News April 2014 12 Seiten PDF 3,48 MB

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News April 2014 12 Seiten PDF 3,48 MB
HAFENCIT Y HAMBURG
NEWS
APRIL 2014
HafenCity Universität: Semesterstart im Neubau
Zum Sommersemester dieses Jahres ist die HafenCity Universität Hamburg (HCU) in ihr neues Gebäude am Baakenhafen gezogen. Mit mehr als
2.000 Studierenden wird der neue Stadtteil noch jünger – und erstmals im größeren Stil studentisches Leben entwickeln
ELBTORQUARTIER Fast acht Jahre
hat es gedauert, doch im Sommersemester 2014 wächst im südlichen Elbtorquartier, zwischen Magdeburger Hafen und
Baakenhafen, endlich zusammen, was zusammengehört: Die HafenCity Universität
Hamburg – Universität für Baukunst und
Metropolenentwicklung (HCU) hat ihr neues Zuhause bezogen – einen markanten,
skulpturalen Neubau am Ufer des Baakenhafens. Am 1. April fanden im neuen Holcim
Auditorium die ersten Vorlesungen statt.
Bis zum Umzug war die HCU auf sechs
Standorte zwischen Uhlenhorst, der City
Süd und der City Nord verteilt – der Neubau
vereint vom Sommersemester 2014 an unter anderem die Studiengänge Architektur,
Bauingenieurwesen, Geomatik und Stadtplanung unter einem Dach. Damit ist Hamburgs jüngste Universität – die HCU wurde
2006 gegründet – endlich in dem Stadtteil
angekommen, dessen Namen sie trägt.
IN DIESER AUSGABE:
Elbbrücken Der neue Eingang in
die östliche HafenCity Seite 3
HafenCity-Zentrum Wie der
neue Stadtraum entsteht Seite 4
LohseparkHöfe Raum für neue
Ideen und Konzepte Seite 6 – 7
Strandkai Die Ära der Events
geht zuende – ein Rückblick Seite 8
Mahatma-Gandhi-Brücke
Fotos: Miguel Ferraz Araújo (4)
Warum sie neu gebaut wird Seite 9
Ericus-Brücke Neue Zeiten für
eine alte Verbindung Seite 10
Nachtleben Chillen, essen,
tanzen und mehr Seite 11
WWW.HAFENCITY.COM
Endlich am Standort der Bestimmung: neuer Hörsaal der HafenCity Universität, ihr Präsident Dr.-Ing. Walter Pelka, die neue Bibliothek
„Der Umzug ist für uns ein wichtiger Schritt,
um eine gemeinsame Kultur entwickeln zu
können“, sagt Dr.-Ing. Walter Pelka, Präsident
der HCU. „Das neue Gebäude wird insbesondere die fachübergreifende Zusammenarbeit
unterstützen, die unsere kleine, innovative
Universität auszeichnet.“ Denn wer an der
HCU studiert, soll lernen, über den Tellerrand des eigenen Fachs hinauszuschauen. So
eignen sich zum Beispiel Bauingenieure ein
Grundwissen in den Bereichen Architektur
und Stadtplanung an, sie entwickeln aber
auch ein Grundverständnis für kultur- und
sozialwissenschaftliche Aspekte. „Wir wollen
Studierende ausbilden, die ein umfassendes
Know-how haben und die als weltoffene,
reflektierende Menschen wertvolle Beiträge
für die Entwicklung von Gesellschaft, Umwelt und Infrastruktur leisten können“, erklärt HCU-Präsident Pelka.
Der fünfgeschossige Neubau schafft nahezu ideale Voraussetzungen für die akademischen Ansprüche der HCU: Auf rund 30.000
Quadratmetern Bruttogeschossfläche bietet
das Gebäude etwa 2.000 Studierenden und
250 Mitarbeitern Platz. Es beherbergt unter
anderem eine Bibliothek, eine Mensa und ein
Café, dazu Labore und Archive, lichtdurchflu-
tete Hörsäle, die Büros der Professoren und
Mitarbeiter sowie Arbeitsplätze für Studierende, teilweise mit Blick aufs Wasser. Der
Entwurf stammt vom Büro Code Unique mit
den Architekten Martin Boden-Peroche und
Volker Giezek; die Dresdner konnten den internationalen Realisierungswettbewerb mit
einer Beteiligung von über 100 Architekten
für sich entscheiden. Nachdem die Ausschreibungen für die wesentlichen Bauleistungen
abgeschlossen waren und die Kostensicherheit geschaffen worden war, begann Ende
2010 die Bauphase.
Universität mit Gold-Standard
Der Baukörper in Stahlbetonskelettbauweise besteht aus zwei oberirdischen,
schiefwinkligen Gebäuderiegeln auf einem
gemeinsamen eingeschossigen Warftsockel,
der dem Schutz vor Hochwasser dient. Die
beiden Gebäuderiegel sind jeweils mehr als
100 Meter lang und werden durch ein zentrales Foyer miteinander verbunden. Weil der
Neubau in drei von fünf Nachhaltigkeitskategorien besondere Leistungen erzielt, ist er
mit dem HafenCity-Umweltzeichen in Gold
vorzertifiziert worden.
„Die HafenCity Universität ist ein attraktives Gebäude, das sehr gut in den jungen
Stadtteil passt“, findet Pelka. Auch die Lage ist außergewöhnlich: Das rund 4.000
Quadratmeter große Grundstück hat eine
öffentlich zugängliche Wasserfront, der
Bue­nos-Aires-Kai wird von einer breiten
Uferpromenade gesäumt. An der großen
Freitreppe vor dem Osteingang des Gebäudes endet mit dem vier Hektar großen Lohsepark der grüne, innerstädtische Wallring
Hamburgs unmittelbar vor den Toren der
HCU. Auch zur Haltestelle HafenCity Universität der U-Bahnlinie 4 haben die Angehörigen der HCU nur wenige Meter zu gehen.
Der Name ist auch programmatisch von
Bedeutung. Präsident Pelka kann sich für die
HCU keinen besseren Standort vorstellen als
die HafenCity. „Für Studierende und Mitarbeiter einer Hochschule, die Baukunst und Metropolenentwicklung erforscht und lehrt, ist sie
natürlich die ideale Umgebung“, sagt der Bauingenieur. „Hier können wir live erleben, wie
sich städtisches Leben entwickelt. Wir sind
mitten in einem großen Labor.“ Die Nähe zum
Wasser mache den neuen Standort außerdem
attraktiv und werde helfen, die besten Studierenden
Fortsetzung auf Seite 2 3
1
3 Fortsetzung von Seite 1 und Lehren-
den an die HCU zu locken. Pelka ist überzeugt,
dass im Gegenzug auch die HafenCity von der
HCU profitiert: Zum einen werden die Studierenden den Stadtteil beleben und verjüngen,
zum anderen wird die HCU ihrer Umgebung
durch öffentliche Ausstellungen, Diskussionsveranstaltungen und Vorträge im Holcim
Auditorium, in der Bibliothek oder der Mensa
neue Impulse geben.
Nur einige Hundert Meter vom Neubau
entfernt, bekommt die HCU in der Hafen­City
einen weiteren Standort: In den ehemaligen
Hafenlagerhallen am Oberhafen werden in
unmittelbarer Nachbarschaft zu Künstlern,
Fotografen und Start-up-Unternehmen auf
gut 1.000 Quadratmetern zusätzliche Arbeitsplätze für die angehenden Architekten,
Stadtentwickler und Bauingenieure entstehen. Sofern es das Raumangebot erlaubt, sollen dort auch studentische Einrichtungen der
HCU einziehen, etwa das Sofa-Café und das
International House, eine Anlaufstelle für Studierende aus aller Welt. Der Entwurf für den
Umbau stammt von Studierenden der HCU
selbst, die ihre Ideen für Ateliers und Studios,
Experimentier- und Veranstaltungsflächen
im Rahmen des interdisziplinären Wettbe-
werbs „Bau dir deine Uni“ entwickelt haben.
Eine Jury wählte unter den 27 Beiträgen die
drei besten Entwürfe aus, in einer zweiten
Phase wurden die Pläne auf Wirtschaftlichkeit und Umsetzbarkeit geprüft. Der Gewinnerentwurf „Basis“ wird im kommenden Jahr
realisiert. Kernstück ist eine erhöhte, hochwassergeschützte Arbeitsplattform mit mobilen Arbeitsplätzen. Der Aufgang wird über
eine barrierefreie Rampe ermöglicht, die bei
Veranstaltungen als Sitzgelegenheit oder als
Ausstellungsfläche genutzt werden kann.
Mit dem Umzug der HCU erhält der Wissenschaftsstandort HafenCity einen wichtigen
neuen Protagonisten. In den vergangenen
Jahren haben sich mehrere private Universitäten und Akademien angesiedelt, so die
Kühne Logistics University, die ISM International School of Management und die MSH
Medical School Hamburg. „Wir stehen in gutem Kontakt und sind offen für mögliche Kooperationen“, sagt Walter Pelka, „auch wenn
wir uns thematisch stark unterscheiden.“
Die HCU stärkt zudem das Elbtorquartier
als kulturelles und wissenschaftliches Zentrum der HafenCity, dessen Profil bislang
durch das Maritime Museum, ein Designzentrum und die Deutschlandzentrale der Um-
E D ITO R IAL
Studieren auf hochwassergeschütztem Niveau: Die HCU richtet im Oberhafen zusätzliche Ateliers ein
weltschutzorganisation Greenpeace geprägt
war. Westlich der HCU plant darüber hinaus
der Hamburger Immobilienentwickler ECE
das Projekt „Intelligent Quarters“: ein 70
Meter hohes Bürohaus und zwei weitere Gebäude, darunter eines mit zirka 60 Wohnungen. Der Entwurf stammt vom Hamburger
Architekturbüro Störmer Murphy and Partners, die Bauarbeiten sollen 2014 beginnen.
So nimmt auch im südlichen Abschnitt das
Zentrum der HafenCity konkrete Formen an.
„Im Zusammenspiel mit den drei Baukörpern
des „Intelligent Quarters“ bildet die HafenCity Universität künftig den südlichen Abschluss des Elbtorquartiers zum Wasser. Wo
Elbe, Magdeburger Hafen und Baakenhafen
sich verbinden, entsteht ein einzigartiger, von
der Nähe zum Wasser geprägter Stadtraum in
Hamburg“, sagt Jürgen Rux, Projektmanager
des Elbtorquartiers bei der HafenCity Hamburg GmbH: „Mit der HCU ist ein wichtiger
Baustein bereits heute sichtbar.“
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Ein Ort für Dialog und
Gemeinschaftsgefühl
Interview mit Moritz Altner, 26, Vorsitzender des AStA der HafenCity Universität
Viel Vergnügen bei der Lektüre,
Ihr Jürgen Bruns-Berentelg,
Vorsitzender der Geschäftsführung
der HafenCity Hamburg GmbH
2
Moritz Altner, Erster Vorsitzender des AStA der HCU
Moritz Altner: Wir haben fachlich nur geringe Schnittmengen, trotzdem tauschen wir uns mit den Studierendenvertretungen der anderen Unis aus. Bezüglich
des studentischen Lebens und Wohnens haben wir
natürlich sehr ähnliche Interessen.
HafenCity News: Wie stellen Sie sich das studentische
Leben in der HafenCity vor?
Moritz Altner: Die Studierenden sollen so viel Zeit wie
möglich dort verbringen, indem sie dort wohnen, ausgehen, leben. Sie sollen den Stadtteil wirklich nutzen
und sich nicht nur als Tagesgäste fühlen. Um das zu
ermöglichen, muss sich dort ein Angebot an bezahlbarem Wohnraum, günstigen Cafés, Kneipen, Restaurants und kulturellen Einrichtungen entwickeln, so
dass es sich für die Studierenden auch lohnt, dort zu
bleiben.
HafenCity News: Wie kann die HafenCity vom studentischen Leben profitieren?
Moritz Altner: Wir werden dazu beitragen, dass sie
jünger, kreativer, quirliger und lebendiger wird. Für
viele Leute, die in der HafenCity leben und arbeiten,
wird das eine Umstellung, denn durch uns kann es
auch mal studentisch und sogar laut werden. Aber das
gehört dazu, man soll ja dort nicht nur arbeiten und
shoppen. Die HafenCity soll ein Stadtteil werden, in
dem sich alle sozialen Schichten zu Hause fühlen und
sich die Stadt mit ihrer Durchmischung und auch sozialen Konflikten abbildet.
APRIL 2014 Fotos: Bina Engel (2), HafenCity Hamburg GmbH (1), Thomas Hampel/ELBE & FLUT (2), TEAM BASIS/ HCU HAMBURG (1)
Obwohl das neue Jahr nicht mehr ganz jung ist, sei an dieser
Stelle ein kurzer Rückblick erlaubt: Hinter der HafenCity liegen bewegte Monate, ob in der öffentlichen Wahrnehmung,
etwa durch Preisverleihungen, durch Baumaßnahmen wie
die Erschließung der östlichen HafenCity durch die Baakenhafenbrücke, die Fortführung der U4 oder die Einfassung des
Magdeburger Hafens durch die Elbarkaden. 2014 wird noch
viele weitere Impulse bringen. Eine neue Dynamik entsteht
durch Baustellen vom Strandkai bis zum Baakenhafen. Hier
werden 2014 Investitionen von 650 bis 700 Millionen Euro
auf den Weg gebracht. Auch jünger und kreativer wird die
HafenCity: Für 6.000 Quadratmeter im Oberhafen werden
neue Nutzer ausgewählt, das Areal Baakenhöft wird ausgeschrieben, mit Semesterbeginn an der HafenCity Universität
kommt studentisches Leben in den neuen Stadtteil, und –
das zeigen demografische Daten – die Zahl der Haushalte
mit Kindern in der HafenCity steigt stetig.
Unterdessen wird die HafenCity noch vielfältiger. Der geförderte Wohnungsbau kommt an vielen Stellen des Stadtteils
gleichzeitig in Gang. Und an den Elbarkaden, im nördlichen
Überseequartier und in den Konzepten für den Strandkai
zeigt sich heute bereits eine große Bandbreite interessanter
Ideen für publikumsbezogene Nutzungen jenseits von Gastronomie und Einzelhandel. Auch bei den großen Projekten
geht es voran: Der Strandkai bekommt noch im Lauf des Jahres ein architektonisches Gesicht, das Überseequartier einen
neuen Partner, und das Elbtorquartier nimmt mit dem Abschluss des städtebaulichen Wettbewerbs seine endgültige
Form an. 2013 war ein gutes Jahr für die Hafen­City, 2014
könnte ein noch bedeutenderes werden!
HafenCity News: Was bedeutet der Umzug der HCU
in die HafenCity für die Studierenden?
Moritz Altner: Er ist das ferne Ziel, das seit sechs Jahren am Horizont ist und das jetzt endlich Wirklichkeit
wird. Vieles, was an der HCU provisorisch war, bekommt jetzt eine feste Struktur. Deswegen ist der Umzug fast wie ein zweiter Startschuss, ein Aufbruch.
Viele haben sich hier mit dem Ziel beworben, in der
HafenCity zu studieren. Das können sie nun, nach
mehreren Jahren, endlich tun.
HafenCity News: Was erwarten Sie von dem Umzug?
Moritz Altner: Dass wir weiter zusammenwachsen.
Die Tatsache, dass alle Studierenden und Studiengänge an einem Standort sind, wird den interdisziplinären
Dialog fördern und ein neues Gemeinschaftsgefühl
entstehen lassen. Es wäre schön, wenn alle mit Freude
zur Uni gehen und das schöne, neue Gebäude an diesem tollen Standort zu schätzen wissen.
HafenCity News: Was macht die HafenCity für Studierende attraktiv?
Moritz Altner: Zum einen die Lage am Wasser, allein
der Blick aus dem Fenster ist phänomenal. Zudem entwickelt sich der Stadtteil sehr dynamisch. Wir als Universität für Baukunst und Metropolenentwicklung
werden erleben, wie er an uns heranwächst. Die
Hafen­City wird unser Forschungslabor. Manche werden den Stadtteil vermessen, andere werden sich mit
dem Zusammenleben oder der Architektur befassen.
HafenCity News: Wie beurteilen Sie das neue Gebäude?
Moritz Altner: Ich finde es architektonisch sehr gelungen. Die Raumbeziehungen sind schön, es macht einfach Spaß, sich darin aufzuhalten. Allerdings ist das
Gebäude recht knapp bemessen. Das führt dazu, dass
wir alle sehr zusammenrücken müssen.
HafenCity News: Wie werden die Studierenden den
Neubau prägen können?
Moritz Altner: Sie werden sich das Gebäude weiter
aneignen und gestalten können, auch weil es an vielen Stellen noch nicht fertig sein wird. Es gibt zum
Beispiel noch keine Deckenverkleidung oder Möbel
für die Terrasse.
HafenCity News: Werden Sie mit den Studierenden
der anderen Hochschulen zusammenarbeiten?
HINTERGRUND
Elbbrücken: Der Eingang in die östlichen Quartiere
Im Osten der HafenCity entsteht ein hoch verdichteter städtischer Wohn- und Geschäftsstandort. Um dem städtebaulichen Konzept gerecht zu werden,
werden die Brücke Zweibrückenstraße und die Zweibrückenstraße selbst erneuert, bevor der Bau der U4-Haltestelle Elbbrücken beginnt
ELBBRÜCKEN Noch braucht es ein wenig Fantasie, um
sich das künftige Verkehrsaufkommen ganz im Osten der
HafenCity vorzustellen. Doch in den Quartieren Baakenhafen und Elbbrücken entstehen im kommenden Jahrzehnt
2.800 Wohnungen und 18.000 Arbeitsplätze. Nördlich der
Freihafenelbbrücke soll deshalb ein leistungsfähiger Verkehrsknotenpunkt geschaffen werden, bevor das östlichste
Quartier der HafenCity in die Bauphase geht. Für Autofahrer,
die von Süden über die Freihafenelbbrücke auf die künftige
Versmannstraße kommen, aber auch für die Nutzer von
U- und S-Bahn wird er der künftige Haupteingang in die
­östliche HafenCity sein. Die neue Infrastruktur soll nicht nur
ein ­verändertes Mobilitätsverhalten berücksichtigen – mit
höherem Anteil des öffentlichen Personennahverkehrs –,
sondern auch die zunehmende Bedeutung von Sharing-Konzepten. „Die U-Bahnstation Elbbrücken verbindet die östliche HafenCity mit mehreren Verkehrsträgern und bildet
eine neue Schnittstelle in der lokalen und regionalen Mobilität“, erklärt Henning Liebig, Ingenieur und InfrastrukturProjektmanager der HafenCity Hamburg GmbH.
Auf der künftigen Hauptstraße der östlichen HafenCity, der
Versmannstraße, rechnen Verkehrsplaner im Jahr 2030 mit
einem mindestens dreifach erhöhten Verkehrsaufkommen.
Ein Teil davon wird auch über die Brücke Zweibrückenstraße
rollen. Aufgrund ihres derzeit maroden Zustands wird die
Brücke komplett erneuert und verbreitert. Die Arbeiten an
der neuen Konstruktion beginnen noch im Frühjahr 2014. Dabei werden zunächst die Hafenbahnbrücke und anschließend
die heutige Brücke Zweibrückenstraße nacheinander abgerissen und jeweils durch einen Neubau ersetzt, schließlich
werden beide Abschnitte miteinander verbunden. Trotz der
funktionalen Gestaltung ist die wartungsfreundliche Brückenkonstruktion mit ihrer „sehr guten“ Nachhaltigkeitsnote
ein besonderes Projekt: Bei ihr kommt das Bewertungssystem für die Nachhaltigkeit von Ingenieurbauwerken, das in
der HafenCity mit der Baakenhafenbrücke als Pilotprojekt
entwickelt wurde, erneut zur Anwendung.
Eine Ebene tiefer beginnen zeitgleich die Arbeiten an der
zweiten wichtigen Komponente des Projekts: Die Zweibrückenstraße wird im Westen nach Süden gedreht. Die Maßnahme folgt dem Grundgedanken des Masterplans, die Achse der Zweibrückenstraße so zu legen, dass westlich der
Brücke gut geschnittene Baufelder entstehen. Die bisherige
starke Abknickung der Straße nach Norden wird deshalb entschärft, und die Straße erhält einen neuen Anschluss an die
Baakenwerderstraße, die ebenfalls auf hochwassergeschütztem Niveau neu angelegt wird (siehe Kartenausschnitt).
Durch den Neubau erhält die Zweibrückenstraße nicht nur
eine breitere Durchfahrt und bessere Fahrad- und Fußwege,
sie wird künftig auch signifikant besser gegen Hochwasser
Verkehrsknotenpunkt im Osten der HafenCity: Die Umsetzung des neuen städtebaulichen Konzepts verbessert die Qualität der Verkehrswege
Der Zustand der Brücke Zweibrückenstraße und ihrer Unterführung lässt
zu wünschen übrig – insbesondere beim Thema Hochwasser
geschützt sein: Zurzeit kommt es in der Senke der Zweibrückenstraße etwa drei- bis fünfmal jährlich zur Überflutung.
„Mithilfe von Filtern und Wasserpumpen im direkten Umfeld
der Unterführung lässt sich die Häufigkeit solcher Ereignisse
auf einmal in drei Jahren reduzieren – das ist eine erhebliche
qualitative Verbesserung“, so Henning Liebig.
Die Herausforderung bei dem komplexen Vorhaben besteht vor allem in der Synchronisation mit dem Bau der UBahn und ihrer Haltestelle Elbbrücken. Die neu geschaffenen
Baufelder westlich der Versmannstraße dienen in den nächsten Jahren als Baustelleneinrichtungsflächen für den Bau
der U-Bahnhaltestelle, die unmittelbar an der neuen Brücke
Zweibrückenstraße und rund zehn Meter über Normalnull
wiederum als Überbrückung der Straße entsteht. „Wir müssen den Neubau der Zweibrücken-Brücke und -straße mit
dem Bau der U-Bahn so zusammenführen, dass die Termine
und der jeweilige Flächenbedarf für sämtliche Baustellen jederzeit aufeinander abgestimmt sind“, sagt Henning Liebig,
„die Zweibrückenstraße muss also bis Ende nächsten Jahres
in ihre neue Lage.“ Ziel ist die gemeinsame Inbetriebnahme
von U- und S-Bahnhaltestelle im Jahr 2018. Zu diesem Zeitpunkt soll auf den ersten umliegenden Grundstücken bereits
gebaut werden können.
Eine weitere Neuerung gibt es zudem bei der Umfahrung
der Versmannstraße: Die Umleitung im südlichen Teil des
Baakenhafens führt seit Dezember 2013 auf ganzer Strecke
direkt am Wasser entlang bis zur Baakenwerderstraße. Die
bisherige Strecke, die bisher im östlichen Teil des Quartiers
über die Kirchenpauerstraße führte, ist seither gesperrt. Die
Kirchenpauerstraße wird auf hochwassergeschütztem Niveau von 8,30 Metern neu gebaut. Gleichzeitig wird westlich
der Freihafenelbbrücke das kleine Hafenbecken der Bundesanstalt für Hydrografie 2014 geschlossen und verfüllt, um
hier eine Promenade anlegen zu können. Es bleibt noch viel
zu tun, bis die östlichen Quartiere erkennbar Gestalt annehmen, doch zumindest ihre Infrastruktur wird ihrer künftigen
Form in diesem Jahr ein gutes Stück näher kommen.
Junge Familien zieht es in die HafenCity
Auch im Vergleich mit den beliebten Hamburger Stadtteilen erweisen sich die neuen Quartiere an der Elbe als familienfeundliches Terrain
Etwa 2.000 Bewohner hatte die HafenCity
Ende des Jahres 2012. Fünfmal so viele, weitere 10.000, werden bis zur Fertigstellung
aller Wohnungen in einigen Jahren noch einmal hinzukommen. In den Straßen des neuen
Stadtteils gewinnt man heute bereits den Eindruck eines sehr gemischten Publikums. Doch
wer wohnt tatsächlich in der HafenCity?
Aus aktuellen Zahlen des Statistikamts
Nord lässt sich zunächst herauslesen, dass
immer mehr Eltern das stadtnahe Wohnen
am Wasser für sich entdecken. Die Haushalte der HafenCity sind mit durchschnittlich 1,9 Bewohnern geringfügig größer als
im Landesdurchschnitt (1,79). Der Anteil der
dort gemeldeten Haushalte mit Kindern lag
zum Stichtag der Datenerhebung (31.12.2012)
bei 14,5 Prozent – mit steigender Tendenz.
APRIL 2014 Im Vorjahr erfassten die Statistiker nur
12,8 Prozent Haushalte mit Kindern unter
18 Jahren. Damit nähert sich der Anteil der
Familien in der HafenCity dem Hamburger
Landesdurchschnitt von 17,4 Prozent an und
schneidet im Vergleich mit anderen citynahen Stadtteilen wie Eimsbüttel (12,2 Prozent)
oder Rotherbaum (13,5 Prozent) gut ab. Durch
die stärkere Ausrichtung der Quartiere Lohsepark und Baakenhafen auf Wohnungsbau
mit familienfreundlichen Grundrissen und
familienbezogenen Angeboten in den Quartieren – Schulen, Kitas und Spielplätze – werden Familien künftig in der HafenCity eine
noch größere Rolle spielen.
Unterdessen liegt der Anteil der Einpersonenhaushalte in der HafenCity mit 43,1
Prozent deutlich unter dem Hamburger
Pluspunkt Grün: Kinder toben gern im Grasbrookpark
Durchschnitt von 54,1 Prozent. Während
die Generation 65 plus in den Bereichen der
inneren Stadt nicht selten bis zu 60 oder
70 Prozent der Einpersonenhaushalte ausmacht, stellt sie in der HafenCity nur 9,7 Prozent der Alleinwohnenden.
Ein weiteres Charakteristikum ist die Internationalität des Stadtteils. Der Anteil Menschen, die im Melderegister der Hansestadt
als Bewohner mit Migrationshintergrund
gelten, liegt in der HafenCity mit 29,4 Prozent
nahe am Landesdurchschnitt von 30 Prozent.
Und die Entwicklung bleibt spannend: Künftig wird der geförderte Wohnungsbau eine
noch größere Rolle spielen als bisher – damit
werden neue Milieus angesprochen, und die
Bewohnerschaft der Quartiere erhält noch
einmal viele neue Gesichter.
3
Wie das Zentrum der HafenCity entsteht
Rund um den Magdeburger Hafen formiert sich das künftige Zentrum der HafenCity. Mit dem Einzug der ersten Mieter in das Gebäudeensemble
am Ostufer des Hafenbeckens hat der neue Stadtteil einen Quantensprung in seiner Entwicklung gemacht
Flächen in der Warftebene. Die offizielle Eröffnung fand im November statt.
Bis zum Sommer kommt gleich ­nebenan –
zwischen Greenpeace und iF Design – noch
designxport hinzu, eine Ini­tia­tive von
hamburgunddesign und designxport e. V.
Das Netzwerk der Hamburger Designszene wird an den Elbarkaden einen Standort mit öffentlichem Ausstellungs- und
Veranstaltungs­bereich etablieren, ein Archiv samt Bibliothek einrichten und einen
Shop mit Produkten aus Hamburger Design­
büros betreiben. Zudem eröffnet design­
xport ein Büro für Beratung, Organisation
und Netzwerkauf­gaben. Die übrigen Flächen des Gebäudeteils sind vorwiegend als
Büro- und Ausstellungsflächen konzipiert.
Genutzt werden sie von design­affinen Firmen als Mieter und Eigentümer der Wohnund Arbeitslofts.
Das rote Hamburg am Wasser: Viel öffentlicher Raum mit dem 170 Meter langen Arkadenlauf und einer 280 Meter langen Pierpromenade
MAGDEBURGER HAFEN An einem strahlenden Wintertag wurden
auf der neuen Pierpromenade vor den
Elbarkaden die Sitzbänke aufgestellt –
kaum eine Stunde später saßen die er­sten
Passanten in der Sonne und genossen den
Blick aufs Wasser, als hätte es dort nie etwas anderes gegeben.
In kürzester Zeit haben sich die Elbarkaden
am Ostufer des Magdeburger Hafens zum
Anziehungspunkt für Besucher entwickelt.
Architektonisches Highlight des neuen Gebäudeensembles im Elbtorquartier ist der
170 Meter lange, zehn Meter breite und
acht ­Meter hohe Arkadenlauf, das großzügige ­Pendant zu den Alsterarkaden der Innenstadt. Wer hier spazieren geht, genießt
einzigar­tige Blicke auf das Hafenbecken,
die Speicherstadt oder das Überseequartier und bleibt selbst bei schlechtem Wetter trocken. Auch die neuen Nutzungen
wirken als Besuchermagneten. In direkter
Nachbarschaft zum ­Internationalen Ma-
ritimen Museum Hamburg setzen Greenpeace, iF Design und die Ausstellung „Die
Flut“ neue Akzente: „Rund um den Magdeburger Hafen entsteht der zentrale Stadtraum der HafenCity“, sagt Jürgen BrunsBerentelg, Vorsitzender der Geschäftsführung der HafenCity Hamburg GmbH, „deshalb ist es wichtig, dort neben Einzelhandel
und Gastronomie auch öffentlichkeitswirksame Nutzungen anzusiedeln, die Besucher
mit kulturellen, historischen oder sozialen
Themen ansprechen.“
Im Herbst ist die Zentrale von Greenpeace Deutschland mit der Genossenschaft
Greenpeace Energy in den südlichen Teil
der Elbarkaden gezogen. Im 18 Meter hohen
Atrium hat die Umweltschutzorganisation
eine Dauerausstellung eröffnet, um auf die
eigene Arbeit aufmerksam zu machen und
mit Besuchern ins Gespräch zu kommen.
Die Ausstellung informiert über Geschichte, Ziele, Arbeitsweise und Kampagnen von
Greenpeace und veranschaulicht, was je-
der Einzelne zum Umweltschutz beitragen
kann. Themen wie Wald- und Meeresschutz
oder Gentechnik werden multimedial präsentiert: Besucher können ihren Kleiderschrank auf den ökologischen Prüfstand
stellen, ins Schlauchboot steigen oder auf
einer 100 Quadratmeter großen Weltkarte
über QR-Codes ortsbezogene Umweltinformationen abrufen. Ein handgeschnitzter Totempfahl ragt sechs Meter hoch ins
Atrium: ein Geschenk der Nuxalk-Indianer
als Dank für den Einsatz von Greenpeace für
den kanadischen Regenwald.
Im mittleren Gebäudeteil erhält die Kreativwirtschaft einen neuen Standort – und
die HafenCity ihr kreatives Zentrum. Die
Dauerausstellung der iF International Forum Design GmbH widmet sich dort der
Produkt-, Kommunikations- und Verpackungsgestaltung aus aller Welt. Das Unternehmen, das jedes Jahr die renommierten iF design awards vergibt, belegt an den
Elbarkaden neben dem Erdgeschoss auch
Im nördlichen Teil der Elbarkaden wurde Anfang Dezember die Ausstellung „Die
Flut“ eröffnet. Authentische Exponate aus
den 60er-Jahren machen die Dramatik der
Flut von 1962 erlebbar, unterstützt durch
Film- und Tonaufnahmen, Zeitungsartikel,
Berichte von Zeitzeugen und Mitmachaktionen. Auch aktuelle Hochwasser-Themen
spielen eine Rolle: Neben der Dauerausstellung widmen sich wechselnde Präsentationen dem Thema „Naturgewalten“. Nach
der Besichtigung können sich Besucher
im dazugehörigen Café stärken, und eine
Sandmalerei-Show bereichert das Abendprogramm im Quartier.
Nicht nur im Kontext der HafenCity, auch
im gesamten Hamburger Stadtraum spielt
der Magdeburger Hafen eine besondere
Rolle. „Mit ihm wollen wir den Bezug zur
Innenstadt herstellen“, erklärt Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter. „Er soll ein Pendant
zur Binnenalster sein, sodass die Bipolarität unsere Stadt – die ruhige Alster und die
raue Elbe, das weiße Hamburg und das rote
Hamburg – eine Gestalt findet.“ Der architektonische Entwurf für das Gebäude, das
mehrere Projektentwickler gebaut haben,
stammt von Bob Gysin + Partner BGP Architekten aus Zürich. In den beiden nördlichen und zentralen Gebäudeteilen wurden
insgesamt 90 Wohnungen geschaffen,
von denen 50 etwa zum Projekt der Garbe
Group und der Firma Otto Wulff gehören.
Ihre Zuschnitte erlauben verschiedene Nutzungen, etwa barrierefreie Seniorenwoh-
Neue Ausstellungen im Erdgeschoss der Elbarkaden: „Die Flut“, International Forum (iF) Design und Greenpeace hoffen auf gemeinsame Schnittmengen
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APRIL 2014 Fotos: Die Flut GmbH (1), Bina Engel (1), Dörthe Hagenguth (1), Thomas Hampel/ELBE & FLUT (2), Roman Thomas (1)
Drei Entwickler, ein Architekt
HINTERGRUND
P O RTRÄT
Egbert Rühl: Agent der kreativen Milieus
Bei der Vergabe von 6.000 Quadratmetern Fläche im Quartier Oberhafen in der HafenCity ist Egbert Rühl der Experte für die schöpferische
Branche. In seiner Rolle als Geschäftsführer der Hamburg Kreativ Gesellschaft will er seiner Klientel mehr Spielraum verschaffen
Grenzgänger zwischen Wirtschaft und Kunst: Egbert Rühl hat sich bei verschiedenen Adressaten seines Tuns viel Vertrauen erworben
In der Widersprüchlichkeit zu leben ist eine Kunst –
­ gbert Rühl beherrscht sie perfekt. Seit jeher ist der HesE
se ein „Kulturermöglicher“. Der 55-Jährige managte das
Frankfurter Kurorchester, tourte mit Bands durch die Welt
und baute die Alte Feuerwache in Mannheim zu einem der
renommiertesten Kulturzentren Süddeutschlands auf. Vor
vier Jahren schlüpfte er in die Rolle des „Wirtschaftsförderers“ – indem er 2010 die Geschäftsführung der neuen
Hamburg Kreativ Gesellschaft übernahm.
Die ersten Monate als „Quiddje“, wie Hamburger einen
Zugezogenen necken, waren für den Frankfurter hart: „Es
gab enorme Vorbehalte, als die Gesellschaft ihre Arbeit
aufnahm. Schuld war vor allem unser Leitbegriff der ‚Kreativwirtschaft‘. Wir wurden als Marketinginstrument der
Stadt missverstanden, als wollten wir die Künste für wirtschaftspolitische Zwecke instrumentalisieren.“ Doch mit
Sympathie, Offenheit und der Fähigkeit, aufrichtig zuzuhören, gelang Egbert Rühl der Sinneswandel. Auf Symposien
trifft man ihn in Gespräche vertieft; die von der Kreativ
Gesellschaft organisierten Workshops, Coachings und Diskussionen sind gut besucht. „Was es weiterhin braucht,
sind Möglichkeitsorte für kreative Milieus“, findet Rühl,
nungen, Maisonetten, Wohn- und Arbeitslofts oder Mehrgenerationen-Wohnungen.
Auf dem Dach sind Gärten entstanden. „Für
uns als Architekten bestand die Herausforderung darin, ein kräftiges Ensemble zu
schaffen, das als ein Gebäude wahrgenommen wird, obwohl es drei Bauherren hat“,
erklärt Marco Giuliani. Der 44-Jährige ist
Leiter Entwurf und Partner bei Bob Gysin +
Partner BGP Architekten und verantwortete
die Realisierung des Projekts. „Wir wollten
diese Dreiteiligkeit auch nach außen zeigen:
mit dem Kopf des Gebäudes, in dem Greenpeace logiert, mit dem mittleren Bereich
und mit dem Wohnungsbau in der Nähe des
Maritimen Museums.“ Die verschiedenen
Gebäudeabschnitte sind im Erdgeschoss –
und für die Nutzer des Gebäudes auch im
ersten Obergeschoss – durch die Elbarkaden
miteinander verbunden.
Unterhalb des Arkadenlaufs befindet sich
die Pierpromenade mit einem Barkassenanleger. Die von Beth Galí entworfenen Flächen verdoppeln den öffentlichen Raum am
Hafenbecken auf einem Niveau von 4,20
Meter über Normalnull. Die zehn Meter
breite Pier wird insgesamt 280 Meter lang
sein und unmittelbar am Wasser eine barrierefreie Verbindung von der Ericusspitze bis
APRIL 2014 auch studierter Soziologe. Einen Ort, wie er beispielsweise im Oberhafen entsteht. Schon seit einiger Zeit siedeln
in dem Quartier Autoren, Künstler und ein Filmstudio. Als
jüngster Zugang verleiht die „Hanseatische Materialverwaltung“ Requisiten an gemeinnützige Theaterprojekte.
Der alte Güterbahnhof in der östlichen HafenCity soll sich
in den kommenden Jahren zu einem pulsierenden Kulturquartier wandeln; zentral, ohne Vorprägung, vielfältig
zu bespielen. Bis vor wenigen Monaten wurde das Areal
größtenteils für Logistikzwecke genutzt. Nach und nach
werden nun einzelne Hallensegmente frei. Doch der eigentliche Startschuss für die Quartiersentwicklung fiel im
Dezember 2013: Die auslaufenden Mietverträge mit einem
Logistiknutzer wurden nicht verlängert. Dadurch stehen
schlagartig rund 6.000 Quadratmeter Flächen zur Verfügung. Ihre potenziellen Nutzer werden zurzeit ermittelt.
Dafür eröffnete die Kreativ Gesellschaft mit der HafenCity Hamburg GmbH ein Angebotsverfahren, Kulturschaffende jeder Couleur konnten sich auf 300 bis 700
Quadratmeter große Abschnitte bewerben. Auch eine Gastronomie- sowie eine Veranstaltungsfläche waren dabei.
Egbert Rühl sucht „die originellsten, buntesten Ideen – ob
zur Elbe schaffen. „Im Spätsommer können
Flaneure vom Spiegel-Gebäude am Brooktorhafen entlang über die Promenade zur
Hafen­City Universität und schließlich bis in
das Quartier Baakenhafen spazieren“, sagt
Jürgen Rux, Projektmanager Elbtorquartier
bei der Hafen­City Hamburg GmbH. Da die
Warftebene des Gebäudes nicht hochwassergeschützt ist, können die Fenster und
Türen zusätzlich mit großen stählernen
Flutschutztoren verschlossen werden. Im
Frühjahr 2014 werden im Warftgeschoss Cafés und Restaurants einziehen, deren Gäste
auch auf den Außenflächen der Pier sitzen
können.
Bei allen ästhetischen Anforderungen, die
sich mit der Gestaltung eines attraktiven
Stadtraums am Wasser verbinden, erfüllen
die Elbarkaden höchste Ansprüche an die
Nachhaltigkeit. Das Energiekonzept des Gebäudes wurde nach Kriterien des Umwelt­
zeichens HafenCity Gold und DGNB Gold
entwickelt und zeichnet sich bei hohem
Einsatz regenerativer Energien durch hohe
Effizienz aus. Sichtbarstes Merkmal eines
außergewöhnlichen Versorgungskonzepts
sind die drei Windenergieanlagen auf dem
Dach von Greenpeace: Zusammen mit einer
420 Quadratmeter großen Photovoltaikan-
groß oder klein, sorgfältig ausgearbeitet oder als Skizze
auf einer Serviette.“
Rühl wird heute von Kulturschaffenden wie von Verwaltungsbeamten gleichermaßen als Fürsprecher respektiert.
Er profitiert davon, dass er nie die Seiten wechselte, sondern lediglich die Position: „Früher habe ich Kunst mit erschaffen. Heute helfe ich Künstlern, dass sie mit ihren Werken gut leben können.“ In Rühls Büro, wenige Schritte vom
Oberhafen entfernt, stapeln sich die Ordner mit Ideen von
58 Bewerbern auf 800 Seiten. Eine interdisziplinäre Jury
entscheidet, welche Konzepte im Oberhafen verwirklicht
werden. Auch Einzelkämpfer, Co-Worker und temporäre
Projekte sollen zum Zug kommen. Aus diesem Grund gab
es zusätzliche Bewerbungswege. Wer eine tolle Idee hat,
für deren Realisierung er aber noch Mitstreiter braucht,
konnte sich an sogenannten Gruppenphasen beteiligen.
„An vier runden Tischen entstanden spannende Kooperationen. Die entwickeln ihre Ideen jetzt gemeinsam weiter“, berichtet Rühl. Bei der Beschaffung von Startkapital
soll unter anderem die Online-Crowdfunding-Plattform
­Nordstarter helfen.
Alternative Finanzierungsmodelle sind gefragt, schließlich stand der Künstler seit der Blütezeit der deutschen Romantik – also mehr als 200 Jahre lang – im Gegensatz zum
erwerbstüchtigen Bürger. Erst seit 2008 gibt es in Deutschland eine amtliche Definition der „Kreativwirtschaft“. Die
neue Branche bündelt elf sehr unterschiedliche, nicht unbedingt am Markt ausgerichtete Tatigkeitsbereiche, von
Architektur über Tanz und Musik bis hin zu Software und
Rundfunk. Dafür zu sorgen, dass die Leistungserbringung
auch den Lebensunterhalt sichert, ist eine Herkulesaufgabe, nicht nur in Hamburg. In der Kreativwirtschaft arbeiten
viele Selbstständige. Unsichere Jobverhältnisse und niedrige Einkommen sind für sie die Regel. Gleichzeitig steigen
vielerorts die Mieten, werden Räume und Ateliers knapp.
Bleibt die entscheidende Frage, wie der Drahtseilakt gelingen kann, im Oberhafen „nicht zu viel zu steuern, aber
auch nicht zu wenig“. Nichts sei schädlicher für ein Kreativmilieu als verkrustete Strukturen, findet Rühl. „Der Ort soll
seine Dynamik behalten. Dafür muss die Stadt sich selbst
gewisse Freiheiten erlauben, andererseits darf die ständige Erneuerung aber auch nicht zwanghaft werden.“ Wie
gesagt: In der Widersprüchlichkeit zu leben ist eine Kunst.
Und der bleibt Egbert Rühl treu.
Der Blick aus den Arkaden über den Magdeburger Hafen ins nördliche Überseequartier
lage liefern sie Strom für Wärmepumpen,
Aufzüge, Treppenhausbeleuchtung und die
Lüftung.
Während sich das Elbtorquartier zur kulturellen und wissenschaftlichen Mitte der
HafenCity entwickelt, entsteht im Überseequartier ihr gewerbliches Zentrum: eine
hoch verdichtete Mischung aus verschie-
denen Gewerbeeinheiten, mit Gastronomie, Büroflächen, Wohnungen und einem
Wochenmarkt sowie weiteren attraktiven
kulturellen und Freizeitangeboten. Mit der
Fertigstellung der Elbarkaden hat die dichte
Bebauung des nördlichen Überseequartiers
nun ein angemessenes Gegenstück.
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LohseparkHöfe: Ein neuer Ort für Ideen
Die Pläne zur Entwicklung der LohseparkHöfe am Hannoverschen Bahnhof nehmen Gestalt an. Gesucht werden Schnittmengen mit den Nachbarn im Oberhafen,
an der Museumsmeile, der HafenCity Universität und mit den Bewohnern des Quartiers Am Lohsepark – und neue Ideen
Noch weht ein Hauch von Niemandsland am Brooktorkai, doch in den kommenden Jahren soll hier ein vielseitiges Viertel mit kleinteiligen Mischnutzungen und intensiven Beziehungen zur kreativen Nachbarschaft entstehen
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bäudeteile können hier sehr unterschiedliche
Marktsegmente angesprochen werden.
Im Austausch mit den kreativen Szenen des
Oberhafens, der Hamburger Museumsmeile
und weiteren neuartig konzipierten Orten der
sich entwickelnden HafenCity soll somit eine
Art „Ideenareal“ entstehen, ein lebendiger
Ort für Produktion, Arbeiten und Wohnen in
einem kreativ geprägten Umfeld, vielleicht
mit Namen LohseparkHöfe. Zentral und dennoch etwas verborgen gelegen – nur einige
Gehminuten von den U-Bahn-Haltestellen
HafenCity-Universität und Meßberg entfernt –, können sie sich in einschlägigen Kreisen zum Geheimtipp entwickeln.
Anders als der westliche Teil des Quartiers
Lohsepark mit seiner klaren Blockstruktur
rechts und links der Shanghaiallee, gehören
die LohseparkHöfe nicht mehr zum vom
Backstein geprägten roten Kernareal der
HafenCity und können auch baulich den
Eindruck noch größerer Vielfalt unterstreichen. Doch wie die übrigen Quartiere wird
das Viertel innerstädtisch dicht bebaut werden. Gegenüber dem ursprünglichen Masterplan wurde bei der Überarbeitung im
Jahr 2010 der Anteil des Wohnens entlang
der Parkflanke erhöht; mehr als die Hälfte
der Flächen sind nun für die Schaffung von
Wohnraum vorgesehen, darunter ein Drittel
gefördert. Hier können Eigentumswohnungen, Miet- und Genossenschaftswohnungen ebenso wie Studentenwohnungen entstehen. Weitgehend offen ist dagegen das
Profil der gewerblichen und öffentlichkeitsbezogenen Angebote, die im Zusammenspiel mit Dienstleistungen und kulturellen
Nutzungen in der Umgebung ihre jeweiligen Stärken entfalten können.
Die LohseparkHöfe sollen nicht nur ein Ort
des Nebeneinanders verschiedener Nutzungen werden, es geht auch um die Kooperation
Der Nordosten des Quartiers Lohsepark gehört nicht unmittelbar zum zentralen Stadtraum der HafenCity, er
verfügt aber über eine exzellente Verkehrsanbindung und kann vom kreativen Umfeld profitieren
weiterer Nutzer am Standort sowie im nahen
und weiteren Umfeld.
Entsprechende Impulse könnten beispielsweise vom subkulturell geprägten Quartier
Oberhafen ausgehen, von der HafenCity Universität, dem nahe liegenden Gymnasium,
der Kulturmeile, den Kindergärten oder auch
dem Ökumenischen Forum. Hinzu kommen
diverse auf Fotografie spezialisierte Galerien
und die Deichtorhallen, der Spiegel-Verlag,
die Bewohner des Quartiers und die Studierenden der anderen Universitäten und
Bildungseinrichtungen der HafenCity – der
Kühne Logistics University (KLU), der Medical School Hamburg oder der International
School of Management (ISM).
Neue Adresse für Nutzungsvielfalt
So sollte sich im Neubaukontext der LohseparkHöfe künftig ein bunt gemischtes Nutzerspektrum entwickeln, wie es bisher in der
HafenCity noch nirgends entstanden ist – mit
Konzepten von sehr unterschiedlicher Werthaltigkeit und Produktivität.
Vielleicht pausieren im Schatten der Obstbäume des Lohseparks eines Tages Künstler,
die von auswärts für einige Wochen oder Monate nach Hamburg gekommen sind, um an
internationalen Produktionen oder Festivals
teilzunehmen. Sie könnten bis zu zwölf Monate in den Wohnungen des Künstlerresidenzhauses logieren, in dem sie neben Wohnraum
auch Veranstaltungs- und Gemeinschafträume vorfinden. Künstlerateliers können zudem mit Neubauwohnungen oder über den
Dächern der Wohnungen entstehen.
In den umliegenden Cafés begegnen sie womöglich freien Architekten, Designern, Grafikern, Textern oder Fotografen, die ihren Arbeitsplatz in einem der Gemeinschaftsbüros
oder Co-Working-Spaces der LohseparkHöfe
APRIL 2014 Fotos: Miguel Ferraz Araújo (3), HafenCity Hamburg GmbH (1), Michael Korol/HafenCity Hamburg GmbH (1)
LOHSEPARK Wer sich heute auf dem
Areal zwischen nördlichem Lohsepark und
Oberhafen umschaut, ahnt nichts vom pulsierenden Treiben, das hier einmal herrschen
soll. Kaum vorstellbar, dass sich hier zukünftig Familien, Studierende, Gewerbetreibende
und Bürobeschäftigte zusammen mit Künstlern und Kulturschaffenden ansiedeln könnten, um gemeinsam zu leben, zu arbeiten, sich
zu vernetzen oder Ausstellungen und Events
zu organisieren, und dass hier ein Ort mit magischer Anziehungskraft für Bewohner, Besucher und Beschäftigte entsteht, der auch die
Anwohner der HafenCity und jenseits ihrer
Grenzen alle Hamburger interessiert.
Im Hintergrund rollt ein Regionalzug von
Süden her auf die Oberhafenbrücke, während
der Heißluftballon vor den Deichtorhallen gemächlich in den Himmel steigt. Südlich des
Lohseplatzes schaufeln Bagger riesige Erdhaufen umher. Es kann noch Jahre dauern,
bis im Nordosten des Quartiers Lohsepark der
Grundstein gelegt wird. Nur der Blick in die
Umgebung verrät, dass bereits vieles von dem
existiert, was den Charakter des künftigen
Viertels prägen wird.
Da wäre zunächst eine weiche, ruhige grüne Seite im Westen, die sich unmittelbar zum
„Volkspark“ der HafenCity, zum Lohsepark hin
öffnet und den Blick ins Grüne gewährt. Zum
anderen die raue, industriell geprägte Rückseite der Grundstücke mit einer Bahntrasse als
Grenze zum Quartier Oberhafen. Durch den
Anschluss an die bogenförmig verlaufenden
Gleisanlagen sind die Grundstücke auf der
östlichen Seite ungleichmäßiger geschnitten
als im Westen. Inmitten dieser Gegensätze
wird sich eine auch für HafenCity-Verhältnisse ungewöhnlich heterogene Mischung von
Nutzern und Konzepten entwickeln können.
Denn mit den unterschiedlichen Ausstattungs- und Lagemerkmalen der einzelnen Ge-
IM FOKUS
Der Lohsepark: An den Grünflächen können unterschiedlich konzipierte Wohnungen entstehen
Die raue Rückseite: Das Kreativquartier Oberhafen schafft Bedarf an Ateliers aund Ausstellungsflächen
eingerichtet haben, oder den Beschäftigten
der kleinen Gewerbe: Betriebe, die beispielsweise mit 3-D-Druckern die Produktionswelten der Zukunft aufbauen. In kleinräumig
angelegten Büros – mit zwischen 20 und
200 Quadratmetern – lassen sich die Räume
flexibel und nach Bedarf abtrennen oder zusammenlegen. Die Nutzer teilen sich Gemeinschaftseinrichtungen und Infrastruktur wie
Konferenzräume und Küche, vermietet wird
auf Monats-, Wochen- oder Tagesbasis.
Ebenso könnten sich dort Tänzer, Schauspieler, Choreografen, Dramaturgen oder Regisseure tummeln – und die Kollegen anderer
Hamburger Bühnen treffen. Denn die über
das gesamte Stadtgebiet verteilten Spielstätten der Hansestadt könnten in den LohseparkHöfen ein gemeinsames Zentrum für
Produktion, Ausbildung und Information betreiben. Vielleicht mischen sich auch Bewohner aus der Nachbarschaft darunter, die dort
Kursangebote für Laien nutzen. Oder die Stu-
nenhöfen der einzelnen Gebäude eine ruhige
Atmosphäre entstehen. Für die beiden nördlichen Grundstücke sind jeweils drei Gebäudeteile geplant, die einen innen liegenden Hof
bilden. Auf den Grundstücken entstehen je
rund 20.000 Quadratmeter Nutzungsflächen
und Wohnungen von studentischen über geförderte bis hin zu Eigentumswohnungen.
Eine Sonderstellung nimmt das kleinere Gebäude an der repräsentativen Südspitze des
Viertels ein. Der kompakte Bau genießt eine
besondere Sichtbarkeit. Seine nahezu dreieckige Form verdankt sich der diagonal – vom
ehemaligen Bahnsteig 2 des Hannoverschen
Bahnhofs kommenden – auf historischem Niveau durch den Lohsepark verlaufenden Fuge, die an die Rolle der ehemaligen Bahngleise bei der Deportation von 7.692 Juden, Sinti
und Roma während des Zweiten Weltkriegs
erinnert. Wie bei den nördlichen Nachbargebäuden werden fünf Geschosse zum Park hin
ausgerichtet sein, auf der Rückseite zur Bahn-
dierenden der umliegenden Universitäten: In
den LohseparkHöfen können sie nicht nur auf
ihre Bedürfnisse zugeschnittene Wohnungen
finden, sondern auch temporäre Jobs.
Musiker haben bereits in der HafenCity ihren festen Plätz, aber auch in den LohseparkHöfen könnte man sie antreffen, wenn sie die
dortigen Produktionsfirmen oder Tonstudios
besuchen oder die schallgeschützten Räume
und Bühnen für Konzerte, Performances oder
Video-Installationen nutzen.
Heute ist die Identität des Ortes in erster
Linie historisch geprägt. Bis 1955 stand am
neu angelegten Lohseplatz ein ehemaliger
Güterbahnhof, der der Adresse ihren Namen
gibt: Am Hannoverschen Bahnhof. Von der
Stockmeyerstraße herkommend, gelangen
die künftigen Bewohner und Beschäftigen,
Gäste und Besucher über die Straße Am Hannoverschen Bahnhof in die Gebäude. Da die
Straße am südlichen Ende des Viertels in einen Wendehammer führt, dürfte in den In-
trasse hin zählt das Gebäude sieben Etagen.
Etwa 6.400 Quadratmeter Nutzungsflächen
sind für gemischte Nutzungen vorgesehen:
Ateliers zur Bahnseite, Wohnen am Park,
Gewerbe, Büroflächen, auch öffentliche und
kulturbezogene Verwendungen. Das Gebäude bietet sich für eine exklusive Nutzung an,
beispielsweise eine Stiftung, die die historischen Bezüge schätzt.
Die LohseparkHöfe bieten viel Platz, aber
auch großen Gestaltungsspielraum für Nutzer und Ideen. Gewerbetreibende, Künstler
oder Bewohner haben hier die Möglichkeit,
ihre Ideen ein- und unterzubringen und einen in Hamburg vielleicht einzigartigen Ort
mitzugestalten. Im Sommer 2014 werden die
Grundstücke ausgeschrieben – Projektentwickler, Investoren, Nutzer und Ideengeber
sind gefordert, die HafenCity noch einen
Schritt bunter zu machen. Denn bei der Ausschreibung zählt zu 70 Prozent das Konzept,
nur zu 30 Prozent der Grundstückspreis.
I NTE RVI EW
Die Erfindung eines Ortes: Raum für neue Lebensentwürfe
Interview mit Christina Ruppert, bei der HafenCity Hamburg GmbH zuständig für Investor Relations und gewerbliche Entwicklungsprozesse
HafenCity News: Warum braucht man für einen Ort wie
diesen in der HafenCity eine besondere Vision?
Christina Ruppert: Eine große Stadtentwicklung wie die
der HafenCity lebt nicht nur vom Gesamtbild, sondern von
der Binnendifferenzierung ihrer Orte, Nutzungen und Konzepte. Die Vielfalt sorgt dafür, dass aus der Unterschiedlichkeit ein bedeutenderes Ganzes wird. Das können
Wohntypen, neue Typen von Arbeitsplätzen und Institutionen oder öffentlichkeitsbezogene Nutzungen sein, die in
Summe die soziale und ökonomische Wertschöpfung des
Ortes steigern – im Gegensatz zu einer Stadtentwicklung,
die sich am „business as usual“ orientiert.
HafenCity News: Ist es in der HafenCity üblich, für einzelne
Viertel oder Projekte mit solchen Visionen zu arbeiten?
Christina Ruppert: Durchaus. Die Quartiere haben ganz eigene Schwerpunkte, nicht nur eine unterschiedliche Mischung aus Wohnen und Arbeiten oder in den städtebaulichen Typologien. Das Elbtorquartier mit der HafenCity
Universität (HCU) etwa besitzt einen klaren Wissenschaftsschwerpunkt. An der Shanghaiallee entstehen innerhalb
eines Blocks und direkt nebeneinander ein Baugemeinschaftsprojekt mit interessanten publikumsbezogenen
Nutzungen, das Ökumenische Forum als Wohngebäude
und spiritueller Treffpunkt, das Musikerhaus mit schallgedämmten Übungsräumen und künftig das Stadthaushotel,
in dem viele Behinderte beschäftigt werden. Diversität ist
neben der städtebaulichen Qualität der Trumpf für eine
langfristig erfolgreiche Stadtentwicklung.
HafenCity News: Also ist das, was Sie im Quartier Lohsepark vorhaben, gar nichts Neues oder Besonderes?
Christina Ruppert: Besonders ist, dass wir in dem großen
Spannungsbogen, in den sich die Grundstückslagen ein-
APRIL 2014 Christina Ruppert
betten, eine noch größere Diversität erzeugen können.
Neu ist, dass wir versuchen, Nutzungselemente und Investoren gleichzeitig und gemeinsam in die Entwicklung der
Konzepte einzubinden, sodass durch die zeitgleiche Entwicklung eine neue Qualität entstehen kann.
HafenCity News: Was ist denn der besondere Spannungsbogen der Grundstückslage?
Christina Ruppert: Der Spannungsbogen zwischen Park
und Bahntrasse, zwischen Wasserlage, Deichtorhallen,
Kreativquartier Oberhafen und der Nähe zur HCU ist offensichtlich. Hier dominiert kein Thema, viele Ideen können
sich bündeln. Zudem ist der Ort hervorragend erreichbar,
er wird aber keine Lauflage sein. Er kann intim, aber auch
öffentlich wirken. Wir wollen die Nutzungen – von Gewerbe und Kultur bis hin zu diversen Arbeits- und Wohnfor-
men – so intensiv zusammenfügen, wie es bisher an keinem anderen Ort in der HafenCity geschehen ist.
HafenCity News: Neu bauen ist ja immer teuer, wie soll das
wirtschaftlich funktionieren?
Christina Ruppert: Wir gehen von sehr unterschiedlichen
Grundstückspreisen für die jeweiligen Nutzungen aus, die
wir als Typus aber langfristig sichern wollen – sowohl über
rechtliche Regelungen als auch durch langfristig planende
Investoren. Hochbauten lassen sich zu sehr unterschiedlichen Preisen herstellen; für bestimmte Nutzungen muss
man Gebäudekonzeption und -ausstattung eben auf den
Kernbedarf zurückführen. Schließlich soll eine Vielzahl von
kleinen Flächen entstehen, sodass die Kosten für die einzelnen Nutzer sinken.
HafenCity News: Wie gehen Sie bei der Umsetzung Ihrer
Vorstellungen vor?
Christina Ruppert: Wir führen viele Gespräche mit Nutzern, die besondere Ideen haben, sprechen mit Projektentwicklern und Investoren, aber wir analysieren auch interessante Konzepte an anderen Standorten. Im ersten Schritt
geht es um das Zusammentragen von Ideen. Anschließend
schreiben wir die Grundstücke aus, das soll noch im Jahr
2014 geschehen. Wie immer zählt zu 70 Prozent das Konzept und zu 30 Prozent der Grundstückspreis.
HafenCity News: Warum gehen Sie damit zu einem so frühen Zeitpunkt an die Öffentlichkeit?
Christina Ruppert: Es gibt bei diesem Vorhaben viel Spielraum und gleichzeitig einen hohen Steuerungsbedarf. Unsere Partner und die künftigen Nutzer können auf die Gestaltung der Nutzungen großen Einfluss nehmen. Wir
möchten sie einladen, das auch zu tun, indem wir bereits
vor der Ausschreibung den Kontakt suchen.
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Intermezzo am Strandkai: Eine Ära geht zu Ende
Mit der Übergabe der Flächen westlich des Marco-Polo-Towers an ihre Bauherren geht die Ära der Veranstaltungen am Strandkai zu Ende. Im Sommer 2014
gastiert dort zum letzten Mal das Thalia-Zelttheater. Ein öffentlicher Ort wird die Landspitze dennoch bleiben
Als noch kaum jemand die HafenCity kannte, zogen Kulturveranstaltungen und Sport-Events bereits Tausende Besucher an: Großer Besucherandrang herrschte bei den bisherigen Gastpielen des Thalia-Zelttheaters (li.),
STRANDKAI Für das Wort „Placemaking“ gibt es im
Deutschen keine rechte Entsprechung, dennoch war die
Landspitze des Quartiers Strandkai in der HafenCity mehr als
zehn Jahre lang der Ort dafür. Es war eine Zeit schillernder
Events und poetischen Theaters, sportlicher Highlights und
spiritueller Feste. Der Strandkai war die Bühne der HafenCity,
sie machte den neuen Stadtteil weit über Hamburgs Grenzen
hinaus bekannt und verschaffte ihm, etwa beim Deutschen
Evangelischen Kirchentag 2013, bundesweit große Aufmerksamkeit. Mit der Anhandgabe der Grundstücke westlich des
Marco-Polo-Towers steht das Areal mit Inselatmosphäre vor
seiner letzten Saison. Im Sommer 2014 gastiert zum letzten
Mal das Thalia-Zelttheater am Strandkai – Grund genug für
einen Streifzug durch die jüngste Geschichte.
Auf der früheren Hafenerweiterungsfläche des Großen
Grasbrooks hatte ursprünglich ein Heizkraftwerk gestanden,
nach seinem Abriss im Jahr 2000 wurde die Landzunge in
eine Brachfläche umgewandelt. Drei Jahre später gingen in
der westlichen HafenCity die ersten Gebäude in Bau, die Straßen erhielten neue Namen, und auf dem Strandkai kam bereits Leben auf: In den Sommermonaten 2003 bis 2006 errichtete die Agentur eventlabs eine temporäre Erlebniswelt
auf der Landspitze: urban outdoor wellness lockte mit Open
Decks, einem Pool und ab 2005 auch mit 7.000 Quadratmetern weißem Sandstrand, auf dem sich hervorragend Beach
Volleyball spielen ließ. Die Location entwickelte sich unter
den elbstrandbegeisterten Hamburgern schnell zum Geheimtipp für laue Sommerabende. Auch „Queen Mary“-Fans
genossen den Blick auf das gigantische Kreuzfahrtschiff aus
nächster Nähe.
Stadtentwicklung als Thema der Kunst
Nur ein paar Steinwürfe weiter westlich gab im Jahr 2006
das Thalia-Zelttheater auf der Landspitze sein erstes Gastspiel, bei der Premiere stand Shakespeares „Viel Lärm um
nichts“ auf dem Programm. 550 Zuschauer scharten sich unter einem Zelt im Halbkreis um die Holzbühne. „Wir schätzen
den Ort wegen seiner berührenden Symbiose“, sagt Beate
Heine, geschäftsführende Dramaturgin des Thalia Theaters,
„hier fährt die ‚Große Welt‘ vorbei; Abschied, Fernweh und
Internationalität umwehen diesen Ort, gleichzeitig ist die
HafenCity ein Stück von Hamburg, der Heimat.“ Im September 2010 wurde das Thalia-Zelttheater erneut aufgebaut,
diesmal für die Uraufführung von Schorsch Kameruns Theaterprojekt „Vor uns die Sintflut“.
Wiederum im Rahmen der Initiative „Kunst und Kultur in
der HafenCity“ schlossen sich 2009 die Hochschule für bildende Künste (HFBK), die Deichtorhallen und die Hamburger
Kunsthalle für ein gemeinsames Projekt zusammen: Das Kulturfestival subvision. kunst. festival. off., das durch die Bundeskulturstiftung gefördert wurde, schuf am Strandkai ein
10.000 Quadratmeter großes Experimentierfeld für zeitgenössische Kunst. 30 Initiativen aus mehr als 20 Ländern präsentierten im August und September zwölf Tage lang ihre
Arbeiten und Strategien bei der Produktion wie Vermittlung
von Kunst – teilweise mit kritisch-ironischem Blick auf moderne Stadtentwicklung. Passend zum Umfeld arbeiteten die
Künstler in klassischen Schiffscontainern.
Eine ganz andere Art von Publikum zog es 2008 mit dem
großen Finale des BMW-Sailing-Cup in die HafenCity. Auf der
Kaifläche des Strandkais bot die große Segelregatta der Amateure aktiven und passiven Segelfans, Familien und Kindern
ein buntes Rahmenprogramm. Nach der Fertigstellung des
Unilever-Hauses 2009 und des Marco-Polo-Towers 2010 war
Doch die Hauptrolle spielten Kunst und Kultur. Im Rahmen
der Initiative „Kunst und Kultur in der HafenCity“, einer Kooperation der HafenCity Hamburg GmbH mit der Körber-Stiftung und der Hamburgischen Kulturstiftung, wurden ab
2005 elf Projekte realisiert, die in einem Wettbewerb ermittelt worden waren. Den Anfang machte 2005 für vier Monate
der „Baltic Raw Tower“ von Bernd Jasper, eine Fachwerk-Installation, die mit künstlerischen Konzepten und Aktionen
den Dialog über Entwicklungsmöglichkeiten des öffentlichen Raums anstieß. Wenig später folgte der poetisch-verspielte „Jahrmarkt des Abschieds“ – „traumhaft gutes“ (NDR)
Open-Air-Theater auf und an der Elbe: Etwa zwei Dutzend
Schauspieler und Musiker erzählten Geschichten von Trennung und Abschiednehmen, die 22 Vorstellungen der Jahre
2005 und 2006 auf den Sand- und Freiflächen rund um den
damals am Strandkai platzierten View Point zogen insgesamt 4.000 Zuschauer an.
Fünf Tage lang im Mittelpunkt des protestantischen Deutschlands: Die meisten Gäste des Evangelischen Kirchentags kamen auch in die HafenCity
8
indes auch die Landspitze wieder frei zugänglich für Veranstaltungen, in der Folge fand dort drei Sport-Sommer lang
(von 2010 bis 2013) die smart beach tour statt: ein Turnier der
höchsten deutschen Beachvolleyball-Serie, bei dem Besucher
auf dem „schönsten Sportplatz Hamburgs“ („Bild“) Spitzenleistungen und Partystimmung genossen.
Noch lange wird vielen Hamburgern und Besuchern der
Deutsche Evangelische Kirchentag 2013 in Erinnerung bleiben. Bischöfin Kerstin Fehrs eröffnete am 1. Mai auf dem
Strandkai die fünftägige Veranstaltung, die bei strahlendem
Frühlingswetter insgesamt 115.000 Dauerbesucher und
Zehntausende Tagesgäste anzog, viele nutzten für ihren Weg
in die HafenCity erstmals die neue U4. Als besonderer Gast
nahm der amtierende Bundespräsident Joachim Gauck an
einer Podiumsdiskussion zum Thema Inklusion teil. „Unvergesslich bleibt der Eröffnungsgottesdienst“, erinnert sich
Pastorin Antje Heider-Rottwilm vom Ökumenischen Forum
HafenCity. „Für die HafenCity war der Kirchentag insgesamt
eine perfekte Gelegenheit, sich als gastfreundlicher Ort zu
präsentieren. Im Ökumenischen Forum war die Welt zu Gast
und brachte das ganze Projekt zum Strahlen.“
Auch wenn die nun geplanten Gebäude mit 500 Wohnungen, Kinderkulturhaus , Gastronomie und weiteren publikumsbezogenen Nutzungen errichtet sind, wird der Strandkai seinen öffentlichen Charakter behalten, dafür sorgen die
umlaufenden Promenaden und das Strandhöft mit einem
großzügigen Platz; 93 Meter bleiben dafür an der westlichen
Spitze frei. Und wer den Strandkai noch einmal mit Kulturprogramm im Sand erleben möchte, hat in diesem Sommer
beim dritten Gastspiel des Thalia-Zelttheaters zum letzten
Mal die Gelegenheit: Am 5. Juni 2014 haben „Die drei Musketiere“ nach Alexandre Dumas Premiere.
APRIL 2014 Fotos: Miguel Ferraz Araújo (1), HafenCity Hamburg GmbH (1), Thomas Hampel/ELBE & FLUT (4)
die smart beach tour begeisterte vor allem Volleyballfans (re., oben), mit subvision.kunst.festival.off wurde der Strandkai 2009 zum Schauplatz eines viel beachteten Kunstfestivals (re., unten)
AUSBLICK
Mahatma-Gandhi-Brücke: Warum sich der Neubau lohnt
Vor den Anwohnern des Kaiserkais liegt ein unbequemes Jahr. Doch wenn die Elbphilharmonie zur Saison 2016/2017 ihren Betrieb aufnimmt, schafft die neue
Brücke eine hochwertige Anbindung zwischen westlicher HafenCity und Landungsbrücken – und entlastet auch den Kaiserkai vom Besucherverkehr
SANDTORKAI/DALMANNKAI Der
Neubau der Mahatma-Gandhi-Brücke war
lange umstritten, zahlreiche Kritiker meldeten sich zu Wort, selbst demonstriert wurde
gegen das Projekt. Und auch den Anwohnern
und Gewerbetreibenden bereitet das Vorhaben ernste Sorgen. Denn nicht nur sie, auch
einige ihrer Kunden und Gäste werden während der Bauarbeiten auf den – aus westlicher Richtung – kürzesten Weg zum Kaiserkai verzichten müssen. Die Zumutungen sind
erheblich, doch langfristig profitiert die gesamte westliche HafenCity von der künftigen Verkehrsführung.
Die Vorteile des Neubaus werden sich spätestens mit der Eröffnung der Elbphilharmonie zeigen: An gut besuchten Konzertabenden werden am Kaiserhöft bis zu 2.900
Zuhörer erwartet, hinzu kommen die Gäste
der Plaza, der Gastronomiebetriebe und Besucher der westlichen HafenCity. Die heutige
Mahatma-Gandhi-Brücke aus dem Jahr 1996
hat eine Gesamtbreite von 13,40 Metern mit
einer etwa sieben Meter breiten Fahrbahn
und zwei nur 3,20 Meter breiten Nebenflächen. „An ihrer Stelle entsteht eine Brücke
mit großer Straßenfläche und einem breiten
Gehweg auf der Westseite“, erklärt Randa
Stewner vom Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG). Die neue Kon­
struktion soll dem steigenden Verkehrsaufkommen insbesondere zu Stoßzeiten des
Konzertbetriebs der Elbphilharmonie Rechnung tragen und die westliche HafenCity
vom Verkehr entlasten. Zudem schafft die
neue Brücke in Verbindung mit den Baumaßnahmen rund um die U-Bahnhaltestelle
Baumwall für Fußgänger eine neue Qualität
der Verbindung zwischen Landungsbrücken
und westlicher HafenCity.
In erster Linie entschärft der Neubau bei
hohem Verkehrsaufkommen die Konflikte
zwischen verschiedenen Verkehrsteilnehmern. „Durch die Verbreiterung der Fahrbahn auf 8,50 Meter wird die Situation für
Fahrzeuge und Fußgänger erheblich entspannt“, erklärt Tjark Aden vom Ingenieurbüro ARGUS, das die Erschließung der Elbphilharmonie im Auftrag des LSBG und der
HafenCity Hamburg GmbH geplant hat. Das
Konzept der „unechten“ drei Fahrbahnen
schafft neue Optionen: Zwei Fahrbahnen
sind regulär markiert, Shuttlebusse zur Elbphilharmonie finden ausreichend Platz, um
kurzfristig auf der Brücke zu stehen, ohne
den fließenden Pkw- und Taxi-Verkehr zur
Elbphilharmonie zu stören. Fußgänger können auf der Westseite der Brücke künftig einen fünf Meter breiten Gehweg nutzen.
Um die Belastung für die Anwohner insbesondere zu den abendlichen Spitzenzeiten
gering zu halten, kommt zusätzlich ein Konzept zum Schutz des Kaiserkais zum Tragen.
Dafür wird zwischen dem Kaiserkai und dem
Vorplatz der Elbphilharmonie die Durchfahrt
unterbunden; nur der Shuttlebus darf in
Richtung Großer Grasbrook passieren. Andere Fahrzeuge wie Taxen oder Pkw wenden
und fahren über die Mahatma-Gandhi-Brücke Richtung Sandtorkai ab. „So entstehen
zwei temporäre Sackgassen mit Wendemöglichkeit für Pkw, während die Straße Am Kaiserkai weitgehend vom Besucherverkehr vor
und nach den Konzerten verschont bleibt“,
erklärt Tjark Aden. „Für die Bewohner und
Besucher des Kaiserkais wird die temporäre
Verkehrsführung mit der Zeit Routine werden“, davon ist Aden überzeugt.
Zum Konzerbetrieb der Elbphilharmonie werden künftig regelmäßig mehr als 2.000 Besucher ankommen
Umfangreiche Bauarbeiten
Die Arbeiten für den Neubau der Mahatma-Gandhi-Brücke beginnen noch in diesem
Frühjahr. Nach derzeitiger Planung wird die
alte Konstruktion im Juli ausgehoben. Im
Sommer 2015 kann die neue Brücke eingesetzt werden, anschließend werden Straßenbauarbeiten im Norden und Süden der Brücke durchgeführt. Ab Frühsommer 2014 wird
die Mahatma-Gandhi-Brücke also ein gutes
Jahr lang gesperrt sein – für den Autoverkehr
ebenso wie für Radfahrer und Fußgänger.
Der Kaiserkai ist in dieser Zeit ausschließlich
von Osten über die Straße Großer Grasbrook
zu erreichen. Die Straße wird zu einer Sackgasse mit Wendehammer. „Wir wissen, dass
das Belastungen für die Anlieger mit sich
bringt und werden dem bestmöglich entge-
Mehr Kapazität, weniger Konflikte: Die neue Verkehrsführung sorgt auch bei Konzerten für Ruhe am Kaiserkai
gen wirken“, verspricht Randa Stewner vom
LSBG. Für die Baustellenfahrzeuge wird es
in Absprache mit der HafenCity Hamburg
GmbH eine gemeinsame Lösung geben, um
die Einschränkungen und Belästigungen
durch Lieferverkehr zu mindern. Störungen
im Traditionsschiffhafen sollen minimiert,
Fußgänger und Straßenverkehr so bald wie
möglich wieder über die Brücke geführt werden. Die Bauarbeiten sind umfangreich und
langwierig. Doch anschließend kann nicht
nur die Elbphilharmonie den Betrieb aufnehmen, auch die westliche Hafencity ist für den
Besucheransturm sinnvoll vorbereitet.
K U R Z G E F RAGT
WIE SIEHT DAS MOBILITÄTSKONZEPT FÜR
DIE HAFENCITY AUS?
Wer gute Alternativen zum eigenen
Auto hat, nutzt sie auch. Diese Schlüsselerkenntnis gewinnt im Mobilitätskonzept der HafenCity zunehmend an
Bedeutung. Denn der neue Stadtteil
soll eine zukunftsweisende Verkehrsinfrastruktur für den hoch verdichteten,
urbanen Raum schaffen und gleichzeitig
die nachhaltige Entwicklung Hamburgs
unterstützen – beidem steht derzeit die
Popularität des eigenen Autos im Weg.
Aus diesem Grund wurde das ehemalige
Freihafenareal mit einem attraktiven
ÖPNV-Angebot aus U-Bahn und Bussen
an die bestehende City angebunden.
Bei guter Nahversorgung verfügt die
HafenCity über ein engmaschiges Netz
an attraktiven Fuß- und Fahrradwegen.
Für die verbleibenden Wege, die bisher
APRIL 2014 bevorzugt mit dem Pkw erledigt werden,
setzt die HafenCity Hamburg GmbH
auf klimaschonende Antriebsformen
und Carsharing. Ziel des Konzepts ist die
Senkung des motorisierten, individuellen
Verkehrs auf etwa 20 bis 25 Prozent am
Gesamtverkehr, der Durchschnitt liegt
in Hamburg zurzeit bei gut 47 Prozent.
Anwohner, Beschäftigte und Besucher
finden in der HafenCity ein vielfältiges
Mobilitätsangebot vor, mit dem sie
weitgehend auf den eigenen Pkw verzichten können, ohne dabei an zeitlicher
Flexibilität zu verlieren. Insbesondere
in der östlichen HafenCity kommt diese
Strategie zum Tragen: Die Quartiere Baakenhafen und Elbtorquartier werden zum
flächendeckenden Testfall für emissionsarme Mobilität.
Dafür erfüllen die Bauherren ein umfassendes Bündel nachhaltiger Kriterien.
Unter anderem verpflichten sie sich, in
allen Tiefgaragen 30 Prozent der Stellplätze mit Ladeinfrastrukturen für Elektromobile auszustatten und sich an der
Entwicklung von Carsharing-Systemen
mit signifikantem Anteil an Elektrofahrzeugen zu beteiligen. Dabei sollen auch
E-Bikes, Pedelecs und andere elektrische
Kleinstfahrzeuge integriert werden.
Während die Stadt Hamburg den
bisher geltenden Stellplatzschlüssel von
0,6 Plätzen pro Wohneinheit abgeschafft
hat, war den Immobilienentwicklern
im Baakenhafen von vornherein eine
neue Herangehensweise vorgegeben: In
Bezug auf dieses in der Immobilienbrache
oftmals wichtige Attraktivitätskriterium
wurde im Baakenhafen nicht nach der
Mindestanzahl von Stellplätzen gefragt,
sondern nach möglichen Formen einer
zuverlässigen und bedarfsgerechten
Mobilitätsversorgung, die die einzelne Immobilie, aber auch das gesamte
Quartier für seine Bewohner attraktiv
gestaltet. Berechnungen haben ergeben,
dass im Rahmen moderner Verkehrskonzepte ein Schlüssel von 0,4 Stellplätzen
pro Wohneinheit genügt. Studien zeigen,
dass Sharing-Modelle auch einem Verhaltenstrend in den großen Städten entsprechen. Kein Wunder: Alternative Mobilitätsangebote senken die Kosten – sowohl
bei den privaten Ausgaben als auch bei
der Herstellung der Gebäude, die auf
den Bau teurer Tiefgaragen zumindest
teilweise verzichten können.
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Aus dem Leben einer alten Drehbrücke
Die frisch restaurierte Ericusbrücke stellt auch einen Brückenschlag zwischen industrieller Vergangenheit und urbaner Zukunft dar. Sie ist
eine der ältesten Drehbrücken Deutschlands und gleichzeitig Versorgungsader der HafenCity für Breitbandinternet und Elektrizität
BROOKTORKAI/ERICUS Noch vor
wenigen Wochen schien es, als hätte Verpackungskünstler Christo die HafenCity zum
Schauplatz seines neuen Projekts gemacht:
Wie 1995 der Berliner Reichstag stand die
Ericusbrücke in der östlichen HafenCity
fast vollständig in Kunststoffgewebe verhüllt. Wer in diesem Winter die Koreastraße
entlangbummelte, dem wäre das beinahe
unscheinbare Bauwerk vor dem raumgreifenden Domizil des Spiegel-Verlags auf der
Ericusspitze kaum aufgefallen. Eher hätte
er das südlich angrenzende historische Zollgebäude entdeckt, und vermutlich erst zum
Schluss die kleine, weiß verhüllte Konstruktion, die den Ericusgraben überspannt.
Doch nicht um Kunst ging es bei dieser
aktuellen Instandsetzungsmaßnahme, sondern um Infrastruktur: Mit der Ericusbrücke wird in diesen Tagen eine der ältesten
Drehbrücken Deutschlands wiedereröffnet.
Neben einem gut ausgebauten Verkehrsweg für Radfahrer und Fußgänger stellt sie
zugleich eine wichtige Versorgungsader der
HafenCity dar. Seit die Hüllen gefallen sind,
sehen Passanten das historische Bauwerk in
neuem, historischem Format – dafür sorgte
der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG), unter dessen Regie die Brücke
umfassend instand gesetzt wurde.
Ingenieur Dietmar Gehrt, als Fachbereichsleiter verantwortlich für das Projekt Ericusbrücke, erinnert sich gut an den maroden
Zustand des Bauwerks im Jahr 2005, als der
LSBG die Zuständigkeit für die Ericusbrücke
übernahm. „Die Widerlager waren in einem
sehr schlechten Zustand, die Nieten defekt,
die Bleche rostig. Mit Schönheitsreparaturen war das Bauwerk nicht zu retten.“ So
wurde im Jahr 2011 der gesamte stählerne
Überbau der Ericusbrücke mit seinem Gewicht von 125 Tonnen ausgehoben, um die
Konstruktion am Ufer instand zu setzen. Die
Widerlager, auf denen die Brücke an beiden
Ufern ruht, mussten komplett durch Bauteile aus Stahlbeton ersetzt, der Mittelpfeiler
saniert werden. Auch beim Überbau wurde
Unscheinbare Zeugin des Industriezeitalters: Die Ericusbrücke gehört zu den ältesten Drehbrücken Deutschlands
Instandsetzungsarbeiten am Ufer: Auf Stützrädern (vorn) wurde die tonnenschwere Konstruktion gedreht
ausgetauscht, was nicht mit angemessenem
Aufwand zu retten war, etwa Teile des Gehwegs; anderes wurde entrostet, gereinigt,
geschützt, ergänzt. Das Räderwerk, das ursprünglich das Schwenken der beiden Brückenarme möglich machte, ist in seinen Originalzustand versetzt worden – zumindest
dem Anschein nach: Tatsächlich hat es seine
Funktion verloren, und die Brücke ruht heute
fest auf Elastomerlagern. „Der Aufwand hat
sich gelohnt“, stellt Gehrt zum Abschluss der
Arbeiten fest. Gerade im Ensemble der HafenCity, einem städtebaulichen Großprojekt mit
starker Zukunftsausrichtung, seien solche historischen Akzente wichtig. Das Resultat der
Mühen ist auch eine denkmalschützerische
Leistung. So wurden beispielsweise die neuen
Widerlager mit einer Klinkerschale verkleidet,
ganz so, wie es bei der ursprünglichen Brücke
der Fall war, dafür wurden sogar die ursprünglich verbauten Originalsteine entnommen,
gereinigt und wieder eingesetzt.
So bleibt die historische Anmutung der
Ericusbrücke erhalten und animiert zu einer kleinen Zeitreise in das Jahrhundert der
Industrie. Die zierliche Konstruktion entstand 1870 als kombinierte Eisenbahn- und
Straßenbrücke. Zu dieser Zeit wurde bereits
für den Hannoverschen Bahnhof am Lohseplatz gebaut, der durch die Ericusbrücke
eine Schienenverbindung zum Berliner
Bahnhof in Hammerbrook und dem Klosterthor-Bahnhof erhalten sollte. Die Arme
der Brücke konnten geschwenkt werden,
um für den Schiffsverkehr Platz zu machen.
Mehrmals täglich wurde die tonnenschwere
Konstruktion per Hand gedreht, damit die
Binnenschiffe mit ihrer Fracht für den Wochenmarkt passieren konnten.
Auch Personenzüge aus Schleswig-Holstein und Altona rollten zeitweise über die
Ericusbrücke zum Hannoverschen Bahnhof.
Doch mit dieser zentralen Rolle für den Hamburger Schienenverkehr war es bereits nach
wenigen Jahren wieder vorbei: 1906 eröffnete Hamburger Hauptbahnhof, und als im
gleichen Jahr die Oberhafenbrücke in Betrieb
ging, fiel die Ericusbrücke in einen Dornröschenschlaf. Bereits 1908 wurden die Gleise
entfernt und durch einen Straßenbelag ersetzt. 1948 verlor die Drehbrücke, die übrigens am Ort der heutigen Busanbrücke im
Magdeburger Hafen eine Zwillingsschwester
besaß, auch noch ihre Beweglichkeit: Ihre Arme wurden endgültig festgesetzt.
So ist die Wiedereröffnung im Frühjahr
2014 für die Ericusbrücke auch ihr eigener
zweiter Frühling: Künftig tut sie nicht nur als
Fußgänger- und Radfahrerbrücke ihre Dienste, auf ihrer Unterseite werden Leitungen für
Telekommunikation, Breitbandinternet und
Kabelservices in die neuen Quartiere der
HafenCity geführt, ebenso zwei Hochspannungsleitungen für je 110 Kilovolt. Würde
diese Verbindung gekappt, gingen der östlichen HafenCity schlagartig die Lichter aus.
Computer-Displays verlöschten, Telefone
blieben stumm – wir wären zurückversetzt
ins frühe 19. Jahrhundert.
P O RTRÄT
Margot Reinig: Pädagogin in Hochform
Margot Reinigs Methoden sind so schlicht wie überzeugend: Ein Blick ins Mikroskop genügt, schon muss man
der Pädagogin Recht geben, Kochsalzkristalle haben tatsächlich die Form eines Würfels. „Sehen Sie, nicht nur bei
Kindern macht es ‚klick‘“, kommentiert sie den gewollten
Aha-Effekt, „auch Erwachsene lernen noch dazu.“
Margot Reinig ist Gründerin des Kindermuseums KL!CK
in Osdorf. Seit zehn Jahren leitet sie die größte Einrichtung
dieser Art in Deutschland, einen Ort, „an dem die Fantasie
noch Purzelbäume schlagen darf“, sagt die 62-Jährige. Voraussichtlich 2017 wird sie an der Spitze des Strandkais eine
Erlebnisausstellung eröffnen, in der sich Besucher spielerisch mit dem Thema Architektur beschäftigen können:
das Hochform Kinderarchitekturzentrum. Ein nahe liegendes Angebot: In der HafenCity entstehen neue Stadträume und avantgardistische Gebäude, die Architektur­
begeisterte aus aller Welt anlocken.
Mit ihrem Ehemann, ebenfalls Architekt, teilt die dreifache Mutter die Faszination für die Kunst des Bauens. Der
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Name ist Programm. Margot Reinig will Kinder mit hohen
Formen buchstäblich in Hochform bringen. Architektur
sei „viel mehr als nur vier Wände“, so die engagierte Pädagogin. Dahinter steckten Kulturgeschichten und gesellschaftliche Fragen; die Bedeutung von Architektur prägt
das Erleben unseres Alltags. Warum zum Beispiel haben
die Europäer so hohe Kirchen gebaut, die Ägypter aber Pyramiden? Ist ein Fenster wirklich nur ein Loch in der Wand?
Fragen wie diese regen nicht nur Kinder zum Nachdenken
an. Doch die Besucher sollen auch mit den eigenen Händen
„begreifen“ und erfassen. Familien, Kindergruppen und
Schulklassen, aber auch Senioren können dafür in zwei
Werkstätten die Ärmel hochkrempeln, am Zeichentisch
Architekt spielen, an Statik tüfteln oder mit Maurerkelle
und Mörtel hantieren. Margot Reinig möchte zeigen, dass
„das Lernen jenseits althergebrachter Methoden richtig
Spaß machen kann“. Und sie präsentierte die Idee auf so
durchdachte Weise, dass sie sich im Wettbewerb, den die
HafenCity Hamburg GmbH zusammen mit der Kulturbe-
hörde auslobte, gegen vier andere Nutzungsideen für den
exponierten Ort durchsetzte.
Von prominenter Lage ist heute noch nicht viel zu sehen,
doch Pionierarbeit ist für Margot Reinig nichts Neues, unter anderem ebnete sie einem alternativen Kindergarten
den Weg. Vor zehn Jahren eröffnete sie das KL!CK-Museum
und ging damit gezielt an einen Ort, der Familien bis dato
nicht viel zu bieten hatte: in die Großsiedlung Osdorfer
Born. Gespräche mit Gästen führt die Museumschefin in
der Cafeteria, wo sie auf einem Marienkäfer Platz nimmt,
genauer: auf einem der bunt bepinselten Stühle, die Kinder
zu Figuren wie einer Kuh oder einem Flugzeug modelliert
haben. Im Hintergrund hört man Lachen und Geschirrklappern, jemand klimpert auf dem Klavier. „Richtig stolz“ seien die Kleinen, sobald sie mit den eigenen Händen etwas
erschaffen können, sagt Margot Reinig. Das Leuchten in
ihren Augen macht deutlich, dass solche Erfolge auch die
Ideengeberin mit Stolz erfüllen. Rund 50.000 junge und
auch ältere Besucher kommen jedes Jahr ins Mitmach-
APRIL 2014 Fotos: Miguel Ferraz Araújo (1), Bina Engel (2), Thomas Hampel/ELBE & FLUT (1)
Margot Reinig, Gründerin des Kindermuseums KL!CK eröffnet am Strandkai das Hochform Kinderarchitekturzentrum. Bei ihren Projekten
hat die Pädagogin nicht nur Kinder im Visier, auch Eltern mögen das Angebot der engagierten Ausstellungsmacherin
REPORTAGE
Ausgehen, wo die Nacht leuchtet
Clubs und Restaurants, Konzerte, Lesungen oder Performances – nicht für jeden ist an allen Wochenenden das Passende dabei.
Doch eine Expedition in das noch junge Nachtleben der HafenCity lohnt sich schon jetzt
HAFENCITY Stahlgrau ballen sich die
Wolken über dem Kesselhaus, am Sandtorkai weht ein kalter Wind. Der Hamburger
Winter hat seine ungemütlichen Seiten,
aber auch seine besonderen Wärmeinseln:
Rot und bernsteinfarben leuchtet es durch
die hohe Glasfassade des Chilli Clubs in die
Dunkelheit. Dem Anblick kann ein frierender
Nachtschwärmer schlecht widerstehen,
Im Chilli Club hat der Gast viele Freiheiten,
er kann in der Brasserie asiatisch speisen,
in der Lounge einen Cocktail nehmen oder
an der Bar einen schnellen Espresso trinken.
Auf jeden Fall lässt es sich hier herrlich chillen. Die Tische in der Brasserie sind voll besetzt an diesem Freitag. Nur in der Lounge
findet sich ein freier Platz. Mit dem Einsatz
von Naturschiefer, Glas und Leder, besonders aber einer Flut an indirekter Beleuchtung in allen Rotschattierungen ist dem
Amsterdamer Architektenbüro concrete ein
beachtlicher Wurf gelungen.
Chillen in den Polstern der Lounge im Chilli
Club – kein schlechter Start in eine Expedition ins Nachtleben der HafenCity. Und die
Nacht kann mittlerweile recht lang werden,
denn in den vergangenen Jahren haben sich
hier eine Reihe von Restaurants, Clubs und
Kulturtreffs angesiedelt.
Chilliger Start ins Nachtleben
Doch zunächst braucht es eine kulinarische Grundlage. Wohin zum Essen? Gehobene thailändische Küche gab es vorgestern, im Sala Thai, mit Blick über die Lichter
des Hafens. Als Kontrastprogramm bietet
sich vielleicht das Schiffchen an, ein nordischer Ableger von Düsseldorfs ältestem
Restaurant Zum Schiffchen, wo in zwangloser Atmosphäre Brauhausküche auf hellen
Holztischen serviert wird. Doch an einem
unfreundlichen Tag wie heute darf es schon
etwas ganz Besonderes sein.
Also auf ins Carls an der Elbphilharmonie,
wo Küchenchef Michel Rinkert, gebürtiger
Elsässer, den Balanceakt zwischen nord-
deutscher und französischer Küche kultiviert. Das Carls ist ein Ableger des Hamburger Traditionshauses Hotel Louis C. Jacob,
und diese Abstammung merkt man dem
HafenCity-Sprössling sofort an. Das beginnt
mit dem Interieur der Brasserie, wo Tische in
gemütlichen Nischen platziert sind – durch
die großen Fenster geht der Blick über die
Elbe, wo die Lichter des Hafens auf dem
pechschwarzen Wasser tanzen.
Nach einem opulenten Mahl wirkt die
­Winterkälte zahnlos. Am Wasser entlang
geht es nun Richtung östliche HafenCity.
Ein Spaziergang durch den Traditionsschiffhafen hat selbst an einem nasskalten Abend
noch seine Reize, es geht vorbei an Booten
und Schiffen, die im Nebel sanft auf dem
Elbwasser schaukeln. An den abwechslungsreichen Fassaden der Neubauten am
Hafenrand gibt es viel zu entdecken, und
doch wirkt das Ensemble wie aus einem
Guss.
Auf halber Strecke zum Ziel liegt das Hotel 25hours und verlockt zu einem kleinen
Zwischenstopp: Mit maritimen Zitaten
von Strickleitern über Seekisten bis hin zu
Containerelementen wirkt das 25hours wie
ein Design-Seemannsheim mit vier Sternen. Nur, dass sich hinter den gewellten
Metallwänden mit Hapag-Lloyd-Aufdruck
kein Frachtgut, sondern ein Meeting-Room
verbirgt. Im Restaurant HEIMAT spielt eine
Band zum Dinner auf.
Doch ein Blick auf die Uhr zeigt, dass keine
Zeit bleibt für Genusspausen. Weiter geht
es gen Osten, über die Baakenhafenbrücke
zum Baakenhöft. Dort liegt die „MS Stubnitz“, ehemaliges Hochseekühlschiff, das
früher zur ­Fischereifangflotte der DDR gehörte. In einem der umgebauten Laderäume spielen heute die Sacred Travelers, eine
Berliner Band, die Afrotronics, Elektronik
und folkloristische Elemente zu einem ganz
eigenen Stil verwoben hat.
1992 hat ein Künstlerkollektiv, darunter
der Schweizer Musiker Urs Blaser, das Schiff
gekauft. Seitdem ist die „Stubnitz“ als flie-
Museum im Hamburger Westen. Sie rubbeln wie zu Uromas Zeiten Wäsche, toben wie die Steinzeitmenschen
um ein ledernes Tipi oder spielen Geräusche-Memory. Als
Mittendrin und dabei im Nachtleben der HafenCity: Mit Persönlichkeit und Atmosphäre hat Barbetreiber
Antonio Fabrizi schon viele Liebhaber für seinen Club 20457 an der Osakaallee gewonnen
gender Holländer avantgardistischer Kultur
unterwegs und legt bei passender Gelegenheit immer mal wieder für einige Wochen
oder Monate in der HafenCity an. Konzerte,
Performances und Ausstellungen gibt es an
Bord; im Sommer kommen viele Gäste nur,
um einen Drink an Deck zu genießen.
Doch der Sommer lässt auf sich warten,
und nachdem der Besucher über die Gangway an Bord geklettert ist, macht er, dass
er unter Deck kommt. Die „MS Stubnitz“ ist
kein Traumschiff. Sie verleugnet nicht ihr Alter von 50 Jahren und auch nicht ihre industrielle Herkunft. Hier sitzt Niete an Niete,
und es lohnt sich, ein wenig aufzupassen,
um nicht im Halbdunkel über eine stählerne
Schwelle zu stolpern. Im etwas unterkühlten Laderaum wirbeln die Sacred Travelers –
auch das Einheizen kommt der Band zu, die
die Aufgabe mit Bravour erfüllt.
Nach dem Konzert könnte man die Nacht
etwas ruhiger ausklingen lassen. Toni wä-
Ergänzung zu den festen Stationen des Museums gibt es
immer wieder wechselnde Ausstellungen – zurzeit etwa
jene, bei der sich alles um den Würfel dreht.
Spielerisch neue Erkenntnisse vermitteln, das ist die Kernkompetenz von Margot Reinig und Hauptanliegen ihres Kindermuseums KL!CK
APRIL 2014 re da die richtige Anlaufstelle, genauer
der Club 20457 von Antonio Fabrizi in der
Osakaallee: Äußerlich eine Bar mit LoungeCharakter, wie es ihrer Tausende gibt. Doch
der Besitzer macht hier den Unterschied:
Antonio Fabrizi ist der perfekte Gastgeber,
das Mensch gewordene „Welcome!“. Hier
ist jeder Gast ohne Umstände mitten drin
und dabei.
Irgendwann, es ist wieder einmal spät geworden, gönnt sich Toni ein bisschen frische
Winterluft vor der Tür. Ob er geglaubt hat,
dass sein Club in der Hafen­City so ein Erfolg wird? „Von Anfang an“, sagt er lebhaft
und macht eine weite Geste über Hamburgs
neuesten Stadtteil. „Es gibt hier so viel mehr
als nur Wohnungen und Büros, so viel Kultur, Wissenschaft, Geschäfte, Gastronomie,
Nightlife – die HafenCity lebt. Und nachts
leuchtet sie!“
Für ihr Projekt am Strandkai hat Margot Reinig ein ganz
persönliches Ziel: „Die HafenCity ist eine Stadterweiterung für alle Hamburger, alle sollten Freude daran haben.
Also versuchen wir, Menschen dorthin zu bringen, die vielleicht nie in einen fremden Stadtteil, geschweige denn ein
dortiges Museum gehen würden.“ Als Sozialarbeit will die
Museumsleiterin ihr Engagement indes nicht verstanden
wissen. Sie sieht es umgekehrt: „Nur weil die Osdorfer
uns so toll unterstützen, können wir überleben!“ Mit „viel
Herzblut und wenig Bezahlung“ arbeiten neben einem
Kern aus Diplom-Pädagogen viele Minijobber und Ehrenamtliche aus dem Quartier in der Einrichtung. Studenten
führen durch die Ausstellungen.
Heraus kommt ein Programm, das junge wie ältere Freunde des Hauses begeistert. Auf Wunsch können Kinder sogar in dem Museum übernachten. Das ist für die Kleinen
ein Riesenspaß und für die Eltern die Gelegenheit, abends
einmal etwas für sich zu unternehmen. So sollte das Konzept auch in der HafenCity seine Fans gewinnen. Warum
nicht die Kleinen ins Museum bringen und selbst ein Konzert in der nahe gelegenen Elbphilharmonie besuchen?
„Mit Fantasie stellt sich vieles anders dar als erwartet“,
sagt Margot Reinig und hält einen groben Stein in die Höhe. Sie wendet ihn, und zum Vorschein kommt ein Meisterwerk der Natur: ein Pyrit, ein perfekt gekanteter, silbern
glänzender Würfel.
11
AUSBLICK
Die neuen Baustellen auf einen Blick
Nachdem die Kräne aus dem Stadtbild der HafenCity beinahe verschwunden waren, wird 2014 wieder kräftig gebaut: Neben den aktuellen Baustellen am Lohse­
park und im Elbtorquartier werden auf neun weiteren Grundstücken Wohnungen, Büros, Gastronomie und öffentlichkeitsbezogene Nutzungen in Bau gehen
BF 71, Am Lohsepark:
Wohnen am Park
Mehrere Baugemeinschaften und zwei
Bauträger realisieren
hier Eigentumswohnungen, Lofts,
geförderte Mietwohnungen, gewerbliche
Erdgeschossnutzungen
und eine Kita
Fotos: Michael Behrendt (1), BKK-3 Architekten (1), DC Commercial (1), Fotofrizz (1), Gärtner & Christ (1), Gewers & Pudewill (1), Thomas Hampel/ELBE & FLUT (3), KBNK Architekten (1), Richard Meier & Partners (1), Störmer Murphy and Partners (1)
BF 65, Brooktorhafen:
Marquard & Bahls
In der künftigen
Unternehmenszentrale
des Mineralölkonzerns
Marquard & Bahls
finden bis zu 700
Mitarbeiter Platz
BF 81 a/b Baaken­
hafen: JUFA-Hotel
Bis 2016 entsteht ein
familienfreundliches
Hotel mit 220 Zimmern
und Freizeitangeboten, hinzu kommen
geförderte sowie frei
finanzierte Wohnungen
BF 52/53, Elbtorquartier: „Intelligent
Quarters“
Bis 2016 soll das
Projekt „Intelligent
Quarters“ verwirklicht
sein: ein Bürohaus am
Wasser, ergänzt durch
zwei weitere Gebäude
und unter anderem
etwa 60 Wohnungen
BF 34/5, Überseequartier: „Altes Hafenamt“
Im denkmalgeschützten „Alten Hafenamt“
entstehen innovative
Gastronomie- und Einzelhandelskonzepte
BF 42, Elbtorquartier:
Gebrüder Heinemann
Gebr. Heinemann
erweitert die Zentrale
in der HafenCity um einen Neubau mit sechs
Bürogeschossen, zwei
Staffelgeschossen und
einer Tiefgarage
BF 60 Strandkai: Engel
& Völkers
2016 will das Immobi­
lienunternehmen
Engel & Völkers die
neue Zentrale beziehen, neben Büros gibt
es eine öffentliche
Nutzung und cirka
100 Wohnungen
BF 33 Am Sandtorpark/
Grasbrook:
Wohnvielfalt
Das Gebäude enthält
Eigentums- und geförderte Mietwohnungen
ebenso wie Ateliers und
studentische Wohnungen, hinzu kommen
eine Kindertagesstätte
und ein Bio-Restaurant
BF 34/15 und 34/16,
Überseequartier:
Entertainment und
Wohnungen
Auf der ehemaligen
Baulogistikfläche
entsteht ein vielfältiger Mix aus Wohnen,
Gästehaus, Kino und
Entertainment
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Schicken Sie uns ein Fax an +49 (0)40 - 37 47 26 - 26 oder schreiben Sie eine E-Mail an [email protected]
IM PRESSUM
Verlag: HafenCity Hamburg GmbH,
Osakaallee 11, 20457 Hamburg, www.hafencity.com
V. i. S. d. P.: Susanne Bühler
Redaktion: Anja Schnake
Texte und Mitarbeit: Andrea Bittelmeyer,
Jürgen Drommert, Thomas Götemann,
Anja Schnake, Eileen Stiller
Design: lab3 mediendesign, Hamburg
Korrektorat: Gustav Mechlenburg
Druckerei: Langebartels & Jürgens, Hamburg
Die Veröffentlichung von Texten oder Textauszügen darf nur nach Genehmigung der HafenCity
Hamburg GmbH erfolgen. Die in dieser Publikation
enthaltenen Informationen sind für die Allgemeinheit bestimmt; sie erheben weder Anspruch auf
Vollständigkeit noch auf Richtigkeit.
Das Riesenrad kommt zurück
Ab 1. Mai dreht das größte mobile Riesenrad
der Welt erneut an der San-Francisco-Straße
seine Runden – und ermöglicht seinen Fahrgästen aus 60 Metern Höhe spektakuläre
Ausblicke auf die HafenCity, den Hamburger
Hafen und die City der Hansestadt. Mit
250.000 Leuchtdioden, die das Steiger Riesenrad beleuchten, sorgt es vor allem in der
Dämmerung für stimmungsvolle Momente.
Geöffnet sind die 42 Gondeln bis zum 19. Juli
täglich von 11 bis 21 Uhr.
www.riesenrad.de
Elbphilharmonie Open Air
Einen Vorgeschmack auf ihren künftigen
Konzertbetrieb gibt die Elbphilharmonie am
17. und 18. Mai 2014 auf dem Platz der deutschen Einheit. Die Konzerte auf der Open-AirBühne sind Teil des 1. Internationalen Musikfests in Hamburg, einer Kooperation der
Elbphilharmonie mit dem NDR, den Philharmonikern Hamburg und vielen anderen musikalischen Institutionen der Stadt. Vom
9. Mai bis 15. Juni 2014 organisieren sie mehr
als 50 Konzerte sämtlicher Musikrichtungen.
www.elbphilharmonie.de
HSH Nordbank Run
Am Samstag, dem 21. Juni 2014 startet zum
13. Mal der populäre Firmenspendenlauf HSH
Nordbank Run durch die HafenCity. Ob Führungskräfte oder Assistenten, Meister oder
Lehrlinge, Kollegen, Verwandte, Freunde
oder Nachbarn – die Teams laufen nicht um
die Wette, sondern für den guten Zweck. Die
vier Kilometer lange Laufstrecke führt mitten durch die zentrale HafenCity und ihre
neuen Quartiere. Anmeldungen sind noch
bis zum 27. Mai möglich.
www.hsh-nordbank-run.de
34. Ausgabe, Hamburg, April 2014
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