„DIE GROSSEN SPIELER HABEN JETZT NOCH MEHR EINFLUSS“
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„DIE GROSSEN SPIELER HABEN JETZT NOCH MEHR EINFLUSS“
WWW.INVESTMENT-INSIDE.DE WWW.INVESTMENT-INSIDE.DE FEBRUAR 2011 OKTOBER 2011 Magazin für Finanzentscheider 16,50 EURO 16,50 EURO Finanzmagazin für Entscheider INTERVIEW MIT US-FINANZEXPERTIN SANDRA NAVIDI „DIE GROSSEN SPIELER HABEN JETZT NOCH MEHR EINFLUSS“ REGULIERUNG ISLAMIC FINANCE EUROPA AUFSEHER SENDEN IN DEUTSCHLAND AUTOMOBILWIRTSCHAFT FALSCHE SIGNALE FEHLANZEIGE TROTZT DER KRISE Deutsches Eigenkapitalforum 21. – 23. November 2011 Frankfurt am Main »Unternehmer treffen Investoren« Seit 1996 organisieren die Deutsche Börse und die KfW Bankengruppe das Deutsche Eigenkapitalforum. Mit über 5.000 Teilnehmern aus der Finanzindustrie, der deutschen und internationalen Unternehmerschaft sowie Investoren und Analysten ist die 3-tägige Veranstaltung inzwischen Europas größte Plattform rund um die Eigenkapitalfinanzierung. Treffen Sie das Top Management von rund 200 Small- und Mid-Cap Unternehmen Rund 200 Unternehmen des Prime Standard aus den Bereichen Software & IT, Alternative Energies, Life Science, Green Technology, Telecommunication, Consumer & Retail ,Industrial, Aerospace & Defense, MedTech, Media und Finanzdienstleistungen präsentieren die aktuellen Ergebnisse des dritten Quartals und die zu erwartende Geschäftsentwicklung. Des Weiteren bietet der 1on1 Bereich eine ruhige und exklusive Atmosphäre neue Emittenten kennenzulernen und bestehende Kontakte zu vertiefen. In kürzester Zeit können sich Investoren einen ersten Eindruck von den Unternehmen verschaffen in dem sie im Rahmen der 1on1 FACTory im Speed-Dating auf 12 Unternehmer treffen. Die Teilnahme am Deutschen Eigenkapitalforum 2011 ist für institutionelle Investoren kostenfrei. Ein attraktives Konferenz- und Seminarprogramm begleitet die Unternehmenspräsentationen und bietet einen Überblick über die neuesten Entwicklungen im Bereich der Unternehmensfinanzierung. Anmeldung und weitere Informationen: www.eigenkapitalforum.com Sponsoren und Partner Co-Initiator: Ernst & Young Hauptsponsoren: Berenberg Bank, Close Brothers Seydler Bank AG, DZ BANK AG, equinet Bank AG, FCF Fox Corporate Finance, Istanbul Stock Exchange, Jefferies International Limited, LBBW/Landesbank Baden-Württemberg, Silvia Quandt & Cie. AG Sponsoren: BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, CMS Hasche Sigle, GSK STOCKMANN + KOLLEGEN, Haubrok, HSBC Trinkaus, IKB Deutsche Industriebank AG, KPMG, Morgan Stanley, Rölfs Partner, Taylor Wessing, WestLB Partner: Creathor Venture, cyberOne, DVFA, Holland Private Equity, PvF Investor Relations, STEP Award Medienpartner: BIOCOM AG, BNE Business New Europe, Bond Magazine, Börsen Radio Network, Börsen-Zeitung, DAF Deutsches Anleger Fernsehen, Dow Jones - Private Markets, dpa-AFX Wirtschaftsnachrichten, FID Verlag, FINANCE-Magazin, FinanzNachrichten.de, GoingPublic Magazin, International Herald Tribune, IR Magazine, Markt und Mittelstand, mergermarket, n-tv, Neue Zürcher Zeitung, Phoenix CNE, REITs Deutschland, Swiss Equity Magazin, VDI Nachrichten, VentureCapital Magazin MEMO Mut zur Wahrheit Ulrike Germann, Chefredakteurin liebe Leserinnen, liebe Leser, in Brüssel ist derzeit viel von schärferen Sanktionen für Defizitsünder oder präventiven Maßnahmen zu Verhinderung übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte zu hören. Konkret wird durch eine nachträgliche Vertragskosmetik Aktionismus verbreitet, der die Märkte beruhigen soll. Doch die Märkte haben erkannt, dass die EU seit ihrer Gründung einige Webfehler hat, insbesondere da ihr Regelwerk bislang Tür und Tor für fast schon kriminellen Konsum der volkswirtschaftlichen Droge Staatsschulden öffnet. Dies stellt zwar nicht die EU als Ganzes in Frage und noch viel weniger die funktionierende Gemeinschaftswährung. Es macht aber deutlich, dass es jetzt Zeit für eine Kalibrierung der Risiken ist. Nur mit einem langfristig funktionierenden Gleichgewicht innerhalb der EU werden die Märkte wieder Vertrauen fassen. Vertrauen, das die EU-Regierungen mit ihrer Politik der kleinen Schritte fast verspielt haben. Anders ist schwer zu erklären, warum die Realwirtschaft derzeit belastbare Fakten für einen rund laufenden Konjunkturmotor liefert, die Börsen darauf aber nur verhalten reagieren. An Panik erinnernde Ausverkäufe an den Aktienbörsen sind nicht allein auf die Schulden zurückzuführen, sondern auch darauf, wie die Verantwortlichen damit umgehen. Schließlich haben Griechenland oder Italien nicht erst seit gestern über ihre Verhältnisse gelebt. Die Chance liegt in der schonungslosen Transparenz. Märkte können mit Schulden umgehen, wenn eine umsetzbare Strategie zum Abbau vorliegt. Ein Einbruch der Konjunktur muss damit nicht einhergehen. Verantwortungsvoller Konsum ist guter Konsum! Unsere Titelgeschichte zeigt auf, dass entschlossenes statt hektisches Handeln der Politik gefragt ist. Rettungsschirme allein halten maximal den sauren Regen aus den Schuldenländern ab. Die aktuelle Krise erfordert jedoch den Silberstreif am Horizont. Es führt kein Weg daran vorbei, die Schuldenberge der öffentlichen Haushalte abzubauen – in Berlin, in Deutschland und in Europa. Fakt ist: Die Mehrzahl der Wähler will diesen Schritt, wie Umfragen beweisen. Selbst wenn dafür ein paar mehr Schlaglöcher entstehen. Die Politik schreckt vor der Wahrheit zurück, vermutlich aus Angst davor, beim nächsten Urnengang das Vertrauen zu verlieren. So kurzsichtig kann man kein Land regieren und auch keine Finanzkrise meistern. Mut ist jetzt gefragt. Ihre 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE 3 INHALTSVERZEICHNIS 03 Memo Mut zur Wahrheit Investment World Investment Topic 1 2 08 INVESTMENT-TALK USA Ein Schattenmarkt für Silicon-Valley-Aktien 21 Top-News aus aller Welt 14 Termine 06 29 impressum 34 VORSCHAU 10 in ASIEN Goldrausch in China 12 in Deutschland, Österreich & der Schweiz Schweizer Franken verhagelt Performance 34 UNTERNEHMENSIndex INVESTMENT-TALK 13in EUROPA Die Automobilwirtschaft trotzt der Krise – noch 14 NEWS Sandra Navidi, Gründerin und CEO der New Yorker Consultingfirma Beyond Global, ist eine erfahrene Kennerin der Wall Street. Im exklusiven Gespräch mit unserer USA-Korrespondentin Christine Mattauch berichtet sie über die Stimmung dort, bewertet die Schuldenkrise und die Chancen für eine Erholung der US-Wirtschaft. 16 REGULIERUNG Aufseher senden falsche Signale Foto: Tobias Everke „Die groSSen Spieler haben jetzt noch mehr Einfluss“ 4 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE Investment Practice Investment Facts 3 4 Information. Vorsprung. Erfolg. 1 Jahr am Markt! Verbreitete Auflage: 17.337 ab sofort IVW geprüft! (II/2011, laut IVW-Aufnahmeprüfung) 26 Islamic Finance In Deutschland Fehlanzeige 25 Pro + Contra Boomen Mittelstands-Bonds zu Recht? 28 Immobilien oder Infra- struktur – oder beides? Gastbeitrag von Prof. Dr. Wolfgang Schäfers, Universität Regensburg meeting mit… Michael Montag, AQUILA 30 Geringere Volatilität mit Sachwerten Wir danken für Ihr Interesse und freuen uns auf die künftige Zusammenarbeit! 32 Auswirkungen von UCITS IV auf institu tionelle Anleger INVESTMENT INSIDE – das sind relevante Finanzinformationen sowie praxisnahe Strategien für den Institutionellen Investor. Gastbeitrag von Alexander Poppe und Norbert Starnow, HSBC INVESTMENT INSIDE – das sind komplexe Themen umfassend und schnell verständlich aufbereitet. INVESTMENT INSIDE – das ist echter Nutzwert für den Leser. INVESTMENT INSIDE – das sind vielfältige und wirksame Werbemöglichkeiten. Ein Angebot unterbreitet Ihnen gerne: Juliane Schneider Anzeigenleiterin INVESTMENT INSIDE Telefon: 0228 / 8205-7742 E-Mail: [email protected] 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE INVESTMENT WORLD Top-News aus aller welt Spanien: Investoren vertrauen Regierung Spanien hat mit seiner Schuldenpolitik wohl doch noch nicht das Vertrauen der Investoren verspielt. Vielmehr sind diese bereit, das Land bei seiner Regeneration zu unterstützen. Für etwa fünf Prozent haben Investoren im September Staatsanleihen mit einem Gesamtvolumen von etwa vier Milliarden Euro gekauft. Das Land sei mit seiner Arbeitsmarkt- und Steuerreform auf dem richtigen Weg, begründete ein Investor die hohe Nachfrage. Der Verkauf der Anleihen mit drei unterschiedlichen Laufzeiten war Händlerangaben zufolge sogar bis zu 2,7-fach überzeichnet. USA: Bondmarkt immer beliebter Der amerikanische Markt für Firmenanleihen ist zunehmend auch für europäische Firmen attraktiv. In den ersten neun Monaten dieses Jahres besorgten sich 719 Unternehmen des alten Kontinents Kapital in den USA, so die internationale Researchfirma Dealogic. Das waren 212 mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum und mehr als dreimal so viele wie 2009. Hintergrund ist offenbar, dass von der Euro-Krise betroffene Banken zunehmend restriktiv bei der Kreditvergabe verfahren, weshalb sich die Unternehmen in Richtung USA orientieren. Dort ist der High-Yield-Bond-Markt derzeit außerordentlich liquide, weil angesichts der Niedrigzinspolitik der Fed viele Investoren nach renditestarken Anlagen suchen und dafür auch höhere Risiken in Kauf nehmen. 6 Peru: Boom mit Gold Der größte Goldproduzent der Welt, Barrick Gold mit Sitz in Kanada, berichtete Mitte September von dem Vorhaben, bis 2013 rund 550 Millionen Dollar in Peru zu investieren. Geschäftsführer Darrel Wagner erklärte, man wolle die Position von Barrick in Peru durch Produktion und Exploration stärken. Ein Großteil der Gelder wird in die Erweiterung der Lagunas-Norte-Mine fließen, die 2010 808.000 Unzen Gold produzierte. Barrick plant den Bau eines Laugungsfeldes, für das eine Investition von 365,5 Millionen Dollar nötig sei, hieß es weiter. Das Unternehmen betreibt darüber hinaus in Peru die Goldmine Pierina und hofft, deren produktives Minenleben bis 2018 ausdehnen zu können. Bislang sollte dieses 2014 enden. Die Mine produzierte 2010 191.000 Unzen Gold. Peru ist der sechstgrößte Goldproduzent weltweit. Vom Boom könnten auch weitere Investoren profitieren. 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE INVESTMENT WORLD Asien: Immer mehr Reiche Vermögende Asiaten haben 2010 erstmals Europas Reiche überholt. Nach Angaben des World Wealth Report der Bank of America und der Beratung Capgemini nennen 3,3 Millionen Asiaten ein Vermögen von mehr als einer Million Dollar ihr eigen. Gemeinsam besaßen sie im vergangenen Jahr 10.800 Milliarden Dollar, ein Plus von 12,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die entsprechenden 3,1 Millionen Europäer in dieser Wohlstandsklasse haben zusammen 10.200 Milliarden Dollar. Der Trend ist ungebrochen. Nach Einschätzung der Schweizer Privatbank Julius Baer wird sich die Zahl der Superreichen in Asien bis 2015 verdoppeln, ihr Vermögen gar verdreifachen. China steht einmal mehr an der Spitze: Laut dem Hurun-Report, einer Art chinesischer Forbes-Liste, zählte das Land 2010 271 Dollar-Milliardäre, doppelt so viele wie 2009. Schweiz: Too big to fail Nicht nur der kürzlich bekannt gewordene Betrugsfall im Hause UBS, sondern auch finanzschwache Kreditinstitute beschäftigen nachhaltig die Schweizer Behörden. So stimmte der Nationalrat den Vorschlägen des Schweizerischen Bundesrats zu, dass große Banken künftig strengere Anforderungen hinsichtlich Eigenkapital und Organisation einhalten müssen. Mit der Gesetzesrevision soll das Risiko vermindert werden, dass die großen Kreditinstitute in Schieflage geraten können. Ganz nach dem Prinzip „too big to fail“. Die UBS hatte 2008 nur mit Hilfen des Staates einen Konkurs abwenden können. Mittlerweile sind die Eidgenossen überzeugt, dass ein solcher Fall eine ganze Volkswirtschaft gefährden kann und haben entsprechend gehandelt. 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE 7 1 INVESTMENT World Ein Schattenmarkt für Silicon-Valley-Aktien Investoren suchen nach lukrativen Anlagen und finden Mitarbeiteraktien von Facebook und Co. Noch vor vier Jahren war der Handel mit privat gehaltenen Firmenanteilen eine Ausnahme – heute ist er ein Milliardengeschäft. Bis Mitte 2007 war Barry Silbert ein Mann mit mäßigem Erfolg. In einem kleinen Büro nahe des Battery Parks in Manhattan versuchte der ehemalige Investmentbanker von Houlihan Lokey, illiquide Assets an „Wir bauen die nächste Generation aussichtsreicher Unternehmen auf.“ Silicon Valley brauchen erfolgreiche Firmengründer immer länger bis zum IPO. Gestiegene Anforderungen der Börsenaufsicht und die Rezession ließen Gründern und Venture Capitalisten einen Börsengang häufig als unattraktiv erscheinen. Doch vielen Mitarbeitern, die mit Aktien und Optionen entlohnt werden, dauert das Warten auf bessere Zeiten zu lange – sie wollen früher kassieren. Vorstufe zum IPO Partner und CEO Felix Investments den Mann zu bringen – nach Wall-Street-Kriterien kein Traumjob. Dann traf er Vince Thompson, einen ehemaligen Anzeigenleiter von Facebook. Der besaß Mitarbeiteraktien des Social-Media-Unternehmens, die er zu Geld machen wollte. Silbert vermittelte die Aktien an einen Hedgefonds – und erlöste eine Millionen-Provision. Für ihn begann damit eine steile Karriere – und für den Finanzsektor eine neue Ära. Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit ist in den vergangenen Jahren ein Schattenmarkt für Firmenanteile gewachsen, die noch nicht an den Börsen notiert sind: von Facebook, Zynga, Groupon und anderen. 2007 gab es den Markt noch kaum; 2009 wurden nach Branchenschätzungen bereits 2,4 Milliarden Dollar umgesetzt, in diesem Jahr werden es rund sieben Milliarden sein. Das Magazin Busine s s we e k h at „Goldgräberstimmung“ und eine „Welle der Gier“ ausgemacht. USA Hintergrund der Entwicklung: Im 8 Ihre Ungeduld paart sich mit der von Investoren, die – ähnlich wie zuvor nur Risikofinanziers – immer früher in eine Firma einsteigen, um bei einem IPO satte Gewinne einzustreichen. Ursache ist die Niedrigzinspolitik der Fed, die es schwer macht, auf konventionellem Weg hohe Gewinne zu erwirtschaften. „Die Investoren suchen nach Alpha, um ihre Renditeverpflichtungen gegenüber ihren Kunden zu erfüllen“, weiß Stephen Bookbinder, Global Head of Sales der New Yorker Researchfirma GreenCrest Capital. Allerdings müssen sie sich, um am Sekundärmarkt zu handeln, nach den Kriterien der US-Börsenaufsicht SEC als professionelle Marktteilnehmer ausweisen können. Um Angebot und Nachfrage zueinander zu bringen, formieren sich Mittler: Online-Marktplätze, die mit Auktionen oder Kauf- und Verkauf-Anzeigen arbeiten, ähnlich wie Ebay. Investmentfirmen, die selbst Anteile erwerben, sie in Fonds oder Holdings poolen und an Anleger weiterverkaufen. Und schließlich Berater, die diskret institutionelle Investoren und die Firmen selbst zusammenbringen. Zur ersten Kategorie gehört SecondMarket, die Firma von Pionier Silbert. Nach seinem Anfangserfolg mit Facebook baute dieser das Geschäft mit Mitarbeiteraktien zielstrebig aus. 2010 brokerte der 35-Jährige bereits Aktien im Wert von 400 Millionen Dollar; gegenwärtig sollen auf der Plattform Firmenanteile im Wert von rund 30 Milliarden Dollar im Angebot sein. Freilich dauerte es nicht lange, bis Konkurrenten auf 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE Fotos: Unternehmen Frank Mazzola INVESTMENT World den Plan traten. 2009 gründete Greg Brogger, ein Veteran der kalifornischen Start-Up-Szene, SharesPost mit Sitz in San Bruno. Heute rühmt sich das Unternehmen, für 77.000 Investoren tätig zu sein. Die zweite Kategorie umfasst Banken und Investmentfirmen, die Fonds für ihre Kunden auflegen. Schlagzeilen machte im Januar Goldman Sachs, als die Bank für 1,5 Milliarden Dollar Facebook-Anteile erwarb, einen Teil davon poolte und an Anleger weiterverkaufte. Doch auch kleine, unabhängige Firmen mischen mit. Etwa Felix Investments: Deren Gründer kamen Ende 2009 auf die Idee, ihre guten Kontakte an die Westküste zu kapitalisieren. „Im Februar 2010 kauften wir die ersten Facebook-Anteile und legten zwei Fonds auf“, erinnert sich Partner und CEO Frank Mazzola. Das Investoreninteresse war überwältigend, und so wie„Die auf dem Secondary Market kursierenden Anteile sind nicht mehr als ein vages Versprechen.“ Vivek Wadhwa Technologieexperte und Forschungsdirektor Duke University, Durham (North Carolina) derholten sie das Muster mit Twitter, Zynga, Pandora, LinkedIn... Insgesamt waren es 14 firmenspezifische Fonds. Sie seien heute alle geschlossen, erklärt Mazzola. Die Firma habe aber drei Multi-Opportunity-Fonds aufgelegt und einen Seed Fund, der in Start-Ups investiert: „Wir bauen die nächste Generation aussichtsreicher Unternehmen auf.“ Ein riskanter, aber logischer Schritt, denn die Konkurrenz um die etablierten TechFirmen ist inzwischen enorm. Den Tech-Firmen selbst ist die Entwicklung alles andere als angenehm. Schließlich legten sie die Optionsprogramme einst auf, um die Mitarbeiter bis zum Börsengang an die Firma zu binden. Jetzt aber gehen viele vorzeitig und machen ihre Anteile am Schattenmarkt zu Geld. Einige Unternehmen versuchen die Entwicklung zu kanalisieren, indem sie eigene Liquiditätsprogramme auflegen und den Mitarbeitern einen Teilverkauf von Anteilen an ausgewählte Investoren anbieten. Hier setzt die dritte Kategorie von Dienstleistern des Sekundärmarkts an: Sie stellen Kontakte zwischen institutionellen Anlegern und Firmen mit Liquiditätsprogrammen her. Zu ihnen zählen unter anderem GreenCrest Capital in New York, EB Exchange Funds in San Francisco und Nyppex in Rye Brook, 50 Kilometer nordöstlich von Manhattan. 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE Gelegenheit zum Betrug Mit eigenen Research-Abteilungen versuchen die Berater dem Problem zu begegnen, dass Informationen über private Firmen häufig schwer zugänglich und ihre Chancen daher schlecht einschätzbar sind. „Die auf dem Secondary Market kursierenden Anteile sind nicht mehr als ein vages Versprechen“, warnt Vivek Wadhwa, Technologieexperte und Forschungsdirektor an der Duke University in Durham (North Carolina). Der unkontrollierte Handel eröffne die Möglichkeit zu „Schwindel in einem Maßstab wie bei Enron“, dem Energiekonzern, der nach einem spektakulären Betrugsskandal 2001 pleite ging. Es gibt noch andere Risiken. Viele Marktbeobachter halten die hohen Bewertungen von Tech- und SocialMedia-Firmen für übertrieben, wenn nicht gar für eine Spekulationsblase. Wer früh dabei ist, kann prächtig verdienen, doch wenn der Hochpreismarkt einbricht, werden die heute hoch begehrten Papiere im Handumdrehen illiquide – wie 2001, als die erste Internetblase platzte. Die Sekundärmarktfirmen freilich wollen von solchen Vergleichen nichts wissen. Vor zehn Jahren sei viel Kapital in Firmen geflossen, die außer Businessplänen nichts zu bieten hatten – das sei heute anders, meint Mazzola: „Wir investieren in Firmen, die eigentlich kein Geld brauchen.“ Auch Stephen Bookbinder weist auf den bisherigen Erfolg von Firmen wie Facebook und Groupon hin: „Das sind etablierte Firmen mit Geschäftsmodellen, die funktionieren.“ Allerdings gibt es schon in der zweiten Liga viele Start Ups, die bislang nur Geld verbrennen. „Deshalb ist Research, wie wir es bieten, umso wichtiger“, sagt Bookbinder. Gefahr von Insiderhandel Mittlerweile ist die SEC auf die neue Dimension des Sekundärhandels aufmerksam geworden und hat von mehreren Firmen Auskunft verlangt. Sie sieht die Gefahr von Insiderhandel – etwa wenn ein Mitarbeiter von einem Auftragseinbruch erfährt und zuvor noch schnell Anteile verkauft. Zudem können Firmen bei unkontrolliertem Handel unversehens die Grenze von 500 Aktionären überschreiten, von der an sie nach US-Gesetz detaillierte Finanzinformationen veröffentlichen müssen. Auch die Sekundärmarkt-Händler möchten verhindern, dass es da Ärger gibt. Pionier Barry Silbert war deshalb schon als Lobbyist in Washington. Sein Ziel: Der Kongress soll die Grenze auf 1.000 Aktionäre anheben – und Mitarbeiter sowie institutionelle Investoren von der Zählung ausnehmen. Christine Mattauch, New York 9 1 INVESTMENT World Goldrausch in China In China wächst der Hunger auf Gold – sowohl in Form von Schmuck als auch als Anlageinstrument – seit Monaten rasant. Experten gehen davon aus, dass die Hausse weitergeht. Doch es wird auch zur Vorsicht geraten. Die Nachfrage nach Gold werde auch in den kommenden beiden Jahren um jeweils mindestens ein Fünftel wachsen, sagt Zhang Bingnan, Generalsekretär der China Gold Association. „Der Enthusiasmus für Gold als Anlageklasse wächst weiter und die Nachfrage wird sich allein in diesem Bereich in den kommenden zwei Jahren verdoppeln“, ist Zhang überzeugt. Den Goldpreis dürfte die Nachfrage aus China – aber auch aus Indien – weiter hoch halten. „Die Stärke der Nachfrage in Indien und China, verbunden mit einem Rückgang der RecyclingAktivitäten, unterstreicht, dass die Konsumenten sich an das gestiegene Preisumfeld gewöhnt haben und mit einer Fortdauer des steigenden Preistrends rechnen“, erläutert Marcus Grubb, Leiter des Bereichs Investment beim World Gold Council. Auch Jing Ulrich, Geschäftsführerin des Geschäfts mit chinesischen Aktien bei JP Morgan in Hongkong, sieht eine ungebrochene Nachfrage. „Wir haben ein Umfeld, in dem klassische Papierwährungen viel an Vertrauen eingebüßt haben. Gold wird auch in China immer mehr als Absicherung gegen Inflation gesehen“, sagt sie. Die Preissteigerung lag mit über sechs Prozent in den vergangenen Monaten deutlich über dem Ziel der Regierung von vier Prozent. Asien 10 Der deutlich gestiegene Wohlstand im Land und die begrenzten Anlagemöglichkeiten angesichts eines streng regulierten Kapitalmarktes fördern den Hunger nach Gold zusätzlich. Hinzu kommt, dass der Goldbesitz je Kopf der Bevölkerung trotz des Kaufrausches im internationalen Vergleich sehr niedrig ausfällt. In den 50er Jahren hatte Mao Zedong der Bevölkerung den Besitz von Goldbarren untersagt. Das Verbot wurde 2003 aufgehoben, seither wurde der Goldmarkt schrittweise liberalisiert. Entsprechend hoch ist der Nachholbedarf. Auch der Gold-Anteil der chinesischen Währungsreserven liegt sehr niedrig. 2010 waren es 1.054 Tonnen, weniger als zwei Prozent des riesigen Reservestocks von 3.200 Milliarden Dollar. Beobachter gehen davon aus, dass die Zentralbank Goldreserven kontinuierlich aufstocken dürfte. Sie hält sich traditionell bedeckt zu Käufen und veröffentlicht nur unregelmäßig Daten. Mit einer Fördermenge von 351 Tonnen ist die Volksrepublik der größte Produzent des Edelmetalls. Binnen drei Jahren soll der Output auf 400 Tonnen wachsen. Bis 2007 konnte die Volksrepublik die Nachfrage noch „Gold wird auch in China immer mehr als Absicherung gegen Inflation gesehen.“ Jing Ulrich Geschäftsführerin des Geschäfts mit chinesischen Aktien JP Morgan Hongkong mit der Produktion vor Ort decken. Seit zusätzliche Importe nötig wurden, wurde der Goldmarkt teilweise liberalisiert. Unter anderem entwickelt sich seit 2010 ein Markt für Goldpapiere, zwei Gold-ETFs sind bereits im Umlauf, zwei weitere haben eine Zulassung erhalten. Zudem ist die Shanghai Gold Exchange zur größten Spot-Börse für das Edelmetall gewachsen, mit Lieferungen von 205 Tonnen im zweiten Quartal, 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Trotz aller Begeisterung für Gold: Die Zentralbank mahnt Chinas Anleger in regelmäßigen Abständen zur Vorsicht und verweist auf die Volatilität des Goldpreises. Claudia Wanner, Hongkong 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE FotoS: Unternehmen In den zwölf Monaten bis Ende Juni legte die Goldnachfrage in China nach Angaben des World Gold Council um 38 Prozent auf 782 Tonnen zu. Lediglich in Indien, wo Gold traditionell als Hochzeitsschmuck eine wichtige Rolle spielt, ist der Absatz höher. Besonders deutlich wird das Interesse der Chinesen bei den typischen Investmenteinheiten Münzen und Barren: Um 89 Prozent legte die Nachfrage auf 259 Tonnen zu – und das trotz des deutlichen Preisanstiegs. ADVERTORIAL Emerging Assets: Mehr Rendite mit Lokalwährungs-Bonds Autor Tobias Bockholt Head of Institutional Clients Germany BNP Paribas Investment Partners Rentenpapiere aus Schwellenländern bieten Investoren vielfältige Möglichkeiten: Staatsund Unternehmensanleihen werden in Hart- oder Landeswährung begeben, die Risiken sind mittlerweile gut kalkulierbar. Laut OECD-Prognose kommt in den nächsten Jahrzehnten 90 Prozent des Wachstums aus den Schwellenländern. Diese sind wirtschaftlich stabiler geworden, wodurch sich auch ihre Kreditwürdigkeit deutlich verbessert hat. Sie verfügen über solide Fundamentaldaten, insbesondere eine niedrige Verschuldungsquote, und profitieren von einer steigenden Binnennachfrage: Die Löhne steigen, neue Mittelschichten entstehen. Um die Wachstumschancen der Schwellenländer zu verdeutlichen, ein Beispiel aus Indien: Schon jetzt ist die Zahl von Mobiltelefon-Nutzern in Indien größer als die Gesamtbevölkerung Europas. Zusätzlich erwarten wir einen weiteren Zuwachs in der Höhe der Gesamtbevölkerung Japans, das wären mehr als 125 Millionen Menschen. Im Frühjahr bedrohte eine erhöhte Inflation das Wirtschaftswachstum einiger Schwellenländer, vielerorts ausgelöst durch steigende Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise. Um diese in den Griff zu bekommen, wurden seitens der Regierungen Gegenmaßnahmen ergriffen: Sparprogramme wurden auf den Weg gebracht und in einzelnen Ländern der Leitzins angehoben. Selbst zyklische Effekte, etwa Ernteausfälle aufgrund von Unwettern und Naturkatastrophen, konnten die positiven Aussichten für diese Länder nicht eintrüben. Dies hat ebenfalls zu einer Entspannung beigetragen. Gleichzeitig sollte man in diesem Zusammenhang die Heterogenität der Emerging Markets nicht vergessen. Es handelt sich um sehr unterschiedliche Länder mit verschiedenen Verbraucherpreisindizes, Zentral10 | 2011 INVESTMENT INSIDE banken und Inflationserwartungen. Während etwa in der Ukraine Nahrungsmittel 50 Prozent des Verbraucherpreisindex ausmachen, sind es in Chile nur 20 Prozent – also sind die Auswirkungen steigender Lebensmittelpreise in beiden Ländern sehr unterschiedlich. Von steigenden Rohstoffpreisen können Schwellenländer sogar profitieren und müssen nicht, wie oft angenommen, Eintrübungen des Wirtschaftswachstums fürchten. Denn etwa die Hälfte von ihnen sind erdölexportierende Länder. Lokalwährungsanleihen – doppelte Renditechancen Als Resultat der guten wirtschaftlichen Entwicklungen sind viele Ratings von Schwellenländern angehoben worden. Gegenwärtig haben etwa 80 Prozent der Lokalwährungsanleihen aus Schwellenländern in der Benchmark Investment Grade. Diese bieten dabei oft höhere Zinsen und kürzere Laufzeiten als Hartwährungsanleihen. Im Jahr 2010 konnte man mit Lokalwährungsanleihen bis zu 16 Prozent Rendite erzielen, wobei zehn Prozentpunkte auf Couponrenditen und Kursgewinne und sechs Prozentpunkte auf die Aufwertung von Währungen entfielen, wie sie beispielsweise in Indonesien zu beobachten war. BNP Paribas Investment Partners erwartet Aufwertungen von Emerging-Market-Währungen zwischen drei und fünf Prozent in den kommenden fünf Jahren. Wegen der guten Rahmendaten der Schwellenländer und der Schuldenkrise in den Industrieländern sind insbesondere Schwellenländeranleihen in Lokalwährung mittlerweile zu einer mehr als ernst zu nehmenden Anlagealternative geworden. 11 1 INVESTMENT World Schweizer Franken verhagelt Pensionskassen die Performance Der starke Schweizer Franken hat Unternehmen und Anlegern in der Schweiz geschadet. Und Pensionskassen schieben ihre schlechten Zahlen auf die Währung. Daran seien die Investoren selbst schuld, sagt ein Pensionskassenmanager. „Heillos überbewertete Währung, die sich in einer spekulativen Blase befindet.“ Herbert Brändli Präsident Sammelstiftung Profond senmarkt ab sofort keinen Euro-Franken-Kurs unter dem Mindestkurs von 1,20 Schweizer Franken“ akzeptieren werde. Außerdem sei sie bereit „unbegrenzt Devisen zu kaufen“. Auch bei diesem Kurs sei der Schweizer Franken „hoch bewertet“, aber er werde sich abschwächen. Die Nationalbank begründete den Schritt damit, dass die „massive Überbewertung“ des Schweizer Frankens eine „akute Bedrohung für die Schweizer Wirtschaft“ darstelle. In ihrem Jahresabschluss 2010/2011 hatte die SwisscantoGruppe festgehalten, dass der starke Schweizer Franken im Berichtsjahr „zu einem wertbedingten Rückgang der verwalteten Vermögen von 3,9 Milliarden Schweizer Franken“ geführt habe, was fast sieben Prozent des gesamten Anlagevermögens entsprach. Auch der Schweizer Pensionskassenverband ASIP sah „die zunehmende Stärke des Franken“ sowie die hohe Unsicherheit an den Märkten als Treiber hinter der negativen Performance von D+A+CH 12 0,2 Prozent, die die Schweizer Pensionskassen im Durchschnitt bis Ende Juni ausgewiesen haben. Zudem dränge der starke Franken die Pensionskassen, „dem Währungsmanagement zusätzliche Priorität zu schenken“. Herbert Brändli, Präsident der Sammelstiftung Profond, einer Pensionskasse für kleine und mittlere Unternehmen, kritisierte in seinem jüngsten Marktkommentar Währungsabsicherungen zum falschen Zeitpunkt: „Eine Währungsabsicherung ist ökonomisch nichts anderes als ein (Termin-)Verkauf von Fremdwährungen gegen Schweizer Franken. In der heutigen Situation läuft sie darauf hinaus, eine heillos überbewertete Währung zu kaufen, die sich wahrscheinlich in einer spekulativen Blase befindet“, so der PensionskassenManager. Die absichernden Pensionskassen machten sich „mitschuldig, das KMU-Fundament unserer Volkswirtschaft zu unterminieren“, klagt Brändli, der für seine kritischen Kommentare zur Pensionskassenindustrie bekannt ist. Wenn die Währungsabsicherung systematisch erfolge, sei das weniger problematisch, so Brändli. Er mutmaßt aber, dass solche Absicherungen am Ende nur für die verkaufenden Finanzinstitute lohnend seien. Die größte Pensionskasse der Schweiz, die Publica, der öffentliche Beamte angehören, hat laut eigenen Angaben „bereits vor drei Jahren den strategischen Entscheid getroffen, Fremdwährungsrisiken gegenüber Industrieländern systematisch abzusichern“. Unter anderem durch diese Maßnahme habe die Kasse, die ein Vermögen von 33 Milliarden Schweizer Franken verwaltet, für das erste Halbjahr 2011 einen positiven Ertrag von 1,09 Prozent erwirtschaften können. Die UBS sieht in der Entscheidung der SNB ein „wichtiges Signal“. „Wenn sich die Märkte beruhigen und die wirtschaftliche Entwicklung sich wieder stabilisiert, dürfte dies auch das Verhältnis des Schweizer Franken gegenüber dem Euro und dem US-Dollar weiter normalisieren“, meinen die Experten der Großbank. Und so wartet die Schweiz auf ein Ende des Notstands. Barbara Ottawa 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE Fotos: Unternehmen Jetzt ist er ausgebrochen, der angebliche Notstand: Noch am 23. August forderte das britische Investmenthaus Henderson Global Investors, dass die Bindung des Schweizer Franken an den Euro „lediglich in letzter Not erfolgen“ dürfe. Zwei Wochen danach verkündete die Schweizerische Nationalbank (SNB), dass sie „am Devi- INVESTMENT WORLD Europas Automobilwirtschaft trotzt der KrisE - NOCH! Während sich in Europa Konjunktursorgen ausbreiten, kontert die Automobilbranche mit hervorragenden Absatzzahlen und sogar Rekorden. Auch enorme Investitionen fließen, wie die aktuelle IAA in Frankfurt zeigte. Der Eindruck von der 64. IAA überrascht nicht. Mit 89 Weltpremieren verteidigte die Internationale Automobil-Ausstellung auch 2011 ihren Ruf als Branchenbarometer. Der erwartete Trend in ferner Zukunft sind Elektroautos mit akzeptabler Reichweite. Und VDA-Chef Matthias Wissmann übt sich in der „Volkswagen investiert zukunftsorientiert eine Rekordsumme.“ Prof. Dr. Martin Winterkorn strategischen Partner verloren. Doch laut der eben veröffentlichten Investitionsplanung sollen bis 2016 allein 62,4 Milliarden Euro in den Konzernbereich Automobile fließen – inklusive aller Aufwendungen, um die Fabriken mit regenerativ erzeugter Energie zu versorgen. Konzernlenker Prof. Martin Winterkorn: „Der VolkswagenKonzern investiert zukunftsorientiert eine Rekordsumme, um sein Ziel zu erreichen, der ökonomisch und ökologisch beste Automobilhersteller der Welt zu werden. Wir werden unsere Innovations- und Technologieführerschaft weiter ausbauen.“ Branchenkenner wie Frank Schwope, Analyst der NordLB, stufen die Vorzugsaktie von Volkswagen mit „kaufen“ ein. Deutsche Autoindustrie gewinnt Marktanteile Vorstandsvorsitzender Volkswagen AG Rosafärbung des Konjunkturhimmels. Aktuell ist die Entwicklung der Absatzzahlen in Europa gut – entgegen aller Krisenstimmung. Im August 2011 sind in Europa deutlich mehr Autos verkauft worden als im Vorjahresmonat. Die Pkw-Neuzulassungen stiegen um 7,7 Prozent. Laut europäischem Branchenverband ACEA ging die Nachfrage sowohl auf den westeuropäischen Märkten als auch in den neuen EU-Ländern nach oben. Der größte europäische Markt bleibt Deutschland mit einem Plus von rund 18 Prozent. Sogar im krisenbelasteten Spanien wurden knapp sechs Prozent mehr Fahrzeuge verkauft, Großbritannien legte um mehr als sieben Prozent zu. Außerhalb Europas und insbesondere in der Luxusklasse scheint die Zukunft ebenfalls gesichert. Daimler-Chef Dr. Dieter Zetsche rief vor Mitarbeitern eine neue Mercedes-Dekade aus, da „die globale Automobilnachfrage deutlich schneller wachsen wird als die Weltwirtschaft insgesamt“. Für die heimischen Märkte sollen günstigere Modelle Appetit machen. Ein Beispiel: der VW Up. Einfach, aber solide gebaut soll der Mini die Marktstellung von Volkswagen in Europa absichern und später als Weltauto Karriere machen. Volkswagen musste zwar seine Fusion mit Porsche verschieben und hat mit Suzuki einen 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE Die Perspektiven verdüstern sich aber. Das Center Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen hat jüngst seine Absatzschätzung für 2011 auf weltweit 60 Millionen Einheiten nach unten korrigiert und sieht ein Absatzplateau ab 2012. In der Tat sind seit Jahresbeginn die Verkäufe in Europa insgesamt rückläufig. 8,89 Millionen neu zugelassene Pkw bedeuten ein Minus von 1,3 Prozent. Die deutschen Hersteller gewannen jedoch im Vergleich zu 2010 Marktanteile hinzu. Allein die Marke VW erzielte ein Zulassungsplus von 19 Prozent auf 102.465 Wagen. Im Premiumsegment war Audi mit 41.436 verkauften Autos führend – Steigerung gut 18 Prozent. Der gesamte VW-Konzern erzielte in Europa ein Viertel der Verkäufe. BMW erreichte mit 38.650 Neuzulassungen ein Plus von fast einem Drittel. Mercedes-Benz legte um knapp 18 Prozent auf 34.416 Wagen zu. Marktanteile verloren dagegen die französischen Hersteller Citroen, Renault und Peugeot sowie der italienische Autobauer Fiat. Europa Eberhard Seitz 13 1 INVESTMENT WORLD Gold ist fast alternativlos Investoren kommen an Gold kaum noch vorbei. Täglich empfehlen Analysten, Banken und Vermögensverwalter das gelbe Metall zum Kauf – meist in Form von physisch besicherten Exchange Traded Funds (ETFs) und Exchange Traded Commodities (ETCs). Nach Angaben des World Gold Council (WGC) verwalten die Produkte einen Goldbestand von deutlich mehr als 2.000 Tonnen mit einem Wert von fast 80 Milliarden Euro. Der InvestorenAnsturm auf das gelbe Metall verwundert nicht. Nicht nur, dass ganze Staaten von der Pleite bedroht sind. Den Investoren gehen schlicht die Anlagealternativen aus. Aktien zum Beispiel führen bei deutschen Versicherern nur noch ein Schattendasein. Und auf Staatsanleihen gibt es – trotz steigender Risiken – kaum noch Rendite. Im Gegenteil: Wer zehnjährige amerikanische, britische oder deutsche Papiere kauft, erleidet nach Inflation einen realen Verlust; Steuerabzüge kommen noch hinzu. „Gold ist daher die ultimative Währung“, so Ulrich Stephan, Global Chief Investment Officer bei der Deutschen Bank, gegenüber Medien. Das Kreditinstitut erwartet, dass die Europäische Zentralbank ihren Leitzins bis zum Jahresende von derzeit 1,5 Prozent auf ein Prozent senken wird. Und die US-Zentralbank will ihren Leitzins bis 2013 auf dem aktuell niedrigen Niveau halten. Damit, so die Deutsche Bank, bleiben die Opportunitätskosten einer Goldanlage niedrig. Ganz wichtig: In den kommenden Wochen stehen eine Reihe wichtiger Entscheidungen bezüglich der Schuldenkrise an; allen voran die Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm EFSF in mehreren nationalen Parlamenten. Je nachdem, wie diese ausfallen, könnte der Goldpreis kräftig zulegen. Auf Sicht von ein bis zwei Jahren kann sich die Deutsche Bank 2.900 Dollar vorstellen. Auch die UBS hat jetzt ihre Prognose für den durchschnittlichen Goldpreis des Jahres 2012 kräftig von 1.380 Dollar auf 2.075 Dollar erhöht. Die 2.000-Dollar-Marke werde das Edelmetall noch in diesem Jahr nach oben durchbrechen, meint auch das Research-Haus GFMS. Die investmentgetriebenen Goldkäufe würden im zweiten Halbjahr die Rekordmarke von 1.000 Tonnen erreichen. Laut GFMS treiben derzeit mehrere Faktoren den Goldpreis: ein weltweiter Abschwung der ökonomischen Aktivitäten, die anhaltend niedrigen Zinsen, die ungelöste Schuldenkrise in der Eurozone sowie die Angst vor Inflation. Aber natürlich sind auch Goldinvestments nicht frei von Risiken. Die UBS weist auf mögliche Goldverkäufe durch eine europäische Notenbank oder auf ein Aufhellen der weltweiten Konjunkturaussichten hin. Nicht zuletzt eine Lösung der europäischen Schuldenkrise könnte den Goldpreis kräftig unter Druck bringen. Goldpreis in Euro 1.900 1.700 1.500 1.300 1.100 900 700 2009 2010 2011 Quelle: Gold.de 18. Oktober 21. – 23. November ››› 5. Jahrestagung der AGZWK ››› Deutsches Eigenkapitalforum in Köln, Arbeitsgemeinschaft Zeitwertkonten AGZWK in Frankfurt, Deutsche Börse AG www.agzwk.de www.eigenkapitalforum.com/top50 9. - 10. November 22. – 23. November ››› Morningstar Investment Konferenz ››› Professionelle Asset Allocation in Frankfurt, Morningstar Deutschland GmbH in Frankfurt, Uhlenbruch-Verlag http://global.morningstar.com/konferenz www.uhlenbruch.com/seminare/details/?uid=2 15. – 16. November 26. und 27. Oktober ››› Performance-Messung und –Analyse ››› Strukturierte Produkte Messe in Frankfurt, Uhlenbruch-Verlag in Zürich, Scoach Schweiz AG und Schw. Verband für Strukturierte Produkte SVSP www.uhlenbruch.com/seminare/details/?uid=11 www.svsp-verband.ch Weitere Termine finden Sie im Internet unter www.investment-inside.de. Melden Sie uns Ihre Termine an [email protected] 14 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE Foto: Unternehmen Termine INVESTMENT WORLD PERSONALIEN MEHR NACHHALTIGKEIT Gerald L. Hassell (59) wurde überraschend mit sofortiger Wirkung zum neuen Chairman und Chief Executive Officer von BNY Mellon ernannt. Bislang war Hassell als President zweiter Mann des Unternehmens. An der Spitze wird er das Amt des President zusätzlich ausüben. Der bisherige Unternehmenslenker, Robert P. Kelly, trat unvorhergesehen von seinen Ämtern als Chairman, Chief Executive Officer und Director zurück. „Im gegenseitigen Einvernehmen aufgrund unterschiedlicher Sichtweisen über die Führung des Unternehmens“, heißt es in der offiziellen Erklärung. Institutionelle Investoren legen Wert auf inhaltliche Aspekte und einen direkten Management-Zugang, wenn sie bei Brokern Beratungs- und Recherchedienstleistungen zu Nachhaltigkeitsthemen in Anspruch nehmen. Das ergab eine aktuelle Befragung von Thomson Reuters und dem britischen Verband für nachhaltige Investments und Finanzen UKSIF. Eine weitere Erkenntnis der Studie ist, dass 84 Prozent der europäischen Investoren einen Ausbau ihrer Tätigkeiten bei sozialverantwortlichen Investitionen und nachhaltiger Anlagestrategien im nächsten Jahr planen. Elke König (57) soll die neue Chefin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) werden. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, soll König den Chefsessel von Noch-Präsident Jochen Sanio übernehmen. König kommt aus der Versicherungsbranche und ist seit rund einem Jahr Mitglied des IASB. Dr. Rolf Wiswesser wurde von der Ergo Versicherungsgruppe in den Vorstand des Unternehmens berufen. Er wird ab dem 1. November das Ressort „Vertriebe“ übernehmen. Der bisherige Vertriebsvorstand, Jürgen Vetter, verlässt die Ergo zum Jahresende (INVESTMENT INSIDE berichtete bereits in der März-Ausgabe). Als führendes Brokerhaus für sozialverantwortliche Investments & Nachhaltigkeit haben die Analysten CA Cheuvreux gekürt, als führendes Brokerhaus im Bereich sozialverantwortliche Investments Bank of America Securities – Merrill Lynch. Führender Broker im Bereich SVI-Research sei Sarj Nahal, Bank of America Securities – Merrill Lynch und führendes Brokerhaus für Corporate-Governance-Research Oddo Securities. Als führendes börsennotiertes Unternehmen für Nachhaltigkeitskommunikation zeichneten Thomson Reuters und der UKSIF GlaxoSmithKline aus. Die führende Fondsverwaltung für sozialverantwortliche Investments komme von Henderson Global Investors, urteilten die Analysten. Sergio Trezzi (39) und Miguel Rona (43) übernehmen gemeinsam die Leitung des kontinentaleuropäischen Publikumsfondsgeschäfts von Invesco. David Mercurio wurde von der Man Group zum Head of Asia Equity und Co-Head of Global Equity Strategies ernannt. Gleichzeitig hat Pierre Lagrange, Senior Managing Director bei GLG und Mitglied des Executive Committee von Man, die Funktion des Chairman von Man Asien übernommen. Douglas A. Brown ist bei State Street neuer Sales Manager für den Geschäftsbereich Securities Finance in Nordund Südamerika. Michael Geister heuert im Herbst als Director Sales bei State Street Global Advisors an. Er wird Kunden in Deutschland und Österreich beraten. Ingo Heinen verstärkt das Team von BlackRock Alternative Investors als Managing Director. Silvia Graemiger Theler hat die Leitung des institutionellen Vertriebs von F&C Investments in der Schweiz und Österreich übernommen. 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE INVESTMENT Buch des Monats „Handbuch Investmentfonds für institutionelle Anleger“ Uhlenbruch Verlag, 149 Euro ISBN 978-3-933207-76-0 Das im Juni 2011 erschienene Handbuch Investmentfonds ist ein Muss für institutionelle Anleger. Die Herausgeber Volker G. Heinke, Werner Krämer und Bettina Nürk berichten auf 926 Seiten über grundlegende Änderungen der institutionellen Fondsanlage. Mit dem Aufbrechen der Wertschöpfungskette auf Master-KAG, Global Custodian und Asset Manager ist heute eine Struktur zum Standard geworden, die vor wenigen Jahren kaum verbreitet war. Neue Fondslösungen und Produktgestaltungen haben sich etabliert. Internationale Bilanzierungsvorschriften, gestiegene RisikomanagementAnforderungen, veränderte Regelungen zur Performancemessung und performanceabhängige „Fee“-Modelle sind weitere Entwicklungen, die das Umfeld für institutionelle Kapitalanleger und für die Anbieter von Dienstleistungen und Produkten in diesem Markt tiefgreifend verändert haben. Bekannte Autoren von renommierten Anlegern, Beratungsunternehmen, Asset-Management-Gesellschaften und Banken stellen all diese Themen in insgesamt 32 Beiträgen vor. 15 2 INVESTMENT TOPIC Regulierung Aufseher senden falsche Signale Der Weg, Staaten zu helfen, um Banken zu retten, ist falsch. Banken müssen notfalls zwangsweise mit öffentlichen Mitteln ausgestattet werden. Notwendig ist zudem eine Insolvenzord nung für Staaten und Banken. Beim Geld hört die Freundschaft auf – sagt der Volksmund. Auch die Freundschaft zu den Griechen? „Griechenland muss pleitegehen dürfen“, sagen prominente Ökonomen, darunter Kai Konrad, Vor16 sitzender des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesfinanzministeriums, und Clemens Fuest, dessen früherer Vorsitzender. „Das ist antieuropäisch“, erwidern andere. Wer hat Recht? Fragen die- ser Art können nur anhand von Wertvorstellungen beantwortet werden. Ganz offensichtlich allerdings liegen hier die Vorstellungen in den Geber- und Nehmerländern der Euro-Zone weit 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE Fotos: Fotolia, Unternehmen Von Stefan Terliesner INVESTMENT TOPIC auseinander. Das freilich gefährdet allmählich die Stabilität des gesamten Finanzsystems. Fest steht: Um die Finanz- und Schuldenkrise zu meistern, bedarf es entschlossenen politischen Handelns. Mit „entschlossen“ ist aber nicht „schnell“ gemeint, sondern berechenbar und am Gemeinwohl orientiert. Ein politisch entschlossenes Handeln setzt zweierlei voraus: Klare Benennung der Ursachen der Krise. Und Ausrichtung aller Rettungsmaßnahmen an Prinzipien, die die langfristige wirtschaftliche Stabilität im Euro-Raum sicherstellen. Wichtig dabei: Finanzmarktstabilität ist ein öffentliches Gut, das vom Staat zwar nicht hergestellt, aber bereitgestellt werden muss. Und eben zur Bereitstellung des öffentlichen Guts Finanzmarktstabilität bedarf es klarer Regeln. Zu Recht warnt Jürgen Stark, bis Ende des Jahres noch Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB): „Es ist wenig gewonnen, wenn wir durch unreflektiertes Handeln auf europäischer Ebene zwar kurzfris10 | 2011 INVESTMENT INSIDE tig den Druck in den Märkten lindern, dadurch aber die langfristige Stabilität und somit ultimativ auch das Bestehen der Wirtschafts- und Währungsunion aufs Spiel setzen.“ Wenige Tage vor diesen Äu- Finanzkrise ist Folge des Zinstiefs Weil immer noch viel über die Symptome, aber nur wenig über die Ursachen der Krise debattiert wird, hier nochmals: Unter unabhängigen Experten besteht „Unsolide StaatsfinanEinigkeit darüzen sind ein systemisches ber, dass die FiRisikos für die Stabilität der nanzkrise zum Finanzmärkte.“ Teil ihre Ursachen in dem weltweit sehr niedrigen ZinsJürgen Stark Chefvolkswirt niveau nach Europäische Zentralbank dem Platzen der Internet-Blase ßerungen auf einer Veranstaltung 2001 und der daraus resultierenin Wien hatte Stark am 9. Septem- den reichlichen Liquiditätsausber aus Protest über den Ankauf stattung auf globaler Ebene hat. von spanischen und italienischen Ein Problem war hier allerdings, Staatsanleihen durch die EZB sei- dass der notwendige marktwirtnen Rücktritt angekündigt. Damit schaftliche Anpassungsprozess verlässt ein weiterer an Prinzipi- nach dem Dotcom-Crash in den en orientierter Währungshüter die USA nicht durch ein über Steuern EZB. Denn Anfang des Jahres zog finanziertes ausreichendes Sozisich der damalige Bundesbank- alsystem ergänzt wurde. Vielmehr Chef Axel Weber ebenfalls wegen wird Sozialpolitik in den USA des Krisenmanagements in der Eu- letztlich auch über die Geldpolitik ro-Zone aus dem EZB-Rat zurück. gemacht, denn die Federal Reser17 INVESTMENT TOPIC ve Bank hat auch das Mandat, für Wachstum und Beschäftigung zu sorgen. Billiges Geld sollte her. „Jobs, Jobs, Jobs“ und „ein Eigenheim für alle“ lauteten die Paro- neue finanzielle und ökonomische Ungleichgewichte legen. Und wir haben global extrem niedrige Zinsen und eine regelrechte Liquiditätsschwemme“, betont EZB-Mann Stark. All das ist politisch gewollt. In den USA, Japan, Großbritannien und auch in Europa. Wenn der Zins aber seine wichtige Lenkungsfunktion verliert beziehungsweise ein manipulierter Zins krasse Fehlanreize schafft, ist die Krise vorprogrammiert. Auch, um dem Zinstief zu entkommen, ersonnen findige Finanzkonstrukteure immer undurchsichtigere Produkte mit angeblich hohen und sicheren Renditen. So entstand ein vergifteter Cocktail, der die Finanzmärkte „irre“ werden ließ. Grund der Krise ist eine Art Staatskapitalismus len. Hinzu kamen die Kriege im Irak und in Afghanistan – niedrige Zinsen erleichtern auch die Kriegsfinanzierung. Doch das billige Geld schuf weitere Probleme. „Überreichlich Liquidität bei niedrigen Zinsen“, darauf weist Stark hin, „kann zu einer zu niedrigen Einpreisung von Risiken und einer übersteigerten und letztlich unverantwortlichen Risikobereitschaft auf Seiten der Investoren führen. Eine lange Periode sehr niedriger Zinsen kann die Basis für Die Verantwortung für die Krise nur auf die Finanzmarktakteure EFSF – Mehr Geld für Sünder Die Euro-Zone kämpft um ihren Zusammenhalt. Daher wurde am 7. Mai 2010 die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) mit Sitz in Luxemburg gegründet. Die EFSF darf Kredite an Euro-Staaten ausgeben, aber nur bis Juli 2013. Dann übernimmt der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) den Job. Erst im Juli 2011 haben die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder die Aufgaben der EFSF erweitert. Sie soll nun Kredite an überschuldete Euro-Länder finanzieren, vorsorglich Kreditlinien einräumen, Anleihen von Euro-Ländern kaufen und strauchelnde Banken retten. Dafür stellen die Euro-Länder Garantien von insgesamt 780 Milliarden Euro bereit. Deutschlands Anteil liegt bei 211 Milliarden Euro; bei Bedarf kommt ein Aufschlag von 20 Prozent hinzu, sodass der Betrag auf 253 Milliarden Euro steigt – ohne Zinszahlungen, die Deutschland ebenfalls übernehmen müsste. Diese erhöhte Garantiesumme ist notwendig, damit die EFSF am Kapitalmarkt zu günstigen Konditionen bis zu 440 Milliarden Euro aufnehmen kann. Dieses Geld steht für die Aufgaben des EFSF zur Verfügung. Die Garantiegeber tragen das Risiko. Wenn ein Schuldnerland zum Beispiel einen EFSF-Kredit nicht zurückzahlen kann, müssen die anderen Euro-Staaten anteilig einspringen und den Investoren die Zinsen und das Kapital zurückzahlen. Um die Garantiegeber zu schützen, vergibt die EFSF Kredite nur an Euro-Länder, die ein strenges Spar- und Reformprogramm umsetzen. Bevor die EFSF aktiv wird, müssen alle Euro-Länder zustimmen, Deutschland zukünftig mit parlamentarischer Beteiligung. Auch die Ausweitung des EFSF müssen einige nationale Parlamente noch genehmigen, der Bundestag am 29. September (das Ergebnis stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest). 18 abzuwälzen greift daher zu kurz. „Marktteilnehmer verhalten sich letztlich gemäß der Anreize, die ihnen von den aufsichtsrechtlichen Behörden gesetzt werden“, erklärt Stark. Und weiter: „Klar ist heute, dass die Regulierung und Aufsicht der Finanzmärkte auf europäischer und globaler Ebene nicht ausreichend war, um ein nachhaltiges Handeln in den Finanzmärkten sicherzustellen. Gleichzeitig fanden systemische Risiken im globalen Finanzsystem nicht genug Beachtung, obwohl einige Beobachter – darunter auch die EZB – Anfang 2006 vor möglichen starken Korrekturen in den Finanzmärkten gewarnt hatten.“ Schuldenabbau wurde versäumt Chefvolkswirt Stark räumt mit dem Missverständnis auf, dass die Haushaltskrise in den Ländern der Euro-Zone primär auf die vorangehende Finanz- und Wirtschaftskrise zurückzuführen sei: „Es gibt hier keine unschuldigen Opfer der Krise. Denn viele Mitgliedstaaten des Euro-Raums hatten bereits vor der Krise große Ungleichgewichte in ihren Haushalten aufgebaut.“ Jahrzehntelang haben westliche Staaten immer größere Schuldenberge aufgetürmt – oft unter Berufung auf den Ökonomen John M. Keynes (1883 – 1946), der sich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten für eine Ausweitung der Verschuldung zur Nachfragebelebung aussprach. Was die Anhänger dieser Theorie dabei gerne übersehen ist, dass die zusätzlichen Schulden in guten Zeiten wieder abgebaut werden müssen. Das wurde in vielen Ländern versäumt (Grafik rechts). Politik und Wähler sind inzwischen so abhängig von der Droge „Schulden“, dass Deutschland und Frankreich im Jahr 2003 fast widerstandslos den alten Stabilitäts- und Wachstumspakt brechen durften. Mehr noch: 2005 vereinbarten die Euro10 | 2011 INVESTMENT INSIDE Foto: UNTERNEHMEN 2 INVESTMENT TOPIC Staaten eine Reform, die den alten Pakt richtig weichspülte und laut Stark „zu einem Mehr an politischer Diskretion“ führte. Das Schuldenmachen ging munter weiter. Die aktuelle Krise bringt das Fass nun zum Überlaufen. Für Investoren sind Staatsanleihen zum Risiko Nummer eins mutiert. Die Aufseher freilich sehen das immer noch anders. In der schönen Welt der Regulierung müssen Banken Staatsanleihen immer noch nicht mit Eigenkapital unterlegen. Zwar werden mit den neuen Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften Basel III die Risikogewichte zum Teil kräftig erhöht, Anleihen von Griechenland & Co. müssen Banken aber weiterhin nicht mit einem Cent absichern. Diese Nullgewichtung von Staatsanleihen hat dazu geführt, dass sich Banken mit Staatsanleihen vollgesogen haben. Dieser Transfer hat Staaten und Banken derart voneinander abhängig gemacht, dass nun Staaten gerettet werden, um Banken zu helfen – und umgekehrt. Diese Mischung aus Staatsbürokratie und Kartell-Kapitalismus hat die Welt an den Rand des Ruins gebracht. Die europäischen Rettungspolitiker wollen hiervon nichts wissen und spannen immer größere Rettungsschirme auf. Über die Europäische Finanzstabil ität sfa zi l ität (EFSF) stimmen in diesen Tagen einige nationale Parlamente ab. Vermutlich wird die EFSF überall abgenickt. Dann stehen für die Rettung von Staaten und Banken 780 Milliarden Euro Garantien zur Verfügung (Kasten links). Rekapitalisierung wird zum Problem Doch auch diese Summe wird nicht reichen. Denn mittelfristig wird die Refinanzierung der rund 500 Milliarden Euro spanischen und etwa 1.900 Milliarden Euro italienischen Staatsanleihen zu einem riesigen Problem. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch die jüngste Äußerung von Christine Lagarde, der neuen Chefin des Internationalen Wähungsfonds (IWF): „Banken bedürfen dringend einer Rekapitalisierung. Sie müssen stark genug sein, um den Risiken von Staatsan„Banken müssen stark genug sein, um den Risiken von Staatsinsolvenzen zu wiederstehen.“ Christine Lagarde Direktorin Internationaler Währungsfonds leihen und Wachstumsschwäche zu widerstehen. Dies ist der Schlüssel, um Ansteckungseffekte zu verhindern.“ Die Aussage ist klar: Staatsinsolvenzen werden kommen, sie sind nicht zu verhindern. Doch diese realistische Einschätzung wird von der europäischen Politik immer noch geleugnet. Es gibt noch immer keine Insolvenzordnung für Staaten. Im Gegenteil: Wer auch nur über eine „geordnete Insolvenz“ spricht, wird von der Einheits-Rettungsfront niedergewalzt. Dabei kann wohl nur das Das läuft falsch beim Schuldenmachen Was „Keynesianer“ taten Geld Geld Was Keynes meinte Zeit Staatsverschuldung Zeit Konjunkturverlauf Quelle: Ineichen Research and Management (I&RM), Regulomics, Mai 2011; Primärquelle: Protégé Partners 4Q 2009 quaterly letter 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE 19 2 INVESTMENT TOPIC rischen Nachbesserungsbedarf“, schreiben Jan Pieter Krahnen, Professor an der Universität Frankfurt, sowie weitere Ökonomen in dem White Paper: „Eurobonds zur Bewältigung der europäischen Krise? WegweiInsolvenzordnung für Banken sung zu einer modernen EntwickAnaloges gilt auch für Banken. lungsunion“. Eurobonds – also Eine implizite Staatsgarantie für Kre- Anleihen, die von allen Euro-Länditinstitute („too big to fail“) darf es dern gesamtschuldnerisch verbürgt nicht geben. Wie jedes Unternehmen, werden – lehnen die Autoren entmüssen auch Banken Pleite gehen schieden ab. „Probleme im Finanzsektor sollten nicht über eine „An einem Schuldenschnitt Unterst üt zung Griechenlands führt kein von Staaten geWeg vorbei.“ löst werden. Wenn hinter der Forderung nach Eurobonds auch de r Wu n s c h Clemens Fuest Professor steht, die ProUniversität Oxford bleme unterkapitalisierter Bandürfen. Für den Vordenker der Sozia- ken zu lösen, ist es günstiger und len Marktwirtschaft Walter Eucken sinnvoller, dieses Problem über eine (1891 bis 1950) gehört die Haftung zu Rekapitalisierung der Banken oder den konstituierenden Prinzipien ei- auch Garantieleistungen für einige ner Wettbewerbsordnung. Dies setzt systemrelevante Banken zu lösen.“ ein Insolvenzverfahren für Banken voraus. Deutschland ist mit dem Ähnlich argumentieren die ÖkonoRestrukturierungsgesetz immerhin men Harald Hau von der Universischon mal in Vorlage gegangen. „In tät Genf und Bernd Lucke von der Europa und den USA gibt es hier aber Universität Hamburg: „Damit die noch einen entscheidenden regulato- europäischen Banken einer StaatsRisiko einer Staatsinsolvenz die Mittelmeerstaaten dazu bewegen, ihre Staatshaushalte in Ordnung zu bringen. insolvenz trotzen können, brauchen sie frisches Kapital.“ Wenn die Banken nicht in der Lage oder nicht willens sind, ihr Kapital zu erhöhen, müsse dies zwangsweise geschehen. Im Gegenzug wird der Staat zeitlich begrenzt Miteigentümer der Banken. „Ziel der obligatorischen Kapitalerhöhung ist es, ihren Kapitalpuffer den möglichen Verlusten zukünftiger Staatsinsolvenzen anzupassen und damit eine Bankenkrise vorausschauend abzuwenden.“ Kommt es zu einer Bankenpleite, würde das haftende Eigenkapital der Bankaktionäre den ersten Puffer für Verluste bilden. Das Geld der Steuerzahler käme erst nachrangig zum Einsatz. Kostengünstig und effektiv wäre eine solche Maßnahme, weil nur dort Kapital zugeschossen wird, wo systemische Risiken bestehen. „Alle anderen Investoren“, so die Ökonomen weiter, „müssen die Risiken ihrer selbstverschuldeten Anlageentscheidungen selbst tragen.“ Fazit: Notwendig sind Insolvenzordnungen – und zwar für Staaten und für Banken. Nur so bekommen die Akteure die Finanz- und Schuldenkrise nachhaltig in den Griff. Denkverbote darf es nicht geben – erst recht nicht unter Freunden. SWP – Früher Strafe für Sünder Die geplante Reform der EU-Aufsicht betrifft primär eine Änderung des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) und die Einführung eines Verfahrens bei „übermäßigen makroökonomischen Ungleichgewichten“. Strittig zwischen Europaparlament und EU-Finanzministern war insbesondere die Frage, unter welchen Bedingungen die EU-Kommission Defizitsünder schon bei sich abzeichnendem haushaltspolitischen Fehlverhalten mit einer Geldbuße von bis zu 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) belegen können soll. Der SWP sieht dafür nun zwei Teile vor. Der neue präventive Teil verlangt, dass die Euro-Staaten nur noch ein geringes strukturelles, also um konjunkturelle Einflüsse bereinigtes Haushaltsdefizit haben dürfen. Die Kommission kann in diesem Fall bereits vor Überschreiten des Maastrichter Referenzwertes von drei Prozent des BIP Sanktionen verhängen. Für einen Sanktionsvorschlag braucht die Kommission eine qualifizierte Mehrheit im Ministerrat. Erreicht sie diese nicht, kann sie den Sanktionsvorschlag nach einem Monat erneut zur Abstimmung vorlegen. Dann ist nur noch eine einfache Mehrheit zur Billigung des Vorschlags notwendig. Im zweiten Teil des SWP – dem klassischen Defizitverfahren, das angewendet wird, wenn das normale Staatsdefizit die Drei-Prozent-Marke überschritten hat – kann der Ministerrat Sanktionsvorschläge der Kommission grundsätzlich nur noch mit qualifizierter Mehrheit abwehren. Neu im SWP ist auch, dass Staaten mit „exzessiven“ Leistungsbilanzüberschüssen aufgefordert werden können, die Überschüsse abzubauen. Sanktionen gegen Überschussländer wie Deutschland soll es keine geben. Die abschließende Beratung des Parlaments über den SWP hatte bei Redaktionsschluss noch nicht stattgefunden. 20 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE INVESTMENT TOPIC „Die groSSen Spieler haben jetzt noch mehr Einfluss“ Sandra Navidi, Gründerin und CEO der New Yorker Consultingfirma Beyond Global, ist eine erfahrene Kennerin der Wall Street. Unserer USA-Korrespondentin Christine Mattauch berichtet sie über die Stimmung dort, bewertet die Schuldenkrise und die Chancen für eine Erholung der US-Wirtschaft. Navidi: Ja, denn die Ursachen der Krise sind nie ganz behoben worden. Und leider formiert sich deshalb bereits die nächste Krise. Sie könnte sogar noch größer werden als die vorherige. Jetzt klingen Sie wie der Ökonom und Untergangs-Prophet Nouriel Roubini, dessen Strategieberaterin Sie in den vergangenen Jahren waren. Sandra Navidi Gründerin und CEO Beyond Global Frau Navidi, Sie sind an der Wall Street zuhause und besuchen regelmäßig die Konferenzen, auf denen sich die Reichen und Mächtigen dieser Welt begegnen. Wie ist die Stimmung der globalen Eliten? Navidi: Die Stimmung ist gedrückt, ernüchtert. Viele hatten geglaubt, die Krise von 2008 sei überwunden und die Welt bereits wieder auf dem Weg der Besserung. Das Desaster in Europa haben wenige kommen sehen. Die Welt formiert sich neu, alte Paradigmen gelten nicht mehr. Viele Investoren verlieren Geld und Status, andere versuchen sich möglichst schnell neu zu positionieren. Wo konkret? Navidi: Vor allen Dingen in den Schwellenländern: Lateinamerika, Asien... Alle wollen irgendwas in China aufbauen. Es ist nicht ganz einfach, dort zu investieren, aber mit guten Kontakten und chinesischen Mitarbeitern machbar. Sicher, das Risiko von Spekulationsblasen in diesen Ländern steigt. Aber viele institutionelle Anleger müssen ja irgendwohin mit ihrem Geld. Und in den aufstrebenden Schwellenländern sind die Renditen vergleichsweise hoch. Navidi: Ich bin keine Pessimistin vom Dienst. Ich halte es ebenso für denkbar, dass wir die Symptome unter Kontrolle behalten und es nicht zu einer Eskalation kommt. Schließlich haben wir inzwischen einige Erfahrung mit der Bewältigung von Krisen. Die Entwicklung vor drei Jahren kam für viele Politiker überraschend. Das hätte eigentlich nicht der Fall sein dürfen. Wo sehen Sie die Hauptgefahr? Navidi: Das Schuldenproblem ist überall. Wir haben immer geglaubt, dass in China mit wenig Leverage gearbeitet wurde. Jetzt sieht man, dass auch dort Bilanzen geschönt wurden und dass es viele versteckte Schulden gibt, besonders auf lokaler Ebene. Die Lage in den USA und Europa ist dramatisch. Irgendwann kann man die Probleme eben nicht weiter hinausschieben, dann muss man die bittere Pille schlucken. Und es wird wahrscheinlich darauf hinauslaufen, dass in der westlichen Welt der Lebensstandard sinkt. Schauen Sie sich doch die hohe Arbeitslosigkeit an – in vielen europäischen Staaten, aber auch in den USA. Die offizielle Quote von rund neun Prozent sagt gar nichts aus – nimmt man die verdeckte Arbeitslosigkeit hinzu, liegt sie bei über 15 Prozent. Ein Fünftel der Jobverluste kam aus der Bauindustrie. Diese Jobs werden vorerst nicht wiederkommen, und viele Arbeitslose haben nicht die Qualifikation, um anderswo einen Job zu finden. Jeder siebte Amerikaner bezieht Lebensmittelmarken. Eigentlich unvorstellbar. Sie sind schon wieder pessimistisch. Ist die Finanzkrise nach wie vor ein Thema, drei Jahre nach der Lehman-Pleite? 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE Navidi: Realistisch! 21 2 INVESTMENT TOPIC Die Welt wartet vergebens auf eine nachhaltige Erholung der USA. Die Arbeitslosigkeit geht kaum zurück, die Stimmung der Verbraucher ist schlecht, die Unternehmen horten Geld statt zu investieren. Was kann Amerika beleben? Navidi: Amerika erwacht gerade. Die ersten Zeichen der Krise kamen 2007, da wurden sie von vielen noch geleugnet – Weltuntergangsszenarien verkaufen sich eben nicht. Sie sind nicht gut fürs Finanzgeschäft und auch nicht für Unternehmen. Die Einsicht, dass wir die fundamentalen Probleme grundlegend lösen müssen, kommt bei vielen erst heute. tem gefährdet. An Reformen führt kein Weg vorbei. Das Problem ist: Sie brauchen Zeit. Und der Kongress hatte im Sommer schon große Mühe, sich auf eine vergleichsweise einfache Maßnahme zu verständigen: die Anhebung der Schuldengrenze. Navidi: Die Situation in Washington ist außerordentlich bedrohlich. Die Wirtschaftskrise ist grundsätzlich lösbar, aber nicht, wenn die Politik so festgefahren ist. Die USA müssen Entscheidungen treffen, auch schmerzhafte, aber bis zu den nächsten Wahlen wird „Die USA müssen Entscheidungen treffen, auch schmerzhafte.“ Einspruch. Spätestens nach dem Zusammenbruch von Lehman muss doch jeder gemerkt haben, was die Stunde geschlagen hat. Navidi: Es gab damals immer noch Leute, die das wahre Ausmaß der Ungleichgewichte nicht sehen wollten. Ein bekannter Bankchef hat kurz nach der Lehman-Pleite zu mir gesagt: Ach, das renkt sich wieder ein, wir bereinigen unsere Bilanzen und schreiben die toxischen Papiere ab. Als sei dann alles wieder gut. Das Ausmaß der Krise wurde immer noch heruntergespielt! sich in Washington nichts bewegen. Weil die Parteien so ideologisch sind wie nie zuvor. Es müsste ein Ruck durch die Gesellschaft gehen. Die Amerikaner müssten sich besser informieren und aktiver eingreifen, mehr Nachrichten gucken und nicht so viele Soap Operas (lacht). Dann würden sie auch nicht auf die Polemik hereinfallen, wie sie Sarah Palin oder Michele Bachmann verbreiten. Die sind echte Giftspritzen, aber Lösungen haben sie nicht. Aber sie sind populär. Navidi: Ja, sie lassen sich auch nicht mehr übersehen. Jeder vernünftige Mensch weiß, dass Amerika Schulden abbauen und Strukturreformen in Angriff nehmen muss. Das betrifft das Ausbildungssystem, das Rentensystem, die Gesundheitsfürsorge Medicare und Medicaid sowie die verstaatlichten Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac, die immer noch Verluste anhäufen. Hinzu kommt die Alterung der Gesellschaft, die das Rentensys22 Navidi: Weil sie alles extrem vereinfacht darstellen. Jetzt, wo es den Menschen nicht so gut geht, ist es natürlich einfach, Feindbilder zu kreieren. Man muss wahrscheinlich schon froh sein, wenn kein Tea-Party-Kandidat den Präsidentschaftswahlkampf gewinnt. Das wäre wirklich beängstigend. Was erneut die Frage aufwirft, wie dieses Land die Fähigkeit zu Reformen finden soll. 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE Foto: Tobias Everke Aber jetzt werden die Probleme endlich ernst genommen? INVESTMENT TOPiC Navidi: Es geht wohl nur durch Schocks und massiven Druck von außen... Ein weiteres Problem ist die anhaltende Krise auf dem Häusermarkt. Sehen Sie Zeichen der Besserung oder müssen wir uns darauf einstellen, dass Überschuldungen und Zwangsversteigerungen noch auf Jahre das Wachstum bremsen? Navidi: Die Häuserpreise fallen jetzt seit fünf Jahren. Nach seriösen Schätzungen übersteigt bei rund zehn Millionen Amerikanern die Hypothek den Wert des Hauses. Auch Leute mit vormals solider Kreditwürdigkeit bei einer globalen Betrachtung gibt es nicht viele Länder, die die Weltkonjunktur nachhaltig stützen. In China wird sich das Wachstum abflachen, Europa ist in der Krise. Wenn sich Anzeichen für einen Double Dip mehren, wird es vermutlich ein QE3 geben... ...die Federal Reserve wird also erneut die Geldmenge ausweiten. Halten Sie das wirklich für wahrscheinlich? Navidi: In irgendeiner Form schon. Welche Alternativen gibt es denn? Die Möglichkeiten sind ausgeschöpft. Und es ist immer das einfachste, die Geldpresse anzuschmeißen. Mattauch und Navidi führten das Gespräch im Rockefeller Center in Midtown Manhattan. kommen immer mehr unter Druck. Wir müssen also damit rechnen, dass weitere zehn Millionen Häuser in die Zwangsversteigerung gehen – wenn nicht durch Schuldennachlass und Refinanzierung gegengesteuert wird. Die Regierung macht den Banken gegenwärtig Druck, um eine weitere Abwärtsspirale zu verhindern. Optimisten gehen davon aus, dass die Nachfrage nach Wohneigentum bald wieder anzieht... Navidi: 70 Prozent des US-Inlandsprodukts ging vor der Krise in den Konsum, und der ist über steigende Hauspreise finanziert worden. Heute sparen die Leute. Wo soll die Nachfrage herkommen? Wir haben noch auf Jahre hinweg ein massives Überangebot auf dem Immobilienmarkt. Sehen Sie die Gefahr einer erneuten Rezession? Navidi: Ja, durchaus. Wir erleben einen DeleveragingProzess, der auch noch eine Weile anhalten wird. Und 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE Wie beurteilen Sie die Zukunft des Dollar? Navidi: Seine Bedeutung als Leitwährung wird über das nächste Jahrzehnt abnehmen. Anleger werden diversifizieren und vermehrt andere, auch asiatische Währungen einsetzen. Die Chinesen wollen raus aus dem Dollar, müssen raus! Das geht nur nicht über Nacht. In welchem Maße der Euro profitiert, wird man sehen. Wenn sich die Währungsunion künftig auf Kernstaaten beschränkt, wird er stärker werden. Deutschland schien von den Verwerfungen lange Zeit merkwürdig unberührt, erlebte eine Sonderkonjunktur... Navidi: ... die aber, wie sich jetzt bereits zeigt, unmöglich anhalten kann, wenn sich das weltweite Wachstum abschwächt und an die Stelle der Exportnachfrage keine Binnennachfrage tritt. Sie leben jetzt seit zehn Jahren in New York. Wie hat sich die Wall Street seither verändert? 23 2 INVESTMENT TOPIC Navidi: Ich kam kurz vor dem Terroranschlag 9/11, deshalb erlebte ich die Wall Street erst mal in Krisenstimmung. Dann ging es steil nach oben, euphorisch geradezu, bis etwa Mitte 2007, als die ersten Risse sichtbar wurden und schließlich Panik ausbrach. Zurzeit herrscht Ratlosigkeit. Alle fragen sich, wie es weitergeht. Für die Stimmung an der Wall Street spielt die Zukunft der USWirtschaft eine entscheidende Rolle. Was beschäftigt die Investoren besonders? Navidi: Die Veränderung der Koordinaten im Finanzsystem. Es ist nichts mehr so, wie es früher war. Die Schulden der Verbraucher sind auf die Banken verlagert worden und von den Banken auf Regierungen. Die Folge ist, dass die Politik viel mehr Gewicht in der Wirtschaft hat, viele Entscheidungen jetzt von Politikern abhängen. Die handeln nach ihren eigenen Kriterien, und das ist nicht das Terrain der Investoren. Selbst George Soros sagt, dass er die Märkte nicht mehr versteht. Navidi: Klar ist jedenfalls, dass man den Parketthandel nicht mehr braucht. Aber er ist in den Augen der Amerikaner geradezu ein Denkmal – und eine gefragte Medienkulisse. Deshalb wird er bleiben. Die NYSE ist eine Top-Marke, die vermutlich weiter an Bedeutung verliert, aber niemals so viel, dass dieses Symbol des amerikanischen Kapitalismus überflüssig wird. Die NYSE wird gerade von der Deutschen Börse übernommen, was für viele US-Händler schwer zu akzeptieren war. Als WallStreet-Kommentatorin sind Sie oft auf dem Parkett. Hat sich der Unmut gelegt? Navidi: Die Rückmeldungen, die ich von Händlern bekomme, sind inzwischen positiv. Die Synergien werden als positiv wahrgenommen und man ist stolz, einen starken Partner zu bekommen. Die Deutschen haben das auch gut gemacht. Sie haben auf nationale Empfindlichkeiten Rücksicht genommen, und sie haben mit Duncan Niederauer einen amerikanischen, hoch angesehenen CEO installiert. Das heißt, es ist Berechenbarkeit verloren gegangen. Was wird sich durch die Fusion ändern? Navidi: Jamie Dimon, der Chef von JP Morgan Chase, hat neulich gesagt, wenn er in die Politik hätte gehen wollen, dann wäre er nach Washington gegangen und hätte nicht die Führung einer Bank übernommen. Er war ziemlich genervt. In den USA wird erbittert um die Umsetzung der Finanzmarktregulierung gestritten, des sogenannten Dodd-Frank-Gesetzes. Aus deutscher Sicht ist schwer verständlich, warum Republikaner Arm in Arm mit der Wall Street gegen Vorschriften kämpfen, die doch den Finanzplatz sicherer machen sollen. Navidi: Weil die meisten Finanzmarktteilnehmer im Eigeninteresse handeln. Die Wall Street denkt nicht langfristig. Warum auch? Es hat für diejenigen, die vor der Krise verantwortliche Positionen bekleideten und Millionen verdienten, bisher kaum rechtliche oder finanzielle Konsequenzen gegeben. Navidi: Da die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt wird, befürchten Investoren, dass die Preise steigen. Niederauer argumentiert, dass die Gebühren durch die Synergien tendenziell sinken. Man wird sehen. Zum Abschluss: Was raten Sie den Lesern von INVESTMENT INSIDE – sind die USA noch ein interessantes und sicheres Anlageland? Navidi: Konkrete Anlagetipps gebe ich aus juristischen Gründen nicht. Aber natürlich gibt es in den USA viele gute Investments, insbesondere im Tech-Bereich. Die innovativsten Ideen und Erfindungen, die kommen immer noch aus den USA. Was die Sicherheit angeht: Die USA sind vermutlich „too big to fail“. Nur auf einen kann man mehr zählen als auf den besten Freund, und das ist der Gläubiger, im Fall der USA also China. Es klingt vielleicht hart, aber wenn man keine Alternativen hat, gibt es – letztlich – auch kein Problem. Hat die Rettung des Bankensystems falsche Anreize gesetzt? Die Tendenz geht immer mehr zu Dark Pools und High Frequency Tradern. Wird die NYSE bedeutungslos? 24 Sandra Navidi machte sich in diesem Jahr mit ihrer eigenen Consultingfirma selbstständig. Zuvor war sie Director of Research Strategies und Senior Relationship Managerin bei Roubini Global Economics (RGE), der Researchfirma des New Yorker Starökonomen Nouriel Roubini. Sie vertrat RGE unter anderem auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Die gebürtige Deutsche ging 2001 nach New York, arbeitete bei der Vermögensverwaltung Muzinich & Company und später bei der Investmentfirma Scarsdale Equities. 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE FotoS: Tobias Everke, UNTERNEHMEN Wir danken Ihnen für dieses Interview. Navidi: Moral Hazard, ja. Ich sehe auch als Problem, dass die Banken durch die Krise noch größer geworden sind. Einige Konkurrenten sind vom Markt – JP Morgan hat Bear Stearns übernommen, die Bank of America Merrill Lynch, viele Regionalbanken haben Pleite gemacht. Die großen Spieler haben jetzt noch mehr Einfluss, auch auf die Politik. Und natürlich möchten sie so wenig wie möglich von Regulierern gegängelt werden. INVESTMENT PRACTICE Boomen Mittelstand-Bonds zu Recht? Viele Investoren stürzen sich geradezu auf Anleihen mittelständischer Unternehmen. Während Jürgen Detering von Johannnes Führ Asset Management die Renditen für attraktiv hält, warnt Jens Spudy von Spudy & Co. Family Office vor unvorhersehbaren Risiken. Jürgen Detering Jens Spudy ist Leiter Institutionelle Kunden bei der Johannes Führ Asset Management AG. Zuvor war er in leitenden Positionen im Private Wealth Management und im Asset Management tätig. Dazu gehörten Stationen bei Prudential Bache, Bank of Ireland und BNP Paribas. Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der Spudy & Co. Family Office GmbH. Seit 1994 ist Spudy Unternehmer. Nach seinem BWL-Studium arbeitete er von 1991 bis 1994 für die Deutsche Bank. Spudy war bei der Bundesmarine und ist Leutnant zur See. Pro Contra Die Verschärfung der Bankenregulierung hat negative Folgen für die Kreditvergabe der Banken, sodass mittelständische Unternehmen sich in der Unternehmensfinanzierung breiter aufstellen müssen. Die Zurückhaltung bei der Kreditvergabe der Banken trifft hier auch auf den Wunsch der mittelständischen Unternehmen, sich vom Hausbankkredit unabhängiger zu machen. Zwar bleibt der Bankkredit ein Kernelement der Finanzierung, die Fremdfinanzierung über den Kapitalmarkt in Form von Mittelstandsanleihen wird aber eine immer größere Rolle spielen. Prinzipiell sind Mittelstandsanleihen interessant. Sie versprechen Renditen zwischen fünf und zehn Prozent. Dagegen sind die Renditen von Staatsanleihen äußerst niedrig. Im aktuellen Umfeld jedoch können Investoren nur sehr schwer einschätzen, ob die Rendite/Risiko-Erwartungen der Emittenten von Mittelstandsanleihen realisierbar sind. Die Einschätzungen von Ratingagenturen helfen kaum weiter. Auch hinter einem Triple-AAA-Rating können verborgene Risiken lauern. Wichtig ist die Struktur der Anleihe. Ähnlich wie bei strukturierten US-Anleihen in der Vergangenheit kann eine Anleihe bewusst so konstruiert sein, dass sie den Anforderungen für Bestnoten entspricht. Bei einer Investition muss zudem beachtet werden, dass eine Mittelstandsanleihe nicht den gleichen Grad der Liquidität besitzt wie eine Staatsanleihe. Mit eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Mittelstandsanleihen sind die neuen Emissionsplattformen der Börsen. Wichtig für den Anleger ist, dass die Unternehmen Zulassungsbedingungen erfüllen müssen, die für mehr Transparenz und einen verbesserten Qualitätsstandard sorgen sollen. Zum Beispiel muss ein Unternehmensrating vorliegen und ein aufwendiger Prospekt erstellt werden. Für Investoren bietet sich hier die Chance, am globalen Erfolg der mittelständischen Unternehmen zu partizipieren, die sich im Wachstum befinden und ein überzeugendes Geschäftsmodell aufweisen. Durch die Investition in Anleihen solcher Unternehmen sind höhere Renditen zu erzielen. Eine breit diversifizierte Fondslösung ist dabei einer Investition in einen Einzeltitel vorzuziehen. So hat der JohannesFühr-Mittelstands-Rentenfonds bisher in etwa 80 Unternehmen investiert und erwartet eine Durchschnittsrendite zwischen fünf und sieben Prozent. 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE Zudem unterliegen die meisten mittelständischen Unternehmen nicht den gleichen strengen Transparenz- und Publizitätspflichten wie börsennotierte Gesellschaften. Das erschwert die Analyse. Im Ergebnis ist das Emittentenrisiko selbst für Profis schwer einzuschätzen. Bedenken sollten Investoren auch, dass wenn ein Unternehmen Anleihen emittiert, der Grund dafür auch darin liegen kann, dass Banken nicht mehr bereit sind, das Unternehmen mit Krediten zu vertretbaren Konditionen zu unterstützen. Im Falle der Emission einer Anleihe generieren Banken zwar keine unmittelbaren Umsätze durch die Vergabe eines Kredites, jedoch verdienen sie an der Emission und der Strukturierung von Anleihen. 25 3 INVESTMENT PRACTICE Islamic Finance: In Deutschland Fehlanzeige Weltweit steigt die Bedeutung von islamkonformen Geldanlagen. Islamic Finance ist mehr als ein religiös motiviertes Konzept zum Umgang mit Geld. Der Begriff steht für eine reale Form des Wirtschaftens. In Deutschland gibt es bislang nahezu keine entsprechenden Produkte. „Mit den Prinzipien von Islamic Banking wäre die Finanzkrise nicht so abgelaufen“ Murat Ünal Gründer und Vorstand Funds@Work AG enorm: Weltweit gehören 1,6 Milliarden Menschen diesem Glauben an. Und nur zwei Prozent der weltweiten Investments entsprechen den Regeln des Islam. Islamic Banking basiert auf einem Zinsverbot, das auf den Propheten Mohammed zurückzuführen ist. In der islamischen Ökonomie besitzt Geld keinen Wert und darf daher nicht als Handelsware genutzt werden. In vielen islamischen Ländern nehmen daher Unternehmen keinen Kredit auf, sondern beteiligen ihre Investoren am Erfolg. Auch Häuslebauer zahlen dort keinen Zins an ihre Bank, sondern eine Art Miete. Generell verboten sind Spielen und Wetten. Investments in bestimmte Branchen sind ebenfalls untersagt: Dazu zählen Alkohol-, Tabak- oder Glücksspielindustrie, aber auch Waffenindustrie, Pornografie oder sogar konventionelle Finanzdienstleistungen. Zudem 26 dürfen Aktionäre keine Dividende kassieren. Diese werden regelmäßig an karitative Organisationen gespendet. „Islamic Finance setzt grundsätzlich den realen Tausch von Gütern und Dienstleistungen voraus“, erklärt Murat Ünal, Gründer und Geschäftsführer der Consultingfirma Funds@Work. Der Handel mit Futures und anderen Optionsgeschäften ist damit nicht erlaubt. Kreditderivate oder auch die Verpackung von Immobilienkrediten in verschachtelte Zweckgesellschaften sind schlicht verboten. Auch Spekulationen mit Nahrungsmitteln über Derivate sind tabu. Es kann jeweils nur gehandelt werden, was real vorhanden ist. Daher müssen Kreditgeber und Banken Risiken teilen. So bestehen auch keine Fehlanreize für hochspekulative Investments. Keine Finanzkrise mit Islamic Banking „Mit den Prinzipien von Islamic Banking wäre die Finanzkrise mit großer Sicherheit nicht passiert“, sagt Ünal. Kein Wunder also, dass das Interesse an diesem Ansatz auch in konservativen und christlichen Anlegerkreisen zunimmt. Denn dieser Ansatz ist vor allem ein nachhaltiges Konzept zum Umgang mit Geld. Susilo Bambang Yidhoyono, Präsident des bevölkerungsreichsten muslimischen Landes Indonesien, sieht Islamic Finance sogar in einer Vorreiterrolle. „Es ist Zeit für islamische Banken, Missionarsarbeit im Westen zu leisten.“ Nicht nur an den Bankschaltern muslimischer Länder gehören islamkonforme Produkte zum Repertoire. „In Ländern wie Malaysia liegt der Anteil von Islamic Finance bei zehn Prozent. Der Großteil macht auch hier die konventionelle Finanzindustrie aus“, erläutert Ünal. Auch in Großbritannien sind diese Geldanlagen weit verbreitet. Rund 20 englische Geschäftsbanken vertreiben islamkonforme Anlageprodukte. Ihr Wert: rund sechs Milliarden Pfund. Wichtigster Handelsplatz in Kontinentaleuropa ist Luxemburg, wo mehr als 40 islamkonforme Fonds und Subfonds aufgelegt wurden. Dagegen hinkt die Entwicklung in Deutschland hinterher, obwohl mehr als vier Millionen Muslime hier leben. 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE Fotos: Unternehmen Der Umbruch in den Ländern Nordafrikas erinnert an den Fall der Berliner Mauer vor mehr als 20 Jahren. Die Revolutionen kennzeichnen eine Zeitenwende. Abseits der Schlagzeilen gewinnen islamische Investoren weltweit an Bedeutung. Und das liegt nur teilweise an den arabischen Ölstaaten, die mit milliardenschweren Staatsfonds auf Einkaufstour gehen. Auch Islamic Finance erlebt derzeit ein enormes Wachstum. Weltweit liegt das Volumen, das nach solchen Grundsätzen verwaltet wird, bei rund 900 Milliarden Dollar. Experten gehen von einem jährlichen Zuwachs von 20 Prozent aus. Schätzungen zufolge werden Moslems in zehn Jahren die Hälfte ihrer Spareinlagen von derzeit rund 2,5 Billionen Dollar islamkonform investieren. Das Potenzial ist INVESTMENT PRACTICE Das potenzielle Marktvolumen für islamkonforme Anlageprodukte liegt nach einer Schätzung des Institute for Islamic Banking and Finance (IVIBAF) in Frankfurt in Deutschland bei 1,2 Milliarden Dollar pro Jahr. Jährlich sparen die 4,4 Millionen Muslime zwischen 2,2 und sechs Milliarden Euro. Das gesamte Sparvolumen liegt zwischen 25 und 40 Milliarden Euro. „Der vorhandenen „Unser Bankenlandschaft basiert auf Zinsgeschäften, die der Islam ausdrücklich verbietet.“ Uwe Zimmer Vorstandsvorsitzender Meridio Vermögensverwaltung Nachfrage steht aber aktuell noch kein adäquates Angebot gegenüber“, beklagt Zahid El Mogaddedi, Leiter des IVIBAF. Bisher konnten sich Produkte nicht durchsetzen. So hatte die Fondsgesellschaft Cominvest, die heute zu Allianz Global Investors gehört, einen shariakonformen Fonds aufgelegt, der mittlerweile wieder geschlossen wurde. Das Volumen der drei weiteren in Deutschland aufgelegten shariakonformen Aktienfonds ist gering. Dabei zeigten sich bei einer repräsentativen Umfrage unter Muslimen in Deutschland 70 Prozent interessiert an islamkonformen Finanzprodukten. Doch warum halten sich die deutschen Banken zurück? „Unsere Bankenlandschaft basiert auf Zinsgeschäften, die der Islam ausdrücklich verbietet“, erklärt Uwe Zimmer, Vorstandsvorsitzender der Meridio Vermögensverwaltung. Er bietet mit dem Meridio Global Islamic Multi Asset Fonds eines der wenigen islamkonformen Produk- te für den deutschen Markt an. Zimmer sieht die deutschen Banken vor einem Glaubwürdigkeitsproblem: „Entweder die Kunden glauben, dass die Bank nicht islamkonform ist. Und hätten sie zum Beispiel einen eigenen Fonds, würde die Kompetenz bei der islamkonformen Auswahl der Titel angezweifelt“, so Zimmer. Bisher waren sämtliche Ansätze nicht von Erfolg gekrönt. Zimmer versucht nun, den Meridio Global Islamic Multi Asset Fonds mit einem Vertriebspartner direkt an die Türken in Deutschland zu vertreiben. Nicht nur auf dem Investmentsektor ist der deutsche Markt unterentwickelt. Auch beim Thema Immobilienfinanzierung gibt es keine passende Lösungen: „Viele muslimische Familien würden gerne ein Eigenheim kaufen. Doch wegen der Zinsproblematik kommen Bank und Kunde oft nicht zueinander“, weiß Zimmer. Damit für 650.000 Haushalte der Immobilienkauf attraktiv wird, müssten die Banken ein System ohne Zinsen entwickeln. Bei einer islamkonformen Immobilienfinanzierung kaufen Bank und Kunde das Haus gemeinsam. Der Kunde bezahlt am Anfang so viel, wie sein Eigenkapital zulässt. Danach trägt er keine Hypotheken ab, sondern erwirbt über die Miete einen immer größeren Anteil an der Immobilie, bis er schließlich alleiniger Eigentümer ist. Das Problem dabei: Die Grunderwerbssteuer fiele bei einer solchen Finanzierung in Deutschland zweimal an. In Großbritannien wurde diese Doppelbesteuerung vom damaligen Finanzminister Gordon Brown abgeschafft. In Deutschland fehlt es noch an einer Initialzündung dieser Art, aber Zimmer ist optimistisch: „Wenn der Gesetzgeber hier die Regeln vereinfacht und eine Bank Produkte auflegt, werden auch die anderen folgen. Wenn der Zug sich in Bewegung setzt, kann das Potenzial von Islamic Banking auch in Deutschland voll zum Tragen kommen.“ Dirk Wohleb Investoren verlangen mehr Transparenz Die Sharia umfasst die Gesamtheit aller Gebote und Verbote des Islam. Ziel ist es, der Gemeinschaft Nutzen zu bringen und Schaden abzuwenden. Wie genau eine islam- oder shariakonforme Geldanlage auszusehen hat, ist auch unter Fachleuten strittig. Diese Frage ist Auslegungssache. Darüber müssen im Einzelfall muslimische Gelehrte entscheiden. In Staaten wie dem Iran existiert ein National Sharia Board, das über die Einhaltung der Regeln wacht. In vielen muslimischen Ländern existiert ein solches Gremium nicht. Daher gibt es in der Regel für Banken und einzelne Produkte ein Sharia Board, das die Einhaltung der Regeln überprüft. Doch dieser Prozess läuft in der Regel hinter verschlossenen Türen ab und ist für Investoren kaum nachvollziehbar. Eine Netzwerkanalyse von Funds@Work über die Mitglieder dieser Kontrollgremien erregte in der islamischen Welt Aufsehen: „Manche Boardmitglieder arbeiten in 86 Gremien. Ob solch ein Gelehrter seine Kontrollpflicht allein aus zeitlichen Gründen wahrnehmen kann, ist fraglich“, zweifelt Mural Ünal, Gründer und Geschäftsführer von Funds@Work. Weiteres Resultat der Studie, die das Netzwerk von 600 Gelehrten unter die Lupe nahm: „Die Top Ten unter den Gelehrten machen 40 Prozent der Boardpositionen weltweit aus.“ Die Konsequenz: „Nun verlangen immer mehr Investoren Transparenz bei der Besetzung der Kontrollposten und den Entscheidungen“, erklärt Ünal. So sollen Protokolle von Sitzungen veröffentlicht werden. Und auch eine Beschränkung der Zahl der Mandate wird ernsthaft diskutiert. 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE 27 3 INVESTMENT practice Immobilien, Infrastruktur – oder beides? Autor Prof. Dr. Wolfgang Schäfers Universität Regensburg und Vorstand IVG Immobilien AG Der Rückzug des Staates aus verschiedenen Bereichen schafft vermehrt Anlagemöglichkeiten für privates Kapital. Große kanadische und australische Institutionelle haben heute bereits Infrastrukturquoten von bis zu 15 Prozent. Im ersten Quartal 2010 betrug das weltweite Volumen von Infrastrukturaktien 20,5 Billionen USDollar. Im ungelisteten Fondsbereich wurden während der vergangenen Jahre global zirka 200 Milliarden USDollar in Infrastrukturvehikel investiert. Forschung diesem Trend mangels qualitativ hochwertiger Daten hinterher. Institutionelle Investoren haben infolgedessen keine eindeutigen Informationen über das Performanceverhalten derartiger Assets. Von Interesse ist dabei vor allem die Frage, wie sich ein höherer Infrastrukturanteil auf die Zusammensetzung der Portfolios institutioneller Investoren auswirkt und welchen Anteil Infrastruktur grundsätzlich im Portfolio einnehmen sollte. Prinzipiell weisen direkte Infrastrukturinvestments ähnliche Eigenschaften auf wie direkte Immobilieninvestments. Die Vorteile von direkt gehaltenen Immobilien für die Diversifikation von gemischten Portfolios sind gut untersucht und hinlänglich bekannt: Immobilien weisen eine geringe Korrelation mit Aktien und Anleihen auf, sie bringen stabile Cashflows und schützen vor unerwarteter Inflation. Allerdings sind sie vergleichsweise illiquide und nur in großen Losgrößen erhältlich. Gemeinhin werden direkten Infrastrukturinvestments ähnliche Eigenschaften unterstellt: Auch Investitionen in mautpflichtige Tunnel, Straßen oder in die Energieversorgung liefern stabile, weitgehend konjunkturunabhängige Erträge. Direkt gehaltene Infrastruktur könnte also für die Portfoliodiversifizierung ähnlich vorteilhaft sein wie direkte Immobilienanlagen. Trotz der enormen Wichtigkeit der Infrastruktur hinkt die wissenschaftliche Um die Beziehung von direkten Immobilien- und Infrastrukturinvestments zu untersuchen, wurden breit diversifizierte US-Portfolios mit und ohne Infrastrukturanteil untersucht. Dies ergab, dass Portfolios ohne Infrastruktur theoretisch einen optimalen Immobilienanteil von bis zu 25 Prozent enthalten sollten. Bezieht man die Infrastruktur mit ein, sinkt der Immobilienanteil auf maximal sieben Prozent. Dies ist hauptsächlich dem hohen Diversifikationspotential von Infrastruktur geschuldet, wodurch Schwankungen von Aktien- und Anleihenrenditen noch effektiver ausgeglichen werden können als durch Immobilien. Diese Ergebnisse beziehen allerdings einen wichtigen Aspekt nicht mit ein: Die Situation des Gesamtmarktes muss berücksichtigt werden. Die Renditen der meisten Anlageklassen hängen stark von der Marktlage ab. Berücksichtigt man diesen Faktor, zeigt sich, dass in Phasen des Marktwachstums Aktien, Rohstoffe, REITs und direkte Infra- 28 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE Foto: UNTERNEHMEN Infrastrukturinvestments finden zunehmend Berücksichtigung in den Portfolios institutioneller Investoren. Dies liegt unter anderem am Privatisierungsdruck, der seit einigen Jahren auf den öffentlichen Haushalten lastet. strukturinvestments die dominierenden Assetklassen sind. Immobilien hingegen liefern in Phasen schrumpfender Märkte gute Ergebnisse und helfen die Mindererträge anderer Anlageklassen auszugleichen. Infrastruktur bei rezessiven Marktentwicklungen In Abhängigkeit vom anvisierten Ertrag sind Immobilienquoten von bis zu 27 Prozent zu empfehlen. Direkte Infrastruktur sollte bei rezessiven Marktentwicklungen ebenfalls eine größere Gewichtung im Portfolio erfahren. Infrastruktur bietet in fallenden Aktienmärkten Diversifikationsvorteile und ist zudem selbst relativ risikoarm. In Rezessionen sind Immobilien allerdings der Infrastruktur beim Aspekt Rendite überlegen. Steigen die anvisierten Renditen, verkleinert sich der optimale Infrastrukturanteil eines Portfolios stärker als der Immobilienanteil. Beide Assets – direkte Infrastruktur- und direkte Immobilieninvestments – leisten einen wichtigen Beitrag zur Portfoliostabilität, wenn der Gesamtmarkt schrumpft. Daher sind beide zu empfehlen, wenn das Hauptziel der Schutz des Portfolios ist und die Investoren zugleich gewillt sind, diesem Ziel einen Teil der Rendite zu opfern. Wollen Anleger hingegen eher von Aufwärtsbewegungen des Marktes profitieren, sollten sie vorwiegend in Aktien und Rohstoffe investieren. Allerdings ist die Umsetzung dieser Empfehlungen in die Realität nicht ganz einfach: Die Portfolioanpassung an die jeweiligen Marktgegebenheiten ist kostenintensiv, da der Kauf und Verkauf von direkt gehaltenen Immobilien oder Infrastruktur hohe Transaktionskosten mit sich bringt. Einen möglichen Ausweg hierfür stellen nicht gelistete Fondsvehikel dar. Unsere Untersuchungen ergeben, dass sowohl bei positiver als auch bei negativer Marktlage eine signifikante Gewichtung von direkter Infrastruktur in gemischten Portfolios institutioneller Investoren zu empfehlen ist. Allerdings kann weder Infrastruktur noch eine andere alternative Assetklasse Immobilien in einem gemischten Portfolio komplett ersetzen. Die Vorteile von direkten Immobilieninvestments sind überzeugend: Es existiert keine andere Anlageklasse, die in einem negativen Marktumfeld so hohe Renditen liefert und gleichzeitig ähnliche Diversifikationsvorteile mit sich bringt. Prof. Dr. Wolfgang Schäfers ist Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienmanagement an der IREBS International Real Estate Business School der Universität Regensburg und Vorstand der IVG Immobilien AG. An der Studie „Portfoliooptimierung: Immobilie oder Infrastruktur – oder beides?“ wirkten Tobias Dechant und Konrad Finkenzeller mit. 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE Impressum Herausgeber / Verlag Erscheinungsweise FID Verlag GmbH monatlich Koblenzer Straße 99 Heftpreis 16,50 € pro Ausgabe 53177 Bonn Telefon: 0228 / 9550-333 Bei Bestellung Fax: 0228 / 8205-5736 Internet: www.investment-inside.de Versand im Inland inklusive. E-Mail: [email protected] Abonnentenservice Geschäftsführung: Das Jahresabonnenement von Jörg Ludermann (Vorsitzender), Investment Inside (zwölf Ausgaben) Sandra Witscher, Helmut Graf kostet 122 € (inkl. USt. und Versand Bereichsleitung: Susanne Santjer in Deutschland). Ust.-IdNr.: 811270471 Auslandspreise inkl. Versand: ISSN: 2191-1258 Österreich 155 €, Schweiz 201 CHF, Verbreitete Auflage: 17.337 sonstige auf Anfrage. (II/2011, laut IVW-Aufnahmeprüfung) Studenten erhalten gegen Chefredakteurin und verantwortlich für den Inhalt Ulrike Germann Büro Düsseldorf: Ahornblick 16 40629 Düsseldorf Tel. 0211 / 8639 986 -1 E-Mail: [email protected] Internet: www.investment-inside.de Stellvertretender Chefredakteur Stefan Terliesner Chefin vom Dienst Martina Fehring einen Nachweis 25 Prozent Rabatt. Abo-Bestellungen senden Sie bitte an: FID Verlag GmbH Abonnenten-Service Investment Inside Koblenzer Straße 99 53177 Bonn E-Mail an: [email protected] Anzeigen Anzeigenabteilung FID Verlag GmbH Koblenzer Straße 99 53177 Bonn Redaktion Sebastian Becker (Korrespondent Anzeigenleitung Osteuropa), Christian Euler, Christine Juliane Schneider Mattauch (Korrespondentin New York), Büro: Wallmenacher Weg 9 Barbara Ottawa (Korrespondentin Europa), Detlef Pohl, Bodo Scheffels, Eberhard Seitz, Silke Siems, Claudia Wanner (Korrespondentin Asien) , Dirk Wohleb Grafik net:x Kommunikationsagentur, Rethelstraße 153, 40237 Düsseldorf, Inhaber André Winkelheck Titelbild Tobias Everke © Copyright für alle Beiträge bei FID Verlag GmbH. Alle Rechte vorbehalten. 56355 Diethardt Telefon 0228 / 82 05-77 42 Mobil 0151 / 16 512 47 4 E-Mail: [email protected] Internet: www.investment-inside.de Druck Görres-Druckerei und Verlag GmbH Carl-Spaeter-Straße 1 56070 Koblenz 4 INVESTMENT FActs Geringere Volatilität mit Sachwerten Meeting mit... Michael Montag, Aquila Ort: Redaktion INVESTMENT INSIDE, Düsseldorf Gesprächspartner: Eberhard Seitz, Autor INVESTMENT INSIDE Meetingzeit: 19. September 2011, 14 bis 15 Uhr Thema: Sachwertinvestitionen zur Stabilisierung des Portfolios In Sachwerte zu investieren hat neben der ökonomischen Dimension auch eine ethische. Mit einer Investition in Agrar- oder Waldflächen wird in die Produktion von Nahrungsmitteln und Rohstoffen investiert und nicht auf Preisveränderungen spekuliert. Im Zeichen des Energiewandels ist der Ausbau erneuerbarer Energien wie Solar, Wind und Wasserkraft gesellschaftlich und politisch gewollt und als Ersatz für nicht erneuerbare Energieträger unabdingbar. 30 Welche Renditen sind mit den genannten Sachwerten zu erzielen? Montag: Wir gehen bei Wald und Agrar von einem IRR in Höhe von rund sieben bis neun Prozent, bezogen auf die 15-jährige Laufzeit der Fonds, aus. Im Bereich der erneuerbaren Energien von rund acht Prozent. Aquila bietet zum Thema drei neue Fonds für institutionelle Investoren an. Worin unterscheiden die sich von den vielen anderen Sachwertefonds, die es längst schon gibt? Montag: Die Fonds sind explizit auf die formalen Anforderungen institutioneller Investoren zugeschnitten und als SICAV/SIF strukturiert. Dieses Vehikel ist nicht neu, seine Rolle für Sachwertanlagen im institutionellen Bereich gewinnt allerdings zunehmend an Bedeutung. Die Fonds sind steuerlich sauber und spezialfondsfähig, darüber hinaus können Investitionen in Grund und Boden, wie sie bei Agrar und überwiegend auch Wald der Fall sind, zum großen Maße der Immobilienquote angerechnet werden, was für viele VAG-Investoren von entscheidender Bedeutung ist. Große institutionelle Investoren setzen lieber auf Direktinvestments. Das soll lohnender sein. Richtig? Montag: Richtig, allerdings muss auch das nötige Knowhow vorhanden sein, diese zu managen. Gerade für mittelgroße Investoren, die selbst nicht über die notwendige Expertise verfügen, ist ein Fonds-Investment der bessere Weg. Die Diversifikation innerhalb eines Fonds, bietet Investoren außerdem eine bessere Absicherung. 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE Foto: Unternehmen Statement von Michael Montag: Auf der Suche nach alternativen Anlageformen, die weitgehend unabhängig von den Bewegungen der Aktien- und Anleihemärkte sind, rücken bei vielen Investoren Sachwerte in den Vordergrund. Dazu zählen auch Investitionen in Agrarland, in Wälder und in erneuerbare Energien. Im Gegensatz zu anderen Sachwertanlagen wie Immobilien oder Gold spielen Konjunkturzyklen und aktuelle Marktschwankungen hier eine nur untergeordnete Rolle. Die Weltbevölkerung wächst, gleichzeitig verknappen sich die lebenserhaltenden Güter und Energierohstoffe: Pro Jahr gehen etwa 17 Millionen Hektar bewirtschaftbare Fläche durch Umweltverschmutzung, Urbanisierung, Erosion, Wassermangel und Versalzung verloren. Aufgrund der Verknappung gewinnt das Land zunehmend an Wert. Ein ähnliches Bild bietet sich bei den Waldflächen: Es besteht eine direkte Abhängigkeit zwischen der Entwicklung der Weltbevölkerung und der Nachfrage nach Holz. Jährlich gehen jedoch weltweit 13 Millionen Hektar Waldfläche verloren. Hinzu kommt das nahende Ende der Verfügbarkeit von nicht erneuerbaren Energien wie Erdöl und Erdgas. Wenn es zu einer starken Verknappung kommt, finden sich dann auf Dauer noch gute Investitionsobjekte? Schließlich sind Sachwertinvestitionen ja schon länger im Trend. Montag: Natürlich liegen gute Anlageobjekte nicht auf der Straße und sind nicht unendlich skalierbar. Dank unserer guten Beziehungen zu Marktteilnehmern durch Vorgängerfonds konnten wir uns jedoch frühzeitig Projekte zu guten Konditionen sichern, was uns eine hohe Investitionseffizienz ermöglicht. Zwölf bis 18 Monate nach dem ersten Closing der jeweiligen Fonds sollten wir voll investiert sein. Wie unabhängig sind denn Sachwertinvestitionen von Konjunktur und Märkten? Montag: Sachwertinvestitionen haben keine Wertpapierkennnummer, mit denen man sie via Bloomberg identifizieren könnte. Vielmehr ist der Dealflow sehr stark netzwerkgetrieben und folgt klassischen Kaufmannsgesetzen wie erarbeitetem Vertrauen, Preisverhandlungen oder Vertrauen auf das gesprochene Wort. Netzwerk und praktische Erfahrung sind viel wichtiger als bei liquiden Anlagen, bei denen man sich nicht über mehrere Jahre binden muss. Sachwertinvestments unterliegen weitaus weniger Bewertungszeitpunkten als liquide Assets, sie entwickeln sich wertbeständiger und haben eine geringere Volatilität. Wer sein Geld ökologisch sinnvoll und rentabel anlegen will, vertraut seit 1991 auf den Informationsdienst Er liefert aktuelle Informationen und Tipps zu Wind-, Solar- und Wasserkraftbeteiligungen, Umweltaktien-Musterdepot (z.B. mit der Aktie Green Mountain Coffee Roasters, über +6.000% seit der Kaufempfehlung 2004 zu $ 1,70) Solar-Aktien-Index PPVX (+726% von 2003 bis Ende 2010) Öko-Aktien-Index nx-25 (+343% von Mai 2003 bis Ende 2010) Warnungen vor (grün-)schwarzen Schafen Ein kostenloses ÖKO-INVEST-Probeexemplar bzw. die Solaraktienstudie (ca. 100 Seiten, 38,50 Euro inkl. Versand) Weniger Volatilität klingt gut. Aber es gibt auch andere Risiken... Montag: Sachwertinvestitionen bergen Risiken auf der Betriebs- oder Betreiberebene, darüber hinaus Risiken in Bezug auf Lage oder Beschaffenheit der Investments. Und die Risiken von Preisschwankungen an den globalen Rohstoffmärkten. Im Vergleich mit einer global operierenden Aktiengesellschaft sind dies ganz ähnliche Risiken. Grundsätzlich ist die erzielbare Rendite bei jedem Investment mit entsprechenden Risiken gepaart. oder das 368-seitige Handbuch Grünes Geld 2011/12 (368 Seiten, 22,- Euro inkl. Versand) Was empfehlen Sie, wie hoch sollte der Anteil am Gesamtportfolio – sagen wir mal eines größeren Versicherers – denn aussehen? Montag: Grundsätzlich gilt, dass jede Portfoliodiversifizierung einen nachhaltigen positiven Einfluss auf die Gesamtperformance haben sollte. Eine Aussage zur genauen Höhe des Anteils am Gesamtportfolio ist allerdings nur unter Kenntnis des Gesamtbildes eines Investors zu treffen. Die Asset-Liability-Studie einer mir bekannten Pensionskasse hat ergeben, dass bis zu 20 Prozent an Sachwertinvestments für ihr Portfolio sinnvoll wären. Dies ist auf die Situation von anderen Investoren jedoch nicht eins zu eins übertragbar. Wir danken Ihnen für dieses Gespräch. 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE können Sie abrufen beim ÖKO-INVEST-Verlag Schweizertalstr. 8-10/5 A-1130 Wien Tel. 0043/1/876 05 01 email: [email protected] 4 INVESTMENT FActs Auswirkungen von UCITS IV auf institutionelle Anleger Autor Autor Alexander Poppe Norbert Stabenow Geschäftsführer Leiter Legal HSBC INKA HSBC Securities Services Germany Zum 1. Juli dieses Jahres ist das UCITS-IV-Umsetzungsgesetz in Kraft getreten und hat das Investmentgesetz (InvG) über die Regelungen für richtlinienkonforme Sondervermögen hinaus geändert. Die neuen Regelungen haben geringe Auswirkungen auf institutionelle Anleger. Für Private-Equity-Anlagen hat die Regierungsbegründung zu Diskussionen geführt, und zwar mit der Formulierung, dass Private-Equity-Strategien nicht in den Anwendungsbereich des InvG fallen. Seitdem wird mitunter vertreten, dass Investments in Private Equity für deutsche Fonds grundsätzlich unzulässig seien. Dies ist jedoch nicht haltbar. Erstens meint die Regierungsbegründung, dass ein Fonds nicht selbst unmittelbar Private-Equity-Strategien verfolgen darf im Unterschied zu Beteiligungen an Private-EquityFonds. Zweitens ist Private Equity kein im Investmentgesetz geregelter Begriff. Beteiligungsmöglichkeiten in Private Equity können rechtlich sehr unterschied32 lich strukturiert sein. Als geschlossene Fonds sind sie unter der Voraussetzung des Paragraph 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 InvG sogar für richtlinienkonforme Fonds investierbar. Drittens haben die Regierungsbegründungen zum InvG 2004 und zum InvÄndG 2007 ausdrücklich die beschränkte Beteiligung in Private Equity gestattet. Wettbewerb der Anbieter Die langfristig mögliche Änderung in der Wettbewerbssituation auf der Seite der Fondsanbieter dürfte für institutionelle Anleger die bedeutsamsten Änderungen der UCITS-IV-Umsetzung bringen. Auslöser ist die Regelung der grenzüberschreitenden Fondsverwaltung: Eine KAG kann nun erleichtert auch Fonds in einem anderen EU-Land verwalten, wogegen die Depotbank weiterhin ihren Sitz im Fondsdomizil haben muss. Es ist daher zum Beispiel möglich, dass eine deutsche Publikumsfondsgesellschaft keine Luxemburger Tochtergesellschaft mehr betreibt, sondern selbst unmittelbar Luxemburger Fonds auflegt. Diese Möglichkeit ist jedoch auf die Verwaltung von UCITS beschränkt. Die Verwaltung deutscher Spezialfonds aus dem Ausland ist dagegen nicht vorgesehen, sodass wir hier keine unmittelbaren Auswirkungen erwarten. Jedoch kann die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Verwaltung von UCITS bestehende Konzentrationstendenzen bei den Fondsgesellschaften beschleunigen, sodass auch Spezialfondsinvestoren in Zukunft weniger, aber größere Anbieter zur Auswahl haben werden. Fondsgesellschaften und Administratoren, 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE FotoS: UNTERNEHMEN Ein Blick auf die Vorschriften des InvG für die Spezialfonds zeigt nur wenige substanzielle Änderungen. Zunächst regelt das Gesetz die Anwendbarkeit der für Publikumsfonds geltenden Verschmelzungsregeln und legt fest, dass eine Verschmelzung von Spezialfonds auf Publikumsfonds und umgekehrt nicht zulässig ist. Ebenso ist eine Master-Feeder-Struktur unzulässig, wenn der Feederfonds ein Spezialfonds und der Masterfonds ein Publikumsfonds ist und vice versa. Eine wichtige Klarstellung, die die Verwaltungspraxis der BaFin bestätigt, erfolgt für die Investition in Schuldscheindarlehen und Private Equity. Die 20-Prozent-Grenze gilt nun ausdrücklich nur noch für nicht börsengehandelte Aktien und Unternehmensbeteiligungen, nicht mehr für Schuldscheindarlehen. Diese Freiheit wird jedoch für VAG-regulierte Anleger durch die im Kapitalanlagerundschreiben 4/2011 der BaFin enthaltene 30-Prozent-Grenze wieder eingeschränkt. INVESTMENT facts die länderübergreifend tätig werden wollen, müssen in der Lage sein, unterschiedliche Rechtsordnungen bei der Fondsverwaltung zu berücksichtigen. Diese beziehen sich nicht nur auf die Fondsverwaltung selbst, sondern auch auf die länderspezifische Steuergesetzgebung. Dies werden nur große Gesellschaften umsetzen können. Eine weitere denkbare Tendenz ist die Herausbildung großer Administratoren in den jeweiligen Ländern, die es Fondsgesellschaften unterschiedlicher Herkunftsländer ermöglichen, Fonds in den Sitzländern der Administratoren zu verwalten. In diesem Zusammenhang wird zum Teil das Entwicklungspotential der deutschen Master-KAG diskutiert. Sie wird gelegentlich als Zwischenschritt zu Fondsfabriken, Administrationsstätten und international aufgestellten Managern mit Zulassung als Fondsverwaltungsgesellschaft bezeichnet. Die bestehenden Tendenzen zeigen aber ein ganz anderes Bild. Die Master-KAG bietet als Fondsgesellschaft unterschiedlichen Asset Managern die Möglichkeit zum Fondsmanagement, ohne dass diese selbst eine Lizenz als Fondsverwaltungsgesellschaft benötigen. Ist es für Asset Manager dann noch sinnvoll, selbst eine Lizenz zur Fondsverwaltung zu beantragen? Dies ist sicherlich davon abhängig, welche Lösung weniger Aufwand birgt, und damit vom jeweiligen Einzelfall. Derzeit sprechen zumindest die jeweiligen Zulassungszahlen eher für die Zusammenarbeit von Master-KAGen mit Asset Managern als für die Lizenzierung von Asset Managern zur Fondsverwaltung. Eine solche wird auch künftig wohl nur für die ganz 10 | 2011 INVESTMENT INSIDE großen europäischen Asset Manager von Publikumsfonds in Betracht kommen. Auch aus Sicht des Spezialfondsanlegers ist ein Asset Manager als Fondsgesellschaft nicht nur positiv. Der Vorteil einer Master-KAG liegt für den Investor darin, eine Vielzahl unterschiedlicher Asset Manager für einen Fonds beauftragen zu können. Darüber hinaus erhält er ein einheitliches Reporting über alle AssetManagement-Mandate hinweg. Beides lässt ein Asset Manager mit Fondsverwaltungslizenz wohl kaum zu. Der Anleger kann das gleiche Ergebnis wie mit einer Master-KAG nur erreichen, wenn er eine DachfondsLösung wählt, die zusätzliche Gebühren verursacht. Aus Anleger- und Asset-Manager-Sicht kann die Master-KAG daher vielmehr als Blaupause für das Ausland und weniger als Zwischenlösung gelten. Die in den letzten Jahren gegründeten UCITS-Plattformen zeigen, dass es auch im Ausland Bedarf an den Möglichkeiten gibt, wie sie die Master-KAG bietet. Zusammenfassend haben institutionelle Investoren von der Umsetzung von UCITS IV wenige unmittelbare Wirkungen auf Spezialfonds oder sonstige Fondsprodukte zu erwarten. Diese bleiben der Umsetzung der AIFM-Richtlinie vorbehalten. Die größten Auswirkungen durch UCITS IV könnten sich für institutionelle Anleger aus den potenziellen Veränderungen auf der Anbieterseite, den KAGen und Fondsadministratoren, ergeben. UCITS IV ist durchaus in der Lage, hier den Konzentrationsprozess voranzutreiben, der sich nicht nur auf das Angebot von UCITS beschränkt. 33 Themen der nächsten Ausgabe Index Unternehmen und Institutionen, die in dieser Ausgabe erwähnt werden: Aquila 30; ASIP 12; Beyond Global 21; China Gold Association 10; Daimler-Benz 13; Deutsche Bank 14; Duke University 9; EZB 17, 18; Felix Investments 8, 9; Funds@work AG 26; GreenCrest Capital 8; HSBC Inka 32; HSBC Securities Services Germany 32; Trend zur Nachhaltigkeit Investoren haben in diesem Jahr ihre Engagements in nachhaltige Investments ausgebaut und wollen dies auch im kommenden Jahr fortsetzen. Nicht nur aufgrund soziologischer und ökologischer Institute for Islamic Banking and Finance 27; IVG Immobilien AG 28; Aspekte liegt Nachhaltigkeit im Trend. Investoren versprechen sich auch dauerhaft gute Renditen. IWF 19; Johannes Führ Asset Immer häufiger fordern sie nun von Unternehmen, sich nachhaltig und sozial zu verhalten. Vor al- Management 25; JP Morgan Hongkong 10; lem Stimmrechte in Hauptversammlungen werden stärker eingesetzt, um dieses Ziel zu erreichen. Meridio Vermögensverwaltung 27; Damit könnte sich langfristig die Industrie einer ganzen Nation verändern. Angebot von Infrastrukturinvestments Der Bedarf an Infrastruktur steigt weltweit, aber die Regierungen sind immer weniger gewillt oder Publica 12; Sammelstiftung Profond 12; Schweizerische Nationalbank 12; Spudy & Co. Family Office 25; in der Lage, die notwendigen Investitionen zu tätigen. Private Investoren werden daher dringend UBS 12; Universität Frankfurt 20; gesucht. Und attraktive Renditen sollen überzeugen. Universität Genf 20; Universität Hamburg 20; Lösungen für Pension Pooling Universität Oxford 20; Universität Grenzübergreifende Altersvorsorgelösungen für globale Unternehmen verbessern die Wettbe- Regensburg 28; Volkswagen 13; werbsfähigkeit und erleichtern die Verwaltung. Noch hinkt Deutschland hinterher, doch eine Lösung für ein steuertransparentes Pension Pooling ist in Sicht. Noch in diesem Jahr soll eine Entscheidung getroffen werden. Ausgabe 11/2011 Erscheinungstag: 2. November 2011 Bestellungen an: [email protected] Wissenschaftlicher Beirat des Bundesfinanzministeriums 16 Morningstar Investment Konferenz 2011 9. und 10. November 2011 Radisson Blu Hotel, Frankfurt am Main Morningstar Investment Konferenz 2011 Es ist wieder soweit. Am 9. und 10. November 2011 findet die Morningstar Investment Konferenz zum sechsten Mal in Frankfurt statt. Die Konferenz ist ein etabliertes Forum für Berater und institutionelle Investoren, das aktuelle Finanzthemen und hochkarätige Referenten aus der Investmentbranche mit einem qualifizierten Publikum teilt. Im Programm sind makroökonomische Ausblicke und praxisorientierte Themen rund um Fonds, ETFs und Beratung. Renommierte Referenten wie z.B. Dr. Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank AG und Thomas Breuer von Greenpeace sind bestätigte Redner. Und erfolgreiche Fondsmanager wie Dr. Jens Ehrhardt, Klaus Kaldemorgen, DWS, und Robin Batchelor von BlackRock. Sowie erfahrene Vertriebsverantwortliche von MLP, Argentos und Deutsche Bank. Morningstar ist seit zehn Jahren auf dem deutschen Markt aktiv. Dies feiern wir am Abend des ersten Konferenztages mit einer Jubiläumsparty. Konferenzteilnehmer sind zur Feier eingeladen. Seien Sie dabei. Wir freuen uns auf Sie! Anmeldung Mehr Informationen und Anmeldung unter www.global.morningstar.com/Konferenz Kontakt [email protected] Premium Sponsor »Absolute Return« made by Bantleon: Bantleon Opportunities L ■ Seit der Auflegung im März 2008 mit über 11 % Performance pro Jahr * ■ 5 Sterne von Morningstar und »Lipper Leader«* ■ Institutioneller Publikumsfonds mit individuellem Performance- und Risikoreporting ■ Ausschließlich hochqualitative Anleihen und Aktien Performance von Bantleon Opportunities L 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 –5 % 44,28 % Ø = 11,32 % pro Jahr 2008 2009 2010 2011 * Stand: 31. August 2011; Wertentwicklungen der Vergangenheit sind keine Garantie für künftige Entwicklungen. Diese Anzeige ist eine Werbemitteilung, dient der Beschreibung des Produktes und stellt weder eine Anlageberatung noch ein Angebot für den Kauf oder Verkauf dieses Produktes dar. Allein verbindliche Grundlage für den Erwerb von Anteilen des Fonds ist der Verkaufsprospekt in Verbindung mit dem neuesten Halbjahres- und/oder Jahresbericht. Diese Unterlagen erhalten Sie kostenlos in elektronischer oder gedruckter Form bei der Bantleon Bank AG, Bahnhofstrasse 2, CH-6300 Zug, der Bantleon AG, Karl-Wiechert-Allee 1A, D-30625 Hannover, oder unter www.bantleon.com. www.bantleon.com