6 Juni 2014

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6 Juni 2014
NR. 33, 6. JUNI 2014
DEUTSCHE AUSGABE
Fédération Internationale de Football Association – Seit 1904
Bosnien-Herzegowina an der WM
DIE ERSTEN
GEWINNER
IRAN
DANIEL DAVARIS
NEUE IDENTITÄT
WM-SCHIEDSRICHTER
PERSÖNLICHE
GEDANKEN
BLATTER
BRASILIEN
IST BEREIT
W W W.FIFA.COM/ THEWEEKLY
I N H A LT
6
18
”Neymar ist der Schüssel zum Erfolg”
Júnior war Teil der grossen Seleção der
1980er-Jahre. Im Interview spricht der heute
60-Jährige über seine Liebe zum Klub Flamengo
und die Titelchancen des brasilianischen
Nationalteams.
25
S epp Blatter: Brasilien ist bereit
Der FIFA-Präsident sagt, weshalb die WM 2014
vielleicht das beste Turnier der Geschichte wird:
“Wir werden ein grossartiges Fussballfest
erleben – dank Brasilien, mit Brasilien, für
Brasilien.”
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Nord- und Mittelamerika
35 Mitglieder
www.concacaf.com
Bosnien-Herzegowina: Unmöglich ist
nichts
Noch sechs Tage bis zur Eröffnungsfeier:
Zum ersten Mal in seiner jungen Geschichte
nimmt auch Bosnien-Herzegowina an einer
Fussball-Weltmeisterschaft teil. Das Land
ist vom Bürgerkrieg in den 90er-Jahren noch
immer gezeichnet. Doris Ladstaetter hat sich in
Sarajevo ein Bild gemacht und erzählt die
Geschichte der bosnischen Hoffnungsträger.
Südamerika
10 Mitglieder
www.conmebol.com
14
Portugal
Cristiano Ronaldo will trotz
Schmerzen im Oberschenkel
für den WM-Auftakt gegen
­Deutschland (16. Juni) bereit sein.
F ussballfan Fatboy Slim
Der britische Musikstar lässt sich die WM nicht
entgehen. Für das Fussballfest nahm Fatboy Slim
sogar ein Doppelalbum auf und reist für neun
Live-Shows nach Brasilien.
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Anpfiff
Anekdoten und persönliche
Gedanken vor dem Turnier:
Zehn WM-Schiedsrichter
erzählen.
Die ersten Gewinner
Die Fotomontage auf unserem Titelbild
zeigt die Bosnier Asmir Begovic, Edin
Dzeko und Zvjezdan Misimovic (v. l.).
Alle Aufnahmen sind in einem Hotel in
Sarajevo entstanden.
Salvatore Vinci / 13 Photo
WM-Gruppen A–C
Gruppe A
The-FIFA-Weekly-App
The FIFA Weekly, das Magazin der FIFA,
erscheint jeden Freitag neu und in fünf
Sprachen – und ist auch auf Ihrem Tablet
verfügbar.
2
T H E F I FA W E E K LY
Gruppe B
Gruppe C
Brasilien
Spanien
Kolumbien
Kroatien
Niederlande
Griechenland
Mexiko
Chile
Elfenbeinküste
Kamerun
Australien
Japan
D I E WO C H E I M W E LT F U S S B A L L
Europa
54 Mitglieder
www.uefa.com
Afrika
54 Mitglieder
www.cafonline.com
Asien
46 Mitglieder
www.the-afc.com
Ozeanien
11 Mitglieder
www.oceaniafootball.com
26
Daniel Davari
Bewegende Zeit für den
iranischen Nationaltorhüter:
Mit seinem Klub Braunschweig
ist er abgestiegen, nun folgt
das grosse WM-Abenteuer.
35
Ghana
Samuel Opoku Nti erzählt im
Turning Point, wie ein Tor im Finale
der afrikanischen Champions
League sein Leben veränderte.
WM-Gruppen D–H
imago (3), Adrian Bretscher
Gruppe D
Gruppe E
Gruppe F
Gruppe G
Gruppe H
Uruguay
Schweiz
Argentinien
Deutschland
Belgien
Costa Rica
Ecuador
Bosnien-Herzegowina
Por tugal
Algerien
England
Frankreich
Iran
Ghana
Russland
Italien
Honduras
Nigeria
USA
Korea
T H E F I FA W E E K LY
3
EVERY GASP
EVERY SCREAM
EVERY ROAR
EVERY DIVE
EVERY BALL
E V E RY PAS S
EVERY CHANCE
EVERY STRIKE
E V E R Y B E AU T I F U L D E TA I L
SHALL BE SEEN
SHALL BE HEARD
S H A L L B E FE LT
Feel the Beauty
BE MOVED
THE NEW 4K LED TV
“SONY” and “make.believe” are trademarks of Sony Corporation.
UNCOVERED
Gelb-grüne Alltagskultur Ein Autofahrer in São Paulo.
“A Copa das Copas”
D
Nacho Doce / Reuters
ie WM beginnt vor Wochenfrist, der neue Weltmeister
wird am 13. Juli den Pokal stemmen. Und doch steht ein
Gewinner bereits fest: das Nationalteam Bos­
n ienHerzegowinas. Die Mannschaft des vergleichsweise kleinen
Verbands hat es fertiggebracht, sich für die Endrunde zu
qualifizieren und damit die Ethnien des Staates gemeinsam
am WM-Fieber teilhaben zu lassen. Unsere Mitarbeiterin
Doris Ladstaetter hat Edin Dzeko, Asmir Begovic, Zvjezdan
Misimovic und das Team in Sarajevo getroffen.
D
aniel Davari, in Deutschland geboren, aufgewachsen und
zum Bundesligatorwart gereift, steht im WM-Kader
Irans. Wie kam es dazu? Und was rechnet sich der
25-Jährige und das iranische Nationalteam für die WM aus?
Roland Zorn hat Davari aufgesucht.
D
ie WM-Teilnahme ist der grosse Traum – nicht nur eines
jeden Fussballspielers. Für die 25 nominierten Schiedsrichtertrios hat sich dieser Traum erfüllt. Vor ihrer Abreise nach Brasilien entlockten wir den Referees persönliche
Gedanken dazu.
D
er Sport soll in den kommenden Wochen in Brasilien im
Vordergrund stehen, wünscht sich FIFA-Präsident
Blatter in seiner wöchentlichen Kolumne. Denn nirgendwo sei der Fussball so sehr Teil der Alltagskultur wie im
Gastgeberland. “Wenn diese Kraft freigesetzt wird, erleben
wir die beste WM der Geschichte, A Copa das Copas.” Å
Perikles Monioudis
T H E F I FA W E E K LY
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BOSNIEN-HERZEGOWINA
Asmir Begovic
Torwart, 26 Jahre.
Unmöglich
ist nichts
Warum das Team von Bosnien-Herzegowina
bereits gewonnen hat.
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T H E F I FA W E E K LY
BOSNIEN-HERZEGOWINA
Miralem Pjanic
Mittelfeldspieler, 24 Jahre.
Senad Lulic
Mittelfeldspieler, 28 Jahre.
T H E F I FA W E E K LY
7
BOSNIEN-HERZEGOWINA
A
Edin Dzeko
Stürmer, 28 Jahre.
Doris Ladstaetter (Text) und
Salvatore Vinci (Fotos), Sarajevo
smir Begovic ist bereit. Wenn am
16. Juni im Estadio de Maracanã
in Rio de Janeiro mit Lionel Messi der erste Superstar vor seinem
Tor aufläuft, wird Asmir es mit
jedem seiner 198 Körperzentimeter verteidigen. Für Bosnien-Herzegowina, für sein noch immer
verwundetes Land. Asmir Begovic hat gute Chancen, das Duell
für sich zu entscheiden: Der
26-Jährige spielt seit fünf Jahren
für Stoke City, er gilt als einer der besten
Torhüter der Premier League. Wann er bei
­
­einem Spitzenklub spielen wird, ist nur noch
eine Frage der Zeit.
Bosnien-Herzegowina war noch nie an
­einer Weltmeisterschaft. 22 Jahre alt ist das
Land. Die Erinnerung an den Bürgerkrieg, der
1992 auf die Unabhängigkeitserklärung von
Bosnien und Herzegowina folgte, quält die
Menschen bis heute. Die ethnischen und religiösen Grenzen, die nach Kriegsende 1996 gezogen wurden, hindern viele am Neuanfang.
Dazu kommen die wirtschaftlichen Probleme.
Im Mai überschwemmten auch noch heftige
Regenfälle einen grossen Teil des Landes und
raubten einem Viertel der Bevölkerung die
­Ernte und Einnahmen dieses Jahres.
Seit einem Jahr haben die Menschen in
Bosnien-Herzegowina wenigstens einen Traum:
die Fussballweltmeisterschaft. Sie träumen zu
Recht. Nie zuvor hatte Bosnien ein solches
Weltklasseteam. Asmir Begovic hütet das Tor.
Miralem Pjanic, seit drei Jahren eine der Stützen bei der AS Roma, dirigiert das Mittelfeld
und gestaltet das bosnische Spiel. Senad Lulic,
der bei Lazio Rom spielt, sorgt für Tempo im
Spiel. Zvjezdan Misimovic, der nach Lehrjahren bei Bayern München und Galatasaray
­heute bei Guizhou Renhe spielt, bringt seine
Spielerfahrung ein. Und dann ist da noch Edin
Dzeko, Stürmer bei Manchester City, der fast
im Alleingang zuerst das bosnische Team zur
WM und danach seinen Klub zum englischen
Meistertitel gekickt hat.
Vom Flüchtlingskind zum Fussballstar
Asmir Begovic hat nie in Bosnien gelebt. Doch
er hat sein Leben lang mit seinen Eltern Bosnisch gesprochen. Er war immer Bosnier – und
gleichzeitig Kanadier und Deutscher. 1987
­w urde Asmir Begovic in Trebinje geboren, einer
30 000-Einwohner-Stadt im südwestlichsten
Zipfel des heutigen Bosniens, nahe der Grenze
zu Montenegro. Eine Stadt von vielen im Vielvölkerstaat Jugoslawien. In der Stadt lebten
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T H E F I FA W E E K LY
BOSNIEN-HERZEGOWINA
Xinhua / imago, Infografik: Mirijam Ziegler
weitgehend orthodoxe Serben, aber auch muslimische Bosniaken und katholische Kroaten.
Asmir Begovics Vater war Torhüter bei FK Leotar Trebinje.
Plötzlich geriet diese Ordnung aus ihren
Fugen: Jugoslawien zerfiel, Kroatien wurde
ein eigenständiger Staat, Bosnien versank im
Chaos. Vier Jahre grausamer Krieg zogen ins
Land. Aus Trebinje, Asmirs Stadt, wurden die
Bosniaken, die muslimischen Bosnier, vertrieben. Dafür siedelten sich dort orthodoxe Serben an, die wiederum aus anderen Landesteilen geflüchtet waren. Was als “ethnische
Säuberung” in die Geschichtsbücher einging,
veränderte das Leben des kleinen Asmir für
immer: Seine Eltern entschieden sich, dieser
wahnwitzig ­gewordenen Welt zu entfliehen.
Den Sprung in ein fremdes Land zu wagen,
dessen Sprache sie nicht mächtig waren, dessen Sitten sie nicht kannten.
Asmir Begovic war vier, als er zum ersten Mal
zum Flüchtling wurde. Fünf Jahre lang lebte er in
Deutschland. Als er zehn wurde, begann sein
­Leben zum dritten Mal von vorne: Umzug nach
Kanada, neue Sprache, neue Schule, neue Freunde. Was denkt ein Kind angesichts so viel Ungewissheit im Leben? “Es hat mir geholfen, auf der
Flucht ein Kind gewesen zu sein”, sagt Asmir
­Begovic, “da verdrängst du die Gedanken an die
zu kleinen Notunterkünfte, die Sorgen um die
Existenz. Als Kind gehst du einfach raus und
kickst den Ball, wenn es dir zu viel wird. Auf
dem Fussballfeld schliesst du Freundschaften
und lernst dabei eine neue Sprache. Das war
mein Anker. Für meine Eltern war das alles ungleich schwieriger.”
Asmir Begovic sitzt im Kurhotel Austria in
Sarajevo. Das Team absolviert hier seine Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft. Doch eigentlich kann von Rückzug nicht die Rede sein: Es
N
CROATIA
BRCKO
Banja Luka
REPUBLIC
SRPSKA
Tuzla
SERBIA
Zenica
Srebrenica
FEDERATION
OF BOSNIA AND
HERZEGOVINA
Mostar
Sarajevo
Gorazde
MONTENEGRO
Trebinje
Das Daytoner Friedensabkommen hat
1995 zwar den Krieg beendet,
gleichzeitig aber die ethnische Teilung
des Landes festgeschrieben. Noch heute
besteht das bosnische Staatsgebiet aus
einer Republik der bosnischen Serben
und einer muslimisch-kroatischen
Föderation. Der bosnischherzegowinische Fussballverband
NFSBIH wurde 1992 gegründet und ist
seit 1996 Mitglied der FIFA. Das
Nationalteam trägt seine Heimspiele im
18 000 Zuschauer fassenden Bilino-PoljeStadion in Zenica aus. Es wurde 2013
renoviert und ist bei den bosnischen Fans
beliebter als das Asim-Ferhatovic-HaseStadion (37 500 Zuschauer) in Sarajevo,
das bereits bei der Winterolympiade
1984 als Stadion diente. Letzteres besitzt
eine Laufbahn, die nach der Auffassung
vieler Fans eine weniger packende
Stimmung für Fussballspiele bietet.
27. Mai 2014 Auf dem Weg zur WM: Das bosnische Team am Flughafen von Sarajevo.
herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Vor
der Absperrung warten Fans, Familienangehörige
und die Polizei.
Sie alle hoffen auf neue Siege. Jetzt sind sie
daran gewöhnt. Mindestens das Erreichen des
Achtelfinales heisst das Ziel bei der WM – bosnische Fans sind nicht nur euphorisch, sie sind
auch anspruchsvoll. Und die Spieler spüren diesen Druck, sie haben die Latte eigenhändig so
hoch gelegt: Die Qualifikation war ein fast
­makelloser Hürdenlauf, nach dem letzten Spiel
gegen Litauen wurden die Spieler bei der
A nkunft in Sarajevo nach Mitternacht von
­
­jubelnden Massen empfangen.
“Bosnische Fans sind etwas ganz besonderes”,
sagt Miralem Pjanic, “sie haben uns in einigen
Spielen, als wir auf dem Spielfeld nicht mehr daran glaubten, zum Sieg getragen. Da habe ich
­realisiert, was wir den Fans bedeuten – und sie
uns.” Miralem Pjanic zurrt am Reissverschluss
der dunkelblauen Shorts vom deutschen Modehaus-Sponsor, für das die Spieler stolz seit Wochen von den wenigen bestückten Plakatwänden
in Sarajevo lächeln – Lichtblicke aus Papier für
das Volk, während unter den grossen Anschlagtafeln Menschen mit nur einem Bein oder nur
einem Arm vorbeikommen. Sie waren die, die
­wenig Glück im grossen Unglück hatten.
Versöhnung im Fussballverband
Miralem Pjanic zählt zu den anderen. Er hatte
Glück, denn er hatte einen Profifussballer zum
Vater, dem gleich nach Kriegsbeginn in Luxemburg ein Job beim FC Monnerich angeboten
­w urde. So wurde Miralem Pjanic zu einem Luxemburger und spielte im kleinen Land schon als
13-Jähriger in Auswahlmannschaften für 16-Jährige. Als Fan reiste er im Bus von Luxemburg nach
Bosnien, um die Länderspiele zu sehen. Mit 17 war
Miralem Profi in Frankreich. Dort wollte man den
Spielmacher mit dem genialen Ballkontakt unbedingt in der Nationalmannschaft haben – Miralem Pjanic entschied sich für das bosnisch-herzegowinische Team. “In den ersten Jahren gab es
immer wieder Probleme, einmal stand der
­Verband nicht hinter den Spielern, dann war es
wieder etwas anderes. Jetzt sind diese Probleme
grossteils endlich vorbei”, sagt Miralem Pjanic,
“und das ist vor allem Ivica Osim zu verdanken.
Er hat unglaublich viel für dieses Team getan.”
Ivica Osim ist das Gewissen des bosnischen
Fussballs. Trotz seiner 73 Jahre ist der ehemalige
Trainer der jugoslawischen Nationalmannschaft
– mit der er 1992 von der EM wegen des Kriegsbeginns kurzfristig ausgeschlossen wurde – bis heute nicht müde, die Bosnier zur Einheit zu mahnen.
Als es 2008 zu einer Krise zwischen Spielern und
dem bosnischen Verband kam und die FIFA und
UEFA im April 2011 den bosnischen Verband
vorübergehend suspendierten, weil dessen
­
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9
BOSNIEN-HERZEGOWINA
­ eneralversammlung keine Mehrheit für eine
G
Statu­tenänderung – wie sie von der FIFA und
UEFA gefordert wurde –, fand, war Ivica Osim der
Mann der Stunde. Er brachte Kroaten, Serben und
Bosniaken an einen Tisch, man einigte sich auf
einen von allen Bevölkerungsgruppen gewählten
Präsidenten, der das dreiköpfige Verbandspräsidium ersetzte. Die FIFA und UEFA hoben die
Suspendierung wieder auf.
“Der Fussball kann ein Land wie Bosnien wieder einen”, sagt Ivica Osim, “unser Nationalteam
hat uns sehr geholfen, die ethnischen und religiösen Grenzen ein Stück weit zu überwinden.
­Diese Spieler wurden im Ausland erzogen, sie
­haben andere Ideen hinsichtlich des Fussballs
und des Lebens. Das ist gut. Sie sind einfach professioneller als alle Spieler, die wir vorher hatten.”
Glück zurückgeben
Miralem Pjanic hat endlich seine neue Hose im
Griff und grinst. In Rom, wo er seit drei Jahren
lebt, hat er sich längst in die Herzen der Fans gespielt, wird geliebt wie Lokal-Held Francesco Totti. Wenige Tage vor unserem Besuch im Team-Hotel in Sarajevo wurde er fotografiert, als er eine
Apotheke für die Opfer der Flut leerkaufte. Mehr
als zwei Millionen Euro verdient Miralem Pjanic
“Der Fussball
kann ein Land
wie Bosnien
wieder einen.”
Ivica Osim
Zvjezdan Misimovic
Mittelfeldspieler, 32 Jahre.
10
T H E F I FA W E E K LY
bei der AS Roma, wo er gerade für drei weitere
Jahre unterschrieben hat. Damit ist er nicht einmal der Grossverdiener unter den bosnischen
Spielern – Edin Dzeko bringt es auf über acht
­Millionen Euro im Jahr. Viel Geld für bosnische
Verhältnisse – zurückgeben, lautet daher die
­Devise. “Ich warte noch ein wenig, bis sich besser
abschätzen lässt, wo wirklich Hilfe in den überfluteten Gebieten gebraucht wird”, sagt Miralem
Pjanic, “noch ist überall Wasser, es gibt Hilfslieferungen, aber in einem halben Jahr werden diese
Menschen wieder vergessen sein. Dann brauchen
sie meine Unterstützung.”
Auch die anderen Spieler sind in humanitärer
Mission unterwegs. Torhüter Asmir Begovic hat
vor wenigen Monaten seine eigene Hilfsorganisation gegründet. Sie soll für Kinder in Bosnien und
BOSNIEN-HERZEGOWINA
Salvatore Vinci (2)
England gute Trainingsmöglichkeiten schaffen.
“Ich will, dass Kinder, die Ablenkung brauchen,
diese im Sport finden. Mir hat das auch unheimlich geholfen”, sagt er.
Mannschaftskapitän Emir Spahic, Verteidiger bei Bayer Leverkusen mit kroatischen Wurzeln, Stürmerstar Edin Dzeko, ein muslimischer
Bosnier, und Mittelfeldspieler Zvjezdan Misimovic, ein bosnischer Serbe, wurden vom Verband
nach Maglaj entsandt. Die Kleinstadt nahe der
Grenze zur serbischen Republik war von den
­Fluten hart getroffen worden. “Der Besitzer unseres Hotels kam auf mich zu und meinte scherzend: ‘Dich kenn, ich doch.’ Dzeko ignorierte er.
Dabei kennt den nun wirklich jeder.” Misimovic
lacht. Scherze über die ethnische Zugehörigkeit
werden auch im Team gemacht. “Ich lache darüber, klar”, sagt Zvjezdan Misimovic, “weil ich
denke, dass wir Bosnier ohnehin Kapital aus
dem Umstand schlagen sollten, dass in Bosnien
drei verschiedene Religionen zusammenleben.
Dass die Menschen das nicht endlich anpacken,
kann ich nicht verstehen.”
Zvjezdan Misimovic wurde in München geboren, ein Teil seiner Familie lebt bis heute in der
Gegend von Banja Luka in der serbischen Republik. “Die Fans in den serbischen Gebieten stehen
zu normalen Zeiten eher hinter der Mannschaft
von Serbien und nicht hinter uns”, sagt Zvjezdan Misimovic, “aber jetzt sind eben nicht normale Zeiten, und das ist gut.”
Edin Dzeko will nicht über den Krieg sprechen. Er ist der Star der Mannschaft, der Mann,
der die meisten Tore schiesst und sämtliche Torschützenrekorde hält. Ein grossartiger Fussballer.
Edin Dzeko war nie ein Flüchtlingskind. Er hat
den Krieg an dem Ort miterlebt, an dem damals
niemand bleiben wollte: Jeden der 1425 langen
Tage, die die bosnisch-serbische Armee seine Heimatstadt Sarajevo belagerte, hat er dort verbracht. Was er an Kriegserinnerungen angesammelt haben mag, erzählte seine Mutter Belma
einmal so: “Jedes Mal, wenn Edin raus auf den
Fussballplatz ging, hatte ich Angst. Aber ich
konnte ihm nicht verbieten zu spielen, er war
doch nur ein Kind. Einmal bettelte er darum,
rausgehen zu dürfen, aber ich sagte Nein. Wenige
Minuten später schlug eine Bombe auf dem Spielplatz ein, viele Kinder starben an diesem Tag.”
Hilfe aus dem Ausland
Die WM-Qualifikation und die Flut – es waren
in der Tat ausgerechnet zwei Ausnahmezustände, die in Bosnien dazu führten, dass Kroaten, Serben und Bosniaken einander wieder
ein ­wenig näher rückten und ethnische Grenzen überwanden. Nachbarn halfen Nachbarn
nach 25 Jahren endlich wieder, als die heftigen
Regenfälle Mitte Mai die Häuser und Ernten
von einem Viertel der Bevölkerung unter Was-
Bu ba m a r a – D ie (F u s s ba l l -) Sc hu l e f ü r s L eb en
Er hätte gehen können, als alle weg wollten aus
Sarajevo. Doch Predrag Pasic blieb. Selbst ein
grosses Fussballtalent seiner Zeit, spielte Pasic
in der Bundesliga und fast 20 Jahre beim
FK Sarajevo. Dort war Kriegsverbrecher und
Serbenführer Radovan Karadzic 1991 psychologischer Coach seines Teams: “Ausgerechnet er
predigte uns immer Einheit. Was nachher in
seinem Kopf passiert ist, kann ich nur ahnen”,
sagt Pasic. Während des Krieges wollte der VfB
Stuttgart Pasic zurück nach Deutschland holen.
Der aber eröffnete mitten im belagerten
Sarajevo eine Fussballschule für Jungen aus
allen Stadtteilen, verschiedener Religionen und
ethnischer Zugehörigkeit. “Ich wollte den
Kindern, die im Krieg aufwachsen mussten,
zeigen, was für eine bunte Stadt Sarajevo vor
dem Krieg gewesen war. Ich wollte ihnen
zeigen, was möglich ist im Leben”, sagt Predrag
Pasic. Dafür riskierte er fast vier Jahre lang
jeden Tag sein Leben. Für viele Jungen wurde
die Bubamara-Fussballschule in den Kriegsjah-
ren von 1992 bis 1995 eine Schule fürs Leben:
Ausserhalb der Schule hassten sich ihre Väter
plötzlich, es schossen Scharfschützen auf
Menschen, die eine Brücke oder eine Strasse
überqueren wollten. Drinnen wurde gekickt,
das Miteinander geübt und die Unwichtigkeit
ethnischer Grenzen gepredigt. “Wir konnten im
Training erkennen, welches Kind stark traumatisiert war. Du läufst anders, wenn du einen
lieben Menschen verloren hast”, sagt Predrag
Pasic. “Fussball kann einem Kind helfen, einen
Schock zu überwinden. Tägliches Training ist
eine wunderbare Art der Rehabilitation. Das
hätte ich nicht herausgefunden ohne diesen
Krieg.” Heute führt Pasic fünf Schulen in allen
Teilen des Landes. Der italienische Spitzenklub
Inter Mailand hat Pasics Projekte lange Zeit
finanziell mitgetragen. Seit dem Besitzerwechsel bei Inter sind die Mitgliedsbeiträge die einzige Einnahmequelle von Pasics Schulen geblieben. Eltern- und mittellose Kinder dürfen die
Schule trotzdem kostenlos besuchen. Å
Trainieren für morgen Noch träumen sie, bald
könnte unter ihnen der Dzeko von morgen sein.
Bangen um die Zukunft Predrag Pasic beim
täglichen Training in Sarajevo.
ser setzten. Mit jedem Spiel, bei dem bosnische Fans in einem Fussballstadion dieser
Welt aufeinandertreffen, wird es weniger
wichtig, ob der andere ein Kroate, ein Serbe
oder ein Bosniake ist.
“Es ist traurig, aber es hat einen Krieg gebraucht und die Hilfe von Ländern wie
Deutschland, Schweiz, Luxemburg, der USA
und Kanada, die unsere Flüchtlinge aufgenommen und zu besseren Menschen gemacht haben”, sagt Ivica Osim nachdenklich, “ohne diese Hilfe hätten wir es nie geschafft, uns für
diese Weltmeisterschaft zu qualifizieren.”
Senad Lulic war schon zwölf Jahre alt, als er
mit seinen Eltern und Schwestern aus einem
­k leinen Ort bei Mostar in die Schweiz kam. Ein
Jahr lang lebte die Familie in einem Flüchtlingsheim in den Schweizer Bergen. “Wir mussten
erst Deutsch lernen”, sagt Senad Lulic. Nach
einer Lehre als Automonteur begann er erst mit
19 Jahren, Profifussball zu spielen. Seit zwei
Jahren spielt er bei Lazio Rom, noch im Sommer soll ein Wechsel zu Juventus folgen. Eine
steile Karriere. “Ich war ein Spätzünder im
Fussball”, sagt Senad, “aber ich würde alles
noch einmal so machen.”
T H E F I FA W E E K LY
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BOSNIEN-HERZEGOWINA
Icon SMI / imago, Dado Ruvic / Reuters
Im letzten Jahr schoss Senad Lazio Rom
zum Pokalgewinn – ausgerechnet gegen den
Erzfeind, die AS Roma, bei dem Teamkollege
Miralem Pjanic spielt. Es war eine Art Superderby, das die römischen Fans auf beiden Seiten der
Fangruppen wochenlang beschäftigte. Senad Lulic wurde zum Kaiser der Lazio Fans. “Sie küssten
mir den Fuss, mitten auf der Strasse, das war
peinlich”, erzählt er lachend. Gefühlsstürme dieser Art hat er in den Klubs der Schweiz nicht erlebt. Auch sonst ist Senad Lulic ganz der Schweizer. “Ich hatte grössere Schwierigkeiten, mich an
die italienischen Sitten zu gewöhnen, als ich vor
zwei Jahren aus der Schweiz kam, als damals, als
ich von Bosnien in die Schweiz kam,” sagt er,
“wenn die hier sagen, wir trainieren um acht Uhr
morgens, dann kommen sie um zehn Uhr an.”
Senad Lulic scheint noch immer verwundert
über so viel Zeitverschwendung.
Zuhause, das ist für Senad Lulic die Schweiz.
Der Krieg in Bosnien ist längst weit weg: “Klar
habe ich Erinnerungen. Krieg ist nie schön, für
niemanden. Schon gar nicht für ein Kind. Viele
Dinge habe ich vergessen können, die kommen
mir nur noch manchmal in den Sinn. Dann versuche ich, nicht daran zu denken”, sagt er. Spielen wollte Senad Lulic trotzdem nur für die bosnische Elf. “Ich habe irgendwann kapiert, dass
unser Spiel für die Menschen in Bosnien viel
mehr als Fussball ist”, sagt er, “ich habe kapiert,
dass wir diese Menschen glücklich machen können in ihrem nicht immer einfachen Leben.”
Verantwortung für die Heimat
Asmir Begovic erkannte seine bosnische Identität, als er vor drei Jahren zur Beerdigung seines Grossvaters, den er nie kennengelernt hatte,
nach Bosnien reiste. “Ich traf meine Verwandten in Bosnien, ich konnte ihre Wunden spüren,
die Jahre, die ich nicht erlebt hatte. Danach
wusste ich, dass ich für Bosnien spielen wollte.”
Dann steht er auf. In wenigen Stunden wird das
Team den Flug über den grossen Teich antreten
und bei dieser Weltmeisterschaft die Würde
eines Volkes vertreten, das den verheerendsten
Krieg in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg
überlebt hat. Doch zuvor sagt Asmir Begovic in
kanadisch gefärbtem Englisch noch einen wichtigen Satz: “Wir spielen nicht für Geld. Wir tun
das, weil, wann immer wir hier durch die Strassen laufen, wir unsere Verantwortung spüren.
Hier kommen wildfremde Menschen auf mich
zu und sagen: ‘Tu es für die Menschen.’ Das ist
eine grossartige Motivation.”
Es ist nicht wichtig, wie weit die bosnische
Mannschaft bei der Weltmeisterschaft in Brasilien kommen wird. Was zählt, ist, dass sie
trotz aller Widerstände in Brasilien dabei ist.
Dass diese Spieler die neuen Vorbilder der jungen Bosnier sind. Das ist schon ein Sieg. Å
30. Mai 2014 Und noch ein Tor: Dzeko trifft auch im Freundschaftsspiel gegen die Elfenbeinküste in St. Louis, Missouri.
15. Oktober 2013 Bosnien hat sich für die WM qualifiziert. Endlich dürfen die bosnischen Fans in Sarajevo jubeln.
Alle 64 Spielberichte in der Gebärdensprache
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13
WM-CAMP
Por tugal
Bento beruhigt
häppchenweise
Mexiko und Irland geschont werden, dann
aber beim WM-Auftakt gegen Deutschland
am 16. Juni spielen. Er selbst beteuerte: “Ich
glaube, dass ich dann in bester Verfassung
sein werde.” In Portugal wird seither jeden
Abend im Fernsehen debattiert.
Alan Schweingruber ist
Paulo Bento ist ein ruhiger
Mensch. Ihn bringt so
schnell nichts aus der Fassung. Trotzdem ist es beachtlich, wie geduldig und bedacht Portugals Nationalcoach in
diesen Tagen agiert. Vor allem, wenn es um
Superstar Cristiano Ronaldo geht – nicht
gerade die einfachste Personalie –, findet er
immer wieder neue Ansätze bei Stellungnahmen. “Ich muss alles in Betracht ziehen”,
sagte der 44-Jährige. “Eine WM mit und
eine WM ohne Ronaldo.” Als er einen Tag
später – nach dem müden 0:0-Test gegen
Griechenland – nochmals in die Ecke gedrängt wurde, meinte er nur: “Wir haben
keinen Stichtag festgelegt, wann Ronaldo
wieder trainiert. Er muss sich fit fühlen und
ist auch nur ein Mensch.”
Es ist sein schmerzender Muskel im Oberschenkel, auch das Knie tut dem Weltfussballer seit dem Champions-League-Finale mit
Real Madrid weh. Als sich das portugiesische
Team letzten Montag in Lissabon in den
Flieger begab – es bestreitet bis zum 11. Juni
ein Trainingscamp in den USA –, waren dann
die Prognosen doch einigermassen akzeptabel: Ronaldo soll bei den Testspielen gegen
Das erinnert ein wenig an die WM-Vorbereitung aus dem Jahr 2002. Damals reiste
Portugal mit einem ausgelaugten Madrider
Spielmacher und Champions-League-Sieger
Luís Figo ans Turnier nach Korea /Japan. Die
Hoffnung im Land mit zehn Millionen Einwohnern war gross – doch mit einem halb
fitten Chef im Mittelfeld schied Portugal
bereits in der Vorrunde aus.
Gut bleiben den Portugiesen bei dieser
­Turnierausgabe wenigstens die Diskussionen
um die Aufstellung erspart. Denn an Bentos
konservativen Stil hat sich das Land längst
gewöhnen müssen. Seit er im Amt ist, also
seit dreieinhalb Jahren, hat sich die Stammelf
kaum verändert. Bentos grösster Erfolg ist die
Europameisterschaft vor zwei Jahren. Da
schaffte es sein Team ins Halbfinale, das
Spanien erst im Elfmeterschiessen gewann.
In der ehemaligen Kolonie Brasilien, wo heute
noch schätzungsweise sechs Millionen Portugiesen leben, will Bento nun an den Sommer
2012 anknüpfen. Verbal hat er schon mal ein
nächstes Häppchen parat: “Portugal ist auch
in der Vergangenheit mit dem besten Spieler
der Welt zu einem WM-Turnier gefahren –
und hat den Titel nicht gewonnen. Weshalb
sollten wir nun mit Ronaldo Favorit sein?” Å
Der Superstar und sein Chef Cristiano Ronaldo will
bald fit sein, Coach Paulo Bento beschwichtigt derweil
die Nation.
Hoffnungsträger Costa Ricas Stürmer Bryan Ruiz.
Costa Rica
Hiobsbotschaft am
Verdauen
Sven Goldmann ist Fussball­
experte beim “Tagesspiegel” in
Berlin.
Es war der Mannschaftsarzt,
der dem Cheftrainer die
unangenehme Mitteilung machte. Costa
Ricas Nationalmannschaft widmete sich
gerade den letzten Vorbereitungen für den
Abflug ins Trainingslager in Florida, da
suchte Dr. Alejandro Ramírez das klärende
Gespräch mit Jorge Luis Pinto. Am Ende der
Unterredung stand die Erkenntnis: Álvaro
Saborío wird für die Weltmeisterschaft in
Brasilien ausfallen. Der stechende Schmerz,
den der Stürmer nach einem Zweikampf im
Training beim Auftreten verspürt hatte,
stellte sich bei einer näheren Untersuchung
als ein Bruch des fünften Knochens im
Mittelfuss heraus. “Álvaro muss nicht
­operiert werden, aber es dauert vier Wochen,
bis die Verletzung verheilt ist”, sagte Mannschaftsarzt Ramirez. “Er wird nicht mehr
rechtzeitig fit für die WM.”
Álvaro Saborío ist nicht irgendein Spieler, er
ist der mit Abstand torgefährlichste Stürmer
Costa Ricas. Der 32-Jährige von Real Salt
Lake aus der Major League Soccer hatte in der
Qualifikation für Brasilien 8 von 27 Toren
seiner Mannschaft erzielt – so viele wie kein
anderer. “Das ist schon ein schwerer Schlag
für die Mannschaft”, sagte Trainer Pinto.
14
T H E F I FA W E E K LY
imago
Redakteur bei The FIFA Weekly.
WM-CAMP
“Álvaro ist nicht nur ein hervorragender
Stürmer. Er ist auch eine unserer Führungspersönlichkeiten. Es wird nicht einfach sein,
ihn zu ersetzen.”
Das Problem ist, dass Costa Rica nicht unbedingt gesegnet ist mit Angreifern, die verlässlich das Tor treffen. Die Defensive mit dem
grossartigen Torwart Keylor Navas von UD
Levante steht hervorragend, aber in der
Offensive hakt es zuweilen. Die Last im
Angriff liegt jetzt vor allem auf Bryan Ruiz.
Der rechte Flügelstürmer hatte sich in der
Premier League beim FC Fulham nicht richtig
durchsetzen können, war zuletzt an den PSV
Eindhoven ausgeliehen und dort in der Rückrunde in 14 Spielen immerhin zu 5 Torerfolgen
gekommen. Ausserdem hofft Trainer Pinto auf
Joel Campbell. Auch er hat einen Vertrag in
der Premier League, verdingte sich zuletzt
aber als Leihspieler bei Olympiakos Piräus, wo
er im Achtelfinale der Champions League als
Torschütze gegen Manchester United glänzte.
Beim vorletzten Testspiel in Tampa Bay gegen
Japan spielten die Costa Ricaner eine Halbzeit
lang sehr gut auf und lagen durch ein Tor von
Bryan Ruiz auch 1:0 in Führung. Danach aber
passierte nicht mehr viel, und das Spiel ging
noch 1:3 verloren.
Nach einem abschliessenden Test in Florida
gegen Irland reist die Mannschaft dann
weiter in ihr brasilianisches Camp nach
Santos, wo sie sich auf das erste WM-Spiel in
Fortaleza gegen Uruguay vorbereitet. Die
weiteren Gegner in der wohl schwersten
Vorrundengruppe heissen Italien und England. Interessanterweise hält Italiens Trainer
Cesare Prandelli die Costa Ricaner für den
schwersten Gegner. Warum? “Weil wir so
wenig über sie wissen”, sagt Prandelli. Å
Kleinhacken und weichkochen Der Schweizer WM-Koch Emil Bolli weiss, dass Erfolg durch den Magen geht.
Schweiz
Das WM-Rezept
Kevin C. Cox / Getty Images, Marco Zanoni
Thomas Renggli ist Autor bei
Die Defensive von
Costa Rica steht
hervorragend,
aber in der Offensive hakt es.
The FIFA Weekly.
“When in Rome, do as the
Romans do”, lautet ein
gängiges Rezept, um in einem
fremdem Land so schnell wie möglich mit den
lokalen Gepflogenheiten in Kontakt zu kommen und interkulturelle Brücken zu bauen.
Kulinarisch könnte dies bei den WM-Mannschaften in Brasilien allerdings zu diversen
Unpässlichkeiten führen. Feijoada, das brasilianische Nationalgericht mit Würstchen,
Zunge, Schweineohren und (sehr vielen)
Bohnen, findet sich in keinem Ratgeber für
Sportlernnahrung. So verzichtet
Emil Bolli, der Koch der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft, in seinem
WM-Schlachtplan auf brasilianische Experi-
mente. “Es geht darum, die Verdauung der
Spieler stabil zu halten”, sagt er zu seiner
kulinarischen Strategie. Bolli serviert fett­
armes, kohlenhydratreiches, vitamin- und
mineralsalzhaltiges Essen. Dabei hält er
sich an simple Vorgaben: “Kein Fleisch kurz
vor dem Spiel. Keine schwer verdaulichen
Fette, und auch beim Zucker gilt es, Mass zu
halten.”
Wie auf dem Spielfeld ist auch am Esstisch
das Timing von grösster Wichtigkeit. Die
Schweizer Spieler müssen exakt vier Stunden
vor dem Kickoff essen. Dabei variiert das
Menü je nach Anspielzeit. Findet die Partie
am Nachmittag statt, wird zur Hauptspeise
meistens Pasta mit Tomaten- oder Fleischsauce serviert – davor eine Gemüsesuppe,
danach Apfelkuchen. Für Abendspiele kommt
als Vorspeise zum Beispiel auch Trockenfleisch in Frage. Wird später a
­ ngespielt, holt
Bolli zuweilen auch K
­ alb- oder Hühnerfleisch
aus der Vorratskammer.
T H E F I FA W E E K LY
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WM-CAMP
Für die Fussball-Köche ist die WM im fünftgrössten Land der Erde eine logistische und
organisatorische Herausforderung. In Manaus beispielsweise erfordert das Dschungelklima besondere Vorkehrungen. Bei den
erwarteten Temperaturen von über 30 Grad
und einer Luftfeuchtigkeit von rund 80 Prozent ist die Haltbarkeit von Esswaren besonders schwierig. Um allen Eventualitäten
vorzubeugen, bringt Bolli aus der Schweiz
Schokolade, Milchgetränke, Gewürze,
­Birchermüesli und Gerste sowie eigene
Pfannen mit. Als zweite Köchin begleitet ihn
seine Tochter Andrea – vor Ort unterstützen
ihn zwei brasilianische Küchenhilfen.
Schon seit 18 Jahren steht Emil Bolli bei der
Schweizer Nationalmannschaft am Herd.
Dabei begann seine Karriere mit schwer
verdaulicher Kost – Ende August 1996 mit der
epochalen 0:1-Niederlage in Aserbaidschan.
Sportlich hatte dies eine ähnliche Wirkung
wie der Konsum einer grosser Portion Feijoada
30 Minuten vor dem Kickoff zum ersten
WM-Spiel. Eine nachhaltige sportliche Magenverstimmung handelte sich damals allerdings
nur der Schweizer Trainer Rolf Fringer ein. Å
“Wir werden alles tun, damit Neymar
und Co. erst in ihrem zweiten Match
ihre Stärken ausspielen können.”
Ivan Rakitic
Bayern München überragend. Nur im Finale
gegen Atlético war der schmächtige Spielmacher unauffällig. Oder Ivan Rakitic. Als Kapitän
Europa-League-Sieger mit dem FC Sevilla. Was
gerüchteweise auch schon Begehrlichkeiten bei
beiden Madrider Grossklubs geweckt hat.
Ivica Olic und Ivan Perisic liessen in Deutschland VfL Wolfsburg bis zum Schluss von
einem Champions-League-Platz träumen.
Oldie Olic erlebt aktuell seinen dritten Frühling, fühlt sich “so gut wie zu meiner Bayern-­
Zeit”. Auch Perisic explodierte 2014, nachdem
er das gesamte Vorjahr die 8-Millionen-Euro-Ablöse an Borussia Dortmund nie gerechtfertigt hatte. Erstmals traf er in drei aufeinanderfolgenden Ligapar­tien. Im letzten Spiel
machte er als Kunstschütze von sich reden:
Mit einem einzigen Schuss dreimal ans
Aluminium geklopft – Stange, Latte, Stange.
Kroatien
Üben für den
perfekten Tag
Andreas Jaros ist freier Autor
und lebt in Wien.
imago
Nicht daheim und doch zu
Hause: Die kroatische Nationalelf hatte für die Vorbereitung auf ein Grossereignis einmal mehr im
Kurort Bad Tatzmannsdorf eingecheckt, 75
Minuten von Wien entfernt. Die Österreicher
wussten, was sie ihrem Ruf als inoffizieller
Weltmeister im Camp-Organisieren schuldig
sind, und fuhren das volle Programm auf: Der
Landeshauptmann des Burgenlandes reiste an,
Kinder standen Fähnchen schwingend Spalier,
die Musik dröhnte, die Torte war mit dem
süssesten Zuckerguss dekoriert: “Good Luck
for Brasil”. Jeder nur erdenkliche Wunsch
wurde dem WM-Dritten von 1998 eine Woche
lang erfüllt: In einer Saunakammer der Therme konnten sogar die klimatischen Verhältnisse von Brasilien simuliert werden.
Die Kroaten können das Eröffnungsspiel
gegen Brasilien am 12. Juni in São Paulo gar
nicht erwarten. “Klar ist, dass wir einen
perfekten Tag brauchen”, ahnt Rakitic. Über
die Taktik wollte der gebürtige Schweizer –
funkelnder Ohrstecker, blonde Mähne,
Sonnyboy-Aura – nicht reden: “Ich werde
einen Teufel tun und unsere Marschroute
verraten”, grinste er. “Aber eines kann ich
versprechen: Wir werden alles tun, damit
Neymar und Co. erst in ihrem zweiten Match
ihre Stärken ausspielen können.”
So etwas wie Nervosität kam in Bad Tatzmannsdorf nur auf, als wegen eines angeblichen Spions bei den Trainingseinheiten die
Polizei handeln musste. Der fortgejagte
deutsche Kiebitz hätte im Auftrag des
deutschen Teamchefs des zweiten Gruppengegners Kamerun, Volker Finke, aufgetaucht sein können, vermuteten die
­K roaten. Die Aufregung um den Spion
schaffte es in Österreichs grösstem Kleinformat sogar auf Seite 1. Å
Ambitioniert Das
kroatische Team
– hier im Camp in
Österreich – will es
Brasilien am 12. Juni
schwer machen.
Für das Feelgood-Ambiente sorgten aber auch
die Spieler selbst. Einige der Offensivkünstler
haben eine grossartige Klubsaison hinter sich.
Real Madrids Luka Modric war im Halbfinale
der Champions League auswärts beim 4:0 gegen
T H E F I FA W E E K LY
17
Name
Leovegildo Lins da Gama Júnior
Geburtsdatum, Geburtsort
29. Juni 1954, João Pessoa (Brasilien)
Stationen als Spieler
Stationen als Trainer
CR Flamengo, Corinthians
Brasilianisches Nationalteam
88 Einsätze, 8 Tore
18
T H E F I FA W E E K LY
IPA Photo / Imago
CR Flamengo, Torino, Pescara
DAS INTERVIEW
“Ich wurde geboren,
um für Flamengo zu spielen”
Leovegildo Lins da Gama Júnior – kurz Júnior – war Teil des Dream-Teams
der brasilianischen Nationalmannschaft der 1980er-Jahre. Der heute 60-Jährige spricht über die ­
Liebe seines Lebens, die Aussichten der aktuellen Seleção und seine Karriere als Sänger.
Das Wichtigste zuerst: Wer stemmt am 13. Juli
den WM-Pokal in die Höhe?
Júnior: Da gibt es nur eine Antwort:
Brasilien!
Wer könnte das Ziel gefährden?
Nach der Leistung am Konföderationen-­
Pokal ist die Seleção ganz klar der erste
Anwärter auf den Titel – gefolgt von Argen­
tinien, Deutschland und Spanien.
Ein Erfolg der Seleção würde die Stimmung
sicher positiv beeinflussen ...
… definitiv – und worauf wir alle hoffen, ist
­das Erreichen der Hexa, der Gewinn des
sechsten Titels. Das ist eine nationale
Herzens­a ngelegenheit. Wer etwas mit Fussball
zu tun hat, ist sozusagen dazu verpflichtet,
der Seleção nur das Beste zu wünschen.
Sie spielten zweimal an einer WM-Endrunde:
1982 und 1986. Die Mannschaft von 1982 galt
mit Zico, Sócrates und Falcão als Dream-Team.
Weshalb reichte es trotzdem nicht für den Titel?
Das Schlüsselereignis war das 2:3 gegen
Italien in der Zwischenrunde. Es war eine
jener Episoden, die zeigen, wie unberechenbar
Fussball sein kann. Diese Niederlage ist für
uns noch heute schwer fassbar. Wir waren im
Abschluss nicht effizient, besassen aber ausgezeichnete Chancen – vor allem die Kopfballmöglichkeit von Oscar in der 89. Minute. Ich
erinnere mich, als wäre es gestern gewesen.
Italien bot gegen uns die beste Leistung des
Turniers. Und dann haben wir auch individuelle Fehler begangen. Der Fehlpass von Cerezo
vor dem zweiten Gegentreffer – oder als ich
auf der Torlinie stehen blieb und damit das
Abseits beim dritten Gegentreffer aufhob.
Ihre damalige Taktik wirkt rückblickend ein
wenig unbedacht. Brasilien stürmte beim Stand
von 2:2 bedingungslos, obwohl ein Unentschieden fürs Weiterkommen gereicht hätte.
Mit dem heutigen taktischen Wissen
würden wir zwar offensiv spielen, die Italiener würden aber kaum schon in ihrer Hälfte
auf Manndeckung setzen.
Das Pech schien Ihnen an WM-Turnieren an den
Füssen zu kleben. 1986 unterlagen Sie im
Viertelfinale Frankreich im Penaltyschiessen …
Pech ist das richtige Wort für diese
Niederlage. Wir spielten gut, besassen grosse
Möglichkeiten. Doch wieder stand uns die
fehlende Effizienz im Weg. Zico verschoss in
der 75. Minute gar einen Elfmeter.
Was unterscheidet die damalige Generation von
den späteren Weltmeisterteams (1994, 2002)?
Für mich war die entscheidende Differenz
die individuelle Klasse in den Schlüssel­phasen.
1994 hatten wir Romário und Bebeto, die über
sich hinauswuchsen und die Mannschaft bis
ins Finale führten. 2002 übernahmen Rivaldo
und vor allem Ronaldo – mit zwei Toren im
Endspiel – diese Rolle.
Wer könnte Brasilien in diesem Jahr zum Titel
führen?
Neymar! Er ist der Schlüssel zum Erfolg –
obwohl er erst 21 Jahre alt ist. Aber Pelé war bei
seinem ersten Triumph sogar vier Jahre jünger.
Sie waren Verteidiger – mit ausgeprägtem
Offensivdrang. Muss man einen jungen Brasilianer dazu zwingen, in der Abwehr zu spielen?
(Lacht) Der Offensivdrang scheint den
meisten Brasilianern tatsächlich angeboren.
Aber ich erinnere mich, dass wir auch Epochen
mit guten Verteidigern oder Torhütern hatten.
Heutzutage setzen die Trainer den taktischen
Freiräumen Grenzen. Brasilien spielt nicht
mehr so “brasilianisch” wie früher.
Pelé wählte Sie unter die besten 125 noch
lebenden Fussballer. Was bedeutet Ihnen das?
Für mich ist das die höchste Ehre, die ein
professioneller Fussballspieler erhalten kann.
In Europa spielten Sie für Torino und Pescara,
Ihr Name ist aber vor allem mit Flamengo
verbunden. Was bedeutet Ihnen der Klub?
Flamengo bedeutet mir alles. Fast zwanzig
Jahre meines Lebens habe ich dort verbracht.
Als Spieler, Trainer und Technischer Direktor.
Dort wurde ich sowohl als Mensch wie auch
als Spieler erwachsen. Mit meinen 874 Partien
bin ich Rekordspieler. Bei den grössten Erfolgen war ich dabei: Vier brasilianische Meistertitel, sechs Staatsmeisterschaften von Rio und
ein Copa-Libertadores-Sieg. Und dann der
grösste Titel überhaupt: der Weltpokal 1981
gegen Liverpool.
Hätten Sie ein Angebot von Fluminense
angenommen?
Nein – nie. Ich wurde geboren, um in
Brasilien nur für Flamengo zu spielen.
Weltmeister wurden Sie im Beachsoccer –
gleich viermal. Ausserdem gewannen Sie jedes
Mal den Titel des Torschützenkönigs. Sind Sie
ohne Fussballschuhe also noch besser?
Die Phase des Beachsoccer war wohl eine
der besten in meinem Leben. Am Strand habe
ich die Grundlagen des Spiels gelernt – mit
neun Jahren habe ich an der Copacabana
begonnen. Als sich der Beach­soccer zu etablieren begann, sah ich die Möglichkeit, bei der
Weiterentwicklung mitzuhelfen. Ich spielte
mit grosser Freude – und genoss vor allem
auch das Reisen durch die ganze Welt.
Und dann war da noch ihr Abstecher ins
Showgeschäft – als Sänger. Ihre Single “Voa
Canarinho” verkaufte sich vor der WM 1982
über 800 000-mal. Dürfen sich Ihre Fans auf
weitere Songs freuen?
“Voa Canarinho” war für mich eine schöne
Möglichkeit zum Einstieg in die Musik. Es war
eine eingängige Melodie mit einfachem Text,
der von der Seleção handelte. Der Erfolg des
Songs wurde durch die Auftritte der Nationalmannschaft gefördert. Bis heute ist die Musik
eine meiner Leidenschaften. Ich singe immer
noch, jetzt in einem sozialen Projekt, das ich
in Rio de Janeiro organisiere. Die Zuschauer
bezahlen Eintritt für unsere Konzerte. Mit
diesem Geld finanzieren wir Nahrungsmittel, die
wir an fünf Hilfsorganisationen verteilen. Das
Projekt heisst “Samba da Sopa”. Å
Mit Júnior sprachen Thomas Renggli
und Manuel Rieder
T H E F I FA W E E K LY
19
First Love
20
T H E F I FA W E E K LY
Obie Oberholzer/laif
O r t: P rov i n z Te te, Mosa mbi k
Datum: 8. September 2013
Z e it : 9. 4 3 U h r
T H E F I FA W E E K LY
21
C O U N T D O W N B R A S I L I E N 2 0 14 : N O C H 6 T A G E
Anpfiff
Sie agieren meist im Hintergrund, doch sind sie ein
unverzichtbarer Teil einer erfolgreichen Weltmeisterschaft:
die Schiedsrichter. Hinter den Männern mit der Pfeife steckt
aber mehr als nur ein strenger Referee.
Sarah Steiner und Giovanni Marti
A
lle Augen sind während der WM auf die 32 Nationalteams gerichtet, die während vier Wochen versuchen werden, den begehrten
Titel zu gewinnen. Der Weg dahin führt über maximal sieben
Spiele. Während des gesamten Turniers werden insgesamt 64 Partien ausgetragen. Diese gilt es zu leiten, und genau hier kommen
die Akteure ins Spiel, von denen meistens nur dann gesprochen
wird, wenn sie Fehlentscheide gefällt haben: die Referees.
Eine WM ist ohne sie nicht vorstellbar. Sie sind es, die für Recht und
Ordnung auf dem Platz sorgen, die das Fair Play überwachen und den
Spielfluss massgeblich mitprägen. Unter dem Motto “Die besten Referees
für den grössten und wichtigsten Sportanlass der Welt” hat die FIFA in
einem dreijährigen Auswahlverfahren 25 Schiedsrichtertrios auserkoren.
In Seminaren wurden diese vorbereitet und in wichtigen Punkten wie
dem Schutz der Spieler und des Spiels, Kohärenz und Einheitlichkeit,
dem Lesen des Spiels und dem Verstehen von Spielern- und Team-­
Mentalitäten geschult. Ein besonderes Augenmerk wurde auf die Positionierung gelegt, denn nur ein gut positionierter Schiedsrichter kann
Situationen antizipieren und beurteilen – vor allem in den sogenannten
Grauzonen wie dem Strafraum. Massimo Busacca, Chef der FIFA-Schiedsrichterabteilung, ist sich sicher: “Wir haben die besten ausgewählt und
sind überzeugt, dass sie die Qualität abliefern werden, die wir anstreben.”
In Brasilien wird den Offiziellen zudem zum ersten Mal die
Torlinien-­Technologie und der Markierungsspray als Hilfsmittel zur
Verfügung stehen. Å
“Die Menschen nennen uns ‘Kiwis’, aber wissen
Sie eigentlich, warum? Zu Hause essen wir
natürlich die Kiwifrucht, aber der Kiwi ist auch
unser Nationalvogel. Viele Leute ausserhalb
Neuseelands kennen nur die Frucht. Ich bin
sehr stolz darauf, die ‘Kiwis’ während der WM
zu repräsentieren und werde mein Bestes
geben.”
Yuichi Nishimura Japan
*17. April 1972, Schiedsrichter
“Meine Sportschüler geben mir Feedbacks zu
meiner Leistung auf dem Platz. Sie diskutieren
mit mir die Entscheide und fragen mich,
warum ich in einer bestimmten Situation auf
Elfmeter entschieden habe – oder eben nicht.
Sie sind sehr stolz, dass einer ihrer Lehrer als
Schiedsrichter an die WM fährt.”
Benjamin Williams Australien
*14. April 1977, Sportlehrer
22
T H E F I FA W E E K LY
“Vor jedem Spiel nehme ich meinen Ring ab
und küsse ihn viermal zu Ehren der vier Frauen
in meinem Leben: meiner Mutter, meiner Frau
und meiner zwei Töchter.”
Sandro Ricci Brasilien
*19. November 1974, Beamter
foto-net
Peter O’Leary Neuseeland
*3. März 1972, Lehrer
“Viele Leute haben mich während meiner
Vorbereitung auf die WM unterstützt. Während
jedem Spiel, das ich leite, werde ich ihnen den
Anpfiff widmen und mich so für ihre Hilfe
bedanken.”
C O U N T D O W N B R A S I L I E N 2 0 14 : N O C H 6 T A G E
→ http://www.fifa.com/worldcup
“Meine jüngeren Schiedsrichterkollegen
vergleichen mich gerne mit einem Holly­woodStar — doch leider nicht mit einem gut aus­
sehenden! Sie sagen, ich sehe aus wie Shrek.
Das erklärt auch, warum ich ein Bild von ihm
als Bildschirmschoner auf meinem Mobil­
telefon habe.”
“Ich liebe den Fussball in all seinen Facetten.
Ein gutes Fussballspiel zu schauen, ist genau
so gut wie ein gutes argentinisches Barbecue
mit Freunden und mit ihnen fantastisches
argentinisches Fleisch zu teilen.”
Néstor Pitana Argentinien
*17. Juni 1975, Sportlehrer
Howard Webb England
*14. Juli 1971, Polizist
“Ich bin so stolz, weil ich der erste Schieds­
richter bin, der Serbien nach einer langen
Durststrecke an einer Weltmeisterschaft
repräsentieren darf. Ich möchte alles für
mein Land geben.”
“Ich versuche, vieles vom Ingenieurwesen ins
Schiedsrichteramt zu übertragen – und
umgekehrt. So ist meine Mentalität, so ist
meine Art zu arbeiten.”
Carlos Velasco Carballo
Spanien, *16. März 1971, Ingenieur
Milorad Mazic Serbien
*23. März 1973, Direktor in der
Fleischindustrie
“Ich habe das Glück, dass ich mich seit dem
letzten Jahr ausschliesslich dem Schiedsrichteramt widmen kann. Die andere Seite meines
Lebens war die Mathematik. Ich war 17 Jahre
lang Mathematiklehrer an einer High School.”
Mark Geiger USA
*25. August 1974, Schiedsrichter
“In meinem Land gibt es einen lokalen Sport,
der unter dem Namen Buri bekannt ist. Es ist
mehr oder weniger wie Wrestling. Ich bin darin
nicht wirklich gut, aber ich liebe es, diesen
Sport als Hobby auszuführen.”
Bakary Gassama Gambia
*10. Februar 1979, Geschäftsmann
Der Weg nach Brasilien
Der Auswahlprozess der WM-Schieds­
richter begann 2011 mit der Auswahl der
52 besten Referee-Teams nach der KlubWM in Japan. In insgesamt 19 Seminaren
wurden sie intensiv auf ihre Aufgabe
vorbereitet und mussten Prüfungen in
Fitness, Theorie und Matchanalyse
absolvieren. Am 14. Januar 2014 hat sich
die FIFA für die 25 Schiedsrichtertrios und
8 Supportduos entschieden, welche die
Spiele der Weltmeisterschaft in Brasilien
leiten sollen.
Während des Turniers erfahren die
Schiedsrichtertrios 48 Stunden vor
Anpfiff, welches Spiel sie leiten werden.
Der Entscheid wird von der Schieds­
richterabteilung und Mitgliedern der
Schiedsrichterkommission gefällt.
Informationen zu allen Schiedsrichtern:
Fifa.to/1wxZ1HA
T H E F I FA W E E K LY
23
DEBAT T E
Von der 0:0-Gefahr Wehende Fahnen Die Eröffnungszeremonie
an der WM 2010 in Johannesburg.
Der Kickoff in São Paulo löst das globale Fussballfieber aus.
Doch an einem WM-Turnier kommt das Beste nur selten zuerst.
G
rösser als die Vorfreude auf eine WM ist
in der Regel der Druck, der auf dem
Heimteam lastet. Dies erfuhr die süd­
afrikanische Mannschaft vor vier
Jahren in Johannesburg am eigenen
­
Leib. Das 1:1 zum Turnierstart gegen
­Mexiko liess sich nur durch viel Fantasie mit
­a frikanischer Leichtigkeit und Lebenslust in
Verbindung bringen. “Am Anfang war meine
Mannschaft sehr beeindruckt von dem Ambiente”, sagte Nationaltrainer Carlos Alberto
Parreira entschuldigend. Der Chronist der
­
“Süddeutschen” relativierte diese Aussage: “Die
Südafrikaner waren nicht beeindruckt. Sie waren wie gelähmt, als würden alle Spieler mit
starkem ­Gegenwind kämpfen.”
Eine verlässliche Windprognose für São
Paulo am 12. Juni ist noch nicht zu erhalten,
doch der Jahreszeit entsprechend darf mit
­einer leichten Brise gerechnet werden. Damit
sind zumindest die klimatischen Voraus­
24
T H E F I FA W E E K LY
setzungen für einen idealen WM-Start des
Heimteams gegeben. Sportlich präsentiert sich
die Grosswetterlage nicht ganz so störungsfrei.
Als erster Gegner von Brasilien reist Kroatien
mit berechtigten Ambitionen nach Südamerika. Das kroatische Team besitzt mit seiner
­M ischung aus erfahrenen und jungen Spielern
das Potenzial für eine Überraschung. Im
­Hinblick auf die weiteren Gruppenspiele gegen
­Mexiko und Kamerun darf sich die Seleção
­keinen Ausrutscher leisten.
Wer zum WM-Kickoff mit Spektakel und
Ballzauber im Übermass rechnet, könnte
­ohnehin eine Enttäuschung erleben – diesen
Eindruck vermittelt zumindest der Blick in die
Statistiken. Seit 1966 wird ein offizielles (zeitlich exklusives) Eröffnungsspiel durchgeführt.
Die ersten vier Austragungen endeten torlos –
das erste Tor anlässlich einer WM-Ouvertüre
gelang den Belgiern 1982 beim 1:0 gegen Argentinien. Mehr als ein Treffer fiel im Eröffnungsspiel erst viermal – 1986 (Bulgarien - Italien 1:1),
1998 (Brasilien - Schottland 2:1), 2006 (Deutsch-
land - Costa Rica 4:2) und 2010 (Südafrika - Mexiko 1:1). Bis 2002 eröffnete ­jeweils der Titelverteidiger das Turnier. Seit der Weltmeister nicht
mehr direkt qualifiziert ist, kommt diese Ehre
dem Veranstalter zu. Die Brasilianer standen
zum Turnierstart bisher zweimal im Scheinwerferlicht: 1974 gegen J­ ugoslawien (0:0) und
eben 1998 gegen Schottland. Sollten sie auch
diesmal nicht mehr Tore schiessen, muss es
noch nicht das Ende aller Tage bedeuten: Noch
nie wurde der Sieger des Eröffnungsspiels
auch Weltmeister. Å
Die Weekly-Debatte.
Was brennt Ihnen unter den Nägeln?
Über welche Themen wollen Sie
diskutieren? Ihre Vorschläge an:
[email protected]
Jamie Squire / Getty Images
Thomas Renggli
DEBAT T E
PRESIDENTIAL NOTE
The FIFA Weekly fragte auf FIFA.com:
Auf welches Gruppenspiel freuen Sie sich
am meisten?
Brasilien - Kroatien! Es ist das Eröffnungsspiel der Weltmeisterschaft, findet in der
Nähe meines Wohnorts statt, und ich werde
dabei sein! Ich werde als freiwilliger Helfer
im Stadion sein, denn ich will dieses Spiel
auf keinen Fall verpassen.
rp. robson, Brasilien
Deutschland - Portugal. Für Portugal ist es
DIE Chance, perfekt in die Weltmeisterschaft
zu starten.
moutigol, Portugal
Iran - Nigeria, weil es ein mitunter entscheidendes Spiel für den weiteren Verlauf des
Turniers für uns ist. Dann Iran - Argentinien, weil es unglaublich ist, gegen so einen
Gegner zu spielen. Und – leider auch zu
erwähnen – unter normalen Umständen ein
Ding der Unmöglichkeit; es sei denn, der
Verband könnte Millionen aufbringen für ein
Freundschaftsspiel. Als letztes Iran - BosnienHerzegowina, weil es mit Bezug auf die Spiele
zuvor, ein gruppenentscheidendes Endspiel
wird. Hoffentlich gewinnt Iran zwei von drei
Spielen.
p.edram, Iran
“Jedes Spiel
ist hoch­
interessant.”
Ich freue mich auf alle Spiele. Denn die
Mannschaften werden immer konkurrenz­
fähiger und so muss jedes Team von Beginn
an alles geben, um seine Position für die
nächste Runde zu stärken und zu bestätigen.
usmansherazi, Pakistan
Alle Spiele versprechen Spannung. Aber
manche Spiele werden spannender sein als
andere. Ich freue mich am meisten auf
Spanien - Niederlande, England - Italien
und Deutschland - Portugal.
Schalkefan13, Deutschland
Es ist eine WM, da freue ich mich auf alle
Spiele und auf alle Teams. Jedes Spiel ist
hochinteressant. Ich kann es kaum noch
erwarten.
Neymar87_87, Deutschland
Das Eröffnungsspiel! Es lastet ein grosser
Druck auf Brasilien, aber Scolari sollte die
Jungs zu führen und jede Peinlichkeit gegen
Kroatien zu vermeiden wissen. Ein weiteres
Spiel von grosser Erwartung wird das erste
Spiel in der B-Gruppe zwischen Spanien und
den Niederlanden sein: die Revanche für das
WM-Finale von 2010. Gruppe D mit den drei
Weltmeistern ist ebenfalls super. Für Costa
Rica bedeutet diese Gruppe eine ideale
­Gelegenheit, um Erfahrungen zu sammeln.
victorinoban, Brasilien
Ich freue mich sehr auf Spanien - Niederlande. Und auch auf den ersten Auftritt der
Schweizer gegen Ecuador.
guarana02, Schweiz
Argentinien - Bosnien-Herzegowina.
Definitiv ein Kracher. Das erste Spiel von
Bosnien an einer Weltmeisterschaftsendrunde. Volles Haus im Marancanã-Stadion.
Das wird ein tolles Spiel.
Goalgetter10, Bosnien
“Die Revanche für das
WM-Finale von 2010.”
Der Sport im
Vordergrund
D
as WM-Eröffnungsspiel ist auch ein
Schlusspunkt – hinter jahrelange Vorbereitungsarbeiten, während derer alle Beteiligten grosse Energien aufwendeten und unter
höchstem Einsatz die entstandenen Probleme
lösten. Heute dürfen wir stolz feststellen:
­Brasilien ist bereit!
Ich wünsche mir, dass in den nächsten
­Tagen und Wochen der Sport in den Vordergrund rückt. Nirgendwo ist der Fussball so sehr
Teil der Alltagskultur wie in Brasilien, nirgends
identifizieren sich die Menschen so stark mit
ihren Spielern wie hier. Wenn diese positive
Kraft freigesetzt wird, erleben wir die beste
WM der Geschichte, “A Copa das Copas”.
Dazu gehört für mich auch, dass das ganze
brasilianische Volk eingebunden ist – dass sich
alle Menschen am Fussball erfreuen können.
Mit dem “Handshake for Peace” wollen wir
ein Zeichen setzen und dazu beitragen, Brücken
zu bauen und den Frieden zu fördern. Auch
wenn es sich bei dieser Geste nur um ein S
­ ymbol
handelt, soll sie für die völkerverbindende und
pazifistische Botschaft des Fussballs stehen. In
diesem Sinne sind auch die weissen Tauben zu
verstehen, drei an der Zahl, die beim Eröffnungsspiel in den Himmel steigen werden. Die
Kraft der Symbolik, so lehrt die Geschichte, ist
nicht hoch genug einzuschätzen.
Im Zentrum der WM aber steht Brasilien.
Wir verschliessen die Augen nicht vor den
Sorgen der Bevölkerung. Die FIFA dafür
­
­verantwortlich zu machen, ist aber falsch. Wir
haben für die operativen Kosten keinen Cent
an Steuergeldern verwendet, sondern zwei
­Milliarden US-Dollar investiert.
Ich bin überzeugt, dass wir in den nächsten
vier Wochen ein grossartiges Fussballfest
­erleben werden – dank Brasilien, mit Brasilien,
für Brasilien.
Ihr Sepp Blatter
T H E F I FA W E E K LY
25
IRAN
“Ich wurde mit
offenen Armen
empfangen”
Der Torhüter Daniel Davari, in Deutschland geboren, reist
mit Iran an die WM. Wie kam es zu seiner Berufung, und was
erhofft sich das iranische Team in Brasilien?
Daniel Davari: Es ist viel passiert in dieser Saison, und
ich habe dabei reichlich Erfahrungen sammeln können, die
mir sehr zugute kommen. Für Iran zu spielen und eine WM
erleben zu dürfen, war ja wirklich nicht abzusehen. Insofern sind diese Zeiten für mich wirklich wunderbar. Aber
natürlich bin ich enttäuscht, dass ich mich nicht mit dem
Klassenverbleib aus Braunschweig verabschieden kann.
Wie ist denn Irans portugiesischer Nationaltrainer Carlos
Queiroz auf Sie aufmerksam geworden?
Die Bundesliga wird auch in dem Land, aus dem mein
Vater stammt, genau verfolgt – im Fernsehen, im Internet
und in zehn täglich erscheinenden Sportzeitungen. Den
ersten Kontakt hat Dan Gaspar, Queiroz’ amerikanischer
Assistent und Torwarttrainer, vor über einem Jahr geknüpft. Danach war auch der iranische Cheftrainer mal
hier. Ich bin über einen längeren Zeitraum beobachtet
worden, ehe ich am 15. November 2013 bei einem Qualifikationsspiel für die Asienmeisterschaft 2015 mein Debüt
geben durfte. Umso schöner, dass wir das Spiel in Thailand
3:0 gewonnen haben und ich ohne Gegentor blieb.
Rechnen Sie damit, dass Sie bei der WM im Tor der “Melli”,
wie das Nationalteam in Iran genannt wird, stehen?
Das ist völlig offen. Die Torhüter, die für die WM
benannt worden sind, sind auf einem vergleichbaren
Niveau und verfügen nicht über allzu grosse internationale
26
T H E F I FA W E E K LY
Erfahrung. Egal aber, ob ich am Ende spiele oder nicht. Ich
möchte bei dieser Weltmeisterschaft das Land, dessen
Staatsbürgerschaft ich wie die deutsche besitze, würdig
repräsentieren. Überhaupt dabei zu sein, ist für mich eine
grosse Ehre.
Sind Sie vor Ihrer Nominierung für die Nationalmannschaft
schon einmal in Iran gewesen?
Ich war als Kind einmal dort. Wenn ich jetzt dorthin
komme, dann mit sehr offenen Augen und grosser Sensibilität für das, was in Iran ganz anders ist als in Deutschland, wo ich, in Giessen, geboren bin. Ich habe nicht lange
gebraucht, um mich an viele für mich neue Dinge und
Gebräuche zu gewöhnen.
Was hat Sie denn bei Ihrer ersten Visite als iranischer
Nationalspieler besonders beeindruckt?
Die unglaubliche Freundlichkeit und Gastfreundschaft
der ­Menschen. Ich wurde mit offenen Armen empfangen
und bin auf den Strassen oft erkannt worden. Kaufleute in
Teheran haben mich in ihre Geschäfte gebeten und mir,
was in Deutschland undenkbar wäre, herzlich angeboten,
ein Souvenir nach Wunsch mitzunehmen. Diese Wärme
im Umgang miteinander und auch die Begeisterung für
den Fussball in einem grossen Land, das schon dreimal die
Asienmeisterschaft gewonnen hat, haben mich beeindruckt.
Waren Sie darauf vorbereitet?
Ein bisschen schon durch meinen Vater, der sehr stolz
auf mich ist und meine in Iran lebende Verwandtschaft.
Hallbauer + Fioretti Fotografie
Erstes Länderspiel für Iran, der Abstieg mit Eintracht Braunschweig aus der Bundesliga, die Nominierung für den
iranischen WM-Kader. Wie haben Sie dieses aufregende
Fussballjahr erlebt?
IRAN
Name
Daniel Davari
Geburtsdatum, Geburtsort
6. Januar 1988, Giessen,
Deutschland
Spielposition
Torhüter
Körpergrösse
192 cm
Stationen
2007 – 09 1. FSV Mainz 05 II
2009 – 14 Eintracht Braunschweig
2014 Grasshopper Club Zürich
Nationalmannschaft Iran
4 Einsätze
WM-Vorrunden-Programm
Gruppe F:
Nigeria (16.6.), Argentinien
(21.6.), Bosnien-Herzegowina
(25.6.)
T H E F I FA W E E K LY
27
IRAN
Angekommen Daniel Davari mit iranischen Teamkollegen.
Mit 26 Jahren bin ich jetzt auch in einem Alter, in dem ich
all die Erfahrungen, die ich mache, aufsaugen und geniessen kann. Es ist für mich eine sehr bereichernde und
aufregende Zeit.
Wie viel bekommen Sie denn vom gesellschaftlichen Leben
in Iran und der politischen Situation dort mit?
Für mich, einen Katholiken, geht es beim Blick auf die
bevorstehende WM um den Sport, und politische Fragen
bekomme ich nicht gestellt. Welcher Religion man angehört und wie man zur Politik des Landes steht, ist ein
anderes Thema.
“Ich habe
meinen Weg
gefunden.”
Was Ihnen noch fehlt, ist der problemlose Umgang mit der
persischen Sprache Farsi.
Wie nehmen Sie die iranische Fussballbegeisterung wahr?
Die Nationalmannschaft, in Brasilien zum vierten
Mal bei einem WM-Turnier dabei, steht sicher ganz oben,
was die Popularitätswerte angeht. Dass der Fussball
28
T H E F I FA W E E K LY
auch hier die Massen bewegt, zeigt sich jedes Jahr beim
grossen Teheraner Derby zwischen Esteghlal und Persepolis, wenn 120 000 Zuschauer ins grösste Stadion des
Landes strömen.
Schildern Sie bitte Ihre Gefühle, als Sie vor Ihrem ersten
Länderspiel in Thailand die iranische Nationalhymne
hörten und dabei zu spüren bekamen, dass nun Ihr Traum
wahr würde?
Es war einer der aussergewöhnlichsten Momente in
meinem Leben, weil er unglaublich persönlich und sehr
bewegend war. Mochten auch die Rahmenbedingungen
vor vielleicht 15 000 Zuschauern überschaubar sein, waren
diese Augenblicke doch unvergesslich und ungemein
intensiv. Ähnlich aufregend, wenn auch auf schockierende Weise, ging es mit meiner Länderspielkarriere vier
Amin Jamali / Getty Images
Ich bin dabei, persisch zu lernen und meine Kenntnisse, die ich mir während der Bundesligasaison angeeignet
habe, deutlich zu verbessern. Und ich hoffe, am Ende des
WM-Turniers entschieden besser Persisch zu sprechen als
jetzt. Der tägliche Umgang mit meinen Nationalmannschaftskollegen, von denen viele gut Englisch sprechen,
wird mir da sicher weiterhelfen. Jedenfalls fühle ich mich
ob meiner Sprachbarriere nicht als Aussenseiter und
komme mir auch sonst nicht wie ein Fremder in der Nationalelf eines Landes vor, das ich in Brasilien sehr gern
repräsentieren möchte.
IRAN
Keine Angst vor grossen Namen Davari bringt sich im Bundesligaspiel gegen den FC Bayern München und Arjen Robben in Position.
Tage später weiter. Im Libanon war am Tag unseres
Asia-Cup-Qualifikationsspiels ein Anschlag mit Toten
und Verletzten auf die iranische Botschaft verübt worden.
Das Spiel fand zwar statt, aber unter Ausschluss der
Öffentlichkeit. Wir gewannen 4:1, konnten dabei aber
kaum an Fussball denken.
Jetzt aber stehen Sie vor sportlich überaus anspruchsvollen
Bewährungsproben. Sie bekommen es mit Argentinien und
Lionel Messi zu tun, aber auch mit Bosnien-Herzegowina, in
der Abteilung Attacke angeführt von Edin Dzeko. Dazu
wartet der Afrikameister Nigeria auf Sie. Wird einem dabei
manchmal angst und bange?
MIS / imago
Gar nicht. Ich bin von Natur aus ein eher ruhiger und
sachlicher Typ und mache mir im vornherein nicht zu
viele Gedanken nach dem Motto: “Was wäre wenn ...”
Auch ein Lionel Messi bringt mich nicht um den Schlaf,
besonders nach einem aufreibenden Bundesligajahr.
Durch die Erfahrungen, die ich auf meiner Strecke aus
den Amateurligen bis hoch in die Bundesliga gemacht
habe, habe ich meinen Weg gefunden. Ich kann mich
dazu auf eine starke Abwehr verlassen, die die Grundlage
unseres gut organisierten Spiels ist. Wir haben ausserdem einen international renommierten, überaus professionellen Trainer, der uns auch gegen grosse Mannschaften
wie Argentinien mit der richtigen Strategie ausrüsten
wird. Ich bin sehr froh, bei diesem Trainer weiter dazulernen zu können.
Seine antizipative Spielweise, durch die er gefährliche
Situationen auf dem Platz lösen konnte, hat mir imponiert. Auch seine Körpersprache und sein selbstbewusstes
und intelligentes Auftreten jenseits des Platzes haben sich
mir eingeprägt.
Die Chancen für Iran, das Achtelfinale zu erreichen, scheinen in dieser anspruchsvollen Gruppe auf den ersten Blick
nicht berauschend. Wie schätzen Sie die Ausgangslage für
Ihre Nationalmannschaft ein?
Es ist unser Anspruch, für Überraschungen an der WM
gut zu sein. Das ist unser Ziel. Wir wollen unangenehm
sein und werden es keinem Gegner leicht machen. Jedes
Spiel bietet die Chance, etwas mitzunehmen. Wenn wir im
ersten Spiel gegen Nigeria etwas Zählbares rausholen,
stehen uns die Türen offen. Wir müssen alles dafür tun,
die Menschen in Iran stolz zu machen. Å
Mit Daniel Davari
sprach Roland Zorn
Sie haben einmal den früheren deutschen Nationaltorwart
Jens L­ ehmann als Ihr Vorbild bezeichnet. Warum?
T H E F I FA W E E K LY
29
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F I F A ’ S 11
FREE KICK
WM-Newcomer
1
WM 1934 Italien: 10 Newcomer
Teams: Ägypten, Deutschland, Italien,
Niederlande, Österreich, Schweden,
Schweiz, Spanien, Tschechoslowakei,
Ungarn
Beste Platzierung: Italien (1.)
2
WM 2006 Deutschland: 6
Teams: Angola, Elfenbeinküste, Ghana,
Togo, Trinidad und Tobago, Ukraine
Beste Platzierung: Ukraine (Viertelfinale)
Schwimmgurt,
3
Auster, Brotkasten
4
Perikles Monioudis
W
ann beginnt eine Fussball-Welt­
meisterschaft? Formell mit der
Eröffnungs­feier, genauer mit der Eröffnungsformel. Und doch beginnt
eine WM viel, viel früher, Jahre und
Jahre zuvor – für die FIFA, für den
Ausrichter, für die Verbände, die Spieler und
eben alle, die an der Planung und Umsetzung
beteiligt sind. Noch bevor die Qualifikation
ausgespielt ist, suchen die Verbände, die –
­realistischerweise oder auch nicht – mit ihrer
Teilnahme an der WM rechnen, nach einem
geeigneten Quartier, einem Camp, von wo aus
die eigentliche WM-Kampagne, die Turnierphase, in Angriff genommen werden kann.
Für viele Fans beginnt die WM mit der
­Lancierung der Panini-Sammelalben bzw. dem
Tauschen und Sammeln der bunten Abziehbilder; andere Fans geraten schon zuvor, bei der
Vorstellung der WM-Team-Kits, in WM-Stimmung, oder dann bei der Nominierung der
WM-Kader.
Für mich war stets der Moment, da ich die
WM-Stadien in einer Übersicht bewundern
konnte, der alles eröffnende. Schon als Kind
hatten es mir die Stadien angetan, die roten,
orangefarbenen, blauen, weissen usf. Sitzreihen, die Architektur der Gebäude – freilich
noch ohne, dass ich die Architektur als solche
begriff; ich verglich die Stadien oder vielmehr
ihre Anmutung mit dem, was mir als Vergleichsmöglichkeiten eben zur Verfügung
stand: Schwimmgurt, Auster, Brotkasten usf.
Die Aufstellung der Stadien, mitsamt der
Angaben zu Standort, Kapazität und Baujahr,
liess mich nicht mehr los. Ich entnahm sie der
Zeitung oder einem Fussballmagazin, faltete
sie und steckte sie in meine hintere Hosenta-
sche. Ich schaute mir die Bilder bei jeder sich
bietenden Gelegenheit an, liess meinen Blick
über die Anlagen schweifen, ganz so, als wäre
ich vor Ort, als wäre ich selbst in der Nähe der
Stadien, in denen doch in Kürze das Fest der
Feste, das Turnier der Turniere, die Fussball-Weltmeisterschaft steigen würde. Die WM
hatte so für mich begonnen – noch bevor sie
formell eröffnet wurde.
Nicht, dass ich mich später für ein Studium
der Architektur entschieden hätte. Nein, die
Geistes- und Sozialwissenschaften vermochten
mich an sich zu binden. Die Menschen interessierten mich dann doch mehr als die Materie,
der Stein. Und doch verspüre ich noch immer
diesen öffnenden Moment, wenn ich zum ersten Mal die Übersicht der WM-Stadien in Händen halte, auch wenn ich den bunten Bogen
nicht mehr falte und bei mir führe; eine unbekannte Sehnsucht nach dem fabelhaften Ereignis, dessen grandiosen Augenblicken, den
Stars, die dabei entdeckt werden, die Spiele, die
Geschichte schreiben, fast schon bevor sie gespielt sind: in Brasilien nun etwa der “Rumble
in The Jungle”, England gegen Italien im Amazonas-Dschungel.
Und wann endet nun eine WM? In unseren
Erinnerungen nie. Å
Die wöchentliche Kolumne aus der
The-FIFA-Weekly-Redaktion
WM 1982 Spanien: 5
Teams: Algerien, Honduras, Kamerun,
Kuwait, Neuseeland
Beste Platzierung: Algerien, Kamerun
(3. nach Gruppenspielen)
WM 2002 Japan / Korea: 4
Teams: China, Ecuador, Senegal,
Slowenien
Beste Platzierung: Senegal (Viertelfinale)
KO kKK -44
M 1998 Frankreich: 4 W
Teams: Jamaika, Kroatien, Japan,
­Südafrika
Beste Platzierung: Kroatien (3.)
M 1974 BR Deutschland: 4
W
Teams: Australien, DDR, Haiti, Zaire
Beste Platzierung: DDR (2. Runde)
M 1938 Frankreich: 4
W
Teams: Kuba, Niederländisch-Indien,
Norwegen, Polen
Beste Platzierung: Kuba (Viertelfinale)
8
kKK-
kKK –
kKK- 4
WM 1994 USA: 3
Teams: Griechenland, Nigeria,
Saudi Arabien
Beste Platzierung: Nigeria, Saudi Arabien
(Achtelfinale)
kKK
M 1990 Italien: 3
W
Teams: Costa Rica, Irland, Vereinigte
Arabische Emirate
Beste Platzierung: Irland (Viertelfinale)
M 1986 Mexiko: 3
W
Teams: Dänemark, Irak, Kanada
Beste Platzierung: Dänemark (Achtel­
finale)
M 1970 Mexiko: 3
W
Teams: El Salvador, Israel, Marokko
Beste Platzierung: Alle (4. nach den
Gruppenspielen)
kKK
kKK
kKK
Quelle: FIFA (Milestones and
Superlatives, Statistical Kit, 12.5.2014)
T H E F I FA W E E K LY
31
ZEITSPIEGEL
T
H
E
N
Deutsches EM-Camp, Saint-Germain-en-Laye, Frankreich
1984
teutopress / imago
Coach Jupp Derwall ordnet im Training der deutschen Nationalmannschaft
während der EM in Frankreich ein Freistosstraining an.
32
T H E F I FA W E E K LY
ZEITSPIEGEL
N
O
W
BVB-Trainingsgelände, Dortmund, Deutschland
2011
Christoph Reichwein / imago
Längst haben Plastikmännchen den Pappkameraden den Rang auf dem
Trainingsgelände streitig gemacht. Dortmund-Coach Jürgen Klopp achtet
auf ihre richtige Positionierung.
T H E F I FA W E E K LY
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TURNING POINT
“Ghana
ist wie
Brasilien”
Afrikas Fussballer des Jahres,
Champions-League-Sieger mit
Asante Kotoko – und Samuel
Schweizer. Der Ghanaer Opoku
Nti kennt das Fussballgeschäft
von vielen Seiten.
Adrian Bretscher
M
anchmal kann ein einziges Tor das
ganze Leben verändern. In meinem
Fall geschah es am 11. Dezember 1983,
im Rückspiel des Finales der afrika­
nischen Champions League zwischen
meinem Stammverein Asante Kotoko
und dem ägyptischen Meister Al-Ahly. Ich
­erinnere mich, als wäre es gestern gewesen:
Im Baba-Yara-Stadion von Kumasi lief die
16. Minute. Al-Ahly griff an, blieb aber in unse­
rer Defensive hängen. Unser rechter Verteidi­
ger Ernest Apau lancierte den Konterangriff
mit einem präzisen Zuspiel auf Yahaya Kassum
im Mittelfeld. Der schickte John Smith Banner­
man in die Tiefe. Bannerman liess den gegneri­
schen Verteidiger stehen und flankte zur Mitte.
Dort hob ich den Ball über den verunsicherten
Torhüter der Ägypter, traf zum 1:0 und löste
unter den über 40 000 Zuschauern eine kaum
vorstellbare Euphorie aus.
Es war der Treffer, der das Finale entschied
und für mich die Tür zu einem neuen Leben
öffnete. Ich wurde zum afrikanischen Fussbal­
ler des Jahres gewählt und von den Medien mit
dem Spitznamen “Zico” sozusagen in den Adel­
stand der Fussballer gehoben.
Vor allem wurde ein Transfer ins Ausland
spruchreif. Das erste Angebot kam von der
­E lfenbeinküste. Mit meinem Agenten reiste ich
für Verhandlungen nach Abidjan. Dort erfuhren
wir vom Interesse aus Frankreich. Wie für die
meisten afrikanischen Spieler war Europa mein
grosses Ziel. Ich packte meine Sachen und reiste
ab. Doch der Transfer kam nicht zustande. Statt­
dessen öffnete sich eine Türe in der Schweiz –
beim Genfer Klub Servette. Der Wechsel war
eine eher zufällige Begebenheit, aber er mar­
kierte ein weiteres einschneidendes Ereignis in
meinem Leben. Die Schweiz wurde zu meiner
zweiten Heimat. Heute besitzt meine ganze
­Familie die Schweizer Staatsbürgerschaft.
Mein fussballerischer Lebensmittelpunkt
ist aber Ghana, wo ich bei Asante Kotoko als
CEO engagiert bin. Immer wieder wird die
­Frage aufgeworfen, wann endlich eine afrika­
nische Mannschaft Weltmeister werden kann.
Vom Talent her könnte das schon jetzt der Fall
sein. Ich sage immer: “Ghana ist wie Brasilien
– von Gott mit Talent im Überfluss gesegnet.”
Noch fehlt es im afrikanischen Fussball aber
an Struktur und Ausbildungsmöglichkeiten.
Dass wir der Zeit hinterherhinken, ist auch
­situationsbedingt. Bis 1978 hatte Afrika nur ei­
nen Platz im Teilnehmerfeld. Heute sind es im­
merhin deren fünf. Dafür sind wir Sepp B
­ latter
sehr dankbar. Å
Aufgezeichnet von Thomas Renggli
Name
Samuel Opoku Nti
Geburtsdatum, Geburtsort
23. Januar 1961, Kumasi (Ghana)
Vereine als Spieler
1983 – 1985 Asante Kotoko
1985 – 1986 Servette FC
1986 – 1989 FC Aarau
1989 – 1990 FC Baden
Nationalmannschaft
7 Einsätze für Ghana
Persönlichkeiten des Fussballs erzählen
von einem wegweisenden Moment in
ihrem Leben.
T H E F I FA W E E K LY
35
DAS FIFA-R ANKING
Rang Team
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
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15
16
17
18
19
20
21
22
23
23
25
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27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
52
54
55
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57
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59
60
61
62
63
64
65
66
67
68
69
70
71
72
73
74
75
76
77
36
→ http://de.fifa.com/worldranking/index.html
Rang­veränderung Punkte
Spanien
Deutschland
Brasilien
Portugal
Argentinien
Schweiz
Uruguay
Kolumbien
Italien
England
0
0
1
-1
2
2
-1
-3
0
1
1485
1300
1242
1189
1175
1149
1147
1137
1104
1090
Belgien
Griechenland
USA
Chile
Niederlande
Ukraine
Frankreich
Kroatien
Russland
Mexiko
Bosnien und Herzegowina
Algerien
Dänemark
Elfenbeinküste
Slowenien
Ecuador
Schottland
Costa Rica
Rumänien
Serbien
Panama
Schweden
Honduras
Tschechische Republik
Türkei
Ägypten
Ghana
Armenien
Kap Verde
Venezuela
Wales
Österreich
Iran
Nigeria
Peru
Japan
Ungarn
Tunesien
Slowakei
Paraguay
Montenegro
Island
Guinea
Sierra Leona
Norwegen
Kamerun
Mali
Republik Korea
Usbekistan
Burkina Faso
Finnland
Australien
Jordanien
Libyen
Südafrika
Albanien
Bolivien
El Salvador
Polen
Republik Irland
Trinidad und Tobago
Vereinigte Arabische Emirate
Haiti
Senegal
Israel
Sambia
Marokko
1
-2
1
-1
0
1
-1
2
-1
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4
3
0
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2
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6
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-7
-3
2
4
-12
1
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3
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17
0
-6
2
-2
-6
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-9
-3
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-2
0
4
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1
3
-4
3
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4
-11
3
3
-1
1074
1064
1035
1026
981
915
913
903
893
882
873
858
809
809
800
791
786
762
761
745
743
741
731
724
722
715
704
682
674
672
644
643
641
640
627
626
624
612
591
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574
566
566
565
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558
547
547
539
538
532
526
510
498
496
495
483
481
474
473
470
460
452
451
444
441
439
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Rang
01 / 2014
02 / 2014
03 / 2014
04 / 2014
05 / 2014
06 / 2014
1
-41
-83
-125
-167
-209
78
79
80
81
82
83
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85
86
87
88
89
90
90
92
93
94
95
96
97
98
99
100
101
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103
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107
108
109
110
110
112
113
114
115
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116
118
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120
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130
131
132
133
134
134
136
137
137
139
140
140
142
143
144
Platz 1 Aufsteiger des Monats Bulgarien
Oman
EJR Mazedonien
Jamaika
Belarus
Aserbaidschan
DR Kongo
Kongo
Uganda
Benin
Togo
Gabun
Nordirland
Saudiarabien
Botsuana
Angola
Palästina
Kuba
Georgien
Neuseeland
Estland
Simbabwe
Katar
Moldawien
Äquatorial-Guinea
VR China
Irak
Zentralafrikanische Republik
Litauen
Äthiopien
Kenia
Lettland
Bahrain
Kanada
Niger
Tansania
Namibia
Kuwait
Liberia
Ruanda
Mosambik
Luxemburg
Sudan
Aruba
Malawi
Vietnam
Kasachstan
Libanon
Tadschikistan
Guatemala
Burundi
Philippinen
Afghanistan
Dominikanische Republik
Malta
St. Vincent und die Grenadinen
Guinea-Bissau
Tschad
Suriname
Mauretanien
St. Lucia
Lesotho
Neukaledonien
Syrien
Zypern
Turkmenistan
Grenada
-5
3
0
0
1
2
4
7
0
10
1
-2
-6
-15
-1
1
71
-5
7
14
-5
-1
-5
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11
-7
-4
1
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-6
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0
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0
-10
9
6
-7
3
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-4
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35
0
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-6
-11
-5
-3
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11
-2
-5
-4
-7
50
31
-5
2
-4
2
-2
-6
-12
13
-8
Absteiger des Monats
425
420
419
411
397
396
395
393
390
386
383
382
381
381
375
364
358
354
349
347
343
340
339
334
333
331
329
321
319
317
296
293
289
289
284
283
277
276
271
271
269
267
254
254
247
242
241
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229
226
221
217
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212
204
203
201
201
197
196
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149
149
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202
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207
207
Madagaskar
DVR Korea
Malediven
Gambia
Kirgisistan
Thailand
Antigua und Barbuda
Belize
Malaysia
Indien
Singapur
Guyana
Indonesien
Puerto Rico
Myanmar
St. Kitts und Nevis
Tahiti
Liechtenstein
Hongkong
Pakistan
Nepal
Montserrat
Bangladesch
Laos
Dominica
Barbados
Färöer
São Tomé und Príncipe
Swasiland
Komoren
Bermudas
Nicaragua
Chinese Taipei
Guam
Sri Lanka
Salomon-Inseln
Seychellen
Curaçao
Jemen
Mauritius
Südsudan
Bahamas
Mongolei
Fidschi
Samoa
Kambodscha
Vanuatu
Brunei Darussalam
Osttimor
Tonga
Amerikanische Jungferninseln
Cayman-Inseln
Papua-Neuguinea
Britische Jungferninseln
Amerikanisch-Samoa
Andorra
Eritrea
Somalia
Macau
Dschibuti
Cook-Inseln
Anguilla
Bhutan
San Marino
Turks- und Caicos-Inseln
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THE SOUND OF FOOTBALL
DAS OBJEK T
Perikles Monioudis
S
Fatboy verwöhnt
Brasilien
Hanspeter Kuenzler
Musiker Fatboy Slim lässt
sich auch die WM 2014 nicht
entgehen. Im Gastgeberland
sind neun Shows gebucht.
Mit dabei: sein Doppelalbum
mit Remixes von brasilianischen Hits.
Sion Ap Tomos
D
ie Fussballliebe von Fatboy Slim geht tief. Die
­Liebe zur Musik ebenfalls.
Beides geht für ihn Hand in
Hand, seit er noch Norman
Cook hiess und “Back Home”
hörte, das Lied, mit dem die
englische
Nationalmannschaft 1970 zur WM nach
­Mexiko flog. “Ich war sieben
Jahre alt”, schmunzelt Norman. “Die letzte WM hatten
wir gewonnen. Ich sang aus
voller Kehle mit – ganz in der
Erwartung, dass wir nun immer gewinnen würden.” Die
südamerikanischen Zauberer
im gelben ­Trikot zerstörten
den Traum der Unbesiegbar-
keit allerdings: “Es war eine
Lektion fürs Leben!”
Auch später, als Norman
mit den Housemartins die
­Hitparaden stürmte, dachte er
oft an Fussball. So trug das
­Debütalbum den ziemlich fussballerischen Titel “London 0
Hull 4”. Auf die Housemartins
folgten Beats International
und Freak Power – und dann
mutierte Norman zum DJ Fatboy Slim und erfand Big Beat,
eine Studio-Melange aus Techno, House, Rock und Samples
aus aller Welt.
Big Beat landete auch in
Brasilien. Als Fatboy Slim im
Februar 2007 seine Platten an
der Copacabana auflegte,
­erschienen 370 000 Fans. Inzwischen lebt Fatboy Slim am
Ärmelkanal und ist ein leidenschaftlicher Unterstützer vom
Lokalklub Brighton & Hove
Albion. Ja, um dem Verein aus
der finanziellen Patsche zu
­ elfen, erwarb er gar ein dickes
h
Paket Anteilscheine, derweil
sein Plattenlabel Skint jahrelang als Hauptsponsor auftrat.
An der WM in Südafrika
trat Fatboy Slim im Rahmenprogramm auf. In Brasilien
wird er nicht fehlen: Neun
Shows sind gebucht, dazwischen will Norman fünf
WM-Spiele besuchen. Im
G epäck wird er sein brand­
­
neues Doppelalbum dabeihaben: “Fatboy Slim Presents
Bem Brasil”. Es besteht aus
Remixes von allerhand Hits
aus B
­ rasilien, aber auch eine
Neufassung von seinem Stück
“Weapon of Choice” ist darauf
zu finden, neu aufgenommen
unter M
­ ithilfe der legendären
Perkussions­g ruppe Olodum
aus Salvador. Æ
ilberne Löffel haben es in sich. Sie treten in
der Regel zu sechst oder zu zwölft auf –
manchmal allein. Mit einem silbernen Löffel im Mund geboren worden zu sein, bedeutet,
aus einer reichen Familie zu stammen.
“She came in through the bathroom window,
protected by a silver spoon”, sangen die Beatles;
Van Morrison fügte hinzu: “Then sometimes it
feels so easy, like I was born with a silver spoon.”
The Who persiflierten das g
­ eflügelte Wort vom
silbernen Löffel und bildeten damit auch gleich
die Zeitenwende in der Materialwirtschaft ab:
“I was born with a ­plastic spoon in my mouth.”
In der FIFA-Sammlung findet sich eine kleine, mit grauem Kunstleder bezogene Schatulle,
die vier silberne Teelöffel birgt. Die Löffel sind
griffseitig mit einem Fussball­ornament ver­
sehen, das mit “Sverige” beschriftet ist. Der
goldene Aufdruck im Kunstleder lautet:
“Skottland - Sverige 1953”.
Das Freundschaftsspiel vom 6. Mai 1953 –
ein Testspiel hinsichtlich der dann doch
­verpassten schwedischen WM-Qualifikation –
­endete mit einem 2:1-Auswärtssieg des Svenska
Fotbollförbundet. Der Schmerz über diese
­Niederlage wurde für die Schotten mit einem
kleinen Gastgeschenk abgemildert. Vier silberne Löffel – sie alle müssen dem am Tag des
Spiels geborenen Graeme Souness in die Wiege
gelegt worden sein.
Der Schotte gewann in der Folge als zuweilen ruppiger Mittelfeldspieler des Liverpool FC
fünf englische Meisterschaften und dreimal
den Europapokal der Landesmeister. Und 1991
kehrte er als Coach für drei Jahre zu den Liverpoolern zurück. Was für eine Karriere – den
Schweden sei Dank! Å
T H E F I FA W E E K LY
37
© 2014 Visa. All rights reserved. Shrek © 2014 DreamWorks Animation L.L.C. All rights reserved.
Die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™
ist, wo jeder von uns sein will.
The FIFA Weekly
Eine Wochenpublikation der
Fédération Internationale de Football
Association (FIFA)
Internet:
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Herausgeberin:
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Postfach, CH-8044 Zürich
Tel. +41-(0)43-222 7777
Fax +41-(0)43-222 7878
FIFA - R ÄT SEL - CUP
Drei Models, ein doppelter Gegner, eine Beach-Uhr und kein Wappen – raten Sie mit!
1
Präsident:
Joseph S. Blatter
Wie viele von diesen Paare zierten die
Titelblätter der Zeitschrift “Vogue”
in den Jahren 2013 und 2014?
Generalsekretär:
Jérôme Valcke
F 0
H 1
Direktor Kommunikation
und Öffentlichkeitsarbeit:
Walter De Gregorio
M 2
W 3
Chefredakteur:
Perikles Monioudis
Redaktion:
Thomas Renggli (Autor),
Alan Schweingruber, Sarah Steiner
Art Direction:
Catharina Clajus
2
Bildredaktion:
Peggy Knotz
H Rio: Ipanema
O Rio: Copacabana
Produktion:
Hans-Peter Frei
Layout:
Richie Krönert (Leitung),
Marianne Bolliger-Crittin,
Susanne Egli, Mirijam Ziegler
3
Korrektorat:
Nena Morf, Kristina Rotach
Ständige Mitarbeitende:
Sérgio Xavier Filho, Luigi Garlando,
Sven Goldmann, Hanspeter Kuenzler,
Jordi Punti, David Winner,
Roland Zorn
Mitarbeit an dieser Ausgabe:
Lucia Clement (Bild),
Andreas Jaros, Doris Ladstaetter,
Giovanni Marti, Markus Nowak,
Manuel Rieder, Alissa Rosskopf,
Andreas Wilhelm (Bild)
Redaktionssekretariat:
Honey Thaljieh
Countdown zum WM-Start. Wo?
Manchmal müssen zwei Mannschaften während einer einzigen WM zweimal
gegeneinander antreten.
Wer spielte an derselben WM nicht zweimal gegeneinander?
R 2002: Brasilien - Türkei
L 1954: Türkei - Deutschland
4
R Zürich: Goldküste
Y Kapstadt: Soccer Beach
N 1954: Deutschland - Ungarn
O 1938: Ungarn - Italien
Ein ungewöhnliches Trikot für die WM 2014 in Brasilien: Es zeigt kein
richtiges Wappen und keine Aufschrift.
Zu welchem Team gehört das Trikot?
Projektmanagement:
Bernd Fisa, Christian Schaub
Übersetzung:
Sportstranslations Limited
www.sportstranslations.com
P Ghana
L Kamerun
G Italien
D Niederlande
Druck:
Zofinger Tagblatt AG
www.ztonline.ch
Getty Images (2), zvg (2)
Kontakt:
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Der Nachdruck von Fotos und
Artikeln aus The FIFA Weekly,
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erlaubt. Die Redaktion ist nicht
verpflichtet, unaufgefordert
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FIFA-Logo sind eingetragene
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hergestellt und gedruckt.
Ansichten, die in The FIFA Weekly
zum Ausdruck gebracht werden,
entsprechen nicht unbedingt den
Ansichten der FIFA.
Das Lösungswort des Rätsel-Cups aus der Vorwoche lautet: GOAL (ausführliche Erklärungen auf www.fifa.com/theweekly).
Inspiration und Umsetzung: cus
Bitte senden Sie Ihre Lösung bis zum 11. Juni 2014 an die E-Mail-Adresse
[email protected]. Die korrekten Lösungen für alle seit dem
Ballon d’Or 2013 erschienenen Rätsel nehmen am 11. Juni 2014 an der
­Verlosung von zwei Eintrittskarten für das WM-Finale am 13. Juli 2014
teil. Vor der Einsendung ihrer Antworten müssen die Teilnehmenden die
Teilnahmebedingungen des Gewinnspiels sowie die Regeln zur Kenntnis
nehmen und akzeptieren, die unter folgendem Link zu finden sind:
http://de.fifa.com/mm/document/af-magazine/fifaweekly/02/20/51/99/de_rules_20140417_german.pdf
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F R A G E N S I E T H E W E E K LY
UMFR AGE DER WOCHE
Wie endet das WM-Eröffnungsspiel?
Startet Favorit Brasilien am
12. Juni mit einem Sieg ins
Turnier? Geht das WM-Eröffnungsspiel – wie schon oft in
der Vergangenheit – unentschieden aus? Oder überrascht
gar Kroatien mit einem Sieg in
São Paulo? Ihren Tipp bitte an:
[email protected]
Stimmt es, dass Deutschland
an der WM im Penaltyschiessen
immer gewinnt?
Steve Young, Sheffield (England)
ERGEBNIS DER LETZTEN WOCHE
Welchem Team trauen Sie an der WM eine Überraschung zu?
4
44.74% ....................................................... Belgien
19.14% . . ................................................................................................................................................................................ Andere
12.94% ..................................................................................................................................................................................................................... Chile
9.43% ................................................................................................................................................................................................. Bosnien-Herzegowina
6.74% ................................................................................................................................................................................................................................................ Nigeria
4.85% . . ......................................................................................................................................................................................................................................................... Japan
2.16% .................................................................................................................................................................................................................................................................... Schweiz
100 12
Z AHLEN DER WOCHE
Länderspiele hat Didier
Drogba für die Elfenbeinküste
absolviert. Der 36-jährige
Spiele ohne Niederlage hatte
Stürmer feierte sein Jubi­läum
Real Salt Lake in der MLS
bei der 1:2-Niederlage gegen
zuletzt absolviert und damit
Tore gegen Norwegen ohne Gegentreffer bedeuteten
Bosnien-Herzegowina mit
den Ligarekord eingestellt. Doch
für Frankreich den höchsten Sieg im Stade de
einem späten Freistoss­t reffer.
dann ging die Serie auf spekta-
France seit neun Jahren. Den letzten 4:0-Sieg im
Nach dem Spiel sagte er: “Es
kuläre Weise zu Ende. Das 0:4
Heimatstadion der Bleus hatte es 2005 gegen Zypern
ist eine grosse Ehre, dass ich
bei den Seattle Sounders war für
gegeben. Für Frankreich war es der sechste Sieg in
100-mal dieses Trikot tragen
das Team die erste Niederlage in
den letzten sieben Spielen, nachdem das Team zuvor
und mein Land vertreten
der regulären Saison seit dem
in 18 Spielen nur sechs Siege eingefahren hatte.
durfte.”
vergangenen September.
imago (3), Getty Images (2)
Dass diese Frage aus England
kommt, erstaunt nicht. Und ich
muss Ihnen sagen: Ja – Deutschland gewinnt immer! An der WM
kam es seit 1982 zu 22 Elfmeterschiessen. Viermal war Deutschland involviert, viermal gewann
Deutschland. Mit drei Siegen in
der Kurzentscheidung belegt
Argentinien Platz 2. Die englische
Mannschaft verlor alle drei
Elf­meterschiessen, die sie bestreiten musste. Die schwächste
Equipe im Elfmeterschiessen ist
aber die Schweiz: Sie musste 2006
im Achtelfinale gegen die Ukraine
antreten – und brachte keinen
Ball ins Tor. (thr)