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www.n-coding.com | 3. Quartal 2007 | gratis Der subjektive Blick auf Unternehmen, Kultur und Unterhaltung NC0702 Inhalt: Hase und Fuchs | Das erste Mal | Zauberfrau | Filmstudio Essen | Die Maus | Kiss the Sun | Australien | Zobelwesen | Machtergreifung | YouAreReadingUs | One Hit Wonder | BIOCROP | Die Vertrauensfrage | Endlich Sommer | Wilkhahn | formfilter | Kulturhauptstadt Luxemburg | Drudel | Warten | We love you! | Miss Geschick Das erste Mal: Zum zweiten Mal! fig.3: vulpes vulpes fig.2: leporidae fig.1: provincia fig.4: metropolis Wenn sich Hase und Fuchs »Gute Nacht« sagen »filter NC« geht in die zweite Runde. Zeit für eine Rückschau auf Nummer 1. Knapp ausgedrückt: Die Reaktionen waren zwiespältig. Was den einen langweilte, war des anderen Freude. Wo sich mancher mehr Verve gewünscht hätte, war es dem anderen zu viel. Bilder wurden missverstanden und bejubelt. Von »Was soll das alles?« bis »Weiter so!« gab es ein breites Spektrum an Rückmeldungen, auch zu so marginalen Dingen wie der Versandtasche aus Polypropylen. Dem einen war sie zu wenig ökologisch (wir stellen um auf Pergamentpapier), ein anderer verunreinigte sich gar sein Hemd mit der auf dem Plastik schlecht abgetrockneten Tinte des Briefstem- pels (wir sorgten für Ersatz). Zum Glück können wir aber sagen, dass es niemanden gab, dem das Magazin nicht aufgefallen wäre. Also spielen wir mal Oscar ®-Verleihung und danken unseren Familien, Ehegatten und so weiter für die Unterstützung. Und wir danken allen Unternehmen, die sich an unserer Auftakt-Aktion beteiligt haben. Gewinner ist die Firma Wilkhahn (Beitrag auf Seite 12/13). An die Nummer 2 gehen wir genauso unvoreingenommen heran wie beim ersten Mal: Mit unserem Instinkt. Dieses Mal sogar mit acht Seiten mehr für ein Spezial über die Kulturhauptstadt Luxemburg und mit jeder Menge Stoff, der wieder recht zwiespältig sein dürfte. (ve) Da haben wir nicht schlecht gestaunt, als es bei uns neulich an der Agenturtür bimmelte. Steht doch tatsächlich die leibhaftige J.K. Rowling vor uns! Ganz aufgeregt und hibbelig war sie. Regendurchnässt mit schlimmen Augenringen und irgendwie abgerockt! Natürlich haben wir sie erst mal hereingebeten und mit einer Tasse heißem Tee versorgt. Sie kam auch schnell wieder runter und fing an zu erzählen, was ihr auf der Seele brannte. schon gleich der erste Einwand. Also ließ ich beide sterben. Dann gab es eine Version, in der Hermine Voldemort killt. Und in einer weiteren Fassung hab ich dann einfach Harry sterben lassen, weil es mir zu bunt wurde. Klar war denen das Ende viel zu brutal und nicht kindgerecht genug, von wegen Ärger mit der UNICEF und so. Aber hey, Harry ist ja inzwischen auch erwachsen! Und ein Finale ohne ein bisschen Mord? Das ist doch einfach nicht glaubwürdig. Aber gut: Die wollten es partout umgeschrieben haben, also machte ich was Softeres. Und zwar hat Harry alles nur geträumt und ist eigentlich ein ganz normaler Junge. Hat ja bei Dallas in den 80ern auch wunderbar funktioniert. Den Lektoren war das dann wiederum zu ›billig‹. Man, man, man – die können sich einfach nicht entscheiden. Wisst Ihr: Das ist ja genau der Grund, warum ich auch immer so viele verschiedene Sachen anbiete. Von allem ein bisschen. Der kleine mythologische Bauchladen. Unter uns: Kritiker loben mich zwar immer für meinen Einfallsreichtum, aber das meiste ist doch eh schon tausendmal da gewesen. Oder glaubt Ihr, es hat mir wirklich Spaß gemacht, die gesamte griechische, römische, keltische und sonstige Mythologie zigmal auszumisten und bis zum letzten >>> Seite 2 Wie provinziell ist die Provinz? Klischees, Chancen und ein kreativer Blick in das Ressort der regionalen Fragen. Gesicherte Lebensräume Martina* ist Geschäftsführerin einer bedeutenden Firma und bewältigt einen vierköpfigen Haushalt. Sie ist vielseitig interessiert, bereist die Welt, hat einen Segelschein und viele überregionale Kontakte. Eine Gesprächspartnerin, wie man sie sich nur wünschen kann. Wenn sie bei hippen Partys einen Small Talk abblocken will, muss sie nur sagen: »Ich lebe und arbeite in Paderborn.« Damit ist jedes Gespräch beendet. Provinz ist unsexy. Metropole ist aufregend. Das haben wir so gelernt. Wenn wir die Welt in saubere Klischees zerlegen können, funktioniert das provinzielle Konzept: Die Welt ist ganz, überschaubar und gut strukturiert. Rosamunde Pilcher, Heimatklang und Vorgartencharme. Die Gegenwelt der Metropole setzt auf Abenteuer. Nichts scheint kalkulierbar. Die Welt ist aufregend, anders und neu. Großstadtlichter, Verfolgungsjagd und verruchtes Nachtleben. Fuchs und Hase Die Provinz ist der Hase und die Metropole der Fuchs. Was aber passiert, wenn sich die beiden »Gute Nacht« sagen? Im Kampf gegen den listigen Fuchs hat der puschelige Hase die schlechteren Karten. Er kann nur davonlaufen. Doch: Sind die beiden wirklich noch Widersacher oder findet die Auseinandersetzung nicht eher in unseren Köpfen statt? Gut gegen Böse, Metropole gegen Provinz, Fuchs gegen Hase. Vielleicht sitzen die beiden längst gemeinsam am Zaun und hecken ganz andere Pläne aus. * Name von der Redaktion geändert Die Renovierung des Fuchsbaus Telearbeit, der Rückbau der Gemeinden, demografische Umwälzungen, Wirtschaftswanderung und globale Produktion drängen Menschen und Unternehmen dazu, ihre Standorte überall infrage zu stellen. Zukünftig geht es eher darum, wie kreativ sich eine Gemeinde oder Region aufstellt – unabhängig von ihrer Bewohnerzahl. So gesehen sind Provinz und Metropole keine Widersacher mehr. Der britische Stadtentwickler Charles Landry betreut seit den späten 70er Jahren weltweit hunderte von Gemeinden. In seiner Arbeit beschäftigt er sich fortwährend damit, die Standortfrage anders auszuleuchten. Nicht die harten Faktoren des Industriezeitalters sind von Belang – heute geht es um das kreative Potenzial einer Stadt! In seinem Buch »The Art of City Making« definiert er einen fünfstufigen Kreativitätskreislauf. Die Quintessenz: Kreativität ist ein weicher Faktor, der sehr ernst zu nehmen ist. Zu allererst von den Stadtvätern und dann von den Unternehmen. Auf die Vernetzung von Kreativen kommt es an. Des Hasen List Die kleinen und schnellen Strukturen der Provinz bieten hier exzellente Ressourcen. Bisher investiert man sie überwiegend in soziale Kontrolle, Sicherheit und Beschaulichkeit. Dabei lohnt es, sie für die Aufstellung einer kreativen Stadt nutzbar zu machen. Denn des Hasen Vorteil ist es, Haken zu schlagen. In Martinas Stadt Paderborn erhöht sich die Hakenfrequenz sogar um das Dreifache: Denn Paderborn führt gleich drei Hasen in seinen Stadtinsignien. Baut ihre Stadt diesen Vorteil weiter aus, muss sie ihren Small Talk-Blocker jedenfalls umtexten. (ve) »Mensch Leute!«, ächzte sie. »Mir geht das alles so dermaßen auf die Eierstöcke! Dieser ganze Mumpitz kotzt mich nur noch an. Ich hab keinen Bock mehr!« Verdutzt sahen wir uns an. Eine dermaßen gebildete Literatin und dann so ein vulgärer Umgangston. Dazu noch alles absolut akzentfrei. Ohne unsere Verwunderung zur Kenntnis zu nehmen, fuhr Frau Rowling in ihrem emotionalen Erguss fort: »Der ganze Rummel um das siebte Buch macht mich total kirre. Dieser Erwartungsdruck von allen Seiten!!! Klar kann ich die Leute verstehen, ist ja alles auch sehr spannend, jetzt kurz vor dem großen Finale. Aber Ihr habt ja keine Ahnung, wie schwierig es ist, ein Ende zu schreiben, das jeder Zielgruppe gerecht werden soll. Ich hab‘s sicher fuffzig Mal umgeschrieben. Zuerst hat Harry natürlich Voldemort besiegt. Dann kam Seite 2 Zauberfrau | Filmstudio Essen | Die Maus Tropfen auszuquetschen?! Auch wenn behauptet wird, ich hätte den gesamten Plot schon von Anfang an im Kopf gehabt. Bullshit! Ab Teil Drei hab ich mir schon das Hirn zermartert, wie‘s weitergehen soll. Und dann diese komischen Dinge, wie das Denkarium, Quidditch oder die D.A. – Man, was waren das für nervige Meetings mit den Lektoren und den Freaks aus der MarketingAbteilung. Und für die Art-Direktoren musste immer alles schön cinema-kompatibel sein! Ja nichts schreiben, was später kostspielig oder nicht animierbar sein könnte, pff. Mein Verlag hat mich natürlich unter Druck gesetzt, Voldemort nicht ganz sterben zu lassen. Die meinten, man könne ihn mit ein paar DNS-Resten wieder zurückholen – als Klon sozusagen, so à la Jurassic Park. Und dass Harrys Nichten als Power-Pott-Girls weiter gegen das Böse kämpfen könnten. Die haben sogar schon rosa Horkrux-Glitzer-Gimmicks in Asien angefragt. ›Traum-Margen!‹, meinten die. ›Du machst dann nur noch Art-Direction, J.K., und die anderen schreiben. Ey, J.K., das ist ne Geldmaschine – glaub es uns!‹ haben die wortwörtlich zu mir gesagt. Das muss man sich mal vorstellen. Also echt, die machen mich fertig!« J.K. holte nun das erste mal Luft. Sie sah vollkommen entkräftet aus. »Noch einen Tee?«, fragte ein Kollege und wir alle sahen sie aufmunternd an. »Meinetwegen«, erwiderte sie lapidar. Zitternd nahm sie die Tasse, trank einen Schluck und sprach jetzt leiser als zuvor: »Ach, wisst Ihr, am liebsten wäre es mir gewesen, Harry hätte sich in Voldemort verliebt. Keiner muss sterben, eine Lovestory gäbe es auch und das Gute hat gesiegt. Aber die meinten zu mir: ›Das Gay-Thema ist doch schon seit Brokeback Mountain durch!‹ Ich hätte mich durchsetzen können, aber mir war es am Ende so was von egal, wie‘s ausgeht. Ich hab meine Kohle gemacht, also was soll‘s! Trotzdem: Fürs Ego ist es einfach mies, wenn man seine Geschichte nicht auf die Weise erzählen kann, wie man will.« Es machte uns ganz betroffen, eine der erfolgreichsten Autorinnen unserer Zeit in so einem jämmerlichen Zustand erleben zu müssen. Wir erlaubten ihr, zu bleiben, um sich ein bisschen zu sammeln und kehrten nach und nach an unsere Schreibtische zurück. Als ein Kollege später nach ihr sah, war sie bereits verschwunden und die Eingangstür stand offen. Nur ein PostIt klebte dort, wo sie zuvor gesessen hatte: »Wenn Ihr das irgendwem erzählt, verklag ich Euch, verlasst Euch drauf! Ansonsten: Danke fürs Zuhören. Eure J.K.« Wir vernichteten sofort unseren Mitschnitt und disapparieren seither mit jedem Türklingeln. Dieser Artikel beruht auf einem telepathischen Traumprotokoll der Autorenmuggel Hilpert und Elsen. Kleinere Ungenauigkeiten bitten wir zu entschuldigen. EIN FILMSTUDIO IM GLÜCK Kulturelles Engagement wird zum Retter in der Not. Mit seiner Eröffnung im Jahre 1924 ist es das älteste und am häufigsten für sein Programm ausgezeichnete Kino in Nordrhein-Westfalen. Seine Architektur und die hochwertige Ausstattung, zu der unter anderem der seit den 20er Jahren vollständig erhaltene Kinosaal zählt, stehen unter Denkmalschutz. Das Filmstudio »Glückauf« ist für die Stadt Essen aus architektonischer und kultureller Sicht von großer Bedeutung. Umso trauriger war es, dass dieses Kulturerbe kurz vor dem Abriss stand. Statikprobleme führten 2001 zur vorläufigen Schließung. Seitdem suchen die Inhaber Kölbl und Kruse nach Geldspendern, um das endgültige Aus des Filmstudios zu verhindern. Ende 2006 schien dieses Aus immer näher zu rücken, denn trotz verschiedener Rettungsaktionen kam das nötige Kleingeld nicht zusammen. Eine Summe von 1,8 Millionen Euro wird benötigt, um das Gebäude zu sanieren und die historische Ausstattung zu restaurieren. Zur Geldbeschaffung gründete sich im Dezember 2006 der gemeinnützige Verein »Rettet das Filmstudio e.V.« unter dem Vorsitz von Marianne Menze, Geschäftsführerin der in Essen äußerst bekannten »Lichtburg«. Mit großem Erfolg folgten viele Kulturbegeisterte dem Spendenaufruf. Unzählige Privatpersonen und einige mittelständische Unternehmen spendeten bisher rund 213.000 Euro. Während des Benefizabends »Künstler für das Filmstudio« konnten weitere 37.000 Euro eingenommen werden, die sich aus Eintrittsgeldern und Spenden zusammensetzten. Doch den bis dato größten Geldanteil lieferte Bauminister Oliver Wittke, der aus seinem Etat 1,15 Millionen Euro in das Projekt investierte. Zwar ist damit die Finanzierungslücke noch immer nicht ganz geschlossen, jedoch hat der Verein »Rettet das Filmstudio e.V.« Zeit gewonnen, um die verbleibenden Gelder aufzutreiben. Der Verein erbittet weitere Spenden, da man sich trotz öffentlicher Gelder noch nicht in Sicherheit wähnen kann. Nähere Infos dazu sowie Bankdaten für Spenden, findet man auf der Website des Vereins. Als Leser von »filter NC« können Sie dazu beitragen, dieses Stück Kulturgeschichte zu bewahren – schließlich wird Essen 2010 europäische Kulturhauptstadt. (sh) www.rettet-das-filmstudio.de Am Anfang war die Maus... … und sie zeigte uns, wie prickelnde Perlen in den Champagner kommen, dass die Feuerwehr anrückt, wenn ein Stier vom Schlachthof ausbüchst und dass Bakterien Schuld an Löchern im Käse sind. Schön war es damals, spielerisch durch Raten und wildes Umherspringen seinen Horizont zu erweitern. »Ob Ihr wirklich richtig steht, seht Ihr wenn das Licht angeht!«… Infotainment in den Kinderschuhen! Was weder Maus noch Michael Schanze mir erklären konnten, das übernahmen Wissenssendungen wie die Knoff-Hoff-Show oder Hobbythek. Das Mithüpfen zwischen drei blinkenden Feldern vorm TV haben wir uns zwar abgewöhnt, unser Wissensdurst besteht aber weiterhin. »Was ist die Traufe, in die man vom Regen kommt?«, »Welchen Inhalt hatte die Büchse der Pandora?« und »Warum können Pferde nicht kotzen?« Auch heute werden Informationshäppchen an uns verteilt. Nicht mehr so rührend naiv, ausführlich und liebevoll wie früher. Gemixt, schnell geschnitten und kompakter kommen die zeitgenössischen TV-Mahlzeiten daher. Die Ernies oder Berts der Gegenwart stellen uns im Quiztaxi nach oder vierteilen uns im Studiosessel mit vier Antwortfeldern. Nicht zu vergessen: die vorselektierten Rankings. Hier darf die B-Prominenz der TVLandschaft ihren letzten Senf abgeben zu den 100, vom Sender festgelegten, nervigsten »Irgendwens« oder lustigsten »Irgendwas«. Ein starbesetzter Versuch, unsere vermeintlichen Bildungslücken zu schließen. Danach weiß man, warum man Platz 38 der Liste schon immer mies bzw. klasse fand oder ihn zumindest jetzt auch mies bzw. klasse finden sollte. Die ungekrönte Info-Mutation der Gegenwart ist ohne Zweifel aber »Galileo« und dessen Derivate. Serviert wird eine durchpürierte Mixtur an Spektakulärwissen, Schrecksperimenten und investigativjournalistischen Lookalikes. Als Sahnehäubchen krönt das passende Produktplacement den Beitrag und – schwupps – haben wir gelernt, dass nur ein ABUS Fahrradschloss ganz sicher vor Diebstahl schützt. So verschlingen wir tagtäglich nebensächlichen, mit Kaufbotschaften vermengten Mentalschrott, den wir als Allgemeinwissen vorverdaut bekommen. Was wir nicht auf Anhieb verzehren können, lassen wir uns einpacken zum Mitnehmen, z.B. in Buchform. Sammelsurien und Ratgeber, die Kurioses und Unterhaltsames mit Fachwissen kombinieren. Eine reichhaltige Themenauswahl – laienverständlich gebündelt und kurzweilig präsentiert. Nicht immer ist es nur Schund, der da zusammengesammelt wurde. Manchmal trifft man sogar auf erfreu- lich aufklärerische Werke, die scheinbare Weisheiten und unsinnige Regeln widerlegen. Doch egal, welcher Natur die Ich-Weiß-Was-Sendungen und Sammelbücher sind – sie arbeiten immer mit unserem psychologischen Defizitempfinden: mit dem schlechten Gewissen. Um uns die Angst vor Blamage durch Unwissenheit zu nehmen, beschenkt uns die Hilfsliteratur dann mit dem Aha-Effekt! All das, was wir schon immer irgendwie wussten, wissen wir nun besser, nie gestellte Fragen beantworten sich plötzlich wie von selbst. Ein Wunder ist gescheh‘n! Am Ende stellt sich nur die Frage: Was tun, mit den nutzlosen und manchmal auch nützlichen Erkenntnissen? Aus dem »Best-of-Wissenswertes« könnten wir uns die persönlichen Highlights herausziehen und sie krümelweise dort verstreuen, wo die Gesprächsthemen ausgehen. Auf zum Kaffeeklatsch oder an den Stammtisch! Nicht um einen Lehrauftrag zu erfüllen, sondern um uns mit den erworbenen Erkenntnissen darzustellen. Mit dem Small Talk-Vorrat bewaffnet, lässt sich der Irrglaube des anderen fachmännisch widerlegen. Und kann es etwas Schöneres geben, als sich eine Portion Genugtuung zu gönnen? Wahlweise verpackt als leichte oder gepflegte Konversation oder auch schon mal als hitzige Grundsatzdiskussion. Wer gut vorbereitet ist, hat sein kleines Wissenslexikon dabei und kann auftrumpfen: »Hier hast du es schwarz auf weiß…« Wer den Mut und die Größe besitzt, wagt die Blamage. Die Maus stehe ihm bei! (or) »Kiss the Sun« (sh) > Nach drei Monaten Down Under gibt es natürlich das ein oder andere zu berichten. Aber was soll ich Ihnen nun über dieses vielseitige Land mit auf den Weg geben? Viele Dinge weiß ja jeder, z. B. dass nur in Australien Kängurus in freier Wildbahn leben. Aber ist Ihnen eigentlich bewusst, meine Damen und Herren, dass mindestens jedes dritte Känguru NICHT mehr unter den Lebenden weilt? Das sagt einem vorher ja niemand! Man kann sie überall im Land verteilt, zahlreich an den Straßenseiten in ihren verschiedenen Verwesungszuständen bewundern. Hin und wieder sieht man sie sogar lebend, wenn sie sich nachts in die Orte schleichen, um den gut gepflegten und bewässerten Rasen der Anwohner zu fressen. Oder wussten Sie, dass ein Koala rund 20 Stunden am Tag einfach nur im Baum sitzt und schläft? Die restlichen Stunden verbringt er damit, sich mit berauschenden Eukalyptusblättern zu versorgen und die Fortpflanzung zu gewährleisten. Mit etwas Glück und Geduld kann man sogar frei lebende Koalas entdecken, einfach nur nach puscheligen Bällen in den Bäumen Ausschau halten. Ob Koala, Opossum oder Wombat, halten Sie Augen und Ohren offen, dann werden Ihnen überall ebenso interessante wie possierliche Tierchen über den Weg laufen. So verhält es sich auch mit den Einwohnern des Landes. Sie kommen zahlreich, weltoffen und unendlich lebensfroh daher. Erschreckt man sich noch zu Beginn seiner Reise immer wieder aufs Neue, wenn man unvermittelt auf der Straße von Fremden mit einem sehr aufgeschlossenen, jedoch unverständlichen »O’syergoin?« angesprochen wird (heißt soviel wie »Wie geht’s?«), umso enttäuschter ist man nach der Rück- Australien Seite 5 kehr in die deutsche Heimat, wenn die eigenen Landsleute zwischenmenschlich leider eher desinteressiert erscheinen. »G’Day«, »O’syergoin«, Anreden wie »Mate« oder »Darling« und nicht zu vergessen das obligatorische »No worries« begleiten einen durch den Tag, egal in welchem Teil des Landes, welcher Metropole oder Provinz man sich gerade befindet. Geredet wird hier gerne und bestenfalls mit jedem. Hier ein Auszug aus dem australisierten Wortschatz: Australier > Aussie | Unterwäsche > Undies | Moskito > Mozzie | Sonnenbrille > Sunnie | Dicke, fette Fliegen > Blowies | Buchmacher > Bookie | Frauenbrüste > Charlies (Warum? – ich weiß es auch nicht!) | Süßwasserkrokodil > Freshie (Salzwasserkrokodil demzufolge »Saltie«) | Italiener > Itie | Kindergarten > Kindie | Postbote > Postie | Surfer > Surfie | LKW-Fahrer > Truckie | Gemüse > Veggie | runzelige, ältere Leute > Wrinklies Der Aussie macht im Großen und Ganzen eher einen sehr relaxten Eindruck und legt sehr viel Wert auf seine Freizeit mit der dazugehörigen, adäquaten Beschäftigung. Sei es beim Sport, beim BBQ, am Strand oder beim Ausgehen. So gehen die meisten Arbeitnehmer/innen in der Regel jeden Freitag mit allen Kollegen zum »After-Work-Beer« in den Pub an der Ecke und kommen meist spät in der Nacht, angeheitert bis volltrunken, nach Hause. Dieser Brauch wird von allen sehr geschätzt, denn er läutet das Wochenende mit einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen ein: Feiern! Da gut 90% der australischen Bevölkerung in direkter Nähe der Küste wohnt, bieten sich Hobbies wie Surfen, Kite-Surfing, Schwimmen und Tauchen geradezu an und werden mit großer Hingabe zelebriert. Schon die Kleinsten haben jeden Tag nach der Schule nichts Besseres zu tun, als sich ihr Board zu schnappen und an den Strand zu düsen und es ist keine Seltenheit, auch Senioren beim Surfen zuzuschauen. Das Wochenende ist also reserviert für Lieblingsstrandaktivitäten und im Anschluss dazu genießt der Aussie sein BBQ, welches er natürlich – Sie ahnen es sicher schon – »Barbie« nennt. Von jeder Gemeinde (und sei sie noch so winzig) werden in allen öffentlichen Parks, an Stränden und vielen anderen Orten – meist kostenlose – Barbeques gestellt, die mit Gas betrieben werden und sich reger Popularität erfreuen. Auch Sport außerhalb des Wassers wird in Australien groß geschrieben. Cricket beispielsweise hat eine lange Tradition und wird auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene gespielt (wahrscheinlich ist mit international England gemeint, oder gibt es noch andere Länder in denen Cricket gespielt wird?). Ein Cricketmatch kann sich über mehrere Tage hinziehen und auch hier sieht man Spieler jeden Alters und Geschlechts. Übrigens gilt es hier als fürchterlich unsportlich, Entscheidungen eines Schiedsrichters anzuzweifeln oder gar zur Diskussion zu stellen (dies nur als Warnung an alle deutschen Fußballfans). Tagsüber: Sport am Strand, abends: »Shrimps on the Barbie«. Und nachts? Da gehts in die Pubs, Clubs oder Open-Air-Kinos. Hier beweisen die Aussies einen sehr guten Geschmack und viel Trendbewusstsein, was sich – gerade in den Metropolen – in den meist stilvoll eingerichteten Locations widerspiegelt. An Ideenmangel leidet hier niemand. So gibt es beispielsweise in Sydney eine Bar, in der es durchgehend minus 5°C kalt ist (so auch der Name der Bar: »minus 5°«). Hier bekommen die Besucher am Eingang dicke Skioveralls und Fellmützen gestellt und ihre Drinks in Gläsern aus echtem Eis serviert. Alles andere in dieser Bar besteht ebenfalls aus Eis, die Wände, die Barhocker, die Skulpturen, lediglich die Toiletten sind – ein Segen – normal beheizt. Sicherlich hat Sydney für jeden Typ und Geschmack etwas zu bieten, allerdings muss man sich gerade in dieser Stadt auf einen unglaublichen Besucherstrom einstellen, was sich auch bei den Preisen bemerkbar macht. Ich persönlich fand Sydney ganz nett, es ist mir aber zu hektisch. Unbedingt empfehlen möchte ich – nicht nur aufgrund des Namens – einen Spaziergang an der Woolloomooloo-Bay. Dort erwarten Sie in einem alten Hafengebäude sehr modern eingerichtete Bars und Restaurants. Wenn Sie dann schon mal da und zudem kein »Veggie« sind, sollten Sie keinesfalls verpassen, bei »Harry‘s Cafe de Wheels« einen der mächtigen Meat Pies, eine Art Fleischpastete, zu essen. Diese kleine Fast Food-Bude genießt überregional einen sehr hohen Bekanntheitsgrad und ist über und über mit Fotos Meat Pieessender Promis geschmückt. Essen und Trinken kann man in Australien, gerade in den Metropolen, ganz hervorragend und preisgünstig. Da ein Großteil der Bevölkerung ihre Wurzeln in Europa hat, aber auch sehr viele Asiaten dort beheimatet sind, findet man Konditoreien mit original Schwarzwälderkirschtorte neben Sushi-Trains und Pizzerien. Alkoholische Getränke kauft man in sogenannten Bottle-Shops und natürlich in Bars mit Schankerlaubnis. Sie sollten sich peu à peu durch die große Palette australischer und tasmanischer Biere trinken. Da hätten wir VB (Victorian Bitter), Coopers, Carlton Cold, XXXX, Steinlager, Tooheys oder James Boag’s – um nur einige zu nennen. Generell gilt, dass alkoholische Getränke eher hochpreisig sind. Spirituosen allerdings, sind unverschämt teuer! Sehr im Kommen und überall bekannt und beliebt ist übrigens unser guter, alter Jägermeister (bitte sprechen Sie das im Geiste auf Englisch aus) – hier der Knaller auf jeder Party: Kleines, geöffnetes 20 ml Fläschchen Jägermeister in ein Glas stellen, bis zum Hals mit Red Bull aufgießen und fertig ist die »Jager-Bomb«! Natürlich haben die Australier auch hervorragende Weinanbaugebiete und ebenso gute Weine im Angebot. In Melbourne werden von der Winzergemeinschaft immer wieder Weinproben im Federation Square veranstaltet, wo man für 10 Dollar so viel Wein probieren kann, wie man möchte. Der Federation Square ist ein sehr zentraler Platz mit einem futuristischen Gebäudekomplex, der für Ausstellungen, Open-Air-Kino, Events oder einfach als Treffpunkt gern besucht und genutzt wird. Melbourne ist trotz des unbeständigen Wetters (»4 seasons in a day«) sehr beliebt. Fragt man die Einwohner, ob sie sich denn nicht vorstellen könnten nach Sydney zu gehen, so erntet man empörte Blicke und nach einigen Wochen Aufenthalt vor Ort kann ich es nur bestätigen: Melbourne ist einfach entspannter, kultureller und schön groß, aber eben trotzdem »laid-back«. Schlendern Sie gemütlich die Swanston Street herauf und verpassen Sie nicht, ein paar der leckeren Köstlichkeiten auf einem der Märkte (z. B. Victoria-Market) zu probieren, während Sie die ausgefallene Ware von jungen Hut-Designerinnen o. ä. bewundern. Wenn es Ihnen jetzt zu städtisch wird und Sie dringend Ruhe brauchen, mieten Sie sich ein Auto und fahren Sie umgehend in die Wüste, ins Nullarbor. Dort gibt es auf einer Strecke von 2.000 km vereinzelt einige suizidgefährdete Kängurus und nichts, was Sie ansonsten stören könnte. Einfach nur Ruhe, schöne Aussichten und ein grandioser Sternenhimmel. Sie möchten entspannen, segeln, schnorcheln und baden in atemberaubender Südseekulisse? Dann ab in den Norden zum tropischen Great Barrier Reef. Wofür auch immer Sie sich entscheiden, Australien hat sicherlich für jeden Anspruch ein Ass im Ärmel. Eines ist jedenfalls sicher: Egal in welcher Gegend Sie gerade sind, in Australien werden Ihnen immer schräge Gestalten, Opas mit pinken Haaren und eine Menge eingebürgerter, quirliger Asiaten über den Weg laufen – neben all den anderen Aussies natürlich. Im »filter NC03« werde ich Ihnen etwas über Brasilien berichten. Jetzt muss ich nur noch fix meinen Chef davon überzeugen, mich – alles für den Job! – dorthin zu schicken! Bis dahin ein ganz herzliches »HOOROO«! Seite 6 Zobelwesen Die »Zobelwesen« von links oben nach rechts unten: Eduard in seiner natürlichen Umgebung, Eduard, Günther, Heinrich, Siegfried, Gustav, Alexander und Wanda. Das Signet von »Zobelwesen« wurde gestaltet von »n-coding«. Fabelwesen aus Filz Normalerweise setzt Franziska Zobel Accessoires für Fotoproduktionen ins rechte Licht oder plant ganze Sets für große Shootings. Neben ihrem Job als Stylistin beschäftigt sie sich seit Jahren mit dem Filzen von Kuscheltieren. Jetzt sind ihre »Zobelwesen« zum Kauf freigegeben. Sie heißen Eduard, Heinrich oder Wanda und jedes hat ein eigenes Geburtszertifikat mit Vita und Sternzeichen. Die »Zobelwesen« sind als Sofatiere für Erwachsene gedacht und gestatten auch den Großen das hemmungslose Ausleben von niedlichen Gefühlen: Kuscheln ohne Altersgrenze. Wer sich näher für Wanda und ihre Freunde interessiert: www.zobelwesen.de (ve) Machtergreifung | YouAreReadingUs | One Hit Wonder Seite 7 Die Machtergreifung Wegzappen kann jeder. Mutige genießen die TV-Werbung und steigen ein, in die wichtigsten Fragen des Lebens. Folge 2: Das Haar. »Glanz ist eine Macht! Ergreifen Sie sie!« Mit dieser, Laetitia Casta in den Mund gelegten, Aufforderung zur Anwendung härterer Geschütze in der Haarpflege, schiebt der Kosmetikartikelhersteller L‘Oréal ein Produkt an, das einen extremen Schimmer verheißt. Menschen, deren Geburtsdatum in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts fällt, wird die martialische Formulierung vermutlich Mulmigkeit bescheren, denn mit »Machtergreifung« verbinden sie ein unzweideutiges Datum: den 30. Januar 1933. Der Tag als Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde. Dass des Führers Stirntampel durchaus mit Glanz versehen war, kann aber kaum als Erklärung dafür ausreichen, dass er die Macht ergriff. Eine solche Lesart des vermeintlich glänzenden Satzes spottet aller Forschungsergebnisse, die Generationen von Historikern in mühsamer Kleinarbeit bezüglich des glanzlosesten Kapitels der deutschen Geschichte zusammentrugen. Um so unbekümmerter erscheint mir der Umgang mit der Glanz-Gleich-Macht-Formel seitens der Spotschreiber. Im Stil wenig qualifizierter Journalistenfragerei, gewürzt mit einem Unterton des Entsetzens, möchte ich ihnen entgegenrufen: »Wie kommt Ihr denn auf so was?« Dazu drei dicke Fragezeichen und eine stark gekräuselte Stirn. »Sagt mal: Wollt Ihr das beworbene Produkt bei den »Ewig-Gestrigen« absetzen? Oder wollt Ihr L‘Oréal in die rechtsextremistische Ecke umpositionieren?« Aber Nein – Das kann ja nicht sein! Vielleicht geht es um diese ganz andere, schleierhafte Macht, die Männern immer wieder gern und leicht augenzwinkernd als Frauenpower untergejubelt wird: »Mit den Waffen einer Frau!« Nur: Gegen wen wird die Glanz-Armee dann aufgestellt? Frauen gegen Männer? Vielleicht ein Szenario wie dieses: Mit »Glanz« aufgerüstet, besetzen schimmernde L‘Oréal-Amazonen die männlichen Reviere und stoßen die matten Chefs achselzuckend von ihren Sesseln! Pech gehabt: Er hat nicht geglänzt. Oder geht es Frau gegen Frau? Die Botschaft: »Beißen Sie Ihre Rivalinnen wie kämpfende Löwinnen weg! Wenn Sie zu blöd sind und Ihr Haar einfach verstumpfen lassen, dann haben Sie im Überlebenskampf eh nichts verloren!« Ach L‘Oréal: Ich will doch gerne an Dein Haarmittel glauben. Was kannst Du mir denn sonst noch anbieten? Aus dem Off flüstert mir die Eingebung eine letzte und die vielleicht tröstlichste Interpretation zu: Denk mal an die »gute Seite der Macht«, wie Meister Yoda, der weise Jedi-Ritter aus »Krieg der Sterne«, sie in seinen zahlreichen Ansprachen an Luke Skywalker darlegte. Eine seiner bedeutenderen Maximen lautete: »You must unlearn, what you have learned!« Das ist es: Ich werde verlernen, was ich über Haarpflege jemals wusste und glänze ab sofort nur noch mit Halbwissen. (ve) Bücher, die die Wahrheit sagen Mit diesem Anspruch präsentiert die Website »www.YouAreReadingUs.de« Bestseller und Neuerscheinungen des gleichnamigen Verlages und verspricht, »die Lücke zu schließen, die andere Verlage hinterlassen«. Wirft man einen Blick in das Verlagsprogramm, ist man sehr überrascht: So zeigt der Band »Langweilig 12« die »ödesten und einfallslosesten Arbeiten aus einem Jahr Uni-Alltag«. Der Ratgeber »Deine Hand für mein Produkt« gibt Tipps, wie man »die Ressource Praktikant am besten nutzen kann«. Im Bestseller »How to chat – Wie man redet ohne etwas zu sagen« lernt der Leser, »kreative Defizite durch lange Reden mit kurzem Sinn auszugleichen«. Spätestens an dieser Stelle fragt man sich amüsiert: Das meinen die doch nicht ernst? Nein, das tun die Macher in der Tat nicht. Denn bei »YouAreReadingUs« handelt es sich tatsächlich nur um einen fiktiven Verlag. Auch wenn man aufgrund der perfekten Umsetzung schon fast das Gegenteil annehmen könnte. Kein Wunder, denn das Website-Projekt wurde von Ramon Greneden, Timm Burkhardt und Kai Meinig, drei Studenten der Gestaltung an der Weimarer Bauhaus-Universität, ins Leben gerufen. Sie kritisieren augenzwinkernd die Gepflogenheiten der Werbeund Designbranche: Das Hochjubeln des Gestalternachwuchses bei unzähligen Awards und dem anschließenden Verheizen desselbigen in zahllosen Nachtschichten und nervenaufreibenden Projekten. Die substanzlosen Werbekampagnen, die nur den Zweck haben, den Käufer bewusst zu täuschen und minderwertige Produkte für teures Geld zu verkaufen. Die verheißungsvollen Ratgeber, die mit ihren unfehlbaren Kreativitätstechniken vorgeben, wirklich jeden zu geistigen Höchstleistungen zu bringen. Die leider in vielen Werbeagenturen vorherrschende Kultur des Aufblasens, Wichtigtuens und der leeren Worte, statt gut durchdachter, richtungsweisender Ideen und einer angemessenen Umsetzung… und, und, und. All das beschreibt »YouAreReadingUs« in seinem Verlagsprogramm sehr ironisch und kommt dabei, zum Glück, ohne erhobenen Zeigefinger aus. Dass es auch anders geht, zeigen die fiktiven Verleger unter der Rubrik »Neuerscheinungen«. Hier findet man das einzig real existierende Buch: Ein von Greneden, Burkhardt und Meinig gestalteter Begleitband zum Projekt »preEnter«. »preEnter« ist ein Veranstaltungskonzept und vereint die musikalische Performance von Livemusikern der Band »Pentatones« mit stimmigen Visuals und Beiträgen des Publikums. Mit sechs Flachbettscannern, die im Rahmen der Performance installiert werden, können sich die Zuschauer scannen und ihr Bild erscheint auf einer großen Leinwand im Bühnenbereich. Der sonst gezwungenermaßen passive Clubbesucher wird auf diese Weise aktiv in das Geschehen eingebunden. »YouAreReadingUs« hält dem aufgeblähten Medienzirkus den Spiegel vor und zeigt mit »preEnter«, wie man mit einem innovativen Konzept Erfolg und vor allem Spaß haben kann. Da bleibt nur eine Frage offen: Are you reading us? (de) www.youarereadingus.de To all the stars I loved before Patrick Hernandez | Thom Pace | Visage | Max Werner | Men Without Hats | Opus | Bruce & Bongo | Berlin | Desireless | Kaoma | Kate Yanai | Adamski | Crystal Waters | Righeira | Lucilectric | Los del Rio | Bellini | Sabrina | Tiffany | Sigue Sigue Sputnik | Pussycat | Hayzee Fantayzee | Emilia | Las Ketchup | O-Zone | Nu Pagadi | Vanilla Ice | Pia Zadora | Alannah Myles | Stéphanie von Monaco | Sheila E. | Rose Laurens | Mr. Big | Rainbirds | Dexys Midnight Runners | IXI | M.C. Miker G | Donna Lewis | Whale | Freeez | Clowns und Helden | Frl. Menke | Patrick Swayze | EMF | Markus | peter schilling | Joshua Kadison | Arcadia | Fool‘s Garden | Tight Fit | Londonbeat | Chesney Hawkes | Donna Lewis | Scritti Politti | Lobo | Martika | Kelly Osbourne | Taco | Raff | Joan Osborne | Leslie Gore | Fra Lippo Lippi | Tasmin Archer | Al Corley | Sam Brown | Beloved | Matia Bazar | Aztec Camera | Buggles | Spin Doctors | F. R. 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In vielen Entwicklungsschritten näherte sich Till Oyen dem finalen Logo, das er immer weiter simplifi zierte, bis es die gewünschte dystopische Ausstrahlung bekam. Aus »BIOCORP« wurde »BIOCROP«. Entwicklungsschritte der düsteren Szenarien für die Bildmotive der Unternehmensbroschüre von »BIOCROP«. Megalomanische Metropolen und Unheil verheißender Smog-Himmel. Das Logo sollte für die Departments von »BIOCROP« diversifi ziert werden können. Der freie Raum über der Ähre erlaubt die Platzierung weiterer Bildelemente wie Raute, Ring oder Totenschädel. Grafikelemente und Organigramme 7d\P] ATb^daRTb ?dQ[XR AT[PcX^]b 0RR^d]cX]V 6TbRWËUcb UãWad]V Links: Zur Unterstützung seiner Aussage benutzte Till Oyen die Schaugrafiken des Geschäftsberichts in ironisch-plakativer Art. 6^eTa]\T]c AT[PcX^]b 1aP]S <P]PVT\T]c CaPU R 0S\X]XbcaPcX^] 2^]ca^[[X]V ;TVP[ 3T_Pac\T]c Rechts: Der Flyer der Protestgruppe. Die Gegner wehren sich mit einem selbstkopierten Flyer. (Crap = Mist) 4da^_P Adbb[P]S 3XeXbX^] 3XeXbX^] 2a^_BRXT]RT ATRaTPcX^] 3XeXbX^] 5^^S 3XeXbX^] 3XeXbX^] 3TZ^aPcXeT 1X^BTRdaXch >aVP]Xb\T] BTTS ;PQb DB0d :P]PSP DaQP] ATRaTPcX^] @dP[XcËcb bXRWTad]V 0dbcaP[XT]d >iTP]XT] 0\Pi^]XT] 0UaXZP ;^VXbcXZ :^]iTa] bXRWTaWTXc 4gTRdcXeT CaP]b_^acPcX^] 6a^ÆX]SXT] >a]P\T]cP[ 2aTPcdaTb 6T]_^^[ <P]PVT\T]c 6TQËdST <P]PVT\T]c Foto rechts: Ein Blick in das Seitenlayout der fertigen Hochglanzbroschüre. 2WX]P d9P_P] 3XeXb^]G ATVX^]P[T7Pd_c`dPacXTaT ATVX^]P[T7Pd_c`dPacXTaT TabRW[^bbT]T6T]_PcT]cT D\bPci ETa]Tcid]V6T]QP]ZT] BIOCROP Seite 9 Böse Spiele mit grüner Gentechnik. Till Oyen machte sich in seinem Vordiplom Gedanken zu einem fiktiven Printplot über den zynischen Gen-Multi »BIOCROP«. Als Mediengestalter-Azubi begann Till Oyen bei »n-coding«. Seit 2004 studiert er Design an der interdisziplinär ausgerichteten KISD (Köln International School of Design). Nebenbei beschäftigt er sich u.a. mit Graffiti, Kultur und Medien und ist als freiberuflicher Designer tätig. Im Hauptteil seines Vordiploms nahm er sich eine äußerst exotische Fragestellung vor: Wie würde sich ein Global Player, der das Monopol auf Genpatente besitzt, in einer dystopischen Welt darstellen? Textauszug Über Biocrop Biocrop ist ein transnational agierender Konzern, der es als seine Mission ansieht, die – sich in seinem Besitz befindlichen – Pflanzen-Genressourcen der Welt gewinnbringend in den Warenkreislauf einzubringen. Zur Nutzung als Saatgut, Nahrung oder Dekoration lizenziert Biocrop seine pflanzlichen Ressourcen an Länder, Städte, Agrarunternehmen und Privatpersonen. Ein effizientes Kontrollsystem verhindert und verfolgt den Lizenzmissbrauch. Die Grundlage für das Geschäftsmodell von Biocrop bildet das auf Initiative von internationalen Industrieverbänden ins Leben gerufene TRIPS-Abkommen der Welthandelsorganisation WTO. Dieses ermöglicht die Patentierung und Lizenzierung von Lebewesen, sofern diese genetisch verändert worden sind. Durch patentrechtlich geschütztes Saatgut hervorgebrachte Ernten dürfen je nach Lizenzvereinbarung somit nicht als Saatgut wiederverwendet werden. BIOCRAP! Sehr geehrte Aktionäre, Vertrauen Sie einem Unternehmen, dass Sie offensichtlich anlügt? BIOCROP spricht in diesem Abschlussbericht von den besonderen ”Herausforderungen” dieses Jahres. Dabei sollte doch aus der internationalen Berichterstattung hervorgegangen sein, welches skrupellose Verhalten dieses Unternehmen wirklich an den Tag legt. Wer ohne Skrupel daran geht, die ganze Welt zu täuschen, wird auch vor Ihnen, den Aktionären, nicht haltmachen. Die Umsatzeinbußen in den ersten Monaten des vergangenen Jahres sind nicht, wie Biocrop behauptet, auf verleumderische Kampagnen zurückzuführen! Biocrop hat schlichtweg nicht mehr die Nebenwirkungen seiner widernatürlichen Genmanipulationen verschleiern können. Im März konnte unsere Organisation beweisen, dass die Todeswelle in Brasilien auf eine massenhafte toxische Reaktion zurückzuführen ist. Biocorp hatte MaispÀanzen mit Skorpion-Genen versehen, um diese besonders resistent gegen Schädlinge zu machen. In Kombination mit dem Wachstumsgen führte das Skorpiongift zu qualvollem Tod tausender Menschen. Hybridsorten-Nachkommen führen zu Vergiftungen und Mutationen. Es ist kein Zufall, dass die nationale Berichterstattung nach dem Putsch unter Führung von General Batisto schlagartig beendet wurde. Unsere brasilianischen Mitglieder versorgten uns mit Beweisen, dass Biocrop den General ¿nanziell massiv unterstützt hat. Ungeklärt ist, wie Biocorp es geschafft hat, die öffentliche Meinung zu beschwichtigen. Wir vermuten, dass die PR- und Bildungssparte von Biocorp einen erheblichen Anteil daran hat, dass weltweit sogenannte Experten die Ereignisse auf verseuchtes Grundwasser und mangelhafte Zubereitung der Speisen zurückführen. Wir fordern von Biocorp * die sofortige Einstellung aller gentechnischen Experimente und Entwicklung * die Verantwortung für Umweltschäden, soziale Ungerechtigkeiten und Todesopfer zu übernehmen, die durch Produkte von Biocorp entstanden sind. Wir fordern von der UNO * die sofortige Abschaffung der Patente auf Lebewesen! Wir haben erfolgreich alle Exemplare des Geschäftsberichts mit diesem Flyer bestücken können. Zehntausende Aktionäre werden die Wahrheit erfahren. Distanzieren Sie sich von diesem Unternehmen und veräußern Sie Ihre Aktien, solange Sie noch können! Zu weiteren Fragen ¿nden Sie unter unserer Internetadresse weiter Informationen. www.gegen-genpatente.org Aktionsbündnis gegen Patente auf Lebewesen Dystopien, das sind jene Negativ-Utopien, die allgemein bekannt sind unter Film- und Buchtiteln wie »1984«, »Bladerunner« oder »Fahrenheit 451«. Darin geht es um unwirtliche, synthetische SciFi-Welten, die Gesellschaften beschreiben, denen alle Menschlichkeit abhanden gekommen ist. Stattdessen regiert Misstrauen, Egoismus und Werteverfall. Und oft kommt ein übermächtiger Kontrollfaktor hinzu. Till Oyen recherchierte monatelang die Hintergründe seines Plots in der realen Welt und fand Fakten, die kein Science Fiction Autor besser erfinden könnte. Konzerne definieren ganze Gattungen von natürlich vorkommenden Bioorganismen zu Patenten um. Bauern werden verklagt, weil durch natürliche Ausbreitung genmanipulierte Pflanzen auf ihren Feldern gelandet sind. Gefälschte Demonstrationen werden angeleiert und Wissenschaftler für Gentechnik-freundliche Studien bezahlt. Aus diesen Informationen konstruierte Oyen den fiktiven multinationalen Konzern namens »BIOCROP« und zeigt dessen Selbstbild im Rahmen eines jährlichen Geschäftsberichts. Da wird der New Yorker Central Park eingezäunt und zu einer geschützten »Recreation Facilty« für zahlende Bürger ausgewiesen. In unterirdischen Farmen werden Pflanzen mit luziden Genen angebaut. Topfblumen mutieren zu »dekorativen Organis- men«. Alles untersteht dem einen Zweck: Gewinnmaximierung. Entsprechend sind die Geschäftsaktivitäten in Organigramme zusammengefasst, die die Form eines Totenschädels nachbilden. Die Reichweiten des Headquarters bilden eine Krake, die die Welt erfasst. Bei all seinen Darstellungen geht es Oyen nicht um die pauschale Verurteilung der Gentechnik oder Biotech-Unternehmen, sondern um das Experiment, ein fiktionales Setting mit dem Medium der Unternehmensbroschüre zu einer unterhaltenden und warnenden Geschichte zu verbinden. Er greift in der Gestaltung der Broschüre Elemente verschiedener Vorlagen auf: Der Unternehmensbericht zitiert Sprach- und Layout-Stil real existierender Vorbilder sowie die düstere Atmosphäre bekannter SciFi-Filme. Auch den Antagonisten hat Oyen in seinem Plot bedacht: Das revoltierende »Aktionsbündnis gegen Patente auf Lebewesen«. In seinem Flyer aus gelbem Kopierpapier präsentiert sich die Untergrundbewegung mit der typischen Sprache und Aufmachung einer Protestgruppe. Die Arbeit von Till Oyen über den fiktiven Multi »BIOCROP« wirft einige Fragen über unsere reale Wahrnehmung auf: Wie können wir Informationen verarbeiten, wenn Meinungen sie überdecken? Wie orientieren wir uns in einer Welt des übergriffigen Marketings? Welche Lesart haben wir von »Gut und Böse«? Welche Klischees nehmen wir bereitwillig an, wenn sie unsere Vorurteile bestätigen? Das Design hat dabei eine wichtige Funktion. Es kann sensibilisieren, unterhalten, offenlegen und wach machen für Interpretationen und Bewertungen. Denn längst nicht alles was schön aussieht, muss schön sein und nicht alles was richtig klingt, muss auch wahr sein. Die Arbeit von Till Oyen wurde von den Professoren der KISD mit einer 1,0 bewertet. (ve) Seite 10 Die Vertrauensfrage DIE VERTRAUENSFRAGE GIBT ES SO ETWAS WIE EINEN PROFESSIONELLEN CHAT? WAS MAN BEACHTEN SOLLTE, WENN MAN IN UNTERNEHMEN CHATTET UND WARUM SICH VERTRAUEN AUSZAHLT. Noch immer haftet dem Chatten der Ruf einer teenagerhaften Kommunikationsform an. Sicher, jeder kennt sie, die kichernden Mädchen, die sich hinter dem Computer verbarrikadieren, um kryptische Abkürzungen wie *lol*, *gg*, *rofl* oder Emoticons wie >_< in ihre überwiegend trivialen Kommunikationsinhalte einzubauen. Eine solche Kommunikationsform für geschäftliche Zwecke zu nutzen – das erscheint vielen Unternehmen immer noch zu unseriös. Dabei bietet gerade die moderne Chatkommunikation viele Möglichkeiten, Schriftverkehr sinnvoll zu ergänzen und die verbale Kommunikation zu erweitern. gramme sind nicht speziell auf Unternehmen ausgerichtet, sondern eher für den privaten Gebrauch gedacht. Sie sind für Kleinunternehmen aber durchaus einsetzbar. Für Großunternehmen werden spezielle IM-Programme wie Lotus Sametime, AIM Pro oder der DyCE Instant Messenger angeboten. Einige dieser Programme haben so nützliche Features wie die Verschlüsselung aller Übertragungen und deren Überprüfung auf Viren sowie eine MS-Outlook-Client-Integration. Manche bieten sogar die Möglichkeit, gemeinsam an Dateien zu arbeiten oder auf einem Whiteboard Grafiken zu erstellen. VOM CHAT ZUM INSTANT MESSAGING TROJA UND DIE PFERDE Was mit der ersten Welle des Internets in öffentlichen Chatrooms begann, hat sich inzwischen zum Instant Messaging (IM) entwickelt. Das Prinzip des IM ist das Gleiche wie beim Chat, nur ist es für die Kommunikation zwischen 2 Gesprächspartnern ausgelegt. Aus der geschäftlichen Sicht hat das IM entscheidende Vorteile. Man kann sich mit Kommunikationspartnern aus seiner Kontaktliste unterhalten, ohne den Telefonhörer in die Hand zu nehmen. Die meisten Telefonate vergehen per se damit, Kleinigkeiten abzuklären. Dadurch, dass die Übermittlung der Nachricht in Echtzeit stattfindet, kann mit einer sofortigen Antwort gerechnet werden. Wenn nicht, z.B. weil der Chatpartner mit anderen Tätigkeiten beschäftigt ist, erhält er die Information trotzdem. Eine Info, die sonst vielleicht verloren gegangen oder zu spät gekommen wäre. Der Erfurter Kommunikationswissenschafts-Professor Joachim Höflich sieht im IM für Unternehmen einen wichtigen Vorteil: »Zwei Drittel aller Anrufe im betrieblichen Bereich sind für die Katz. Der andere ist nicht da, es ist besetzt, und so weiter.« Dabei ist IM schneller als eine E-Mail und genau so unkompliziert wie ein Telefonat. Nicht unerwähnt bleiben sollen dabei auch die entfallenden Kosten für kurze telefonische Abstimmungen und die Reduzierung von Datenmüll. E-Mails mit Texten wie: »Treffen wir uns gleich bei Toni zum Essen?« oder »Wann war noch mal das nächste Meeting?«, die vorher Speicherplatz verschwendeten, entfallen komplett. Wenn man sich für IM entscheidet, sollten insbesondere Großunternehmen die eigene Sicherheitspolitik darauf anpassen. Denn durch die unbedachte Annahme von Dateien oder einen »falschen Klick« können Trojaner, Viren und andere Schadprogramme auf den Rechner gelangen. Eine Sensibilisierung der Mitarbeiter ist daher von größter Bedeutung, damit sie die richtige Entscheidung treffen können. Einmal im Unternehmen eingeführt ist es wahrscheinlich, dass viel probiert und herumgespielt wird. Doch dieses austestende Verhalten schult die Mitarbeiter im Umgang mit IM und legt sich nach einer gewissen Zeit. Dann wird IM sinnvoll in die eigene Arbeitsweise integriert. Zusätzlich fordert der schriftliche Verkehr eine Präzisierung der Gedanken und erhöht somit die Effektivität in der Geschäftskommunikation. Man braucht also nicht die Befürchtung zu haben, dass den Mitarbeitern mit dem Chatten auch die Pferde durchgehen. Die Anwesenheitsdarstellung der IM-Programme erleichtert vor allem die Kommunikation zu Kontakten außerhalb des Betriebes. Man kann seinen Partnern schnell die Information übermitteln, dass man in einer Besprechung ist oder eine Pause einlegt, ohne überhaupt die Tastatur zu benutzen. Aber nicht nur die Kommunikation mit externen Partnern, gerade auch die interne Kommunikation wird durch IM unterstützt. Arbeits- und Geschäftsprozesse werden vor allem dann erheblich vereinfacht, wenn die Partner räumlich getrennt sind. Anstelle eines Telefonats, chattet man. Was besonders hilfreich ist, wenn der Partner »gerade nicht am Platz« ist. IM erfüllt dann die Funktion eines Post-Its. Ein weiteres Plus: Das Telefon ist nicht für Anrufe von außerhalb blockiert. Mobile Partner wie Außendienstmitarbeiter können sich anstelle eines »richtigen« Treffens unter Zuhilfenahme von Bildern und Tondateien oder sogar in einem Videochat besprechen. Ohne Stau, Anfahrtszeiten, Reisekosten – Willkommen im Home Office! WAS DAS PROTOKOLL VORSIEHT Bei »n-coding« nutzen wir seit einigen Jahren selbst verschiedene IM-Programme wie iChat und AdiumX (beide OS X). Für Windows gibt es unter anderem Pidgin, Trillian und Miranda. Diese Programme unterstützen mehrere IM-Protokolle und bieten einem so die Möglichkeit, sich nicht auf ein IM-Protokoll beschränken zu müssen. Alle genannten Pro- KONTROLLVERLUST IST VERTRAUENSGEWINN Abgesehen vom Klappern der Tastatur, ist eine Kontrolle beim Chat weniger gut durchführbar als bei einem Telefonat. Der Mithörer ist abgeschnitten. Mitarbeiter, denen man IM als Arbeitsinstrument gewährt, haben somit die potenzielle Möglichkeit, es für Kontakte zu nutzen, die sie privat oder aus anderen Unternehmen kennen. Damit erhöht sich natürlich die Gefahr des Missbrauchs: Der Herausgabe von Daten, der Mitteilung von aktuellen Geschäftsprozessen oder von momentanen Stimmungsberichten (»Der Chef hat heute wieder seine 5 Minuten!«). Wenn man diesen Aspekt von der internen Warte aus betrachtet, spielt zudem die Gruppendynamik im Unternehmen eine Rolle. Kollegen können sich absprechen, solidarisieren, verbünden – gegen oder für was auch immer. Ein Chat zum Austausch über das aktuelle Betriebsklima ist aber im Grunde nichts anderes als ein Teeküchengespräch oder das Lästern in der Zigarettenpause. Das alles hat es schon immer gegeben und wird mit IM nicht anders, nur schneller. Vor allem den Führungspersonen in Unternehmen wird hier eine vielleicht ungeübte Stärke abverlangt. Die Stärke, ihrem Team zu vertrauen. Es so zu führen, dass der Dialog über die Tastatur nicht die eigentliche Kommunikation ersetzt. Wenn das gelingt, bleiben anwesende IM-Partner u.U. stunden- oder tageweise im Off, ohne dass die Tastaturen Alarm schlagen. Einzig die Statuszeile kündet von ihrer Existenz. Wenn man da angekommen ist, dann ist der Chat das, was er sein sollte: eine Option auf eine erweiterte Kommunikation für Unternehmen. Und gegen ein kleines :-D ist ja nichts einzuwenden. (ve/st) ENDLICH SOMMER! Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, die Bienen summen… Dann nichts wie raus an den See, in den Park oder in ein Café. Mit der richtigen Musik und einem interessanten Buch wird ein schöner Sommertag zu einem perfekten. Wir hätten da ein paar Vorschläge. DIE MUSIK KINGS OF CONVENIENCE Riots on an empty street (EMI) Ein Album voll Wärme und Ruhe. Die charismatische Stimme von Erlend Oye wird sparsam begleitet von Akustik-Gitarren, Piano und Kontrabass. Klasse für laue Sommernächte. KOOP - Koop Islands (Compost) NOZE - Remember Love Das Inselfeeling auf Platte: neun Songs voll exotischer Sounds und karibischer Rhythmen. Da wird ein Nachmittag am Baggersee zu einem Kurztrip in die Südsee. Eingängiger Refrain, witzige Melodie, sehr tanzbar… und ziemlich schräg. Der etwas andere Sommerhit! (MyBestFriend Ltd.) OWUSU & HANNIBAL Living with... (Ubiquity Records) Das dänische Duo vereint entspannte Beats, wunderbare Melodien und einfühlsamen Gesang. Warmer Soul aus dem kühlen Norden! TIM LOVE LEE - Coming Home (Stereo Deluxe) DAS BUCH Diese eigenwillige Compilation ist eine Reise durch die Welt der elektronischen Musik. Mit Abstechern bei Tango, Bossa Nova, SynthiePop und Ambient wird es auf dieser Platte keinen Augenblick langweilig! JONATHAN LETHEM - Die Festung der Einsamkeit Anfang der siebziger Jahre zieht der kleine Dylan Ebdus mit seinen Eltern, einem weißen Hippiepaar, in das Zentrum Brooklyns. Das wird in dieser Zeit hauptsächlich von Schwarzen und Puertoricanern bewohnt. Der Umgangston auf den Straßen ist rau. Überfälle und Erpressungen sind an der Tagesordnung und als einziger »White Boy« im Viertel hat es Dylan ausgesprochen schwer. Erst in Mingus Rude, dem selbstbewussten Sohn eines gescheiterten, schwarzen Jazzsängers, findet er einen Verbündeten. Mit Hilfe eines magischen Rings flüchten beide immer wieder in eine Fantasiewelt, in der sie Superkräfte besitzen und für Gerechtigkeit kämpfen. Doch auf Dauer können sie nicht vor der Realität fliehen. Während es einem der beiden Freunde gelingt, sich nach und nach aus dem bedrohlichen Umfeld seiner Kindheit zu befreien, versinkt der andere immer weiter in einem Strudel von Drogen und Gewalt… Ein spannendes Buch über das Abenteuer des Erwachsenwerdens, den Soul der siebziger Jahre und fast endlos scheinende Sommernachmittage in Brooklyn. www.tropen-verlag.de (de) Das digitale Archiv ist da! Zeitschriften, CDs, Bücher oder Filme – COMO wurde für alle Medienliebhaber entwickelt, denen es bisher an Funktionalität bei der Archivierung mangelte. COMO ist das erste digitale Archivierungssystem seiner Art. Es integriert sich in jedes Bücherregal und sorgt für die perfekte Übersicht des Bestandes an Literatur, Musik und Filmen Ihrer Mediathek. Die Bedienung erfolgt spielend leicht über den großen Touchscreen. So kann man stöbern, ohne die Ordnung zu ruinieren und auch verliehene Bücher werden nie wieder vergessen. Noch besser: Weil COMO mit W-LAN ausgestattet ist, ermöglicht es Ihnen, Ihre Lieblingsmusik Freunden zu empfehlen, Bücher über das integrierte Shopsystem zu kaufen oder nach neuen Werken Ihres Lieblingsregisseurs zu fahnden. Dass das in Zukunft sogar noch besser funktioniert, dafür sorgt eine Schnittstelle, mit der RFID-kompatible Medien in den Bestand aufgenommen werden. COMO – Gemacht, um das Nützliche zu vereinen. Flexibles Drehkreuz für wendiges Zuhören. Jeder Besuch hat seine Geschichte Der Besucherstuhl aus der Produktfamilie »Aline« Stabile Sitzkonstruktion für nachhaltigen Genuss. Ummanteltes Polyestergewebe für stille Beobachtungen. Unten: Andreas Schulz präsentiert uns »Aline«. Oben: Der Steingarten von »Wilkhahn«. Unter hunderten von Unternehmen aus Norddeutschland hat »filter NC« zum Start des Magazins eine Befragungsaktion durchgeführt. Wir wollten wissen, wie unsere Publikation wahrgenommen wird. Dem Gewinner winkte eine freie Inszenierung seiner Produkte aus der Sicht von »n-coding«, verbunden mit den uneingeschränkten Nutzungsrechten zum Einsatz des Bildmaterials. Der Büro- und Konferenzmöbelspezialist »Wilkhahn« wurde ausgelost. Wir trafen uns Ende Mai mit Marketingmann Andreas Schulz zur ersten Besprechung am Firmensitz in Bad Münder und fanden ein Unternehmen vor, das seit 100 Jahren mit beeindruckender Konsequenz seinen Weg der guten Form geht. Alles bei »Wilkhahn« trägt die Zeichen der klassischen Moderne, vom Firmengebäude bis zum breit gefächerten Produktsortiment. Durchdacht, genau, ausgewogen. Das Markenversprechen »design made in germany« wird hier eingelöst. Für unser Fotoshooting wählten wir mit Andreas Schulz den Stuhl »Aline« aus. Seine leichte Anmutung gefiel uns sofort. In der Variante des Besucherstuhls mit Drehkreuz ist er neu im Sortiment und wurde deshalb zur ersten Wahl als Fotomodell. Oben: Empfangsbreich Unten: Der berühmte »Stitz«. Wir nahmen die reduzierte Formensprache der Möbel und der Kommunikation von »Wilkhahn« auf und wagten den Versuch, sie in einen neuen, emotionaleren Kontext zu stellen. Surreale Stillleben erzählen eine Geschichte der »Besitzer« des Stuhls. Zugleich deuten die Arrangements Anwendungsbereiche an und gehen über das Arbeitsumfeld hinaus, in dem der Stuhl üblicherweise steht. »n-coding« bedankt sich bei »Wilkhahn« und Andreas Schulz für die Aufgeschlossenheit gegenüber dem Experiment mit »filter NC« und wünscht viel Freude beim Einsatz der neuen Fotos. Blick über den Steingarten zum Showroom. Die Relieffassade ist eine Eigenentwicklung von »Wilkhahn«. filter NC trifft Wilkhahn »Wilkhahn« nahm an unserer Auftaktaktion zur ersten Ausgabe von »filter NC« teil und gewann eine freie Foto-Inszenierung von Produkten durch »n-coding«. Eindrücke von der Fotoinszenierung: Lichttests und Aufbauten der Stillleben. »formfilter« (de) FILTER NC SPEZIAL »Kulturhauptstadt Luxemburg« Legoland, Lummerland, Luxemburg. Das Land, das bekannt ist für Zigaretten, Banken und Benzin feiert sich als Kulturhauptstadt 2007. Zusammen mit seinen Nachbarn in Deutschland, Frankreich und Belgien. Rund 60 Millionen Euro Budget, 600 Projekte und mehr als 5.000 Veranstaltungen stehen im Zeichen des röhrenden Hirsches. Grund genug, den einflussreichen Ministaat zu besuchen und erstaunliche Beobachtungen zu machen. Über einen Imagewechsel, der gelingen könnte. Ein Bericht von Volker Elsen Zwei, die sich mögen: der Hirsch und die moderne Kunst. Legoland »Ein kleiner Einblick. Das reicht!«, sagte ich mir, als ich den Entschluss fasste, einen Artikel über die Kulturhauptstadt Luxemburg zu bringen. Eine Doppelseite für »filter NC« als Interview. Die Terminabstimmung mit der jungen PR-Managerin, Marie Tentrup, war freundlich und knapp. Ebenso wie meine Zeitplanung. »Vier Stunden für Besichtigungen«, formulierte ich in einer E-Mail. Viel Zeit für etwaige Vorbereitungen blieb mir nicht. Also: Ein Blick ins Internet. Eine heruntergeladene Programmübersicht und ich machte mich auf den Weg. Mit geringen Erwartungen und der Vorstellung, dass ein kulturbeflissenes Gremium von artigen Pressebeauftragten danach trachten wird, mich von den Vorzügen einer provinziellen Urlaubsregion zu überzeugen. Über Luxemburg wusste ich so viel wie alle: Das Land ist sowohl von seiner Fläche als auch von seiner Einwohnerzahl eher klein. Es verfügt über beste finanzielle Möglichkeiten. Günstige gesetzliche Rahmenbedingungen und attrak- Meine persönlichen Highlights: Der Robotersaal und die Pulptitel von Hugo Gernsback. Seite 17 Eindrücke aus der bombastischen Philharmonie. Begeisterte Führerinnen durch das Eldorado der Kultur: Pressesprecherin Anne Kaiffer (l.) und PR-Managerin Marie Tentrup (r.). tive Steuersätze machen den Finanzsektor zum wichtigsten Motor der luxemburgischen Wirtschaft. Hinzu kommen niedrige Preise für Benzin, Tabak und Spirituosen. Und klar: Luxemburg ist ein zentraler Standort der EU. Das alles weiß man halbwegs genau und es bestätigt sich, wenn man in das Land einreist: Die Route führt über eine blitzblanke Autobahn, gefolgt von einer Prachtstraße, die einen zum Zentrum bringt. Gesäumt von hypermodernen Architekturkreationen. Allesamt Bauten von Banken, internationalen Konzernen, Kultureinrichtungen und Institutionen der EU. Schicke Architekturbausteine, aufgesteckt auf ein exaktes Landschaftsraster – willkommen in Legoland! Meine Mutmaßungen für den Termin mit Marie treibe ich weiter: Ganz klar – man wird mir die internationale Kunstelite auftischen und mir teure Hochglanzbroschüren in die Hand drücken. Bin ich überhaupt korrekt genug angezogen? Bauten alte Lokomotivwerkstätten sind. Erst jetzt registriere ich, dass es Rundbauten sind. Zwei Rotunden werden hier zu Ausstellungs- und Veranstaltungszwecken genutzt. Eine davon hat man aufwändig restauriert. Mit Klimatisierung und Restaurant. Hier wird als nächstes die französische Künstlerin Sophie Calle in einer Inszenierung von Frank Gehry ausgestellt. Der Aufbau ist streng geheim. Ich darf ihn nicht fotografieren. Ruhrgebiet? Als ich die Rue de Bonnevoie erreiche, suche ich unseren Treffpunkt. Was ich vorfinde, ist ein Schottergelände mit Gebäuden aus der Industriezeit. Direkt hinter dem Bahnhof gelegen, fehlt mir hier der erwartete Glanz. Bin ich im Ruhrgebiet? Ich frage einen Mann auf dem Gelände nach der Adresse. Er verweist auf ein unscheinbares Gebäude hinter mir. Als ich mich umdrehe, begrüßt mich eine junge Frau mit strahlendem Lächeln: »Sind Sie Herr Elsen? Ich bin Marie Tentrup! Standen Sie auch im Stau?« Marie torpediert all meine bisherigen Erwartungen. Sie ist nett, unkompliziert und in keinster Weise abgehoben. Ich erfahre, dass sie in Trier zweisprachig aufgewachsen ist und in der Bremer Kunsthalle für Marketing zuständig war, bevor sie das Angebot mit »2007« wahrnahm. »2007« – das ist die sprachliche Kurzform der Orga- und Presseleute, die es sich ersparen wollen, jedesmal sagen zu müssen: »Kulturhauptstadt 2007. Luxemburg und Großregion«. Verständlich! Marie führt mich über das Gelände, erklärt mir, dass die Orga- und Pressebüros in dem unscheinbaren Haus und in den gegenüberliegenden Containern untergebracht sind und dass die zwei großen Station 1 »Tomorrow Now« Mudam 25.5. - 24.9.2007 www.mudam.lu Die andere Rotunde ist so erhalten wie sie zuletzt war. Mit allen Schäden, die ein Jahrhundert hinterlassen kann. Nur notdürftig repariert. Hier, in »Rotonde 2«, finden Veranstaltungen für ein junges Publikum und für Kinder statt. Dass sie auch nachhaltig genutzt werde – auch nach der Kulturhauptstadt – das hofft Marie. »Die Rotunde 2 ist eine wirkliche Erneuerung für Luxemburg. Es ist das erste Mal, dass Jugendkultur hier überhaupt einen Ort hat. Da setzen wir alles dran, und auch die Politik, dass das beibehalten wird!« Sie sagt das so, dass ich mitbekomme, welche Rolle die Politik zu übernehmen hat. Die Rotunde 2 liegt ihr wirklich am Herzen. Sie erklärt mir die Projekte, die dort stattfinden: »Traffo« zum Beispiel. Eine experimentelle Reihe von jungen Tanz-, Theater- und Performanceveranstaltungen mit viel elektronischer Musik und Partys oder das aktuelle kunstpädagogische Projekt »abc« (art basics for children). Wir wechseln in die benachbarte Kunstbar »exit 07«, die in den ehemaligen Garagen des Geländes untergebracht ist. Außer, dass Menschen hier Kaffee trinken, präsentieren sich in der Bar internationale Musik-Acts. Ansonsten amüsiert man sich beim »bingo sonore«. Statt Zahlen muss man die Interpreten der gespielten Titel ausrufen. Bei den Konzeptabenden »OUDJPO« wird Musik nach dem Vorbild einer französischen Literaturbewegung inszeniert. Klingt kopflastig, aber recht lustig wie mir scheint. Ich glaube, ich bin bereits infiziert von Luxemburg. Während wir in der Bar munter über das Tagesprogramm plaudern, kündigt mir Marie ihre Kollegin, die Pressesprecherin Anne Kaiffer an, die uns heute begleiten soll. Gibt es doch noch so etwas wie einen »offiziellen Teil«? Dazu hätte ich jetzt FILTER NC SPEZIAL »Kulturhauptstadt Luxemburg« ja gar keine Lust mehr. Doch als Anne in der Bar eintrifft, sind meine Befürchtungen sofort weggewischt. Sie ist alles andere als formell. Lässig gekleidet, handfest und das Herz auf der Zunge. Alles in einem Deutsch mit heiterem Lëtzebuergesch-Akzent. Sie begrüßt mich, als würden wir uns schon ewig kennen und schon brechen wir gemeinsam auf. Lummerland Wir fahren mit Annes Auto. Als ich meine Foto-Ausrüstung in ihrem Kofferraum verstauen will, müssen wir erst einmal ein Bierfässchen zur Seite schieben. Hier feiert man gern, das kann man sehen. Auf der Fahrt zur ersten Station reden wir über die Kulturhauptstadt. Ich werde mit den Basics versorgt: »2007« – das ist nicht nur Luxemburg, sondern auch die Großregion. Dazu zählt Wallonien in Belgien, Lothringen in Frankreich und das Saarland sowie Rheinland-Pfalz in Deutschland. Grenzüberschreitungen – das ist das eigentliche Thema der Kulturhauptstadt. Das Logo, der röhrende Hirsch, ist das Ergebnis eines Wettbewerbs mit 160 Einsendungen. Man entschied sich für das heimische Tier, weil es zwischen den vielen abstrakten Lösungen herausstach und weil es das Thema der Kulturhauptstadt perfekt symbolisiert. Jedenfalls hat man noch von keinem Hirsch gehört, der am Schlagbaum halt macht! Vor allem aber wählte man das Logo, weil es schnell zugänglich ist. »Ich denke, wir haben es hinbekommen, damit die breite Masse anzusprechen. Dass darüber jeder spricht, egal ob er es gut findet oder schlecht!«, erklärt Marie. Die Pendler machen einen großen Teil des wirtschaftlichen Lebens aus und Marie ist überzeugt, dass der erklärte Anspruch, die Menschen aus der Region einzubeziehen, gelungen ist. So gibt es z. B. Shuttle-Services aus Metz zu den regelmäßigen Saison-Festen, die gut angenommen werden. Auch die Ausstellungsorte tragen dazu bei, dass sich einfache Leute für die gezeigte Kultur interessieren. »Selbst wenn die Fotoausstellung einen Besucher nicht interessiert, aber sie findet in der Rotunde 1 statt, wo der ehemalige Eisenbahner vielleicht mal gearbeitet hat, dann kommt er trotzdem hinein, sieht dass die Ausstellung leicht zugänglich ist und besucht dann noch in eine weitere Ausstellung.« So klingt Maries Hoffnung. Am Ziel, dem Kirchberg, der prächtigen Zufahrtstraße zum Zentrum, besuchen wir zuerst die neue Philharmonie. Ein Prachtbau mit riesigen Ausmaßen. Ich darf im Foyer Fotos machen und werde nicht richtig warm. Eine Super-Akustik soll hier herrschen und das Programmheft in Buchstärke ist gespickt mit Stars aus Klassik, Pop und Jazz. Auf jeder Seite ein Sponsorenlogo. In der Philharmonie halten wir uns nicht lange auf. Nur ein paar Fotos. Ich nehme noch mit, dass das Haus nach der 2005 verstorbenen Grand-Duchesse Joséphine-Charlotte benannt ist. In direkter Nachbarschaft wurde auch ihrem Gatten eine Kulturstätte gewidmet: das »Musee d‘Art Moderne Grand-Duc Jean«. Ich finde das rührend und zugleich etwas divenhaft. Eine Philharmonie statt eines soliden Grabsteins! Fehlt mir das rechte Feeling für Monarchien? Die Zeit schreitet jedenfalls auch in Luxemburg voran: In den Souvenirshops sind bereits die Postkarten der modernen Großherzogen-Generation einsortiert. Gut gebräunt, in lockerer Pose, lässiger Montur und gern auch mal mit den fünf Zöglingen. Monarchie verjüngt! Und neulich, als sich die junge Grande-Duchesse unlängst beim Empfang der russischen Delegation langweilte, soll sie sich mit Frau Putin hierher zum neu angelegten Kirchberg Oben: Damen flanieren vor einer ramponierten kunstgewerblichen Installation in der City. Unten: Touristenimpressionen im Vorübergehen – Billigshopping von Genussgütern, Schneekugelinvasion, das Großherzogspaar im Kartenständer und der lustige Lottomann. Seite 19 Eindrücke aus der 11.200 Quadratmeter großen Gebläsehalle in Esch/Belval. Martin Heller inszeniert dort die neun Bedürfnisse des Menschen nach den Thesen des Ökonomen Max-Neef. Station 2 »All we need« Halle des Soufflantes Esch/Belval 21.4. - 28.10.2007 www.allweneed.lu FILTER NC SPEZIAL »Kulturhauptstadt Luxemburg« begeben haben. Ein recht überschaubarer Skandal! Als ich vom Kirchberg hinab auf den Altstadtberg blicke, denke ich: »Eine Insel mit zwei Bergen…«. Ich bin in Lummerland und König Alfons, der Viertel-vor-Zwölfte, telefoniert mit seinen Untertanen. Fremde Planeten Die Realität holt mich zurück als wir in das Museum des Herzogen Jean eintreten. Es heißt in der Kurzform »MUDAM«. Dass es hier weniger konservativ zugeht, als es der Name nahe legt, beweist die Ausstellung »Tomorrow Now«, die den Einfluss und die Wechselbeziehung von Science Fiction und Design klären will. In einer fantastischen Szenografie von Mathieu Lehanneur aus schwarzen Elementen wie fliegenden Zeppelins, beweglichen Raumteilen oder Lava-Kaskaden, reihen sich die skurrilsten Exponate aneinander. Die thematisch gegliederten Stationen beherbergen mehr als 800 Exponate. Darunter Designstars wie Konstantin Grcic und Altmeister wie Alvar Aalto oder Ettore Sottsass. »Tomorrow Now« nähert sich u. a. der Frage nach der Veränderbarkeit des Körpers, dem Zustand der Schwerelosigkeit oder dem Erleben in Ebenen. Darin gibt es Verstörendes, Bekanntes, Seltsames und auch immer wieder Lustiges zu entdecken. Mein Highlight: Das Werk von Hugo Gernsback. Der gebürtige Luxemburger betrieb in den USA einen Verlag für Pulps, billige Heftromane, die ausschließlich Science Fiction zum Thema hatten. Mit immer wieder neuen Titeln wie »Amazing Stories« und »World of Wonders« arbeitete er seit den 20ern über Jahrzehnte hinweg an seinem Werk, die Erfindungen von morgen darzustellen. Vom Superception, einem Gerät, das direkt im Gehirn Fernsehbilder erzeugt, bis zum Teledoctor, einem ferngesteuerten Roboter, der einem Arzt erlaubt, von zu Hause aus Kranke in ihrem Heim zu pflegen, kreiert Gernsback ein bunt zusammengewürfeltes Arsenal technischer Errungenschaften. Unmengen seiner Pulptitel sind in der Ausstellung zu bewundern: spleenig, schön, wunderbar! Zukunft macht Hunger und das Museumsrestaurant hat eine exzellente Karte. Anne und Marie leisten mir Gesellschaft. Sie sind so nett, meine ursprüngliche 4-Stunden-Planung für den gesamten Tag unerwähnt zu lassen, denn schon jetzt kann ich mein Zeitlimit nicht einhalten. Stattdessen frage ich sie nach dem hintersinnigen Witz, den ich in der Ausstellung entdecken konnte. Ist das etwas typisch Luxemburgisches? »Nicht wirklich, aber typisch für unsere Direktion. Unser Generalkoordinator Robert Garcia – er ist von jeher ein Witzbold und das färbt auch auf das gesamte Team ab. Was ihm von Anfang an wichtig war ist, dass die Ausstellungen nicht zu ernst sind, spielerisch und leicht verständlich. Also: Man muss kein Fan von Fotografie sein, um eine Fotoausstellung zu genießen. Man muss kein Kenner von zeitgenössischer Kunst sein, um eine Ausstellung wie »Tomorrow Now« lieben zu können.«, antwortet mir Anne. Sie glaubt an das, was sie sagt und ich spüre, dass die Direktion genau die richtigen Personen besetzt hat. Kultur lebt vom Enthusiasmus. Den findet man vor allem bei jungen Menschen. Ist es ein Zufall, dass man für die Kulturhauptstadt ein Team von 36 Mitarbeitern und 22 Volontären zusammengestellt hat, das extrem jung ist? Marie ist mit ihren 30 Jahren fast die älteste unter ihnen. Sie alle kümmern sich um »ihre« Kulturhauptstadt. Das ist wahre Identifikation mit der Aufgabe und eigentlich unbezahlbar. Oben: Legoland in Luxemburg. Auf der Zufahrt zur City, am Kirchberg, wird gebaut, was das Zeug hält. Das weiße Rundgebäude ist die erst ein Jahr alte Philharmonie. Unten: Der Hirsch ist das Wahrzeichen der Kulturhauptstadt und markiert die Veranstaltungsorte. Seite 21 Neuland 15 Minuten von der Stadt entfernt liegt Esch/Belval. Hierher kommen wir nach unserer Mittagspause. Da, wo die zukünftige Uni von Luxemburg sein wird, ist Brachland, ein knallroter Büroturm der niederländischen »Dexia-Bank« und ein 1912 errichtetes Hüttenwerk, das seit langem keinen Besitzer mehr hat. In der ehemaligen Gebläsehalle des weiten Industriegeländes findet eine »Ausstellung über Bedürfnisse, Ressourcen und Fairness« statt – wie der bescheidene Untertitel verrät. Das theoretische Ausstellungskonzept von »All We Need« basiert auf den neun, vom Ökonomen Manfred Max-Neef formulierten, menschlichen Bedürfnissen, die er als zentral für eine Entwicklung nach menschlichem Maß ansah: Relax, Survive, Choose, Love, Belong, Protect, Understand, Create, Dream. Die Ausstellungsmacher ergänzten einen zehnten Punkt: Stand Up. Das szenische Konzept dieser als Ausstellung getarnten Mega-Installation ist umwerfend. Martin Heller, der künftige Generalkoordinator der Kulturhauptstadt Linz (2009), setzte das Setting von »All We Need« perfekt ein. Er bringt die mächtige, verfallene Gebläsehalle des Hüttenwerks aus der Hochzeit der Industriekultur in einen Dialog mit unserer Lebenswelt. Im starken Kontrast zu der erbarmungslosen Härte der Arbeitswelt inszeniert er Menschliches, Alltägliches und sogar Weiches: einen Strand mit einem Meer aus 44.000 Wasserflaschen (Relax), eine deckenhohe Holzrakete in einem Hangar, der Waren aus aller Welt umschlägt (Survive), eine lichtdurchflutete Waschkaue voller Shampoos (Choose) oder eine meterhohe Wand aus gebrauchten Keyboards (Create). Alle Ausstellungsbereiche sind untereinander verbunden: optisch, akustisch und mit Licht. Immer klingt ein anderer Bereich nach oder ein neuer kündigt sich an. Was alle Stationen verbindet, ist das gute Gespür für den eigenen Rhythmus. Man bewegt sich mit dem inneren Kompass durch die Szenarien und erfährt dabei, höchst undogmatisch, etwas über die Welt, die wir uns teilen. Mittels portabler Audiosysteme lassen sich Texte abrufen, die anregen, aufklären, erschüttern. Wenn man die vorletzte Station (Dream) erreicht hat, kann man sich auf puscheligen Liegeflächen ausruhen und der Entspannung hingeben. Falls man Zeit hat! Ich musste schnell weiter und erreichte aus höchster Hallenhöhe durch ein dunkles Loch über eine korkenzieherförmig gewundene Rutsche wieder Boden. Bei Station 10 kommt alles zusammen, was die Ausstellung zu sagen hat: »Stand Up«. Es geht um globalisierungskritische Themen: Reisen, medizinische Grundversorgung, die Kette der Produktion. Und es geht darum, dass man sich entscheiden kann, welchen Weg man wählt. Luxemburg Nichtsdestotrotz will »All We Need« nicht als Propaganda-Projekt missverstanden werden. »Was mich selbst erstaunt hat ist, dass ganz viele Banken und Holdings Führungen für die Ausstellung gebucht haben, obwohl die Ausstellung einen klaren Anti-Globalisierungs-Schwerpunkt hat.«, kommentiert Anne den Andrang des eher unerwarteten Publikums. Marie ergänzt: »Es ist ja ein Vorurteil, dass dort, wo sich viel Geld vereint, keine Aufgeschlossenheit wäre. Dagegen will Luxemburg mit so einem Projekt auch angehen.« Wir kehren zu den Rotunden zurück, ich werfe noch einen Blick auf das Kinderkunstprojekt »abc«. Ein weiteres Projekt, dass innovativ, alternativ und jung ist und über das sich ebenfalls lange berichten ließe. Wir setzen uns bei einem Glas »Batin« im »exit07« zusammen. Was ich den ganzen Tag spüre, kommt nun zur Sprache. Was will Luxemburg eigentlich mit der Oben Links: Eine große 1 kennzeichnet den Eingang zur Rotunde. Oben rechts: Marie Tentrup präsentiert sich vor der »Rotonde 1«. Darunter: Das Restaurant in der »Rotonde 1« ist überdacht mit einer dekonstruktiven Balkenarchitektur. Unten: Kunstspielplatz »abc« in der »Rotonde 2«. Kinder lernten hier spielerisch mit Kunst umzugehen. Station 3 »Studio ABC« Rotonde 2 4.5. - 6.6.2007 FILTER NC SPEZIAL »Kulturhauptstadt Luxemburg« Kulturhauptstadt erreichen? Ist es die Last des Geldes unter der Luxemburg leidet? »Wir leben nicht in einem Safe!«, sagt Anne, weil sie das Stigma satt hat. Sie bringt damit zum Ausdruck, worauf das neue Luxemburg hinaus will. Jung werden, sich erneuern, eine Zukunft ohne die Abhängigkeit von Außen finden. Wenn es sein muss, gegen die eigene Standortdefinition. Wenn es sein muss, mit einem Projekt wie »All We Need«. Legoland? Lummerland? Luxemburg! Die Kulturhauptstadt ist der Anlass für diese Neudefinition. Ihre vielen jungen Projekte sind der Ausdruck. Bleibt zu hoffen, dass die Aktivitäten nachhaltig wirken. Ein Netzwerk, dass die Strukturen verfestigen soll, ist bereits im Aufbau. An einem wird es dabei sicher nicht mangeln: an finanzieller Unterstützung. Kulturkater Mit einem Tag Unterbrechung fahre ich noch einmal nach Luxemburg. Ich sehe mir auf eigene Faust die Ausstellung »L‘oeil écran« an. 100 Videokünstler aus aller Welt zeigen in verdunkelten Räumen und in den Kellern des Casinos ihre flimmernden Werke. Ich schaffe nur einen Bruchteil von 100 und langweile mich keinen Moment. Videos aus Japan, Kanada und Finnland sind dabei. Filme mit und ohne Dramaturgie, Lebensbeobachtungen, Traumreisen, Konzeptclips. Ohne es zu bemerken, vergehen Stunden. Ich schnappe nach Luft als ich aus der langen Dunkelheit wieder den Tag erblicke. Ich brauche Ruhe. Ich habe einen Kater. Hier mein ebenso banaler wie wahrer Tipp: »2007« geht noch bis Ende Dezember. Sein Sie schlauer als ich, wenn Sie in diesem Jahr nach Luxemburg reisen. Planen Sie sich mehr Zeit ein. Denn das Land meint es ernst mit Kultur. Das sollten Sie berücksichtigen! Schade, schon vorbei: 100 Künstler zeigten im Luxemburger Casino ihre Videokunstwerke. Station 4 »L‘œil écran« Casino Luxembourg 4.3. - 17.6.2007 Seite 23 Seite 24 Drudel | Warten | We love you! Miss Geschick Dr. Grips’ kleines Drudel (st) Schaffst Du es, Dr. Grips’ kleines Bilderrätsel zu lösen? Dann kannst Du einen exklusiven »filter NC« Bildschirmhintergrund gewinnen. Gesucht wird ein deutsches Sprichwort. Sende das korrekte Sprichwort mit der gewünschten Bildgröße an: fi[email protected] ( ( ( ( ( ( ( - X4, X5, X6 Wir versenden keine Spam-E-Mails und geben keine E-Mail-Adressen weiter. B+ +N englisch -F X1, 2X Plural +N X1, 4, X X5, X6 X3, X4 Lösung: Impressum Herausgeber Chefredakteur Redaktion Verbreitung Druck ) ) ) ) ) ) ) X1, 4X We love you! An der Kasse, vorm Geldautomaten, am Bahnsteig? Auf baldiges Ende des Staus, auf die Rechnung oder die drei erlösenden Worte: »Der Nächste bitte!«? Können Sie das? Falls es so etwas wie schnelles Warten gibt, dann dauert es meist länger als erhofft. Wenn ich mich auf kurzes Warten einstelle, nehme ich mir nichts vor. Ich gehe davon aus, dass es gleich weitergeht. Dazu verdammt, inmitten meines Handlungsverzichts nichts zu tun, außer auf das Ende des Wartens zu warten. Und das kann dauern! Trotz des sicheren Gefühls, fremdbestimmt zu sein, vergewissere ich mich mit jedem Blick auf den Sekundenzeiger, »dass« die Zeit vergeht. Zugleich werde ich nervöser, hektischer, ungeduldiger. Schnelles Warten kann sehr stressig sein. Ungesund ist es allemal. Wie aber funktioniert langsames, gesundes Verweilen? Positives Denken! Ab sofort nehme ich gern mehr Zeit in Kauf. Für all die Dinge, die mir wichtig und wertvoll sind, soll sich das langsame Warten unverzüglich für mich lohnen. Mein kleines, neues Mantra flüstert mir zu: »Ich bin bereit! Bereit, die Minuten zu investieren, bis die Dame, die vor mir dran ist, ihre Jute-Tasche voller Kleingeld abgezählt haben wird, um den einzigen Artikel in meinen Händen – die sanfte Wellness-Halbfettmagarine, die ich schon immer mal ausprobieren wollte – gemäßigten Schrittes nach Hause zu tragen.« Konstruktiv werden, wo immer ich warte: Sobald ich mich auf etwas fokussiere, vergehen die Minuten wie im Fluge. Ich suche nach Schreibfehlern auf der Speisekarte, zähle die Fruchtfliegen am Fenster, schätze die Schuhgrößen von Fußgängern an roten Ampeln. Sind weder Speisekarten, noch Insekten, noch Füße in der Nähe, folgt… Abwarten und Tee trinken! Während ich den Download-Prozess verfolge, den Brötchen beim Knusprigwerden zuschaue oder dem Briefträger erwartungsvoll entgegen spaziere… Mit einer Tasse Earl Grey geht‘s gleich viel entspannter zu! Zu dumm nur, dass das unterstützende Heißgetränk 5 Minuten Wartezeit benötigt, um den rechten Wirkungsgrad zu entfalten. Was tun? Präventivmaßnahme ergreifen und einen zusätzlichen Schritt 2a einfügen: Kochen Sie sich im Vorfeld bereits einen Tee, den Sie dann trinken, wenn der Earl Grey zieht. Und davor? Noch einen, und so weiter. Auf was warten Sie noch? Schnell Wasser aufsetzen! (or) n-coding Designlabor | Volker Elsen Volker Elsen (ve) Daniela Elflein (de), Stephan Hilpert (sh), Sandra Koberstein (sk), Oliver Rach (or), Stephan Tyziak (st) 3. Quartal 2007 Industrie- und Werbedruck, Herford Credits Rechtl. Hinweise Leise und gediegen erklingen die ersten elektronischen Sounds. Dann setzt sich ein tiefer Bass über die klingelnden Töne. Dieser Takt wird den Rhythmus des Songs »Hitchhiker‘s Choice« fortan bestimmen. Immer wieder blitzen hier und da neue synthetische Klänge auf – manchmal schrill, manchmal dumpf. Die kreativen Köpfe hinter dem virtuosen Track nennen sich »Minilogue«. Das schwedische Duo setzte dem Musikwerk noch eins drauf und holte sich zur Vervideolichung seiner Sounds im Sommer 2006 den Künstler und Auch-Musiker Kristofer Ström ins Haus. Sie ließen ihm vollkommen freie Hand. Und die benutzte er meisterhaft! Entstanden ist ein brillantes Werk der Whiteboard-Animation. Durch Stop-Motion-Technik werden auf einer weißen Tafel mit einem Marker gezeichnete Dinge animiert. Eigentlich ein Rückgriff auf die Urtechniken des Trickfilms. Interessant und neu an Ströms Umsetzung ist, dass seine Hände in die Animation »eingreifen« und die Figuren auf dem Whiteboard weiter verfremden – durch »Ziehen« oder »Wischen« seiner Wesen oder durch das Weiterzeichnen. Dabei sieht man ab und zu auch schon mal seinen Stift. Der Clip kommt ohne einen Plot aus. Er beruht vielmehr auf den mannigfaltigen Verwandlungen der illustrierten Fabelwesen. Da wird aus einer hasenähnlichen Figur ein körperloses, rechteckiges Kopfwesen mit zwei großen runden Augen, das wiederum zu den Lautsprechern eines Kassettenrekorders mutiert. An einer anderen Stelle transformiert sich eine Blume, die zuvor noch von einer Biene liebevoll »beflogen« wurde, in den Korpus einer Trompete, deren Ventile sich zu unendlich verschlungenen Röhren ausdehnen. Dort verwandelt sich eine Regenwolke in eine Eistüte und die herauspurzelnden Eiskugeln formen sich zu kleinen Totenschädeln. Wer hier an Horror denkt, sei beruhigt: Der Clip ist weder gruselig, noch abstoßend. In Gegenteil! Er traut sich, verspielt, fantasievoll und träumerisch zu sein. Zu schade, dass der Traum bereits nach vier Minuten ausgeträumt ist und am Ende die Worte »LOVE US« erscheinen. Lieber Kristofer Ström: Zur Würdigung deines illustrativen Orgasmus hätten wir keine Aufforderung benötigt. Wir lieben dich und zeigen es dir mit der Überschrift zu diesem Artikel! (sh) www.myspace.com/minilogue www.ljudbilden.com ...nimmt Flecken den Schrecken Wer kennt das nicht? Man hat verschlafen, ist spät dran und hat als erstes einen wichtigen Termin. Schnell noch einen Schluck Kaffee und dann nichts wie los. Oh nein! Schon ist es passiert: Das Outfit ist ruiniert mit einem Fleck. Und nun? Mit diesen kleinen Tücken und Ärgernissen des Alltags beschäftigen sich die Produkte der Weimarer Designerinnen Olga Bielawska und Astrid Schildkopf. Beide studieren seit 2001 an der Bauhaus-Universität Weimar Produktdesign und vertreiben ihre erste Produktlinie mit wachsendem Erfolg unter dem Label »Miss Geschick & Lady Lapsus«. Der Name ist Programm: Kleine Missgeschicke und Lappalien werden mit einem Augenzwinkern entschärft. Alle Produkte – egal ob Kaugummibroschen, T-Shirts mit aufgedruckter Körperbehaarung oder Bettwäsche mit Trennungslinie – zeigen, dass man sich nicht über die kleinen Fehler und Peinlichkeiten des Lebens ärgern, sondern das Beste daraus machen sollte und nebenbei noch eine Menge Spaß mit ihnen haben kann. Also, einfach locker bleiben und ein kleines »Kotztierchen« anstecken. Schon ist der lästige Kaffeefleck ein Teil des Stylings… und der Tag gerettet. (de) www.missgeschickladylapsus.de Fotos »Zobelwesen«: Franziska Zobel und Steffi Behrmann. Artworks »BIOCROP«: Till Oyen. Wir danken Axel Struwe und Franziska Zobel für die Unterstützung beim WilkhahnShooting. Ein extra Dank geht an Marie Tentrup und Anne Kaiffer von der Kulturhauptstadt Luxemburg. Alle Artworks und sonstige Fotos: n-coding Abdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung von n-coding. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Gewähr übernommen. V.i.S.d.P.: Volker Elsen Adresse n-coding Designlabor Schildern 15 33098 Paderborn Tel.: 05251-184747 E-Mail: [email protected] Internet: www.n-coding.com