BG BAU aktuell / Ausgabe 1
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BG BAU aktuell / Ausgabe 1
Unternehmermagazin für die Bauwirtschaft Ausgabe 1 | Februar 2014 BG BAU aktuell Absichern statt abstürzen Kompaktinfo Kontaminier te Bereiche www.bgbau.de Im Interview: Martin Schulz, Präsident des EU-Parlaments Neuen Atem schöpfen – 50 Jahre BG-Klinik Bad Reichenhall Beilage des Kompetenzzentrums For tbildung nach der DGU V Vorschrif t 2 T hema: Kontaminier te Bereiche Inhalt NEUE ANREIZE FÜR PRÄVENTION VULKAN IM BAUCH ZU EUROPA GIBT ES KEINE GUTE ALTERNATIVE SCHLICHTE ELEGANZ STATT BAROCKER GLANZ Das Anreizsystem der BG BAU Gegen Sodbrennen helfen gesun- Interview mit Martin Schulz, zur Förderung ausgewählter Maß- de Ernährung und der Verzicht Präsident des Europäischen nahmen wird 2014 fortgesetzt. auf Alkohol und Nikotin. Parlaments. Der Hildesheimer Dom wird saniert und das mittelalterliche Raumgefühl wiederhergestellt. 12 20 04 16 24 IN KÜRZE IM FOKUS 24 Interview mit Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments 30 Neuen Atem schöpfen – 50 Jahre BG Klinik Bad Reichenhall SCHWERPUNKT 06 Absichern statt abstürzen – Präventionskampagne für Zimmerer REHA UND LEISTUNG AUS UNFÄLLEN LERNEN 11 Tod durch gerissenes Hebeband – Zimmerer wird bei Richtarbeiten von Nagelbinder getroffen ARBEITSSICHERHEIT 12 28 Neue Anreize für Prävention – die BG BAU fördert auch 2014 Maßnahmen für mehr Sicherheit und Gesundheitsschutz in ihren Mitgliedsunternehmen Die neue Info-CD der BG BAU MITGLIEDER UND BEITRÄGE 33 34 35 35 Im Ernstfall abgesichert? Auftraggeberhaftung – Risiko mindern Lohnnachweis 2013 nachreichen Neuer Höchstjahresarbeitsverdienst 36 Ein guter Chef wirkt Wunder 38 INFOMEDIEN 39 „Ausgezeichnete Arbeitsbedingungen“ – die Georg Reisch GmbH & Co. KG setzt auf zufriedene Mitarbeiter MENSCH UND BETRIEB ARBEITSMEDIZIN 16 18 Vulkan im Bauch – was gegen Sodbrennen hilft Unerwünschte Souvenirs – welche Krankheiten Rückkehrer aus dem Ausland von Baustelleneinsätzen mitbringen IM BLICK 20 Schlichte Eleganz statt barocker Glanz – das mittelalterliche Raumgefühl des Hildesheimer Doms wird wiederhergestellt, Technik, Akustik und Brandschutz werden erneuert MIT GUTEM BEISPIEL IMPRESSUM BG BAU aktuell Mitgliedermagazin der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft Heft 1_2014 | ISSN 1615-0333 Herausgeber: Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) Hildegardstr. 29/30, 10715 Berlin www.bgbau.de Verantwortlich: Klaus-Richard Bergmann, Vorsitzender der Geschäftsführung Redaktion: Rolf Schaper (verantw.) Tel.: 0511 987-2530 E-Mail: [email protected] Dagmar Sobull Tel.: 0511 987-1528 E-Mail: [email protected] Fax: 0511 987-2545 BG BAU, Bezirksverwaltung Nord Hildesheimer Str. 309, 30519 Hannover Agentur: steindesign Werbeagentur GmbH, Hannover Titelbild: Mirko Bartels, Picture Alliance Druck: Printmedienpartner GmbH, Hameln Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder. Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. natureOffice.com | DE-000-000000 Liebe Leserinnen, liebe Leser, A bsturzunfälle zählen nach wie vor zu den größten Gefahren im Baugewerbe. Auch Zimmererarbeiten sind mit einem hohen Unfallrisiko verbunden, wie die Unfallzahlen zeigen. Diese Unfälle verursachen oft großes menschliches Leid und langwierige Heilbehandlungskosten. Klaus-Richard Bergmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der BG BAU Mit der Kampagne „Absichern statt abstürzen“ haben die Landesverbände der Zimmerer die Initiative ergriffen, um auf Schwachstellen in der Arbeitssicherheit aufmerksam und die Arbeit für ihre Beschäftigten sicherer zu machen. Die BG BAU begrüßt diese Initiative und unterstützt die Zimmerer bei ihrer Kampagne mit allen geeigneten Mitteln. Unter Federführung von „Holzbau Deutschland“ wollen die beteiligten Projektpartner dem Absturzrisiko den Kampf ansagen. Oft sind es organisatorische Mängel, die am Ende zu schweren Unfällen führen, wie Unfallauswertungen der BG BAU zeigen. Unsere Analysen zeigen auch, dass eine systematische Gefährdungsbeurteilung in vielen Betrieben immer noch nicht integraler Bestandteil der Arbeitsorganisation ist. Dabei trägt die Gefährdungsbeurteilung wesentlich dazu bei, die Risiken bei geplanten Arbeiten schon frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig Maßnahmen zur Verhinderung von Arbeitsunfällen zu treffen. Nicht nur für Zimmerer gilt: Bei Arbeiten mit Absturzgefahr muss die Sicherheit oberste Priorität haben. Auch auf europäischer Ebene geschehen immer noch viel zu viele Arbeitsunfälle, wie Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments, in unserem Interview deutlich macht. Fast 4.000 tödliche Arbeitsunfälle werden pro Jahr in der EU registriert und rund 160.000 Arbeitnehmer sterben an Berufskrankheiten. Diese Zahlen seien „unerträglich hoch“, sagt Schulz. Daher sei das Thema Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz eine ständige Herausforderung für die Mitglieder der EU. Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz entwickele praktische Instrumente, die kleinen und mittleren Betrieben helfen sollen, Gefährdungen am Arbeitsplatz zu beurteilen und praktische Lösungen zu finden. Auch wir als BG BAU unterstützen unsere Mitgliedsbetriebe bei dieser wichtigen Aufgabe. Klaus-Richard Bergmann 4 | In Kürze BG BAU aktuell 1 _2014 Vitali Kuhn konnte die Jury mit seiner Arbeit überzeugen. Jetzt ist er deutscher Meister der Maurer. „Ich wusste, dass es gut lief, und hatte gehofft, aufs Podest zu kommen. Aber Gold hatte ich nicht angepeilt.“ Bundesweiter Wettbewerb DEUTSCHLANDS BESTER MAURER Foto: www.zdb.de Beim 62. Bundesleistungswettbewerb der Bauberufe, der vom 9. – 11. November 2013 in Biberach stattfand, wurden die Besten der Besten in sieben Gewerken ausgezeichnet. Deutscher Meister der Maurer wurde der 26-jährige Vitali Kuhn aus Schwarzenbeck im Herzogtum Lauenburg. Bei seiner Maurerausbildung habe er von Anfang an viel Talent bewiesen, so dass die Ausbildung auf zwei Jahre habe verkürzt werden können, berichtet sein Chef Klaus Dieter Fey von der Fey Bauunternehmung GmbH in Dassendorf. Weitere Goldmedaillen für hervorragende Leistungen in ihrem Gewerk holten sich die Deutschen Meister im Beton- und Stahlbetonbauerhandwerk, Straßenbau, Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk, Stuckateure, Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer und Zimmerer. Grundlage für diese hervorragenden Leistungen sei das duale Ausbildungssystem und die Unterweisung der Nachwuchskräfte in den überbetrieblichen Ausbildungsstätten am Bau, betont Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes. „Insgesamt investiert die Branche rund 600 Mio. Euro in die Ausbildung ihrer zukünftigen Facharbeiter. Um dieses System werden wir weltweit beneidet.“ ZDB / BGVSH Internationale Konferenz FACHTAGUNG ABBRUCH 2014 SICHERHEIT AM BAU IN KOPENHAGEN Am 28. – 29. März 2014 veranstaltet der Deutsche Abbruchverband e. V. in Berlin die mittlerweile 20. Fachtagung und erwartet über 600 Teilnehmer sowie etwa 80 Aussteller. Experten und Praktiker berichten über aktuelle Themen rund um Abbruch, Schadstoffsanierung, Recycling, Arbeitsschutz und Unfallverhütung. Praxisorientierte Informationen über wichtige rechtliche Neuerungen und Baustellenberichte runden das Fachprogramm ab. In der begleitenden Fachausstellung präsentieren Gerätehersteller und -händler, Versicherungsanbieter, Ausrüster für Arbeiten in kontaminierten Bereichen sowie Aus- und Weiterbildungseinrichtungen ihre Produkte. Exkursionen zu Berliner Abbruchobjekten sowie ein Dialogabend am zweiten Veranstaltungstag runden das Fachprogramm ab. Das Programm mit Anmeldeformular ist herunterzuladen unter: www.deutscher-abbruchverband.de. Foto: www.deutscher-abbruchverband.de Europas größte Fachveranstaltung Im Fokus der internationalen Konferenz für Sicherheit am Bau, die vom 29. – 30. April 2014 in Kopenhagen stattfindet, stehen die Themen Arbeitssicherheit und sicherheitsgerechte Lösungen für Großprojekte im internationalen Maßstab. Auf dieser Konferenz werden Sicherheitskonzepte für Baustellen präsentiert, beispielsweise für das Olympiastadion in London oder die FehmarnbeltQuerung. Parallel dazu werden in den Øksnehallen auch Hersteller sicherheitsrelevanter Produkte ihre Angebote vorstellen. Ein weiteres Thema wird eine in Boston, USA, beschlossene Best Practice-Deklaration für die Bauwirtschaft sein, die dabei helfen soll, Arbeitsunfälle zu vermeiden. Die Konferenz kann außerdem von Bauunternehmern, Bauherren, Ratgebern und Organisationen zum weiteren Netzwerken genutzt werden. Die Veranstalter bieten den Lesern von BG BAU aktuell einen Rabatt in Höhe von 200 Euro auf den Buchungspreis an. Bei Online-Anmeldung verwenden Sie einfach im Eingabefeld „Voucher“ den Code BGBAU. Der Code ist gültig bis zum 10. März 2014. Weitere Infos: Safety in Construction in Kopenhagen vom 29. – 30. April 2014, Christian Hjorth-Hansen, Project Coordinator, Telefon: +45 5344 5117 www.conferencemanager.dk/safetyinconstruction BG BAU aktuell 1 _ 2014 In Kürze Fachtagung Seminarangebot der BG BAU ARBEITSSCHUTZ BEI STRASSENUND BRÜCKENBAUSTELLEN ARBEITSSICHERHEIT UND GESUNDHEITSSCHUTZ Foto: Fotolia www.bgbau.de, Webcode: WCNTFh www.bgbau.de/seminare oder Webcode: 2785346 Anmeldung: [email protected], Telefon: 069 4705-219, Fax: 0800 6686688-38550 Ausstellung zur Arbeitswelt Foto: DASA „DIE PROFIS“ Weitere Infos: www.dasa-dortmund.de 5 Die BG BAU bietet ihren Mitgliedsunternehmen auch im Jahr 2014 ein 2014 breites Fortbildungsprogramm rund um Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz an. Eine Beilage in diesem Heft weist auf die neue Seminarbroschüre hin. Mitgliedsunternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten erhalten die druckfrische BroSeminare für Arbeitssicherheit schüre direkt per Post und Gesundheitsschutz zugeschickt. Kleinere Mitgliedsfirmen können sie unter der Telefonnummer 0721 8102 - 611 bzw. -627 oder per E-Mail: [email protected] anfordern oder als PDF-Datei auf der Internetseite der BG BAU herunterladen. Des Weiteren bietet die BG BAU dort eine Seminardatenbank mit Volltextsuche an. Interessierte können darin gezielt nach bestimmten Seminarangeboten suchen, sich über Termine und freie Plätze informieren sowie sich online anmelden. Welchen konkreten Anforderungen müssen sich Planer, Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinatoren sowie bauausführende Firmen im Straßen- und Brückenbau stellen? Welche speziellen Sicherheitsmaßnahmen und rechtlichen Grundlagen sind zu beachten? Zu diesen Themen referieren in einer Veranstaltungsreihe der BG BAU Fachleute der Abteilung Prävention sowie des Fachbereichs Bauwesen. Die nächsten Fachtagungen finden am 17. März 2014 im Copthorne Hotel Hannover sowie am 20. März 2014 im Maritim Hotel Ulm statt. Der Teilnehmerbeitrag inklusive Verpflegung beträgt 50 Euro. LUC Ihr Einsatz ist hoch – sie geben alles, verzichten auf vieles und riskieren ihre Gesundheit, manchmal sogar ihr Leben. In der Deutschen Arbeitsschutzausstellung (DASA) in Dortmund geht es zurzeit um Menschen in Risikoberufen. Die aufwendig gestaltete Schau verknüpft auf über 800 Quadratmetern Fläche nachgebaute Arbeitsplätze und Mitmachstationen mit spannenden Geschichten von Menschen in riskanten Berufen, beispielsweise im Wald, am Zünder bei der Kampfmittelräumung oder auf dem Fußballplatz. Wer auf dem Baugerüst in der Ausstellung steht, bekommt eine Ahnung davon, wie riskant der Job eines Gerüstbauers ist. Ein Formel-1-Wagen aus dem Jahr 1988 gibt Auskunft über die Gefahren im Rennsport. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Frage, wie Profis in ihrem Job mit dem „Kollegen“ Risiko umgehen. Besucher können ihnen über die Schulter schauen: Ausbildung, Technik und Organisation sind die Schlüsselworte für eine unfallfreie Tätigkeit in riskanten Berufen. Die Ausstellung ist noch bis zum 27. April 2014 zu sehen. | 6 | Schwerpunkt BG BAU aktuell 1 _2014 Um Absturzunfälle zu vermeiden, müssen Sicherheitsmaßnahmen rechtzeitig geplant werden und Mitarbeiter unterwiesen sein. Nur dann können die Gefährdungen an hochgelegenen Arbeitsplätzen minimiert werden. BG BAU aktuell 1 _ 2014 Schwerpunkt | 7 Absichern statt abstürzen Ziel der Präventionskampagne für Zimmerer ist es, die Arbeitssicherheit im Alltag von Unternehmern und Beschäftigten zu verankern und Absturzunfälle zu vermeiden. TEXT: Detlev Opara, Rainer Kabelitz-Ciré FOTOS: Mirko Bartels, Swantje Küttner Z immererarbeiten sind mit einem hohen Unfallrisiko verbunden. Vor allem bei Richtarbeiten, wo oft an hochgelegenen Arbeitsplätzen gearbeitet wird, kommt es immer wieder zu Absturzunfällen mit schwerwiegenden Folgen. Aber auch der Einsatz von Handmaschinen wird häufig unterschätzt und führt zu Unfällen. Mit einer gemeinsamen Kampagne wollen die Landesverbände der Zimmerer mit Unterstützung der BG BAU auf die Risiken aufmerksam machen und konkrete Anregungen zur Prävention geben. Sicherheitsmaßnahmen rechtzeitig planen Was ist in puncto Arbeitssicherheit bei Zimmererarbeiten zu beachten? Grundsätzlich muss jeder Unternehmer vor Beginn der Arbeiten eine baustellenbezogene Gefährdungsbeurteilung durchführen. Auf dieser Grundlage sind dann die Sicherheitsmaßnahmen festzulegen und die Mitarbeiter zu unterweisen. Damit sollen die Gefahren für die Beschäftigten so weit wie möglich minimiert werden. Bei der Auswahl von Schutzmaßnahmen hat der Unternehmer eine bestimmte Rangfolge zu beachten. Dabei gilt der Grundsatz, dass technische und organisatorische Maßnahmen Vorrang vor der Verwendung Persönlicher Schutzausrüstung haben. Auch beim Einsatz von Handmaschinen kommt es immer wieder zu schweren Unfällen. Die richtige Handhabung und das Tragen Persönlicher Schutzausrüstung sind wichtig, um sich gegen Gefahren zu schützen. 8 | Schwerpunkt BG BAU aktuell 1 _ 2014 Bei der Montage von Pfetten auf einer Halle stürzte ein Mitarbeiter von der Anlegeleiter und verletzte sich schwer. Die Realisierung der Arbeitssicherheit ist bei Zimmerarbeiten nicht immer ganz einfach, weil ja die Tragkonstruktion eines Daches erst errichtet werden soll. Daher muss vor allem hier die richtige Reihenfolge der Arbeitsabläufe berücksichtigt werden. Insbesondere beim Richten konventioneller Dachstühle gibt es immer wieder Defizite bei der Arbeitssicherheit, der Koordination der Gewerke untereinander und der Arbeitsorganisation. Risiko Absturz verringern UNFALLGESCHEHEN BEI ZIMMERERN Durch verschiedene Studien und eine Auswertung der BG BAU wird belegt, dass Absturzunfälle den Unfallschwerpunkt bilden. An zweiter Stelle stehen Unfälle beim Umgang mit Maschinen. Absturz innen 17 % Maschinen 42 % Stolpern, 1 % 7% Rutschen, Angestoßen-, Stürzen Getroffenwerden Quelle: BG BAU 33 % Absturz außen Absturzunfälle sind bei Zimmerarbeiten sowohl nach innen möglich – also in das Bauwerk hinein – als auch nach außen. Die Unfallauswertung durch die BG BAU zeigt, dass Abstürze nach innen im Wesentlichen durch Öffnungen im Dach auftreten, beispielsweise durch Lichtkuppeln, Ausstiege und Dachfenster, nicht durchsturzsichere Dacheindeckungen wie Wellplatten, Lichtplatten, Lichtbänder sowie Unterspannbahnen. Außerdem besteht bei Richtarbeiten fast ständig Absturzgefahr nach innen, durch die offene Bauweise. Ein typischer Unfall bei Richtarbeiten Beim Montieren von Pfetten wurden Hölzer mit einem Gewicht von etwa 40 kg auf einer landwirtschaftlichen Halle verlegt. Bei der Montage in einer Höhe von ca. 7,40 m stürzte ein Mitarbeiter von der Anlegeleiter auf den geschotterten Boden und zog sich schwere Verletzungen zu. Bei solchen Absturzunfällen sind schwere Verletzungen die Regel – manchmal enden sie sogar tödlich. Der Unfall dieses Zimmerers hätte schon in der Planungs- bzw. Angebotsphase durch eine vorausschauende Arbeitsschutzorganisation verhindert werden können. Wenn man beispielsweise gleich eine Hubarbeitsbühne eingesetzt hätte – wie es nach dem Unfall geschah –, wäre dieser Unfall nicht passiert. Bei den Analysen von Arbeitsunfällen hat die BG BAU immer wieder festgestellt, dass sich viele Unternehmen nicht mit einer systematischen Gefährdungsbeurteilung auseinandersetzen. Doch die Gefährdungsbeurteilung ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern sie trägt auch ganz wesentlich dazu bei, die Risiken bei Arbeitsprozessen schon frühzeitig zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken. Nur mit einer systematischen Gefährdungsbeurteilung und einer strukturierten Arbeitsorganisation können Unfälle weitgehend verhindert werden. BG BAU aktuell 1 _2014 Schwerpunkt | 9 Unfälle haben erhebliche Konsequenzen Schwere Arbeitsunfälle verursachen in der Regel nicht nur erhebliches Leid bei den Betroffenen, sie haben auch Auswirkungen auf die Kollegen und die Unternehmen selbst. So verursachen Unfälle oft hohe Kosten durch die Lohnfortzahlung, stören den Bauablauf und wirken sich durch das Fehlen eines Mitarbeiters aus. Gerade bei Kleinbetrieben kann der Ausfall eines wichtigen Mitarbeiters erhebliche Folgen haben. Zwar übernimmt die BG BAU im Ernstfall die Heilbehandlungskosten und andere Entschädigungsleistungen. Doch das Geld dafür muss ja von allen Mitgliedsfirmen gemeinsam aufgebracht werden. Durch schwere Unfälle kann auch das Image des traditionsreichen Zimmererhandwerks erheblichen Schaden nehmen und möglicherweise junge Menschen davon abhalten, eine Ausbildung in diesem Handwerk zu beginnen. Dieser Aspekt ist vor dem Hintergrund des demografischen Wandels nicht zu unterschätzen. Mit einer Reduzierung der Unfälle sollen auch die Kosten deutlich reduziert werden. „Mir als Arbeitgeber und Holzbauunternehmer liegt tagtäglich die Sicherheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Betrieb und auf den Baustellen persönlich am Herzen. Ich appelliere daher an meine Kolleginnen und Kollegen, die Arbeitssicherheit zur obersten Priorität zu erklären und nachhaltig in den Alltag unserer Holzbaubetriebe zu integrieren“, erklärte Ullrich Huth, Vorsitzender von Holzbau Deutschland – Bund Deutscher Zimmermeister im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB), bei der Vorstellung der Kampagne auf dem ZDB-Obermeistertag 2013 in Berlin. Das Zimmererhandwerk hat unter der Federführung von „Holzbau Deutschland“ in Kooperation mit der BG BAU beschlossen, dem Absturzrisiko den Kampf anzusagen. Die Präventionskampagne wurde Ende 2013 gestartet und soll über mehrere Jahre laufen. Träger der Präventionskampagne ist Holzbau Deutschland – Bund Deutscher Zimmermeister im ZDB, zusammen mit den Landesverbänden des Zimmerer- und Holzbaugewerbes. Im Mittelpunkt steht eine Sensibilisierung der Unternehmen und ihrer Mitarbeiter für mehr Arbeitssicherheit. Damit wollen die Firmen deutlich machen, dass die Arbeitssicherheit bei Zimmererarbeiten oberste Priorität hat. Präventionskampagne soll nachhaltig sein Ziel der Präventionskampagne ist es, Arbeitsunfälle und insbesondere Absturzunfälle weitgehend zu vermeiden – zumindest aber deutlich zu reduzieren. Arbeitssicherheit funktioniert nur, wenn sie nachhaltig im Alltag der Unternehmer und Mitarbeiter verankert wird. Daher sollen die Unternehmer die Verhinderung von Arbeitsunfällen zum Unternehmensziel erklären. Das Thema Arbeitssicherheit soll in alle Betriebsabläufe des Unternehmens integriert sein und sich auch im Verhalten der Unternehmer und Mitarbeiter widerspiegeln. Die Kampagne soll ebenfalls jedem Beschäftigten klarmachen, dass er nicht nur für seine eigene Sicherheit verantwortlich ist, sondern auch für die seiner Kollegen. Daher ist jeder Mitarbeiter verpflichtet, auch seine Kollegen auf Gefahren und Fehlverhalten anzusprechen. „Auch für unsere Zimmerer-Nationalmannschaft ist Sicherheit oberstes Gebot – ebenso wie Genauigkeit und Präzision im Wettbewerb.“ Roland Bernardi, Zimmermeister aus Völklingen und Teamleiter der ZimmererNationalmannschaft, die 2012 Europameister wurde und in der die besten Zimmerleute Deutschlands vereinigt sind. 10 | Schwerpunkt BG BAU aktuell 1 _2014 Auf dem ZDB-Obermeistertag 2013 in Berlin wurde die Kampagne vorgestellt. Mit dabei v. l. n. r. Christian Denz (Unternehmer), Ullrich Huth (Vorsitzender von Holzbau Deutschland), Frank Werner (stellv. Präventionsleiter der BG BAU) und Gerrit Horn (Unternehmer). WEITERE INFOS ZUR KAMPAGNE Alle Aktivitäten der bundesweiten Kampagne „Absichern statt abstürzen“ von Holzbau Deutschland – Bund deutscher Zimmermeister mit Unterstützung der BG BAU werden durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit begleitet, beispielsweise durch Beiträge in der Fachpresse und eine eigene Internetseite. Auch ein spezieller Newsletter wird versandt. Zwar richtet sich die Kampagne primär an Unternehmer und ihre Mitarbeiter. Doch auch andere Beteiligte am Bauprozess haben Einfluss auf die Arbeitssicherheit. Deshalb sollen auch Architekten, Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinatoren, Ingenieure, Betriebsärzte sowie die Zulieferindustrie zur Verbreitung der Kampagneninhalte aufgerufen werden. Dann können Synergieeffekte entstehen. Das Konzept will durch gezielte Kommunikation, Information und Veranstaltungen das Problembewusstsein bei den Unternehmern und ihren Angestellten hinsichtlich der Unfallgefahren fördern. Die erfolgreiche Nationalmannschaft der Zimmerer wird ebenfalls ein wichtiger Botschafter dieser Kampagne sein. Bundesweite Aktivitäten geplant www.absichern-statt-abstuerzen.de Für die Präventionskampagne sind zahlreiche bundesweite Aktivitäten und Maßnahmen geplant, beispielsweise die Entwicklung von Informations- und Aufklärungsmaterialien und die Durchführung von Veranstaltungen und Seminaren. Auch auf Messen, Kongressen und in den Ausbildungsstätten sind Aktionen geplant. Mit aktuellen Unfallbeispielen sollen Gefährdungen dargestellt und über geeignete Schutzmaßnahmen informiert werden. „Nur wenn alle Beteiligten mitwirken, können wir nachhaltige Ergebnisse erzielen“, ist Huth überzeugt. Alle Aktivitäten der Kampagne werden durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit begleitet, beispielsweise durch Beiträge in der Fachpresse und eine eigene Internetseite. Auch ein spezieller Newsletter wird versandt. Damit sollen das Bewusstsein der Unternehmer und ihrer Mitarbeiter über die Gefahren bei ihrer Arbeit deutlich verstärkt und die Akzeptanz für entsprechende Maßnahmen zur Arbeitssicherheit erhöht werden. BG BAU aktuell 1 _ 2014 Tod durch gerissenes Hebeband Ein Zimmermann wurde bei Richtarbeiten von einem Nagelbinder getroffen. TEXT: Prävention Oben rechts: Das zerrissene NylonHebeband. Oben links und unten: Der stürzende Nagelbinder erschlug den Zimmermann. D ie Nagelbinder wurden mit einem Autokran transportiert und waren mit einem Nylon-Hebeband angeschlagen. Plötzlich riss das Hebeband und ein Nagelbinder stürzte herab. Der Zimmermann, der gerade in der Nähe auf einem Gerüst stand, wurde von dem Binder am Kopf getroffen und so schwer verletzt, dass er noch auf der Baustelle starb. Das gerissene Anschlagmittel wies auch an anderen Stellen erhebliche Beschädigungen auf. Solche Anschlagmittel sind sofort aus dem Verkehr zu ziehen. Bei der Rekonstruktion des Unfalls wurde festgestellt, dass das verwendete Hebeband beim Transport des Binders im Hängegang über die „messerscharfen“ hervorstehenden Ränder der Nagelplatten verlief. Dann ist das Reißen des Bandes praktisch vorprogrammiert. Offenbar waren sich weder der Kranfahrer noch der Anschläger darüber im Klaren. Wie wäre es richtig gewesen? Alle Hebebänder sind vor Arbeitsbeginn auf Beschädigungen zu überprüfen und gegebenenfalls auszumustern. Mit einer Gefährdungsbeurteilung wäre man schnell zu dem Ergebnis gekommen, dass der Einsatz eines Hebebandes nur mit Kantenschutz oder Kettengehänge sicher ist. Allerdings nicht im sogenannten „Hängegangverfahren“, sondern nur, wenn das Anschlagen mit einer Schlinge erfolgt wäre. Aus Unfällen lernen | 11 12 | Arbeitssicherheit BG BAU aktuell 1 _2014 Neue Anreize für Prävention Die BG BAU setzt ihr 2013 erfolgreiches Anreizsystem zur finanziellen Förderung von Mitgliedsunternehmen für mehr Sicherheit und Gesundheitsschutz in diesem Jahr fort. Sogar in erweiterter Form. TEXT: Dr. Dirk Watermann, Thomas Glaser FOTO: Fotolia W egen des Erfolges der Aktion im Jahr 2013 und der außergewöhnlich hohen Nachfrage der Mitglieder wird die BG BAU auch 2014 ihr Anreizsystem fortführen und erneut Investitionsanreize zur nachhaltigen Verbesserung des betrieblichen Arbeitsumfeldes geben. Entschieden wird nach Reihenfolge der vollständig eingegangenen Anträge aus 2014. Zuschüsse und Prämien werden unabhängig vom individuellen Unfallgeschehen gewährt. Gefördert werden die Anschaffung, Ausrüstung und Nachrüstung von Arbeitsmit- teln, Maschinen und Geräten mit besonderer Sicherheitstechnik. Ebenfalls werden die sichere und systematisierte Gestaltung der Arbeitsorganisation durch das branchenspezifische Arbeitsschutzmanagementsystem AMS BAU und die Qualifikation von Maschinenführern gefördert. Im Rahmen der ersten Aktion bewilligte die BG BAU mehr als 6.300 Anträge und förderte über 9.300 Einzelmaßnahmen. Über 80 Prozent der Antragsteller waren Kleinunternehmer mit bis zu 20 Beschäftigten. BG BAU aktuell 1 _2014 STUFEN Ziel der Förderung ist es, die Mitgliedsunternehmen zu Investitionen in den Arbeitsschutz zu motivieren, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten zu vermeiden oder zu verringern und krankheitsbedingte Fehlzeiten in den Betrieben zu reduzieren. Die Investitionen in die betriebliche Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz unterstützen die Prävention, fördern die Innovationsbereitschaft und stärken die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Voraussetzungen für eine Förderung Die Präventionsmaßnahmen müssen grundsätzlich • zur Vermeidung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren wirksam beitragen; • über gesetzliche Mindestvorschriften hinausgehen. Die Einhaltung der geltenden Arbeitssicherheits- und Gesundheitsschutzvorschriften allein reicht nicht aus; • bereits realisiert sein, bloße Absichtsbekundungen gelten nicht; • noch nicht von der BG BAU prämiert oder finanziell unterstützt worden sein; • die im Prämienkatalog der BG BAU aufgeführten prämien- oder zuschussspezifischen Bedingungen erfüllen. Förderfähige Maßnahmen sind auf der Internetseite der BG BAU unter „Präventionsanreize“ veröffentlicht und werden regelmäßig aktualisiert. Allerdings können nur solche Maßnahmen gefördert werden, die 2014 durchgeführt oder gekauft und beantragt wurden. Maßgebend ist das Rechnungsdatum des laufenden Kalender- und Förderjahres. Für jede Maßnahme sind Art und Umfang, Zielsetzung und beabsichtigter Erfolg, Beginn und Abschluss sowie Fremdkosten zu dokumentieren. Die Aufsichtspersonen der BG BAU werden sich in Einzelfällen davon überzeugen, dass die Maßnahmen wirksam umgesetzt wurden. Wer ist antragsberechtigt? Antragsberechtigt sind Mitgliedsunternehmen der BG BAU ab einem Beschäftigten mit abgeschlossenem Jahreslohnnachweis des Vorjahres. Voraussetzung für die Förderung ist, dass der Umlagebeitrag für den Bedarf der BG BAU mindestens 500 € beträgt. von bis 250 € Bis 5 % des Umlagebeitrages* 750 € Bis 2 % des Umlagebeitrages* 2.000 € Bis 1 % des Umlagebeitrages* 2.500 € Bis 1 % des Umlagebeitrages*, max. 20.000 € STUFE A UNTERNEHMEN MIT BEITRÄGEN VON 500 € BIS 15.000 € STUFE B UNTERNEHMEN MIT BEITRÄGEN VON 15.001 € BIS 100.000 € STUFE C UNTERNEHMEN MIT BEITRÄGEN VON 100.001 € BIS 250.000 € STUFE D UNTERNEHMEN MIT BEITRÄGEN AB 250.001 € Arbeitssicherheit DIE FÖRDERSUMME IST ABHÄNGIG VOM GEZAHLTEN BG-BEITRAG *Bemessungsgrundlage ist der Umlagebeitrag für den Bedarf der BG (ohne Zuschlag und Beitrag zum ASD der BG BAU) des jeweiligen Unternehmens des Vorjahres bzw. des Vorvorjahres (bei Antragstellung bis Mitte Mai des laufenden Jahres). Wie viele Maßnahmen können von einem Unternehmen beantragt werden? Die Fördersumme kann generell für eine oder auch mehrere Maßnahmen aus dem Prämienkatalog verwendet werden. Allerdings gibt es abhängig vom gezahlten Umlagebeitrag des Mitgliedsunternehmens Förderhöchstgrenzen. Die maximal erzielbare Fördersumme liegt bei 20.000 €. Einen Rechtsanspruch auf Förderung gibt es nicht. Wann wird die Prämie ausgezahlt? Nach Prüfung durch die BG BAU wird die Förderung gewährt. Die Prämien werden ausbezahlt, bis die Förderhöchstsumme des jeweiligen Fördertopfes und Förderjahres verbraucht ist. Es entscheidet die Reihenfolge der vollständigen Antragseingänge. Nicht in Anspruch genommene Fördermittel des laufenden Kalenderjahres können nicht in das folgende Kalenderjahr übertragen oder ausbezahlt werden. Weiterführende Informationen zu den genauen Förderbedingungen, Spezifikationen der einzelnen Maßnahmen, Antragsunterlagen, eine Liste mit häufig gestellten Fragen und Antworten, Ansprechpartnern und einen Überblick über die noch zur Verfügung stehenden Fördermittel für die einzelnen Maßnahmen sind auf der Internetseite der BG BAU zu finden. | 13 14 | Arbeitssicherheit BG BAU aktuell 1 _2014 Das wird gefördert: 1. Montageschutzgeländer für Arbeits- und Schutzgerüste: Diese werden bei Gerüstbauarbeiten eingesetzt und tragen dazu bei, Absturzunfälle vom Gerüst zu vermeiden. Förderprämie: 50 Prozent der Fremdkosten, höchstens 100 € 2. Podestleitern: Podestleitern mit umwehrter Plattform sollen vor allem Absturzunfälle verhindern und die Belastung der Beine verringern. Förderprämie: 50 Prozent der Fremdkosten, höchstens 250 € 3. Ortsveränderliche Schutzeinrichtung mit PRCD-S 5-polig: Sie dienen ebenfalls dem Schutz vor fehlerhaften Elektroinstallationen und schadhaften Betriebsmitteln. Förderprämie: 50 Prozent der Fremdkosten, höchstens 100 € 4. Personenschutzschalter PRCD-S: Um eine sichere Stromentnahme aus vorhandenen Steckdosen zu ermöglichen, wird ein PRCD-S wie ein Verlängerungskabel zwischen Verbraucher und Steckdose gesteckt. Unfälle durch fehlerhafte Elektroinstallationen und mangelhafte Betriebsmittel werden dadurch vermieden. Förderprämie: 50 Prozent der Fremdkosten, höchstens 50 € 5. AMS BAU-Wiederbegutachtung: AMS BAU ist ein branchenspezifisches Arbeitsschutzmanagementsystem für Mitgliedsbetriebe der BG BAU. Es greift die betrieblichen Belange der Bauwirtschaft auf unter Berücksichtigung der besonderen Rahmenbedingungen wie ständig wechselnde Arbeitsplätze, Witterungseinflüsse oder die besonderen Vertragsformen der Betriebe der Bauwirtschaft. Die Nachhaltigkeit in Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz ist der BG BAU ein wichtiges Anliegen. Gefördert wird deshalb einmalig die erfolgreiche Wiederbegutachtung von AMS BAU. Förderprämie für die erfolgreiche Wiederbegutachtung: 2.000 € 6. Nachrüstung von Seitenkamera neben dem Baggerausleger (baujahrunabhängig) in Verbindung mit einem Splitscreen-Monitor: Die Seitenkamera dient der Sichtverbesserung rechts des Baggerfahrers, wenn der Ausleger die Sicht verdeckt. Durch diese Maßnahme sollen Unfälle mit in der Nähe arbeitenden Personen beim Schwenken und Anfahren des Baggers vermieden werden. Förderprämie: 50 Prozent der Fremdkosten, höchstens 500 € 7. Maschinenführerqualifikation: Finanziell unterstützt werden Maschinenführerqualifizierungen, die in einer von ZUMBau qualifizierten Bildungsstätte absolviert werden. Die Qualifikation dient dazu, Kenntnisse und Fähigkeiten beim Bedienen und Führen von Turmdrehkranen, Teleskopstaplern, Abbruchbaggern oder Erd- und Straßenbaumaschinen zu verbessern. Sie trägt dazu bei, Unfälle beim Umgang mit Maschinen zu vermeiden. Förderung pro Mitarbeiter pro Unternehmen: 50 Prozent der Fremdkosten, höchstens 900 € je ZUMBau-qualifizierten Mitarbeiter BG BAU aktuell 1 _2014 8. Nachrüstung oder Erstausstattung von benzinbetriebenen Estrich- und Betonglättern mit Katalysatoren: Damit wird die Gefährdung einer Kohlenmonoxidvergiftung der Bediener und Personen im Arbeitsumfeld verringert. Förderprämie: 50 Prozent der Fremdkosten, höchstens 250 € 9. Leiterzubehör: Durch Fußtraversen, Fixierungen an Leiterkopf- und -fußpunkten und Abstützungen kann die Standsicherheit auf Leitern erhöht werden. Förderprämie: 50 Prozent der Fremdkosten, höchstens 100 € 10. Entstauber (Staubklasse M, keine Staubsauger): Sie tragen zur Reduzierung staubbedingter Erkrankungen beim Reinigen oder Absaugen von Maschinen und Geräten bei. Förderprämie: 50 Prozent der Fremdkosten, höchstens 200 € 11. Nachrüstung von Baumaschinen (Baujahr vor 2009) und BaustellenLkw (ab 16 t) mit Kamera-MonitorSystemen: Diese Systeme überwachen den Rückraum der Maschine vor dem Anfahren und beim Versetzen. Dadurch können Unfälle mit in der Nähe arbeitenden Personen vermieden werden. Förderprämie: 50 Prozent der Fremdkosten, höchstens 500 € 12. Elektrische Fuchsschwanzsäge, akkubetriebene Pendelsäbelsäge: Elektrische Fuchsschwanzsägen und akkubetriebene Pendelsäbelsägemaschinen sind geeignet für Schnitte in unterschiedlichsten Werkstoffen und ersetzen in vielen Fällen den Einsatz von Kettensägen auf Dächern, Gerüsten und in beengten Arbeitsumgebungen ohne entsprechende Schutzausrüstung. Förderprämie: 50 Prozent der Fremdkosten, höchstens 150 € Arbeitssicherheit | 15 13. Leiser Brenner mit Armstütze: Um Lärmbelastungen und belastende Fehlhaltungen deutlich zu reduzieren, sind Handbrenner geeignet, die einen gewichtsreduzierten und strömungsoptimierten Brennerkopf besitzen und mit einer Armstütze ausgerüstet sind. Förderprämie: 50 Prozent der Fremdkosten, höchstens 40 € 14. Akku- und druckluftbetriebene Eintreibgeräte mit Einzelauslösung mit Sicherungsfolge bzw. mit Auslösesicherung: Mit diesen Geräten werden Befestigungsmittel wie Klammern und Nägel in einen Baustoff eingetrieben. Die Einzelauslösung mit Sicherungsfolge bzw. mit Auslösesicherung verhindert unbeabsichtigtes Einschießen von Nägeln in Körperteile. Förderprämie: 50 Prozent der Fremdkosten, höchstens 300 € Weitere Infos: www.bgbau.de, Webcode: WCN2Y4 www.bgbau.de/praev/anreizsysteme 16 | Arbeitsmedizin BG BAU aktuell 1 _2014 Vulkan im Bauch Übelkeit, Völlegefühl, saures Aufstoßen: Sodbrennen kennt fast jeder. Dagegen helfen in erster Linie eine gesunde Ernährung und der Verzicht auf Alkohol und Nikotin. TEXT: Dr. Sascha Plackov Sodbrennen wird durch Magensäure verursacht, die in die Speiseröhre gelangt. Grund dafür kann eine ungesunde Lebensweise sein, durch die zu viel Magensaft produziert wird. FOTOS: Fotolia E ben sitzt man noch gemütlich beieinander, isst und trinkt gehaltvolle, leckere Sachen. Einige Zeit später meldet sich ein brennender Schmerz hinter dem Brustbein. Gleichzeitig macht sich ein unangenehmer Geschmack im Mund breit. Und wenn man ins Bett geht und sich hinlegt, taucht plötzlich derselbe Schmerz wieder auf. Ursache dafür sind meist säurebedingte Magenbeschwerden. Sie äußern sich durch saures Aufstoßen von Magensaft in die Speiseröhre und in Form von Sodbrennen. 30 bis 40 Prozent der erwachsenen Deutschen leiden regel- mäßig oder gelegentlich unter Sodbrennen oder saurem Aufstoßen. Gelegentliches Sodbrennen ist unbedenklich und kann mit Hausmitteln oder rezeptfreien Medikamenten aus der Apotheke behandelt werden. Wer mehr als zweimal in der Woche Sodbrennen hat, sollte zum Arzt gehen, denn es könnte eine Refluxkrankheit dahinter stecken, bei der der Mageninhalt in die Speiseröhre zurückfließt. Sie kann von Heiserkeit am Morgen, Husten, Räuspern und einem schlechten Geschmack im Mund begleitet sein. BG BAU aktuell 1 _ 2014 Gereizte Speiseröhre Die Beschwerden des Sodbrennens entstehen hauptsächlich in der Speiseröhre. Das ist ein Muskelschlauch, der den im Mund zerkleinerten Speisebrei vom Rachenraum in den Magen befördert. Der Magen selbst ist im Prinzip nichts anderes als ein Muskelsack mit einem Fassungsvermögen von 1 bis 1,5 Litern. Er produziert die Magensäure, eine etwa 0,5-prozentige Salzsäure, welche für die Verdauung unerlässlich ist. Die besondere Beschaffenheit der Magenschleimhaut sorgt dafür, dass der Magen selbst nicht von der Magensäure angegriffen wird. Am Übergang zum Magen verschließt ein spezieller Muskel die Speiseröhre gegen das Zurückfließen des sauren Mageninhalts. Meistens kann dieser Muskel dem Druck standhalten. Doch wenn die Muskelfasern erschlaffen, fließt Säure vom Magen in die Speiseröhre zurück. Die Nervenfasern in der Schleimhaut der Speiseröhre werden gereizt und es entsteht Sodbrennen. Saurer Rückfluss Ursache für die Refluxkrankheit kann eine erhöhte Menge an Magensäure oder eine Erschlaffung des Schließmuskels sein. Vor allem falsche Ernährung, Alkohol, Medikamente und Stress steigern die Produktion von säurehaltigem Magensaft und können Sodbrennen verursachen. Außerdem tragen diese Faktoren auch zu einer Erschlaffung des Schließmuskels bei, ebenso wie Nikotin. Kein Wunder, dass oft beide Ursachen zusammen Anlass für das Sodbrennen sind. Der Fachmann spricht in diesem Zusammenhang von funktionellen Beschwerden ohne organische Störung. Diese lassen sich meist durch eine angepasste Lebensweise und gesunde Ernährung gut in den Griff bekommen. Aber auch organische Ursachen können Auslöser für einen schmerzhaften Rückfluss von säurehaltigem Magensaft in die Speiseröhre sein. Dazu gehören: • • • • Zwerchfellbruch Magenschleimhautentzündung Zuckerkrankheit Schwangerschaft Arbeitsmedizin | 17 Organische Ursachen des Sodbrennens kommen allerdings seltener vor. Bei rund 60 Prozent der Betroffenen liegen lediglich funktionelle Beschwerden vor, die sich durch Änderungen des Lebensstils und der Ernährungsgewohnheiten vermeiden lassen. Das ist wichtig, denn wenn die Speiseröhre ständig gereizt wird, kann sie sich entzünden. Unbehandelt kann daraus ein blutendes Schleimhautgeschwür entstehen, ständige Entzündungen können zu narbenähnlichen Einengungen führen. Auch Speiseröhrenkrebs ist eine zwar seltene, aber mögliche Folge der Refluxkrankheit. Psychische Aspekte beachten Für Branchen, die ständig unter Zeitdruck arbeiten, wie die Baubranche, ist der Stressabbau ein wichtiges Ziel. Deshalb gehört auch die Erfassung psychomentaler Belastungen in die Gefährdungsbeurteilung. Bei chronischen säurebedingten Beschwerden, die wiederkehrend auftreten oder länger als zwei Wochen ununterbrochen anhalten, ist eine ärztliche Untersuchung und Behandlung erforderlich. Bei folgenden Alarmsymptomen ist sogar umgehend ein Arztbesuch notwendig: WAS GEGEN SODBRENNEN HILFT • Stress abbauen • zucker- und fettreiche Nahrungsmittel meiden • kleine Portionen langsam und in Ruhe essen • vor allem das Abendessen sollte leicht verdaulich sein • auf Tabak und Alkohol verzichten • starke, anhaltende Schmerzen, heftige Krämpfe • unerklärliche Schluckbeschwerden • starkes Erbrechen oder heftiger Durchfall • blutiger Stuhl, Teerstuhl • ungewollte, deutliche Gewichtsabnahme • Schwellungen oder Verhärtungen im Bauchraum • Schmerzen im Brustkorb Denn diese Alarmsymptome sind für Sodbrennen untypisch und deuten auf andere Erkrankungen hin, die von einem Arzt dringend abgeklärt werden müssen. So kann sich auch ein Herzinfarkt manchmal in Symptomen äußern, die dem Sodbrennen ähnlich sind, beispielsweise Druck im Brustkorb. Vorerkrankungen des Herzens sollten also bei der Klärung der Beschwerden immer berücksichtigt werden. • alkoholfreie Getränke ohne Kohlensäure bevorzugen • Zitrusfrüchte und scharfe Gewürze meiden • Übergewicht reduzieren • keine enge Kleidung oder Gürtel tragen, die den Druck auf den Bauchraum erhöhen 18 | Arbeitsmedizin BG BAU aktuell 1 _2014 Unerwünschte Souvenirs Von Einsätzen auf Baustellen im Ausland bringen die Rückkehrer manchmal Krankheiten mit, deren Symptome sich erst zu Hause zeigen. TEXT: Dr. Jobst Konerding FOTOS: Fotolia Häufig sind es harmlose Erkrankungen durch die Klimaumstellung, die sich nach der Rückkehr aus dem Ausland bemerkbar machen. Jedoch kann hohes Fieber beispielsweise auch eine Malariainfektion anzeigen. BG BAU aktuell 1 _2014 I mmer mehr deutsche Firmen sind an Bauprojekten im Ausland beteiligt, auch auf Baustellen in tropischen und subtropischen Gebieten sowie in Regionen mit unzureichenden hygienischen Verhältnissen. Vor der Ausreise lassen sich die Betroffenen vom Arbeitsmedizinisch-Sicherheitstechnischen Dienst der BG BAU (ASD der BG BAU) meist gründlich über die besonderen Gesundheitsgefahren und notwendigen Impfungen beraten. Trotzdem kann es gerade bei kürzeren Einsätzen passieren, dass sich die Beschäftigten im Ausland Krankheiten zuziehen, die sich erst nach der Rückkehr in Deutschland bemerkbar machen. Um die Symptome richtig einordnen zu können, sollten die Reisenden über die häufigsten Krankheitsrisiken aus anderen Ländern Bescheid wissen. Außerdem ist es hilfreich, den behandelnden Ärzten in Deutschland Hinweise zum Gastland zu geben, damit die unerwünschten Reisebegleiter schnell diagnostiziert werden können. Durchfallerkrankungen Erreger von Durchfallerkrankungen sind Darmbakterien, Viren oder einzellige Parasiten wie Lamblien oder Amöben. Die Übertragung erfolgt über verunreinigte Speisen und Getränke. Wässrige bis schleimig-blutige Durchfälle, Bauchkrämpfe und Blähungen sind die häufigsten Symptome. Gefährlich sind vor allem die Amöbenruhr und der Typhus. Als einfaches Mittel zur Behandlung haben sich Salzstangen und zuckerhaltige Getränke bewährt. Denn wichtig ist eine ausreichende Flüssigkeitsund Salzzufuhr. Bei schweren bakteriell oder parasitär bedingten Durchfällen verordnet der Arzt Antibiotika. Hautkrankheiten Unter den Hautkrankheiten sind infizierte Insektenstiche am weitesten verbreitet. Die meisten Stiche stammen von Mücken. Entzündungen der Stiche durch Bakterien können zu schweren Verläufen führen. Hinzu kommt eine schlechte Heilungstendenz im feuchtwarmen Klima. Langanhaltende juckende Stiche werden auch von Bettwanzen verursacht. Vermehrte Feuchtigkeit und Wärme begünstigen zudem Hautpilzerkrankungen. Ein Hautpilz namens „Ringworm“ kann an verschiede- Arbeitsmedizin | 19 nen Körperstellen auftreten und am behaarten Kopf eine langwierige Therapie mit pilzhemmenden Mitteln erforderlich machen. Besonders beim Barfußgehen im Sand kann es zu Hautinfektionen durch Hakenwurmlarven kommen. Diese stammen aus menschlichem oder Hundekot, bohren sich in die Haut der Füße ein und bilden stark juckende, gewundene Gänge. Anhaltende entzündliche und stark juckende Hauterscheinungen können auch auf einen Befall von Krätzmilben hindeuten. Die meisten dieser Hautkrankheiten lassen sich medikamentös gut behandeln und heilen folgenlos ab. Fieberhafte Erkrankungen Bei den meisten fieberhaften Erkrankungen der Rückkehrer lässt sich eine genaue Ursache nicht ermitteln. Häufig sind es harmlose virale Erkältungskrankheiten, hervorgerufen durch die Klimaumstellung oder den langen Heimflug. Alarmierend sind hingegen Infektionen mit Malariaerregern. Die Malaria wird durch Mückenstiche übertragen. Die gefährlichste Form ist die Malaria tropica, die unbehandelt schon nach wenigen Tagen zum Tod führen kann. Die Symptome können sehr unterschiedlich sein. An erster Stelle steht plötzliches hohes Fieber. Aber auch Durchfälle, Erbrechen und Bauchschmerzen können auf eine Malaria tropica hinweisen. Wenn die Malaria rechtzeitig durch bestimmte Blutuntersuchungen erkannt wird, kann eine effektive Behandlung beginnen. Durch Mückenstiche wird auch das Dengue-Fieber übertragen. Das ist eine Viruserkrankung, die mit Fieber, Kopf- und Gelenkschmerzen einhergeht und etwa zwei Wochen andauert. Behandelt wird symptomatisch mit schmerz- und fiebersenkenden Mitteln. Vorsorge nach der Rückkehr Nach beruflichen Auslandsaufenthalten von mehr als einem Jahr oder auf Wunsch des Beschäftigten sollte der Arbeitgeber eine arbeitsmedizinische Rückkehruntersuchung beim Betriebsarzt veranlassen. Diese beinhaltet eine Beratung über die Möglichkeit von krankheitsbedingten Spätsymptomen sowie besondere Blut- und Stuhluntersuchungen. Diese Vorsorge kann der ASD der BG BAU vornehmen. HÄUFIGE ERKRANKUNGEN BEI RÜCKKEHRERN • Durchfallerkrankungen • infizierte Insektenstiche • fieberhafte Erkrankung ohne feststellbare Ursache • Malaria • Dengue-Fieber 20 | Im Blick BG BAU aktuell 1 _2014 In seinem Inneren ist der Hildesheimer Dom noch eine große Baustelle. Rechtzeitig zum 1.200-jährigen Bistumsjubiläum wird das einmalige Bauwerk wiedereröffnet. Der Dom gehört zum UNESCOWeltkulturerbe. BG BAU aktuell 1 _2014 Im Blick | 21 Schlichte Eleganz statt barocker Glanz Bei der umfassenden Sanierung des Hildesheimer Doms wird nicht nur das mittelalterliche Raumgefühl der Bischofskirche wiederhergestellt. Auch Gebäudetechnik, Akustik und Brandschutz werden modernisiert. TEXT: Rolf Schaper FOTOS: Mirko Bartels W enige Tage vor Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Hildesheimer Dom in weiten Teilen zerstört. Das Bauwerk wurde einige Jahre nach Kriegsende vollständig wiedererrichtet. Nach 50 Jahren Nutzung war eine umfassende Sanierung erforderlich. Noch in diesem Jahr soll der Dom rechtzeitig zum 1.200-jährigen Bistumsjubiläum feierlich wiedereröffnet werden. Günther Binding hat als Kind die Zerstörung des Hildesheimer Domes selbst miterlebt. Der emeritierte Professor für Architektur und Kunstgeschichte lebte damals mit seiner Familie in Hildesheim, als am 22. März 1945 eine alliierte Bomberflotte ihre tödliche Last über dem mittelalterlichen Stadtkern entlud. An diesem Tag gingen unschätzbare Werte für immer verloren, viele Menschen starben. Auch die Wohnung der Bindings wurde zerstört. „Wenn ich heute nach Hildesheim komme, sind die Bilder von damals wieder da“, sagt der Experte für Baugeschichte im Mittelalter. Welche Funktion und Wirkung die Architektur von Kirchenbauten für die Menschen hat, erläutert Professor Binding so: „Sakrale Architektur soll die Menschen zum Staunen bringen und beeindrucken. Wer über die wuchtigen und doch leichten, schlichten oder reich geschmückten Kirchen staunt, der spürt: Es gibt ein höheres Wesen. Kathedralen wie der Hildesheimer Dom verweisen auf Gottes Größe“, ist Binding überzeugt. „Mit dieser Architektur schaffen wir Gottes Abglanz auf Erden.“ Auch der Platz um den Hildesheimer Dom herum wird grundlegend erneuert. 22 | Im Blick Dom- und Diözesanbaumeister Norbert Kesseler erläutert den Ablauf der Umbauarbeiten. Rechts: die neue Fußbodenheizung. BG BAU aktuell 1 _2014 Für ihn ist es keine Frage, dass der Dom saniert und erhalten werden muss, weil der Mensch Punkte brauche, mit denen er sich identifizieren kann. Binding freut sich auch über die neueren Grabungsfunde, die belegen, dass der Dom hier erbaut wurde, als man in anderen Teilen des Landes gerade erst begann, monumentale Architektur zu bauen. Er ist auch vom Zusammenspiel der damaligen Bauherren und Handwerksmeister beeindruckt. „Damals ging alles noch ohne große Hilfsmittel, richtige Baupläne gab es erst ab dem 13. Jahrhundert“, erklärt der Experte. Weltkulturerbe verpflichtet Seit 1985 gehört der Hildesheimer Dom zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die UNESCO als weltweit höchste Kulturinstanz verlieh beiden romanischen Sakralbauten Hildesheims – dem Dom und der ehemaligen Benediktinerabtei St. Michael – das Prädikat eines Weltkulturerbes. Beim Auswahlverfahren war neben der beispielhaften Architektur vor allem die Qualität der hochmittelalterlichen Kirchenausstattung ausschlaggebend, die in dieser Vielfalt und künstlerischen Qualität einmalig ist. Beide Bauwerke sind ein außergewöhnliches Beispiel der religiösen Kunst im Heiligen Römischen Reich. Zusammen mit ihren Kunstschätzen vermitteln die Bauwerke ein umfassendes Verständnis zur Einrichtung romanischer Kirchen im christlichen Abendland. Hier kann man den Reichtum romanischer Kunst und Facetten einer Epoche entdecken, die andernorts meist verloren gegangen sind. Heute ist der Hildesheimer Dom in seinem Inneren noch eine große Baustelle. Auch der Platz um den Dom herum wird umfassend erneuert. Damit soll das historische Bauwerk städtebaulich besser ins Blickfeld gerückt werden. Interessant war das Vorgehen bei der Sanierung des Innenputzes: Die Kontrolle des Innenputzes im Dom wurde mit einem Minihubschrauber und einer kleinen Kamera durchgeführt. Mit diesem fliegenden „Pixelkopter“ konnte der Putz von den Fachleuten auch an Stellen begutachtet werden, die sonst nur mit hohen und aufwendig zu errichtenden Gerüsten erreichbar gewesen wären. Ein interessanter Beitrag zur Arbeitssicherheit. Eine mutige Entscheidung Doch möglicherweise wird die Sanierung nicht alle Besucher begeistern, weil das Innere – ganz anders als die prunkvolle barocke Ausgestaltung davor – eine außergewöhnlich schlichte Eleganz ausstrahlt. Nicht gerade typisch für ein katholisches Gotteshaus und zweifellos eine mutige Entscheidung des Domkapitels. BG BAU aktuell 1 _2014 Im Blick | 23 „Durch die zeitgemäße schlichte Ausgestaltung werden die bedeutenden Kunstwerke des Domes wie die Bernwardstüren, das mittelalterliche Taufbecken, der Heziloleuchter, die Irminsäule und der Azelinleuchter in einer Mittelachse platziert und damit besonders wirkungsvoll in Szene gesetzt“, erläutert Dom- und Diözesanbaumeister Norbert Kesseler, der die Sanierungsarbeiten koordiniert. Die Vorgaben des Domkapitels werden den inneren Gesamteindruck des Domes deutlich verändern. Aber war die Sanierung nach 50 Jahren denn wirklich nötig? „Auf jeden Fall“, versichert Kesseler. „An den Wänden stieg Feuchtigkeit auf, Elektrik und Akustik waren auf dem Stand des Wiederaufbaus, der Brandschutz entsprach nicht mehr heutigen Vorschriften und das Dach war undicht.“ Für ein Weltkulturerbe war das nicht akzeptabel. Doch nicht nur der Dom wird umfassend saniert, auch das angrenzende Dommuseum sowie weitere Teile des Domensembles werden saniert und teilweise deutlich erweitert. Den Wettbewerb zur Domsanierung gewann Architekt Prof. Johannes Schilling mit seinem Kölner Büro. Mit seinem Konzept, das mittelalterliche Raumgefühl des Domes wieder erfahrbar zu machen, überzeugte er die Mitglieder des Domkapitels. Zwar waren seine Pläne noch viel umfassender, aber aus Kostengründen mussten Abstriche gemacht werden. Doch seine modulartige Planung lässt auch eine spätere Sanierung dieser Bereiche zu, wenn die Mittel dafür vorhanden sind. Die acht Mitglieder des Domkapitels, die Domkapitulare, sind die Hausherren im Dom. An ihrer Spitze steht der emeritierte Weihbischof Hans-Georg Koitz als Domdechant. Dieses Gremium überwacht auch die Kosten des Großprojektes, die bei rund 36 Millionen Euro liegen. Rund die Hälfte davon hat das Bistum bereits durch Zuschüsse des Landes Niedersachsen, vom Bund, der Europäischen Union und von Stiftungen aufbringen können. Von Anfang an wurde diese Baumaßnahme einschließlich der Ausgaben vom Bistum transparent und öffentlich kommuniziert. Spurensuche in der Vergangenheit Seit August 2009 erkundeten Archäologen das Gelände. Die Domgeschichte setzt sich aus Tonscherben, Mörtel, Knochen und alten Steinen zusammen. Das Areal war eine wahre Fundgrube. So fanden die Forscher in der angrenzenden Antoniuskirche Reste einer karolingischen Wehrmauer und im Dom Mauerreste der ersten Marienkapelle, die von Ludwig dem Frommen, einem Sohn Karls des Großen, um 815 errichtet worden ist. Damit erhärtet sich die Vermutung, dass der Dom tatsachlich von ihm gegründet wurde. Kunstschätze weltweit auf Tour Und was passierte mit den Kunstschätzen des Doms während der Sanierung? Viele wertvolle Stücke gingen weltweit auf Reisen. Eine Spezialfirma übernahm Abbau, Verpackung und Transport. Die größte Herausforderung war die Versetzung der Bernwardssäule und der Bernwardstür. In Millimeterarbeit wurden die tonnenschweren Türflügel aus ihrer Verankerung gehoben und ins benachbarte Roemer- und Pelizaeus-Museum gebracht. Die Säule wurde zum Jubiläumsjahr von St. Michaelis 2010 auch dort aufgestellt. Beide Kunstwerke werden noch in diesem Jahr wieder in den Dom zurückgeführt. Weil auch das Dommuseum umgebaut und die ehemalige Antoniuskirche in seine Ausstellungsfläche integriert wird, können künftig deutlich mehr Schätze als bisher präsentiert werden. Einige Kunstwerke werden während der Sanierungszeit restauriert. Andere Exponate wurden oder werden noch in anderen Museen ausgestellt, darunter im Berliner Bode-Museum, in Chicago, New York oder Washington. So können auch andere Museen von der Sanierung eines Weltkulturerbes profitieren. Schon jetzt dürfen sich interessierte Besucher auf die Wiedereröffnung des Hildesheimer Domes freuen. Weitere Infos: www.welterbe-hildesheim.de und www.domsanierung.de Bei der Sanierung des Hildesheimer Doms waren ausgewählte Fachleute tätig. Mitte: das freigelegte Rosettenfenster. 24 | Im Fokus BG BAU aktuell 1 _2014 „Bei der Bewertung von Strategien zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sind Kompetenzen und Fähigkeiten und nicht das Alter entscheidend.“ BG BAU aktuell 1 _ 2014 Im Fokus | 25 Zu Europa gibt es keine gute Alternative Mit Blick auf die bevorstehende Europawahl nimmt der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, Stellung zu der aktuellen Situation in der EU und zu Fragen der Arbeitssicherheit. FOTOS: Andreas Kleiner, Picture Alliance Rolf Schaper von BG BAU aktuell sprach darüber mit Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments. Am 25. Mai 2014 findet die Europawahl statt. Diese Wahl bringt eine wichtige Neuerung: Zum ersten Mal darf das Parlament bei der Besetzung der wichtigsten Posten mitreden. Warum ist gerade diese Wahl für Europa mit seinen über 500 Millionen Menschen so wichtig? Die nächste Europawahl im Mai wird ein Meilenstein für die europäische Demokratie sein. Die großen Parteien werden mit gesamteuropäischen Spitzenkandidaten, gesamteuropäischen Programmen und gesamteuropäischen Wahlkampagnen antreten. Das gab es bisher nicht. Es gibt also einen echten Wahlkampf mit Köpfen und Konflikten, jeder Kandidat wird sein Programm vorstellen und verteidigen. Dann haben die Bürgerinnen und Bürger eine echte Wahl zwischen echten Alternativen, genau wie sie das von zu Hause kennen. Und Demokratien leben nun mal von Alternativen. Kommissionspräsident wird dann der Kandidat oder die Kandidatin, der oder die im Europaparlament eine Mehrheit der Abgeordneten hinter sich versammeln kann. Das war bislang nicht der Fall und deshalb wird, davon bin ich fest überzeugt, die Europawahl 2014 eine echte Wende in der europäischen Demokratie einleiten. In einem Interview haben Sie mal gesagt: „Je weiter man von Europa entfernt ist, umso größer ist die Faszination, die von der EU ausgeht. Hier gibt es Frieden, Freiheit, Wohlstand und soziale Gerechtigkeit.“ Warum ist trotzdem die Kritik an der EU so verbreitet? Aus vielerlei Gründen. Drei scheinen mir besonders wichtig: Erstens: Die EU muss einsehen, dass sie nicht alles regeln soll. Sie muss aufhören, sich in Dinge einzumischen, die sie besser anderen überlassen sollte, weil sie es besser können. Was lokal, regional oder national geregelt werden kann, soll auch dort entschieden werden. Anders gesagt: Die EU muss sich auf die großen Fragen konzentrieren und die Dinge regeln, die sie besser macht als der Nationalstaat, also etwa im Bereich der weltweiten Handelsbeziehungen, beim Kampf gegen die Spekulation, gegen Steuerflucht und gegen Steuervermeidung, bei der Bekämpfung des Klimawandels, im Bereich der Migrationsfragen oder bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität. Zweitens nehmen wir zu vieles als selbstverständlich hin. Uns muss aber klar sein: Unumkehrbar ist weder die europäische Integration noch der durch sie geschaffene Frieden und Wohlstand. Der Satz ‚Europa ist ohne Alternative‘ ist falsch. Alles im Leben hat eine Alternative, auch Europa. Martin Schulz im Gespräch mit BG BAU aktuell. 26 | Im Fokus BG BAU aktuell 1 _2014 Die Alternative wäre Renationalisierung, weniger Zusammenarbeit, weniger Wohlstand, weniger Sicherheit. Und drittens hat das über Jahre praktizierte Spiel der nationalen Regierungen Spuren hinterlassen, denn Erfolge reklamieren Berlin, Paris oder Warschau für sich, Misserfolge werden auf Brüssel geschoben. Bei aller Kritik an der EU dürfen wir eines nicht vergessen: Die EU ist nur so stark und erfolgreich, wie ihre Mitglieder sie stark und erfolgreich sein lassen. „Die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten ist unerträglich hoch.“ Die Gesetze der EU verlangen bei wichtigen Beschlüssen die Einstimmigkeit aller Mitglieder. Sehen Sie darin einen Vorteil oder lähmt das eher die Handlungsfähigkeit der EU in entscheidenden Fragen? Mittlerweile wird in den Fachministerräten weitgehend nicht mehr einstimmig, sondern mit Mehrheit abgestimmt. Das ist auch richtig und gut so, denn in der Tat war ja einer der Vorwürfe, der immer wieder gemacht wurde, dass Entscheidungen in der EU zu lange dauern und immer nur auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner getroffen würden, da jedes Land ein Vetorecht besitzt. Bei 28 Mitgliedern ist leicht auszumalen, wohin das geführt hätte. Daher hat der Vertrag von Lissabon die Fälle, in denen nach wie vor Einstimmigkeit nötig ist, auf wenige sensible Bereiche reduziert, etwa Steuerpolitik, Sozialpolitik, soziale Sicherheit oder die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Griechen, Spanier und Portugiesen leiden heute unter den aktuellen Sparmaßnahmen und blicken mit wachsender Skepsis nach Brüssel. Dagegen sehen sich viele Deutsche als Zahlmeister Europas. Was ist richtig und wie solidarisch ist Europa mit den schwächeren Partnern? Ich möchte mit einem Zitat von Helmut Schmidt antworten, von dem eine der brillantesten historischen Analysen zur Rolle Deutschlands stammt, die ich kenne. Er hat gesagt: Deutschland ist das Relais des Kontinents, zwischen Nord und Süd und Ost und West. Und für die heutige Generation gilt, was für viele vor ihr gegolten hat: Wann immer das Zentrum stark und die Peripherie schwach war, musste sich das Zentrum entscheiden, ob es seine Stär- ke nutzt, um die Peripherie stärker zu machen, oder ob es seine Stärke nutzt, der Peripherie seinen Willen aufzuzwingen. Letzteres hat stets im Desaster geendet. Wir müssen uns also entscheiden. Mein Eindruck ist: Die Deutschen entscheiden sich für die Stärkung der Peripherie und sind sehr solidarisch – erzählen aber zu Hause – aus politischem Kalkül – leider allzu oft etwas anderes. Das müssen wir sein lassen. Denn die Töne, die häufig von politischen Entscheidungsträgern zu hören waren, werden im Ausland sehr wohl wahrgenommen und haben auch vielerorts zu Verstimmungen und Missverständnissen gegenüber Deutschland geführt. Krise bedeutet immer auch eine Chance. Sehen Sie in der jetzigen Situation, in der sich Europa befindet, spezielle Chancen für die deutsche Wirtschaft? Die deutsche Wirtschaft ist bislang gut durch die Krise gekommen. Uns muss aber eines klar sein: Deutschland wird auf Dauer nur dann eine gute Zukunft haben, wenn unsere Nachbarn, wenn Europa eine gute Zukunft hat. Wir hängen existenziell voneinander ab. Geht es Europa schlecht, geht es früher oder später auch Deutschland schlecht. Sich auf einer Insel der Glückseligen abschotten, das geht in der globalisierten Welt nicht mehr und schon gar nicht für ein so hochgradig exportabhängiges Land wie Deutschland. Das bekommen wir heute schon zu spüren. Die internationale Arbeitsorganisation (ILO) schätzt, dass in der EU jährlich 159.500 Arbeitnehmer an Berufskrankheiten sterben. Fast 4.000 tödliche Arbeitsunfälle werden pro Jahr in der EU registriert. Die wirtschaftlichen Kosten von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten werden auf drei bis vier Prozent des Bruttoinlandsproduktes geschätzt. Welche Anstrengungen unternehmen die EU-Institutionen, um diese Risiken deutlich zu senken? Diese Zahl ist unerträglich hoch und beweist, dass Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz eine permanente Herausforderung ist. Zugleich ist dies einer der Bereiche, in dem die EU besonders aktiv ist. Der Rechtsrahmen der EU ist darauf ausgelegt, Schutz gegen möglichst BG BAU aktuell 1 _ 2014 viele Risiken bei möglichst wenigen Vorschriften zu gewährleisten. Eine wichtige Rolle bei den Aktivitäten der EU spielt die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, die sich für sicherere, gesündere und produktivere Arbeitsplätze in Europa einsetzt und versucht, eine Kultur der Risikoprävention zu fördern, um die Arbeitsbedingungen in Europa zu verbessern. Die Agentur gestaltet und entwickelt praktische Instrumente, die Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen helfen sollen, Gefährdungen am Arbeitsplatz zu beurteilen sowie Wissen und gute praktische Lösungen innerhalb ihrer Branchen und darüber hinaus auszutauschen. Über welche Wege kommt eigentlich das komplexe Thema Arbeitsschutz auf die Agenda des EU-Parlaments? Da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Zum einen den klassischen Weg über die EU-Kommission, die eine gesetzliche Regelung vorschlägt, die dann im Europäischen Parlament debattiert, verändert und dann verabschiedet wird. Ein anderer häufig eingeschlagener Weg ist, dass die Abgeordneten oder der federführende Fachausschuss selbst initiativ werden und ein bestimmtes Thema aufgreifen, Anhörungen veranstalten, Berichte verfassen und die EU-Kommission auffordern, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen. Darüber hinaus spricht die Europäische Stiftung für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen Empfehlungen aus. Das Europäische Parlament hat ein Pilotprojekt zum Thema „Gesundheitsschutz und Sicherheit älterer Arbeitnehmer“ gestartet. Was sind die Inhalte und Ziele dieses Vorhabens? Das übergeordnete Ziel lautet, Arbeitsplätze für alle Beschäftigten während des gesamten Erwerbslebens nachhaltig zu gestalten. Um dies zu erreichen, werden unterschiedliche Strategien zu Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit angesichts einer alternden Erwerbsbevölkerung bewertet, und es wird identifiziert, was gut funktioniert, was weniger funktioniert und welche Prioritäten gesetzt werden müssen. Dabei spielen Kompetenzen und Fähigkeiten und nicht nur das Alter die entschei- Im Fokus | 27 dende Rolle; auch wird anerkannt, dass unterschiedliche Sektoren unterschiedliche Probleme haben, zum Beispiel im Baugewerbe und in der Landwirtschaft, und dass die wachsende Anfälligkeit älterer Arbeitnehmer mit anhaltenden Problemen verbunden ist. Das Projekt wird auch auf einige der Mythen rund um die Fähigkeiten und Fertigkeiten älterer Arbeitnehmer näher eingehen. Ältere Erwachsene unterscheiden sich erheblich voneinander. Sie haben mal gesagt, dass Sie in die Politik gegangen sind, um für eine gerechtere Welt zu kämpfen. Wie bewerten Sie heute den Arbeitnehmerschutz und die Arbeitnehmerrechte in Europa – wo sehen Sie noch Defizite? Die Europäische Union verfügt über Mindestvorschriften im Bereich der Arbeitnehmerrechte und der Arbeitsorganisation. Diese Vorschriften betreffen etwa Massenentlassungen, Zahlungsunfähigkeit, Anhörung und Information der Arbeitnehmer, Arbeitszeit, Gleichbehandlung und gleiche Entlohnung sowie entsandte Arbeitnehmer. Zudem wurden die Vorschriften ergänzt durch Rahmenabkommen zwischen den europäischen Sozialpartnern. So wurde beispielsweise in der gesamten Union das Recht auf Elternurlaub und Urlaub aus familiären Gründen eingeführt, Teilzeitbeschäftigung erleichtert und der wiederholte Abschluss befristeter Verträge begrenzt. Sorge bereitet mir allerdings eines: Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat sich zu einer Sozial- und Vertrauenskrise ausgeweitet. Wenn jetzt in der Krisenbekämpfung zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit in den EU-Mitgliedsländern propagiert wird, die Axt an unser soziales Gesellschaftsmodell zu legen, dann dürfen wir eines nicht vergessen: Unsere soziale Marktwirtschaft wurde in den Nachkriegsjahren von Politikern aufgebaut, die zweierlei erkannt hatten: Erstens, Märkte brauchen einen politischen Ordnungsrahmen. Zweitens, all das, was wir als unser Sozialmodell verstehen – Zugang zu Bildung, Gesundheit, progressive Besteuerung, Mitbestimmung, Renten und Arbeitslosenversicherungen –, das sind die besten Stabilisierungsmaßnahmen für Demokratien, das beste Bollwerk gegen politischen Extremismus – von links wie von rechts. MARTIN SCHULZ Präsident des Europäischen Parlaments seit Januar 2012 Am 20. Dezember 1955 in Hehlrath geboren, begann Martin Schulz seine politische Karriere 1974 mit dem Eintritt in die SPD. Beruflich verband er seine Leidenschaft Lesen mit einer zweijährigen Ausbildung zum Buchhändler. 1982 eröffnete er eine eigene Buchhandlung in Würselen, die er bis 1994 erfolgreich führte. Aufgrund seines politischen Engagements für die SPD wurde Schulz 1984 in den Rat der Stadt Würselen gewählt, wo er drei Jahre später auch Bürgermeister wurde und elf Jahre lang bis 1998 die Geschicke Würselens prägte. Seit 1994 vertritt Schulz als Europaabgeordneter mehrere SPD-Wahlkreise im Europäischen Parlament, seit 2004 den gesamten Regierungsbezirk Köln. Von 2000 bis 2004 war er Vorsitzender der SPD-Abgeordneten im Europaparlament und von 2004 bis Januar 2012 Vorsitzender der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten. Am 17. Januar 2012 wurde er mit großer Mehrheit zum Präsidenten des Europäischen Parlaments gewählt. Martin Schulz ist verheiratet und hat zwei Kinder. 28 | Arbeitssicherheit BG BAU aktuell 1 _2014 Info-CD 2014 Die Info-CD der BG BAU mit Basisinformationen und umfassenden Informationen zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz liegt jetzt in einer überarbeiteten Fassung vor. TEXT: Martin Schneider FOTOS: Fotolia, iStockphoto Wenn die CD hier fehlt, wenden Sie sich bitte an den Zentralversand Ihrer BG BAU: Fax: 0800 6686688-38400 E-Mail: [email protected] BG BAU aktuell 1 _ 2014 Was ist neu? Die Rubrik „Was ist neu?“ enthält eine aktuelle Auflistung zu Neuigkeiten und Änderungen. Dazu gehören: Informationen für Ihr Gewerk Hier finden Sie eine weiterentwickelte Zusammenfassung des Medienangebotes der BG BAU zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz speziell für Ihr Gewerk. Die BG BAU • Erläuterungen zum Beitragsbescheid • Informationen zum Lohnnachweis 2013 • Anpassung freiwillige Unternehmerversicherung Prävention • Seminarbroschüre 2014 • Messetermine 2014 mit Beteiligung der BG BAU • Link zu Fachinformationen der Prävention Gefährdungsbeurteilung • Neue CD Gefährdungsbeurteilung – Handlungsanleitung 2013 • Handlungshilfen zur Gefährdungsbeurteilung rteilung online Bausteine, Merkhefte Neues Bausteinmerkheft BGI 5102 „Arbeiten iten im Bereich von Gleisen“ Vorschriften, Regeln • Staatliches Recht – Neue Regeln für Arbeitsstätten (z. B. ASR „Sanitärräume“) • BG-Regeln und BG-Informationen Neu aufgenommen oder überarbeitet wurden beispielsweise: – BGR/GUV-R 117-1/117-2 „Behälter, Silos os und enge Räume“ (Teil 1 und 2) – BGR/GUV-R 118 „Umgang mit beweglichen lichen Straßenbaumaschinen“ – BGI/GUV-I 509 „Erste Hilfe“ – BGI/GUV-I 720 „Sicherer Umgang mit it fahrbaren Hubarbeitsbühnen“ – BGI/GUV-I 781 „Sicherheit für Arbeiten ten im Gleisbereich von Eisenbahnen“ – BGI/GUV-I 5189 „Auswahl und Benutzung utzung von Steigleitern“ – BGI/GUV-I 7011 „Gesunder Rücken – gesunde Gelenke: Noch Fragen?“ Arbeitshilfen, Formulare Neu aufgenommen: • Beauftragung von Erdbaumaschinenführern • Prüfprotokoll für fahrbare Arbeitsbühnen/Fahrgerüste Weitere Informationen: www.bgbau-medien.de Arbeitssicherheit | 29 30 | Reha und Leistung BG BAU aktuell 1 _2014 „Das Behandlungskonzept unserer Klinik beruht auf dem Fünf-Säulen-Prinzip“, erläutert der Ärztliche Direktor Dr. Wolfgang Raab. „Die Steigerung und der Erhalt der allgemeinen körperlichen Fitness, wie beispielsweise durch das Schwimmtraining, gehören dazu.“ BG BAU aktuell 1 _2014 Reha und Leistung | 31 Neuen Atem schöpfen Die BG Klinik für Berufskrankheiten in Bad Reichenhall ist auf die Behandlung berufsbedingter Atemwegs- und Lungenerkrankungen spezialisiert. Im vergangenen Jahr feierte sie ihren 50. Geburtstag. TEXT: Daniel Engel FOTOS: Doris Leuschner O bwohl die Verarbeitung von Asbest hierzulande seit 1993 gesetzlich verboten ist, zählen asbestbedingte Erkrankungen aufgrund der langen Latenzzeiten zwischen beruflicher Einwirkung und Krankheitsentstehung nach wie vor zu den häufigsten Berufskrankheiten. Die meisten der Betroffenen haben in den 70er und 80er Jahren mit krebserzeugenden Stoffen wie Asbest gearbeitet oder waren Stäuben ausgesetzt, die die Bronchien geschädigt haben. Nach der ganzheitlichen Therapie in Bad Reichenhall können sie wieder besser durchatmen. Umfangreiche Diagnostik ist die Basis „Pro Jahr behandeln wir etwa 600 Patienten mit asbestbedingten Erkrankungen“, sagt Dr. Wolfgang Raab, Chefarzt der Klinik. Die häufigste Erkrankung dabei sei die Asbestose, eine durch Asbeststaub verursachte Vernarbung der Lunge. Klassische Symptome dafür seien Atemnot und Reizhusten, die vor allem nach Anstrengung auftreten, beispielsweise beim Treppensteigen: „Der stationäre Aufenthalt hier beginnt mit einer umfassenden Diagnostik“, erläutert Raab. Dafür stehen in der BG Klinik neben einer modernen digitalen Röntgenanlage mit geringer Strahlenbelastung und einem hochauflösenden Computertomographen auch funktionelle Diagnoseverfahren wie Lungenfunktionstest, EKG und Blutgasanalyse zur Verfügung. „Neben der Sicherung der Diagnose ist auch die Identifikation von berufsunabhängigen Begleiterkrankungen wichtig“, betont Raab. „Diese Erkrankungen werden bei der weiteren Planung der Therapiemaßnahmen berücksichtigt, denn die Rehabilitation von Atemwegs- und Lungenerkrankungen erfordert ein ganzheitliches Behandlungskonzept.“ Am Anfang der Rehabilitation steht ein Lungenfunktionstest, um die Atemwegserkrankung zu diagnostizieren. 32 | Reha und Leistung BG BAU aktuell 1 _2014 Oben: Dr. Raab erklärt einem Patienten, wie die Inhalation die Bronchien befeuchtet, das Sekret verflüssigt und beim Abhusten hilft. Unten: Das Fahrradergometer steigert und erhält die körperliche Leistungsfähigkeit. bezeichnungen Arbeitsmedizin, Innere Medizin und Sozialmedizin auch Psychologen, Masseure, medizinische Bademeister sowie Physio-, Sport- und Schmerztherapeuten. Das „Fünf-Säulen-Prinzip“ Das Behandlungskonzept in Bad Reichenhall besteht aus fünf Säulen: • medizinische Trainings- und Atemtherapie • Inhalationsbehandlung mit Bad Reichenhaller Sole • physikalische Therapie wie Fango, Elektrotherapie oder Massagen • medikamentöse Schmerztherapie • Aufklärung und Information über die Entstehung und den Umgang mit der Krankheit Die Angebote zielen darauf ab, die Lebensqualität der Betroffenen nachhaltig zu steigern. „Unser Hauptaugenmerk liegt darauf, die Beschwerden der Betroffenen zu lindern sowie das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen“, erläutert Dr. Raab. Aufgrund des besonders schadstoffarmen Klimas am Kurort sowie der Inhalationsbehandlung mit den bekannten Alpensolen sei das in Bad Reichenhall besonders effektiv zu erreichen. Die Klinik für Berufskrankheiten in Bad Reichenhall verfügt über insgesamt 138 Betten. Schwerpunkte der Klinik sind neben der Behandlung von berufsbedingten Atemwegsund Lungenerkrankungen auch Hauterkrankungen und Psychotraumata. In der BG Klinik werden ausschließlich Patienten der Berufsgenossenschaften behandelt. Zudem profitieren die Patienten in der BG Klinik von der Fachkompetenz eines breit aufgestellten Behandlungsteams. Dazu gehören neben Ärzten mit den Fach- „Ein wichtiger Baustein in unserem Therapiekonzept ist die Steigerung und der Erhalt der körperlichen Fitness der Betroffenen“, betont Raab. Darauf lege die Klinik besonderen Wert. „Nicht nur während des stationären Aufenthalts sind Übungen zur Kräftigung der Muskulatur und Steigerung der Ausdauer sinnvoll“, sagt der Mediziner. „Wir ermuntern die Patienten auch, die erlernten Techniken und Fitnessübungen nach Abschluss der Heilbehandlung im privaten Umfeld fortzuführen.“ Rehabilitation erfolgreich Eine wissenschaftliche Studie der LudwigMaximilians-Universität München, an der über einen Zeitraum von vier Jahren insgesamt 263 Patienten teilnahmen, belegt die Wirksamkeit des Rehabilitationsverfahrens. Hierzu wurde die körperliche Leistungsfähigkeit der Patienten unmittelbar nach Beendigung der Rehabilitationsmaßnahme sowie nach weiteren drei und zwölf Monaten gemessen. Neben der Verbesserung der maximalen Ergometerleistung und Muskelkraft wurden auch eine signifikante Steigerung der sechsminütigen Gehstrecke sowie eine Verminderung der Atemwegsinfekte in den Monaten nach der Rehabilitation erreicht. „Auch in Zukunft ist eine fortlaufende Evaluation des Rehabilitationsverfahrens geplant“, betont Raab. Hierdurch soll eine gleichbleibend hohe Qualität der Behandlungsergebnisse sichergestellt werden, damit Betroffene auch in Zukunft wieder besser durchatmen können. BG BAU aktuell 1 _2014 Mitglieder und Beiträge Im Ernstfall abgesichert? Um Ausgaben zu senken, trennt sich mancher Unternehmer von scheinbar unnützen Absicherungen. Doch der Verzicht auf die freiwillige Unternehmerversicherung kann bei einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit teuer werden. TEXT: Yvonne Kohl FOTO: Fotolia M ir passiert schon nichts.“ So oder ähnlich denken viele Unternehmer, wenn sie vor der Frage stehen: „Freiwillige Versicherung oder nicht?“ Dabei ist gerade für einen Unternehmer die eigene Arbeitskraft das größte Betriebskapital. Er trägt die Verantwortung, und wenn er länger ausfällt, bleiben die Aufträge und damit auch das Geld aus. Das hat zum einen oft Auswirkungen auf die Familie, wenn wichtige Einnahmen wegfallen, zum anderen bedeutet es nicht selten das Ende des Betriebes. Damit das nicht passiert, gibt es bei der BG BAU die freiwillige Versicherung für Unternehmer, unternehmerähnliche Personen sowie deren Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner. Mit nur rund drei Euro am Tag, etwa 1.110 Euro im Jahr, sind sie bereits gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten versichert, genauso wie ein Arbeitnehmer. Zurück ins Leben Nach einem Arbeitsunfall unternimmt die BG BAU alles, um die Arbeitskraft mit allen geeigneten Mitteln schnellstmöglich wiederherzustellen. Dazu gehören nicht nur unfallmedizinisch bestmögliche ambulante und stationäre Behandlungen, sondern auch qualifizierte Rehabilitationen und Therapien. Ist eine Wiedereingliederung in den Beruf trotz aller Anstrengungen nicht möglich, trägt die BG BAU die Kosten für Umschulungsmaßnahmen. Außerdem wird im häuslichen Bereich alles dafür getan, dass Betroffene ihr Leben nach dem Versicherungsfall möglichst schnell wieder selbstständig gestalten können. Wenn nötig, werden auch Auto und Wohnung behindertengerecht umgebaut. Das ist alles bereits im Basistarif enthalten. Hinterbliebene abgesichert Finanziell abgesichert sind die Verletzten durch Zahlungen von Verletztengeld und Versichertenrenten. Kommt es zu einem Todesfall, erhalten die Angehörigen Hinterbliebenenrente. Die Höhe dieser Leistungen können Unternehmer, anders als Arbeitnehmer, sogar durch die Wahl ihrer Versicherungssumme selbst bestimmen. Unternehmer sollten prüfen, ob sie ausreichend versichert sind, und die günstigen Konditionen der freiwilligen Versicherung nutzen, um sich umfassend gegen Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten abzusichern. Den Antrag zur freiwilligen Versicherung und weitere Informationen finden Sie unter www.bgbau.de, Webcode: 1307040. Im Falle eines Falles trägt die Unternehmerversicherung der BG BAU die Kosten. | 33 34 | Mitglieder und Beiträge BG BAU aktuell 1 _2014 Auftraggeberhaftung – Risiko mindern Ein Hauptunternehmer des Baugewerbes haftet für die Erfüllung der Zahlungspflichten seiner Nachunternehmer in der Sozialversicherung. Das kann zu hohen Nachzahlungen führen. TEXT: Yvonne Kohl FOTO: Fotolia Ob Präqualifizierung oder Unbedenklichkeitsbescheinigung – eine Überprüfung des Nachunternehmers ist notwendig. D ie Haftung des Hauptunternehmers für Beiträge, Säumniszuschläge und Zinsen entfällt nur, wenn er als Auftraggeber schuldlos davon ausgehen durfte und dies auch nachweisen kann, dass der Nachunternehmer seine Zahlungsverpflichtungen erfüllt hat. So steht es im Sozialgesetzbuch. Der Hauptunternehmer muss also nicht nur zu Beginn sorgfältig prüfen, wen er beauftragt, sondern auch, ob sich die Gegebenheiten während der Laufzeit eines Auftrags geändert haben. Die BG BAU bietet für diese Überprüfungen ihre Unterstützung durch die qualifizierte Unbedenklichkeitsbescheinigung (qUB) an. Damit kann der Hauptunternehmer erkennen, ob der Nachunternehmer seinen Zahlungsverpflichtungen nachgekommen ist und ob die auf der qUB ausgewiesenen Unternehmensteile dem Auftrag entsprechen. So sollte es stutzig machen, wenn die Arbeitsentgelte auf der BG BAU aktuell 1 _ 2014 qUB so gering sind, dass es fraglich scheint, ob das Vorhaben mit den vorhandenen Arbeitnehmern zu bewerkstelligen ist. Im Normalfall erhält der Hauptunternehmer die qUB der BG BAU von seinem Nachunternehmer. Die qUB ist zur Absicherung gegenüber Haftungsansprüchen nur im Original gültig, welches an folgenden Punkten erkennbar ist: • Unterschrift einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters der BG BAU mit dessen Namensstempel • Dienstsiegel • Briefkopf mit BG BAU-Logo Der Hauptunternehmer kann die qUB auch direkt bei der BG BAU anfordern, benötigt dafür aber eine formelle Vollmacht mit Unterschrift des Nachunternehmers. E-Mail oder Fax reichen hier nicht aus. Ein Formular zur Vorlage kann bei der BG BAU angefordert werden. Präqualifizierung nutzen Eine weitere Möglichkeit ist die sogenannte Präqualifizierung. Unternehmen las- Mitglieder und Beiträge | 35 sen sich von allen infrage kommenden Stellen von vornherein bescheinigen, dass sie ihren Verpflichtungen nachkommen und sich bei einer Präqualifizierungsstelle registrieren. Ist ein Nachunternehmer präqualifiziert, dann kann sich der Auftraggeber sicher sein, dass alle erforderlichen Eignungsnachweise erbracht und Zahlungspflichten erfüllt wurden. Die Liste der präqualifizierten Unternehmen ist im Internet einzusehen unter www.pq-verein.de. Egal ob qUB oder Präqualifizierung, nicht nur bei der Auftragsvergabe, sondern auch während der Bauphase ist eine Überprüfung notwendig. Daher ist es wichtig, die Gültigkeitsdauer der qUB im Auge zu behalten und rechtzeitig vor Ablauf eine neue anzufordern. Mit Hilfe der Präqualifizierungsstelle kann man sich fortlaufend informieren. Die BG BAU kann dem Unternehmer die Auswahl seiner Nachunternehmen nicht abnehmen und das Haftungsrisiko für ihn nicht ausschließen. Doch wer die qUB oder die Präqualifizierung nutzt, dem kann später der Nachweis gelingen, dass er von der Erfüllung aller Zahlungspflichten durch den Nachunternehmer ausgehen durfte. QUALIFIZIERTE UNBEDENKLICHKEITSBESCHEINIGUNG Gültig ist das Dokument nur im Original mit Dienstsiegel, Namensstempel und Unterschrift eines Mitarbeiters der BG BAU. Gesetzliche Frist bereits abgelaufen Obergrenze angepasst LOHNNACHWEIS 2013 NOCH NACHREICHEN NEUER HÖCHSTJAHRESARBEITSVERDIENST 2014 Bereits seit dem 11. Februar 2014 ist die gesetzliche Frist, den Lohnnachweis einzureichen, abgelaufen. Falls Sie Ihren Lohnnachweis für 2013 noch nicht abgeschickt haben, sollten Sie dies schnellstmöglich nachholen. Das gilt auch, wenn Sie im vergangenen Jahr keine Mitarbeiter beschäftigt haben. Dann reichen Sie bitte eine „Fehlanzeige“ ein. Anderenfalls kann die BG BAU Ihre Arbeitsentgelte schätzen und ein Bußgeld fällig werden. AST Seit dem 1. Januar 2014 gilt der neue Höchstjahresarbeitsverdienst (HöchstJAV ) vo n 6 6. 3 6 0 Euro. Das ist die jährliche Obergrenze für die Berechnung von laufenden Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung sowie der freiwilligen Versicherung. Im Sozialgesetzbuch ist vorgeschrieben, dass der Höchst-JAV das Zweifache der jährlichen Bezugsgröße beträgt. Diese wird durch die Bundesregierung regelmäßig den aktuellen Einkommensverhältnissen angepasst. AST 11. Februar 2014 Foto: iStockphoto Abgabetermin: Foto: 123RF www.bgbau.de, Webcode: 2404593 www.bgbau.de, Webcode: WCZGZj 36 | Mensch und Betrieb BG BAU aktuell 1 _2014 Ein guter Chef wirkt Wunder Der deutsche Arbeitsmarkt ist besser als sein Ruf, stellt das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW) fest: Rund 90 Prozent der Beschäftigten seien mit ihrem Job vollauf zufrieden. TEXT: Dagmar Sobull FOTOS: Fotolia, Veer Konstruktive Unterstützung durch den Chef ist ein wichtiger Faktor für die Arbeitszufriedenheit. E in hohes Gehalt, gute Karrierechancen und ein sicherer Arbeitsplatz sorgen dafür, dass die Beschäftigten eher zufrieden sind“, fasst IW-Direktor Michael Hüther die Studienergebnisse zusammen. Die Bezahlung sei für die Arbeitszufriedenheit allerdings weniger ausschlaggebend als gemeinhin angenommen: 82 Prozent derjenigen, die nach eigener Einschätzung nicht angemessen entlohnt werden, seien dennoch mit ihrer Arbeit insgesamt zufrieden. Auch Stress wirke sich weniger auf die Arbeitszufriedenheit aus, als es in der öffentlichen Diskussion häufig den Anschein habe. So bezeichneten sich 85 Prozent der Arbeitnehmer, die häufig ein hohes Arbeitstempo an den Tag legen müssen und dies durchaus als Stress empfinden, als zufrieden. Das gilt der Studie zufolge auch für physische Belastungen durch Lärm, hohe Temperaturen oder ungünstige Körperhaltungen am Arbeitsplatz. „Sie spielen BG BAU aktuell 1 _ 2014 in Deutschland vor allem deshalb eine geringere Rolle als in anderen europäischen Ländern, weil hierzulande fast sechs von zehn Unternehmen der gesundheitsfördernden Arbeitsplatzgestaltung eine hohe Aufmerksamkeit schenken.“ Auf die Führung kommt es an Für die Arbeitszufriedenheit sei in erster Linie der Chef ausschlaggebend, so eine weitere Erkenntnis der Studie. „Arbeitnehmer schätzen es besonders, wenn sie von ihrer Führungskraft unterstützt werden und diese in der Lage ist, Konflikte angemessen und geräuschfrei zu lösen.“ Selbst wenn Führungskräfte ihre Mitarbeiter nur gelegentlich unterstützen, steige der Anteil zufriedener Mitarbeiter auf über 93 Prozent. Diese Unterstützung erfahren in Deutschland allerdings nur 69 Prozent – gegenüber 81 Prozent im EU-Durchschnitt. Doch die Unternehmen hätten erkannt, dass sie mit einer Förderung der Führungskompetenzen die Arbeitszufriedenheit erhöhen und die Leistungsfähigkeit der Organisation verbessern können, meint Hüther. In jeder zweiten Firma stehen laut IW-Zukunftspanel spezielle Trainings für Führungskräfte auf der Agenda. Das IW wertete Daten der EU-Organisation Eurofound mit 2.000 Befragten in Deutschland aus. Hinzu kamen weitere inländische Daten aus den Jahren 2010 bis 2012. Demnach sind hierzulande 88 Prozent der Beschäftigten mit ihrer Arbeit zufrieden – ein über die Jahre weitgehend konstanter Wert. Deutschland liegt damit unter den untersuchten Ländern an neunter Stelle. Dänemark führt die Tabelle an und Albanien belegt den letzten Platz. Kompetenz und Leistungsbereitschaft In der Diskussion um gute Arbeit werde ein wichtiger Punkt fast immer ausgeklammert, kritisiert der IW-Direktor: „Wer hohe Ansprüche an die Qualität seiner Arbeit stellt, wer also viel verdienen will und gute Karrierechancen einfordert, der muss natürlich selbst auch ein gerütteltes Maß an Kompetenzen und Leistungsbereitschaft mitbringen.“ Wer weder einen Schulabschluss noch Mensch und Betrieb | 37 eine Berufsausbildung habe und sich deshalb nur als Hilfsarbeiter anbieten könne, der werde schwerlich eine Arbeit ausüben, die beste Verdienst- und Entwicklungsperspektiven biete, erklärte er weiter. „Was dann manche externen Beobachter als prekär einstufen, ist für die Betroffenen gleichwohl eine gute Arbeit, wie die Daten zeigen.“ Dass laut Krankenkassen mehr Beschäftigte wegen psychischer Erkrankungen in Frührente gehen, führt das Institut darauf zurück, dass Depressionen und andere psychische Leiden heutzutage häufiger diagnostiziert würden als früher. Laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin fühlen sich viele dadurch belastet, dass sie sich um mehrere Aufgaben zugleich kümmern müssen. Termin- und Leistungsdruck sowie ständige Unterbrechungen stressen demnach einen großen Teil der Beschäftigten. Arbeitszufriedenheit in Europa Im europäischen Vergleich liegt Deutschland mit 88 Prozent auf Platz neun, die Abstände zur Spitze sind jedoch gering. Vorne liegen Dänemark, Großbritannien, die Niederlande und Norwegen. In 21 anderen europäischen Ländern ist die Zufriedenheit mit der Arbeit dagegen schlechter, Schlusslicht sind Albanien, die Türkei und Mazedonien. Das IW beruft sich dabei auf Erhebungen der EU-Stiftung Eurofound, die im Jahr 2010 rund 44.000 Erwerbstätige in 34 europäischen Ländern befragte. Ausgewertet wurden auch Befragungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BiBB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sowie des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Die Bedeutung des Lohnes nimmt dabei von Nord nach Süd in Europa zu. In anderen Ländern steigt die Zufriedenheit der Beschäftigten auch mit den Karrierechancen. Und die europäischen Nachbarn im Süden sind deutlich stressanfälliger: Bei Hektik und Zeitdruck sind nur noch 68 Prozent der Franzosen zufrieden, bei den Griechen sind es nur noch 57 Prozent. Nähere Infos: www.iwkoeln.de Viele Arbeitnehmer sind trotz Belastungen zufrieden, weil die Unternehmen vermehrt auf gesundheitsfördernde Arbeitsplatzgestaltung setzen. 38 | Infomedien BG BAU aktuell 1 _2014 MEDIENKATALOG 2014 Alle Medien der BG BAU zu den Themen Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz für die Bauwirtschaft und baunahe Dienstleistungen sind im aktuellen Medienkatalog 2014 zusammengefasst. Dazu zählen: VorBG BAU-Medienkatalog 2014 schriften, Regeln, Informationsbroschüren, Flyer, CDs und DVDs sowie Aushänge und Aufkleber. Der Katalog für Unternehmer, Führungskräfte und Mitarbeiter sowie Bauherren und Planer enthält auch Hinweise auf weitere Informationsquellen, beispielsweise das Onlineangebot oder die BG BAU Info CD. Mitgliedsbetriebe können den Medienkatalog kostenlos bestellen oder herunterladen unter www.bgbau-medien.de – Medien und Praxishilfen. MSC Infomaterial Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz www.bgbau.de Abruf-Nr. 660 DER GEFESSELTE RIESE. EUROPAS LETZTE CHANCE Was passiert, wenn die Europäische Union scheitert, und was muss sich ändern, damit Europa und die EU eine Zukunft haben? Um diese Fragen geht es Martin Schulz in seinem Buch. Dabei hat der Präsident des Europäischen Parlaments eine ganz eigene Sicht der Dinge, wie Europa in Zukunft aussehen sollte. Schulz versucht sich nicht an Schönfärberei. Er benennt die Schwächen und Missstände der EU, aber er betrachtet sie in einem größeren Zusammenhang. Für ihn ist klar, dass in vielen globalen Fragen jeder Staat in Europa allein längst an seine Grenzen gekommen wäre. Mit seinem unterhaltsam geschriebenen Buch will er dazu beitragen, dass die Europäer endlich aufwachen und sich auf die Zukunft konzentrieren. Nur im Buchhandel erhältlich: Martin Schulz: Der gefesselte Riese. Europas letzte Chance. Rowohlt, 272 S., 19,95 Euro, ISBN: 978-3-87134-493-0 AUSWAHL UND BENUTZUNG VON STEIGLEITERN Die BGI/GUV I-5189 informiert über die sicherheitsgerechte Gestaltung, Instandhaltung und Prüfung von ortsfesten Steigleitern. Darin sind die Anforderungen an die Erstellung und Benutzung von Steigleitern einschließlich der Absturzsicherung sowie Umsteige- und Ruhebühnen an baulichen Anlagen Auswahl und Benutzung von Steigleitern sowie in Schächten oder als Zugang zu maschinellen Anlagen beschrieben. Im Anhang sind weitere Vorschriften und Regeln, eine Übersicht über die wesentlichen Anforderungen und eine Checkliste zur wiederkehrenden Prüfung zu finden. Anforderungen an Steigleitern in Arbeitsstätten sind insbesondere in den Abschnitten 1.8 und 1.11 des Anhangs zur Arbeitsstättenverordnung beschrieben. Die Arbeitsstättenregel ASR A1.8 „Verkehrswege“ konkretisiert den schutzzielorientierten Verordnungstext beider Abschnitte. MSC 5189 BGI/GUV-I 5189 Information Mai 2013 Abruf-Nr. BGI/GUV-I 5189 PARTNER DER BAUWIRTSCHAFT Einen guten Überblick zu den Aufgaben, Leistungen und zur Organisation der BG BAU bietet die komplett überarbeitete Broschüre „Partner der Bauwirtschaft“. Schon im Vorwort machen die beiden Vorsitzenden des Vorstandes der BG BAU deutlich: Das Wesentliche der Tätigkeit der BG BAU ist es, die Gesundheit der Versicherten zu schützen und sie bei Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen abzusichern. Das trägt auch zum Wohl der Unternehmen bei. Denn im Schadensfall übernimmt die BG BAU die Haftpflicht ihrer Mitgliedsunternehmen für Arbeits- und Wegeunfälle sowie für Berufskrankheiten. Die Broschüre informiert in kurzen Beiträgen über die Bereiche der Prävention, Leistungen, Finanzierung, Organisation und Kommunikation der BG BAU. LUC Partner der Bauwirtschaft Die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft stellt sich vor Abruf-Nr. 601 BESTELLUNGEN Die Printmedien, CDs und DVDs der BG BAU können Sie über unseren Zentralversand unter Angabe der Abrufnummer direkt bestellen. Unter www.bgbau-medien.de können Sie die Medien einsehen, bestellen oder herunterladen. BG BAU – Zentralversand, Landsberger Straße 309, 80687 München Fax: 0800 6686688-38400, E-Mail: [email protected] BG BAU aktuell 1 _2014 Mit gutem Beispiel | 39 Ausgezeichnete Arbeitsbedingungen Hans-Jörg Reisch wollte es wissen. Der Bauunternehmer aus Bad Saulgau meldete den Familienbetrieb zum Arbeitgeberwettbewerb „Top Job“ an – mit großem Erfolg. TEXT: Margarete Schubsky FOTO: Doris Leuschner D ie Beschäftigten der Georg Reisch GmbH & Co. KG stellten ihrer Firma ein Superzeugnis aus. Offenbar kommt die Personalstrategie der Baufirma, die auf ein menschliches Miteinander setzt, bei der Belegschaft gut an. Individuelle Teilzeitmodelle und Gesundheitsprogramme zeigen, wie auf die persönlichen Belange der Mitarbeiter geachtet wird. Beim Arbeiten lassen die Chefs ihren Beschäftigten relativ freie Hand, was diese ebenfalls zu schätzen wissen. Und wer auf der Baustelle eine Miniauszeit benötigt, legt sich zum kurzen Mittagsschläfchen in den eigens dafür aufgestellten Ruhecontainer. Das Geheimnis des Erfolgs Für Reisch ist das nichts Besonderes. „Ich selbst mache mittags gerne mal kurz die Augen zu. Also gestehe ich auch Mitarbeitern, die den ganzen Tag auf der Baustelle körperlich arbeiten, mal eine Auszeit im Ruhecontainer zu“, sagt er. Auch saubere, gemütliche Pausenräume mit einem Angebot an Getränken und Obst sind für Reisch selbstverständlich. Bei vielen Überlegungen geht der Unternehmer von sich aus. Denn der Chef weiß, wie anstrengend die Arbeit am Bau sein kann. Auch wenn er heute Geschäftsführer sein kann, sucht er den Kontakt zu den Mitarbeitern. Gerne teilt er morgens schon mal höchstpersönlich Material aus und wechselt bei der Gelegenheit ein paar Worte mit den Mitarbeitern. Das menschliche Miteinander betrachtet der Chef als Stärke seines Betriebes. Mitarbeiter motiviert und gut informiert „Was gut für die Beschäftigten ist, ist auch gut für den Betrieb“, davon ist der Unternehmer überzeugt: „Wenn von zehn Mitarbeitern einer öfter oder länger fehlt, habe ich ein Problem. Deshalb brauchen wir zufriedene, motivierte Mitarbeiter.“ Zur Motivation trägt vermutlich auch bei, dass die Geschäftsführer die Belegschaft regelmäßig über die Entwicklung des Unternehmens einschließlich der Umsatzzahlen informieren. Reisch: „Wir legen Wert darauf, dass unsere Mitarbeiter die wesentlichen innerbetrieblichen Zusammenhänge erkennen. So wird das gegenseitige Verständnis enorm verbessert.“ Der Bad Saulgauer Familienbetrieb setzt viele architektonisch-künstlerisch sehr ambitionierte Projekte aller Größenordnungen um: von Industriebauten über Brückenkonstruktionen bis hin zum Wohnungsbau. Eines der jüngsten Projekte der Georg Reisch GmbH & Co. KG als Bauherr, das Kunstmuseum Ravensburg, wurde mit dem deutschen Architekturpreis ausgezeichnet. Solche Erfolge machen auch die Mitarbeiter stolz und zufrieden, was auch in der meist langjährigen Zugehörigkeit zum Unternehmen zum Ausdruck kommt. Hans-Jörg Reisch, einer der beiden Geschäftsführer der Georg Reisch GmbH & Co. KG, findet auch bei einer Firmengröße von knapp 300 Mitarbeitern den persönlichen Kontakt zu allen wichtig. „TOP JOB“ Der Arbeitgeber-Wettbewerb „Top Job“ zeichnet jedes Jahr mittelständische Unternehmen mit vorbildlicher Personalführung aus. Dazu befragt das Institut für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen zuvor ausführlich die Mitarbeiter und Personalleiter aller Bewerber. Weitere Infos: www.topjob.de, www.reisch-bau.de Postvertriebsstück ∙ Deutsche Post AG ∙ Entgelt bezahlt ∙ 09478 Weil Ihr Kreuz täglich auf der Höhe sein muss. www.deinruecken.de