Erfahrungsbericht Praktisches Jahr University of Florida – Gainesville
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Erfahrungsbericht Praktisches Jahr University of Florida – Gainesville
Erfahrungsbericht Praktisches Jahr University of Florida – Gainesville Jasmin Seiberth Mai – November 2014 1345 Center Drive P3-20 JHMHC Gainesville, FL. 32610 Ich hatte schon während meines Studiums den Wunsch ein Semester im Ausland zu studieren. Da dies im Pharmaziestudium ohne den Verlust von mindestens einem Semester bzw. 1 Jahr nicht möglich war, habe ich die Möglichkeit genutzt einen Teil meines Praktischen Jahres im Ausland zu verbringen. Ich war für 6 Monate am College of Pharmacy der Universität Florida. Das Praktikum gab mir die Möglichkeit die praxisorientierte Ausbildung der Apotheker unter anderem auch in klinischer Pharmazie hautnah mitzuerleben und ich habe diverse Male die Chance bekommen die Tätigkeiten und die Aufgabenfelder eines Krankenhausapothekers in Amerika näher kennenzulernen. 1 Vorbereitung a) Bewerbung Ich habe mich kurz nach meinem ersten Staatsexamen in Pharmazie für die Praktikumsstelle in Florida beworben. Dazu benötigte man ein Bewerbungsanschreiben für Herr Professor Derendorf, einen englischen Lebenslauf und ein Empfehlungsschreiben einer seiner Professoren/-innen. Nachdem ich Professor Derendorf meine Unterlagen zu kommen ließ, bekam ich recht zügig eine Zusage bei ihm im Department meine 6 Monate Praktisches Jahr von Mai bis Anfang November 2014 zu verbringen. b) Vorbereitung Die Vorbereitungen sind relativ zeitintensiv, weswegen man relativ früh damit anfangen sollte. Man benötigt eine “Formelle finanzielle Bürgschaft’ für die Dauer des Aufenthaltes. Die Bürgschaft, welche aber nur pro forma ist, kann bei der Bayerischen Apothekerkammer erfragt werden. Man bekommt ca. 4 Monate vor dem Auslandsaufenthalt eine Email von Professor Derendorf„s Sekretärin, in der sie einem die noch zu erledigenden Schritte erläutert. Es wird einem ein “Letter of Invitation” zugesendet. Diesen muss man ausdrucken, unterschreiben und zurücksenden. Darüberhinaus wird eine gescannte Kopie des Reisepasses, eine Kopie des 2. Staatsexamens und das ausgefüllte “exchange visitor form” für die Bewerbung an der Universität Florida gebraucht. Die Unterlagen werden von dem Departement bei der zuständigen Stelle eingereicht und man bekommt einige Wochen später per Kurier das “DS-2019-Formular zugeschickt, welches man für die Visumbewerbung benötigt. Zusätzlich muss eine Bewerbungsgebühr an die Universität bezahlt werden (ca. 100 Euro). Des Weiteren ist eine Auslandkrankenversicherung für die Dauer des Aufenthaltes von Nöten. Ich habe meine bei PRO-TRIP für insgesamt ca. 300 Euro abgeschlossen. c) Visum Als Nächstes konnte man sich um sein J-1 Visum (=Studentenvisum) kümmern. Alle nötigen Informationen hierfür können auf der Visa Checkliste der amerikanischen Botschaft gefunden werden: (http://germany.usembassy.gov/visa/nonimmigrant/apply/). Man benötigt ein digitales Passbild, man muss das DS-160 Formular ausfüllen, die SEVIS-Gebühr bezahlen, die Visa Application Gebühr bezahlen und einen Termin zum Interview in der Botschaft (Berlin, Frankfurt, München) vereinbaren. 2 Bei dem Interview in der Botschaft muss man beschreiben was man in den USA machen wird. Der Reisepass wird einem dann in den nächsten Wochen samt Visum zugeschickt. Erste Tage Ich kam einige Tage vor dem Praktikumsbeginn in Florida an, um genügend Zeit für alle Formalitäten zu haben. Ich hatte einen Flug direkt nach Gainesville mit Lufthansa/US Airways mit einmal umsteigen in Charlotte für ca. 700 Euro gebucht. Man wird freundlicherweise immer von den vorherigen Praktikanten vom Flughafen abgeholt. Die Wohnungen in denen die meisten Praktikanten und PhDs wohnen sind im „Countryside“-Komplex im Süden von Gainesville. Es leben immer 4 Personen zusammen, jeder hat ein eigens Bad und man teilt sich Wohnzimmer und Küche. Die Wohnungen sind voll-möbeliert und haben Fernseher und Klimaanlage (Kosten 450$ warm). Man darf aber von der Einrichtung her und der Bauweise keinen deutschen Standard erwarten. In Florida sind die meisten Häuser aus Holz gebaut und die Wohnungen sind extrem hellhörig. Der Countryside-Komplex hat auch einen kleinen Pool und ein kleines Fitnessstudio mit einem Stepper und einem Laufband. Es steht jedem frei sich selbst eine Wohnung zu suchen. Wenn man aber möchte, wird einem durch den für uns zuständigen Doktoranten immer ein Zimmer in Countryside gesichert. Die erste Woche nutzte ich dazu mich im International Office anzumelden, meine Gator ID abzuholen und alle nötigen Formulare für Professor Derendorf„s Sekretärin auszufüllen. Darüberhinaus kümmerte ich mich um ein Fahrrad und Auto. Meistens kaufen die neuen Praktikanten die Autos von den Praktikanten davor ab. Es teilen sich in der Regel 4 Leute zusammen ein Auto (Kosten um die 600 Euro für Auto/Versicherung/Anmeldung und Instandhaltungskosten). Für Wochenendausflüge und zum Einkaufen ist ein Auto aufgrund der weiten Wege innerhalb Gainesville„s dringend zu empfehlen. Für die Instandhaltung haben die Praktikanten einen günstigen Mechaniker, der für Studenten spezielle Preise macht, wodurch die Instandhaltungskosten der Autos meistens überschaubar bleiben. Einkaufsmöglichkeiten gibt es in der Nähe von „Countryside“ genügend. 10 Minuten mit dem Auto entfernt gibt es „Butlers-Plaza“. Dies ist eine Ansammlung von allen möglichen Geschäften und Restaurants die das Herz begehrt (Lebensmittel, Elektronik, Bastelshop, Baumarkt, Einrichtungsgegenstände, Kleider, etc.). Des Weiteren habe ich mich um einen Handyvertrag gekümmert. Von Ultra mobile (auch beim Rechtech im Butlers Plaza erhältlich) oder Lyca mobile werden monatlich kündbare Verträge mit oder ohne Internet angeboten, die zwischen 20 und 30 Dollar im Monat kosten. Hierbei kann man auch je nach Tarif vergünstigt oder umsonst auf Festnetznummern ins Ausland telefonieren. 3 Zum Praktikumsbeginn treffen sich alle Praktikanten mit Professor Derendorf und es wird gefragt was jeder gerne in seinem Praktikum machen würde. Es wird alles dafür möglich gemacht, dass man eine Praktikumsstelle bekommt, die möglichst seinen Wünschen entspricht. Praktikum Die meiste Zeit meines Praktikums habe ich als Technical Assistant von Professor Munyer an der “Pharmacotherapy IV und V”- Class mitgearbeitet. Diese Vorlesung ist im 3. Jahr des Pharmaziestudiums und es geht um praxisorientiertes Lernen. Die Studenten sollen ihr erlerntes Wissen in der „gespielten Praxis“ anwenden, was bedeutet, dass sie vor ihren Kommilitonen auf der Bühne in Form von Rollenspielen Patientenfälle lösen müssen bzw. ein Beratungsgespräch nachspielen. Der Unterricht ist in Selbstmedikation und Krankenhausfälle aufgeteilt. Bei dem Selbstmedikations-Teil müssen die Studenten alle gängigen Selbstmedikationsthemen wie z.B. Kopfschmerzen, Erkältung, Sodbrennen, Übelkeit und Erbrechen, etc. als Beratungsgespräche nachstellen. Ein Assistent steht auf der Bühne und spielt einen Patienten. Die Studenten müssen den Patienten beraten und werden dabei benotet. Bei den Krankenhausfällen kommen Apotheker, die normalerweise im Krankenhaus auf Station arbeiten, und handeln mit den Studenten gängige Medikationsfälle auf die ein Apotheker im Krankenhaus einflusst nimmt ab (z.B. HIV Therapie, Antikoagulanzientherapie oder Antibiotikatherapie). Hierbei handelt es sich wieder um eine Art Rollenspiel. Die Studenten müssen zuerst den Patienten selbst (Schauspieler) nach seiner Medikation befragen. Anschließend wird mit dem behandelten Arzt Rücksprache gehalten. In der Pause soll dann in Gruppen ein Medikationsplan erarbeiten werde. Danach müssen die Studenten auf der Bühne vor einem „Clinician“ (Apotheker der im Krankenhaus im jeweiligen Themengebiet arbeitet) ihren Medikationsplan verteidigen (wie eine mündliche Prüfung). Der Unterricht und auch die Aktivitäten außerhalb der Vorlesungszeit sind sehr komplex. Alles soll möglichst nahe am Alltagsleben sein und die Studenten sollen dadurch dann auf ihre im 4. Jahr kommenden praktischen 9 Monate vorbereitet werden. Meine Aufgaben waren sehr vielfältig. Als Assistenten waren für den reibungslosen Ablauf der Vorlesung verantwortlich und haben uns um alle wichtigen Aspekte der Vorlesung gekümmert. Zu Semesterbeginn bekam ich zusätzlich auch die Möglichkeit in verschiedene Vorlesungen hinein zu schnuppern (z.B. die Pharmakodynamik Vorlesung). Ich konnte mir auch den „Elective course“ „Critical thinking“ anschauen. In diesem frei wählbaren Kurs lernen die Studenten durch interaktive Übungen was kritisch Denken bedeutet. Debatten und Hausaufgaben sollen die Studenten zum „kritisch Denken“ animieren. Darüberhinaus konnte ich die Aufgabenfelder eines Krankenhausapothekers in Amerika kennenlernen. Fast auf jeder Station sind Apotheker in Vollzeit angestellt und sind ein vollwertiger Teil eines Behandlungsteams bestehend aus Ärzten, Schwestern, Sozialarbeitern, Physiotherapeuten, etc. Die Apotheker übernehmen Verantwortung für die Medikation und auf Visite wird mit den Ärzten die bestmögliche Therapie für die jeweiligen Patienten besprochen. Mich hat sehr beeindruckt, wie sehr die Intervention des Apothekers von den Ärzten geschätzt wird und wie oft auch nach Rat gefragt wurde. Im Zuge der Visitenbegleitung war es mir auch 4 möglich einen Einblick in die Arbeit in der Haupt-Krankenhausapotheke und den kleinen Distributionsapotheke auf den Stationen zu bekommen. Mir wurde auch die Möglichkeit geboten für einen Tag einen Einblick in das Medication Therapy Management (MTM)- Callcenter zu bekommen. Dies ist ein Arzneimittelinformationszentrum in dem arzneimittelbezogene Fragen beantwortet werden. Das Programm ist für multimorbide Patienten, die unter der Armutsgrenze leben und über 65 Jahre alt sind. Sie werden einmal im Jahr von den Mitarbeitern des Callcenters angerufen und zu ihrer Medikation befragt. Eventuelle Probleme und Interaktionen werden dann dem jeweiligen Hausarzt gemeldet. Zusammenfassend habe ich einen sehr guten Einblick in den Studienaufbau in Amerika bekommen. Sehr positiv an dem Pharmaziestudium in den USA sind die vielen interaktiven und praxisbezogenen Unterrichtsmethoden und neue innovative Konzepte, um die Studenten besser auf ihre professionellen Karrieren vorzubereiten. Freizeit Florida bietet viele Freizeitmöglichkeiten. Ich Sommer ist es meist zwischen 25 -30 °C, aber man muss mit einem Regenschauer für eine halbe Stunde alle paar Tage, wenn nicht fast jeden Tag, rechnen. Im Winter können die Temperaturen auch zeitweise um den Nullpunkt herum sein. Dadurch dass Gainesville nördlich und relativ zentral in Florida liegt, befindet sich kein Strand in wirklicher Nähe, aber man ist von sämtlichen Stürmen, Hochwasser, etc. etwas abgeschottet. Doch durch die zentrale Lage sind sowohl Golfküste als auch die Atlantikküste gut zu erreichen und Tages- oder Wochenendausflüge zum Strand sind gut zu meistern. Der nächste Strand an der Atlantikküste ist 1 1/2 h entfernt und an der Golfküste ca. 2 1/2h. Des Weiteren gibt es auch viele weitere Ziele, die sich für einen Wochenendausflug anbieten: Tampa, Savannah, Orlando, Atlanta, Kreuzfahrt auf die Bahamas, Miami, Panama Beach, Amelia Island. Gainesville ist eher eine Kleinstadt, die jedoch durch die fast 50.000 Studenten sehr viel Leben eingehaucht bekommt. Auf dem großen Campus ist immer irgendwo irgendwas los. Wenn nicht dort, dann in Midtown oder Downtown. Freitagabends bietet die Universität auch regelmäßig eine „Gator-Night“ in der Reitz Union an. Hier gibt es kostenlos Essen, Trinken, Kino, Bowlingbahn, Artcenter und weitere Beschäftigungsmöglichkeiten, auch für die ganze Familie. (https://www.union.ufl.edu/ProgramsArtsLeisure/GatorNights 12.2014) Für die Sportinteressierten gibt es super viel zu machen. Die Universität hat ein eigenes Sportstudio (40$ im Monat). Dort gibt es alle Sportgeräte, die man sich vorstellen kann, einen Indoor-Lauftrack, Basketball bzw. Badmintonfelder, Sportkurse, Beachvolleyballfelder und Tennisplätze (kostenlos). Des Weiteren wird 4mal die Woche ein Bootcamp draußen auf einem Sportfeld angeboten. Die Universität besitzt auch einen eigenen See. Hier kann man baden, klettern gehen, Volleyball spielen, grillen, kostenlos Tretboot- und Kanu fahren. 5 Südlich von Gainesville gibt es einen State Park – La Chua Trail. Hier kann man Alligatoren in freier Wildbahn erleben. Der Trail ist ein super Ausflugsziel um mal am Abend noch schnell ins Grüne zu gehen oder eine längere Fahrradtour bis nach Hawthorne zu machen, wobei der Trail auf dem Weg liegt. Ein absolutes „Must-do“ in Gainesville. Man kann auch Volleyball, Basketball (kostenlos) und Footballspiele (Tickets benötigt) der Unimannschaft anschauen. Ein Footballspiel der „Gators“ sollte man wirklich mal miterlebt haben. Die Saison geht immer von Ende August bis Ende November. Dadurch bekommen die Praktikanten im Sommer den Anfang und die Leute im Winter das Ende der Saison mit. Am „Gameday“ dreht die ganze Universität durch. Alle kleiden sich in den Farben der Uni (orange/blau). Vor dem Spiel geht man zum „Tailgaten“, was soviel bedeutet wie, dass man sich auf dem Campus trifft und gemeinsam ein Barbecue macht. An diesem Tag ist es erlaubt überall auf dem Campus zu parken und ehemalige Studenten kommen von überall her mit Trailern und campen auf dem Campus. Für die Footballspiele muss man sich vorher Tickets besorgen. Entweder kann man die bei den Pharmaziestudenten übrig gebliebenen Tickets bekommen (20$ - Dies ist aber erst eine halbe Stunde vor dem Spiel sicher) oder man kann sich vorher welche über andere Studenten besorgen. Fazit Das Praktikum in Florida bedeutet zwar vorher einen sehr großen bürokratischen Aufwand, aber ich kann jedem nur äußert empfehlen sein Praktisches Jahr an der Universität in Florida zu verbringen! Mein pharmazeutisch-fachlicher und mein persönlicher Horizont wurden durch den Auslandsaufenthalt definitiv erweitert. “Go Gators” 6 Wichtige Links - Professor Hartmut Derendorf http://pharmacy.ufl.edu/faculty/hartmut-derendorf/ (12.2014) - Professor Thomas Munyer http://pharmacy.ufl.edu/faculty/thomas-munyer/ (12.2014) - Universität Florida – College of Pharmacy http://pharmacy.ufl.edu/ (11.2014) - Bürgschaft der Bayerischen Landesapothekerkammer http://www.blak.de/ds/items/stipendien-der-bayerischen-apothekerstiftung-fuerauslandsprakti.html (12.2014) - Visa Bewerbung Checkliste http://germany.usembassy.gov/visa/nonimmigrant/apply/ (11.2014) - Sevis Gebühr bezahlen https://www.fmjfee.com/i901fee/desktop/index.jsp?view=desktop (11.2014) - Visa application Site https://ceac.state.gov/genniv/default.aspx (11.2014) - Auslandskrankenversicherung Protrip, Sta Travel, Ärztefinanz - Wohnen: Countryside at the University http://countrysideatuf.com/ (12.2014) - Free Bike Repair UF http://www.sg.ufl.edu/Services/FreeBikeRepairService (12.2014) - An- und Verkauf - Privat http://gainesville.craigslist.org/search/bik (12.2014) - Butlers Plaza – Einkaufen in Gainesville http://www.butlerplaza.com/showcase.aspx (12.2014) - Mietwagen http://www.adac.de/produkte/autovermietung/ (11.2014) Hiermit bedanke ich mich nochmals herzlich bei Herrn Professor Derendorf und Herrn Professor Munyer für das lehrreiche Praktikum an der Universität Florida. Ein großes Dankeschön an meine Eltern und auch an die Bayerische Apothekerstiftung, die mir meinen Auslandsaufenthalt ermöglicht haben. Jasmin Seiberth München, 1.12.2014 7