Thoma, 63,
war Sonderschullehrer
und ist Akademischer
Direktor am Lehrstuhl für
Grundschulpädagogik
und Grundschuldidaktik
der Universität Augsburg.
Thoma ist gemeinsam
mit Dr. Cornelia Rehle
Herausgeber des Buches
„Inklusive Schule“.
Inklusion – ein Bekenntnis zur Vielfalt
Inklusion bedeutet selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit
Behinderung in allen gesellschaftlichen Bereichen. Im pädagogischen Kontext meint dies die Möglichkeit, aus verschiedenen
Bildungsangeboten auszuwählen und dann teilhaben sowie mitgestalten zu können. Das erfordert die Anerkennung, dass alle
Kinder und Jugendlichen gleichen Alters mit unterschiedlichen
Voraussetzungen und damit verschiedenen Bedürfnissen lernen –
es ist ein Bekenntnis zur Heterogenität. Schulen müssen stärker
als bisher die individuellen Lernzeiten und -strategien akzeptieren
und differenzierte Angebote bereitstellen. Es geht nicht darum,
dass sich der einzelne Schüler an ein bestehendes Lernangebot
anpasst, sondern dass die Schulen für die Vielfalt ihrer Schüler da
sind. Erst damit wird eine individuelle Lernförderung der Schüler
mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf in der allgemeinen
Schule, wie sie die UN-Konvention vorschreibt, möglich.
Schüleranteil mit Förderbedarf
Anteil der Schülerinnen und Schüler in Förderschulen
und in allgemeinen Schulen in den Bundesländern
im Jahr 2006/07
Die Konsequenz ist ein bedarfsgerechter Ausbau von Bildungsnetzwerken. Dies kann nur von allen Bildungseinrichtungen – von
der Grundschule bis zum Gymnasium – gemeinsam bewerkstelligt werden. Die sonderpädagogischen Förderzentren müssen die
allgemeinen Schulen bei diesem Entwicklungsprozess hin zu
einem inklusiven Schulangebot unterstützen. Sie sind ein wichtiges Element in diesem Netz. Sie haben die Erfahrungen, das
Wissen, die Methoden und Instrumente und können die sonderpädagogische Fachkompetenz zur Verfügung stellen.
Gegenwärtig werden die Schüler mit sonderpädagogischem
Förderbedarf in einem dualen System an „Allgemeinen Schulen“
und „Förderschulen“ gefördert. Das stationäre Angebot ist deutlich stärker ausgebaut – wenn man jedoch die UN-Konvention
erfüllen will, muss es zu Gunsten der mobilen Dienste verschoben
werden. Die Qualität der sonderpädagogischen Förderung muss
dabei erhalten bleiben. Eine Auflösung der sonderpädagogischen
Einrichtungen ist nicht nötig. Die regionalen Strukturen und
Möglichkeiten sind recht unterschiedlich, daher muss es künftig
regionale Lösungen geben. Die Wünsche und Bedürfnisse der
Kinder und Eltern sind dabei zu berücksichtigt.
„Die Idee wird nur geduldet“
Dr. Pius Thoma über den bayerischen Sonderweg zur Inklusion
Bayerische Schule: Das bayerische Kultusministerium rühmt sich,
die UN-Konvention zur Inklusion bundesweit vorbildlich umzusetzen – zu Recht?
Dr. Pius Thoma: Bayern hat zu Beginn des Jahres den Vorsitz der
Kultusministerkonferenz übernommen und bemerkenswerterweise kurz davor seinen „Weg zur Integration durch Kooperation“ in
einen „Weg zur Inklusion durch Kooperation“ umbenannt.
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Wo sehen Sie den Unterschied zwischen Integration und Inklusion?
Integration ist eher eine Anpassungspädagogik beziehungsweise
eine Wiedereingliederung, Inklusion meint – ganz im Sinne der
UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen – die bedingungslose Teilhabe Aller an den Bildungssystemen einer Gesellschaft von Anfang an.
Kooperation als Grundlage
Und der „bayerische Weg“ ist nicht wirklich inklusiv?
Es wird nur das Alte neu benannt. Daran ändern auch sogenannte „Inklusionsklassen“ nichts, die eingeführt werden sollen. So
etwas ist sogar ein Widerspruch in sich: eine Klasse mit diesem
Namen separiert. Angeblich handelt es sich um weiterentwickelte
Kooperationsklassen. Mit diesem Begriff wiederum werden
Regelschulklassen bezeichnet, in die zumeist vier bis fünf Kinder
mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufgenommen werden.
Damit der Auf- und Ausbau dieser Bildungsnetzwerke gelingt, ist
das Interesse und Engagement aller Kollegen erforderlich. Inklusive Strukturen, die einen Unterricht für alle Schüler ermöglichen,
führen auch nicht zur Auflösung der einzelnen Professionen. Die
sonderpädagogische Fachkompetenz ist und bleibt unverzichtbar.
Es wird aber im Rahmen dieser Entwicklung ein zentrales Merkmal
der bisherigen Lehrerrolle aufgelöst: die alleinige Verantwortung
für die Schüler einer Lerngruppe. Der Vielfalt in den Lernprozessen kann nur durch eine umfangreiche Unterstützungskultur
begegnet werden. Es kann nicht jeder alles können. Die Kooperation zwischen verschiedenen Professionen stellt somit die
Grundlage für eine inklusive Schullandschaft dar. Dazu wiederum
braucht es eine bessere Lehrerbildung – und schlicht mehr Lehrer
und Zeit zur Teamarbeit.
Diese Klassen entsprechen nicht der Idee der Inklusion?
Auf den ersten Blick schon. Das Ministerium betont auch stets,
dass die Vorschrift der Lernzielgleichheit zugunsten einer Lernzieldifferenzierung abgeschafft sei. Das bedeutet, ein behindertes
Kind darf jetzt auch nach individuellem Lehrplan unterrichtet werden, vorausgesetzt, so heißt es im Bayerischen Erziehungs- und
Unterrichtsgesetz einschränkend, es kann am normalen Unterrichtsverfahren „aktiv teilnehmen“. Wer aber kann ermessen, ob
etwa ein autistisches und körperbehindertes Mädchen aktiv teilnimmt? Außerdem: Noch immer können Eltern nicht frei entscheiden, welche Schulart sie für ihr Kind als die geeignetere erachten.
Ich kenne Paare, die nach Österreich ausgewandert sind, weil dort
der Elternwille respektiert wird. Kurzum: Hierzulande wird nicht
alles getan, die Idee der Inklusion umzusetzen – sie wird geduldet.
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Bayerische Schule 2 2010
Bayerische Schule 2 2010
Das Ministerium will die so genannten Förderzentren erhalten.
Die Expertise dieser Einrichtungen ist doch sicher nicht überflüssig, auch wenn sie per se nicht-inklusiv sind?
Das Problem steckt in Köpfen der Lehrkräfte beider Seiten: Die
Regelschullehrer haben gelernt, dass manche Kinder nur von
Experten betreut werden können, sie sollen lediglich möglichst
früh melden, welches Kind welchen sonderpädagogischen
Förderbedarf erkennen lässt. Die Sonderpädagogen wiederum
beanspruchen allein die diagnostische und pädagogisch-didaktische Kompetenz für sich – und genau dieses hohe berufliche
Ethos steht ihnen im Weg.
Wie das?
Förderlehrer werden bezogen auf Kategorien von Behinderungen
ausgebildet. Dieses Kategorisieren aber ist nicht haltbar. Unter
den so genannten Down-Kindern oder solchen mit Lernbehinderung zum Beispiel gibt es genauso Heterogenität wie sonst wo.
Die Aufteilung der Förderschullandschaft nach fein differenzierten
Störungsbildern ist der falsche Weg?
Eine Lehrerbildung bezogen auf Störungsbilder ist der traditionelle Weg. Der moderne Weg ist ein ökosystemischer Ansatz, der
alle möglichen Zusammenhänge berücksichtigt und nicht ausschließlich das Kind unter seinen Handicaps betrachtet: Was zum
Beispiel als Lernbehinderung erscheint, hat seine Ursache oft in
sozio-kulturellen Bedingungen der Herkunftsfamilie oder auch in
der fehlenden Unterstützung an der Regelschule.
Eine solche Sichtweise erfordert sicherlich ein grundlegendes
Umdenken.
Es geht um einen Paradigmenwechsel: Wir sollten uns von der
Illusion der homogenen Lerngruppen verabschieden und über
Heterogenität nachdenken, statt über den Begriff Inklusion zu
streiten. Das Problem entsteht ja nur, weil man standardisierte
Normen für Lerngruppen setzt und Kinder daran misst, anstatt von
der Unterschiedlichkeit der Schüler auszugehen – aller Schüler.
Interview: Christian Bleher
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09.02.2010
12:08 Uhr
Seite 18
Thema_Erfahrungsbericht
Thema_Erfahrungsbericht
Am ersten Schultag war ich sehr gespannt auf meine neuen Kinder, insbesondere auf die sechs Kinder mit Förderbedarf. Wie
würden sie sich in der neuen Klasse fühlen? Würden sie im Stoff
mitkommen? Würden sie von den 14 Regelschulkindern angenommen werden? Würden diese nicht zu kurz kommen? Und,
und, und ...
Als es daran ging, die Schultasche auszupacken und die mitgebrachten Hefte zu beschriften, wurde mir schnell klar, auf welches „Abenteuer“ ich mich da eingelassen hatte. Was für Regelschüler in diesem Alter normale Arbeit ist, überforderte die Förderkinder in jeglicher Hinsicht.
Auf meine Frage „Wer von den Kindern, die bereits fertig sind,
könnte helfen?“ waren sofort einige Regelschulkinder zur Stelle.
Es klappte so gut, dass ich gleich die sogenannten „Paten“ einführte. Das waren jeweils die sechs Schulkinder, die mit einer
Arbeit als erstes fertig waren und sich dann um eines der
Förderkinder kümmerten. So erfolgte auf ganz natürlichem Wege
eine Teilintegration der Förderkinder.
Die ersten Wochen – Hausaufgaben nach Zeit
Jedes Kind war anders als das andere
Ellen Lanz-Zeilinger war 20 Jahre lang Grundschullehrerin in den Jahrgangsstufen drei und vier, als sie im Schuljahr 2004/05 erstmals eine Kooperationsklasse übernahm. Was sie zunächst als willkommene Herausforderung begriff,
wurde schnell zur Überforderung. Alles schien schief zu laufen – bis die Lehrkraft
begann, einige Grundannahmen in Frage zu stellen. Ein Erfahrungsbericht*
Ein großes Problem zu Beginn des Schuljahres war das Thema
Hausaufgaben. Ich hatte keine Ahnung, wie viel die einzelnen
Förderkinder bewältigen konnten und gab ihnen zunächst den
normalen Umfang auf. Tage danach riefen die ersten verzweifelten
Fördereltern an, weil sie Stunden mit ihren Kindern an den Hausaufgaben saßen. Wir kamen überein, dass sie diese nach einer
Stunde abbrechen sollten.
Den Regelschulkindern fiel es schwer zu verstehen, dass die
Förderkinder weniger Hausaufgaben machen mussten als sie.
Daraufhin sprach ich das Thema „Förderkinder“ und die Probleme
an, die diese hatten. Überraschenderweise gingen sie sehr natürlich damit um. Sie fanden heraus, dass es nicht nur Unterschiede
zwischen den Regelschulkindern und Förderkindern gab, sondern
dass jedes Kind in unserer Klasse anders war als das andere und
dass auch manche Regelschüler Stunden an den Hausaufgaben
saßen. Gemeinsam fanden wir eine Lösung: Jedes Kind machte
Hausaufgaben nach Zeit. Das war für alle ein Riesenansporn.
Mein persönliches Problem am Anfang war der Unterricht.
Während die Regelschulkinder und auch drei der Förderkinder
einen Hefteintrag alleine schreiben konnten, saß Monika** nur da
und war nicht bereit, an der vorgegebenen Aufgabe zu arbeiten.
Frederik war überfordert, wenn er drei einfache Anweisungen hintereinander ausführen sollte. Kilian war unendlich bemüht, brachte aber gerade mal die Überschrift ins Heft. Anna fiel täglich durch
unerklärliche Wutausbrüche auf. Mit viel Geduld, gutem Zureden
und der nicht zu unterschätzenden Hilfe durch die Paten kam aber
etwas mehr Ruhe in die Klasse.
Eine große Hilfe waren für mich die Supervisionsstunden beim
Leiter des MSD. Eine der zweiwöchentlichen Sitzungen brachte
die Wende in meinem Denken. Es war Ende November. Ich wusste bereits, was ich von jedem Kind verlangen konnte und differenzierte dementsprechend. Auch Kilian bekam seine Aufgaben so
gestellt, dass er sie vom Umfang und auch vom Schwierigkeitsgrad her meistern konnte. Aber: Er schaffte in einer Schulstunde
*Dieser Text ist die gekürzte Fassung eines Beitrages in „Inklusive Schule – Leben und Lernen mittendrin“, Pius Thoma, Cornelia Rehle (Hrsg.), Klinkhardt 2009
**Alle Namen geändert
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Bayerische Schule 2 2010
Bayerische Schule 2 2010
nur zwei Sätze oder vier Rechnungen. „Wie soll Kilian jemals die
3. Klasse schaffen?“, fragte ich den Leiter des MSD. Er fragte
zurück: „Fühlt sich Kilian in der Klasse wohl?“ Ich antwortete: „Ja!“
„Geht er gerne in die Schule?“ „Hat er täglich einen individuellen
Lernzuwachs?“ Ich antwortete „ja“ und wieder „ja“. Da sagte der
Kollege: „Wo ist dann das Problem?“ Da wurde mir klar, wo ich
das Problem hatte: Ich wollte, dass alle Kinder am Ende der
3. Klasse auf dem gleichen Stand sind und das erwartete ich
unbewusst auch von den Förderkindern.
Von da an sah ich vieles anders. Ein Förderkind konnte nicht
dieselben Ziele erreichen, die ein Lehrplan für die 3. Klasse vorgab.
Das nahm einen ungeheuren Druck von mir und damit auch von
den Kindern. Ich hörte auf, die Kinder gleich machen zu wollen und
fing an, in jedem Kind ein Individuum zu sehen mit seinen eigenen
Stärken und Schwächen. Ich durfte die Kinder dementsprechend
nicht in ein herkömmliches Unterrichtsschema pressen, sondern
musste jedem einzelnen Kind angemessene Aufgaben stellen.
Zusammen mit der Sonderschullehrerin vom MSD und der
Förderlehrerin entwickelten wir in den Kernfächern einen differenzierten Unterricht, der sich aus drei verschiedenen Leistungsgruppen zusammensetzte. So gingen einzelne Förderkinder in
leistungsstarke Gruppen, einzelne Regelschulkinder dagegen in
leistungsschwache. Diese Differenzierung erwies sich als so gut,
dass wir sie bis zum Ende der 4. Klasse beibehielten.
Letztendlich konnten drei der Förderschüler auf eine Hauptschule übertreten und die anderen drei gingen als Förderschüler
weiter in eine 5. Kooperationsklasse. Die uns begleitende Sonderschullehrerin meinte: „So weit wären diese Kinder an einer Sonderschule nie gekommen.“ Die Förderkinder hätten in den Regelschulkindern positive Vorbilder erlebt und seien durch sie immens
gefördert aber auch gefordert worden. Und ich musste sagen:
„So weit wären die Regelschüler ohne die Förderkinder nie gekommen.“ Ich hatte in meiner langen Dienstzeit noch nie eine
Klasse, deren Schüler so sozial aufgeschlossen, hilfsbereit, verantwortungsvoll, liebevoll im Umgang miteinander und offen für
das Anderssein eines anderen Kindes waren.
Fazit: die zwei schönsten Jahre meiner Dienstzeit
Die Arbeit in einer Kooperationsklasse mit Förderkindern ist eine
„Win-Win-Situation“: Die Förderkinder hatten einen immensen
Lernzuwachs, die Regelschulkinder waren durch ihre Patenschaften besonders herausgefordert und lernten durch das Meistern
dieser Herausforderung mehr als in einer normalen Klasse, die
Eltern der Förderkinder konnten endlich ihr Kind im Sprengel
beschulen lassen, die Eltern der Regelschulkinder konnten zufrieden sein, weil ihre Kinder aufgrund dieser (noch!) Sondersituation
besonders gefordert und auch gefördert wurden: ihre Kinder hätten in einer herkömmlichen Klasse nie diese soziale Reife erlangt.
Wir Lehrkräfte konnten Erfahrungen auf vielen Ebenen sammeln: Umgang mit Verschiedenheit, Unterrichtsqualität, fruchtbare Zusammenarbeit mit Kollegen ... Für mich waren es die zwei
schönsten Schuljahre meiner Dienstzeit. Ich hätte sehr gerne eine
weitere Kooperationsklasse übernommen, aber aus finanziellen
Gründen wurde an unserer Schule keine mehr genehmigt.
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Seite 20
Thema_Portrait
Gestützte Kommunikation heißt: unabhängig vom eigenen Willen schreiben helfen. Bei Abschlussprüfungen wird sie nicht anerkannt.
Ordnen, ohne wirklich zu verstehen
Veronika Raila ist Autistin und körperbehindert. Als sie sechs Jahre alt war, attestierte man ihr einen IQ von Null und steckte sie in eine Förderschule. Mittlerweile
ist sie 18 und Gaststudentin an der Uni Augsburg. Ihre Mutter dissertiert ebendort – über Inklusion
Text: Chris Bleher
Für Veronika Raila hat das Wort „Inklusion“, zu Deutsch „Einschließung“, zwei Bedeutungen: eine abgründige und eine verheißungsvolle. Die erste entspricht einem lähmenden Gefühl:
Eingeschlossen zu sein als hellwacher Geist und hochempfindsame Seele im Gefäß eines Körpers, den sie nicht willkürlich bewegen kann. Die zweite entspricht einem beflügelnden Wunsch:
Eingeschlossen zu sein in eine Gemeinschaft, wahrgenommen zu
werden als vollwertiger Mensch, auch wenn der nicht gehen kann
und nicht greifen, nicht sprechen und nicht dem Gegenüber direkt
in die Augen schauen. Für Veronikas Eltern hieß das schon vor
vielen Jahren: Darum zu kämpfen, dass ihre Tochter trotz schwers20
ter Behinderung am regulären Bildungsbetrieb teilhaben darf. Es
ging um Inklusion – in der besseren Bedeutung.
Petronilla und Uwe Raila ahnten zunächst selbst nicht, wie
sehr sich ihre Tochter aus jener Sonderwelt wegwünschte, in die
sie nach dem Besuch eines integrativen Kindergartens verwiesen
worden war. Eine Sonderpädagogin hatte dem Mädchen kurzerhand einen IQ von null attestiert, die Falltür war aufgesprungen.
Als Veronika Jahre später einmal gebeten wurde, in einem
Seminar für Grundschulpädagogik zu schildern, wie sie ihre zwei
Jahre auf der Förderschule erlebte, bekamen die Lehramtsanwärter via Computer-Sprachwandler dies zu hören: „Zunächst wurde
Bayerische Schule 2 2010
ich wegen meiner Körperbehinderung vom Regelschulsystem diskriminiert, und im Förderschulsystem wurde von diesen Merkmalen auf innere Werte geschlossen. Dieser Gedankengang ließ
mich zu einem Ding, zu einer Sache mutieren. Können Sie sich
meine Gefühle vorstellen, wenn ich frühmorgens in den roten Bus
stieg, der mich zu dieser Schule brachte?“
Schon bald entdeckte ihre Mutter jedoch eine Methode, ihre
Tochter besser kennenzulernen: Facilitated Communication (FC),
Gestützte Kommunikation. Sie lernte, die Hand der Tochter locker
über Symboltafel oder Tastatur zu halten, frei von eigenem Willen,
und zarten Impulsen in Richtung dieses oder jenes Zeichens zu
folgen. Ein Schulpsychologe korrigierte derweil das Fehlurteil
„geistige Behinderung“ und diagnostizierte das AspergerSyndrom, eine besondere Form von Autismus. Veronika lernte
rasch Lesen, Rechnen und Schreiben – und sich durch FC mitzuteilen. Ihre Mutter, eine Berufsschullehrerin, fand langsam Zugang
zu einer wundersamen Welt verwinkelter Gedankengänge und
fremdartiger Wahrnehmung. Irgendwann entdeckte sie, dass
Vroni Zahlen in Potenzen mit der Basis 2 zerlegt sowie in
Primfaktoren. 8 heißt bei ihr: 23. 13 ist: 23 + 51. Veronika erklärte: „Zuerst habe ich nach deiner Art gerechnet, aber schon bald
hat mein Kopf mir die andere Lösungsart gezeigt.“
Ihr Kopf zeigte auch ungewöhnliche Formulierungen – wie in
Veronikas dialogischem Poem „Ozean des Wissens", einem ihrer
Gedichte und Schriften, die demnächst unter dem Titel „Vor
Sonnenaufgang“ veröffentlicht werden: „Wo ist die Küste der
Liebe?/Da wo das Meer des Wissens ganz flach wird, das
Wasser klar und ruhig./ (…) Ist dort auch der sichere Boden, auf
dem ich zu gehen vermag?/Natürlich, dort ist auch der sichere
Boden./Kann man dort das Strandgut der Gedanken fest mit einbauen?/Ich denke, wenn Platz dafür gelassen wurde, manche
Teile passen wie bei einem Puzzle hinein. Für andere muss oft
noch ein Puzzle geschaffen werden.“
Ob das Mädchen im Rollstuhl ins Bild einer normierenden
Bildungslandschaft passen würde, hing sehr davon ab, wie gut
FC funktionierte und anerkannt wurde. Zweifel war Gift. Als
Petronilla Raila ganz zu Anfang einmal die Methode laut denkend
in Frage stellte, bemerkte sie entsetzt, wie sich Veronikas Augen
eindrehten und trüb wurden. Veronika erinnert sich: „Da habe ich
mich gefühlt, als ob du mich von der Erde entfernst.“ Die Grundschule absolvierte sie mit einem Schnitt von 2,0. Sie fand
Aufnahme im katholischen Privatgymnasium Maria Stern in
Augsburg – obwohl sich zunächst in Elternkreisen Unmut regte.
Der Unterricht fand wegen ihr zumeist im Erdgeschoss statt, für
Prüfungen gewährte man ihr ein Drittel mehr Zeit. Als klar wurde,
dass der Stress für das überempfindsame Mädchen auch unter
dieser Voraussetzung zu groß war, durfte es sich endlich den Stoff
nach eigener Art aneignen und Prüfungen – unabhängig von
Noten – zu Hause bearbeiten.
Einmal sollten die Schüler ein Stundenprotokoll anfertigen.
Das erledigten alle brav, Veronika aber schrieb das Protokoll einer
Sitzung des Jüngsten Gerichts – und ihre Deutschlehrerin war
begeistert. Allerdings wurde schnell klar, dass im bestehenden
Leistungssystem überbordende Phantasie und Kreativität ohne
valide Bewertung bleiben musste. Das bedeutete: kein Abitur. Die
wissbegierige, junge Frau fühlte sich nach Ende der 9. Klasse ein
zweites Mal wie beflügelt, als die Uni Augsburg ihr gestattete,
Theologie- und Literatur-Vorlesungen zu besuchen. Als GaststuBayerische Schule 2 2010
dentin durfte sie an der Seite einer Diplom-Heilpädagogin sogar
an Seminaren und Vorlesungen teilnehmen. Mittlerweile ist sie im
dritten Semester und hat für einige Arbeiten bereits Scheine
bekommen.
Bernhard Kamm, Schulpsychologe, Gymnasial-Deutschlehrer
und Dozent an der Uni Augsburg, kennt ihren unbeirrbaren Wissensdrang – genauso wie die Schnell-Schnell-Uni zu Zeiten von
Bologna. Einen akademischen Abschluss hält er für unwahrscheinlich: Noch gibt es keine Prüfungsordnung, die auf sie anwendbar wäre. Dennoch ist er froh, dass sie aufgenommen
wurde. Das Glück, das sie offensichtlich erfahre, sei schon Grund
genug dafür. Veronika selbst beschreibt es heute, im Alter von 18
Jahren, so: „Meine erste Vorlesung ließ mich erschauern, das
Wissen spülte sich in einem Schwall bis in meine kleinsten
Zellen.“ Kamm sagt: „Für ihre Mitstudierenden ist es eine Bereicherung zu sehen, wie der Wunsch nach Bildung zu einer Lebensnotwendigkeit werden kann.“
Und ihre Arbeiten finden Wertschätzung: Theologie-Professor
Franz Sedlmeier lobt, Veronika sehe „ungewöhnliche Zusammenhänge“, etwa auf dem Gebiet der alttestamentlichen EzechielForschung. Als „Bereicherung“ erlebt auch Literaturwissenschaftlerin PD Dr. Bernadette Malinowski, was Veronika „mit ihrer originellen Kombinationsgabe“ beiträgt, wenn sie etwa die postmoderne Erzählweise eines Botho Strauß deute.
Petronilla Raila hegt nach wie vor eine tiefe Abneigung gegen
ein Bildungssystem, „das Kinder zwingt, Normen zu erfüllen und
ihnen so die Gelegenheit raubt, sich selbst zu entwickeln“. Folgerichtig dissertiert sie derzeit über Inklusion – an der SoziologischPhilosophischen Fakultät jener Uni, die ihrer Tochter Zugang
gewährt hat. In einer früheren Arbeit hatte die Chemielehrerin versucht zu zeigen, dass eine heterogene Bildungslandschaft eine
Naturnotwendigkeit gemäß dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik darstellt. Diesem zufolge verteilen sich gleiche Teilchen
gleichmäßig im Raum, sobald man eine vorangegangene künstliche Trennung aufhebt. In der Biologie führten künstliche Ordnungen letztlich sogar zum Absterben des Organismus. Ihr Analogieschluss: Man darf unterschiedliche, aber im Kern gleichwertige
Menschen nicht in vermeintlich homogene Gruppen aufteilen. Am
Ende der Arbeit zitierte sie ihre Tochter, die einmal über die
Zahlentheorie des Pythagoras schrieb: „Menschen ordnen, ohne
wirklich zu verstehen.“
Petronilla Raila verschafft ihrer Tochter Zugang zu Bildung
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Thema_Leitartikel
Service_Recht
Geänderte Volksschulordnung oftmals unbekannt
Eine Konvention mit Potential
Zehn Punkte, die Sie in der Neufassung kennen sollten
Von Frank Tollkühn*
Viele Anfragen an die Rechtsabteilung des BLLV lassen die Vermutung zu, dass die Änderungen der
Volksschulordnung (VSO) aus dem Jahre 2008 beziehungsweise 2009 oft unbekannt sind. Hier zehn
ausgewählte Punkte der VSO.
Am 26. März 2009 ist die UN-Konvention über die
Rechte von Menschen mit Behinderung auch in
Deutschland in Kraft getreten. Verbindlich umzusetzen sind seither das Recht auf Selbstbestimmung,
Partizipation sowie ein umfassender Schutz vor
Diskriminierung. Die gesamte Gesellschaft ist aufgefordert, sich barrierefrei und inklusiv auszurichten.
Gerade für den Bildungsbereich ergeben sich durch
die Konvention Möglichkeiten für Innovationen.
Die Frage der Inklusion und der Weiterentwicklung der allgemeinen Schulen wird in Bayern mit
dem Weg „Inklusion durch Kooperation“ beantwortet. Damit sind unter anderem Außen- und Kooperationsklassen oder der Einsatz von Integrationshelfern gemeint. Unterstützt werden die allgemeinen
Schulen von den Förderzentren. Die sind für den
Gesamtprozess unerlässlich. Die Richtung stimmt,
doch zeigt die Praxis, dass wir noch lange nicht am
Ziel sind. Ein inklusives Bildungssystem besteht aus
Schulen, die ein inklusives Schulprofil entwickelt
haben. Die allgemeinen Schulen in Bayern aber sind
– von den Grundschulen bis zum Gymnasium –
weder personell, noch räumlich noch inhaltlich-pädagogisch in dieser Form auf den Inklusionsprozess
eingestellt.
Die bayerische Schullandschaft mit ihrer
Vielgliedrigkeit ab der Sekundarstufe steht im
Widerspruch zum Gedanken der inklusiven Schule.
Die erkennt Vielfalt an und sieht Heterogenität als
Chance. Abgesehen davon sind die Förderzentren
22
derzeit mit der Aufgabe überfordert, die allgemeinen
Schulen bei der Umsetzung zu begleiten. Sie haben
selbst zu wenige Ressourcen. Das MSD-Notversorgungsprogramm, wie es vielfach Lehrer lächelnd
titulieren, reicht bei Weitem nicht aus. Bei den politischen Entscheidungen müssen auch der demografische Wandel, die Wünsche aller Beteiligten und
die öffentliche Diskussion, wo die sonderpädagogische Förderung bestmöglich erfüllt wird, berücksichtigt werden. Es stellen sich somit zwei Fragen:
Wie kann Inklusion gelingen? Was bedeuten die
Veränderungen für Schulen und den einzelnen
Lehrer?
Der BLLV will keinen Aktionismus, sondern einen
angemessenen Diskussionsprozess. Das Innovationspotential in der Konvention kann sich nur im
Dialog, mit genügend Zeit und Ressourcen für den
geforderten Schulentwicklungsprozess wirklich entfalten. Die Diskussion ist keine Eintagsfliege sondern ein völkerrechtlicher Auftrag, den es langfristig
zu erfüllen gilt. Da ist es zu begrüßen, dass im Dezember eine fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe
eingerichtet wurde. Doch bleibt abzuwarten, welche
Ergebnisse herauskommen und für wie verbindlich
die Politik sie dann hält.
Vor allem kommt es darauf an, sich mit der Thematik ideologiefrei auseinanderzusetzen. Es muss im
Zusammenhang mit Inklusion vorbehaltlos über
Unterrichtspraktiken, Schulstrukturen oder Schulprofile diskutiert werden können. Alle Schulen werden sich auf ihre Art verändern und neu ausrichten
müssen. Die beiden Verbandsanhörungen im
Ministerium im Jahr 2009 waren hierfür wichtig. Ein
gutes Zeichen ist auch die angekündigte stärkere
Bedeutung der sonderpädagogischen Förderung
gemäß der UN-Konvention durch Kultusminister
Spaenle bei seinem Amtsantritt zur Präsidentschaft
der Kultusministerkonferenz am 22. Januar in Berlin.
Jetzt gilt es, den Ansatz im intensiveren Diskurs aller
Beteiligten weiterzuführen.
* Der Autor ist Leiter der Fachgruppe
Förderschulen im BLLV
Bayerische Schule 2 2010
1. Schulgemeinschaft
8. Nachmittagsunterricht und Hausaufgaben
Am Anfang der Verordnung, von § 3 bis § 22, befinden sich seit
2008 die Regelungen über die Schulgemeinschaft, Schulleitung,
Lehrkräfte, Eltern und das Schulforum.
An Tagen, an denen verpflichtender Nachmittagsunterricht stattfindet, darf keine Hausaufgabe für den nächsten Tag gegeben
werden. Ebenso sollen Sonntage, Feiertage und Ferien von Hausaufgaben freigehalten werden.
2. Schulleitung und Hausrecht
In § 4 wird gesagt, dass die Schulleiterin oder der Schulleiter die
pädagogische, organisatorische und rechtliche Gesamtverantwortung tragen, und dass sie das Hausrecht ausüben.
3. Rechte der Lehrerkonferenz
§ 5 bis § 9 legen die Rechte der Lehrerkonferenz fest, weitere Paragrafen konkretisieren sie. Ihre Befugnisse wurden ausgeweitet.
4. Androhung von Entlassung
Es besteht keine Bindung mehr an die Reihenfolge der Ordnungsmaßnahmen. Schülerinnen und Schülern kann nach Beendigung der Vollzeitschulpflicht die Androhung und die Entlassung
ausgesprochen werden (§§ 14 und 15).
5. Finanzielle Abwicklung von Veranstaltungen
Bei der finanziellen „Abwicklung sonstiger schulischer Veranstaltungen“ (§ 23) ist von der Schule ein Konto einzurichten, auf das
die Erziehungsberechtigten zu entrichtende Kostenbeiträge einbezahlen können (etwa für einen Schullandheimaufenthalt). Die
Verwaltung des Kontos obliegt der Schule (Lehrerkonferenz), die
einen Kassenprüfungsausschuss (drei Lehrkräfte) zu wählen hat.
Für Schülerfirmen soll ein eigenes Konto eingerichtet werden. Für
die Teilnahme an Betriebspraktika ist eine Schülerhaftpflichtversicherung abzuschließen.
6. Informationsveranstaltungen und Übertrittszeugnisse
In § 29 wird den Erziehungsberechtigten in Informationsveranstaltungen eine eingehende Beratung zur Wahl des schulischen
Bildungswegs und zum Übertrittsverfahren angeboten. Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 4 erhalten am ersten Unterrichtstag im Mai ein Übertrittszeugnis, welches das Zwischenzeugnis ersetzt. Am letzten Unterrichtstag der zweiten vollen Unterrichtswoche des Monats Januar ist eine Zwischeninformation zum
Leistungsstand zu geben (§ 50 Abs. 1).
7. Aufsichtspflicht
Die Fürsorge- und Aufsichtspflicht einer Lehrkraft ist ausführlich in
§ 37 geregelt. Nach Abs. 2 kann Schülerinnen und Schülern ab
der 5. Jahrgangsstufe gestattet werden, während der unterrichtsfreien Zeit die Schulanlage zu verlassen.
Bayerische Schule 2 2010
9. Erhebung von Leistungsnachweisen
Nach § 43 der VSO wird festgelegt, dass in der ersten Lehrerkonferenz grundsätzliche Festlegungen zur Erhebung von Leistungsnachweisen zu treffen sind, die den Schülerinnen und Schülern sowie den Erziehungsberechtigten bekannt zu geben sind. In Jahrgangsstufe 4 sind Probearbeiten anzukündigen. In der Grundschule darf grundsätzlich nur eine Probearbeit am Tag und höchstens
zwei Probearbeiten in der Woche geschrieben werden. Den Erziehungsberechtigten sind die Probearbeiten zur Kenntnisnahme mit
nach Hause zu geben. Probearbeiten sind von der Schule bis zum
Ablauf des übernächsten Schuljahres aufzubewahren.
10. Bewertung von Leistungen
In § 44 werden Maßgaben zur Bewertung von Leistungen der
Schülerinnen und Schüler erteilt. So kann beispielsweise die
Lehrerkonferenz in begründeten Einzelfällen beschließen, dass bei
einer Schülerin oder einem Schüler auf Noten verzichtet wird.
Hans-Peter Etter,
Verbandspolitischer Leiter der Abteilung Recht im BLLV
Eltern und Schülern muss mitgeteilt werden, wann geprüft wird.
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Service_Dienstrecht
Des Weiteren werden anerkennenswerte Zeiten, die vor dem
Diensteintritt erworben wurden, berücksichtigt und können zur
Einstufung in einer höheren Stufe führen. Vorgesehen sind dafür
im Wesentlichen:
• Zeiten einer in den Laufbahnvorschriften für die Zulassung zur
Fachlaufbahn in der entsprechenden Qualifikationsebene zusätzlich zu den Mindestanforderungen vorgeschriebenen hauptberuflichen Beschäftigung in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis
• Zeiten des Wehr- oder Zivildienstes, eines Entwicklungshelferdienstes oder eines freiwilligen sozialen oder ökologischen
Jahres, die nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz, dem Zivildienstgesetz, dem Entwicklungshelfer-Gesetz oder dem Soldatenversorgungsgesetz zur Vermeidung beruflicher Verzögerungen auszugleichen sind
• Zeiten des freiwilligen sozialen oder des freiwilligen ökologischen Jahres nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz
• Elternzeiten bis zu drei Jahren für jedes Kind
Der bisherige Rhythmus für den Aufstieg in der Grundgehaltstabelle bleibt bestehen, das Besoldungsdienstalter nicht.
• Zeiten der tatsächlichen Betreuung oder Pflege von einem oder
einer nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen
Angehörigen (Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten, Geschwistern
oder Kindern) bis zu drei Jahren für jeden Pflegebedürftigen oder
jede Pflegebedürftige
Der Diensteintritt kann darüber hinaus auf Antrag um sonstige für
die Beamtentätigkeit förderliche hauptberufliche Beschäftigungszeiten fiktiv vorverlegt werden.
Der weitere Aufstieg in den Stufen erfolgt altersunabhängig
nach Dienstzeiten und Erfahrung. Der bisherige Rhythmus von
zwei, drei und vier Jahren für das regelmäßige Aufsteigen wird beibehalten. Für den Aufstieg in den Stufen der Grundgehaltstabelle
ist Voraussetzung, dass die erbrachten Leistungen Mindestanforderungen entsprechen, was in einer Leistungsfeststellung niedergelegt werden muss. Nicht anforderungsgerechte Leistungen
hemmen das Vorrücken in den Stufen. Erst nach einer erneuten
Leistungsfeststellung mit positivem Ergebnis beginnt die Regeldauer der dann verspätet erreichten Stufe.
Durch die Streichung einzelner Stufen wird der Maximalzeitraum vom Stufeneinstieg bis zum Erreichen der Endstufe bei
Erbringung der Mindestanforderungen von bisher 32 Jahren auf
30 Jahre verkürzt. Die zeitliche Staffelung mit kürzeren Stufenlaufzeiten zu Beginn und später länger werdenden Stufenlaufzeiten
soll den intensiveren Lern- und Erfahrungsprozess in den Anfangsjahren einer beruflichen Tätigkeit berücksichtigen.
Besoldungsdienstalter ade
Mit dem Neuen Dienstrecht wird es auch neue Regelungen bezüglich des Besoldungsdienstalters geben. Das Eintrittsalter wird künftig keine Rolle mehr spielen und auch der weitere
Aufstieg in den Stufen erfolgt leistungsabhängig.
Begrenzung der Beihilfe für Heilpraktiker-Leistungen rechtswidrig
Text: Dietmar Schidleja
Das bisherige Besoldungsdienstalter (BDA) ist ausschlaggebend
dafür, welche Stufe der maßgeblichen Besoldungsgruppe eine
Beamtin oder ein Beamter erhält. Das Besoldungsdienstalter
beginnt grundsätzlich mit dem Monat, in dem das 21. Lebensjahr
vollendet wird. Das heißt, dass ihnen ab diesem Zeitpunkt das
Grundgehalt nach Stufe 1 zusteht. Ab dem Monat, in dem das
23. beziehungsweise 25. Lebensjahr vollendet wird, steht das
Grundgehalt nach Stufe 2 beziehungsweise 3 zu. Bis zum Erreichen der 5. Stufe erfolgt das Aufsteigen im 2-Jahres-Rhythmus,
bis zur 9. Stufe im 3-Jahres-Rhythmus und bis zur Endstufe im
4-Jahres-Rhythmus.
Findet die Ernennung erst nach dem 21. Lebensjahr statt,
erfolgt die Einstufung in die dem Alter entsprechende Stufe. Wer
zum Beispiel bei der Ernennung 26 Jahre alt ist, erhält sein
Grundgehalt aus Stufe 3. Diese Regel gilt allerdings nur, solange
das „maßgebende Lebensalter“ zum Zeitpunkt der Ernennung
noch nicht erreicht ist. Das maßgebende Lebensalter ist bei
Laufbahnen mit dem Eingangsamt bis einschließlich der Besoldungsgruppe A 12 das 31. Lebensjahr, der Besoldungsgruppe
A 13 und A 14 das 35. Lebensjahr. Sofern dieses maßgebliche
Lebensalter bei der Ernennung überschritten ist, wird das RegelBDA grundsätzlich um einen gewissen Zeitraum hinausgeschoben. Zeiten einer Kinderbetreuung von bis zu drei Jahren für jedes
24
Kind oder der Pflege von Angehörigen bis zu drei Jahren für jeden
Angehörigen führen nicht zur Hinausschiebung.
Das Besoldungsdienstalter wird abgelöst
Das bisherige Besoldungsdienstalter wird nicht in das Neue
Dienstrecht übernommen. Das Anfangsgrundgehalt ergibt sich
künftig grundsätzlich immer aus der ersten Stufe der maßgebenden Besoldungsgruppe. Das Eintrittsalter spielt dabei keine Rolle
mehr. Also erhält grundsätzlich auch eine Beamtin oder ein
Beamter, der erst mit beispielsweise 35 Jahren ernannt wird, sein
Grundgehalt aus Stufe 1. Würde dieser Grundsatz allerdings
ohne Weiteres konsequent angewandt, könnten natürlich erhebliche Gerechtigkeitslücken entstehen. Dies will das Neue Dienstrecht durch verschiedene Maßnahmen verhindern. So werden in
verschiedenen Besoldungsgruppen jeweils die bisherigen ersten
Stufen oder sogar ersten beiden Stufen der Besoldungstabellen
gestrichen. Die folgenden bisherigen höheren Stufen werden vorgezogen. Damit soll das typische Eintrittsalter in den jeweiligen
Besoldungsgruppen getroffen werden, das heißt das Grundgehalt soll in der Höhe dem entsprechen, das auch nach dem bisherigen Besoldungsdienstalter durch Einstufung in eine höhere
Stufe erzielt worden wäre.
Bayerische Schule 2 2010
Entstehen einem Beamten Kosten für die Behandlung durch einen
Heilpraktiker, werden diese nur bis zur Höhe des Mindestsatzes
des Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker als beihilfefähige Aufwendungen anerkannt. Entsprechende Vorschriften finden sich
sowohl auf Bundesebene als auch in Bayern. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat im Fall eines klagenden Bundesbeamten die Bundesrepublik verpflichtet, erneut über die Angemessenheit der Aufwendungen für Heilpraktikerleistungen unabhängig
vom Mindestsatz zu entscheiden. Die Beihilfevorschriften sehen
vor, dass auch für die Leistungen der Heilpraktiker Beihilfe gewährt
werden muss. Sie begrenzen die Beihilfefähigkeit aber dahingehend, dass nur die Beträge als angemessen angesehen werden,
die 1985 in einer Umfrage unter den deutschen Heilpraktikern als
untere Grenze des durchschnittlichen Honorarrahmens ermittelt
und seitdem nie fortgeschrieben worden sind. Diese Beträge entsprächen nicht den realen und angemessenen Gebührenforderungen der Heilpraktiker, so das Bundesverwaltungsgericht. Die
Begrenzung führe bei der Behandlung erkrankter Beamter und ihrer
Angehörigen durch Heilpraktiker praktisch zum Beihilfeausschluss.
Hierin liege ein nicht gerechtfertigter Widerspruch zur grundsätzlichen Entscheidung Beihilfe auch für Heilpraktikerleistungen zu
gewähren. Der BBB hat sich hierzu bereits an das zuständige
Staatsministerium gewandt. Die BS wird weiter berichten. bbb/ds
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Service_Recht
40-Stunden-Woche trotz Sparkurs
Gnade der frühen Geburt – vor dem 2. August 1947 geborene Lehrkräfte dürfen mit 65 in den Ruhestand
Lehreraltersgrenze: Staatsregierung signalisiert Abmilderung
Der bisherige Entwurf zum Neuen Dienstrecht in Bayern sah als
Zeitpunkt des Ruhestandseintritts von Lehrkräften das Ende des
Schuljahres vor, in dem sie das gesetzliche Ruhestandseintrittsalter erreichen. Die Monate, die dadurch über die gesetzliche
Altersgrenze hinaus zu arbeiten wären, sollen durch einen Aufschlag (pro Monat 0,3 Prozent) auf die Versorgung ausgeglichen
werden. Entschließen sich Lehrkräfte bereits früher auf Antrag in
den Ruhestand zu treten, wären entsprechende Abschläge (pro
Monat 0,3 Prozent) fällig. Um eine Versorgung ohne Abschläge zu
erreichen, hätten Betroffene in Einzelfällen bis zu zwei Jahre länger unterrichten müssen als nach bisherigem Recht. Das bisherige Recht sieht den Eintritt in den Ruhestand bereits mit Ablauf
des Schuljahres vor, das dem Schuljahr vorangeht, in welchem die
Kolleginnen und Kollegen die gesetzliche Altersgrenze (Vollendung des 65. Lebensjahres) erreichen.
Jetzt soll eine „Halbjahreslösung“ vorgesehen werden:
Lehrkräfte treten dann künftig am Ende des Schulhalbjahres, in
dem sie die gesetzliche Altersgrenze erreichen, in den Ruhestand.
Die mit der Halbjahreslösung zum Teil verbundenen Lehrerwechsel innerhalb des Schuljahres, werden ein verstärktes Augenmerk
der Verantwortlichen verlangen. Die Auswirkungen für Schüler,
Eltern und Kollegen sollen aber durch schulorganisatorische
Maßnahmen möglichst gering gehalten werden. Die „Halbjahreslösung“ ergab sich in einem Gespräch zum Neuen Dienstrecht
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zwischen Rolf Habermann, dem Vorsitzenden des Bayerischen
Beamtenbundes (BBB), Ministerpräsident Horst Seehofer und
Finanzminister Georg Fahrenschon in der Staatskanzlei. Habermann konnte seine Gesprächspartner unter anderem davon überzeugen, die vorgesehenen Verschlechterungen bei der Lehreraltersgrenze nicht in der geplanten Form weiterzuverfolgen. Für
die Forderung des BBB nach Beibehaltung der bisherigen
Regelung fanden sich im politischen Raum leider kaum Unterstützer. Kultusminister Ludwig Spaenle und Staatssekretär Marcel
Huber haben sich bis in den Ministerrat hinein für die bisherige
Regelung eingesetzt, fanden aber keine Zustimmung.
Habermann hat sich darüber hinaus für Übergangslösungen
aus Vertrauensschutzgesichtspunkten zur weiteren Abmilderung
der Neuerungen stark gemacht. Auch hier gibt es einen Erfolg:
Das Finanzministerium hat zugesichert, dass für alle Kolleginnen
und Kollegen, die im Schuljahr 2011/2012 die gesetzliche Altersgrenze erreichen (die also spätestens am 1. August 1947 geboren
sind), die bisherige Lehreraltersgrenze gilt, und sie somit zum
1. August 2011 in Ruhestand treten können. Damit kann ein ganzer „Schuljahresjahrgang" einheitlich behandelt werden. Die
geplanten Sonderregelungen (vgl. BS 11/12 2009, Seite 22) für
Lehrkräfte, die sich am 1. Januar 2011 in Altersteilzeit im Blockmodell befinden, bleiben davon unberührt. Wie der Landtag die
Situation beurteilt, wird sich in den Beratungen zeigen. ds
Bayerische Schule 2 2010
Im Rahmen eines Interviews im Münchner Merkur kündigte
Ministerpräsident Horst Seehofer einen „eisernen Sparkurs
für 2010 und danach“ an. Angesprochen auf die Arbeitszeit
der Beamten erklärte der Ministerpräsident aber, dass er an
der Rücknahme der Arbeitszeit für die bayerischen Beamtinnen und Beamten wie vorgesehen festhalten wolle: „So wie
wir es zeitlich umsetzen, stimmt das exakt mit finanzieller
Solidität überein und ist auch kein Wahlgeschenk. Wir müssen die Arbeitszeiten von Angestellten des Staates und
Beamten wieder angleichen. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit.“ Nach Ministerpräsident Horst Seehofer hatte am
Folgetag auch Finanzminister Georg Fahrenschon die Rückführung der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden in einem
Interview mit der Süddeutschen Zeitung bestätigt. Auf die
Aussage, dass er den Beamten mal eben zwei Stunden mehr
Freizeit in der Woche zugestehen würde und dies dem
Steuerzahler Millionen kosten würde, antwortete Fahrenschon: „Wir brauchen motivierte Mitarbeiter, und wir wollen
die unterschiedlichen Arbeitszeiten von Angestellten und
Beamten angleichen. Wir werden das nicht auf einen Schlag
tun, sondern schrittweise vom Jahr 2012 an. Die volle Wirkung für den Steuerzahler wird erst vom Jahr 2014 an eintreten“. Er betonte, „dass auf allen Ebenen und in allen Ressorts
auf strikte Ausgabendisziplin geachtet wird.“
Am selben Tag stellte auch der Vorsitzende der FDPLandtagsfraktion, Thomas Hacker, in der Bayerischen Staatszeitung fest, dass klar sei, dass die FDP zur Altersteilzeit und
der Verkürzung der Arbeitszeit für Beamte stehe.
Leider hat das Kabinett in seiner Klausur am Tegernsee
auch Sparbeschlüsse gefasst, die den Öffentlichen Dienst
betreffen. An dem Vorhaben, die 42-Stunden-Woche zurückzunehmen, hat sich bisher nichts geändert. bbb/ds
Umkehr bleibt Pflicht: Arbeitszeiten werden angeglichen
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Verband
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3
1
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Sein Werk
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Wilhelm Ebert, einer der letzten
Von Dachau nach Djakarta
bedeutenden Bildungspolitiker,
Wilhelm Ebert, Jahrgang 1923, war 1948 als Junglehrer in Dachau
Mitbegründer der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Junglehrer
(ABJ) und von 1948 bis 1953 deren 1. Vorsitzender. 1955 wurde
er als 32-jähriger zum Präsidenten des BLLV gewählt.
Aufgrund seiner internationalen Aktivitäten wurde Ebert 1958
vom Weltverband der Lehrerorganisationen (WCOTP) als Direktor des neu errichteten WCOTP-Büros in Paris und zu ihrem Vertreter bei der UNESCO berufen. Seit dieser Zeit leitete Wilhelm
Ebert die Delegationen der World Confederation of the Teaching
Professions (WCOTP) bei Tagungen der UNESCO und der Internationalen Arbeitsorganisation ILO in Paris und Genf.
Neben seinem intensiven Einwirken auf die Bildungsprogramme der UNESCO übernahm er Missionen in asiatische, afrikanische und vor allem in arabische Länder. Damit hatte er neben seiner Aufgabe als BLLV-Präsident eine internationale Karriere
begonnen. In den Jahren 1958 bis 1970, einer Zeit des weltweiten Umbruchs, gekennzeichnet vom Kalten Krieg zwischen der
Sowjetunion und den USA und von blutigen Unabhängigkeitskämpfen in Afrika und Asien, entwickelte Ebert zusammen mit
anderen ein internationales Netzwerk von Lehrerorganisationen,
das aktiv in die globale Bildungsdiskussion eingriff, die von
UNESCO und Weltbank dominiert wurde.
der die Bildungspolitik seit
Gründung der Bundesrepublik
aktiv mitgestaltete, hat seine
Memoiren vorgelegt. Sie tragen
den Titel „Mein Leben für eine
pädagogische Schule – im
Spannungsfeld von Wissenschaft,
Weltanschauung und Politik“
und sind im Klinkhardt Verlag
erschienen.
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Bayerische Schule 2 2010
Ebert legte sein Amt als Direktor des Pariser WCOTP-Büros im
Jahr 1970 nieder, blieb aber von 1972 bis 1980 als Mitglied im
Vorstand der WCOTP aktiv. 1974 wurde Ebert in Singapur zum
Vizepräsidenten der WCOTP und 1975 in Berlin zum Präsidenten
gewählt. Dieses höchste Amt eines Lehrerverbandsfunktionärs
hatte er turnusgemäß drei Jahre inne.
Zur gleichen Zeit war Ebert maßgeblich beteiligt an der Gründung des Deutschen Lehrerverbandes (1969), der sich heute gegen Eberts Intentionen zur Speerspitze der bildungspolitischen
Reaktion entwickelt hat, und des Verbandes Bildung und Erziehung (1974). Nach dem Ausscheiden aus der internationalen Bildungspolitik war Ebert von 1979 bis 1993 Vorsitzender des VBE.
1984 verzichtete er aus gesundheitlichen Gründen auf eine erneute Kandidatur zum BLLV-Präsidenten.
Biografie und Weltgeschichte
Eberts Lebenserinnerungen entwickeln auf stattlichen 955 Seiten
ein vielschichtiges Bild der bildungspolitischen Entwicklungen in
Bayern, Deutschland und der Welt in der Zeit zwischen 1948 und
1993. Ebert ist hierbei ein Werk gelungen, das ganz unterschiedlich gelesen werden kann.
Es ist die Geschichte eines Volksschullehrers aus einfachen
Verhältnissen, dessen Karriere als Weltlehrerpräsident seinen
Bayerische Schule 2 2010
Höhepunkt erreicht. Es ist die Geschichte der Emanzipation der
bayerischen Volksschullehrer auf ihrem Weg zur akademischen
Ausbildung im Jahr 1958 und damit zur professionellen Anerkennung – ein steiniger Weg, gepflastert mit Anfeindungen, Intrigen
und Diskriminierungen. Es ist die Geschichte der Emanzipation
der bayerischen Volksschule aus der über 100 Jahre währenden
kirchlichen Kontrolle – in Bayern ein Kampf gegen die katholische
Kirche und den klerikalen Flügel der CSU, der beendet wurde mit
der Abschaffung der Konfessionsschule und der Einführung der
christlichen Gemeinschaftsschule im Jahr 1968.
Eberts Werk ist die Geschichte der Vierer-Koalition unter
Wilhelm Hoegner von 1954 bis 1957 – der einzigen Regierung im
Nachkriegsbayern ohne Beteiligung der CSU: an deren Zustandekommen und an ihrer bildungspolitischen Programmatik war
der junge Ebert maßgeblich beteiligt. Eberts Memoiren sind auch
die Geschichte der Modernisierung eines traditionsreichen, in seinen Strukturen konservativen Berufsverbandes, gegen erhebliche
Beharrungskräfte und persönliche Eitelkeiten. Es ist die Geschichte der internationalen Bildungsdiskussion der 60er und
70er Jahre, die Bildung als den Schlüssel zur Modernisierung definierte. Und es ist die Geschichte eines Pädagogen, der die
Schule immer wieder versucht auf ihren pädagogischen Kern
zurückzuführen – am prägnantesten formuliert in seiner Rede „die
demokratische Erziehungsschule“ 1978 in Augsburg.
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Verband
Verband
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50. Amberger Seminar
Programmvorschau März / April
2010/03
Stimme und Körpersprache
06.03.2010 / München, Dagmar Franz-Abbott
Vom 5. bis zum 6. März findet in Amberg das 50. Amberger
Seminar unter dem Titel „Werte – immer (noch) aktuell“ statt.
Neben einem facettenreichen Workshopangebot gibt es eine
Ausstellung von über 45 Verlagen. Den Höhepunkt des Seminars bildet das Hauptreferat von Prof. Dr. Manfred L. Pirner zum
Thema „Wertvolle Bildung. Perspektiven und Impulse für die
schulische Werteerziehung“ am Samstag, 6. März. Weitere
Informationen und Anmeldung über www.bllv.de/bs/2010/02
8
2010/04
Goldschmieden
06.03.2010 / München, Thomas Proft
2010/06
Sonne in der Stimme
11.03.2010 / Nürnberg, Kathrin Imke
Man kann Eberts Erinnerungen in einem Zug lesen ohne sich nur
im Geringsten zu langweilen. Man kann aber auch nur auszugsweise dieses in neun Kapitel aufgeteilte Werk lesen. Immer aber
wird der Leser in den Bann gezogen von der facettenreichen,
lebendigen Darstellung dieses bemerkenswerten Lebens.
Eberts Memoiren umfassen 955 Seiten. Ein solches Werk will
gelesen sein – und Autobiografien sind ein schwieriges Genre.
Manche Memoiren bleiben liegen, weil man der Mischung aus
selbstgefälliger Eitelkeit und belanglosen Banalitäten überdrüssig
wird. Nicht bei Ebert: Er verbindet persönliche Erinnerungen
mit profunder Quellenanalyse und kluger Interpretation. Er
setzt große politische Strömungen und Ereignisse in direkten
Zusammenhang mit seiner eigenen politischen Arbeit, so dass der
gesellschaftliche und der geistige Kontext der jeweiligen Zeit
lebendig werden. Ebert entwirft ein spannendes und abwechslungsreiches Bild der Welt im Umbruch der 50er und 60er Jahre.
Historisches Werk und persönliche Erinnerung
Ebert hat viele Jahre an diesem Text gearbeitet, Archive besucht,
Quellen studiert, Wegbegleiter interviewt. Er hat seine Memoiren
nicht nur einfach aus der Erinnerung „so hingeschrieben“. Nein.
Ebert hat ein Werk geliefert, das uns Jüngeren einen spannenden
Blick in eine vergangene Zeit erlaubt, detailgetreu ohne die
großen Zusammenhänge aus dem Auge zu verlieren, anekdotisch,
ohne sich anzubiedern, engagiert ohne einen Hauch von Resignation trotz mancher persönlich erlittener Niederlagen.
Allerdings verliert die Darstellung der Zeit nach seinem
Rücktritt als BLLV-Präsident im Jahr 1984, die er auf den 50
Seiten vor seinem Schlussbeitrag darstellt, an Prägnanz und
Spannung. Sein Engagement für die Idee einer pädagogisch verstandenen Schule auf Bundesebene und nach dem Mauerfall in
den neuen Bundesländern wird eher chronistisch erzählt.
Zweifelsohne lagen Eberts politische Höhepunkte und seine zeitgeschichtliche Bedeutung in den drei Jahrzehnten davor.
Eberts Memoiren sind ein beachtliches historisches, politisches und pädagogisches Werk. Es zu lesen sei jedem empfohlen, dem Bildung am Herzen liegt und der historisch interessiert
ist, unabhängig von Alter und Beruf, vor allem natürlich allen, die
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diesem bedeutendsten Lehrerverband in Deutschland verbunden
sind. Herausragend sind Eberts Schlussgedanken, in denen er
ein Fazit seiner pädagogischen Überzeugungen zieht.
Große Anerkennung muss Eberts Frau Gisela gezollt werden,
die in den letzten Jahren zunehmend die Rolle der Beraterin, einer
Lektorin und Mahnerin übernahm. Sie drängte nicht nur auf Fertigstellung, sie war sich stets bewusst, dass die Gefahr, sich in
Details zu verheddern groß ist. Sie hat deshalb tatkräftig bei der
Fertigstellung des Manuskripts geholfen.
Nicht unerwähnt soll Andreas Klinkhardt bleiben, der dieses
Werk in einer wunderbaren Leinenausgabe im Schuber in seinem
Verlag publiziert hat. Ihm ist es zu danken, dass ein kenntnisreiches Nachwort von dem Bildungshistoriker Uwe Sandfuchs geschrieben und in das Werk aufgenommen wurde. Die beiden
Bände haben zwar den stolzen Preis von 69,90 €, wobei BLLVMitglieder es zum exklusiven Mitgliedspreis von 49,90 € erhalten,
aber es ist ein Werk, das man gerne in die Hand nimmt und das
auch äußerlich gefällig und anspruchvoll ist. BS
Mehr Info und Bestellung unter www.ebert.bllv.de
2010/07
Der 3. Erzieher
12.03.2010 / München, Prof. Dr. Johanna Forster, Klaus Kast
2010/05
Material selbst herstellen
13.03.2010 / München, Dr. Oliver Reuter
2010/08
Mehr Respekt bitte!
17.03.2010 / München, Sabine von Bleichert
2010/09
Rhetorik in schulischen Konfliktsituationen
16.-18.04.2010 / Kochel, Florian Fischer, Roland Kirschner
2010/10
Kindergarten-/Grundschultag
17.04.2010 / Landshut/Seligenthal, N.N.
2010/11
Konstruktive Elterngespräche
24.04.2010 / München, Iris Steinmeier
2010/12
Mit heiterer Gelassenheit
24.04.2010 / Nürnberg, Winfried Veeser
1 Studienaufenthalt USA 1949
2 Lehrer in Ottobrunn 1950
3 1953 spricht Ebert in München vor 7.000 Lehrern zur Lehrerbildung
4 Ebert agiert gegen die konfessionelle Lehrerbildung (1956 TU München)
Hinweis:
Für die Anerkennung als eine die staatliche Lehrerbildung
ergänzende Maßnahme ist der Dienstvorgesetzte verantwortlich. Dienstbefreiung kann beantragt werden.
5 Ebert trifft 1962 in Stockholm den amerikanischen Präsidenten Eisenhower
6 Ebert erhält den Titel des Ehrendoktor 1969 der Stockton University, CA
7 Ringen um eine neue Lehrerbildung; im Gespräch mit Franz-Josef Strauß
8 Antrittsbesuch beim Bundeskanzler Helmut Schmidt 1979
Bayerische Schule 2 2010
Einzelheiten / Anmeldung:
www.akademie.bllv.de oder www.fortbildung.bllv.de
Telefon: 089 721001-46
Bayerische Schule 2 2010
Eisstockschießen
Am Samstag, 6. März, findet ab 13.00 Uhr in der Asphalthalle
in Untertraubenbach (Lkr. Cham – Oberpfalz) die Bayerische
Meisterschaft im Eisstockschießen statt. Teilnahmeberechtigt
sind Lehrkräfte aus allen Schularten. Nähere Informationen
unter: Max Seebauer, Wulfing 22, 93413 Cham, Tel: 09461 1063,
Fax: 09461 7545. Um rechtzeitige Anmeldung bis zum 3. März
wird gebeten. BS
Gesunde Schulverpflegung
Am Freitag, 16. April, findet in Nürnberg eine Fortbildung zum
Thema „Mit Prozessbegleitung und Projekten zur Gesunden
Schulverpflegung“ statt. Ziel ist es, die Teilnehmer mit fachlichen
Begründungen und den „Werkzeugen“ für eine Gesunde Schulverpflegung vertraut zu machen. Weitere Informationen, Programm und Kosten unter www.bllv.de/bs/2010/02
Wettstreit im Eiskanal
Bei der 35. offenen BLLV-Lehrermeisterschaft im Rennrodeln
am Königssee gewann erneut Günther Skiekierski (VS Fürstenfeldbruck) vor Wolfgang Resch (Pestalozzischule Fürstenfeldbruck) und Hans Fritz (Eduard-Spranger Schule München). In
der Damenkonkurrenz setzte sich erstmals Elisabeth Rupp aus
St. Jakob Villach (Kärnten) vor Brigitte Utz (HS Prien/Obb.) und
Caroline Schmidt (München) durch. Die Mannschaftswertung
und damit den Wanderpokal gewann erneut das Team aus Fürstenfeldbruck vor den Mannschaften aus München-Stadt und
Geretsried. Lehrer aus Bayern und Österreich waren der Einladung des Organisators Anton Angerer gefolgt. Stefan Rank,
Schriftführer des BLLV Kreisverbandes Berchtesgadener-Land,
bedankte sich bei allen Kolleginnen und Kollegen für ihr Kommen und dem Organisationsteam für die Durchführung. Auch im
nächsten Jahr werden die Kufen wieder neu geschliffen. ta
Appell des Kassiers
Bitte teilen Sie Ihrem Kreiskassier jede Änderung Ihres
Stundenmaßes, Ihrer Bankverbindung, Ihrer Besoldungsstufe,
Ihrer Adresse oder über beginnende oder zu Ende gehende
Beurlaubungen mit. Bei der Berechnung Ihres Verbandsbeitrages kann dies auch zu Ihrem Vorteil sein. BS
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Verband
Verband
Ehrungen
Der BLLV lebt von der Stärke und Solidarität seiner Mitglieder. Er kann dabei auf
eine langjährige Tradition verweisen. Zu besonderem Dank ist er seinen langjährigen
Mitgliedern verpflichtet. Wir gratulieren:
Für 75-jährige Mitgliedschaft:
KV Gunzenhausen: Olga Maria Nisslbeck
Maria Kronawitter, Karl Wiesmeier
Stefanie Hanser, Erwin Hegmann, Marlies Hock,
Gabriele Manzenberger, Roland Prüglmeier
KV Wolfstein: Valerie Kroh
KV Fürth-Land: Gertraude Pfänder-Johns
KV Weismain: Elsbeth Fehn, Veronika Hümmer
Hiltrud Horn, Edith Magin, Barbara Maier,
KV Aschaffenburg-Land: Gabriele Ertl,
KV Schnaittach: Alfred Senf
KV Neumarkt: Renate Burger, Wilhelm Burger,
Marielouise Nolte, Angelika Rheinwald,
Birgit Killinger, Annette Orschler, Maria Weiß
Für 70-jährige Mitgliedschaft:
KV Weilheim: Wolfgang Emmerz, Gottfried Herold,
Dorothea Groß, Franz Xaver Hierl, Anton Karg, Josef
Erich Seuffert
KV Coburg-Land: Christine Wolz
KV Fürth-Land: Edith Kall
Heinz Pintscher, Irmgard Söhngen
Köstler, Walter Krafft, Birgitt Lerzer, Albert Maier,
KV Coburg-Land: Horst Gundel, Christine Käppner,
KV Marktheidenfeld: Elke Jaklin, Inge Kuntscher
KV Ochsenfurt: Anna Ullmann
KV Kempten: Eva Richter
Josef Olbrich, Karl Sippl, Lothar Staudigl
Udo Mönch
KV Schweinfurt-Stadt: Petra Federlein, Claudia
KV Schweinfurt-Stadt: Margarete Blum,
KV Kitzingen: Arthur Amrhein
KV Fürth-Land: Erika Bayer
KV Marktheidenfeld: Waltraud Ettl, Walter Habel,
Hanisch, Karin Speidel
Heinrich Huber
KV Lindau: Martin Asam, Karl Huber,
KV Schnaittach: Konrad Birkel
Adolf Krebs, Ansgar Navratil, Sigmar Nickel
KV Nördlingen: Johann Hampp, Doris Modrzik
Johanna Seeberger
KV Gunzenhausen: Euphrosine Hoyer,
Heinz Schädle, Otto Vogel
Für 60-jährige Mitgliedschaft:
KV Traunstein-Süd: Anton Brandl
Reinhard Hoyer
KV Schweinfurt-Stadt: Katharina Ayala, Günther
KV Wolfstein: Edith Messner
KV Aschaffenburg-Land: Matthäus Witthelm
KV Fürth-Land: Elisabeth Hüttl, Elisabeth Keck
Hartlieb, Sieglinde Kunz, Walter Wetzel
KV Weismain: Josef Benirschke, Georg Vonbrunn
KV Marktheidenfeld: Lieselotte Grell
KV Schnaittach: Ulrike Kreißl
KV Nördlingen: Hermann Kucher, Detlef Micke, Peter
KV München-Land: Küchle Wilhelm
KV Schweinfurt-Stadt: Thea Herzog,
KV Fürth-Land: Hubert Ott
Rusch, Eberhard Pöthig
KV Illertissen-Babenhausen: Zita Köhler
Marianne Steinmüller, Magdalena Urban
KV Schnaittach: Johann Teufel, Beate Wandner
KV Neumarkt: Eduard Greiner, Artur Günter, Michael
KV Nördlingen: Helmut Seitz, Hans Zimmermann
KV Friedberg: Ulrike Heichele, Hertha Keller,
Für 25-jährige Mitgliedschaft:
Gotthard Kern, Christian Maertz, Martha Reißner,
KV Wolfstein: Marita Burianek, Monika Eder
Himmler, Berta Horn, Hans Rupprecht, Ludwig
Weitere Ehrungen finden Sie
in der nächsten Ausgabe.
Gedenken
Verwaltungsangestellte
Am Samstag, 27. Februar 2010, findet an der
Volksschule Haar der 3. BLLV-Tag der Verwaltungsangestellten statt. Der Tag steht
unter dem Motto „ Gemeinsam sind wir stark
– ohne uns geht gar nix!“. Die Veranstaltung
beginnt um 9.30 Uhr und endet um 16.15
Uhr. Ab 10.15 Uhr werden über 20 verschiedene Workshops angeboten. Zudem findet
eine Ausstellung verschiedener Verlage
statt. Alle Teilnehmer erhalten eine Bestätigung über den freiwilligen Besuch der Fortbildungsveranstaltung. Die Teilnahme für
BLLV-Mitglieder ist kostenlos, Nichtmitglieder zahlen 10 Euro pro Workshop. Weitere
Informationen, Programm und Anmeldung
über www.bllv.de/bs/2010/02
Waltraud Remus, Edeltraud Summerer, Guda Zinser
KV Weismain: Rita Hetzelt
KV Gunzenhausen: Edith Kamm, Richard Kestner,
Für 50-jährige Mitgliedschaft:
KV Weilheim: Thusnelda Kist, Monika Zöttl
KV Neuburg-Schrobenhausen: Gabriela Hasslbauer,
Liselotte Kirchdörfer, Lotte Schirra, Elisabeth
KV Wolfstein: Ehrentraud Hammerschmid,
KV Viechtach: Anita Hiebl, Rupert Kerscher,
Christa Heinzlmeier-Bliss, Gabriela Kreitmeier,
und verdiente Mitglieder.
Schmiedl, Werner Spörl
Meinrad Roos
Maria Krauss, Hans Weiß
Gerlinde Kuntscher-Pfahler
KV Fürth-Land: Irmgard Preiß
KV Neumarkt: Sonja Dommer, Alois Hengl, Sigolf
KV Bad Kissingen: Marianne Gräf, Petra Kröning,
KV Illertissen-Babenhausen: Marlies Diesinger,
Er wird ihnen ein ehrendes
Schulleitergesundheit
KV Bad Berneck: Johann Kießling
Steininger, Marlene Stömmer, Sigrid Unger
Barbar Ullrich-Witt, Dieter Wöhner
Volker Faerber, Gundi Lutz-Batzner
Gedenken bewahren.
KV Friedberg: Franz Schuster
KV Schnaittach: Hans-Martin Drechsel, Ruth Kreißl
KV Hof-Land: Reinhard Bauerfeind, Evelin Schön,
KV Neumarkt: Waltraud Mayer
KV Weilheim: Magdalena Echter, Friedrich Hellmer,
KV Gunzenhausen: Dieter Vorndran
Rudolf Wühr
KV Fürth-Land: Angela Blum, Ulrike Bürkel,
KV Miltenberg: Hubert Eilbacher, 87 Jahre
Irmgard Keller, Anna Krammer, Elisabeth Riedl,
KV Friedberg: Kurt Joacham, Luise Kreutle
KV Kempten: Franz Baierlein, Irmgard Forster, Marie-
Christiane Hammerbacher
KV Wolfstein: Maria Süß-Jakob, 53 Jahre,
Annemarie Skarda
KV Weilheim: Ingrid Appel, Irmgard Glaser,
Luise Gabler, Karl-Heinz Neubauer, Elisabeth
KV Gunzenhausen: Birgit Klauer, M. Ali Kücük
Karl Stöger, 81 Jahre
KV Viechtach: Max Ruß, Ernst Wollitzer
Alma Proksch, Klaus Schuster
Schreieck, Wolfgang Stärk
KV Fürth-Land: Sonja Meyer
KV Bamberg-Land: Eva Kring, 59 Jahre
Am Samstag, 12. Juni 2010, findet unter
der Leitung von Prof. Dr. J. Bauer in der
Hochgrat-Klinik Stiefenhofen (Allgäu) ein
BLLV-Gesundheitstag für Schulleiter/innen
statt. Informationen und Anmeldung bei
[email protected]
KV Bad Kissingen: Bruno Perseke
KV Viechtach: Edith Schimanek
KV Miltenberg: Gerhard Arnheiter, Helga Krause,
KV Schnaittach: Monika Schönborn-Kolder
KV Schweinfurt-Land: Margot Richter, 78 Jahre
KV Hof-Land: Karl Groß
KV Hof-Land: Helmut Biedermann, Ursula Fischer,
Norbert Kreiner, Gerhard Liebler
KV Friedberg: Beate Mannig, Carola Nowey
KV Augsburg-Land: Edwin Maly, 75 Jahre
KV Miltenberg: Rudolf Hasse, Walter Kohl,
Günter Graf, Helmut Seidel
KV Ochsenfurt: Renate Merklein, Elisabeth
KV Weilheim: Hubert Dempf, Birgit Fischer,
KV Kitzingen: Ludwig Ruf, 82 Jahre, Wiltrud
Heinz Pfeiffer, Heinrich Stute
KV Kempten: Horst Altstetter, Liselotte Endler,
Schieffer, Brigitte Schuck
Brigitte Hansen, Alexander Horvath,
Baumeister, 84 Jahre, Paul Ernst Selzer, 77 Jahre,
KV Ochsenfurt: Emmi Cebulla, Elisabeth
Rupert Schmid
KV Lohr: Dieter Anderlohr, Alfred Kreissl,
Irmgard Hupfauf, Thomas Mayr, Eva Schwaiger
Angelika Armbrust, 62 Jahre, Joseph Michel, 74
Kopperger, Ruth Lanig
KV Lohr: Hilde Bauer, Horst Frech
Heinz Mannsbart, Franz Stein, Erika Stolz
KV Bad Kissingen: Christiane Middel
Jahre, Thekla Göpfert, 95 Jahre
KV Lohr: Hans Piekarczyk
KV Kitzingen: Peter Erhard, Luiselotte Fugmann,
KV Münnerstadt: Günther Binczyk, Hartmut Hessel,
KV Hof-Land: Helga Engels
KV Coburg-Land: Manfred Hainke, 84 Jahre,
KV Kitzingen: Adolf Köhler, Marliese Lilly,
Walter Hahn, Johannes Meixner, Irmgard Pöhner
Sonja Konietschke
KV Kempten: Jutta Barwitz, Gabriele Dorn-Hutter,
Siegfried Möslein, 81 Jahre, Robert Steger, 48 Jahre
Ella Schoepgens
KV Lindau: Gertrud Bäumler, Elisabeth Eisele-Netzer
KV Kitzingen: Inge Breidenbach, Heinz Brückner,
Barbara Esters, Ingrid Herrmann,
KV Weilheim: Anna Krammer, 82 Jahre
KV Lindau: Erich Felder
KV Traunstein-Süd: Reinhold Hartlmaier, Anna-
Gerhard Graf, Hannelore Hanshans, Fritz
Daniela Sibbe-Fischer
KV Vilsbiburg: Alois Frank, 87 Jahre
KV Karlstadt: Lothar Panzer, Margit Pawlitschek
Johanna Müller, Heinz Stamm, Helmut Theimer
Kesselring, Agnes Schmitt, Hans Schneider,
KV Miltenberg: Martina Diener, Andrea Keller,
KV Lindau: Burkhard Margarethe, 86 Jahre,
KV Aschaffenburg-Land: Albert Lippert,
KV Aschaffenburg-Land: Artur Geis
Roland Vetter, Ingeborg Wolf
Dietmar Küchel
Müller Hugo, 70 Jahre
Elisabeth Roth
KV Coburg-Land: Reinhard Ebert, Knut Gramß
KV Lindau: Alois Fersch, Roderich Heinze,
KV Ochsenfurt: Christina Held, Margarete Prax
KV Ansbach-Stadt: Ida Forytarz, 97 Jahre
KV Coburg-Land: Wolfgang Helle
KV Marktheidenfeld: Martha Grein, Annerose Zinßler
Edda Starnberg
KV Lohr: Christoph Sell
KV Hersbruck: Andreas Dimler, 86 Jahre
KV Schweinfurt-Stadt: Artur Kneuer, Elga Merz,
KV Nördlingen: Waltraud Heppner, Barbara Metzger
KV Karlstadt: Eva-Maria Eisele, Edelgard König,
KV Münnerstadt: Petra Poppel
KV Lauf: Hildegard Fischer, 95 Jahre
Irmgard Straub
Reinhold Meurer, Helmut Stümmer,
KV Kitzingen: Ursula Nitsche, Irmtraud Pohl,
KV Schwabach: Rudolf Mattheus, 82 Jahre
KV Nördlingen: Manfred Maletzke
Renate Waschkowitsch
Kunigunde Stark
KV Uffenheim: Josef Klein, 82 Jahre
Für 40-jährige Mitgliedschaft:
KV Traunstein-Süd: Irene Glück, Wolfgang Mager,
KV Lindau: Adiuta Beck, Walter Jehle
KV Amberg-Stadt: Theodor Besold, 84 Jahre,
Für 55-jährige Mitgliedschaft:
KV München-Land: Monika Modrow-Lange
Irene Sambass, Elisabeth Schmitz, Peter Stümpfl,
KV Karlstadt: Dieter Kotterba
Hildegard Pöll, 94 Jahre
KV Wolfstein: Ambros Molz
KV Wolfstein: Ilonka Drexler, Max Fuchs, Regina
KV Aschaffenburg-Land: Sybille Brunner, Fritz
KV Traunstein-Süd: Birgit Haslinger, Monika Langer,
KV Neustadt/ Waldnaab: Franz Valta, 92 Jahre
KV Weismain: Eugenie Stelzner
Fuchs, Inge Kieninger, Georg Kölbl,
Dörhöfer, Roswitha Fleischmann, Klaus Gehlert,
Elisabeth Lewerentz, Rita Maier,
KV Schweinfurt-Stadt: Ernst Töpper, 87 Jahre
Schmiedl, Franz Sellner
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Bayerische Schule 2 2010
Bayerische Schule 2 2010
Der BLLV trauert um treue
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Leserbriefe
Leserbriefe
Verantwortung für seine Schüler, man will nicht nur Dienst nach Vorschrift machen, sondern außerschulische Lernorte aufsuchen, ins Schullandheim fahren und so weiter. Gleichzeitig betrachtet man die
Bezahlung und die Zeit, die wieder der eigenen Familie „verloren geht".
Durch das hohe Stundenmaß bei steigenden Anforderungen werden übrigens auch viele Grundschullehrerinnen regelrecht in die Teilzeit „gezwungen", weil sie sonst ihre Stunden an anderen
Schulen oder in der Hauptschule ableisten müssen oder müssten. Dadurch spart der Arbeitgeber.
Vollzeitkräfte der Grundschule müssen häufig mit übrigen Stunden in die Hauptschule, dadurch fehlen
aber wiederum dort die Stunden für die Mütter und Väter, die unterhälftig arbeiten wollen.
Schwarz-Weiß-Malerei
Leserbriefe
BS 1/2010, Fokus, Whiteboards, Jürgen Schlieszeit, Lehrer und Gründer von www.myBoard.de
Der Artikel ist meiner Meinung nach sehr schwarz/weiß (wie auch die Eingangsgrafik). Es ist richtig,
dass an unseren Universitäten das Thema interaktive Whiteboards im Unterricht kaum behandelt wird
und mehr Beachtung finden sollte. Einzelne Untersuchungen sind derzeit aber am Laufen. Von Seiten
der Lehrerfortbildung gibt es so wenig Angebote, weil die Nachfrage und Durchdringung von Boards
an unseren Schulen fehlt.
Gründe für die Nichtanschaffung der Tafeln sind derzeit eher finanzielle Probleme der Städte und
Kommunen. Alle Lehrer, die die Vorteile einer digitalen Tafel praxisnah vermittelt bekommen haben und
diese selbst ausprobieren konnten, würden lieber heute als morgen ein interaktives Whiteboard in ihr
Klassenzimmer stellen lassen. Das zeigen meine Erfahrungen. Ich beschäftige mich seit über fünf
Jahren intensiv mit dem Thema digitale Tafel und deren Umsetzung im Unterricht, halte Vorträge und
Schulungen dazu und betreibe das Internetportal www.myBoard.de aus Überzeugung, da dieses
Medium wirklich den Unterricht bereichern kann und nicht als „interessante Möglichkeit“ abgetan werden soll.
Vollzeitjob Referendariat
BS 1/2010, Thema Teilzeit, Leitartikel, Martha Jäger, dreifache Mutter und Referendarin, Nürnberg
Vielen Dank für das aktuelle und interessante Thema „Kind und Beruf – geteilte Zeit". Im Artikel
„Familienfreundlicher Beruf?" schreibt Gerd Nitschke: „Der Freistaat Bayern ist ein Arbeitgeber, der mit
seinen Gesetzen und Verordnungen die Voraussetzungen dafür schafft, dass seine Beschäftigten Kind
und Beruf möglichst gut vereinbaren können." Das hört sich sehr gut an. Leider komme ich nicht in den
Genuss, diese Voraussetzungen nutzen zu können, denn ... – ich habe das Referendariat noch vor mir.
In dieser Zeit wird mehr als ein Vollzeitjob von den Lehramtsanwärtern erwartet. Ich bin 28 Jahre alt,
stehe kurz vor dem 1. Staatsexamen und habe drei Kinder (2, 5 und 9 Jahre). Ich möchte sehr gern als
Lehrerin arbeiten, aber wegen der Hürde Referendariat kann ich das in den nächsten Jahren wohl nicht
umsetzen. Der Preis wäre sowohl für mich als auch für meine Familie einfach zu hoch. Vorerst bleibe
ich Hausfrau – ich hätte es mir anders gewünscht ...
Kann der Freistaat Bayern auf motivierte, verantwortungsbewusste und in der Erziehung von
Kindern bereits erfahrene LehramtsanwärterInnen verzichten? Ich bin mir sicher, dass es für viele angehende LehrerInnen eine wesentliche Erleichterung wäre, wenn die Möglichkeit geschaffen würde, das
Referendariat „in Teilzeit" abzulegen.
BS 1/2010, Fokus, Whiteboards, Ottmar Misoph, Rektor VS Thalmässing
Frau Göpel schreibt, dass „das Board zwar die Aktivität der Schüler herausfordere, die Tafeln aber
nicht ersetzen könne“. Sie erweckt damit den Eindruck als würde es sich hier um zwei konkurrierende
Medien handeln. Beide haben am richtigen didaktischen Ort im Unterricht ihren berechtigten Platz.
Ärgerlich an dem Artikel ist auch, dass selbst „Kleinigkeiten“ einfach faktisch falsch sind. Es stimmen
weder die angegebenen Preise, noch die Behauptung, dass ein Notebook notwendig sei, noch die
Feststellung, dass die Hersteller in ihren Fortbildungen nur den Umgang mit der Technik erläutern.
Wenn Frau Göpel dann bedauert, dass es kaum fertiges Stundenmaterial für die Boards gibt, zeigt sie,
dass sie den Mehrwert dieses Mediums für einen schülerorientierten, eigenaktiven Unterricht nicht verstanden hat. Der innovative, kreative Lehrer braucht keine fertigen Stunden, die er abspult, sondern
eine Werkzeugkiste an Möglichkeiten, wie er seinen Unterricht individualisieren kann. Gerade hier ist
das Board mit seinen einfachen, zeit- und arbeitssparenden technischen Möglichkeiten eine unerschöpfliche Fundgrube.
Unbezahlte Teilzeit
BS 1/2010, Themenstrecke Teilzeit, Dagmar Petersen, dreifache Mutter, Hauptschullehrerin, Rothenburg o.d.T.
Mit großem Interesse habe ich Ihre Beiträge zum Thema „Kind und Beruf" gelesen. Als Hauptschullehrerin und dreifache Mutter habe ich auch schon einiges mit meinem „Dienstherrn" erlebt. Unter anderem wurde die unterhälftige Teilzeit in weiten Teilen Westmittelfrankens so gut wie abgeschafft und wir
wurden in Klassleitungen „gezwungen". Ich kam ein paar Jahre in den Genuss, an der Hauptschule
unterhälftig arbeiten zu können, viele meiner Kolleginnen im Landkreis Ansbach nicht mehr. Die
Möglichkeit Teilzeit zu arbeiten und gleichzeitig mit den Kindern Ferien haben zu können, möchte ich
in keinster Weise schmälern. In den Schulen und beim Schulamt finden wir meist Verständnis, aber es
ist zum Teil unangenehm, seine Rechte und ein Entgegenkommen einfordern zu müssen. Auch die
Schulämter und Schulen haben strenge Vorgaben. „Wir brauchen Köpfe (Klassenleitungen), keine
Stunden“ …
Ein Aspekt kommt meines Erachtens in Ihren Artikeln zu kurz: Fast alle Teilzeitbeschäftigten führen
eine Klasse. Sowohl in Grundschule als auch in der Hauptschule fallen dadurch vermehrt Tätigkeiten
und Verpflichtungen an, die weit über das Engagement früherer Jahre hinausgehen müssen. Dazu kommen Klassleiterunterricht vor den Ferien, Projekte, Tagesausflüge et cetera. Wir füllen seitenweise
Stellungnahmen für Psychologen aus, führen schwierige Elterngespräche, vermitteln bei Konflikten mit
Fachlehrern usw. Hinzu kommen durch die Ganztagesschule noch zusätzliche Termine und Koordinierungsaufgaben.
Diese zusätzlichen Aufgaben haben Lehrer mit voller Stundenzahl auch, wir Teilzeitkräfte werden
aber nur anteilmäßig entgeltet. Meine Petition beim bayerischen Landtag ergab, dass diese Aufgaben
„unteilbar" seien und dass die Mehrarbeit quasi das „Privatvergnügen“ der einzelnen Lehrkraft sei. Und
somit entsteht ein weiterer Konflikt für Teilzeitkräfte: Man macht seine Arbeit gerne und hat vor allem
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BS 1/2010, Fokus, R. Kreis (Rektorin), A. Pauli, J. Rupp (Lehrerinnen), GS am Isardamm, Geretsried
Die Verfasserin tut so, als wären die Whiteboards in Geretsried eine verrückte Idee der Rektorin, die
sie gegen Lehrerkollegium, Eltern und Kinder durchgesetzt hat, vergisst aber zu erwähnen, dass der
Einführung der neuen Technik eine lange Testphase mit zuerst einem und dann drei Boards voranging
und heute keine der Kolleginnen an der Isardammschule ihr Board wieder hergeben möchte – von der
anhaltenden Begeisterung der Kinder gar nicht zu reden.
Frau Göpel ist anscheinend entgangen, dass Whiteboards nichts anderes sind als „interaktive
Tafeln“, die für Lehrer und Schüler, die gleichen Möglichkeiten bieten wie früher – und eben noch eine
ganze Menge mehr. Wie bisher müssen sich die Kolleginnen und Kollegen auf den Unterricht vorbereiten – nur dass das jetzt etwas einfacher, schneller und aktueller geht. Und das Ergebnis (ein mehr oder
weniger didaktisch wertvoller und interessanter Unterricht) ist auch wie bisher vom Engagement und
den Fähigkeiten der Person an der Tafel abhängig.
Liebe Leserinnen und Leser, wir freuen uns über Ihre Meinung, behalten uns jedoch vor, Leserbriefe gekürzt zu veröffentlichen. Für Inhalt und Aussage verantwortlich ist die jeweilige Verfasserin bzw. der Verfasser. Es besteht kein
Anspruch auf Veröffentlichung.
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Unsere Jugendzeitschriften
Anzeigen
Das erwartet Sie im März
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wer lesen soll, braucht Lesestoff. Der BLLV ist überzeugt, dass gerade das Medium
Zeitschrift es mit seinen vielfältigen Textsorten schafft, Kinder zum Lesen zu verlocken.
Deshalb geben wir bereits in einer langen Tradition Schul-Jugendzeitschriften heraus.
Das Kultusministerium weist ausdrücklich auf die Möglichkeit hin, unsere Zeitschriften
den Schülerinnen und Schülern und deren Eltern zum Bezug zu empfehlen (KWMBI
Nr. 15/2009). Nutzen wir diese Möglichkeit, uns fürs Lesen stark zu machen!
Christian Marek,
Schulleiter und vom BLLV bestellter pädagogischer Schriftleiter
FLOHKISTE für die 1. Klasse:
FLOHKISTE für die 2. Klasse:
Nr. 6 (erscheint
am 8. März):
Luft
Nr. 6 (erscheint
am 8. März):
Der Igel
Nr. 6 (erscheint
am 8. März):
Fahrrad fahren
Jetzt werden die Fahrräder wieder aufpoliert –
worauf es auch ankommt: genügend Luft
in den Reifen! Ein guter
Anlass, uns in vielen
kleinen Experimenten
die unsichtbare Luft
sichtbar zu machen.
Er erwacht derzeit aus
dem Winterschlaf – aber
nicht weil auf dem Kalender Frühling steht.
Milde 15 Grad wecken
ihn. Für das Heckenund Wiesentier, das
wir näher erforschen,
beginnt ein neues Jahr.
... ist nicht nur eine
gesunde Art der Fortbewegung. Niemand geht
auch sparsamer mit
seiner Kraft um als ein
Mensch, der in die
Pedale tritt. Eine geniale
Erfindung!
Nr. 7/8 Oster-Doppelheft
(erscheint am 22. März):
Frühlingsboten
Nr. 7/8 Oster-Doppelheft
(erscheint am 22. März):
Haustiere
Nr. 7/8 Oster-Doppelheft
(erscheint am 22. März):
Rund ums Ei
Der Frühling hat nicht
nur laut Kalender angefangen – seine summenden, zwitschernden,
krabbelnden oder flatternden Boten sind ja
längst schon zu entdecken. Die Inhalte sind
Lesefitness-Check!
Ein Osterhase fürs
ganze Jahr? Der macht
nur Spaß, wenn man ihn
richtig pflegt! Jedes
Haustier braucht den
„richtigen“ Menschen.
Die Geschichte „Ein
Schultag für Tiere“ ist
4. Lesefitness-Check.
Es ist ein kleines Wunderwerk. Denn ein ganz
gewöhnliches Hühnerei
ist keineswegs so zerbrechlich, wie es aussieht. Das heranwachsende Küken ist darin
geschützt – wie in einer
Raumkapsel.
ich TU WAS! – die WISSENs-Zeitschrift für Mensch – Natur – Technik – Umwelt
Ausgabe 1 für die 1. bis 3. Schulstufe
36
floh! für die 3. und 4. Klasse:
O!KAY! – die Englischzeitschrift vom FLOH
Ausgabe 2 ab der 4. Schulstufe
März:
Rund ums Ei
März:
Die Farbe Blau
Nr. 3
At the zoo
Das Ei des größten Vogels der Welt hat eine
Schale so dick wie eine
Porzellanschüssel. Das
Hühnerei dagegen – ist
gleichfalls noch lange
keine zerbrechliche Kinderwiege. Ein Heft mit
vielen E(i)xperimenten.
In diesem Heft geht es
um Blau – unsere zweitliebste Farbe. Ein strahlend blauer Himmel
begeistert uns. Strahlender blau als der MorphoFalter geht’s nicht. Aber
in Wirklichkeit sind
beide farblos.
Mithilfe der neuen Wörter – lion, elephant, snake,
monkey, giraffe, bear,
hippo und seal – der
März-Ausgabe rund um
das Thema „Im Zoo“ können die Kinder erzählen,
welche Tiere ihnen im Zoo
besonders gut gefallen.
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Klassenleiter-Verwaltung KvWin –
Version 7.8.27.z (Update Herbst 2009)
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Bayerische Schule
Inhaber und Verleger:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V.
Bavariaring 37, 80336 München
Postanschrift:
Postfach 15 02 09, 80042 München
Telefon 089 7210 01-0, Fax 089 721001-90
[email protected], www.bllv.de
Redaktionsanschrift:
Bayerische Schule Redaktion
Heidwiesen 43, 97520 Heidenfeld
Telefon 09723 937 00 41, Fax 09723 937 00 42
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Chefredakteur:
Tomi Neckov
Heidwiesen 43, 97520 Heidenfeld
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Stellvertreter: Andreas Liebald, Gartenstr. 2,
97353 Wiesentheid, Telefon 09383 90 24 94
Redaktionelle Leitung:
Christian Bleher
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Telefon 08144 99 67 92, [email protected]
Grafische Gestaltung:
Sonia Hauptmann, Bavariaring 37, 80336 München
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BBB für Bayerischer Beamtenbund, BS für Bayerische Schule, ds für
Dietmar Schidleja, ff für Florian Fischer, fs für Dr. Fritz Schäffer, rk für
Roland Kirschner, ta für Anton Angerer
Die Bayerische Schule erscheint acht- bis neunmal pro Jahr. Sie wird allen BLLVMitgliedern geliefert; der Mitgliedsbeitrag enthält den Bezugspreis. Nichtmitglieder können die Bayerische Schule direkt bei der BLLV Landesgeschäftsstelle
(s. oben) bestellen. Der Bezugspreis beträgt für Privatpersonen 50,00 Euro, für
Institutionen (gegen Nachweis) 10,00 Euro jährlich; Einzelhefte inkl. Versand
5,00 Euro. Abonnements-Zahlungen bitte nur auf das Post girokonto des BLLV,
Nr. 40677-806, bei der Postbank München. Bitte geben Sie Ihre voll ständige
Anschrift deutlich lesbar an! Leser zuschriften senden Sie bitte direkt an die
Redaktion. Für unverlangt eingesandte Manu skripte übernehmen wir keine
Haftung. Falls kein Rückporto beiliegt, können sie auch nicht an den Autor
zurückgesandt werden. Namentlich gekennzeichnete Beiträge stellen die Meinung
des Verfassers, nicht unbedingt die der Redaktion oder des BLLV dar.
Die Bayerische Schule 3 erscheint am 27. März 2010
Titel: Disziplinprobleme im Klassenzimmer
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