Erfahrungsbericht: Erasmussemester an der Université Paris 8

Transcription

Erfahrungsbericht: Erasmussemester an der Université Paris 8
Erfahrungsbericht:
Erasmussemester an der Université Paris 8 Vincennes-Saint-Denis
1. Vorbereitung
Nach der Annahme des zugewiesenen Erasmusplatzes an der Université Paris 8 kam Anfang April
eine Email aus dem International Office der Université Paris 8 mit sämtlichen Hinweisen zum
direkten Einschreiben an der Uni. Die Schritte der Einschreibung wurden sehr detailliert
beschrieben und bei eventuellen Fragen konnte man sich sofort an Catherine Rochemont im IO
der Univ Paris 8 wenden. Obwohl ich mich schon im April für ein Zimmer im Studentenwohnheim
beworben hatte, wurde meine Bewerbung abgelehnt, da alle Plätze schon vergeben waren.
Nachdem ich alle Dokumente für die Einschreibung im April abgeschickt hatte, hörte ich von der
Université Paris 8 bis zu meiner eigentlich Ankunft in Paris nichts mehr. Es kam weder eine
Eingangsbestätigung meiner Registrierung, noch eine Antwort auf meine Bewerbung für die
Orientierungswoche „Stage Erasmus“ vor Beginn des eigentlichen Semesters. Als ich im August
dann doch ein wenig in Panik geriet, da ich immernoch keine Zusage erhalten hatte, habe ich mich
an das International Office der Uni in Paris gewendet, doch die gesamte Universität hat den
gesamten August Urlaub.
Ich bin Anfang September also mit dem Bus Richtung Paris aufgebrochen und gleich am Morgen
meiner Ankunft zum International Office gefahren. Dort wurde mir bestätigt, dass beim
Bewerbungsverfahren alles richig gelaufen sei und ich offiziell eingeschrieben war. Mir wurde
gleich mein Studentenausweis und meine Immatrikulationsbescheinigung ausgehändigt. Dass ich,
trotz Bewerbung, nicht für die Orientierungswoche eingeschrieben war, war überhaupt kein
Problem. Ich bin am ersten Tag der Orientierungswoche einfach zum Begrüßungstreffen
hingegangen und konnte mich selber einer Gruppe zuteilen.
Ich habe mir den „Stage Linguistique“ also zweiwöchigen Französischsprachkurs vorgestellt, doch
leider ging es eher darum Frankreich und die Universität kennenzulernen. Die Kurse, die
angeboten wurden, waren z.B. „Paris en chansons“, „Les clichés culturels“ oder „Vivre à Paris 8“.
Am Nachmittag wurden von den Organisatoren*innen der Orientierungswoche oder „Le Monde en
8“ Ausflüge ins Zentrum von Paris organisiert. Le Monde en 8 ist eine Studentengruppe, die
internationale Studenten empfängt und ihnen bei der Eingewöhnung zur Seite steht. Sie helfen
z.B. bei der Eröffnung eines französischen Bankkontos und organisieren Kennenlernabende.
All die Aktivitäten der Orientierungswoche waren freiwillig, aber es lohnt sich auf jeden Fall
teilzunehmen. Ich habe viele nette Leute aus aller Welt kennengelernt, habe mich in der Uni
besser zurechtgefunden und auch Paris besser kennengelernt.
2. Formalitäten
Bankkontos
Die Eröffnung eines Bankkontos ist nur mit festem Wohnsitz in Paris möglich, aber grundsätzlich
kein Problem. Le Monde en 8 haben eine Partnerschaft mit einer Bank abgeschlossen und helfen
somit gerne bei der Eröffnung eines Bankkontos.
CAF
Auch für ausländische Studenten*innen besteht die Möglichkeit eine Art Wohngeld, CAF, zu
beantragen. Ich kenne niemanden der für die kurze Aufenthaltsdauer CAF beantragt hat, da es mit
sehr viel Papierkram verbunden ist. Nichtsdestotrotz sollte man, insbesondere bei den Mietpreisen
in Paris, diese Möglichkeit in Erwägung ziehen, da oftmals 40% des Mietpreises übernommen
werden.
Mobilfunkverträge
Mobilfunkverträge sind auch mit festem Wohnsitz schnell abgeschlossen. Mobile Free bietet einen
2€/Monat-Vertrag an, in dem unbegrenzte SMS, 2h Telefonate zu französischen Nummern, 50MB
Internet und kostenlose Anrufe auf Festnetzz in 41 Ländern (u.a. Deutschland) beinhaltet sind.
Dieser Vertrag ist jederzeit kündbar und somit sehr empfehlenswert für Erasmusstudenten*innen.
Hausratsversicherung
Ich musste für mein Zimmer eine Hausratsversicherung abschließen, dies ist nicht immer
notwendig, kann aber vorkommen. Der Abschluss der Versicherung verlief ohne weitere Probleme,
ich würde allerdings drigend dazu raten sich vorher mit Mitbewohner*innen auszutauschen, da oft
eine Hausratsversicherung für die gesamte Wohnung schon besteht und man dort nur seinen
Namen hinzufügen muss. Ich habe eine Versicherung (MMA Assurances) für ca. 60€/6 Monate
abgeschlossen, meine Mitbewohnerin bezahlt allerdings nur 40€/Jahr. Vorher zu kommunizieren
lohnt sich auf jeden Fall.
3. Allgemeine Informationen zur Partnerhochschule
Die Université Paris 8 liegt nicht im Zentrum von Paris, ist aber mit der Metro gut zu erreichen
(Endhaltestelle der Linie 13: St. Denis Université). Die Universität liegt direkt gegenüber der
Metrostation. Leider gibt es an der Universität nur begrenzte Aufenthaltsräume. Es gibt Cafeterias
und eine Mensa, diese sind günstig, jedoch nicht sehr einladend. Die Mensakarte ist, sowie die
Bibliothekskarte auch, im Studentenausweis enthalten. In der Mensa gibt es für 3,20€ ein
„dreigänge Menü“, wovon ich allerdings eher abraten würde. Es gibt weder vegetarische, noch
vegane Gerichte. Die Bibliothek hingegen ist super ausgestattet (auch viele E-Books) und ein
angenehmer Raum zum Lernen. In der Orientierungswoche wird eine sehr empfehlenswerte
Bibliotheksführung angeboten.
Mithilfe eines Codes, der auf der Immatrikulationsbescheinigung genannt wird, richtet man sich
ohne Probleme eine Emailadresse ein. Diese Emailadresse wird für das Bibliothekskonto, den
Internetzugang an der Uni und vieles weitere genutzt.
Dass die Universität als Folge der 68er-Bewegung gegründet wurde, prägt bis heute das
Campusleben. Es gibt viele politische Veranstaltungen und Diskussionen. Die meisten politischen
Gruppen sind fast jeden Tag am Eingang der Uni präsent.
4. Akademisches Leben
Nach zwei Wochen Stage Erasmus sollte dann der Unialltag losgehen. Es stellte sich jedoch
schnell heraus, dass viele Départements, u.a. Science Politique, ihre Kurse erst eine Woche
später beginnen. Die Einschreibung in die Kurse ist für Erasmusstudenten*innen sehr einfach und
passiert nicht im Internet sondern persönlich. Bei dem Sekretariat seines Départements holt man
sich eine Kurseliste mit Zeiten, Raum etc. und sobald der erste Kurse stattfindet, stellt man sich
dem Professor/der Professorin vor und sie tragen dich auf die Kursliste ein. Mein Learning
Agreement hat sich innerhalb der ersten Uniwochen noch einmal komplett geändert, da viele
Kurse nicht angeboten wurden.
Französischkurse werden kostenfrei und auf verschiedene Sprachniveaus und Interessen
angepasst. Während der Orientierungswoche hat man die Chance einige Französischlehrer*innen
vorab kennenzulernen. Ich habe an dem Kurs „Grammaire francaise avancée“ bei Frau Dos
Santos teilgenommen. Der Kurs war anspruchsvoll, Frau Dos Santos zu Zeiten sehr streng, aber
man hat sehr viel gelernt.
Desweiteren habe ich folgende Kurse besucht:
• „Sociologie du vote“ (empfehlenswert, der Professor benutzt Powerpointpräsentationen,
was sehr hilfreich ist)
• „Sociologie du postcolonial“ (eher anspruchsvoll)
• „Sociologie des mouvements sociaux“ (sehr interessant)
• Histoire de la pensée politique (eher interessant)
• Politique et Société: Le monde musulman (sehr interessant, aber anspruchsvoll)
Ich habe sechs Kurse gewählt, da ich mich mit meinen Französischkenntnissen nicht sehr sicher
gefühlt habe und dachte, dass ich vorsichtshalber 36 Creditpoints mache, falls ich bei einem Kurs
durchfallen sollte. Im Endeffekt bin ich bei keinem Kurs durchgefallen und habe schnell gemerkt,
dass sechs Kurse zu viel sind. Die Kurse gehen jeweils 3h und der Lernaufwand ist oftmals groß.
Leider werden keine Kurse auf Englisch angeboten. In den ersten zwei Wochen habe ich nicht
alles in den Kursen verstanden, das legt sich aber sehr schnell. Auch die Prüfungen sind auf
Französisch. Bei den meisten Kursen gibt es eine oder zwei Zwischenprüfungen
(November/Dezember) oder ein Referat und eine Abschlussprüfung im Januar. Die Prüfungen
dauern meist 3h.
Bei Fragen und Problemen zu den Kursen kann man sich entweder an das Sekretariat des
Départements oder direkt an Catherine Rochemont im International Office wenden. Doch auch die
Dozenten*innen sind Erasmusstudenten*innen gegenüber sehr offen und hilfsbereit.
5. Unterkunft
Die Wohnungssuche war wohl eine der größten Hürden, die mich und viele andere
Erasmusstudenten*innen in Paris erwartet hat. Es gibt viele Internetseiten (www.appartager.fr oder
www.pap.fr) und dennoch ist es sehr schwer etwas zu finden. Ich bin zuerst bei einer Bekannten
untergekommen, habe dann durch Zufall am Schwarzen Brett der Uni eine passende
Wohnungsanzeige gefunden und hatte Glück, denn ein paar Tage später konnte ich in eine große
Wohnung, die ich mir meiner einer Französin geteilt habe, einziehen. Viele Studenten*innen
wohnen in kleinen Dachgeschosswohnungen, da diese sehr preiswert sind. Die Mietpreise
befanden sich alle im Rahmen von ca. 450€-750€/Monat. Es gibt allerdings auch ein
preisgünstiges Studentenwohnheim in der Nähe der Universität, die Zimmer dort sind allerdings
auf 50 begrenzt und auch die Gegend gilt als nicht besonders sicher. Man hört viele
Schauergeschichten, was bei Dunkelheit in St. Denis vor sich geht, ich hingegen habe jeden
Dienstag die Uni um 21 Uhr verlassen und nie Probleme gehabt. Ich habe in St. Ouen gewohnt,
was quasi der Vorort zwischen Paris und St. Denis ist. St. Ouen war ein angenehmer zum
Wohnen, relativ ruhig und es dauert keine 10min mit der Metro zur Uni. Andere
Erasmusstudenten*innen haben im Süden von Paris gewohnt und oftmals ca. 1 Stunde zur Uni
gebraucht. Meiner Meinung nach sollte man allerdings nicht zu wählerisch bei der Wohnungssuche
sein und auch eine Stunde Fahrt in Kauf nehmen, da es wirklich sehr schwer ist eine Wohnung zu
finden. Während man noch keine Wohnung hat, ist die günstigste Möglichkeit eines Schlafplatzes
bei Freunden oder Couchsurfern unterzukommen, Jugendherbergen/Hostels usw. sind in Paris
nicht günstig.
6. Öffentliche Verkehrsmittel
Leider stellt die Universität kein Semesterticket, sodass man sich eine Carte Navigo besorgen
muss (5€, gibt es an jeder Ubahnstation) und jeden Monat eine Monatskarte für Zone 1-2 (auch
wenn St. Denis Zone 3 ist, gilt diese Karte bis dorthin) für 70€ kaufen muss. Einzelfahrten kosten
1,70€ und eine Wochenkarte 20€. Ermäßigungen gibt es auf diese Karten für Studenten leider
nicht. Es besteht allerdings die Möglichkeit, die Carte Imaginaire für Studenten zu bestellen. Diese
gilt ein Jahr (ist allerdings bei Umzug auch nach einem Semester kündbar) und kostet monatlich
nur 35€ - ein französisches Konto ist aber notwendig.
Taxifahren ist wie in jeder anderen Großstadt teuer, aber bei kurzen Strecken auf jeden Fall
bezahlbar. Ab ca. 1 Uhr nachts unter der Woche und ab ca. 2 Uhr nachts am Wochenende schließt
die Ubahn, also ist Taxi oft die einzige Möglichkeit nachts nach Hause zu kommen. Man kann sich
aber auch ein Fahrrad, sogenannte Vélibs, mieten. Diese sind mit Kreditkarte oder Carte Navigo
(sofern der Fahrradgebrauch für ca. 19€ vorher im Internet freigeschaltet wurde) bezahlbar.
7. Studentenjobs
Keiner aus meinem Bekanntenkreis hat während des Auslandssemester einen Studentenjob
angekommen, daher kann ich leider keine Auskunft über Möglichkeiten, Löhne, Steuern o.Ä.
geben. Es gibt allerdings die Möglichkeit Nachhilfe in Deutsch zu geben oder in deutschen
Familien babyzusitten. Es gibt einige Organisationen, bei denen man sich ohne Probleme im
Internet bewerben kann (z.B. http://www.speaking-agency.com/recruitment/jobs-in-france).
8. Fazit
Paris ist sehr teuer und der Lernaufwand an der Université Paris 8 ist vergleichsweise hoch.
Nichtsdestotrotz ist Paris eine wahnsinnig tolle und sehr inspirierende Stadt, in der es sich lohnt als
Student*in zu leben. Es gibt ein großartiges Angebot an Kunst und kulturellen Veranstaltungen, die
meistens für Personen unter 26 kostenfrei zu besuchen sind. Das Département Science Politique
der Université Paris 8 hat tolle Dozenten*innen und spannende Kurse. Dazu kommen die vielen
politischen Gruppen, Diskussionsmöglichkeiten und die Möglichkeit sein Französisch zu
verbessern.