WGP Sommer Schule

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WGP Sommer Schule
Nutzen von Wertschöpfungspotenzialen durch innovative
Prozessketten in der Produktionstechnik
Bericht zur
WGP Sommer Schule
Hannover 2008
Austragendes WGP-Institut:
Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen
der Leibniz Universität Hannover
Prof. Dr.-Ing. Bernd-Arno Behrens
Seite II
Impressum
Impressum
Austragendes WGP-Institut:
Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen
Leibniz Universität Hannover
An der Universität 2
30823 Garbsen
Telefon:
+49 511 762 - 2264
Fax:
+49 511 762 - 3007
E-Mail:
[email protected]
Internet:
www.ifum.uni-hannover.de
Verantwortlich für die Veranstaltung: Prof. Dr.-Ing. Bernd-Arno Behrens
Vorwort
Seite III
Vorwort
Sowohl der Verlauf der Sommer Schule 2008 in Hannover als auch die darauf folgende Zeit machen deutlich, dass die Sommer Schule keine abgeschlossene Veranstaltung ist. Die Erwartungen, die sich mit der Sommer Schule als dauerhafte Institution der WGP verbunden haben, haben sich somit erfüllt.
Neben der fachlich orientierten Arbeit sind es auch die persönlichen Kontakte der
Teilnehmer, die die Nachhaltigkeit der Sommer Schule ausmachen. Auf diese Weise
wird die Zusammenarbeit der Professoren, die die Stärke der WGP bestimmt, auf die
Mitarbeiter übertragen.
Das vorliegende Buch ist eine Zusammenfassung der einwöchigen Veranstaltung, in
der die Teilnehmer den Ablauf der Sommer Schule sowie ihre Eindrücke und Arbeitsergebnisse darstellen.
Als Verantwortlicher der Sommer Schule 2008 möchte ich mich beim VDW, bei der
DFG sowie bei der WGP für die finanzielle Unterstützung bedanken. Des Weiteren
danke ich den Teilnehmern für Ihr Engagement und allen, die die Sommer Schule
2008 so hervorragend organisiert haben,
Bernd-Arno Behrens
Hannover, August 2008
Seite IV
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1
Die WGP Sommer Schule 2008 ........................................................................... 1
1.1 Motto und Ziele ............................................................................................ 1
1.2 Programm .................................................................................................... 1
1.3 Organisation................................................................................................. 3
1.4 Unterkunft und Tagungsort .......................................................................... 4
1.5 Sponsoren.................................................................................................... 9
2
Die Teilnehmer ................................................................................................... 10
2.1 Vorstellung der Teilnehmer ........................................................................ 10
2.2 Motivation der Teilnehmer.......................................................................... 21
2.3 Geografische Zusammensetzung der Teilnehmer ..................................... 24
2.4 Fachliche Zusammensetzung der Teilnehmer ........................................... 25
3
Die Tageserlebnisse........................................................................................... 26
3.1 Tagesbericht zu Mittwoch, 13.08.2008....................................................... 26
3.2 Tagesbericht zu Donnerstag, 14.08.2008 .................................................. 27
3.3 Tagesbericht zu Freitag, 15.08.2008.......................................................... 28
3.4 Tagesbericht zu Samstag, 16.08.2008....................................................... 30
3.5 Tagesbericht zu Sonntag, 17.08.2008 ....................................................... 31
3.6 Tagesbericht zu Montag, 18.08.2008......................................................... 32
3.7 Tagesbericht zu Dienstag, 19.08.2008....................................................... 34
3.8 Tagesbericht zu Mittwoch, 20.08.2008....................................................... 35
4
Die Herangehensweise ...................................................................................... 36
4.1 Initialvorträge ............................................................................................. 36
4.1.1 Die Wandlungsfähige Fabrik............................................................ 36
4.1.2 Prozessketten am Beispiel der Massivumformung .......................... 38
4.2 Exkursionen ............................................................................................... 51
4.2.1 Salzgitter AG ................................................................................... 51
4.2.2 Volkswagen AG ............................................................................... 59
4.2.3 Sennheiser electronic GmbH & Co. KG........................................... 73
5
Die Arbeitsergebnisse ........................................................................................ 75
5.1 Zukunftssichernde Fertigungstechnologien................................................ 85
Inhaltsverzeichnis
Seite V
5.2 Organisation ...............................................................................................87
5.3 Interaktion: Mensch – Wertschöpfung in Produktionsprozessen ................94
5.3.1 Einleitung .........................................................................................94
5.3.2 Sozio-technisches System ...............................................................95
5.3.3 Personalmanagement ......................................................................96
5.3.4 Arbeitsumgebung .............................................................................99
5.3.5 Zusammenfassung.........................................................................102
6
Nachbereitung................................................................................................... 104
6.1 Feedback der Teilnehmer......................................................................... 104
Die WGP Sommer Schule 2008
Seite 1
1 Die WGP Sommer Schule 2008
Zu dieser achttägigen Veranstaltung trafen sich Nachwuchswissenschaftler aus den
in der WGP organisierten Instituten der Produktionstechnik.
Die Sommer Schule der WGP wird vom VDW, der WGP und der DFG gesponsert.
An dieser Stelle bedanken sich das austragende WGP-Institut und die Teilnehmer
ausdrücklich für die großzügige Unterstützung, ohne die die Sommer Schule der
WGP nicht möglich gewesen wäre.
1.1
Motto und Ziele
Unter dem Thema „Nutzen von Wertschöpfungspotenzialen durch innovative Prozessketten in der Produktionstechnik“ sollen die Teilnehmer, ausgehend vom gegenwärtigen Stand der Technik und vor dem Hintergrund wirtschaftlich und technisch
bedeutsamer anstehender und zu erwartender Problemstellungen:
•
diese Problemstellungen identifizieren und das sich bietende und zu erschließende Potenzial ausmachen,
•
dazu erforderlichen Handlungsbedarf und zugehörige Aufgabenstellungen formulieren sowie
•
die zur Umsetzung dringlichen Maßnahmen und nächsten Arbeitsschritte festlegen.
Alle Aufgabenbereiche sollen aus übergreifender Sicht der Produktionstechnik und
im engeren Sinne der Werkzeugmaschinenindustrie behandelt werden. Bei der Bearbeitung der Themengebiete in intensiver Plenar- und Gruppenarbeit werden die
Teilnehmer im methodischen Vorgehen unterstützt. Im Ergebnis der Sommer Schule
soll ein Konzept für die Antragstellung eines entsprechenden Schwerpunktprogramms zur Einreichung bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft präsentiert
werden.
1.2
Programm
Mittwoch, 13.08.2008
12:00 Anreise und Mittagessen
13:00 Begrüßung Prof. Dr.-Ing. G. Reinhart
13:30 Vorstellung der Teilnehmer
15:30 Initialvortrag: Die Wandlungsfähige Fabrik;
Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. mult. H.-P. Wiendahl
19:00 Bowlingabend
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Die WGP Sommer Schule 2008
Donnerstag, 14.08.2008
08:00 Exkursion: Produktionstechnisches Zentrum Hannover;
Vorstellung und PZH Besichtigung von IFUM und IFW
12:30 Exkursion: Salzgitter AG; Besichtigung inkl. Initialvortrag
19:00 Gruppenarbeit
Freitag, 15.08.2008
10:00 Exkursion: Volkswagen AG, Wolfsburg Besichtigung inkl. Besuch der Autostadt
17:00 Gruppenarbeit
19:30 Besuch des Maschseefestes
Samstag, 16.08.2008
08:30 Seminar (inkl. Gruppenarbeit): Kreativitätstechniken – Einführungs- und Umsetzungsphase in Gruppenarbeit; Marion Lockert Institut
19:00 freie Abendgestaltung
Sonntag, 17.08.2008
08.30 Seminar: Auf dem Weg zur Führungskraft; Meike Wiarda
17.00 Gruppenarbeit
19.00 freie Abendgestaltung
Montag, 18.08.2008
08:00 Exkursion: Sennheiser electronic GmbH & Co KG, Wedemark;
Besichtigung inkl. Initialvortrag
14:00 Gruppenarbeit
16:00 Seminar: Business-Etikette und Persönlichkeit
Dienstag, 19.08.2008
09:00 Initialvortrag: Die Prozesskette Präzisionsschmieden
Prof. Dr.-Ing. B.-A. Behrens
10:30 Seminar: Schwerpunktprogramme DFG
13:00 Gruppenarbeit
19:00 Grillabend
Mittwoch, 20.08.2008
08:00 Exkursion: Produktionstechnisches Zentrum Hannover,
Zusammenfassung der Ergebnisse; Besichtigung von IFA, ITA, IMT und IW;
Verabschiedung der Teilnehmer
13:30 Abreise
Die WGP Sommer Schule 2008
1.3
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Organisation
Prof. Dr.-Ing Bernd-Arno Behrens
Prof. Dr.-Ing. Bernd-Arno Behrens wurde 1964 in Hannover
geboren. Von 1984 bis 1991 studierte er Maschinenbau an
der Universität Hannover. 1997 promovierte er hier am
Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen. Von
1997 bis 2003 arbeitete Prof. Behrens bei der Salzgitter AG
und leitete die Bereiche Umformtechnik und Anwendungstechnik. 2004 übernahm er die Leitung des Institutes für
Umformtechnik und Umformmaschinen (IFUM) der Leibniz
Universität Hannover sowie die Materialprüfanstalt für
Werkstoffe und Produktionstechnik Hannover (MPA). Des
Weiteren ist er seit 2005 Geschäftsführender Gesellschafter
des Instituts für Integrierte Produktion Hannover gGmbH
(IPH). Prof. Behrens ist Mitglied und Gutachter in verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen und Gremien wie
beispielsweise der AiF, EFB, DFG,
WGP und der AGU. Seit 2009 ist
Prof. Behrens Associate Member
der CIRP.
Florian Holz
Florian Holz wurde 1978 in Wolfsburg geboren. Nach seinem Maschinenbaustudium von 2001 bis 2005 an der FH
Wilhelmshaven und von 2005 bis 2006 an der TU Clausthal
war er für die Airbus Deutschland GmbH tätig. Seit Januar
2007 arbeitet Florian Holz als wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen
(IFUM) der Leibniz Universität Hannover. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit der numerischen Prozessanalyse
sowie der umformtechnischen Herstellung hybrider Stahl-AluminiumBauteile.
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1.4
Die WGP Sommer Schule 2008
Unterkunft und Tagungsort
Johannes Koch; Lehrstuhl für Fertigungstechnologie LFT, Universität ErlangenNürnberg
Für die WGP Sommer Schule 2008 ist als Tagungsort sowie zur Unterbringung der
Teilnehmer das Hanns-Lilje-Haus gewählt worden (Abbildung 1). Dabei handelt es
sich um das Tagungszentrum der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover,
welches inmitten der Altstadt von Hannover liegt und auch für Veranstaltungen mit
einem betont weltlichen bzw. „technischen“ Hintergrund genutzt werden kann. Ohnehin wäre der Namensgeber des Hauses, Johannes (Hanns) Ernst Richard Lilje
(Abbildung 2), einer Beschäftigung mit der Thematik der WGP Sommer Schule potentiell nicht abgeneigt gewesen. So hat der Theologe, Kunsthistoriker, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche von Hannover und stellvertretender Ratsvorsitzender der EKD im Jahre 1926 ein Werk mit dem Titel „Das Technische Zeitalter“ veröffentlicht. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass Lilje
angesichts mancher seiner Vorträge, beispielsweise zum Thema „Der Mensch unter
den Dämonien von Technik und Politik“, ein eher kritischer Fragesteller gewesen
wäre.
Abbildung 1: Hanns-Lilje-Haus mit wartenden WGP Sommerschul-Teilnehmern (rechts) und
umliegender Gastronomie (links)
Von Skepsis gegenüber Technik in jedweder Form kann allerdings im Hanns-LiljeHaus keine Rede sein. So steht zur Verbindung der acht Etagen ein Personenaufzug
zur Verfügung. Der Zugang zu den insgesamt sechs Tagungsräumen für bis zu 80
Personen sowie zu den 26 Einzel- und fünf Doppelzimmern gestaltet sich dadurch
sehr komfortabel. Für Recherchearbeiten und um den Eingang wichtiger E-Mails
nicht zu verpassen, stand auf den Stockwerken der größtenteils fernab der Heimat
Die WGP Sommer Schule 2008
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befindlichen WGP Sommerschul-Teilnehmer ein drahtloser Internetzugang via WLAN zur Verfügung. Für Laptops, die dieser technischen Herausforderung noch nicht
gewachsen waren, konnte für die Dauer der Veranstaltung die erforderliche ZugangsHardware vom freundlichen Servicepersonal des Hanns-Lilje-Hauses ausgeliehen
werden.
Abbildung 2: Informationstafel über den Namensgeber des Hauses, Johannes (Hanns) Ernst
Richard Lilje
Der hervorragenden Stimmung der WGP Sommerschul-Teilnehmer war mit Sicherheit auch die gute Essensversorgung während des Aufenthalts zuträglich. So begannen die Sommerschul-Tage stets mit einem Frühstückbuffet, das allen Geschmäckern eine hinreichend große Auswahl gegeben haben dürfte. In den Veranstaltungspausen warteten dann in der Regel frischer Kaffee und diverse
Kuchenvariationen auf ihren Verzehr. Das Mittag- und, soweit erforderlich, das
Abendessen wurden dann wieder in der bewährten Form eines Buffets den Sommerschul-Teilnehmern offeriert.
Wer nach dem in der Regel reichhaltigen Tagesprogramm noch den Drang verspürt
hat, sich in das Nachtleben Hannovers zu stürzen, hatte dazu ausgehend vom Unterkunfts- und Tagungsort sehr gute Voraussetzungen. Bereits unmittelbar nebenan
befindet sich eine Lokalität, die auch unter der Woche nahezu allabendlich mit Livemusik aufwartet. Ob dies wohl der Grund dafür ist, dass in den Zimmern des HannsLilje-Hauses neben der obligatorischen Begrüßungs-Süßigkeit ein Päckchen Ohrenstöpsel zu finden ist, mit dem Hinweis, dass es „von Zeit zu Zeit, insbesondere an
Wochenenden, zu Geräuschbelästigungen durch fröhlich in der Altstadt Feiernde“
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Die WGP Sommer Schule 2008
kommen kann? Die WGP Sommerschul-Teilnehmer fühlten sich jedenfalls, soweit
bekannt, nicht in geringster Weise durch die Lage der Unterkunft in ihrem Aufenthalt
gestört, ganz im Gegenteil!
Die Veranstaltungen der WGP Sommer Schule 2008 fanden nahezu ausschließlich
im großen Tagungsraum des Hanns-Lilje-Hauses in der achten Ebene hoch über den
Dächern des Zentrums Hannovers statt. Zur Durchführung der Workshops und Seminare musste der Raum des Öfteren seine Flexibilität unter Beweis stellen. So waren für Präsentationen mit Videoprojektor, für Ergebnisvorträge mit Flipchart und
Pinwand, für die Gruppenarbeit, für Sitzungen in klassischer U-Form oder für Gesprächsrunden in Kreisform diverse Umstellungsmaßnahmen erforderlich, die jedoch
allesamt in einem überzeugenden Arbeitsumfeld mündeten (Abbildung 3).
Um eine effektive und unproblematische Gruppenarbeit zu gewährleisten, wurde vom
Veranstalter im Tagungsraum eigens ein drahtloses Netzwerk installiert. Darüber
konnte von den WGP Sommerschul-Teilnehmern auf einen Laserdrucker sowie auf
einen als Server fungierenden PC zum zentralen Austausch von Daten zugegriffen
werden.
Zusammen mit dem Bowling-Abend, dem Besuch des Maschsee-Festes und dem
Abendessen beim Business-Etikette-Seminar reiht sich auch der gemeinsame Grillabend im Innenhof des Hanns-Lilje-Hauses in die geselligen Abendveranstaltungen
der WGP Sommer Schule 2008 ein (Abbildung 4). Bei leckeren Steaks, Würstchen
und einer großen Salatauswahl bot sich am Vorabend der Abreise dadurch die Gelegenheit, die gemeinsamen Erlebnisse und Erkenntnisse der vergangenen Tage
nochmals Revue passieren zu lassen und so manchen Kontakt für die Zukunft zu
knüpfen.
Abschließend sei an dieser Stelle noch Herrn Prof. Behrens und Florian Holz vom
Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen (IFUM) der Leibniz Universität
Hannover für die gelungene Wahl des Veranstaltungsortes und für die hervorragende
Organisation der WGP Sommer Schule 2008 gedankt.
Die WGP Sommer Schule 2008
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Abbildung 3: Impressionen von den Seminaren und Workshops während der WGP Sommer
Schule 2008
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Die WGP Sommer Schule 2008
Abbildung 4: Abendliche Grillveranstaltung der WGP Sommer Schule 2008 im Innenhof des
Hanns-Lilje-Hauses
Die WGP Sommer Schule 2008
1.5
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Sponsoren
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft ist die zentrale Selbstverwaltungseinrichtung der Wissenschaft zur Förderung der Forschung an Hochschulen und öffentlich finanzierten Forschungsinstitutionen in
Deutschland. Die DFG dient der Wissenschaft in allen ihren Zweigen durch die
finanzielle Unterstützung von Forschungsvorhaben und durch die Förderung der
Zusammenarbeit unter den Forschern.
Der Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V. ist der führende Wirtschaftsverband der Metallverarbeitung, der seine Aktivitäten
kontinuierlich den steigenden Herausforderungen des Marktes anpasst, ein umfassendes Dienstleistungsangebot offeriert, seinen rund 120 Mitgliedsfirmen mit Rat und
Tat zur Seite steht und ihnen den Blick nach vorne erleichtert. Gemeinsam mit dem
Fachverband Werkzeugmaschinen und Fertigungssysteme im VDMA vertritt der
VDW die Interessen der Branche gegenüber Gesetzgeber, Behörden, Abnehmerindustrien und in der Öffentlichkeit.
Die Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik ist ein
Zusammenschluss führender deutscher Professoren der Produktionstechnik. Sie vereinigt in der Bundesrepublik Deutschland rund
1000 Wissenschaftler der Produktionstechnik und wurde 1987 als Nachfolgeorganisation der im Jahre 1937 gegründeten Hochschulgruppe Betriebswissenschaften (HBW), der späteren Hochschulgruppe Fertigungstechnik (HGF) ins Leben
gerufen. Sie versteht sich als Organ zur Vertretung der Belange von Forschung und
Lehre auf dem Gebiet der Produktionstechnik im wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Raum der Bundesrepublik Deutschland.
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Die Teilnehmer
2 Die Teilnehmer
2.1
Vorstellung der Teilnehmer
Benjamin Behmann
wurde 1980 in Mannheim geboren. Sein Studium zum Wirtschaftsingenieur mit der Fachrichtung Maschinenbau an der
Technischen Universität in Darmstadt beendete er im Jahre
2008. Seitdem arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Institut für Produktionstechnik (wbk) der Universität
Karlsruhe (TH). Dort beschäftigt sich
Benjamin Behmann hauptsächlich mit
den Themen Zuverlässigkeitsanalysen,
Life Cycle Performance und hybride
Produkte.
Nele Brenner
wurde 1982 in Hamburg geboren. Sie studierte von 2001 bis
2007 Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Braunschweig. Seit 2007 arbeitet Nele Brenner als
wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Produktion
und Logistik an der Universität Bremen. Dort arbeitet sie im
Sonderforschungsbereich "Mikrokaltumformen" und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit
der Entwicklung einer Methodik zur
Gestaltung und Auslegung von mikrofertigungstechnischen Prozessketten.
Die Teilnehmer
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Peter Burggräf
Peter Burggräf wurde 1980 in Remscheid geboren. Von
2001 bis 2007 studierte er Maschinenbau an der RWTH
Aachen und am Imperial College in London. Seit 2007 ist er
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Produktionssystematik bei Professor Schuh. Schwerpunkte setzte er
bisher in der Weiterentwicklung der ressourcenorientierten
Fabrikplanung, Lean Production und der digitalen Fabrik
durch die Bearbeitung verschiedener
Forschungs- und Industrieprojekte.
Christian Fischer
wurde 1979 in Amberg geboren. Von 2000 bis 2007 studierte er Informatik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Seit 2008 ist er als wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und
Produktionssystematik der FAU Erlangen-Nürnberg im
Bereich Planung und Simulation tätig. Schwerpunktmäßig
beschäftigt er sich mit der Automatisierung von
CAD-Funktionen und der Verbindung von CADund CAM-Software durch Benutzung von Programmierschnittstellen.
Alexander Götzfried
wurde 1982 in Augsburg geboren. Nach Erreichen der allgemeinen Hochschulreife und dem Beenden des Zivildienstes begann er 2002 ein Maschinenbaustudium in Karlsruhe,
das er 2007 erfolgreich in der Vertiefungsrichtung Fahrzeugtechnik abschloss. Seit 2007 ist er am Institut für
Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften der TU
München als wissenschaftlicher Mitarbeiter
tätig. Sein Schwerpunkt liegt auf Prozesskettenbetrachtungen in der Herstellung von Komponenten für Flugzeugtriebwerke.
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Die Teilnehmer
Dominic Gruß
wurde 1979 in Wolfsburg geboren. Er studierte Allgemeinen
Maschinenbau an der TU Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig. Seine Studienschwerpunkte waren Fertigungsverfahren sowie Konstruktions- und Werkstofftechnik. Seit
2006 ist Dominic Gruß als Projektingenieur am Institut für
Integrierte Produktion Hannover tätig. Er leitet das AiFForschungsprojekt Integration und Überwachung des
Schweißens von Normteilen in BlechVerbundwerkzeugen und betreut Beratungsprojekte mit umformtechnischer Thematik.
Stephan Hänisch
wurde 1980 in Bocholt geboren. Von 2000 bis 2007 studierte er an der Universität Dortmund (inzwischen TU Dortmund) Maschinenbau mit Vertiefungsrichtung Maschinentechnik. Seit 2007 ist Stephan Hänisch als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Umformtechnik und
Leichtbau, in der Abteilung für Blechumformung, der TU
Dortmund tätig. Derzeit beschäftigt er sich schwerpunktmäßig mit der Entwicklung numerischer
Methoden zur Berechnung lokaler
Steifigkeiten.
Daniel Hein
wurde 1978 in Herford geboren. Von 1999 bis 2004 studierte er Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität Paderborn. Von 2004 bis 2007 arbeitete Daniel Hein als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Werkzeugmaschinenlabor WZL
der RWTH Aachen. Nach seiner Promotion im Oktober
2007 begann er seine berufliche Laufbahn als Assistent des
Produktionsvorstands bei der GILDEMEISTER AG in Bielefeld. Die Tätigkeitsschwerpunkte liegen hier in der zentralen
Prozessoptimierung sowie der Koordination des konzernweiten
Qualitätsmanagements.
Die Teilnehmer
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Christian Held
wurde 1982 in Sinsheim geboren und ist in Eppingen aufgewachsen. Nach dem Abitur 2002 studierte er bis 2007
Fahrzeug- und Motorentechnik an der Universität Stuttgart.
Seit Februar 2008 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter auf
dem Gebiet der Blechumformung am Institut für Umformtechnik der Universität Stuttgart und beschäftigt sich mit der
Entwicklung neuer Prüfverfahren sowie Qualitäts- bzw.
Versagenskriterien
für
Blechwerkstoffe. Der Schwerpunkt liegt
hierbei
bei
auf
hochfesten
Stahlblechwerkstoffen.
Martin Hipke
wurde 1977 in Halle/Saale geboren. Er wurde von 1997 bis
2000 zum Kfz-Mechaniker ausgebildet. Von 2000 bis 2006
studierte er in Magdeburg an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Produktionstechnik. Von 2006 bis 2007 arbeitete er in einem
Unternehmen des Vorrichtungs- und Sondermaschinenbaus. Seit 2007 arbeitet Martin Hipke als wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Institut für Fertigungstechnik und Qualitätssicherung. Sein
Schwerpunkt liegt in der Verzahnungsfertigung.
Jan Hobusch
wurde 1983 in Eilenburg geboren. Von 2004 bis 2007 studierte er Maschinenbau (Fachrichtung Konstruktion) an der
Berufsakademie in Riesa. Seit Abschluss seines Studiums
ist Jan Hobusch als Ingenieur bei der Profiroll Technologies
GmbH in Bad Düben im Bereich Arbeitsvorbereitung tätig.
Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich
mit der Fertigungsplanung und Montagesteuerung.
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Die Teilnehmer
Johannes Hörber
wurde 1981 in Rothenburg ob der Tauber geboren. Nach
dem Abitur und dem Ableisten der Wehrpflicht studierte er
Mechatronik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Dort ist er seit 2008 am Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung
und
Produktionssystematik (FAPS) als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich der Elektronikproduktion
tätig und beschäftigt sich mit Molded Interconnect Devices sowie mit der Zuverlässigkeit
elektronischer Baugruppen.
Tim Klemke
wurde 1983 in Hannover geboren. Von 2002 bis 2008 studierte er an der Leibniz Universität Hannover und der Università di Pisa (Italien) Wirtschaftsingenieurwesen. Seit
2008 arbeitet Tim Klemke als wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Institut für Fabrikanlagen und Logistik (IFA) der Leibniz
Universität Hannover im Forschungsbereich Fabrikplanung.
Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit der Planung
wandlungsfähiger Fabriken, der
synergetischen Fabrikplanung, der
Lean
Production
und
der
Standortauswahl.
Johannes Koch
wurde 1980 geboren und ist in Bad Windsheim aufgewachsen. Von 2000 bis 2006 studierte er Maschinenbau an der
Universität Erlangen-Nürnberg, wo er seit Beendigung seines Studiums am Lehrstuhl für Fertigungstechnologie als
wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig ist. Im Rahmen seiner
Tätigkeit beschäftigt er sich schwerpunktmäßig mit der Finite-Elemente-Simulation
von Massivumformprozessen unter Berücksichtigung stochastischer Prozesseinflussgrößen-Schwankungen.
Die Teilnehmer
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Peter Kohrs
wurde 1979 in Wittingen geboren. Er studierte von 2000 bis
2004 Wirtschaftsingenieurwesen mit dem Schwerpunkt
Fertigungstechnik an der Helmut Schmidt Universität –
Universität der Bundeswehr Hamburg. Seit 2008 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Laboratorium Fertigungstechnik an der HSU und beschäftigt
sich schwerpunktmäßig mit der Gestaltung und Optimierung von Komponenten und Maschinen für die Mikrobearbeitung.
Philipp Kuske
wurde 1980 in Frankfurt am Main geboren. Von 2001 bis
2008 studierte er Wirtschaftsingenieurwesen mit der Fachrichtung Maschinenbau an der TU Darmstadt. Seit 2008
arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für
Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) der TU Darmstadt. Schwerpunktmäßig
beschäftigt er sich dort mit der Entwicklung von ganzheitlichen Schutzkonzepten
gegen Produktpiraterie.
Armin Lechler
wurde 1979 geboren. Nach seinem Studium der Technischen Kybernetik an der Universität Stuttgart, ist er seit
Februar 2006 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich
Kommunikationstechnik und rekonfigurierbare Produktionssysteme am Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen
und
Fertigungseinrichtungen
(ISW) der Universität Stuttgart tätig.
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Die Teilnehmer
Dominik Lucke
wurde 1980 in Stuttgart geboren. Von 2001 bis 2007 studierte er Maschinenwesen, Fachrichtung allgemeiner Maschinenbau an der Universität Stuttgart. Seit 2007 arbeitet
Dominik Lucke als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut
für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich im Bereich
Fabrikbetrieb und Instandhaltung mit
ortsund
situationsbezogenen
Assistenzsystemen.
Christian Machai
wurde 1982 in Hückeswagen geboren. Er studierte von
2002 bis 2007 Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Dortmund mit dem Schwerpunkt Produktionsmanagement. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Institut für spanende Fertigung untersucht er seit 2007 hauptsächlich die
Zerspanung von Titanlegierungen und
weiteren hrsa-Werkstoffen durch Fräsen und Drehen.
René Christian Malak
wurde 1980 in Köln geboren. Von 2001 bis 2008 studierte er
Wirtschaftsingenieurwesen mit Fachrichtung Maschinenbau
an der Technischen Universität Kaiserslautern und ein Semester in Rom. Seit 2008 arbeit er am Lehrstuhl für Fertigungstechnik und Betriebsorganisation Kaiserslautern. Dort
liegt sein Schwerpunkt in der Untersuchung von Auswirkungsmechanismen
technischer Änderungen in der Produktion.
Die Teilnehmer
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Cécile Müller
Cécile Müller, Jahrgang 1979, absolvierte 1998-2001 nahe
ihrer Heimatstadt Nürnberg eine Ausbildung zur
Feinmechanikerin. Im Anschluss studierte sie allgemeinen
Maschinenbau an der TU Darmstadt, wo sie seit 2008 als
Wissenschaftliche
Mitarbeiterin
am
Institut
für
Produktionstechnik und Umformmaschinen (PtU) tätig ist. In
der Abteilung Tribologie und Oberflächentechnik ist es ihr
Ziel, der mikromechanischen Oberflächenwandlung während des Innenhochdruckumformens auf den Grund zu gehen.
Katrin Nothhaft
wurde 1982 in Dachau geboren. Sie studierte von 2002 bis
2007 Maschinenwesen mit den Fachmodulen Fahrzeugund Produktionstechnik an der Technischen Universität
München. Seit Januar 2008 arbeitet Katrin Nothhaft als
wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Umformtechnik und Gießereiwesen in München.
Schwerpunktmäßig beschäftigt sie sich mit
der Thematik des Hochgeschwindigkeitsscherschneidens.
Mirko Riedel
wurde 1977 in Burgstädt bei Chemnitz geboren. Er absolvierte von 1997 bis 2004 das Maschinenbaustudium mit den
Schwerpunkten Produktionstechnik – Werkzeugmaschinenentwicklung an der TU Dresden. Seit 2004 arbeitet Mirko
Riedel als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für
Werkzeugmaschinen und Steuerungstechnik (IWM) an der
TU Dresden. Schwerpunkte seiner Arbeit sind die Automatisierung von Bearbeitungsvorgängen, die Integration von
Sensorik
in
die
Steuerungsumgebung von Maschinen sowie
photogrammetrische Verfahren und
Methoden mit Bezug auf Werkzeugmaschinen.
Seite 18
Die Teilnehmer
Jürgen Rosenberger
wurde 1980 in Hannover geboren. Von 2000 bis 2006 studierte er Maschinenbau mit der Fachrichtung Produktionstechnik an der Leibniz Universität Hannover. Seit 2007
arbeitet Jürgen Rosenberger als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen
der Leibniz Universität Hannover in der Abteilung Blechumformung. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit dem
Gleitziehbiegen sowie mit der Umformung mehrlagig geklebter Bleche (Bonded-Blanks) und der wirkmedienbasierten Blechumformung in Form des
Hydromechanischen Tiefziehens.
Hubertus Sangermann
wurde 1981 in Olpe geboren. Von 2001 bis 2007 studierte
er Maschinenbau mit der Fachrichtung Fertigungstechnik an
der RWTH Aachen. Seine Diplomarbeit im Bereich der
Mikrozerspanung hat er an der University of California in
Berkeley, USA geschrieben. Seit April 2007 arbeitet Hubertus Sangermann als wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen an
dem von Prof. Klocke geleiteten Lehrstuhl für Technologie
der Fertigungsverfahren. Schwerpunktmäßig beschäftigt er
sich dort mit der Zerspanung von hochfesten Werkstoffen
für die Luft- und Raumfahrttechnik
mit geometrisch bestimmter Schneide.
Lars Schönemann
wurde 1981 in Bremen geboren. Von 2002 bis 2008 studierte er Systems Engineering an der Universität Bremen. Seit
Juni 2008 arbeitet Lars Schönemann als wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Labor für Mikrozerspanung (LFM). Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit der
Optimierung von ultrapräzisen Fräsprozessen sowie mit der Entwicklung von mechatronischen Komponenten für den Einsatz in der UP-Bearbeitung.
Die Teilnehmer
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Jan Schürmeyer
wurde 1981 in Münster geboren. Er studierte von 2001 bis
2007 Wirtschaftingenieurwesen an der Leibniz Universität
Hannover. Seit 2007 arbeitet Jan Schürmeyer am Institut für
Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover. Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist
die geometriebasierte Kalkulation von Druckgussformen.
Hierzu wird der Herstellungsprozess der Formen untersucht
und ein System entwickelt, welches ausgehend von der
Gussteilgeometrie die Erstellungskosten
im
Herstellungsprozess
bewertet.
Marcus Schurr
Marcus Schurr wurde 1980 in Geislingen an d. Steige geboren. Von 2001 bis 2006 hat er an der Hochschule Ulm Produktionstechnik mit der Fachrichtung „Organisation und
Management“ in Kombination mit einer Berufsausbildung
studiert. Nach dem Studium arbeitete er bei der Firma
EMAG in der Technologieentwicklung und entwickelte dort
ein neues Fertigungsverfahren zur Drallfreibearbeitung. Seit
August 2007 begleitet er die Assistentenstelle
des COO in der EMAG Holding mit den
Schwerpunkten Durchlaufzeitreduzierung und
Prozessoptimierung.
Patrick Szulyovszky
Patrick Szulyovszky wurde 1978 in Bietigheim-Bissingen bei
Stuttgart geboren. Von 1998 bis 2004 studierte er Maschinenbau mit den Schwerpunkten Lasertechnik und Zuverlässigkeitstechnik an der Universität Stuttgart. Seit 2004 arbeitet Patrick Szulyovszky bei TRUMPF Werkzeugmaschinen.
Nach seiner Tätigkeit in der Produktion als Projektingenieur
und
Assistent
der
Werksleitung
wechselte er in den Einkauf. Dort ist er
als Technischer Einkäufer für die Warengruppen
Werkzeuge,
Messund
Prüfmittel, Spannmittel und Handwerkzeuge verantwortlich.
Seite 20
Die Teilnehmer
Julia Velkova
wurde 1981 in Meschede geboren. Nach dem Abitur absolvierte sie eine Berufsausbildung zur Industriemechanikerin
mit der Fachrichtung Betriebstechnik. Anschließend studierte sie von 2003 bis 2008 Maschinenbau an der RuhrUniversität Bochum. Seit dem Abschluss 2008 arbeitet Julia
Velkova als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für
Produktionssysteme, zugehörig zum Institute Product and
Service Engineering an der Ruhr-Universität, Fakultät Maschinenbau. Julia ist der Arbeitsgruppe Produktionsmanagement zugeordnet und arbeitet
sowohl in der Lehre als auch an
ihrem Projekt „Low2High – Innovationsmanagement für LowtechHightech-Kooperationen“.
Burkhard Wietbrock
wurde 1979 in Hannover geboren. Von 2000 bis 2004 studierte er Werkstofftechnik an der Fachhochschule BonnRhein-Sieg, Rheinbach. Im Anschluss studierte er von 2004
bis 2007 Metallurgie und Werkstofftechnik an der RWTH
Aachen. Seit 2007 arbeit Burkhard Wietbrock als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Bildsame Formgebung der RWTH Aachen. Seine
Arbeitsschwerpunkte liegen in der
Mikroumformtechnik
und
der
Werkstoffmodellierung.
Gregor Wolf
wurde 1981 in Stuttgart geboren. Von 2001 bis 2007 studierte er Maschinenwesen an der Universität Stuttgart mit
den Schwerpunkten Verbrennung, Verbrennungsmotoren
und Werkzeugmaschinen. Seit 2008 arbeitet Gregor Wolf
als wissenschaftliche Mitarbeiter am
Institut für Werkzeugmaschinen der
Universität Stuttgart. Schwerpunktmäßig
beschäftigt
er
sich
mit
der
Zerspanungstechnologie
insbesondere
mit der Mikrozerspanung.
Die Teilnehmer
2.2
Seite 21
Motivation der Teilnehmer
Zur Motivation bzw. der Erwartungshaltung der Teilnehmer an das bevorstehende
Event seien hier stellvertretend typische Ausschnitte aus den Motivationsschreiben
zitiert.
„Die fachübergreifende Diskussion von Fragestellungen zur Nutzung von Wertschöpfungspotenzialen durch innovative Prozessketten mit hochkarätigen Referenten aus
Industrie und Forschung sowie die Teilnahme junger Wissenschaftler aus unterschiedlichen Bereichen stellt sich mir als äußerst interessant dar. Insbesondere für
Doktoranden, die sich noch am Anfang ihrer wissenschaftlichen Karriere befinden,
sind derartige Veranstaltungen eine hervorragende Chance, frühzeitig bereichsübergreifende Kontakte mit anderen Kollegen zu knüpfen. In diesem interdisziplinären
Umfeld möchte ich gerne wertvolle Beiträge, besonders zur Plenar- und Gruppenarbeit leisten.“
„Mich mit meinen aus Bildung und Forschung erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten im Rahmen der WGP Sommer Schule in ein Team mit Mitgliedern aus den verschiedenen Fachdisziplinen der Produktionstechnik einzubringen, sehe ich als ein
höchst interessantes und ausgeprägtes Erfahrungspotenzial, das sowohl auf persönlicher als auch fachlicher Seite liegt. Motiviert durch die Möglichkeit, neue Ideen für
die Zukunft der Produktionstechnik am Standort Deutschland zu gestalten, freue ich
mich darauf, mein Wissen aus der Elektronikproduktion einzubringen und durch die
interdisziplinäre Kommunikation und Kooperation innovative Ansätze für Forschungsaktivitäten in Bereich der Werkzeugmaschinen zu gestalten.“
„Insbesondere die von den bisherigen Teilnehmern beschriebene harmonische und
intensive Atmosphäre und die Möglichkeit mit (internationalen) Teilnehmern in Kontakt zu kommen und auch über die Sommer Schule hinaus zu bleiben, begeistert
mich und lässt mich hoffen, eine positive Mitteilung über die Teilnahme von Ihnen zu
erhalten.“
„Zum Einen möchte ich die WGP Sommer Schule dazu nutzen, Assistenten der anderen WGP-Institute kennen zu lernen. Insbesondere mit Blick auf die vermehrte
gemeinsame Antragsstellung ist eine Zusammenarbeit auf Assistentenebene m. E.
mehr denn je erforderlich, um neue Forschungsfelder durch die Vernetzung verschiedener Institutskompetenzen zu erschließen und erfolgreiche Forschungsideen
zu entwickeln...“
„...Zum Anderen stellen die angebotenen Seminare eine wertvolle Ergänzung zu
meinen bisherigen Aktivitäten zur Persönlichkeitsbildung und zur Vertiefung meiner
Methodenkompetenz dar.“
Seite 22
Die Teilnehmer
„...ich freue mich dabei auf die Diskussionen und den Erfahrungsaustausch mit den
anderen Teilnehmern.“
„Durch die Gruppenarbeit und Abschlusspräsentation möchte ich gerne zusätzlich
meine Kommunikations- und Rhetorikfähigkeiten schulen und neue Kontakte knüpfen.“
„Von den im Programm der Sommer Schule beschriebenen Einheiten zur z.B. Erweiterung der ‚Kreativitätstechniken’ sowie ‚Business-Etikette und Persönlichkeit’ erwarte ich auch über die fachliche Arbeit hinaus, meine Arbeitsweise und Persönlichkeit
weiter entwickeln zu können. Überdies erhoffe ich mir, neue wirtschaftliche und gesellschaftliche Impulse zu erhalten und meine erlangten Kenntnisse in meiner weiteren beruflichen Entwicklung im Bereich der Produktionstechnik anwenden zu können.“
„…sehe ich Ihren Workshop als ideale Möglichkeit, meine momentane Tätigkeit aus
einem anderen Blickwinkel zu beleuchten. Ich sehe hier eine direkte Verbindung zu
meiner Tätigkeit und erhoffe mir einen starken Erkenntnisgewinn für meine Tätigkeit.“
„Ich bin weiterhin sehr interessiert daran, neue und innovative Prozessketten aus
verschiedenen Bereichen der Produktionstechnik kennen zu lernen und mit Wissenschaftlern anderer Hochschulinstitute ins Gespräch zu kommen. Ich freue mich auf
die Herausforderung, diese spannende und weit reichende Thematik im Rahmen der
WGP Sommer Schule 2008 gemeinsam in Teamarbeit bearbeiten und erörtern zu
können und verspreche mir hierdurch eine Erweiterung meines persönlichen Horizonts. Zudem erhoffe ich mir, durch die diversen Fachvorträge und durch die Industriebesuche einen Einblick in verschiedenste industrielle Prozessketten zu erhalten,
deren Nutzen und Potenziale zu erkennen sowie in einen regen Austausch mit Vertretern unterschiedlicher Bereiche der Produktionstechnik eintreten zu können.“
„Mein Wissen würde ich daher sehr gerne mit aktuellem Bezug in einer internationalen Gruppe von Fachleuten anwenden und vertiefen. Ich bin besonders daran interessiert, die unterschiedlichen Sichtweisen anderer Ingenieure auf die Thematik der
Prozessketten kennen zulernen. Ich erhoffe mir so neue Impulse für meine eigene
Arbeit erhalten zu können. Ich stelle mir vor, dass auch andere Teilnehmer davon
profitieren, wenn durch mich Denkanstöße in anderen als den eigenen Fachrichtungen gegeben werden.“
„Die WGP Sommer Schule bietet mir die einmalige Möglichkeit, gemeinsam mit einer
engagierten Gruppe junger Wissenschaftler namhafter produktionstechnischer Institute Erfahrungen auszutauschen, neues Wissen anzueignen und dieses in meiner
täglichen Arbeit anzuwenden.“
Die Teilnehmer
Seite 23
„Meine bisher gesammelten Erfahrungen zum Thema innovative Prozessketten
möchte ich gerne mit in die WGP Sommer Schule 2008 einbringen. Von der Veranstaltung verspreche ich mir eine interessante Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern
anderer Forschungseinrichtungen und Fachdisziplinen, um gemeinsam im Team
Problemstellungen zu diskutieren und zu analysieren, Lösungsansätze zu generieren
und eine Umsetzung zu initiieren. Die Sommer Schule schafft gleichzeitig Herausforderung und Förderung. Das vorliegende Programm ist zudem sehr vielseitig und
interessant. Spontaneität und Kreativität werden angesprochen.“
„Gerade auf der Sommer Schule wird ein großer Bereich der Produktionstechnik mit
den damit verbundenen Institutionen und Menschen dargestellt. Ich erhoffe mir aus
einem solchen Netz von Personen und deren Kenntnissen, Wissenslücken zu schließen und Teilnehmer aus anderen Bereichen kennen zu lernen, um Probleme, die
über die eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten hinausgehen, zu lösen.“
„Ich freue mich auf eine Teilnahme an der Sommer Schule sowie auf vielfältige Erfahrungen und neue Ideen. Jetzt am Anfang meines Berufslebens sind ein Kennenlernen und ein Austausch mit anderen jungen Wissenschaftlern besonders wichtig. Die
Sommer Schule kann helfen, dass dieses Netzwerk lange anhält und darüber hinaus
für alle eine persönliche wie berufliche Bereicherung darstellt.“
„Von der WGP Sommer Schule 2008 „Nutzen von Wertschöpfungspotenzialen durch
innovative Prozessketten in der Produktionstechnik" verspreche ich mir, neue Impulse und Ansätze für meine Forschungstätigkeit, interessante Vorträge und Programmpunkte zu meiner fachlichen und persönlichen Weiterbildung sowie nicht zuletzt neue wissenschaftliche und persönliche Kontakte zu erhalten.“
„Durch die Teilnahme an der WGP Sommer Schule ergibt sich für mich die Möglichkeit eines intensiven Erfahrungsaustausches mit Professoren und Assistenten verschiedener Institute zu vielfältigen Themen aus Forschung und Lehre.“
„Für mich stellt es eine interessante Herausforderung dar, gemeinsam mit anderen
Teilnehmern Ideen für die Zukunft der Produktionstechnik am Standort Deutschland
zu erarbeiten.“
„Besonders spannend finde ich hierbei die Weiterbildung und das Lernen in einem
interdisziplinären Team aus den verschiedenen Fachgebieten der Produktionstechnik
und die damit verbundene Erweiterung meines Fachhorizontes über mein eigenes
Arbeitsgebiet hinaus. Durch die aktive Zusammenarbeit während der Veranstaltung
lässt sich mein aktuelles Netzwerk erweitern und kann für meine eigene Arbeit und
die meines Lehrstuhls nützlich sein... Daneben sehe ich in meiner Teilnahme die
Seite 24
Die Teilnehmer
Chance für meine berufliche und persönliche Weiterentwicklung im Erwerb wertvoller
Kompetenzen für spätere Führungsaufgaben.“
„Ich bin von der Idee der WGP Sommer Schule überzeugt und denke, dass ich über
den Austausch mit anderen Jungwissenschaftler/innen und die Exkursionen wertvolle
Anregungen und neue Ideen sammeln kann. Die Erfahrungen werden mich sicherlich
in meiner persönlichen und wissenschaftlichen Entwicklung voranbringen. Gleichzeitig freue ich mich auf neue Ideen und Sichtweisen, die ich durch andere Teilnehmer
gewinnen kann.“
„Auch ich möchte mich der Herausforderung stellen und meinen Beitrag durch die
Diskussion und Auseinandersetzung mit anderen Fachleuten leisten. Hierzu bietet
mir die „WGP Sommer Schule“ eine ausgezeichnete Möglichkeit, Ideen und Gedanken zur Erreichung der Ziele einzubringen. Der interdisziplinäre Austausch ermöglicht
dabei eine Diskussion auf einem qualitativ hohen Niveau und somit hervorragende
Ergebnisse.“
2.3
Geografische Zusammensetzung der Teilnehmer
Abbildung 5: Geografische Zusammensetzung der Teilnehmer der WGP Sommer Schule
Die Teilnehmer
2.4
Seite 25
Fachliche Zusammensetzung der Teilnehmer
25
21
Maschinenbau
20
Wirtschaftsingenieurwesen
15
10
Sonstige
9
5
2
0
Abbildung 6: Fachliche Zusammensetzung der Teilnehmer an der Sommer Schule
Innerhalb der Fachrichtungen ergeben sich folgende Verteilungen:
Maschinenbau:
Wirtschaftsingenieurwesen
•
Produktionstechnik / Fertigungstechnik ( 6 )
• Produktionsmanagement
•
Fahrzeugtechnik ( 3 )
•
Maschinenwesen ( 2 )
•
Maschinenbau ( 2 )
•
Allgemein ( 2 )
•
Allgemein ( 1 )
•
Umformtechnik ( 1 )
•
Fabrikplanung ( 1 )
•
Werkstofftechnik ( 1 )
•
Mechatronik ( 1 )
•
Laser- und Zuverlässigkeitstechnik ( 1 )
Sonstige
•
Konstruktionstechnik ( 1 )
• Technische Kybernetik ( 1 )
•
System Engineering ( 1 )
•
•
Fabrikplanung ( 1 )
•
Produktionstechnik ( 1 )
/ Fertigungstechnik ( 5 )
Informatik ( 1 )
Seite 26
Die Tageserlebnisse
3 Die Tageserlebnisse
3.1
Tagesbericht zu Mittwoch, 13.08.2008
Cécile Müller; Institut für Produktionstechnik und Umformmaschinen; TU Darmstadt
Philipp Kuske; Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen; TU Darmstadt
„…Eine Woche Sommer Schule statt Arbeitsalltag. Bin mal gespannt, was mich da
erwartet. Ein anspruchsvolles Programm ist geplant. Wer wohl so alles teilnimmt?
Ah, Hanns Lilje-Haus, ich bin da.“ Die nette Dame an der Rezeption lächelte freundlich und vertrieb den letzten Rest der neugierigen Grübelei mit dem Spruch: „Sie
sehen so aus, als müssten Sie in die Schule!“
Fröhlich wurde erst mal eingecheckt in das hübsche, kleine Tagungshotel in der
Hannoverschen Fußgängerzone, das sich im Laufe dieses Vormittags mit allen Teilnehmern der Sommer Schule füllte. Um die Mittagszeit trudelten die Schüler nach
und nach in den Speisesaal ein, um den ersten Tagesordnungspunkt der Agenda zu
erfüllen: Essen. Es dauerte auch nicht lange, da sprach der Leiter des gastgebenden
Institutes Professor Behrens kurze Worte der Begrüßung und erklärte das reichhaltige Buffet für eröffnet. Hier nutzten die Schüler bereits eifrig die Gelegenheit sich
gegenseitig zu beschnuppern, indem sie sich zum Beispiel bei ihren Tischnachbarn
über die Qualität der einen oder anderen Speise informierten und sich dann über ihre
Person, Herkunft und Forschungsthema austauschten. Bei so vielen interessanten
Gesprächspartnern verging die eine Stunde Mittagspause wie im Flug.
Nun nicht mehr ganz so anonym und gestärkt durch das üppige Mahl begab sich die
Gruppe geschlossen in den Konferenzraum im obersten Stockwerk des Hauses.
Dort, über den Dächern Hannovers, lauschten Sie unter anderem dem Initialvortrag
von Professor Wiendahl vom Institut für Fabrikanlagen und Logistik (IFA) der Universität Hannover, welcher die Teilnehmer für die Themen „Wandlungsfähigkeit und
Flexibilität“ sensibilisierte – wie sich im Laufe der Woche noch mehrfach feststellen
lassen sollte.
Problemlos wandelten all die flexiblen Jungingenieure ihre konzentrierte und aufmerksame Haltung des Nachmittags in lockere, heitere Stimmung, als es auf den
Abend zu ging und alle zum geselligen Bowlingevent aufbrachen. Da die ganze Bande auf sechs Bahnen verteilt war, fiel es leicht, sich während des Spiels näher kennen zu lernen. Zusätzlich sorgte ein eigendynamisches Rotationsverfahren für die
Durchmischung der Kleingruppen, sodass jeder der rund dreißig Hobby-Bowler die
Möglichkeit bekam, alle Mitstreiter im kleineren Kreis persönlich zu erleben. Für einige waren die Gespräche so fesselnd, dass sie das Bowling Center zunächst nicht mit
ihren eigenen Schuhen verließen. Um das behagliche Beisammensein nicht mit dem
Die Tageserlebnisse
Seite 27
Ende der Bowlingrunden abbrechen zu müssen, nahmen die Schüler noch einen
Absacker in einer Bar nahe der Unterkunft, um den Abend gemütlich ausklingen zu
lassen.
Abbildung 7: Bowlingabend der WGP Sommerschüler
Von Müdigkeit übermannt, entspannt und neugierig auf die Ereignisse der kommenden Woche schliefen sie schließlich ein, in der Gewissheit, dass sie die folgenden
Tage in einer sehr angenehmen Gemeinschaft verbringen werden…
3.2
Tagesbericht zu Donnerstag, 14.08.2008
Christian Machai; Institut für Spanende Fertigung; Universität Dortmund
Stephan Hänisch; Institut für Umformtechnik und Leichtbau; Universität Dortmund
Nach unserer ersten Nacht im neuen Domizil in der Innenstadt Hannovers begann
der Donnerstag mit einem ausgiebigen Frühstück, gefolgt von einem Fußmarsch
durch die frische, doch angenehme Morgenluft zur Straßenbahnhaltestelle. Von dort
fuhren wir Richtung Garbsen, das außerhalb Hannovers liegt, um das Produktionstechnische Zentrum Hannover (PZH) zu besichtigen. Unterwegs konnten die Herrenhäuser Gärten und das prunkvolle Hauptgebäude der Leibniz Universität Hannover
bewundert werden.
Das PZH hingegen beeindruckte sowohl durch die aufregende, zweckmäßige Architektur, als auch durch die dort ansässigen Institute aus dem Bereich der Produktionstechnik. Morgens hatten wir Gelegenheit, das gastgebende Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen (IFUM) unter der Leitung von Professor Behrens sowie
das von Professor Denkena geführte Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) zu besichtigen. An dieser Stelle sei noch einmal dem IFUM als ausrichtendem Institut gedankt.
Seite 28
Die Tageserlebnisse
Gegen Mittag erfolgte die Weiterfahrt mit dem Bus zur Salzgitter AG. Nach einer
kleinen Stärkung hörten wir zunächst einen kurzweiligen Vortrag über das Unternehmen sowie dessen Produkte und machten uns danach auf zur Werksbesichtigung. Es wurde uns die Gelegenheit gegeben, die gesamte Prozesskette, das heißt
alle verschiedenen Stationen, die zur Blechherstellung notwendig sind, in der Praxis
zu erleben. Dies umfasste unter anderem den Abguss der Schmelze am Hochofen,
die Besichtigung des Walzwerkes (von der Bramme bis zum Coil) sowie der Verzinkungsanlage mit den faszinierenden Bandspeichern. Des Weiteren hatten wir vor der
Heimfahrt die Möglichkeit, die Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Salzgitter
AG zu besichtigen und mit den Experten vor Ort ein wenig zu fachsimpeln.
Nach dem Abendessen nutzten wir die Zeit zur intensiveren Untersuchung des kulturellen und gastronomischen Abendprogramms der Stadt Hannover. Idealer Anlaufpunkt war daher die HBX Stadtbrauerei, um bei einem wohlschmeckenden Bier die
Eindrücke des Tages noch einmal ausgiebig zu diskutieren. Ein Teil von uns machte
sich darüber hinaus auf den Weg Richtung Süden zum Maschsee. Da am kommenden Abend ein gemeinsamer Ausflug zum Maschsee-Fest geplant war, konnte sich
so einen kleinen Wissensvorsprung aneignen und am Freitag durch Ortskenntnis
glänzen und souverän die besten Stände empfehlen.
3.3
Tagesbericht zu Freitag, 15.08.2008
Peter Burggräf; Werkzeugmaschinenlabor; RWTH Aachen
Am Freitagmorgen war für uns im Hanns-Lilje-Haus ein sehr reichhaltiges Frühstück
bereitet, auch wenn nach zwei Tagen das Essen schon fast zur Nebensache verkommen war. Viel mehr wurde die Zeit genutzt, sich über die Erfahrungen der vergangenen Tage, der Erwartungen an die kommenden Programmpunkte und die auf
dem Programm stehende Gruppenarbeit zu unterhalten. Besondere Beachtung fand
dabei der für den Abend geplante Programmpunkt „19:30 Uhr: Besuch des Maschseefestes“, zumal die ersten Augenzeugenberichte vom Vortag in der Runde kursierten.
Zuvor stand aber die Exkursion nach Wolfsburg mit der Besichtigung des VWWerkes und einem Besuch in der Autostadt auf dem Programm. Der Besuch im VWWerk begann zunächst mit der Abgabe aller Mobiltelefone und Kameras beim
Werksschutz, was unsere Hoffnungen nährte, wie angekündigt, den neuen Golf VI,
der zu diesem Zeitpunkt noch nicht öffentlich vorgestellt war, zu sehen. Bevor es
soweit war, haben wir uns zunächst einen einführenden Film angesehen, bevor wir
zur Rundfahrt durch die Fabrik aufgebrochen sind. Diese führte uns zunächst ins
Presswerk, in dem aus den Coils, deren Herstellung wir am Vortag bei der Salzgitter
AG gesehen hatten, einzelne Karosserieteile hergestellt wurden. Weitere Stationen
unserer Tour waren der Karosseriebau und die Endmontage. Immer wieder hielt
Die Tageserlebnisse
Seite 29
unser Fahrzeug an, um einzelne Prozesse ausgiebiger betrachten zu können. Und
wie erhofft, standen an einigen Stellen in der Fertigung bereits einige Exemplare des
neuen „Golf“, der auf den selben Bändern wie der Golf V gebaut wird.
Abbildung 8: Der 1.000.000-ste VW Käfer aus dem Jahre 1955
Nach dieser interessanten und abwechslungsreichen Werksführung stand ein Besuch der VW-Autostadt auf dem Programm. Nach einem gemeinsamen Mittagessen
machten sich die Sommerschüler auf, die Autostadt zu erkunden. Pavillons der unterschiedlichen Marken des Volkswagenkonzerns und ein Automobilmuseum warteten auf unseren Besuch. Einige von uns mussten aber schnell feststellen, dass die
Autostadt eher einen „Show“-Charakter hat und dem Wissensdurst eines interessierten Ingenieurs wenig bieten kann. So sammelten sich die Sommerschüler schon
verhältnismäßig pünktlich am Bahnhof, um die Heimreise antreten zu können.
Zurück in Hannover machten wir uns nach einer kurzen Stärkung auf zum lange
erwarteten Besuch des Maschseefestes. Sowohl die Einheimischen als auch das
Vorauskommando vom Vortag hatte gute Tipps parat und so konnte das Networking
bei einigen Runden Jägermeister und „Lüttje Lage“ intensiviert werden.
Seite 30
3.4
Die Tageserlebnisse
Tagesbericht zu Samstag, 16.08.2008
Seminar „Kreativitätstechniken“ – oder warum transparente Autos keine so
gute Idee sind…
Lars Schönemann; Stiftung Institut für Werkstofftechnik; Universität Bremen
Nach dem gestrigen Besuch des Maschseefestes war das Frühstück am Samstag
erwartungsgemäß etwas spärlicher besetzt. Einige Teilnehmer zogen es vor, die Zeit
zur Regeneration zu nutzen. Nachdem wir in den letzen beiden Tagen vornehmlich
Eindrücke gesammelt hatten, stand für diesen Tag das erste Seminar auf dem Programm: „Kreativitätstechniken“.
Im Seminarraum fiel als erstes eine Reihe von Stellwänden auf – unsere Hoffnung
auf praktische Arbeit würde also nicht enttäuscht werden. Das geplante Programm
schien sogar so umfangreich zu sein, dass unsere Seminarleiterin Marion Lockard
noch zwei Assistenten mitgebracht hatte: Lea-Kristina und Ralph. Das Seminar startete auch gleich mit einer obligatorischen Vorstellungsrunde. Es folgte der erste inhaltliche Teil zum Thema Kreativität und Denkprozessen. Besondere Beachtung fand
hierbei die systematische Analyse und die Unterscheidung zwischen Problemen und
Symptomen. Danach kamen wir zu einer weiteren Kreativitätstechnik: dem Brainstorming. In insgesamt vier Gruppen sammelten wir Ideen zum Thema „Grönland als
Reiseland“. Als kleinen Ansporn sollte es für die Gruppe mit den meisten Ideen einen
Preis geben. Die Siegergruppe schaffte es auf sage und schreibe 196, teils sehr
skurrile Vorschläge. Eine der interessantesten Übungen an diesem Tag war mit Sicherheit das „Attribut Listing“, bei dem Konzepte für das Auto der Zukunft erdacht
werden sollten. Die Vielfalt der Ideen war hierbei erstaunlich groß: transparente,
atomgetriebene, fliegende und sogar hüpfende Fortbewegungsmittel, zum Teil sogar
mit integriertem Swimmingpool, wurden am Ende präsentiert. Das Seminar endete
schließlich am Nachmittag mit einer kurzen Reflektionsrunde.
Die Tageserlebnisse
Seite 31
Abbildung 9: Seminar Kreativitätstechniken
Für den Rest des Tages war kein Programm mehr vorgesehen und wir konnten den
Samstagabend frei gestalten. Die meisten Teilnehmer entschieden sich für einen
weiteren Gang zum Maschseefest – schließlich gab es heute noch ein Feuerwerk zu
sehen! Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, wurde aber zunächst der WaterlooBiergarten angesteuert. Erwähnenswert seien hier noch die geschätzten 30 Jungesellen- und Jungesellinnenabschiede die uns an diesem Abend über den Weg liefen
– ganz Hannover schien heiraten zu wollen…
…und warum sind transparente Autos nun keine gute Idee? Nun, es ist einfach ein
Problem „midde Vögel(n)“! (vielen Dank an Lea-Kristina für diesen Hinweis!)
3.5
Tagesbericht zu Sonntag, 17.08.2008
Martin Hipke; Institut für Fertigungstechnik und Qualitätssicherung; Otto-vonGuericke-Universität Magdeburg
Das Motto des Tages „Auf dem Weg zur Führungskraft“.
Nachdem wir ausgiebig gefrühstückt hatten, begann das Seminar von Frau Dr. Wiarda „Auf dem Weg zur Führungskraft“. Sie hat uns an diesem kurzweiligen Tag eine
kleine Einführung in die sensible und anspruchvolle Welt der Führungskräfte gegeben. Sie zeigte uns mit kleinen Tricks, die große Wirkung haben, kommende Aufgaben einer Führungskraft gut zu meistern. Uns wurde klar, dass zum Beispiel ein
Mitarbeitergespräch durchaus mit einer unverfänglichen Frage nach der Familie etc.
begonnen werden kann, um die Situation von vorne herein zu entspannen und ein
angenehmes Gesprächsklima zu schaffen.
Seite 32
Die Tageserlebnisse
Die Fähigkeit durch die Blume zu sprechen, sollte stets trainiert werden, um auf das
Arbeitsleben einer Führungskraft vorbereitet zu sein. Denn selbst die lapidarste Frage nach einer Tasse Kaffee kann durchaus falsch verstanden werden, wenn sie
falsch gestellt ist. In der angeregten Diskussion widmeten wir uns der Frage, wie sich
ein Vorgesetzter nach einer Tasse Kaffee erkundigt, ohne missverstanden zu werden. Wir wendeten dabei beispielsweise das 4-Ohren und 3-Welten Modell an, um
die Vielzahl von möglichen Interpretationen der (evtl. negativen) Informationen zu
betrachten. Selbst am Abend beim Bummel durch Hannover ließ uns diese Frage
keine Ruhe.
Abbildung 10: Leine-Wehr und neues Rathaus bei Nacht
3.6
Tagesbericht zu Montag, 18.08.2008
Christian Held; Institut für Umformtechnik; Universität Stuttgart
Dominik Lucke; Inst. für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb; Universität Stuttgart
Gregor Wolf; Institut für Werkzeugmaschinen; Universität Stuttgart
Das Motto des Tages war „GOOD TASTE“.
Der Tag begann wie alle Tage zuvor mit frühem Aufstehen und einem herzhaften
Frühstück. Es sollte zu Sennheiser electronic GmbH, einem Hersteller für High-End
Mikrofone, gehen. Nach einer halbstündigen Zugfahrt in die Wedemark erreichten wir
unser Ziel. Nach einer kurzen Einführung in die Firmengeschichte und dem Produktportfolio gingen wir zu der Besichtigung der Produktionsanlagen über. Es überraschte uns alle, wie viel Handarbeit in so einem Studiomikrofon steckt. Aber auch in diesem Segment der High-End Mikrofone ist der Trend zur Kostenreduktion durch Au-
Die Tageserlebnisse
Seite 33
tomatisierung unvermeidbar. Auch konnten wir unmittelbar erfahren, was Wandlungsfähigkeit einer Fabrik in der Realität bedeutet, also wie sich die Produktion auf die
wechselnden Anforderungen der Märkte anpasst. Abgerundet wurde die Exkursion
mit einem Fachvortrag von Dr. Schmidt zur „Theorie der Wandlungsfähigkeit“. Anschließend wurden wir zum Mittagessen in die Werkskantine eingeladen. Danach
ging es zurück nach Hannover zum Tagungshotel, wo eine Menge Arbeit auf uns
wartete: In 48 Stunden sollte die Abschlusspräsentation fertig sein. Wir hatten nur 2
Stunden Zeit, bis es mit dem nächsten Programmpunkt weiterging.
Das Seminar „Business Etikette und Persönlichkeit“ mit Frau Kuhlmann versuchte
uns in kürzester Zeit in die hohe Schule des Knigges einzuführen. Interessant hierbei
war es, besonders die Dinge richtig zu machen, die unterbewusst vom Gegenüber
wahrgenommen werden. Beispielsweise kann der erste Eindruck durch die Körperhaltung bei der Begrüßung sowie die Intensität des Händedrucks entscheidend geprägt werden.
Abbildung 11: Business Etikette bei Tisch
Ebenso wurde uns klar, wie wichtig angemessene Kleidung bei einem gesellschaftlichen Event sein kann. Diese uns theoretisch aufgezeigten Grundlagen konnten wir
bei einem 5 Gänge Menü im Restaurant des niedersächsischen Landtages praxisnah
vertiefen. Es erwarteten uns Herausforderungen, wie beispielsweise das Pulen einer
Königskrabbenschere oder das Abzupfen von gekochten Artischocken. Trotz dieser
Schwierigkeiten war es ein sehr gelungener Abend und eine sehr interessante Erfahrung. Der Abend endete nicht mit dem Seminar, sondern in der Hannoveraner Altstadt bei einem weiteren Bier. Hier konnten wir in ungezwungener Atmosphäre das
Erlebte austauschen.
Seite 34
3.7
Die Tageserlebnisse
Tagesbericht zu Dienstag, 19.08.2008
Christian Held; Institut für Umformtechnik; Universität Stuttgart
Dominik Lucke; Inst. für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb; Universität Stuttgart
Gregor Wolf; Institut für Werkzeugmaschinen; Universität Stuttgart
Motto des Tages: „Endspurt“
Der letzte Tag begann mit einem schnellen Frühstück nach einer kurzen Nacht. Nach
dem Frühstück empfing uns Prof. Behrens im Tagungsraum mit dem Vortrag zum
Thema: „Verkürzung der Prozesskette des Präzisionsschmiedens“. Dies gab uns die
abschließenden Denkanstösse für die Ergebnispräsentation. Danach informierte uns
der Oberingenieur des IFUM Herr Olle vom IFUM der Leibniz Universität Hannover
über die Modalitäten der Antragstellung von DFG-geförderten Forschungsvorhaben.
Es erwartete uns noch viel Arbeit bis zur Fertigstellung der Abschlusspräsentation.
Dazu organisierten wir uns abschließend in Teams und beackerten die folgenden
Themenschwerpunkte: Mensch, Technologie und Organisation. Bei der Erarbeitung
machten wir regen Gebrauch von den in den Tagen zuvor gemachten Erfahrungen,
Erlebnissen und Kreativitätstechniken. Nach getaner Arbeit freuten wir uns auf das
vom IFUM exzellent vorbereitete Grillfest. Wie kann eine Woche schöner enden, als
bei leckerem Grillgut, Kaltgetränken, guter Stimmung und schönem Wetter.
Abbildung 12: Einstimmung auf den „Endspurt“
Die Tageserlebnisse
3.8
Seite 35
Tagesbericht zu Mittwoch, 20.08.2008
Cécile Müller; Institut für Produktionstechnik und Umformmaschinen; TU Darmstadt
Philipp Kuske; Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen; TU Darmstadt
Der letzte Tag der Sommer Schule kam plötzlich aber nicht unerwartet. Einiges war
bis dahin zu erledigen. So mussten die Ergebnisse und Eindrücke der vergangenen
Woche zusammengefasst und in eine präsentierbare Form gebracht werden. Dies
gelang am Vortag in einem mehrstündigen gemeinschaftlichen Prozess.
Abbildung 13: Produktionstechnisches Zentrum Hannover (PZH)
Die Abschiedsfeier am Abend vorher steckte bei einigen noch in den Knochen, als
man sich früh morgens vom Hans-Lilje-Haus in Richtung des Produktionstechnischen
Zentrums in Garbsen aufmachte. Dort begrüßte der Leiter des Institutes für Mikrotechnologie (imt) Herr Prof. Dr.-Ing. Gatzen die Gruppe. Im Anschluss erhielt die
Gruppe die Gelegenheit, die am Vortag zusammengefassten Ergebnisse zu präsentieren und die gesammelten Eindrücke Revue passieren zu lassen. Den Abschluss
des Programms bildete eine interessante Führung durch die sechs Institute des PZH,
bei denen die Gruppe einen Einblick in die verschiedene Forschungstätigkeiten am
PZH erhielt. Nach einem Mittagessen in der Mensa verstreuten sich die Sommerschüler wieder in alle Winde und kehrten mit einer großen Sammlung neuer Eindrücke und vielen neuen Kontakten sowie dem festen Willen, sich bald bei einem
Nachtreffen wiederzusehen, zurück in die eigenen Büros.
Seite 36
Die Herangehensweise
4 Die Herangehensweise
4.1
Initialvorträge
4.1.1 Die Wandlungsfähige Fabrik
Initialvortrag von Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. mult. Hans-Peter Wiendahl
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Tim Klemke; IFA, Leibniz Universität Hannover
Am ersten Tag der WGP Sommer Schule 2008 hielt Prof. Wiendahl (ehemaliger
Leiter des Instituts für Fabrikanlagen und Logistik (IFA) und ehemaliger Geschäftsführer des Instituts für Integrierte Produktion Hannover (IPH)) einen Vortrag zum
Thema „Die Wandlungsfähige Fabrik“. Die Inhalte des Vortrags werden in diesem
Beitrag zusammengefasst.
Fabriken im turbulenten Unternehmensumfeld
Die Bedeutung der Wandlungsfähigkeit von Fabriken steigt im heutigen Marktumfeld
stetig. Gründe dafür sind die internen und externen Wandlungstreiber, denen sich
Unternehmen ausgesetzt sehen.
Als externe Wandlungstreiber können dabei u. a. die Technologie, der Markt und die
Umwelt, in der Unternehmen agieren, gesehen werden. Dies bedeutet bspw., dass
neue Fertigungstechnologien in immer kürzeren Abständen in die bestehenden Abläufe integriert werden müssen und Kunden immer individuellere Produkte wünschen. Weiterhin ist etwa das Angebot an qualifizierten Mitarbeitern am Markt begrenzt.
Die unternehmensinternen Treiber können in die Kategorien präventiv und reaktiv
eingeteilt werden. Im ersten Fall kann ein Unternehmen z. B. eine Steigerung des
eigenen Marktanteils anstreben. Im zweiten Fall müssen zukünftig evtl. Schwachstellen im Produktionsprozess eliminiert werden. Den beschriebenen Veränderungen
kann mithilfe wandlungsfähiger Fabriken entgegengewirkt werden (u. a. [1, 2]).
Wandlungsfähigkeit
Um auf zukünftige Veränderungen reagieren zu können, muss ein Unternehmen über
Möglichkeiten verfügen, bestehende Fabriken je nach Veränderungsimpuls auf verschiedenen Ebenen (Arbeitsplatz, Bereich, Generallayout) anpassen zu können. Das
installierte Veränderungspotenzial kann dann im Bedarfsfall schnell und mit geringem
Aufwand genutzt werden. Dieses Potential vorzuhalten, wird als Wandlungsfähigkeit
bezeichnet (u. a. [3]). Die Wandlungsfähigkeit kann dabei in eine räumliche (z. B.
eine flächenbezogene Atmungsfähigkeit), organisatorische (z. B. Anpassung der
Die Herangehensweise
Seite 37
Ablauforganisation) und technische Wandlungsfähigkeit (z. B. die Rekonfiguration
technischer Anlagen bei Produkt- und Stückzahländerungen) gegliedert werden [4].
Wandlungsbefähiger
Um eine Fabrik zum Wandel zu befähigen, werden die einzelnen Objekte einer Fabrik betrachtet. Diese können durch die sogenannten Wandlungsbefähiger veränderungsfähig ausgestattet werden. Es werden fünf Wandlungsbefähiger unterschieden:
Universalität, Modularität, Skalierbarkeit, Kompatibilität und Mobilität (vgl. Abbildung
14).
A
B
C
Universalität
Dimensionierung und Gestaltung
für verschiedene Anforderungen
hinsichtlich Produkt oder Technologie, z.B. Variantenflexibilität
Mobilität
Örtlich uneingeschränkte
Bewegbarkeit von Objekten,
z.B. Maschinen auf Rollen
Skalierbarkeit
Technische, räumliche und
personelle Atmungsfähigkeit
(Erweiter- und Reduzierbarkeit),
z.B. flexibles Arbeitszeitmodell
Modularität
Standardisierte, funktionsfähige
Einheiten oder Elemente,
z.B. Plug&Produce-Module
Kompatibilität
Vernetzungsfähigkeit bzgl.
Material, Information, Medien
und Energie, z.B. einheitliche Softwareschnittstellen
Abbildung 14: Wandlungsbefähiger
Nicht jedes Fabrikfeld (Technik, Organisation, Raum) ist dabei gleichermaßen von
allen Wandlungsbefähigern betroffen. Beispielsweise kann das Attribut „mobil“ dem
Fabrikfeld Organisation nicht sinnvoll zugeordnet werden [4].
Bewertung der Wandlungsfähigkeit
Die Wandlungsbefähiger ermöglichen es, die bestehende Veränderungsfähigkeit in
einer Fabrik durch die Betrachtung einzelner Fabrikobjekte zu beschreiben und so
den Ist-Zustand einer Fabrik zu ermitteln. Über die Betrachtung der Wachstumsflächen oder die Anzahl der Fixpunkte in der Fabrik kann bspw. die Veränderungsfähigkeit eines Layouts bewertet werden. Durch Zukunftsszenarien wird der notwendige
Wandlungsbedarf (Soll-Zustand) beschrieben, der im Unternehmen vorgehalten
werden sollte. Die Unternehmen müssen auf Basis dieser Ist- und Soll-Werte einen
kontinuierlichen Abgleich zwischen Anforderungen und eigenen Potenzialen durchführen, um wettbewerbsfähig zu bleiben [3].
Seite 38
Die Herangehensweise
Praxisbeispiele
In den letzten Jahren hat das IFA diverse wandlungsfähige Fabriken geplant. Einige
von diesen Fabriken stellte Prof. Wiendahl am Schluss seines Vortrags dar. Diese
Beispiele verdeutlichten, wie die Elemente der Wandlungsfähigkeit in der Praxis
umgesetzt werden.
[1] Heger, C. L.: Bewertung der Wandlungsfähigkeit von Fabrikobjekten. Dissertation
an der Leibniz Universität Hannover, PZH Verlag, Hannover 2007.
[2] Wiendahl, H.-P.: Wandlungsfähigkeit - Schlüsselbegriff der zukunftsfähigen Fabrik. wt Werkstattstechnik online Jahrgang 92 (2002) H. 4., S. 122-127.
[3] Wiendahl, H.-P., Hernández, R.: Fabrikplanung im Blickpunkt - Herausforderung
Wandlungsfähigkeit. wt Werkstattstechnik online Jahrgang 92 (2002) H. 4, S. 133138.
[4] Hernández, R.: Systematik der Wandlungsfähigkeit in der Fabrikplanung. Fortschrittsberichte VDI, Reihe 16, Nr. 149, Dissertation an der Leibniz Universität Hannover, VDI Verlag, Düsseldorf, 2003.
4.1.2
Prozessketten am Beispiel der Massivumformung
Initialvortrag von Prof. Dr.-Ing. B.-A. Behrens
Dipl.-Ing. M. Bistron; Dipl.-Ing. I. Lüken; Dipl.-Ing. D. Odening; Dipl.-Ing. J. Rosenberger; IFUM
Einleitung
In dem von Prof. Behrens im Rahmen der WGP Sommer Schule gehaltenen Vortrag
wurde der Begriff der Prozesskette definiert und am Beispiel der Massivumformung
genauer beschrieben. Nach der historischen Einordnung der Fertigungstechnik des
Massivumformens folgten Beispiele aus dem Bereich von geschmiedeten Hochleistungsbauteilen und dem Einsatz von Schmiedebauteilen zur Umsetzung von Leichtbaustrategien. Die Thematik des Präzisionsschmiedens wurde am Beispiel des Sonderforschungsbereichs 489 genauer erläutert.
Historische Entwicklung
Die Verarbeitung von ersten Kupferlegierungen ist für die Zeit ab ca. 2500 v. Chr.
nachgewiesen. In der Zeit um 700 bis 500 v. Chr. wurde das Kupfer von den aufkommenden Metallen Eisen und der Kupfer-Zinn-Legierung Bronze verdrängt. Der
Verhüttungsvorgang und das Schmieden waren bis ins 13. und 14. Jahrhundert eine
Einheit. In Abbildung 15 sind historische Darstellungen von Schmiedeprozessen
dargestellt.
Die Herangehensweise
Altägyptische Darstellung zum
Schmieden (ca. 1450 v. Chr.)
Seite 39
Mittelalterlicher „Rennfeuer-“ Betrieb mit
Schmiede
Abbildung 15: Historische Darstellungen von Schmiedeprozessen (Quelle: IMU e.V.)
Die Nutzung der Wasserkraft aber vor allem die Nutzung der Dampfkraft haben die
Handarbeit bei Schmiedevorgängen immer weiter ersetzt. Dadurch wurde die Massenproduktion von Schmiedeteilen ermöglicht. Die Möglichkeit eines hohen Automatisierungsgrads für diesen umformtechnischen Produktionsprozess hat dem Schmieden vielfältige Anwendungsbereiche erschlossen. In Abbildung 16 ist eine Auswahl
typischer moderne Schmiedebauteile dargestellt
Abbildung 16: Spektrum typischer moderner Schmiedeteile
Schmiedetechnisch hergestellte Bauteile bieten eine Reihe von Vorteilen wie beispielsweise:
•
Hervorragende mechanische Eigenschaften
•
Vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten
•
Hohe Prozesssicherheit
•
Hohe Qualitätssicherheit
Seite 40
Die Herangehensweise
Hochleistungsbauteile und Leichtbau
Aus dem Umformprozess ergeben sich für geschmiedete Bauteile Vorteile bezüglich
ihrer Belastbarkeit. Grund dafür ist der Faserverlauf, der der Kontur des Bauteils folgt
und auch in seiner Form (im Gegensatz zum Einsatz spanender Fertigungsverfahren) bestehen bleibt. Dieser Sachverhalt ist in Abbildung 17 schematisch dargestellt.
Abbildung 17: Faserverlauf im Bauteil bei unterschiedlichen Fertigungsverfahren
Geschmiedete Bauteile können dazu beitragen, Leichtbauziele zu realisieren. Speziell vor dem Hintergrund der aktuellen Bestrebungen, die Energieeffizienz von Prozessen, vor allem aber auch von Fahrzeugen zu erhöhen, um Ressourcen zu schonen, gewinnen Leichtbaukonzepte immer mehr an Bedeutung.
Eine Möglichkeit zur Umsetzung des Leichtbaus ergibt sich durch die Massenreduktion an Schmiedebauteilen. Durch die Steigerung der Bauteilfestigkeit kann das Bauteil kleiner und damit leichter ausgeführt werden. Die Ersparnis in Form von weniger
Masse, die beispielsweise in rotatorische und/oder translatorische Bewegung versetzt und vielleicht sogar wieder abgebremst werden muss, schlägt sich beispielsweise in Form von geringerem Kraftstoffverbrauch nieder. Auch eine belastungsangepasste Bauteildimensionierung kann beim Erreichen von Leichtbauzielen helfen.
Wenn, wie in Abbildung 18 dargestellt, durch das Präzisionsschmieden von Zahnrädern die konstruktive Gestaltung hinsichtlich vorzusehender Auslaufzonen für Werkzeuge der spanenden Bearbeitung vereinfacht werden kann, ergeben sich weitere
Ansatzpunkte zur Massenreduktion.
Die Herangehensweise
Seite 41
Abbildung 18: Massenreduktion am Beispiel geschmiedeter Zahnräder
Optimierung der Prozessketten am Beispiel Massivumformung
In der Warmmassivumformung wird es immer wichtiger, Ressourcen und Kosten
einzusparen. Um die Durchlaufzeiten der Bauteile während der Produktion zu verkürzen, ist die Optimierung und Verkürzung der Prozesskette zum endkonturnahen
Schmieden Gegenstand aktueller Forschungsvorhaben. Das Hauptaugenmerk liegt
dabei auf der Reduzierung der Prozessschritte durch das Präzisionsschmieden, bei
dem nahezu einbaufertige Bauteile gefertigt werden. Die dabei erzielte Einsparung
von Rohmaterial und Prozessschritten reduziert die Produktkosten spürbar. Durch
die Massivumformung ist es möglich, die mechanischen Bauteileigenschaften so
einzustellen, dass hochfeste Sicherheitsbauteile hergestellt werden können. Zusätzliche Einsparungen können durch die Entwicklung von gewichtsoptimierten Bauteilen
realisiert werden. Am Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen (IFUM) werden zur Gewichtsreduzierung vermehrt auch Aluminium- und Magnesiumlegierungen
umformtechnisch bearbeitet und somit hochfeste Leichtbaustrukturen erzeugt. Durch
den Einsatz neuer Werkzeugwerkstoffe und -beschichtungen wird der Verschleiß der
Werkzeuge reduziert und somit die Standzeit erhöht. Auf diese Weise können Produktionskosten gesenkt und eine höhere Maßgenauigkeit der Schmiedeteile realisiert
werden. Parallel zu den genannten Methoden bietet der Einsatz numerischer Verfahren ein hohes Maß an Einsparmöglichkeiten. Durch vorherige FEM-Simulationen
kann der zu erwartende Verschleiß sowie eventuelle Ausfallursachen der Werkzeuge
bereits während des Konstruktionsprozesses abgebildet und entsprechend berücksichtigt werden.
Optimierung und Verkürzung der Prozesskette zum endkonturnahen Schmieden
Im Rahmen des Sonderforschungsbereich 489 „Prozesskette zur Herstellung präzisionsgeschmiedeter Hochleistungsbauteile" (SFB 489) werden Bauteile am Beispiel
einer Zahnradgeometrie sowie einer Ritzel- und Kurbelwellengeometrie in einer verkürzten Prozesskette entwickelt und untersucht. Der SFB 489 umfasst 14 Teilprojekte aus den Themenbereichen Technologie, Prozesskette und Logistik. Die Bearbei-
Seite 42
Die Herangehensweise
tung erfolgt in enger Kooperation mit sechs produktionstechnischen Instituten der
Leibniz Universität Hannover (Abbildung 19).
A1
A4
A2
Werkstoffe
f.d. Präzisions- Werkzeugherstellung
schmieden
Simulation
Schmieden
A3
Simulation
Wärme behandlung
C4 Flexible Lieferketten
C2 Logistische Kennlinien
B6
B1
B1B2
B2 C3
Prozessausl.
Prozessausl..
Maschinen
Maschinen- u.
Werkzeugt.
Werkzeugt.
B3 C3
Integrierte
Integrierte
WärmebeWärmebe
handlung
B6
BauteilBauteil
prüfung
C3
A5 C3
Aufmaßor.
Feinpos.
B4
Hartfeinbearbeitung
C3 B6
Tech.
Tech
SchnittSchnitt
stellen
stellen
B5
IPH
Geometrie
Geometrieprüfung
Abbildung 19: Teilprojekte und Themenschwerpunkte des SFB 489
Im Rahmen der Teilprojekte A1, A2, B1 und B2 erfolgt die grundlegende Prozessund Werkzeugauslegung sowie die Entwicklung geeigneter Simulationstechniken für
den Bereich des Präzisionsschmiedens durch das IFUM und die Institut für Integrierte Produktion Hannover gGmbH (IPH).
Der Begriff des Präzisionsschmiedens bezeichnet ein endkonturnahes Schmieden
ohne Grat im geschlossenen Gesenk. Die durch Präzisionsschmieden erreichbaren
Fertigungsgenauigkeiten entsprechen den Grundtoleranzgraden IT 6 – 9 (nach DIN
ISO 286 Teil 1) und sind mit spanenden Schlichtarbeitsgängen vergleichbar [1]. Gegenüber dem konventionellen Schmieden mit Grat bietet das Präzisionsschmieden
entscheidende Vorteile durch optimale Werkstoffausnutzung, hervorragende mechanische Bauteileigenschaften und einen geringen Nachbearbeitungsaufwand.
Die eingesetzte Rohteilmasse entspricht nahezu der erforderlichen Masse des fertigen Bauteils. Auf den Funktionsflächen wird ein Bearbeitungsaufmaß von 0,1 - 0,2
mm für eine abschließende Hartfeinbearbeitung vorgehalten. Die restlichen Flächen
werden einbaufertig hergestellt. Aufgrund des ununterbrochenen, formangepassten
Faserverlaufs bieten präzisionsgeschmiedete Bauteile hervorragende mechanische
Eigenschaften [2].
Die Substitution spanender Fertigungsprozesse durch das Präzisionsschmieden und
der geringe Nachbearbeitungsaufwand präzisionsgeschmiedeter Bauteile ermöglicht
eine deutlich Verkürzung der erforderlichen Durchlaufzeiten. In Abbildung 20 ist eine
konventionelle Prozesskette zur Fertigung einer Zahnradgeometrie dargestellt.
Die Herangehensweise
Vereinzeln
(Scheren)
Wieder
erwärmen
Seite 43
Erwärmen
Schmieden
Entgraten
Lager /
Abkühlen
Spanen
Aufkohlen
Härten /
Vergüten
Lager /
Abkühlen
Hartfeinbearbeitung
Ausgangsprüfung
(ca. 7-8h)
Lager /
Abkühlen
Abbildung 20: Konventionelle Prozesskette zur Fertigung einer Zahnradgeometrie (SFB 489)
Durch den Einsatz des Fertigungsverfahrens Präzisionsschmieden werden die Bearbeitungsschritte der spanenden Weichbearbeitung zur Einbringung der Verzahnung
eingespart. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, durch eine integrierte Wärmebehandlung die geschmiedeten Bauteile direkt aus der Schmiedewärme heraus gesteuert
abzukühlen und die gewünschten mechanischen Bauteileigenschaften einzustellen.
Ein zeit- und kostenintensives Wiedererwärmen und eine eventuelles Aufkohlen der
Bauteile entfallen. Im Rahmen des SFB 489 wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Werkstoffkunde (IW) eine prozessintegrierte Wärmebehandlung mittels Zweiphasenströmung entwickelt und umgesetzt. Die Verkürzung der Prozesskette und
der Durchlaufzeit lässt ein erhebliches Kostensenkungspotential gegenüber konventionell eingesetzten Fertigungsverfahren erwarten. In Abbildung 21 ist die verkürzte
Prozesskette des SFB 489 dargestellt.
Vereinzeln
(Scheren)
Erwärmen
Aufma ß- und wuchtor .
Feinpositionierung
Präzisions schmieden
Hartfein bearbeitung
integrierte
Wärmebehandlung
Lager /
Abk ühlen
Ausgangs prüfung
Abbildung 21: Verkürzte Prozesskette zur Fertigung einer Zahnradgeometrie (SFB 489)
Um die Anforderungen an die Maß- und Formgenauigkeit präzisionsgeschmiedeter
Bauteile gewährleisten zu können, werden erhöhte Ansprüche an die eingesetzten
Werkzeugsysteme und die Prozessführung gestellt. Bereits geringe Änderungen
einzelner Prozessgrößen führen zu einem veränderten Prozessverhalten und können
das gesamte Fertigungsergebnis beeinträchtigen. Die Volumengenauigkeit der eingesetzten Schmiederohlinge beeinflusst das Schmiedeergebnis in erheblichem Maße. Ein zu geringes Rohteilvolumen führt zu einer unvollständigen Formfüllung, ein
zu hohes Rohteilvolumen führt zu einer Überlastung und Schädigung des Schmiedewerkzeugs. Für konventionelle Präzisionsschmiedeprozesse sind je nach Prozess
und Schmiedewerkzeug Volumengenauigkeiten von ± 0,5 % bis ± 1 % einzuhalten
[3]. Die erreichbare Volumengenauigkeit von Schmiederohlingen wird durch die vorgegebene Halbzeuggeometrie sowie die eingesetzten Trennverfahren bestimmt. Um
den Einsatz präziser, zeit- und kostenintensiver Trennverfahren, wie Sägen oder
Drehen, zur Bereitstellung der Schmiederohteile zu vermeiden, ist der Schmiedeprozess gegenüber schwankenden Rohteilvolumen robust zu gestalten. Grundsätzlich
wird hierbei zwischen prozess- und werkzeugseitiger Kompensation von Volumen-
Seite 44
Die Herangehensweise
schwankungen unterschieden. In Abbildung 22 sind beide Verfahren exemplarisch
gegenübergestellt.
zentrale Bohrung
als Ausgleichsraum
Vorform mit Grat
volumengenaue
Vorform
überschüssiges
Material
Grat
Fertigform
Prozessseitige Kompensation
von Volumenschwankungen
Dorn
Fertigform
Werkzeugseitige Kompensation
von Volumenschwankungen
Abbildung 22: Prozess- und werkzeugseitige Kompensation von Volumenschwankungen
Die prozessseitige Kompensation erfolgt durch eine gezielte Gestaltung und Auslegung der Stadienfolge. In einem mehrstufigen Umformprozess wird eine Vorform mit
Grat im offenen Gesenk ausgeformt. Das überschüssige Werkstückmaterial bildet
sich im Grat ab und wird durch Abgraten entfernt. Abschließend erfolgt die Ausformung der volumengenauen Vorform in einem geschlossenen Gesenk. Die werkzeugseitige Kompensation erfolgt durch Vorhaltung so genannter Ausgleichsräume
innerhalb der Fertigschmiedestufe. In dem dargestellten Beispiel ist der Ausgleichsraum in Form einer zentralen Bohrung im Dorn gestaltet. Nach Ausformung der Verzahnung steigt das überschüssige Material in den konisch zulaufenden Ausgleichsraum und wird samt verbliebenem Spiegel in einem nachgeschalteten Lochprozess
vom Schmiedebauteil getrennt.
Lokale Anpassung von Bauteileigenschaften erzeugt hochfeste Leichtbaustrukturen
Durch die zusätzlich gestiegene Motivation natürliche Ressourcen zu bewahren,
wächst das Bestreben, hochfeste und gewichtsoptimierte Bauteile aus alternativen
Konstruktionswerkstoffen einzusetzen. Besonders die Reduzierung bewegter Massen im Hinblick auf Energieeinsparung und Emissionsminderung steht dabei im Vordergrund. Der Automobilbau und die Luft- und Raumfahrttechnik stellen dabei höchste Anforderungen an gewichtsarme, sicherheitsrelevante Bauteile. Aus diesem Grund
werden neben Stahlwerkstoffen ebenfalls die Leichtbauwerkstoffe Aluminium und
Magnesium präzisionsgeschmiedet. Aluminium und Magnesium weisen aufgrund
ihres geringen spezifischen Gewichts, ihrer günstigen Korrosionsbeständigkeit sowie
der guten Verfügbarkeit hervorragende Eigenschaften für technische Werkstoffe auf.
Beide Werkstoffe lassen sich sehr gut warm umformen und sind damit grundsätzlich
als Schmiedewerkstoff qualifiziert. Magnesium wird im industriellen Einsatz derzeit
Die Herangehensweise
Seite 45
überwiegend in Form von Druckgussbauteilen eingesetzt. Da sich jedoch auf Grund
der geringen Dichte und der hohen gewichtsspezifischen Festigkeit ein großes Anwendungsgebiet für geschmiedete Magnesiumbauteile eröffnet, wird verfahrenstechnisches Grundwissen für die Warmmassivumformung von Magnesium am IFUM
erarbeitet. In aktuellen Forschungsvorhaben werden die Prozessparameter Umformgeschwindigkeit sowie Werkstück- und Werkzeugtemperatur im Hinblick auf die Einstellung verbesserter mechanischer und mikrostruktureller Eigenschaften geschmiedeter Magnesiumbauteile optimiert.
Im Bereich der Aluminiummassivumformung konnten in einem Forschungsvorhaben
durch Vollvorwärtsfließpressen (Abbildung 23) Ventile aus einem pulvermetallurgisch
hergestellten Aluminiumwerkstoff in einem Prozessschritt hergestellt werden [4].
Schließkraft
Stempelkraft
Schließkraft
Stempel
Ventilteller
elastisch
komprimierter
Ventilschaft
elastisch
komprimierte
Matrize
spannungsloser
Ventilschaft
Abbildung 23: Vollvorwärtsfließpressen von Al-Ventilen in einem Prozessschritt (schem.)
Gegenüber Stahlwerkstoffen lassen sich mit Schmiedebauteilen aus Aluminiumknetlegierungen bei gleich bleibenden mechanischen Eigenschaften ca. 40 % Gewicht
einsparen. Die Umformbarkeit eines Werkstoffes wird neben Umformtemperatur und
Umformgeschwindigkeit durch das maximale Formänderungsvermögen beeinflusst
[5]. Aluminiumknetlegierungen weisen bei Raumtemperatur ein geringeres Umformvermögen als bei der Warmumformung auf. Während des Umformvorgangs bilden
sich Risse aufgrund ansteigender Kaltverfestigung. Einen Forschungsansatz zur
Nutzung dieses Phänomens liefert das Teilprojekt B2 des SFB 675, der den Titel
„Erzeugung hochfester metallischer Strukturen und Verbindungen durch gezieltes
Einstellen lokaler Eigenschaften“ trägt. An diesem SFB wird seit Juli 2006 in Zusammenarbeit mit der TU Clausthal geforscht. Im Teilprojekt B2 „Herstellung komplexer
partiell verstärkter Verbindungselemente durch Massivumformung mit überlagertem
hydrostatischen Druck“ wird die auftretende Kaltverfestigung gezielt erzwungen, um
dadurch die mechanischen Eigenschaften der Bauteile lokal gezielt einzustellen.
Beispielsweise Bauteilknoten können somit belastbarer gestaltet werden, so dass die
Seite 46
Die Herangehensweise
Bauteilleistungsfähigkeit ohne Beeinflussung des Gewichtes erhöht wird. Innerhalb
des Forschungsprojektes werden des Weiteren innovative Werkzeugkonzepte und
Prozesstechniken für die drucküberlagerte Kaltmassivumformung von Aluminiumlegierungen entwickelt. Mit Hilfe dieses Verfahrens ist es möglich, das Formänderungsvermögen der Aluminiumknetlegierungen deutlich zu erhöhen und hochbelastbare sowie komplexe Sicherheitsbauteile durch gezielte Einstellung der Kaltverfestigung herzustellen.
Erhöhung der Werkzeugstandzeiten durch Verschleiß mindernde Maßnahmen
Schmiedewerkzeuge unterliegen hohen mechanischen Belastungen, die sich in oberflächennahen Bereichen sowohl mit thermischen als auch tribologischen Beanspruchungen überlagern. Diese führen in Abhängigkeit von der geschmiedeten Stückzahl
zu unterschiedlichen Schadensformen des Gesenks [6]. Erreicht eine Schadensform
einen kritischen Wert, so führt dies zum Ausfall des Gesenks. Zur Hauptausfallursache von Schmiedegesenken zählen mechanische und thermische Rissbildung, plastische Verformung sowie der Verschleiß von formgebenden Elementen des Gesenkes (Abbildung 24) [7].
Obergesenk
Verschleiß 70 %
mechanische
Rissbildung 25 %
thermische
Rissbildung 3 %
Untergesenk
plastische
Verformung 2 %
Abbildung 24: Ausfallursachen von Schmiedegesenken
Die wesentliche Ursache für den einsetzenden Verschleiß stellt der Festigkeitsverlust
des Gesenkwerkstoffs in den oberflächennahen Bereichen dar. Verursacht wird dies
durch die thermische Beanspruchung auf Grund des großen Wärmeübergangs vom
heißen Rohteil in die Gesenkoberfläche während des Umformprozesses. Die auftretenden Temperaturspitzen können lokal die Anlasstemperatur des Werkzeugwerkstoffes überschreiten und damit eine bleibende Entfestigung der oberflächennahen
Zonen verursachen.
Zur Verschleißreduzierung bei Schmiedegesenken aus Warmarbeitsstählen muss die
Verschleißfestigkeit der oberflächennahen Bereiche erhöht werden. Dies ist durch
Nitrieren der Werkzeuge möglich. Zumeist werden die Verfahren Salzbadnitrieren
Die Herangehensweise
Seite 47
und Gasnitrieren verwendet. In jüngster Zeit gewinnt das Plasmanitrieren von Werkzeugen immer mehr an Bedeutung [8, 9].
Eine Möglichkeit zur Erhöhung der Standmenge ist die Kombination von Plasmanitrieren und Beschichten mit verschleißfesten Hartstoffschichten. Die Umsetzung
kann durch die Beschichtung mit einer einzelnen Materialschicht oder durch Mehrlagensysteme erfolgen (Abbildung 25). Gegenüber der Monolagenbeschichtung bietet
die Mehrlagenbeschichtung den Vorteil, dass die Effekte verschiedener Materialeigenschaften genutzt werden können. Die in Abbildung 25 dargestellte Mehrlagenbeschichtung bietet zusätzlich den Effekt, dass an der Oberfläche entstehende Risse
an den Schichtgrenzen abgelenkt werden können. Der Verschleißschutz kann somit
für eine längere Zeitdauer aufrechterhalten werden als es mit Monolagenbeschichtungen im Falle von Rissbildungen möglich ist.
Monolagenbeschichtung
Mehrlagenbeschichtung
TiC
Rissausbreitung
bis in den Grundwerkstoff
Rissablenkung durch
Abplatzung einzelner Lagen
TiCN
TiN
TiN
Nitrierschicht ca. 150 µm
Nitrierschicht ca. 150 µm
Grundwerkstoff
Grundwerkstoff
PACVD-Duplexverfahren
(Nitrieren und Beschichten ohne
Unterbrechung des Prozesses)
Beschichtungstemp. ca. 500 °C
Abbildung 25: Gegenüberstellung von Monolagen- und Mehrlagenschichtsystem
Am IFUM erfolgten im Rahmen des SFB 489 Grundlagenuntersuchungen zum Verschleißschutz, bei denen sowohl die Schichtdicke als auch die Lagenanzahl varriiert
wurden. Abschließend wurde das verschleißärmste Schichtsystem in Verschleißuntersuchungen beim Präzisionsschmieden von Zahnrädern eingesetzt. Unterschiede
zwischen den plasmanitrierten und den mit Mehrlagenhartstoffschichten beschichteten Matrizen konnten im Kopfbereich der Matrizenverzahnung durch Sichtprüfung
bereits nach 100 geschmiedeten Zahnrädern beobachtet werden. Die nachfolgende
Verschleißcharakterisierung ergab eine Verschleißreduzierung um Faktor 3,5 im
Vergleich zu den herkömmlich nitrierten Schmiedematrizen.
Eine weitere Reduzierung des Verschleißes kann durch den Aufbau von Verbundwerkzeugen mit Keramikeinsätzen realisiert werden. Durch das Einbringen keramischer Verstärkungen in verschleißkritischen Werkzeugbereichen können die vorteilhaften Eigenschaften keramischer Werkstoffe gezielt ausgenutzt werden. Je nach
Anwendungsfall besteht die Möglichkeit, durch thermisches Einschrumpfen oder
Aktivlöten keramische Einsätze in Schmiedegesenke zu integrieren. Am IFUM wurden zur Integration von Keramiken in Metallgesenken durch Aktivlöten Versuche mit
unterschiedlichen Geometrien durchgeführt. Neben der grundsätzlichen Machbarkeit
Seite 48
Die Herangehensweise
wurde auch die erreichte Verschleißfestigkeit der erzeugten Verbundwerkzeuge
durch Standmengenuntersuchungen ermittelt. Derzeit erfolgt die Integration von
Keramiken in Zahnradmatrizen.
Keramikverstärkte Geradverzahnung
Keramikverstärkte Schrägverzahnung
Abbildung 26: Versuchsmatrizen mit keramischen Einsätzen
Zur Verstärkung der Schmiedematrizen werden Keramikzylinder in die hochbelasteten Zahnköpfe der Verzahnung eingelötet (Abbildung 26). Erste Machbarkeitsstudien
an einem verstärkten geradverzahnten Gesenk zeigten viel versprechende Ergebnisse. Die Keramikzylinder wiesen kaum Verschleißerscheinungen auf. Derzeit erfolgen
die Umsetzung einer verstärkten schrägverzahnten Modellmatrize sowie die Anpassung der geradverzahnten Modellmatrize für automatisierte Verschleißuntersuchungen.
Numerische Simulation des an Schmiedegesenken auftretenden Verschleißes
Im Rahmen verschiedener Forschungsarbeiten werden Berechnungsansätze mit
Hilfe der FEM-Simulation am IFUM erarbeitet, so dass bereits in der Auslegungsund Konstruktionsphase die Identifikation verschleißanfälliger Werkzeugbereiche und
eine quantitative Abschätzung des lokalen Verschleißes über mehrere Prozesszyklen
hinweg ermöglicht wird. Die Berücksichtigung der temperaturabhängigen Härte des
Werkzeugwerkstoffs ermöglicht es, den bei Gesenkschmiedeprozessen entscheidenden Temperatureinfluss auf den Werkzeugverschleiß zu beschreiben. Die Berechungsmodelle werden anhand von experimentellen Untersuchungen kalibriert, da
hochkomplexe Vorgänge wie zum Beispiel die Kühl-/Schmierschicht mit auftretendem Zunder zwischen Werkstück und Gesenk nicht berücksichtigt werden können
[10]. Die kalibrierten Berechnungsmodelle wurden dabei anhand von Industrieprozessen verifiziert (Abbildung 27).
Die Herangehensweise
Seite 49
Abbildung 27: Betrachtete Industrieprozesse: Warmfließpressen - Schaufelzahn - Radnabe
Das Verschleißverhalten der Werkzeuge wurde durch die Vermessung von Werkstückgeometrien ermittelt, die nach festgelegten Zyklusintervallen aus dem Produktionsprozess entnommen wurden. Durch die Implementierung der ermittelten Daten
lässt sich vor der Prozessauslegung durch Eingabe der Eingangsparameter mit Hilfe
der FEM-Simulation der gesamte Massivumformprozess numerisch abbilden
(Abbildung 28).
FEM-Simulation
Pre-Processing
Eingabedaten (Anwender)
•
•
•
•
Auswahl Werkzeugwerkstoff
Ausgangshärte
Prozesszeit
Anzahl Prozesszyklen
• thermisch-mechanisch gekoppelt
• thermoelastische Werkzeugmodellierung
Verschleißberechnung (Unterroutine)
• Aufruf für jedes Element der Werkzeugoberfläche über alle Zeitschritte der Simulation
Berechnung des Anlassparameters P
Berechnung der Warmhärte H(T)
Post-Processing
Auswertung des
Berechnungsergebnisses im
Post-Prozessor
Berechnung der lokalen
Verschleißtiefe für
das aktuelle Zeitinkrement
- Berücksichtigung von σN, vrel, H(T,t)
- kalibriertes Berechnungsmodell
a
n
⎡ σ (t ) ⎤
w=∑ k⎢ N
⎥ ⋅ vrel (t )
1
⎣ H (T , t ) ⎦
Abbildung 28: Implementierung in ein kommerzielles FE-Programmsystem
Mit der FEM-basierten Verschleißvorhersage ist es ermöglicht worden, die Prozessauslegung mit Hilfe des Berechnungsansatzes und durch den Abgleich mit aus der
Praxis gewonnenen Daten im Vorfeld zu verbessern. Durch die geschaffene quantitative Vorhersage des Werkzeugverschleißes über mehrere Prozesszyklen hinweg,
wurde die simulationsgestützte Werkzeugauslegung hinsichtlich der Werkzeugstandmenge zusätzlich optimiert.
Seite 50
Die Herangehensweise
Literatur
[1] Fachbuch Schmiedeteile - Gestaltung, Anwendung, Beispiele, Informationsstelle
Schmiedstück-Verwendung im Industrieverbandes Massivumformung e.V. (IMU), 1995
[2] Behrens, B.-A.: Handbuch Umformtechnik, Grundlagen, Technologien, Maschinen,
Springer Verlag Berlin, 2006
[3] Silbernagel, C.: Beitrag zum Präzisionschmieden von Zahnrädern für Pkw-Getriebe,
Dissertation, Universität Hannover, 2003
[4] Gärtner, J.: Segtrop, K.; Laudenberg, H.-J.: Entwicklung von leichten PM-Aluminium
Einlassventilen für neue Motorengenerationen, Abschlussbericht, Barsinghausen, 2006
[5] Lorrek, W.: Einfluss von hydrostatischem Druck auf Fließspannung und Formänderungsvermögen metallischer Werkstoffe, Dissertation, TU Clausthal, 1972
[6] Bobke, T.: Randschichtphänomene bei Verschleißvorgängen an Gesenkschmiedewerkzeugen, Dissertation, Universität Hannover, 1991
[7] Huskic, A.: Verschleißreduzierung an Schmiedegesenken durch Mehrlagenbeschichtung
und keramische Einsätze, Dissertation, Universität Hannover, 2005
[8] Liliental, W. K.; Tymowsky, G. J.; Morawski, C. D.: Typical Nitriding Faults and Their
Prevention, Industrial Heating, January 1995, S. 39-44
[9] Ozasa, K.; Aoyagi, Y.: Temporal evolution of hydrogen plasma produced with gas pulse
injection scheme, Surface & Coatings Technology 74-75 (1995) 1-3, S. 345-350
[10] B.-A. Behrens, F. Schaefer: Prediction of wear in hot forging tools by means of finiteelement-analysis. Journal of Materials Processing Technology, 167 (2005), S. 309-315
Die Herangehensweise
4.2
Seite 51
Exkursionen
4.2.1 Salzgitter AG
Burkhard Wietbrock; Institut für Bildsame Formgebung; RWTH Aachen
Einleitung
Die erste Industrieexkursion während der WGP Sommer Schule 2008 führte die
Teilnehmer am 14.08.2008 zur Salzgitter AG. Dort wurde zunächst das weitläufige
Werksgelände am Standort Salzgitter entlang der Prozesskette des Stahls - vom
Roheisen zum verzinkten Stahlblech - besichtigt. Im Anschluss wurde das Forschungsgelände der Salzgitter-Mannesmann-Forschung vorgestellt. Dieser Artikel
beschreibt die einzelnen Stationen innerhalb der Prozesskette Stahlblech für die
Automobilindustrie am Standort Salzgitter. Während der Exkursion wurden insbesondere die Aspekte Flexibilität und Wertschöpfungsmöglichkeiten an den einzelnen
Schritten der Prozesskette erklärt. Dies soll in diesem Artikel aufgegriffen werden.
Abschließend soll die Bedeutung der Abbildung der kompletten Fertigungskette,
sogar des gesamten Produktlebens durch Versuche und Simulation in der SalzgitterMannesmann-Forschung hervorgehoben werden.
Die Salzgitter AG
Die Salzgitter AG gehört mit einem Umsatz von rund 10 Milliarden Euro (2007) und
einem Gewinn von 1,3 Milliarden Euro (EBT, 2007) zu den fünf größten Stahlkonzernen Europas. Die etwas mehr als 23.000 Mitarbeiter sind dabei an verschiedenen
Standorten, wie z.B. Salzgitter, Peine, Ilsenburg und Dortmund, beschäftigt. Zu den
Hauptprodukten zählen verschiedene Profile und Flachstähle sowie Grobbleche. Im
Bereich der Großrohre ist die Salzgitter AG Weltmarktführer. Zudem weist das Portfolio mit über 100 nationalen und internationalen Tochterunternehmen zahlreiche
Dienstleistungsbereiche rund um den Stahl, Stahlhandel und Transport auf.
Das in den 1930er Jahren entstandene weitläufige Werksgelände am Standort Salzgitter vereinigt mit der Erzaufbereitung, der Roheisenerzeugung in 2 Hochöfen, der
Stahlerzeugung und dem Warm- und Kaltwalzwerk sowie verschiedenen Oberflächenbehandlungsanlagen die ganze Prozesskette vom Erz bis zum aufgecoilten
Stahlband. Mit den 3 Hochöfen werden jährlich etwa 7 Millionen Tonnen Rohstahl
produziert. Die Rohstoffe hierfür werden zum Teil mit dem Schiff, überwiegend jedoch mit der Bahn in eigenen Kohle- bzw. Erzganzzügen angeliefert. Die Salzgitter
AG unterhält zu diesem Zweck nicht nur eine eigene Werkseisenbahn, die „Verkehrsbetriebe Peine-Salzgitter“, als Transportunternehmen sondern zudem auch eine
Mehrheitsbeteiligung an einem wichtigen Kohle- und Erzumschlaghafen, dem „Hansaport“ in Hamburg. Erze und Kohle kommen heutzutage aus Kostengründen meist
Seite 52
Die Herangehensweise
aus Übersee. Durch die eigenen Verkehrsbetriebe und die Beteiligung am Hafen
integriert die Salzgitter AG den Transport in das eigene Unternehmen und beginnt
die Wertschöpfungskette bereits mit dem Transport der Rohstoffe. Gleichzeitig wird
das Unternehmen durch die eigenen Verkehrsbetriebe unabhängiger von den Leistungen Dritter.
Abbildung 29: Die Teilnehmer der Sommer Schule auf dem Geländer der Salzgitter AG
Aus den Rohstoffen Kohle und Erz wird Roheisen
Im Werk Salzgitter wird die Kohle zu Koks weiterverarbeitet und das Erz aufbereitet.
Aus den aufbereiteten Rohstoffen wird anschließend in den Hochöfen Roheisen
erschmolzen. Die Nebenprodukte Schlacke und Gichtgase, früher Abfall bzw. Umweltbelastung werden inzwischen ebenfalls weiterverwendet. So wird die Schlacke
aufbereitet und kommt im Straßenbau zum Einsatz, die Gichtgase werden gesammelt und in einem eigenen Kraftwerk, was nach der derzeitigen Renovierung mehr
als den Energiebedarf des Werkes produzieren kann, zu elektrischer Energie gewandelt. Die rund um den Ofen austretenden Gase und Dämpfe werden ebenfalls
aufgefangen und zum Schutze der Umwelt gereinigt. Die Flexibilität einer Hochofenanlage ist sehr eingeschränkt. Durch die Größe des Hochofens ist im Wesentlichen
der Jahresausstoß vorgegeben. Gleichzeitig kann beispielsweise durch die Erzauswahl, die Qualität des Roheisens verändert werden. Während der Roheisenherstellung ist daher vor allem eine effektive Prozessführung mit minimalem Energie und
Rohstoffeinsatz unter Beachtung der Umweltschutzauflagen wichtig, um die gewünschte Wertschöpfung zu erhalten. Die Nutzung der Nebenprodukte wie Schlacke
und Gichtgas tragen ebenfalls zur Erhöhung der Wertschöpfung bei.
Durch Reduktion des Kohlenstoffs wird aus Roheisen Rohstahl
Das erzeugte Roheisen wird anschließend mit der werkseigenen Bahn in sogenannten Torpedopfannen in flüssiger Form dem Stahlwerk zugeführt. Dort wird der Kohlenstoffgehalt in Konvertern reduziert und im weiteren Verlauf in der Sekundärmetal-
Die Herangehensweise
Seite 53
lurgie der Legierungsgehalt an weiteren Elementen, wie Mangan, Chrom, Molybdän,
Vanadium, Nickel etc. der Stahlschmelze eingestellt. In Form von Blöcken für die
Warmwalzstraße wird der fertig legierte Stahl in Stranggussanlagen abgegossen,
abgekühlt und abgelängt. Die entstandenen Brammen können auf Eisenbahnwaggons dem Warmwalzwerk am Standort Salzgitter oder anderen Werken zugeführt
werden. Derzeit wird das Stahlwerk modernisiert, um den gestiegenen Produktionsmengen und Qualitäten Rechnung zu tragen. An anderen Standorten wird eine
Bandgussanlage installiert, um die Prozessschritte aus Brammenguss und Warmwalzen zu verbinden und zu vereinfachen. Dabei wird der Stahl auf eine Art Fließband abgegossen und erstarrt. Im Anschluss werden sofort einige Walzschritte
durchgeführt und man erhält Stahlband von unter 30 mm Dicke. Diese Verkürzung
ermöglicht neben der Einsparung von Energie die zum erneuten Erwärmen der
Brammen benötigt wird und der Reduzierung der Großanlagen auch die Beschleunigung des Prozesses und die Fertigung von Qualitäten, die im konventionellen Brammenguss mit anschließendem Warmwalzen nicht herstellbar sind. Neben der höheren Wertschöpfung durch Einsparungen lässt sich auch ein Vorteil durch eine Erweiterung des Produktspektrums erzielen, was einen Vorteil gegenüber Wettbewerbern
bedeutet. Durch die Vielfalt an möglichen Legierungszusammensetzungen können
Stähle unterschiedlichster Qualität und Werkstoffeigenschaften hergestellt werden.
Diese große Flexibilität unter Einhaltung höchster Qualitätsanforderungen ermöglicht
die Produktion von zahlreichen Stahlsorten, die aufgrund der teilweise speziellen
Anforderungen und geringen Mengen im Vergleich zur standardisierten Massenware
hohe Preise erzielen können. So bleibt die Salzgitter AG aufgrund der Flexibilität und
Qualität in der Lage neben den internationalen Wettbewerbern zu bestehen und die
erwähnten hohen Gewinne zu erwirtschaften.
Warmwalzwerk: Von der Stahlbramme zum Stahlcoil
Im Warmwalzwerk werden schließlich aus den Stahlbrammen Warmbänder gewalzt
und das produzierte Band zu einem Coil aufgewickelt. Dazu werden die Brammen
zunächst auf die Walztemperatur erwärmt. In einigen Fällen wird durch eine gezielte
Glühbehandlung ein besonderer Ausgangszustand des Werkstoffes eingestellt, der
für die Warmumformung durch Walzen geeignet ist oder/und die Einstellung der
gewünschten Werkstoffeigenschaften nach dem Warmwalzen erlaubt. In wenigen
Fällen, dem sogenannten Heißansatz, werden die noch heißen Blöcke ohne Abkühlung und erneutes Erwärmen direkt aus dem Brammenguss in das Walzwerk eingesetzt. Um die Qualität der Brammen während des Walzens nicht durch ein Einwalzen
von Verzunderungen an der Oberfläche zu mindern, wird mithilfe von Zunderwäschern die Oxidschicht an der Brammenoberfläche entfernt. Vor dem Warmwalzen
werden die Brammen meist durch eine horizontale Stauchpresse in ihrer Höhe und
Breite verändert. Neben einer ersten Umformung können so auch die Maße der
Brammen auf die gewünschten bzw. geforderten Maße gestaucht werden. Dies erlaubt neben dem Einsatz von verschiedenen Ausgangsbreiten auch die Einstellung
verschiedener Coilbreiten am Ende des Walzprozesses. Diese horizontale Stauch-
Seite 54
Die Herangehensweise
presse erweitert durch ihren flexiblen Einsatz das Spektrum verarbeitbarer Brammen
und des warmgewalzten Bandes. Dies vermindert den Ausschuss. Gleichzeitig lässt
sich die Vielzahl der Kundenwünsche in Bezug auf die Blechabmessungen leichter
verwirklichen.
Das Warmwalzen gliedert sich in 2 Schritte. In einem ersten Schritt wird reversierend
die Höhe der Bramme deutlich vermindert. Dabei kann zwischen zwei Dickenabnahmen, Walzstich genannt, erneut die horizontale Stauchpresse zum Einsatz kommen.
Durch die Variation der Stichabnahme, der Walztemperatur und der Haltezeiten, d.h.
Pausen, zwischen den Walzstichen können die Werkstoffeigenschaften gezielt eingestellt werden. Diese thermomechanische Behandlung erlaubt die Variation der
Werkstoffeigenschaften unter Verwendung einer Stahllegierung (gleiche chemische
Zusammensetzung) ebenso wie das Erzielen optimaler Werkstoffeigenschaften im
Warmband.
An das Reversiergerüst schließt sich der zweite Warmwalzschritt als eine Folge von
Walzgerüsten an, in denen aus der flachen Bramme ein bis zu einigen hundert Meter
langes Blechband entsteht. Die Banddicke wird dabei von über 50 Millimetern auf
einige Millimeter reduziert. Während des Walzvorgangs treten enorme Kräfte auf, die
zu Durchbiegungen und Abplattung der Arbeitswalzen, das sind die Walzen, die mit
dem Walzgut, hier Warmband, in Kontakt sind, führen. Um diese Durchbiegung zu
minimieren wird parallel zum Arbeitswalzensatz je eine Walzen oberhalb des Walzguts und eine unterhalb als Stützwalzenpaar eingesetzt. Diese Walzen vermindern
die Durchbiegung der Arbeitswalzen und erhöhen dadurch die Qualität der Bänder,
da eine Durchbiegung zu unterschiedlichen Dicken von Rand und Mitte, Planheit
genannt, führen würde. Neben der Durchbiegung führt auch die Walzenabplattung
durch elastische Deformation der Walzen zu Abweichungen von der planen Sollgeometrie. Dieser Dickenunterschied lässt sich durch einige Gegenmaßnahmen, die die
Walzenabplattung und Durchbiegung kompensieren sollen, minimieren. Üblicherweise werden dazu die Walzen ballig geschliffen, so dass ihr Durchmesser in der Mitte
leicht größer als am Rand ist. Leider kann diese Walzenanpassung nicht alle Varianten von auftretenden Planheitsfehlern beseitigen und ist nur auf eine Fehlerart abgestimmt. Dies macht diese Methode für den Einsatz unflexibel. Eine Möglichkeit, die
bei der Salzgitter AG zum Einsatz kommt, sind CVC-Gerüste (Continuous Variable
Crown). Diese Gerüste bestehen aus zwei bombierten Arbeitswalzen (flaschenförmig, wobei die Dicke nur um einige Millimeter variiert), die entgegengesetzt angeordnet sind und sich gegeneinander verschieben lassen. So kann der Walzspalt gezielt
auf die Anforderungen des jeweilig einlaufen Bandes eingestellt werden. Bei entsprechend schneller und genauer Regelung können Bleche mit engen Dickentoleranzen
in Breitenrichtung erreicht werden. Dabei können Bänder entsprechend ihrer Eingangsplanheit optimiert werden. Dieser Gerüstaufbau Kombination mit bombierten
Walzen erlaubt somit den flexiblen Ausgleich von Bandunplanheiten und Fehlern wie
Rand- oder Mittenwellen. So werden nachfolgende Prozessschritte zum Bandrichten
oder Dressieren nahezu überflüssig und der Ausschuss bei hohen erreichbaren Qua-
Die Herangehensweise
Seite 55
litäten minimiert. Mit wellenfreien Bändern in engen Maßtoleranzen können höhere
Preise erzielt werden. Durch den Einsatz dieses flexiblen Walzensystems lässt sich
somit direkt die erzielbare Wertschöpfung steigern.
Die Walzen sind während des Warmwalzprozesses hohen Belastungen ausgesetzt.
Um die Produkte in den gewünschten hohen Qualitäten liefern zu können, muss der
Prozess in engen Toleranzen ablaufen, dazu sind einwandfreie Walzen nötig. Um
dies zu gewährleisten, werden die Arbeitswalzen häufig, etwa täglich, getauscht. Mit
dem Walzenwechsel sind stets Ausfallzeiten des Walzwerks verbunden. Um diesen
Zeitraum, in dem keine Wertschöpfung erzielt wird, so kurz wie möglich zu halten,
werden zum einen möglichst langlebige Walzen eingesetzt. Diese erhöhen die
Standzeiten zwischen zwei Wechseln. Zum anderen ist bei der Gerüstkonstruktion
ein schneller Walzenwechsel vorgesehen worden. Zudem sind neben den Gerüsten
Freiflächen vorhanden, in denen fertige Walzensätze auf den folgenden Wechsel
warten.
Kaltwalzen: Aus dem Warmband wird Automobilblech
Nach dem Warmwalzen werden die für die Automobilindustrie vorgesehenen Bleche
kaltgewalzt. Dabei wird ihre Dicke nochmals auf üblicherweise 0,5 bis 3 mm verringert. Für Anwendungen außerhalb des Automobils werden auch andere Abmessungen und Prozessschritte gewählt, dieser Artikel beschreibt jedoch mögliche Prozesse
für die Automobilindustrie. Da eine Vielzahl von Werkstoffen zum Einsatz kommt und
diese gleichzeitig in einem breiten Spektrum an Bandbreiten und Dicken, sowie Behandlungszuständen verfügbar sein müssen, ist eine möglichst flexible Fertigung im
Bereich des Kaltwalzens notwendig. So werden abhängig von dem gewählten Werkstoff und dem gewünschten Endzustand gezielte Wärmebehandlungen vor und nach
dem Kaltwalzen durchgeführt. Kaltwalzen wird üblicherweise mit einer Ausgangstemperatur, die der Raumtemperatur entspricht, durchgeführt. Während des Walzens
in mehreren Gerüsten wird die Dicke schrittweise reduziert. Durch die Umformung
erwärmt sich das Band teilweise auf Temperaturen von 150 bis 200°C. Für einige
Werkstoffe wird das Walzen auch bei höheren Temperaturen als so genanntes
Halbwarmwalzen durchgeführt. Neben der Dicke des Bleches und dem eingestellten
Werkstoffzustand ist vor allem die Oberflächengüte von Bedeutung. Durch das Kaltwalzen von zunderfreien Bändern lassen sich durch hochwertige Walzen bereits
hohe Oberflächengüten einstellen. Für einige Anwendungen ist dies jedoch nicht
ausreichend und die Bänder werden gezielt an der Oberfläche behandelt. In einigen
Fällen wird einen Oberflächenbehandlung auch vor bzw. zwischen den Stichen des
Kaltwalzens aufgebracht, sofern die Oberflächenbehandlung die nachfolgende Umformung überstehen kann.
Maßgeschneiderte Produkte für den Leichtbau: Tailored Blanks
Für den Kunden wird der Einsatz optimaler Werkstoffe und Ausgangsmaterialen
immer wichtiger. Daher bietet Salzgitter AG auch „Tailored Blanks“ an. Diese zeich-
Seite 56
Die Herangehensweise
nen sich durch lokale Dicken- bzw. Werkstoffanpassungen an die Belastungen des
Bauteils aus. So werden zum Beispiel Bleche unterschiedlicher Dicke oder aus unterschiedlichen Werkstoffen gefügt. Dieses Fügen kann sowohl in Breiten- als auch in
Dickenrichtung („Patchwork“ genannt) erfolgen. Zudem besteht die Möglichkeit durch
flexibles Walzen einen kontinuierlichen Dickenübergang zwischen zwei Blechstärken
zu erreichen. Dies geschieht während des Kaltwalzens indem der Walzspalt flexibel
angepasst wird. Mithilfe dieser belastungsangepassten Tailored Blanks stellt die
Salzgitter AG den Kunden in der Automobilindustrie geeignete und auf ihre Wünsche
ausgerichtete Ausgangsbleche für den effektiven Karosserieleichtbau zur Verfügung.
So können neben dem Leichtbau durch Materialeinsparung durch Verwendung der
hochfesten Stahlsorten auch konstruktive Beiträge durch lokale Verstärkungen verwirklicht werden. Durch die Erweiterung des Produktspektrums um derartige Leichtbaustrukturen können dem Kunden Werkzeuge gegeben werden, um eigene Ziele
zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Umweltfreundlichkeit von Automobilen
umzusetzen. Diese Innovationen erhöhen die möglichen Erlöse für Stahlprodukte.
Wertschöpfung durch Produktvielfalt und Qualität
Um das Stahlband für die Anwendung zu optimieren, hierzu zählt vor allem der Korrosionsschutz, wird die Oberfläche behandelt. Dies kann z.B. durch Verzinken, aber
auch durch Lackieren erfolgen. Einige Oberflächenbehandlungen können nachfolgende Umformschritte ertragen und können so vor dem Kaltwalzen, oder dem Umformen zu den entsprechenden Blechteilen durchgeführt werden. Die Salzgitter AG
unterhält dazu verschiedene Anlagen mit denen jedem Kunden das für seine Anwendung optimale Blech gefertigt werden kann. Somit deckt die Salzgitter AG die verschiedensten Anforderungen der Kunden ab.
Neben den verschiedenen Stahlsorten mit ihren durch die chemische Zusammensetzung bestimmten Eigenschaften, den unterschiedlichen Behandlungszuständen wie
Wärmebehandlung, Walzgrad oder Beschichtung bzw. Lackierung kann ebenfalls
eine Vielzahl von Geometrien geliefert werden. Durch die Entwicklung von Blechen,
die bereits vor der Umformung lackiert werden können, konnte dieser Lackierschritt
in das Unternehmen verlagert werden und die Wertschöpfung entlang der Prozesskette gesteigert werden.
Mögliche Erweiterungen könnten bereits im Werk Salzgitter umgeformte Blechteile
darstellen, die dann als Umformteile statt als Coils zur Weiterverarbeitung gehen.
Dies könnte die Wertschöpfung innerhalb des Werks erhöhen, würde aber auch
abhängiger von den Kundenwünschen machen. Falls diese wechseln, müsste man in
der eigenen Fertigung erhöhte Umstellungen vornehmen.
Die Salzgitter-Mannesmann-Forschung
Die Salzgitter-Mannesmann Forschung (SZMF) als Tochter der Salzgitter AG bildet
die gesamte Prozesskette innerhalb des Werkes Salzgitter und darüber hinaus einige
Aspekte der Automobilherstellung und des Automobillebens in praktischen Versu-
Die Herangehensweise
Seite 57
chen und numerischer Simulation ab. So können dort zum Beispiel neue Stahllegierungen in Prinzipversuchen auf ihre Warmumformbarkeit und die damit erreichbaren
Qualitäten untersucht werden oder aber Coils aus dem vorhandenen Lieferprogramm
auf ihre Tauglichkeit für weitere Anwendungen untersucht werden. Die Schmelzeherstellung, d.h. die Roheisengewinnung und die Einstellung der chemischen Zusammensetzung, wird hierbei jedoch im Serienbetrieb vorgenommen. Teilweise werden
auch ganze Coils unter den Vorgaben der SZMF im Serienbetrieb verarbeitet und
erst nach der Warmband- oder Kaltbandstrasse dem Forschungszentrum zur Verfügung gestellt. Andere Beispiele für das Forschungsspektrum der SZMF stellen Versuche der Wärmebehandlung und des Kaltwalzens neuer oder bekannter Werkstoffe
dar. Auf diese Weise können vorhandene und neue Stahlwerkstoffe untersucht und
weiterentwickelt werden. Die Qualitätssicherung des Serienmaterials erfolgt hingegen
in einer nahegelegenen eigenen Abteilung für die Materialprüfung. Neben der Herstellung des Materials ist stets auch die Kenntnis über die Verarbeitung wichtig. Zur
Untersuchung der Verarbeitbarkeit der hergestellten Bleche stehen verschiedene
Prüfanlagen zur Verfügung. So können Versuche an Prinzipgeometrien durchgeführt
aber auch Tiefziehversuche an einer Tryoutpresse im nahezu industriellen Maßstab,
sowohl kalt als auch als Warmblechumformung, durchgeführt werden. Dies ermöglicht die Entwicklung und Vorhersage der Werkstoffeigenschaften im industriellen
Maßstab. Ebenfalls können die Fügevorgänge, sowohl das Schweißen, als auch das
Kleben untersucht und anhand von Prinzipversuchen beurteilt werden. Für die Untersuchung der Verzinkung bzw. Lackierung steht ebenfalls eine eigene Abteilung zur
Verfügung. Dort können die Möglichkeiten des Werkes abgebildet aber auch weiterentwickelt werden und mit dem Kunden abgestimmte Korrosionsschutzkonzepte
entwickelt werden. Anhand der Lackierversuche kann auch das Werkstoffverhalten
während des Lackierens untersucht werden und beispielsweise qualitätssteigernde
Effekte wie das „Bake Hardening“ für die entsprechenden Werkstoffe untersucht und
beschrieben werden.
Innerhalb der SZMF können mit Ausnahme der Lackierung alle Teile der Prozesskette auch numerisch untersucht werden. Somit bietet sie die Möglichkeit die Prozesskette kontinuierlich durch praktische Versuche und numerische Simulation zu kontrollieren und weiter zu entwickeln. Im Sinne der Kunden ist sowohl die Kontrolle als
auch die Weiterentwicklung notwendig und sichert langfristig die Stabilität des Wertschöpfungspotentials.
Zusammenfassung
Die Salzgitter AG integriert als Stahlhersteller, Weiterverarbeiter, Händler und Transporteur einen großen Teil der Prozesskette des Stahls in der Automobilindustrie.
Durch diese vertikale Integration lassen sich die Prozessschritte aufeinander abstimmen. Die jeweiligen Einzelprozesse sind im Rahmen der Möglichkeiten flexibel
ausgelegt und erlauben so ein breites Spektrum an hochqualitativen Produkten anzubieten. Gerade im Bereich der Nischenstähle und hochqualitativen Stähle lassen
sich anders als im Massenmarkt hohe Wertschöpfungen erzielen.
Seite 58
Die Herangehensweise
Dem Kunden stellt die Salzgitter AG neben dem eigentlichen Produkt auch die entsprechende Beratung zur Seite. Durch die vollständige Abbildung der Prozesskette in
der Forschung können heutige und künftige Angebote auf den Kunden zugeschnitten
werden und die spätere Anwendung optimiert werden. In den vergangenen Jahren
investierte die Salzgitter AG massiv in neue und innovative Fertigungsmöglichkeiten
und Modernisierungen und möchte dies in den kommenden Jahren fortführen. Der
Markt und der erzielte Gewinn honorieren diese breite Ausrichtung des Unternehmens.
Die Herangehensweise
Seite 59
4.2.2 Volkswagen AG
Wertschöpfung durch innovative Prozessketten
Benjamin Behmann; Institut für Produktionstechnik; Universität Karlsruhe
Dieser Bericht hat zum Ziel, die Exkursion nach Wolfsburg zur Volkswagen AG (VW)
sachlich zu beschreiben, einen Überblick über den VW Konzern zu geben sowie den
Besuch der Vertriebs- und Dienstleistungskomponente „VW-Autostadt“ darzustellen.
Für ein detailliertes Verständnis sollte hier erwähnt werden, dass bei VW im Rahmen
der Exkursion der Karosseriebau und die Endmontage des VW Golf V besucht wurde. Für ein ganzheitliches Verständnis der Wertschöpfungskette, vom Rohstoff Eisenerz bis hin zum fertigen Automobil, fand wenige Tage zuvor eine Exkursion zur
Salzgitter AG statt. Innerhalb dieser Exkursion konnte der Weg vom Eisenerz bis hin
zum verzinkten Stahlcoil verfolgt werden, welche VW als Halbzeuge in den Presswerken zu einer Golf V Karosserie weiterverarbeitet.
Um dem Leser einen umfassenden Einblick geben zu können, wird dieser Bericht
anfangs den VW-Konzern in Form von Kennzahlen, die Geschichte, das Produktportfolio und Reaktionen auf aktuelle technische sowie organisatorische Herausforderungen schildern, bevor im nächsten Kapitel auf die Exkursion und deren Erkenntnissen
eingegangen wird.
Überblick über den VW Konzern
Der VW Konzern mit Sitz in Wolfsburg gehört zu den führenden Automobilherstellern
weltweit. Im Jahr 2007 lieferte VW 6,189 Millionen PKW an seine Kunden aus, im
Jahr 2006 waren dies noch 5,734 Millionen PKW aller Konzernmarken. Entsprechend
konnte der Umsatz aus 2006 von 105 Milliarden Euro auf 108,9 Milliarden Euro ausgebaut werden. Nach Steuern betrug das Konzernergebnis im vergangenen Geschäftsjahr 2007 ca. 2,75 Milliarden Euro. Die Fahrzeugquote auf westeuropäischen
Straßen, also die Relation von VW Marken zu Fremdmarken, beträgt ein Fünftel
[VW-08].
Der VW Konzern unterhält hierzu 48 Fertigungsstätten in Europa, Asien und Afrika.
Der Großteil der Fertigungsstätten befinden sich in Europa: Deutschland, Belgien,
Bosnien-Herzegowina, Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen, Portugal, Russland, Spanien, Slowakische Republik, Tschechische Republik und Ungarn.
Außereuropäische Fertigungsstätten des VW Konzerns werden in Mexiko, Argentinien, Brasilien, Südafrika, Indien und in der Volksrepublik China unterhalten. Die
weltweite Beschäftigungsentwicklung des Konzerns kann folgender Abbildung entnommen werden.
Seite 60
Die Herangehensweise
Abbildung 30: Entwicklung der weltweiten Beschäftigung bei VW [VW-08].
Wie aus Abbildung 30 ersichtlich wird entsprach die Beschäftigung im Jahr 2006 der
aus 2002, wohingegen im Jahr 2007 ein Ausbau der Beschäftigung parallel zur Umsatzsteigerung stattgefunden hat.
VW Konzerngeschichte
1937- 1945
Die Gründungsgesellschaft des späteren VW-Konzerns war die „Gesellschaft zur
Vorbereitung des Deutschen Volkswagens mbh (GeZuVor)“, die den Zweck erfüllen
sollte, ein Fahrzeug zu produzieren, das sich große Teile der Bevölkerung kaufen
konnte. Gründungsort war Berlin. Erst 1948 wird der Gesellschaftssitz nach Wolfsburg verlegt [VW-08].
Die Gesellschaft nahm im April 1937 den Betrieb auf und produzierte in der Nähe von
Fallersleben (später Wolfsburg) bevor das Unternehmen im Jahr 1938 in „Volkswagenwerk GmbH“ umbenannt wurde. Chefentwickler war Ferdinand Porsche. Während des zweiten Weltkriegs wurden zwischen 1939 und 1945 Rüstungsgüter durch
das Volkswagenwerk, auch unter Einsatz von ausländischen Zwangsarbeitern, produziert. Nach Ende des 2. Weltkrieges wurde das Unternehmen durch die Alliierten
beschlagnahmt und treuhänderisch der britischen Militärregierung übergeben. Diese
begann allmählich mit dem Aufbau der im zweiten Weltkrieg zerstörten Produktionshallen und mit der Produktion des Volkswagen Typ 1 (werksinterne Bezeichnung),
den legendären Käfer [Lew-98].
1945- 1960
Die Regierung der noch jungen Bundesrepublik Deutschland erwirkt, dass die Treuhänderschaft der britischen Militärregierung über das Unternehmen Volkswagen am
8. Oktober 1949 an die Bundesregierung übergeht und das Bundesland Niedersachsen mit der Verwaltung beauftragt wird. Analog zum Wirtschaftswunder, durch wel-
Die Herangehensweise
Seite 61
ches die Nachkriegsjahre charakterisiert sind, erfährt auch VW einen rasanten Aufschwung.
In den folgenden Jahren baut VW das Produktportfolio weiter aus, hinzu kommt beispielsweise die Serienproduktion des Volkswagens Transporter, der Typ 2, der den
Grundstein für die Marke VW- Nutzfahrzeuge legt. Entsprechend werden für die
Produktion des Transporters weitere Produktionsstätten in Hannover gebaut und die
Fertigung der Aggregate nach Kassel verlegt. Parallel zur technischen Entwicklung
gründet VW Töchterunternehmen in Kanada, Brasilien, USA und Frankreich, vorwiegend Vertriebsgesellschaften und Händlerorganisationen. So liegt der Exportanteil im
Jahr 1953 bei 44 % und im Jahr 1954 umfasst die deutsche Händlerorganisation 66
Großhändler, 239 Händler und 531 Vertragswerkstätten. Aufgrund des nationalen
und internationalen Erfolgs des Käfers konnte am 05. August 1955 die Fertigstellung
des 1.000.000 Käfers in Wolfsburg gefeiert werden [VW-08].
1960- 1975
Bis zum Jahr 1960 war das Unternehmen, die Volkswagen GmbH, in öffentlicher
Hand. Durch das VW-Gesetz, welches am 21. Juli 1960 in Kraft getreten ist, wurde
die GmbH in eine Aktiengesellschaft überführt („Volkswagenwerk Aktiengesellschaft“)
und teilprivatisiert, indem 60 % des VW- Stammkapitals in Form von Aktien an Privatpersonen ausgegeben wurden. Die restlichen 40% der Aktien behielten jeweils
das Land Niedersachsen und die Bundesrepublik Deutschland. Durch das VWGesetz wurden die Stimmrechte der Aktionäre eingeschränkt, d.h. dass kein Anteilseigner mehr als 20 % seiner Stimmrechte ausüben darf. Hintergrund für diese Klausel ist, dass der Einfluss der öffentlichen Hand auf den Automobilbauer trotz Minderheit gesichert werden sollte und VW vor feindlichen Übernahmen geschützt wird. Der
Europäische Gerichtshof entschied am 23. Oktober 2007, dass die Beschränkung
der Stimmrechtsanteile gegen EU-Recht verstößt [NDR-07].
Durch verschiedene Zukäufe in den folgenden Jahren, beispielsweise der Auto-Union
GmbH in Ingolstadt, die später mit den NSU Motorenwerke AG zur Audi NSU Auto
Union AG verschmolzen wird, erweitert VW seine Marken um Audi. Des Weiteren
wird das Produktportfolio in den verschiedenen Marksegmenten kontinuierlich ausgebaut. Als Sportwagen kommt der Scirocco hinzu oder der VW Passat in der Mittelklasse. Ebenso wird die Serienfertigung des VW-Golfs in Wolfsburg gestartet (1974),
der bis heute (Golf VI) noch in Wolfsburg gefertigt wird. Außerdem läuft der letzte
Käfer in Wolfsburg vom Band [VW-08].
1975- 1990
Die VW-AG startet in der ersten Hälfte des Jahres 1975 mit der Serienfertigung des
Polo in der Klasse günstiger Kleinwagen und der ein millionste Golf läuft zum Ende
des Jahres vom Band. Neben verschiedenen Produkteinführungen (Caddy, zweite
Generation Golf), wird die Audi NSU Auto Union AG in AUDI AG umbenannt und mit
der Sociedad Espanola de Automoviles de Turismo (SEAT) eine Lizenzvereinbarung
Seite 62
Die Herangehensweise
getroffen, um den Passat, Santana und Polo in Spanien zu produzieren. Später erwirbt VW 51% der Anteile an SEAT und baut die Mehrheit bis 1986 auf 75 % aus. Mit
Toni Schmücker, der am 10. Februar 1975 die Stelle des VW-Vorstandsvorsitzenden
antrat, wurde an neuen Plänen zur Ausweitung des Konzerns gefeilt. Unter Carl
Hahn werden diese Pläne in die Tat umgesetzt. 1982 handelt die „Volkswagen AG“
einen Probemontage-Vertrag mit der „Shanghai Tractor & Automobile Corporation“
aus, das den Beginn des China-Engagements von VW darstellt [VW-08].
1990 bis heute
Anfang der 90er Jahre übernimmt Volkswagen SKODA (Tschechien), gliedert das
Unternehmen als vierte Marke in den Konzern ein und unterstreicht damit die globalen Aktivitäten mit der Intention, auf den „Heimatmärkten“ der internationalen Kundengruppen als produzierendes Unternehmen präsent zu sein. Ebenso steigt der
Volkswagenkonzern in die Bankenbranche ein, um das Finanzierungsgeschäft für
PKW´s selbst in die Hand zu nehmen. Hierzu wurde die Volkswagen Finanz GmbH
zur Financial Services AG umformiert und erhält eine Vollbankenlizenz.
Ein Enkel des früheren Chefkonstrukteurs Ferdinand Porsches wird am 1. Januar
1993 Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, Ferdinand Piech. Dieser führt einige Umstrukturierungen durch, beispielsweise die Einführung der „Just-in-Time Produktion“. Darüber hinaus warb Piech sieben Mitarbeiter, unter anderem Jose Ignacio
Lopez, von General Motors ab, welcher angeblich Industriespionage betrieben haben
soll. Ein Vergleich zwischen Opel, GM und VW beendete den Skandal. Aufgrund der
Verflechtung von Politik (Land Niedersachsen), Aktiengesellschaft (VW), Betriebsrat
und Vorstand geriet VW in die Schlagzeilen oder Behauptungen von Vorteilsnahmen
wurden veröffentlicht (Opernballaffäre, Korruptionsaffäre um Peter Harz und VWBetriebsrat) [VW-08, Lew-98, Gri-08].
Darüber hinaus versucht die Volkswagen AG über Produkte und Zukäufe in die Luxusklasse einzusteigen. Entsprechend wird die Luxusmarke „Bentley Motor Cars
Ltd.“, „Bugatti“ und „Lamborghini“ als Sportwagenhersteller in Kleinserie in den Konzern integriert. Um den Kunden Emotionen des Autofahrens näher zu bringen wird im
VW-Stammwerk in Wolfsburg die „Autostadt“ eröffnet. Dieses neue Vertriebskonzept
vereint ein Dienstleistungs- und Kompetenzzentrum mit einem Freizeitpark.
Durch die Veröffentlichung der Porsche AG im Jahr 2005, größter Anteilseigner an
der Volkswagen AG zu werden, erwirbt Porsche 18,5% der VW Aktien und baut
diesen Anteil in den Folgejahren kontinuierlich aus und ist heute größter Aktionär vor
dem Land Niedersachen.
Die Herangehensweise
Seite 63
Abbildung 31: VW Werk Wolfsburg
Marken und Produktportfolio
Der VW-Konzern charakterisiert sich durch neun autark agierende Marken aus sechs
europäischen Ländern, die zusammen die verschiedenen Kundenzielgruppen abdecken. Folgende Auflistung gibt einen Überblick zu den Marken und ihren in Europa
angebotenen Typen [VW-08; Stand Febr. 2008]
•
Volkswagen PKW
Fox, Polo, CrossPolo, Golf, Golf Plus, CrossGolf, Golf Variant, New Beetle,
New Beetle und Cabriolet, Jetta, Eos, Scirocco, Passat, Passat Variant, Touran, CrossTouran, Sharan, Passat CC, Phaeton, Tiguan, Touareg
•
Audi
A3, A3 Sportback, A3 Cabriolet, S3, A4, A4 Avant, A4 Cabriolet, S4 Cabriolet,
RS4 Cabriolet, A5, S5, A6, A6 Avant, A6 allroad Quattro, S6, S6 Avant, RS6
Avant, A8, A8 L, S8, Q7, R8, TT Coupe, TT Roadster, TTS Coupe, TTS
Roadster
•
Bentley
Continental Flying Spur, Continental GT, Continental GTC, Arnage, Brooklands, Azure Convertible (Stand Dez.08)
•
Bugatti
Veyron 16.4, Gallardo Spyder, Murcielago, Murcielago LP640
•
Lamborghini
Gallardo, Gallardo LP560/4, Murcielago Roadster, Murcielago Roadster LP640
•
SEAT
Seite 64
Die Herangehensweise
Ibiza, Ibiza Cupra, Cordoba, Leon, Leon Cupra, Toledo, Altea, Altea XL, Altea
Freetrack, Alhambra
•
Skoda
New Fabia, New Fabia Combi, Fabia Sedan, Octavia, Octavia Combi, Octavia
Combi Scout 4x4, Octavia Combi Tour, Octavia RS, Superb, New Superb,
Roomster, Roomster Scout, Praktik
•
Volkswagen Nutzfahrzeuge
Caddy Kasten, Caddy Kombi, Caddy Life, Caddy Maxi Kasten, Caddy Maxi
Kombi, Caddy Maxi Life, California, Multivan, Caravelle, Transporter Kombi,
Transporter Kasten, Transporter Pritsche, Crafter Kasten, Crafter Kombi, Crafter Pritsche
•
Scania
Baureihen P, G, R (LKW), Scania OmniCity, OmniLink, OmniLine (Linienbusse), Irizar i4, Irizar Century, Irizar PB (Reisebusse).
Mit diesen Marken werden alle Kundenbedürfnisse vom preisgünstigen Kleinwagen
über sportliche Fahrzeuge bis zu Luxusautomobilen bedient. Darüber hinaus wird mit
der Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge die Zielgruppen nach Vans, Kleintransportern,
Pritschenwagen und Lastkraftwagen erreicht. Die Betriebsergebnisse der wesentlichen Geschäftsfelder können folgender Tabelle entnommen werden.
Die Herangehensweise
Seite 65
Tabelle 1: Absatz und Umsatz 3.Quartal 2008 [Zwi-2008]
Absatz
Tsd. Fahrzeu-
Umsatzerlöse
Umsatzerlöse mit
Operatives
Dritten
Ergebnis
2008
2007
2008
2007
2008
2007
2008
2007
2.820
2.756
55.806
54.712
45.026
44.889
1.889
1.383
Audi
970
902
25.799
25.260
16.120
15.928
2.059
1.813
Skoda
504
447
6.359
5.755
4.543
4.240
455
526
SEAT
291
306
4.046
4.439
2.954
3.490
-30
-12
7
7
927
1.045
870
985
82
107
349
316
7.636
6.648
5.722
4.576
283
148
13
-
1.800
-
1.800
-
227
-
-867
-843
-25.023
-24.258
792
502
-790
-433
4.856
4.574
85.432
80.958
85.432
80.958
4.919
4.279
ge/Mio. €
Volkswagen
PKW
Bentley
Volkswagen
Nutzfahrzeuge
Scania
Volkswagen
Finanzdienstleistungen
Volkswagen
Konzern
Aktuelle Herausforderungen
In diesem Kapitel wird exemplarisch herausgestellt wie der VW Konzern organisatorisch auf aktuelle Veränderungen reagiert. Hierzu wird das Beispiel der „Auto 5000
GmbH“ herausgegriffen und vorgestellt.
Um nicht nur die organisatorischen Herausforderungen zu berücksichtigen, soll ein
kurzer Überblick über die künftigen technischen Herausforderungen gegeben werden, speziell hinsichtlich Abgasnormen, CO2 Einsparung und alternativen Energieträgern.
Organisatorisch: Kostensenkungsprogramme
Auto 5000 GmbH
Aus der Standortdiskussion über den Fertigungsort des VW Touran im Jahr 1999/
2000, ob im Ausland oder in Wolfsburg, entstand unter dem damaligen Personalvorstand Peter Hartz das Projekt 5000x5000. Das VW Management stand vor der Herausforderung, dass der Produktionsstandort Deutschland zu teuer gegenüber dem
Ausland war.
Seite 66
Die Herangehensweise
Um dieses Problem zu lösen, war Ziel des Projektes, 5000 neue Arbeitnehmer mit
einer monatlichen Bruttovergütung von 5000 DM einzustellen und zu qualifizieren.
Zielgruppe der Rekrutierung sollte sich auf arbeitslose Personen oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Personen konzentrieren. Mit Hilfe dieses Modells sollte zusätzlich
zur Kosteneinsparung ein flexibles Beschäftigungsmodell mit flachen Hierarchien
geschaffen werden, indem auf die erste Führungsebene (Meister) Kosten- und Prozessverantwortung übertragen wurde. Die Qualifizierung beschränkte sich dabei
nicht nur auf die Anfangszeit, sondern jeder Mitarbeiter erhielt pro Woche ein Zeitkontingent, um an internen Qualifikationen teilzunehmen. Zusätzlich sollte die Arbeitsgestaltung attraktiver, professioneller und eigenverantwortlicher sein und so zur
Produktivität positiv beitragen. Insgesamt sollte damit ein sozialer und unternehmerischer Nutzen in Einklang gebracht werden [Sch-06a]. Zur Realisierung wurde hierfür
die Auto 5000 GmbH gegründet und der Fertigungsauftrag der GmbH übertragen.
Damit wurde der Touran auf dem Werksgelände in Wolfsburg in ausgelagerten Hallen gefertigt. Später auch der SUV-Tiguan.
Das Projekt wurde wissenschaftlich begleitet und war wirtschaftlich sowie sozial sehr
erfolgreich [Sch-06b]. Die Mitarbeiteranzahl wuchs auf ca. 4000 Personen an, die
GmbH erzielte die besten Konzernergebnisse unter Produktion hoher Qualität und
bei gleichzeitig positiver Einschätzung durch die Mitarbeiter über die verbesserten
Arbeitsbedingungen und Mitarbeiterbeteiligung am Ertrag.
Der VW Konzern wird das Projekt Auto 5000 beenden. Als Begründung wird zum
einen die Intention einer einheitlichen Tarifstruktur im Hause VW genannt, darüber
hinaus mussten die Produktionen auf dem Werksgelände teilweise zusammengelegt
werden, was dazu führte, dass Angestellte für die gleiche Leistung am gleichen Ort
unterschiedliche Bezahlungen erhielten. Darüber hinaus konnte sich die IG Metall mit
ihren Forderungen durchsetzen, die unterschiedlichen Leistungsbedingungen zu
verbessern. [Schn-08]
Technisch: Erfüllung der Umweltschutzziele
VW hat sich dem Umweltschutz verpflichtet und als ein strategisches Unternehmensziel formuliert. In einer Presseerklärung teilt VW mit, die Langfriststrategie zu ändern,
in den beiden nächsten Jahren neue umweltfreundliche Autos auf den Markt bringen
zu wollen und jährlich mehr als acht Milliarden Euro in neue Modelle und Umweltinnovationen zu investieren [Pres-08].
Zur Umsetzung bedeutet dies, die geforderten EU-Abgasnormen einzuhalten, den
Ausstoß des für die Klimaerwärmung verantwortlichen Treibhausgases CO2 der
Fahrzeuge durch Entwicklung neuer Antriebe zu reduzieren bei Verringerung des
Kraftstoffverbrauchs der Motoren. Eine Reaktion von VW ist die Konstruktion eines
Niedrigenergieautos. Ein Beispiel für ein Modell zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs ist nach Angaben von Volkswagen der VW Lupo 3L TDI, dem ersten in
Serie gebauten Niedrigenergieauto [VW-08].
Die Herangehensweise
Seite 67
Im Allgemeinen wird dieses Umweltbewusstsein aus drei Quellen getrieben. Zum
Einen sind hier die Europäischen Abgasnormen zu nennen, die den Ausstoß von
Kohlenmonoxid (CO), Stickstoffoxide (NOx) und Kohlenwasserstoffe in Form gesetzlicher Grenzwerte beschränken. Zum Anderen wird der Ausstoß von Kohlendioxid
(CO2), welches größter Bestandteil der Abgase von Verbrennungsmotoren darstellt,
für die Erwärmung des Weltklimas verantwortlich gemacht. So gehen 12% des CO2
Ausstoßes auf das Konto von Verbrennungsmotoren durch PKW und LKW [Bes-07].
Eine dritte Quelle wird durch die Tatsache gespeist, dass fossile Energieträger wie Öl
ein begrenzter Rohstoff sind und erheblichen Preisschwankungen ausgesetzt sind.
Entsprechend dieser Ursachen wird nach Antrieben geforscht, welche weniger Kraftstoff verbrauchen oder mit alternativen, bzw. regenerativen Energieträgern gespeist
werden können [Ste-08, Bir-08]. Beispiele hierfür können sein:
•
Brennstoffzelle
•
Erdgas
•
Hybridantrieb
•
Elektroantrieb aus Solar oder Kohle
•
Energieträger aus nachwachsenden Rohstoffen
So werden für die Zukunft verschiedene Ideen diskutiert, wobei feststeht, dass zukünftige Energieträger als Mix auftreten und entsprechend ein Mix aus Antriebsarten
zu erwarten ist. So bestimmt der Mobilitätsbedarf die Antriebsart: Elektroantriebe für
kurze Reichweiten, Range-Extender bei mittleren Reichweiten und Diesel- und Benzinmotoren für Langstrecken [Sche-08].
Exkursion
Präsentation der Golf V Entwicklung
Im Rahmen der Begrüßung im Besucherzentrum der Volkswagen AG werden die
Besucher anfangs in eine Art Kino geführt, in welchem sie der Betreuer, der durch
das VW Werk führt, empfängt. Im Rahmen der Begrüßung wird der Standort in
Wolfsburg kurz vorgestellt: So beträgt die Fläche des Standorts ca. 6 Quadratkilometer bei 1,6 km2 bebauter Hallenfläche. Komplett gefertigt werden hier von 43.600
Mitarbeitern, ohne der Mitarbeiter der Auto 5000 GmbH, der Golf V (die Umstellung
auf den Golf VI erfolgte erste einige Wochen nach unserem Besuch), Golf Plus, Touran und Tiguan. Die Begrüßung endet mit einer Filmpräsentation der Produktion des
Golf V von der Entwicklung am Reißbrett bis hin zur Auslieferung an den Kunden.
Anschließend werden die Besucher aus dem Kino in die sich anschließende Werkshalle geführt.
Die Werksbesichtigung selbst wird nicht per pedes, sondern in offenen Personenanhängern, gezogen von einem Golf Cabriolet, durchgeführt. Die Werksführung beginnt
anhand der Wertschöpfungskette der Produktion des Golf V, d.h. ausgehend von der
Seite 68
Die Herangehensweise
Anlieferung der Stahlcoils im Presswerk über den Karosseriebau, Lackierung und
Endmontage. Die Lackierung der Karosserien wurde während der Werksführung
ausgelassen, um direkt die Endmontage des Golf V zu besuchen.
Rundgang
Presswerk
Im Presswerk werden im ersten Bearbeitungsschritt von den angelieferten Stahlcoils
Bleche abgeschnitten und den vollautomatischen Presswerken zugeführt. Hier werden in Großserie mittels Kaltumformung (Tiefziehen) und Stanzen Blechwerkstücke
mit dreidimensionaler Geometrie hergestellt, die später durch Fügen zu Karosserieteilen zusammengesetzt werden.
Als Umformmaschinen werden vorwiegend weggebundene Umformmaschinen eingesetzt, hier vor allem Kurbelpressen, teilweise auch kraftgebundene hydraulische
Presswerke. Die vollautomatischen Pressenstraßen sind eingebettet in eine klassische Fließfertigung, in welcher die Stationen synchron arbeiteten. Alle manuellen
Tätigkeiten sind auf ein Minimum reduziert. Der Großteil der Bestückung der Umformmaschinen mit Blechen erfolgt mittels Robotertechnik oder Fördertechnik. Manuelle Tätigkeiten ergeben sich ausschließlich durch Überwachung und im Rahmen
der Qualitätssicherung, indem ein Großteil der gestanzten Bleche haptisch und optisch in einem Lichttunnel in der Produktion getestet werden. Darüber hinaus gibt es
Vermessungsstationen, in welchen definierte Messpunkte automatisiert vermessen
werden. Darüber hinaus werden Stichproben gezogen, die in Prüflaboren detailliert
vermessen werden. Die dreidimensionalen Blechteile werden im nächsten Schritt
zum Karosseriebau transportiert. Als Transportmittel werden für Kleinteile Boxen und
Stapler verwendet, für größere Teile Hängeförderer.
Karosseriebau
In der nächsten Stufe der Wertschöpfungskette werden nun die Blechteile zu einer
Karosserie durch Schrauben, Kleben oder Schweißen verbunden. Hierbei wird eine
PKW-Karosserie in vier Baugruppen unterteilt
•
Unterboden
•
Radhäuser
•
Seitenteile und Dach
•
Heckklappe und Motorhaube,
wobei jede Baugruppe wiederum aus verschiedenen Blechteilen besteht. So besteht
eine Möglichkeit darin, erst die Baugruppe Unterboden zu fertigen, die Radkästen
anzubringen, die Seitenteile, bzw. Dach anzuschweißen und im letzten Schritt die
Motorhaube sowie die Heckklappe zu montieren.
Die Herangehensweise
Seite 69
Als Fertigungsverfahren wird hauptsächlich das Fügen durch Schweißen verwendet,
speziell das Punktschweißen, wenn das Material elektrisch leitfähig ist. Für längere
Schweißnähte wird auch das Laserschweißen verwendet, bsp. zur Befestigung der
Seitenteile am Unterboden.
Hinsichtlich Produktionsumgebung werden bei der Golf V Produktion hauptsächlich
Schweißroboter eingesetzt, für den Transport von Station zu Station entweder Hängeförderer oder Fließbänder. Entsprechend werden die Baugruppen in vollautomatisierten flexiblen Vorrichtungen fixiert. Manuelle Handarbeit findet nur in der Bestückung und Qualitätskontrolle statt. Eine große Herausforderung der Golf V Produktion besteht in der Tatsache, dass auf einer Fertigungslinie alle Varianten des Golf und
des Golf Plus gefertigt werden. Aufgrund der Tatsache, dass der Golf Plus gegenüber dem Golf V etwas höher ist und der Kunde 3- oder 5-Türer bestellen kann, unterscheiden sich entsprechend die Karosserien. Die Produktionsanlagen sind flexibel
gestaltet, sodass auf den Anlagen alle Varianten von Golf und Golf Plus in beliebiger
Reihenfolge nach Kundenbestellung produziert werden.
Vor der Verschraubung der Heckklappe und Motorhaube mit der Karosserie wird die
Karosse direkt in der Produktion Laservermessen, um sicherzustellen, dass die Fertigungstoleranzen eingehalten wurden und teure Nacharbeit vermieden wird. Nach
einer positiven Prüfung werden die Türen, die Hecklappe und die Motorhaube befestigt.
In der letzten Station der haptischen und optischen Qualitätskontrolle werden mittels
eines Lichttunnels zur Erkennung von Oberflächenfehlern die Schweißnähte sowie
die Blechteile auf Form kontrolliert bevor im letzten Arbeitsgang jedes Auto mit einem
Strichcode versehen wird, damit in der Montage jedes Auto die bestellte Farbe erhält
und in das Fahrzeug die richtige Ausstattung montiert wird.
Lackiererei
Im Rahmen des Rundgangs wurde die Lackiererei nicht besucht. Zur Vollständigkeit
werden allerdings die Arbeitsabläufe kurz beschrieben.
In einem ersten Arbeitsschritt wird die Karosserie in Tauchbädern gewaschen und
entölt. Im Anschluss wird mittels kathodischer Tauchlackierung (KTL) eine Grundierung aufgetragen. Die kathodische Tauchlackierung ist eine elektrochemische Lackierung, bei welcher das zu grundierende Werkstück eine unterschiedliche elektrische Ladung trägt als die Grundierungspartikel. Die kathodische Tauchlackierung
dient als Korrosionsschutz und bietet die Möglichkeit große und komplexe Teile in
großer Stückzahl zu lackieren. Dabei wird im Tauchbad die Karosse gedreht, damit
die Grundierung in alle Winkel der Karosse gelangt.
Nach Trocknung der Grundierung werden die Karosserien entstaubt und mit der
bestellten Farbe lackiert. Diese Lackierung findet durch Roboter in einer Lackierzelle
statt. Nach diesem Arbeitsschritt werden alle Fahrzeuge mit einem Klarlack behan-
Seite 70
Die Herangehensweise
delt. Bei Speziallacken oder Metallic-Lackierungen werden bis zu sieben verschiedene Lack- und Funktionsschichten aufgetragen.
In einer anschließenden Qualitätskontrolle wird die Farbe sowie der Glanz der Lackierung mit Hilfe eines Lichttunnels kontrolliert. Die lackierten Karosserien werden
daraufhin der Montagehalle übergeben.
Montage
Im ersten Schritt der Montage werden die lackierten Türen aus der Karosserie herausgenommen. Der Ausbau der Türen erfüllt dabei mehrere Ziele: Erstens haben
die Mitarbeiter mehr Platz zur Montage der Innraumausstattung und die Türen können nicht an den Montagehilfen anschlagen oder beschädigt werden. Darüber hinaus
wird Produktionszeit eingespart, da die Türen in einer parallelen Montagelinie mit
Verkleidung, Scheiben, Kabelbäumen und Stellmotoren zusammengebaut werden.
Als Produktionsprinzip kommt hier die Fließfertigung zum Einsatz vermischt mit einer
Gruppenfertigung. Innerhalb einer Gruppe ist jeder Mitarbeiter in der Lage, alle Tätigkeiten auszuführen, hierdurch wird eine Monotonie des Arbeitsplatzes verhindert und
die Gruppe kann sich selbst organisieren.
Im nächsten Arbeitsschritt wird mit einer speziellen Hubeinrichtung das Cockpit in
den Fahrzeuginnenraum gehoben und dort verschraubt. Das Cockpit umfasst hierbei
die komplette Frontausstattung unterhalb der Windschutzscheibe: die Bedieneinrichtungen für Fahrer und Beifahrer, Staufächer sowie Radio oder Navigation. Die Fahrzeuge hängen hierbei an Hängeförderern. Im nächsten Arbeitsgang erfolgt die Hochzeit. Unter Hochzeit wird der Zusammenbau des bereits montierten Fahrwerks in die
lackierte Karosserie verstanden. Das Fahrgestell selbst besteht aus den Bremsen,
Achsen, Getriebe, Stoßdämpfer, Motor und Motorsteuerung. Hierfür ist zwingend
erforderlich, dass zum richtigen Zeitpunkt das richtige Fahrwerk mit dem richtigen
Motor zur Verfügung steht, wenn die PKW-Karosse auf der Montagestation ankommt.
Um dies zu realisieren, ist die Montagehalle der Golf Produktion in verschiedene
Ebenen unterteilt. An der Decke werden die großen Komponenten an die Montagelinie befördert, in der mittleren Hallenebene erfolgt die PKW Montage und aus der
untersten Hallenebene werden die Fahrwerke nach oben in die Karosserie gehoben,
dort verschraubt und die Kabelanschlüsse verlegt und eingesteckt.
Im Anschluss an die Hochzeit wird der weitere Ausbau der PKW vorgenommen. So
werden die Front- und die Heckscheibe eingesetzt und verklebt, die Räder montiert
sowie die restliche Innenausstattung wie Verkleidung, Böden oder Notfallrad montiert. Damit in jedes Auto die richtigen Einbauteile gelangen, klebt an der Motorhaube
eine Liste mit der genauen Bezeichnung des Typs und einer Auflistung aller Teile, die
in das Fahrzeug montiert werden müssen.
In der Prozesskette geht es mit dem Einbau der Sitze, der Montage der Stoßstangen,
der Beleuchtungseinrichtung, des Tanks, und anderen Teile weiter, wobei die Sitze in
Die Herangehensweise
Seite 71
parallelen Fertigungslinien zusammengebaut und nur zum Einbau an das Montageband befördert werden.
Erst im letzten Montageschritt werden die Türen, die zu Anfang von der Karosserie
abmontiert wurden, an die Fertigungslinie geliefert. In der Zwischenzeit wurden die
Türen mit Fenstergläsern, Außenspiegeln und Verkleidung bestückt. Die Türen werden nun am PKW wieder befestigt und der Kabelbaum für die Fensterheber und
Außenspiegelheizung im Rumpf angeschlossen. Zur lückenlosen Dokumentation
endet jeder Arbeitsschritt damit, dass jeder Mitarbeiter auf dem PKW Begleitschein
seine Tätigkeit per Stempel dokumentiert.
Abschließend wird jedes Fahrzeug betankt und auf einem Rollenprüfstand die technische Funktionsfähigkeit überprüft. Im Rahmen einer weiteren manuellen Endkontrolle werden alle Details des Fahrzeugs vor seiner Auslieferung getestet. Je nach
Bestellung wird das Fahrzeug entweder an die VW-Händler überführt oder in die auf
dem Werksgelände der Autostadt stehenden VW Türme gefahren, wo der Kunde
selbst das Fahrzeug abholt.
Zur Vervollständigung der Exkursion wurde im Anschluss die VW-Autostadt besucht.
Abholung und Vertriebskonzept: VW Autostadt
Direkt am Werksgelände in Wolfsburg wurde am 01. Juni 2000 die VW Autostadt
eröffnet. In diesem Park, als Dienstleistungs- und Vertriebskonzept gestaltet, werden
alle Marken des VW Konzerns in verschiedenen Pavillons präsentiert, die die unterschiedlichen Philosophien der Marken des Volkswagenkonzerns aufgreifen. Beispielsweise wird die Edelsportmarke Lamborghini in einer lautstarken Präsentation
mit einem an der Hallenwand aufgehängten Lamborghini dargestellt, während sich
der Motorensound mit Sturm- und Hagelsound vermischt. Der Audi Pavillon lädt
dagegen mit Erfrischungen und Videopräsentationen ein, um die ganze Produktpalette von Audi kennenzulernen. Ergänzt wird das Konzept um das Automuseum, welches einen chronologischen Überblick alle Marken und Typen des VW-Konzerns
präsentiert. Verschiedene Attraktionen und Veranstaltungen, die auf die jeweiligen
Jahreszeiten abgestimmt sind, erweitern diesen Park.
Hintergrund der Autostadt ist zum einen die Schaffung einer Präsentationsfläche als
Teil eines Vertriebskonzeptes, aber auch das Vermitteln einer Emotion „Kraftfahrzeug“. So ist in der Autostadt das Abholzentrum integriert, in welchem, unter persönlicher Betreuung, jeder Kunde sein Fahrzeug abholen kann, nachdem er ausgiebig
die Attraktionen der Autostadt besucht hat. Für die Aufbewahrung der Fahrzeuge
stehen zwei gläserne Türme zur Verfügung, in welchen die Abholfahrzeuge gelagert
und per Aufzug in die Auslieferungshalle gelangen.
Seite 72
Die Herangehensweise
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[Bir-08]
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Antwort auf den Toyota-Weg?, VSA-Verlag, Hamburg, 2006.
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[Ste-08]
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Deutsche Wissenschaftliche Gesellschaft für Erdöl, Erdgas und Kohle (DGMK),
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http://www.volkswagenag.com/vwag/vwcorp/info_center/de/publications/publicati
ons.standard.acq/icr-2interim_reports/index.html (15.12.2008)
Die Herangehensweise
4.2.3
Seite 73
Sennheiser electronic GmbH & Co. KG
Tim Klemke; Institut für Fabrikanlagen und Logistik; Leibniz Universität Hannover
Die Sennheiser electronic GmbH & Co. KG wurde 1945 als „Laboratorium Wennebostel“ durch Prof. Dr. Fritz Sennheiser am Stammsitz Wennebostel in der Wedemark (Region Hannover) gegründet. Heute ist Sennheiser ein international tätiges
Unternehmen, dessen Produktangebot von Kopfhörern über Mikrofone und drahtlose
Mikrofon-Systeme bis zu Konferenz- und Informationssystemen sowie Aviation- und
Audiologie-Produkten reicht. Das Unternehmen befindet sich noch heute in Familienbesitz, der Hauptstandort liegt weiterhin in der Wedemark. Neben dem Standort
Wennebostel produziert das Unternehmen in Burgdorf (Region Hannover), Irland
(Tullamore) und den USA (Albuquerque, New Mexico). Die Mitarbeiterzahl von
Sennheiser liegt weltweit bei ca. 2000 - ungefähr die Hälfte davon ist in Deutschland
tätig. Sennheiser generiert jährlich einen Umsatz von rund 395 Millionen Euro.
Besuchsort der Exkursion
Im Rahmen der WGP Sommer Schule wurde der Sennheiser-Hauptstandort in Wennebostel besucht. An diesem Standort produziert Sennheiser drahtgebundene Sennheiser-Mikrofone, Neumann-Mikrofone, Hör-/Sprechgarnituren sowie Mikrofon- und
Kopfhörerkapseln. Dort arbeiten zurzeit etwa 900 Personen. Im Jahr 2009 wird der
bestehende Standort um ein Produktions- und Technologiezentrum erweitert. In
einem neuen Gebäude entstehen dann auf zwei Ebenen zusätzlich ca. 5000 Quadratmeter Produktionsfläche. Ab Ende 2009 werden in diesem Gebäude die Mitarbeiter des Standorts Burgdorf einziehen (ca. 200) und Sennheiser Drahtlostechnik sowie
Mikrofone herstellen.
Ablauf und Inhalte der Exkursion
Nach der Begrüßung durch die Sennheiser-Vertreter Herrn Dr. Axel Schmidt (Director Engineering) und Herrn Thomas Weinzierl (Director Production (Germany)) wurde
das Unternehmen vorgestellt. Im Anschluss erfolgte eine Werksführung. Schwerpunkte waren neben der Vorstellung einiger Sennheiser-Produkte die automatische
Montage für Mikrofone mit großen Stückzahlen sowie die manuelle Montage für
Produkte mit geringerem Absatzvolumen. Zudem wurde der Bereich, in dem Studiomikrofone produziert werden, besucht. Diese stellen in Bezug auf ihre Herstellung
sehr hohe Anforderungen an die Produktionsbedingungen (z.B. müssen einige Komponenten des Mikrofons im Reinraum gefertigt werden).
In seinem Vortrag „Wandlungsfähigkeit - ein Hebel zur Wertschöpfungsmaximierung
von Produktionsunternehmen" erläuterte Herr Dr. Axel Schmidt anschließend die
allgemeine Bedeutung der Wandlungsfähigkeit für Unternehmen im produzierenden
Seite 74
Die Herangehensweise
Gewerbe. Dabei hob er besonders die Menschen bzw. die Mitarbeiter als wichtigen
Faktor bei der erfolgreichen Ausgestaltung wandlungsfähiger Systeme heraus.
Auch für Sennheiser sei die Wandlungsfähigkeit von enormer Bedeutung. Der beschriebene Fabrikneubau wurde daher nach den aktuellsten Erkenntnissen der Fabrikplanung sowie der Wandlungsfähigkeit geplant. Beispiele dafür sind die veränderbare IT-Infrastruktur und die interne Skalierbarkeit des Gebäudes.
Neben der Wandlungsfähigkeit spielte bei der Ausplanung der Fabrik u. a. zudem die
Kommunikation eine wichtige Rolle. Diese wird z. B. durch transparente Wände in
Bereichen, in denen eine Abtrennung nötig ist, unterstützt.
Abschließend unterstrich Herr Dr. Axel Schmidt die Notwendigkeit einer systematischen Planung der Wandlungsfähigkeit. Diese sei notwendig, um das richtige Verhältnis von Nutzen und Aufwand in einer Fabrik sicherzustellen.
Die Arbeitsergebnisse
5 Die Arbeitsergebnisse
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Die Arbeitsergebnisse
Die Arbeitsergebnisse
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Die Arbeitsergebnisse
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Die Arbeitsergebnisse
Die Arbeitsergebnisse
5.1
Seite 85
Zukunftssichernde Fertigungstechnologien
Christian Fischer, Johannes Hörber;
Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik; Universität Erlangen-Nürnberg
Zur Erlangung von zukunftssicheren und zukunftssichernden Fertigungstechnologien
am Standort Deutschland besteht die Notwendigkeit, sowohl etablierte als auch neu
eingeführte, moderne Prozessketten weiter zu optimieren, um deren Effizienz und
Leistungsfähigkeit und somit die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen.
Dazu können als Ergebnis der im Rahmen der Sommer Schule durchgeführten Exkursionen und Arbeitsgruppen mehrere Ansatzpunkte definiert werden, um bislang
weitgehend unberücksichtigte Wertschöpfungspotentiale in den Prozessketten der
Industrie zu identifizieren und zu nutzen. Grundsätzlich sehen die Sommerschüler
vor allem in den drei Teilbereichen „Fertigungstechnologie“, „Organisation“ und
„Mensch“ konkreten Handlungsbedarf, um heutige Prozesse und Prozessketten für
zukünftige Herausforderungen auf dem Weltmarkt anzupassen.
Dabei kann für das Gebiet der Fertigungstechnologien ein Bedarf an neuartigen und
verbesserten Anlagensystemen zur Erhöhung der Produktivität ausgemacht werden.
Weitere Potentiale ergeben sich durch die Entwicklung neuer Verfahren, die die
Basis für moderne Prozessabläufe bilden oder in bestehende Prozessketten integriert werden können. Dadurch wird unter Umständen eine Veränderung des Ablaufs
einzelner Prozessschritte notwendig. Eine gezielte Variation der Prozessreihenfolge
kann in Folge einer ganzheitlichen Betrachtung ebenfalls zu einer deutlichen Steigerung der Wirtschaftlichkeit einer Prozesskette führen.
Um eine einheitliche Definitionsgrundlage für die Tätigkeiten im Rahmen der Sommer
Schule zu schaffen, wird der Begriff Fertigungstechnologie wie folgt definiert:
„Die Fertigungstechnologie umfasst sämtliche wertschöpfenden Vorgänge und Anlagen, die zur Herstellung eines Produktes notwendig sind.“
Die einzelnen Tätigkeitsschritte bzw. Systeme werden durch die Umwandlung und
den Austausch von Material, Energie und Information miteinander verknüpft. Durch
ihre physikalische und logische Aneinanderreihung ergibt sich eine Prozesskette.
Wie sich gezeigt hat, ist die Entwicklung einer allgemeingültigen Vorgehensweise bei
der Optimierung bestehender Prozessketten äußerst schwierig und nicht zielführend.
Zu groß sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Ketten und zu komplex die
Zusammenhänge zwischen den einzelnen Kettengliedern. Im Rahmen einer ganzheitlichen Betrachtung der Prozesskette muss vielmehr aus einem Portfolio an Strategien ausgewählt werden, die unter Umständen auch miteinander kombiniert werden müssen.
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Die Arbeitsergebnisse
Forschungsarbeiten sollten deshalb darauf ausgerichtet sein, die ermittelten Handlungsfelder „Anlagen“, „Verfahren“ und „Prozessabfolge“ durch unterschiedliche
Strategien zu modifizieren. Zu diesen zählen die Substitution, die Kombination, die
Elimination, die Verlagerung und die Optimierung einzelner Prozessschritte sowie die
Modifikationen ihrer Reihenfolge.
So kann zum Beispiel in Folge von Optimierungsmaßnahmen die Leistungsfähigkeit
einzelner Anlagen durch höhere Präzision oder gesteigerte Bearbeitungsgeschwindigkeit vergrößert werden. Die Erweiterung des Prozessfensters führt speziell bei
Anlagen, die in der Fertigungsabfolge einen Engpass bilden, zu sinkenden Kosten
und einer Produktivitätssteigerung der kompletten Kette. Damit verknüpft sind innovative Lösungen in der Automatisierungstechnik, die ein Abwandern von Wertschöpfung aus manuellen Tätigkeiten in Länder mit niedrigem Lohnkostenniveau entgegenwirken. Aus einer, durch umfangreiche Forschungsarbeit erzielten, Effizienzsteigerung verschiedenster fertigungstechnischer Verfahren lassen sich ebenfalls
Betriebskosten senken, ohne Abstriche bei wichtigen Prozessparametern hinnehmen
zu müssen. Eventuell entfallen durch derartige Optimierungsvorgänge ein oder mehrere nachfolgende Prozessschritte. Beispielsweise kann die Substitution eines konventionellen Drehverfahrens durch das Hartdrehen dazu führen, dass ein nachfolgender separater Schleifvorgang und die damit verbundene Anlage überflüssig werden. Dabei wird die gleiche bzw. sogar eine höhere Genauigkeit erreicht. Möglich
wird diese Substitution erst durch den Einsatz moderner Schneidstoffe wie CBN
(kubisches Bornitrid). Weiterhin kann die Ersetzung von Schweißen durch Kleben als
Beispiel für eine Substitution angeführt werden, welche besonders in der Luftfahrtindustrie Anwendung findet.
Zusammen mit einer Verkürzung der Prozesskette eröffnet auch eine Modifizierung
hinsichtlich Flexibilität und Wandlungsfähigkeit neue Potentiale. Für die Anpassungsstrategie ist es notwendig, dass verschiedenste Anlagen effizient miteinander kombiniert werden können. Zum einen erfordert dies eine Anpassungsfähigkeit der Anlagen selbst, was durch eine geeignete Modulbauweise oder einem Aufbau nach dem
Baukastenprinzip erreicht werden kann. Gezeigt hat sich dies am Beispiel der Firma
Sennheiser, die im Rahmen der Sommer Schule besichtigt wurde. Zum anderen sind
Änderungen in der Reihenfolge oder eine Substitution einer oder mehrerer Anlagen
nur mit Hilfe von kompatiblen Schnittstellen realisierbar. Diese rücken insbesondere
bei der Kombination zweier Anlagen zu einem einzigen System in den Vordergrund.
Ebenso ist die Zusammenführung verschiedener Verfahren zu betrachten, die die
Bearbeitung bestimmter Materialien erleichtert bzw. überhaupt erst ermöglicht, was
sich am Beispiel des laser-unterstützten Zerspanens erklären lässt. Bei diesem hybriden Vorgang hilft die lokale Erwärmung mittels eines Lasers, auch Hochleistungswerkstoffe wie Siliziumnitridkeramik oder Titan- und Nickellegierungen zu zerspanen.
Als Beispiel für eine Kombination von Prozessabfolgen ist das Härten aus der Umformwärme zu nennen. Dieses auch als Presshärten bezeichnete Verfahren ist sehr
energieeffizient, da ein erneutes energieintensives Erwärmen nach dem Umformen
Die Arbeitsergebnisse
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entfällt. Zum Teil ist es mit Hilfe dieses sehr formgenauen Verfahrens sogar realisierbar, mit weniger Material eine höhere Festigkeit z. B. von Formblechen zu erreichen.
Neben dem Presshärten kann auch das oben bereits angesprochene Hartdrehen,
das einen nachträglichen Schleifprozess erspart, als Beispiel für die Elimination gelten. Hiermit wird der Wegfall eines Prozesses in einer Abfolge bezeichnet, was die
Prozesskette bei gleichbleibender Qualität des Produkts deutlich verkürzt. In diese
Kategorie fällt auch die Net-Shape-Fertigung, aus der einbaufertige Komponenten
hervorgehen, ohne dass eine weitere Bearbeitung erfolgen muss.
Weiterhin kann ebenso die Nutzung fremder Anlagentechnik einen erfolgreichen
Schritt hin zu einer effizienten Prozesskette darstellen. Aus verfahrenstechnischer
Sicht wird durch eine Auslagerung bestimmter Schritte bzw. durch eine externe Nutzung von neuartigen Verfahren eine in der Gesamtbetrachtung innovative Prozesskette geschaffen. Ein Beispiel stellt hier die Herstellung von Tailored Rolled Blanks
durch eine Kooperation der Salzgitter AG zusammen mit der Mubea GmbH dar,
wobei Bleche unterschiedlicher Dicke durch Walzen entstehen. Ebenso ist die Lackierung des Walzbandes im Stahlwerk anstatt einer aus dem Coil gefertigten Karosserie beim Automobilhersteller denkbar, wobei dieses Exempel noch weit von einer
realistischen Umsetzung entfernt ist.
Bei der ganzheitlichen Betrachtung der Prozessketten helfen Methoden wie z. B. die
Wertstromanalyse, um die Abfolge einzelner Prozessschritte zu optimieren. Softwarepakete wie MES (Manufacturing Execution System) oder ERP (Enterprise Resource Planing) leisten hierbei einen wertvollen Dienst und vereinfachen die Gewinnung übersichtlicher und aussagekräftiger Daten. Generell ist damit auch eine Änderung der Reihenfolge gegebener Prozesse nicht ausgeschlossen, was den
modularen Aufbau von Produktionskapazitäten bedingt.
Denn: Die wandlungsfähige Fabrik ist der Katalysator für Innovationen!
5.2
Organisation
Jan Schürmeyer; Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen; Leibniz
Universität Hannover
Dominic Gruß; Institut für Integrierte Produktion Hannover
Im globalen Wettbewerb ist ein zunehmend dynamischer und turbulenter „Produktionsmarkt“ entstanden, auf dem sich deutsche Produktionsstandorte verstärkt im
Wettbewerb um Produktionsaufträge befinden [SPA08a]. Das Agieren in solch einem
turbulenten Umfeld hat einen enormen Wandlungsdruck auf allen Ebenen eines
Unternehmens zur Folge [WIE05]. Für die Zukunft wird erwartet, dass flexible und
wandlungsfähige Leistungsanbieter deutliche Wettbewerbsvorteile erreichen können
indem neue Prinzipen für die Organisation gefunden werden [SPA08a]. Derzeit sind
Wandlungsprozesse jedoch immer noch durch eine lange Wahrnehmungs-, Ent-
Seite 88
Die Arbeitsergebnisse
scheidungs-, Planungs- und Realisierungszeit gekennzeichnet. Die Reaktionsfähigkeit ist daher eingeschränkt und der Änderungsaufwand hoch [DRA06].
Im Rahmen der WGP Sommer Schule 2008 identifizierten die Teilnehmer diejenigen
Bereiche der Unternehmensorganisation, in denen neue Ansätze und Prinzipien
erforderlich sind, um die Wandlungsfähigkeit produzierender Unternehmen zu
verbessern.
Als Handlungsbereiche wurden, wie in Abbildung 32 dargestellt ist, die Planung von
Abläufen, die Gestaltung von Informations- und Materialflüssen sowie die Logistik
identifiziert. Im Folgenden wird für jeden der organisatorischen Handlungsbereiche
beschrieben, mit welchen Themen sich Wissenschaftler und Unternehmen zukünftig
auseinandersetzen sollten, um die Wandlungsfähigkeit in der Produktion anforderungsgerecht zu erhöhen.
Abbildung 32: Organisatorische Handlungsbereiche
Planung von Produktionsabläufen
Um die Wandlungsfähigkeit von Produktionsabläufen zu gewährleisten, erscheint es
nach Ansicht der Teilnehmer der WGP Sommer Schule 2008 u. a. erstrebenswert
•
die Transparenz von Prozessketten zu erhöhen,
•
verteilte Wertschöpfungsstrukturen sowie in und zwischen Unternehmen eine
optimale Fertigungstiefe zu berücksichtigen,
•
die Möglichkeit der betriebsbegleitenden Simulation auszubauen sowie
•
den Grad der erforderlichen Wandlungsfähigkeit über eine Kosten-NutzenBewertung zu identifizieren.
Eine erhöhte Transparenz von Prozessketten würde die Möglichkeit bieten, z. B. über
eine eindeutige Definition von Schnittstellen Wandlungsprozesse innerhalb der Produktionsabläufe reaktionsschnell und aufwandsarm durchzuführen. Derzeitig ist
bspw. innerhalb von Fertigungssystemen eine geringe Wandlungsfähigkeit der Werkstücktransport und -wechseleinheiten festzustellen [HEI08]. Die Untersuchung der
Die Arbeitsergebnisse
Seite 89
Verteilung der Wertschöpfungsstrukturen in und zwischen Unternehmen erscheint
weiterhin von hoher Bedeutung. Bspw. könnte durch anpassungsfähige Netzwerke
auf eine steigende Marktunsicherheit und hohe Produktkomplexität reagiert werden
[Wil05]. Zudem könnten durch den Ausbau betrieblicher Simulationen bereits während der Planung Produktionsabläufe umfassend optimiert werden und durch einen
betriebsbegleitenden Einsatz frühzeitig auf Abweichungen aufmerksam gemacht
werden. Entscheidend für Unternehmen ist, den Grad der ökonomisch sinnvollen
Wandlungsfähigkeit zu identifizieren. Hierzu müssen neuartige Bewertungs- und
Planungsansätze entwickelt werden, welche es Unternehmen ermöglichen, zu entscheiden wann die Produktionsabläufe sich in welchem Umfang wandeln müssen
und welche Ressourcen frühzeitig aufgewendet werden sollen, um bei eintretender
Wandlungsnotwendigkeit schnell und aufwandsarm agieren zu können.
Die identifizierten Forschungsfelder innerhalb des Handlungsbereichs „Planung von
Produktionsabläufen“ wurden durch Eindrücke der Teilnehmer der Sommer Schule
und Gespräche mit Vertretern der besuchten Unternehmen bestätigt.
Die Abläufe in der Produktion der besuchten Unternehmen gestalteten sich sehr
verschieden. Bei der Stahlproduktion in Salzgitter kann der Betrieb der Hochöfen aus
technischen Gründen nicht unterbrochen werden, sodass ein Abgießen von Brammen in bestimmten Zeitabständen erforderlich ist. Die Produktion ist ausgesprochen
prozessbezogen, da die Wirtschaftlichkeit in einem extremen Maße von der Prozessstabilität abhängt und Unterbrechungen in der Produktion sehr hohe Ausfallkosten
nach sich ziehen. Diese gilt sowohl für die Roheisenerzeugung, als auch für die
Stahlproduktion sowie die Warm- und Kaltwalzwerke. Die Flexibilität bezüglich der
Herstellung verschiedener Stahlgüten und Blechstärken ist hierbei sehr hoch. Interessant bei diesem Stahlwerk waren zudem die über Jahrzehnte gewachsene Gebäudestruktur, die lange Transportwege des Materials erforderlich macht sowie der
hohe Grad der Automatisierung und damit verbundene relativ geringe Personaleinsatz.
Bei der Firma Sennheiser, einem Marktführer im Bereich hochwertiger Kopfhörer und
Mikrofone, erlebten die Teilnehmer der WGP Sommer Schule 2008 gänzlich andere
Produktionsbedingungen und Abläufe: Eine Vielzahl verschiedener Produkte mit
filigranen Bauteilen und komplizierten Arbeitsgängen. Je nach Stückzahl, in der Regel abhängig von der Produktqualität, sahen die Sommerschüler von einer Art Werkstattfertigung bis zur automatisierten Fließfertigung verschiedene Organisationen.
Die geforderte Qualifikation der Mitarbeiter ist hierbei aufgrund der Modellvielfalt und
damit auch der Vielfalt der Arbeitsgänge sehr hoch, was jedoch zusammen mit vielen
universell ausgestatteten Arbeitsplätzen zu einer hohen Flexibilität und Wandlungsfähigkeit der Produktion führt. Die Fertigung bei Sennheiser zeichnete sich durch
eine mittlere Fertigungstiefe und eine ausgesprochen produktbezogene Organisation
aus.
Seite 90
Die Arbeitsergebnisse
Informations- und Materialflüsse
Im Produktionsprozess von entscheidender Bedeutung ist ein schneller Zugriff auf
Informationen über den Materialfluss. Mit einer steigenden Anzahl von gleichzeitig in
der Produktion befindlichen Produktvarianten gewinnt diese Zugriffs- und Änderungsfähigkeit weiter an Relevanz für die Flexibilität der Produktion. Um diese Flexibilität
zu erhöhen, identifizierten die Teilnehmer der WGP Sommer Schule 2008 folgende
aussichtsreiche Handlungsfelder:
•
Standardisierung von Datenformaten über den gesamten Produktionsprozess,
•
Modularer Aufbau der Informationskette mit definierten Schnittstellen und
•
Kopplung von Informations- und Materialflüssen
Durch die rasante Entwicklung der Halbleiter-, Sensor- und Speichertechnologie
sowie der Mikroelektronik stehen für die Steuerung von Informations- und Materialflüssen sowie Fertigungsprozessen heute vielfältige neue technische Möglichkeiten
zur Verfügung. Diese Technologien stellen vielversprechende Lösungsansätze dar,
um die Flexibilität und die Wandlungsfähigkeit - bspw. durch Kopplung der Informations- an die Materialflüsse - deutlich zu verbessern. Etablierte Lösungen derartiger
Kopplungen sind beispielsweise am Produkt angebrachte 1-dimensionale Barcodes,
wie sie jeder aus dem Supermarkt kennt. Diese Verbindung von Produkt und auslesbarer Produktinformation (Artikel, Preis, Hersteller, Herstellland) mit der Verpackung
hat das Kassieren nicht nur deutlich erleichtert, sondern auch zur Vermeidung von
Fehlerquellen, wie falschen Auszeichnungen und Ablesefehlern beigetragen. Mit 2dimensionalen Codes lassen sich dabei die Informationsmengen deutlich erweitern.
Ein weiterer Fortschritt ist die sog. RFID-Technologie (Radio Frequency Identification). RFID-Chips können über elektromagnetische Wellen sowohl gespeicherte Informationen liefern, als auch zusätzliche Daten speichern. Die Informationen können
mit Hilfe eines Lesegerätes je nach Frequenztyp bis zu einer Distanz von mehreren
Metern ausgelesen und beschrieben werden und ermöglichen so in der Produktion
bspw. die teileindividuelle Speicherung sämtlicher relevanten Produktionsdaten direkt
am Produkt [GAE08]. Auch das Auffinden eines bestimmten Teiles ist somit möglich.
Durch diese Technologie kann die Flexibilität bei der Fertigung insbesondere im
Hinblick auf Produkte mit einer hohen Variantenvielfalt wie z.B. bei umfangreichen
Baukastensystemen deutlich gesteigert werden.
Trotz dieser neuen Technologien sind in Produktionsprozessen derzeit noch sehr
häufig mit dem Produkt oder der Charge mitlaufende Papierunterlagen zu finden, die
zwar meist bereits die Barcode-Technologie nutzen, jedoch mit Ausnahme handschriftlicher Vermerke keine Informationsergänzungen zulassen.
In Bezug auf die Informations- und Materialflüsse konnten die Teilnehmer der WGP
Sommer Schule 2008 bei den Unternehmensbesuchen der Firmen Salzgitter, Sennheiser und Volkswagen erhebliche Unterschiede sehen, die in den verschiedenen
Die Arbeitsergebnisse
Seite 91
Randbedingungen der Branchen begründet sind und u. a. stark von der Fertigungstiefe abhängen.
Bei der Flachstahlerzeugung dominieren primär technische Restriktionen wie die
Abstechintervalle der Hochöfen, Erwärmungs- und Abkühlzeiten die Materialflüsse.
Die Folgen der einzelnen Fertigungsschritte sind dabei zwingend. Der Materialfluss
ist insgesamt beschränkt auf eine überschaubare Anzahl von Komponenten wie
Eisenerz, Legierungselemente und sog. Zuschläge sowie die gefertigten Produkte.
Der gesamte Fertigungsprozess wird zentral überwacht und der Informationsfluss
kann im Hintergrund zentral gesteuert werden.
Bei der Firma Sennheiser sahen die Sommerschüler vollständig andere Randbedingungen bei den Elektronikprodukten. Die Vielzahl der Produktkomponenten und
Produkte sowie die Unterschiede ihrer Losgrößen und die hohe Anzahl komplizierter
Fertigungsschritte, z. T. in Reinräumen, erforderte verschiedene Fertigungsmethoden
zwischen werkstattartiger und vollautomatisierter Fließfertigung. Die Fertigungstiefe
war hier relativ hoch, zum einen aufgrund des Know-how-Schutzes, zum anderen um
die hohe Produktqualität sicherzustellen. Die Vielzahl an Montage- und Zukaufteilen
erfordert umfangreiche Lagerhaltung. Insbesondere bei der Fertigung kleiner Serien
vieler Produkte sind viele Halbfertigprodukte in verschiedenen Stadien im Fertigungsprozess gebunden, müssen transportiert und zugeordnet werden. Die Arbeitsplatzgestaltung bei der Kleinserienfertigung zeigte bei Sennheiser eine enorme Flexibilität und Wandlungsfähigkeit.
In Bezug auf den Informations- und Materialfluss sahen die Teilnehmer der WGP
Sommer Schule 2008 bei Volkswagen in Wolfsburg weitere interessante Lösungen
für eine typische Großserienproduktion. Während in der Karosseriefertigung primär
Halbzeuge verarbeitet werden - zunächst chargenweise, später am Fließband - werden bei der Montage viele vorgefertigte Baugruppen in den Prozess geführt, die
häufig bereits fahrzeugspezifisch ausgestattet sind. Dabei werden viele dieser Baugruppen und -teile von Zulieferern vormontiert und just-in-sequence geliefert, mit sehr
geringen Pufferlagerbeständen. Diese Produktionsweise zeigte uns den erheblichen
logistischen Aufwand und Bedarf an prozesssicherem Informationsfluss im Unternehmen.
Produktionslogistik
Die Produktionslogistik stellt den dritten wesentlichen Aspekt im Teilbereich Organisation in der Produktionstechnik dar. Als besonders vielversprechende Forschungsansätze in der Logistik wurden im Rahmen der WGP Sommer Schule 2008 folgende
abgeleitet:
•
Erhöhung der Flexibilität und Wandlungsfähigkeit von Supply Chains,
•
Entwicklung autonomer Lagerverwaltungen und Transportsysteme sowie
•
Entwicklung intelligenter Lagersysteme.
Seite 92
Die Arbeitsergebnisse
Flexibilität und Wandlungsfähigkeit von Supply Chains, auch Liefer- oder Wertschöpfungsketten, bedeutet eine schnelle Anpassung an sich ändernde Randbedingungen.
Dabei beschreibt Flexibilität eine Anpassungsfähigkeit an bekannte Szenarien.
Wandlungsfähigkeit geht darüber hinaus und beschreibt die Fähigkeit, sich – je nach
Anlass – reaktiv an Veränderungen anzupassen oder sich proaktiv zu entwickeln
[ARN08], sich also an zuvor unbekannte Szenarien anpassen zu können. Diese
Begriffe lassen sich auf die gesamte Produktion anwenden, spielen bei der Gestaltung einer effizienten Wertschöpfungskette jedoch eine entscheidende Rolle, da vor
allem das Finden neuer Zulieferer bei Produktänderungen aufwendig und mit hohen
Risiken verbunden ist.
Insbesondere bei sinkende Losgrößen und steigender Anzahl von Produktvarianten
sind Voraussetzungen zu schaffen, diese möglichst auf einer Produktionslinie fertigen zu können. Als Konsequenz muss sich die Logistik auf komplexe Anforderungen
hinsichtlich der Materialsteuerung, der Bestandsführung und des Transportes einrichten. Trotz verfolgter Baukasten- und Gleichteilestrategien sind die Konsequenz explodierende Sachnummernzahlen und hohe Bestandskosten [RIN07].
Weiterer Handlungsbedarf in der internen Prozesskette wird gesehen in der Entwicklung autonomer Lager- und Transportsysteme. Auch in diesem Feld ist ein hohes
Potenzial der oben beschriebenen RFID-Technologie zu vermuten. Denkbar sind
beispielsweise Transportsysteme, die je nach aktuell zu montierender Produktvariante, erkennbar an den ausgelesenen Daten des RFID-Chips an der Hauptkomponente, die entsprechenden Teile selbstständig dem Lager entnehmen. Ein Ziel dieser
Maßnahmen ist die Verkürzung der Durchlaufzeiten, was Unternehmen die Möglichkeit gibt, die Art der Auftragsabwicklung auch unter Gesichtspunkten der Lagerung
von Fertig- und Halbfertigprodukten zu gestalten [SPA08b].
Auch was die Produktionslogistik betrifft, hatten die Teilnehmer der WGP Sommer
Schule 2008 Gelegenheit, die verschieden realen Herausforderungen kennenzulernen. Die Logistik in dem Stahlwerk Salzgitter ist zunehmend vom bewegten Materialvolumen, von Erz, Koks, Brammen und Coils geprägt. Wobei dies nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass hier durch Kombinationen verschiedener Legierungen,
Blechqualitäten und Oberflächenbehandlungen eine sehr große Variantenvielfalt
existiert, die logistisch vom Auftragseingang bis zur Auslieferung koordiniert werden
muss.
Bei der Firma Sennheiser dagegen bestehen die Herausforderungen nicht nur in der
großen Palette der Endprodukte, sondern vor allem auch in der Menge der verschiedenen Zukaufteile und deren Montage sowie den stark zwischen den Produkten
differierenden Losgrößen. Gleichzeitige Herausforderung sind die Komplexität einzelner Arbeitsschritte und die große Differenz der für einzelne Schritte benötigten
Zeit.
Beim Automobilhersteller Volkswagen ist die Logistik strikt an ein variantenreiches
Massenprodukt angepasst. In der Montage werden häufig vormontierte und just-in-
Die Arbeitsergebnisse
Seite 93
sequence gelieferte Module verarbeitet und die Arbeitsgänge in der Fließbandfertigung sind zeitlich optimiert. Die hohe Teile- und Variantenanzahl sowie die der verschiedenen Zulieferer verdeutlicht hier eindruckvoll die Wichtigkeit einer guten Koordination der Supply Chain im gesamten Netzwerk der Wertschöpfung.
Literaturverzeichnis:
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Baumgarten, H.: Trends in der Logistik - Basis für Unternehmensstrategien, In: Logistik verbindet, 7. Deutscher Logistik-Kongreß '90, Bundesvereinigung Logistik (BVL), Band 1 (1990) S. 444-462.
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und Werkzeugmaschinen (IFW), Leibniz Universität Hannover, 2006.
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Nr. 12, S. 60-61.
[HEI08]
Heisel, U.; Bader, A; Maier, W.: Transfermoduloe wandlungsfähiger Produktionssysteme, In: wt-werkstattstechnik online Jahrgang 98 (2008)
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[RIN07]
Rinza, T.; Boppert, J.: Logistik im Zeichen zunehmender Entropie, In: VDI
(2007), Neue Wege in der Automobillogistik, Springer, S.18-28.
[SPA08a] Spath, D.; Hirsch-Kreinsen; Hinkel, S.: organisatorische Wandlungsfähigkeit produzierender Unternehmen – Unternehmenserfahrungen, Forschungs- und Transferbedarfe, Fraunhofer IRG Verlag, Stuttgart , 2008.
[SPA08b] Spath, D.; Rally, P.; Scholtz, O.: Geschäftsstrategien und wandlungsfähige
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[WIE05]
Wiendahl, H.P. et al.: Planung modularer Fabriken, Hanser Verlag, 2005.
[WIL05]
Wildemann, H. et al.: Wandlungsfähige Auftragsabwicklung als Voraussetzung für effizientes Produzieren in Netzwerken, In: Otto, K. et al.: Wirtschaftsinformatik 2005 – eEconomy, eGovernment, eSociety, PhysikaVerlag HD, S.83-101.
Seite 94
5.3
Die Arbeitsergebnisse
Interaktion: Mensch – Wertschöpfung in Produktionsprozessen
Nele Brenner; Bremer Institut für Produktion und Logistik; Universität Bremen
Alexander Götzfried; Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften;
Technische Universität München
Katrin Nothhaft; Lehrstuhl für Umformtechnik und Gießereiwesen; Technische Universität München
5.3.1 Einleitung
Welche Rolle hat der Mensch in der produktionstechnischen Prozesskette?
Ziel eines Unternehmers ist es, einen kontinuierlichen Ressourcenstrom zwischen
dem Unternehmen und seiner Umwelt aufrecht zu erhalten. Dies gelingt nur, wenn
die Faktoren Kapital und Arbeit möglichst effizient kombiniert werden. Damit die
Wertschöpfungskette nicht abbricht, ist parallel zum logistischen Ziel, die richtige Art
und Menge materieller Produktionsfaktoren zur richtigen Zeit und Qualität am richtigen Ort bereitzustellen, auch die Verfügbarkeit der richtigen Menge an Personen mit
den benötigten Qualifikationen notwendige Voraussetzung für den wirtschaftlichen
Erfolg. Dieses Ziel muss nicht nur in der Produktionsplanung angestrebt werden,
sondern muss bei der Entwicklung neuer Produkte und Verfahren beachtet werden.
Die Entwicklung innovativer Produktionsprozesse erfordert intensive Forschung und
immer auch die Zusammenarbeit verschiedener Unternehmensbereiche. Wirkliche
Innovationen, das heißt die erfolgreiche Umsetzung einer Idee auf dem Markt, können nur erreicht werden, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Angefangen
bei der Unternehmenskultur und der einer unter ergonomischen und sozialen Gesichtspunkten gestalteten Arbeitsumgebung, über geeignete Motivationsanreize und
Weiterbildungsangebote wird ein wertschöpfendes Umfeld geschaffen (Abbildung
33).
Mensch
Prozesskette
Qualifikation
Motivation
Personalpolitik
Arbeitsumgebung
Abbildung 33: Ebenen der Interaktion zwischen Mensch und Prozesskette.
Dabei sind nicht nur kreative Köpfe gefragt, sondern auch qualifizierte und motivierte
Mitarbeiter, die die Ideen in die Praxis umsetzen. Der Mensch stellt somit einen bedeutenden Faktor in der Wertschöpfungskette dar und ist Veranlasser von innovati-
Die Arbeitsergebnisse
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ven Prozessen sowie Umsetzer der Innovationen in wertschöpfende Prozesse. Ausgehend von der Rolle des Menschen in der produktionstechnischen Prozesskette
werden Ansätze aus der Systemtheorie, der Verhaltensforschung und Ergonomie
vorgestellt. Es wird diskutiert, wie das Potenzial innovativer Produktionsprozesse mit
mitarbeiterzentrierten Maßnahmen ausgeschöpft werden kann.
5.3.2 Sozio-technisches System
Welcher Zusammenhang besteht zwischen technischem und sozialem System?
Der Aufbau einer wettbewerbsfähigen Prozesskette in der Produktionstechnik bedarf
einer übergreifenden Strategie, die sowohl die technische, organisationale und soziale Dimension beachtet. Aus systemtheoretischer Sicht kann die Unterteilung in diese
drei Teilsysteme auf fabrikweiter Ebene erfolgen, oder sich auf kleinere Einheiten wie
Fertigungssysteme beziehen. Betrachtet man die Interaktion von sozialem, technischem und dem stets beteiligten organisationalen Teilsystem, spricht man von soziotechnischen Systemen. Sie zählen zu den offenen und dynamischen Systemen [1].
Das heißt, sie stehen über ihre Systemgrenze hinaus mit der Umwelt in Kontakt und
Austausch und verändern sich zudem ständig in Art und Größe. Das Konzept der
sozio-technischen Systemgestaltung betont explizit, dass Technologieeinsatz, Organisation und Einsatz von Humanressourcen gemeinsam optimiert werden sollen
(Abbildung 34). Das Zusammenspiel der drei Teilsysteme wird dabei ebenso betrachtet, wie die Interaktion innerhalb der einzelnen Systeme.
Organisations‐
struktur und ‐
kultur
Organisa‐
tionales
Teilsystem
Soziales Teilsystem
Organisationsmitglieder mit individuellen und gruppenspezifischen Bedürfnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten
Technisches Teilsystem
Produktionsprozesse, Betriebsmittel und Ressourcen
Abbildung 34: Dimensionen sozio-technischer Systeme
Die Beziehung zwischen sozialem und technischem System, also zwischen Mensch
und Maschine wird unter verschiedenen Gesichtspunkten in der Informatik, Arbeitswissenschaft und der Produktionstechnik [2] untersucht. Das Ziel ist die Optimierung
der Mensch-Maschine-Interaktion beispielsweise hinsichtlich dem Informationsaustausch oder der ergonomischen Gestaltung von Maschinenarbeitsplätzen.
Seite 96
Die Arbeitsergebnisse
Betrachtet wird die Beziehung zwischen Technik, Organisation und Mensch auf einer
gesamtwirtschaftlichen Ebene: Der Strukturwandel einer Gesellschaft zeigt sich in
Form von technologischem und (volks-)wirtschaftlichem Wandel sowie sozialen Veränderungen. Diese drei Ebenen bedingen sich gegenseitig. Zusammen bewirken sie
einen Wandel der Arbeitsorganisation und der Anforderungen an die Mitarbeiter
(Abbildung 35). Die heutzutage immer wieder geforderte Wandlungsfähigkeit wirkt
sich also auch auf die Arbeitsinhalte, Arbeitsmittel, Arbeitsmethoden und Arbeitssozialformen aus. Es ist daher unbedingt zu berücksichtigen, dass eine Innovation im
technischen oder betriebswirtschaftlichen Bereich nie getrennt von einer Innovation
(wenn auch inkrementellen) der Arbeitsorganisation zu betrachten ist.
Strukturwandel
Technischer Wandel
Wirtschaftlicher Wandel
Sozialer Wandel
Wandel der Arbeitsorganisation und der Anforderungen
Arbeitsinhalte
Arbeitsmittel
Arbeitsmethoden
Arbeitssozialformen
Abbildung 35: Strukturwandel und Wandel der Arbeitsorganisation [Teil aus [3]]
5.3.3 Personalmanagement
Wie kann Personalmanagement gezielt zur Erhöhung der Produktivität eingesetzt werden?
Wie eingehend erläutert, stellt der Faktor Mensch eine entscheidende Einflussgröße
in Hinblick auf die Produktivität dar. Hierbei spielt eine Reihe verschiedener Aspekte
eine Rolle, welche in der Literatur bereits eingehend beleuchtet wurden. An dieser
Stelle seien lediglich einige Beispiele herausgegriffen, um die Intention zu verdeutlichen. Im Bereich der Personalzusammensetzung erfordert der zunehmende demographische Wandel an vielen Stellen Anpassungen der Arbeitsbedingungen und umgebung, um auf geänderte Anforderungen zu reagieren. Ebenso ist die Identifikation eines jeden Mitarbeiters mit dem Unternehmen von größter Wichtigkeit. Um
diese zu fördern ist eine funktionierende Kommunikation sowohl innerhalb als auch
zwischen den Führungsebenen ebenso unerlässlich wie die Möglichkeit an der Gestaltung des Unternehmens mitzuwirken. Systeme zur Einreichung von Verbesserungsvorschlägen existieren in fast jedem Unternehmen, ihre positive Wirkung ist
Die Arbeitsergebnisse
Seite 97
unbestritten. An dieser Stelle soll nicht auf alle den Faktor Mensch betreffenden
Aspekte des Personalmanagements detailliert eingegangen werden, beispielhaft
werden die Qualifikation und die Motivation herausgegriffen, um zum einen die fachliche und zum anderen die soziale Komponente zu beleuchten.
5.3.3.1
Qualifikation
Zu den klassischen Maßnahmen der Qualifikation von Mitarbeitern zählt der Ausbau
der fachlichen Kompetenzen (z.B. Mitarbeiterschulung), der Ausbau der sozialen
Kompetenzen (z.B. über Einrichtung teilautonomer Gruppen) und der Ausbau der
praktischen Fertigkeiten (z.B. Job rotation). Durch die steigende Automatisierung von
Fertigungsprozessen und die Bildung von globalen Produktionsnetzwerken kommt es
zu einem Wandel des Qualifikationsprofils von Facharbeitern. Waren für den „traditionellen“ Facharbeiter insbesondere handwerkliches Geschick und viel berufliche
Erfahrung wichtig, werden von dem neuen „problemlösenden“ Facharbeiter hohe
sozial-kommunikative Fähigkeiten, Analyse- und Abstraktionsvermögen sowie Verständnis für ökonomische und kulturelle Zusammenhänge gefordert [4].
Der Mitarbeiter einer wandlungsfähigen Fabrik muss zusätzlich zum Fähigkeitsprofil
des Problemlösers über eine hohe Bereitschaft zum Wandel verfügen, d.h. die Fähigkeit haben, neue Konzepte und Aufgaben anzunehmen und zu erlernen. Innovative Produkte und neugestaltete Produktionsprozesse erfordern die Mitarbeit und
Einbeziehung von allen Beteiligten. Gerade beim Anlauf neuer Prozesse treten häufig Schwierigkeiten auf, die schnell behoben werden müssen. Eine zentrale Steuerung und Optimierung wird hier abgelöst von selbstorganisierenden Teams, die eigenverantwortlich Verbesserungsmaßnahmen ergreifen. Sie haben eine sehr weite
und hohe Qualifikationsanforderung und sollten daher aus Menschen unterschiedlicher Fähigkeitsprofile zusammengesetzt sein. Zielgerichtete Kommunikation in den
Teileinheiten ist genauso wichtig, wie die Kommunikation mit anderen über- bzw.
untergeordneten Organisationseinheiten. Da diese teilautonomen Teams selbst wie
eine kleine Organisation arbeiten und die Ziele des gesamten Unternehmens (z.B.
Lean Manufacturing) verfolgen, können sie in Anlehnung an die mathematischen
Objekte auch als Fraktale bezeichnet werden. Derartige Fraktale zeichnen sich durch
Selbstähnlichkeit, Selbstorganisation, Selbstoptimierung, sowie Dynamik, Vitalität
und Zielorientierung aus [5].
5.3.3.2
Motivation
Abgeleitet vom lateinischen Begriff „movere“ (bewegen) ist Motivation nach [6] der
Prozess zielgerichteter Handlungsverursachung. Durch sie wird das Handeln auf ein
Ziel ausgerichtet, zwischen Handlungsalternativen ausgewählt sowie das Handeln
gesteuert und in Gang gehalten. In der Vergangenheit haben sich eine ganze Reihe
verschiedener Wissenschaftler mit dem Thema Motivation im Bereich der Arbeitswissenschaften befasst. Hierzu zählen unter anderem Herzberg und Maslow, die ähnliche Ansichten vertreten.
Seite 98
Die Arbeitsergebnisse
Die Ende der fünfziger Jahre von Herzberg entwickelte Zwei-Faktoren-Theorie unterscheidet zwischen Defizitmotivatoren und Expansionsmotivatoren. Lediglich letztere
können zu besonderer Zufriedenheit beitragen, wie die Befragung von Versuchspersonen in Herzbergs Untersuchungen ergab. Durch die Befriedigung der ersteren
lässt sich, wenn überhaupt, nur sehr kurzfristig eine Leistungssteigerung erzielen.
Entscheidend bei diesen auch Dissatisfaktoren genannten Motivatoren ist vielmehr,
dass die Erfüllung als Voraussetzung für eine Nicht-Unzufriedenheit angesehen wird.
Hierzu zählte Herzberg Führungsstil, Unternehmenspolitik/Verwaltung, Beziehung zu
Vorgesetzten, Arbeitsbedingungen, Entlohnung, Beziehung zu Kollegen, persönliche
Lebensbedingungen, Beziehung zu Untergebenen sowie Status und Arbeitssicherheit. In Anlehnung an die Medizin wird hierbei häufig auch der Begriff Hygienefaktoren verwendet, um den Bezug zur Erfüllung der Grundbedürfnisse zu verdeutlichen.
Für eine über die bloße Nicht-Unzufriedenheit hinausgehende, länger anhaltende
Leistungssteigerung ist die Erfüllung der Expansionsmotivatoren notwendig. Zu diesen gehören nach der Zwei-Faktoren-Theorie Erfolg, Anerkennung der eigenen Leistung, Arbeit an sich, Verantwortung, Fortschritt und Aufstieg (vgl. [7]).
Eine ähnliche Unterscheidung trifft Maslow in seiner Theorie der Selbstverwirklichung. „Trotz ihres Ursprungs in der klinischen Psychologie genießt diese Theorie
wegen ihrer leichten Operationalisierbarkeit in der Organisationspsychologie vielfache Beachtung“ [9]. Die mangelnde Befriedigung der Defizitmotive führt zu Krankheit,
deren Erfüllung zu Gesundheit. Allein die Wachstumsmotive ermöglichen jedoch die
Selbstverwirklichung. Zusätzlich zu dieser Unterscheidung ordnet Maslow die Motivatoren in Hierarchien sowohl zwischen als auch innerhalb der Klassen [8]. Zur Verdeutlichung dient häufig die Motivationspyramide, wie sie in nachfolgender Abbildung
dargestellt ist.
Abbildung 36: Motivationspyramide nach Maslow in Anlehnung an [9].
Dass Motivation eine Auswirkung auf die Leistung des Einzelnen und damit auf die
Produktivität des Betriebes besitzt erscheint logisch. In [10] wird die Leistung als eine
Funktion des Produkts der beiden unabhängigen Variablen Fähigkeit und Motivation
dargestellt, wobei diese auf Werte zwischen 0 und 1 normiert werden. Durch diese
Art der Verknüpfung wird verdeutlicht, dass nur beide Einflussgrößen zusammen zur
Die Arbeitsergebnisse
Seite 99
Erreichung der bestmöglichen Leistung führen. So ist fachliche Motivation ohne Fähigkeit nicht zielführend, gleiches gilt auch umgekehrt.
5.3.4 Arbeitsumgebung
Wie können Potenziale in der Interaktion zwischen Mensch und Prozesskette
genutzt werden?
Nur durch einen an den Produktionsprozess optimal angepassten Arbeitsablauf kann
die Wertschöpfung maximiert werden. Bei der Gestaltung der Arbeitsumgebung
müssen die Bereiche Ergonomie, Arbeitsplatzgestaltung und Arbeitssicherheit beachtet werden. Mitarbeiterzentrierte Ansätze in der Produktionsplanung stellen schon
früh den Menschen in den Mittelpunkt der Planung.
5.3.4.1
Ergonomie
Neben der Arbeitsphysiologie, -psychologie, -pädagogik, -technologie, dem Arbeitsrecht und der Betriebssoziologie ist die Ergonomie ein Teilgebiet der Arbeitswissenschaft. Das Wort Ergonomie stammt aus dem Griechischen und setzt sich aus folgenden Wortteilen zusammen:
ergon = Werk, Arbeit
nomos = Regel, Gesetz, Lehre
Somit kann Ergonomie mit „Lehre über den arbeitenden Menschen“ übersetzt werden. Die arbeitswissenschaftliche Forschung hat das Ziel, den besten Nutzen aus
den Anlagen, Fähigkeiten und Fertigkeiten des Menschen zu ziehen, wobei die vom
Menschen abverlangte Leistung innerhalb der Grenzen seiner Leistungsfähigkeit
liegen muss. Ziel der Ergonomie ist es den Menschen stets im Mittelpunkt eines
Gesamtsystems zu platzieren. Folglich gilt es, eine Technik zu schaffen, die vom
Menschen ausgeht und für ihn gemacht ist.
Die Ergonomie unterteilt sich in die Produkt- und die Produktionsergonomie. Während in der Produktergonomie der Fokus auf benutzerfreundlichen Gebrauchsgegenständen liegt, beschäftigt sich die Produktionsergonomie mit Arbeitsplätzen in
Produktions- und Dienstleistungsbetrieben und ihrer menschengerechten Gestaltung.
Im Rahmen der Produktionsergonomie behandelt die Verhältnisergonomie die äußeren Verhältnisse am Arbeitsplatz, also die Arbeitsumgebung. Die Verhaltensergonomie hingegen greift das Verhalten der Mitarbeiter am Arbeitsplatz auf.
Zur Verhältnisergonomie gehören sämtliche Umweltfaktoren, die einen wesentlichen
Einfluss auf die Leistung des arbeitenden Menschen ausüben. Belastende Umgebungseinflüsse haben eine erhöhte Beanspruchung zur Folge. Als Resultat stellt sich
eine frühzeitige Ermüdung und im Extremfall sogar eine gesundheitsschädigende
Wirkung ein.
Seite 100
Die Arbeitsergebnisse
Die wichtigsten Umweltfaktoren sind:
•
Beleuchtung und Farbdynamik
•
Lärm und Geräusche jeder Art
•
Mechanische Schwingungen auf den Gesamtkörper oder einzelne Körperteile
•
Klima (Lufttemperatur, Luftfeuchte, Luftdruck, Windgeschwindigkeit , Wärmestrahlung)
•
Chemische Substanzen
Die Ergonomie hat es sich zur Aufgabe gemacht, negative Umwelteinflüsse zu erkennen, sie zu reduzieren, zu beseitigen oder in wertneutrale bzw. leistungssteigernde Faktoren umzuwandeln. Somit werden einerseits humanitäre Aspekte berücksichtigt, indem die Arbeitsbedingungen menschenfreundlicher gestaltet werden. Andererseits werden im Sinne einer höheren Produktivität bei weniger Krankheitsfällen durch
bessere Arbeitsbedingungen auch wirtschaftliche Aspekte realisiert. [11]
Zur Verhaltensweise des Menschen am Arbeitsplatz gehören neben Trainings- und
Weiterbildungsmöglichkeiten auch hygienische Maßnahmen, wie z.B. das Tragen
von Schutzkleidung. Organisatorische Faktoren, wie die Regelung der Arbeitszeit,
des Arbeitsrhythmus und der Freizeit sind hier auch von Bedeutung. Abbildung 37
stellt zusammenfassend die verschiedenen Ausprägungen der Ergonomie dar.
Ergonomie
Produktergonomie
Produktionsergonomie
Verhältnisergonomie
Verhaltensergonomie
Anpassen von
• Arbeit
• Technik
• Umwelt
an den Menschen
Anpassen des Menschen an
• Arbeit
• Technik • Umwelt
A, T, U
• Konstruktive Maßnahmen
• Arbeitsplatzgestaltung
• Automatisierung
• Instrumentierung
•…
A, T, U
• Auswahl, Ausbildung , Training des Menschen
• Organisatorische Maßnahmen
• Hygienische Maßnahme
•…
Optimierung des Gesamtsystems Mensch‐Technik‐Umwelt bezüglich Leistung und Zuverlässigkeit
Abbildung 37: Gliederung, Aufgaben und Zielsetzung der Ergonomie (vgl.[12]).
Weg von der Theorie kämpft die Ergonomie in der Realität häufig noch um Akzeptanz. So ist es in der Praxis eher selten der Fall, dass ergonomische Gesichtspunkte
Die Arbeitsergebnisse
Seite 101
in die Prozessplanung einbezogen werden. Ergonomen aus aller Welt haben es sich
daher zur Aufgabe gemacht, eine breite Akzeptanz ergonomischer Definitionen zu
erlangen. An vielen Universitäten werden mittlerweile vielfältige Kurse auf dem Fachgebiet der Ergonomie angeboten. So sollen Studenten schon früh für die Thematik
sensibilisiert werden. Auch in der Berufswelt werden ergonomische Aspekte vermittelt und umgesetzt. Hier hält die Ergonomie in Konstruktionshandbüchern Checklisten und anderen Hilfsmitteln stetigen Einzug in die Industrie. [13, 14]
5.3.4.2
Arbeitsplatzgestaltung und Arbeitssicherheit
Neben dem richtigen Umgang mit Umwelteinflüssen stellt die ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes eine wichtige Komponente zur Steigerung der Produktivität
dar. Der einzelne Arbeitsplatz wird in der Regel nicht für ein Individuum gestaltet,
sondern soll ein Optimum hinsichtlich Zugänglichkeit und Bewegungsfreiheit für die
Allgemeinheit bieten. Daher werden bei der Arbeitsplatzauslegung keine durchschnittlichen Körpermaße, sondern Perzentile verwendet. Das X. Perzentil eines
Maßes gibt an, dass X % in der betrachteten Gruppe dieses Maß unterschreiten.
Dies bedeutet aber auch, dass (100 – X) % dieses Maß überschreiten. So bedeutet
zum Beispiel das 5. Perzentil Körperhöhe, dass 5 % der Bevölkerung kleiner sind als
dieses Maß und 95 % größer.[12]
Bei der Festlegung des notwendigen Bewegungsraums am Arbeitsplatz werden an
raumbegrenzenden Stellen, wie zum Beispiel Deckenhöhe oder Höhe von Arbeitsplatten, die Körpermaße des 95. Perzentil-Mannes verwendet. Es wird also ein Maximum definiert. Bei der Auslegung von Greifräumen geht es jedoch um einen Mindestabstand. Hier werden die Körpermaße der 5-Perzentil-Frau herangezogen um
eine Erreichbarkeit für die gesamte Benutzerpopulation zu gewährleisten.
Ist ein Arbeitsplatz menschengerecht gestaltet, so erfüllt er auch Anforderungen an
die Arbeitssicherheit. Diese ist im Arbeitssicherheitsgesetz definiert und wird durch
speziell geschulte Fachkräfte und das Vorhandensein von Betriebsärzten gewährleistet. Aufgabe der Ergonomie ist hier die Analyse. Denn erst durch Analysieren und
Beurteilen der Ist-Situation können Arbeitsplätze kontinuierlich verbessert und optimiert werden. Diese Analyse kann gegebenenfalls auch von den Mitarbeitern selbst
durchgeführt werden, indem die Firmenleitung offen für Verbesserungsvorschläge ist
und ihr Entstehen fördert oder sogar prämiert.
5.3.4.3
Mitarbeiterzentrierte Ansätze
Im Sinne der Nutzung von Potenzialen innovativer Prozessketten in der Produktionstechnik müssen nicht nur Fertigungsprozesse und ihre Schnittstellen, sondern auch
Arbeitsvorgänge und Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine effizient gestaltet werden. Lean Manufacturing, die Kunst der verschwendungsfreien Produktion, ist
mit den Ideen des Kontinuierlichen Verbesserungs-Prozesses (KVP) und Kaizen eng
verbunden. Alle diese Techniken haben das Ziel, Prozesse möglichst effizient zu
gestalten und dabei die Mitarbeiter einzubeziehen [15].
Seite 102
Die Arbeitsergebnisse
Die Potenziale durch Verbesserung von Arbeitsvorgängen sind sehr hoch. Zur Bestimmung der Verlustzeiten eignen sich neben Befragungen, strukturierte Tätigkeitsbeschreibungen durch die Mitarbeiter selbst, REFA-Zeitstudien und Multimomentstudien [16]. Ziel muss es sein, mitarbeiterorientierte Aspekte schon bei der Planung
von Produktionsprozessen zu berücksichtigen und innovative Produktionsprozessketten nicht unabhängig von neuen Personalkonzepten zu betrachten (Bild 5). Bei Gestaltung der Prozessketten selbst muss auf ergonomische Gesichtspunkte geachtet
werden. Der Mitarbeiter muss bereit sein, seine Arbeit in Form und Inhalt an den
Wandlungsprozess anzupassen und selbst Verbesserungspotenziale zu entdecken
und zu nutzen. Selbstorganisierte Teams unterstützen mitarbeiterzentrierte Methoden wie Lean Manufacturing, KVP oder Kaizen. Grundlage hierfür sind ausreichend
qualifizierte und motivierte Mitarbeiter.
Ergonomische Prozesse
Qualifikation und Motivation
KVP, Lean Thinking, Kaizen
Potenziale innovativer Prozessketten nutzen
Wandlungs‐
bereitschaft
Selbst‐
organisation/ optimierung
Abbildung 38: Mitarbeiterzentrierte Ansätze zur Förderung des Wertschöpfungspotentials
innovativer Prozessketten
5.3.5 Zusammenfassung
Im Sinne der Systemtheorie ist der Mensch Teil des sozio-technischen
Gesamtsystems und damit der Organisationsstruktur und -kultur, der
Produktionsprozesse und individuellen und gruppenspezifischen sozialen
Bedürfnissen. Der Wandel in einer der Dimensionen Technik, Organisation oder
Mensch bewirkt immer auch eine Anpassung der Arbeitsinhalte, -mittel, -methoden
und -sozialformen. Zur Gestaltung der Arbeitsumgebung gehört die Enbeziehung
ergonomischer Faktoren in den Planungsprozess der Produktion. Die Identifikation
der Mitarbeiter -innen mit dem Unternehmen und ihre Bereitschaft, Fähigkeit und
Möglichkeit zur Beeinflussung der Prozesse sind dabei unerlässlich. Die
Die Arbeitsergebnisse
Seite 103
Anforderungen des modernen, wandlungsfähigen Mitarbeiters sind hoch, aber die
persönlichen Wachstumsmotive und -chancen werden durch mitarbeiterzentrierte
Ansätze und teilautonome Gruppen gefördert.
Literatur
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[3]
Grabowski, U. Berufliche Bildung und Persönlichkeitsentwicklung. Wiesbaden: Verlag DUV,
2007.
[4]
Baethge, M., Baethge-Kinsky, V. Ökonomie, Technik, Organisation: Zur Entwicklung von
Qualifikationsstruktur und Qualifikationsprofilen von Fachkräften. R, Lipsmeier, A. Arnold. (Hrsg.)
Handbuch der Berufsbildung, 2.Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2006.
[5]
Syska, A. Produktionsmanagement. Wiesbaden: Gabler, 2006. S. 49-51.
[6]
Staehle, W.H. Management - eine verhaltenswissenschaftliche Perspektive. München: Vahlen,
1994. 3-8006-1892-3.
[7]
Herzberg, F., Mausner, B. und Snyderman, B. The motivation to work. New York 1959.
[8]
Maslow, A.H. Motivation and and personality. New York 1954.
[9]
Zaeh, M., Lindemann, U., Lueth, T. Qualitätsmanagement - Qualität im Produktlebenszyklus.
Skriptum zur gleichnamigen Vorlesung. München: Eigenverlag, 2008.
[10] Schanz, G. Grundlagen der verhaltenstheoretischen Betriebswirtschaftslehre. Tübingen 1977.
[11] Schmidtke, H. Ergonomie. München, Wien: Carl Hanser Verlag, 1993.
[12] Löhr, R. W. Ergonomie. Würzburg: Vogel Verlag, 1976.
[13] Wilson, J. R. Fundamentals of ergonomics in theory and pracice. Applied Ergonomics 31.
Oxford: Elsevier, 2000.
[14] Jensen, P. L. Human factors and ergonomics in the planning of production. International Journal
of Industrial Ergonomics 29. Oxford: Elsevier, 2002.
[15] Westkämper, E. Einführung in die Organisation der Produktion, Kap. 9: Produktionssysteme.
Berlin Heidelberg: Springer, 2006.
[16] Möller, G., Wesloy, M. Vier Sichten auf Verschwendung im Büro. Industrie Management. 2009,
Bd. 25, 3.
Seite 104
Nachbereitung
6 Nachbereitung
6.1
Feedback der Teilnehmer
Bewertung der Sommer Schule 2008 durch die Teilnehmer:
100%
90%
5
6
2
80%
70%
1
4
6
14
9
60%
13
19
10
16
50%
21
40%
30%
20%
20
15
16
11
10%
10
9
2
1
0%
Unterkunft
Verpflegung
hervorragend
Programm
Seminare
sehr gut
gut
Exkursionen Zeiteinteilung Sommerschule
insgesamt
weniger gut
grauenhaft
Abbildung 39: Bewertung der Sommer Schule durch die Teilnehmer I
Die bei der Sommerschule vermittelten Kenntnisse und
Fertigkeiten sind für mein weiteres Berufsleben
100%
1
90%
80%
9
70%
60%
50%
40%
18
30%
20%
10%
0%
2
weniger wichtig
wichtig
sehr wichtig
unverzichtbar
Abbildung 40: Bewertung der Sommer Schule durch die Teilnehmer II
Nachbereitung
Seite 105
Die Graphiken zeigen deutlich, dass die Erwartungen, die die Teilnehmer an die
Sommer Schule gestellt hatten im positiven Sinne übertroffen wurden.
Einige Anmerkungen bzw. Meinungen der Teilnehmer werden nun hier unter den
Punkten was besonders, was weniger gut gefallen hat und was bei der Sommer
Schule vermisst wurde zitiert.
Das gefiel mir besonders gut:
•
Exkursionen allgemein (8)
•
VW (8) Salzgitter (14) Sennheiser (11)
•
Seminare allgemein (3)
•
Business-Etikette (4) Führungskraft (5) Kreativitätstechniken (3)
•
Gruppendynamik -atmosphäre –arbeit (12)
•
Netzwerkbildung auch privat (7)
•
Gesamtorganisation (6)
•
Unterkunft (4)
•
Fachlicher Austausch von Erfahrungen und Kenntnissen (4)
•
Bewerbung in ausführlicher Art (befassen mit Thema)
•
Ausgewogenes Programm
•
Interdisziplinarität
•
Überregionalität
Das gefiel mir weniger gut:
•
Termindichte / zu frühes Aufstehen (5)
•
Gruppenarbeit moderieren (5)
•
Seminar Business-Etikette (3)
•
Seminar Kreativitätstechniken (2)
•
Exkursion VW (2)
•
Stärkere Konkretisierung des Arbeitsauftrages wäre hilfreich
Das habe ich bei der WGP Sommer Schule 2008 vermisst:
•
½ freien Tag (2)
•
Sportangebot (2)
•
Organisation der Gruppenarbeit
•
Frühzeitige + kurze Gruppenarbeit