ARD - Ratgeber Recht

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ARD - Ratgeber Recht
ARD-Ratgeber Recht
aus Karlsruhe
Sendung vom:
25. Mai 2013, 17.03 Uhr
im Ersten
Achtung
Mietminderung
Zur Beachtung!
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ARD-Ratgeber RECHT vom 25.05.2013
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Postfach 5520  76037 Karlsruhe
Moderation: Dr. Frank Bräutigam
Klassische Reaktion bei so viel Lärm und Staub wäre für Sie ja: einfach die Miete mindern,
also weniger zahlen. Hier sagt das neue Mietrecht allerdings: speziell bei Modernisierungen
zum Energiesparen dürfen Mieter ab Beginn der Bauzeit drei Monate lang nicht mindern.
Sondern erst danach.
Bei anderen Mängeln der Wohnung - Schimmel, Heizung kaputt etc. – da dürfen sie
grundsätzlich die Miete mindern, das ist klar. Ein aktuelles Urteil vom Bundesgerichtshof hier
in Karlsruhe hat uns, aber vor allem der betroffenen Familie S. gezeigt, dass es da größere
Fallstricke geben kann.
Beitrag:
Autor:
Achtung Mietminderung
Christoph Kehlbach
Der Blick von außen ist alles was ihnen geblieben ist. Bianca S. und Roland H. mussten ihr
Mietshaus verlassen, der Eigentümer hatte Ihnen gekündigt – fristlos.
Bianca S.
Mieterin
"Das war wie ein Schlag in die Magengrube. Also da haben wir
eine Woche lang gar nicht denken können, so heftig war das."
Eine Mietminderung wurde für die beiden zur Falle. Und das, obwohl sie eigentlich alles richtig
gemacht hatten, dachten sie.
An mehreren Stellen im Haus hatte sich Schimmel breitgemacht, schon kurz nach ihrem
Einzug. Bianca S. und Roland H. hielten schlechte Bausubstanz für den Grund. Das Haus war
immerhin rund 40 Jahre alt. Sie glaubten: Der Schimmel war schon vor ihrem Einzug da.
Roland H.
Mieter
"Der Grund war klar, es ist nicht unsere Schuld. Weil, wir haben
uns genauso verhalten, wie in den Wohnungen oder Häusern
zuvor, wo wir gewohnt haben und nirgends hat es geschimmelt,
aber hier schimmelt es. Ich bin ja kein anderer Mensch, weil ich
umgezogen bin."
Über das Schimmelproblem informierten die beiden ihren Vermieter. Der reagierte auch
prompt – aber leider nicht ganz so, wie sich die beiden das eigentlich gewünscht hatten:
Bianca S.
Mieterin
"Er hat uns nur was zugeschickt, wie man richtig lüftet!"
Roland H.
Mieter
"Also, eine Broschüre: „Richtig Heizen und Lüften."
Die Haustiere der beiden seien das Problem, meinte der Vermieter. Schließlich hatten sie
einen Hund, Katzen, Fische und sogar zwei Schlangen. Die vielen Tiere hätten den Schimmel
verursacht. Die Bausubstanz sei nicht schuld.
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Bianca und Roland holten sich Rechtsrat beim Mieterverein. Und minderten daraufhin die
Miete um 20 Prozent. Zuerst keine Reaktion. Aber dann nach 10 Monaten der Schock: Die
fristlose Kündigung.
Rechtlich ist das grundsätzlich zulässig. Denn laut Gesetz gilt: Ist ein Mieter insgesamt zwei
Monatsmieten im Rückstand, dann darf ihm fristlos gekündigt werden.
Wer also bei einer Mietminderung 20 Prozent der Miete einbehält, hat schon nach 10 Monaten
die Grenze von zwei Monatsmieten erreicht.
Der Fall von Bianca und Roland ging vor Gericht. Dort ergab ein Gutachten: Die Bausubstanz
war nicht schuld am Schimmel. Die Mieter hätten falsch gelüftet. Daraufhin zahlten die beiden
die einbehaltene Miete nach. Aber was ist mit der fristlosen Kündigung?
Bisher galt:
Hat ein Mieter gemindert, etwa wegen Schimmel im Haus und stellt sich dann heraus, dass
der Mieter durch falsches Lüften den Schimmel selbst verursacht hat, dann ist eine fristlose
Kündigung nur möglich, wenn der Mieter vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat, also
wenn er wissen musste, dass er schuld am Schimmel war.
Wer das aber nicht erkennen konnte, also nur leicht fahrlässig gehandelt hat, der konnte nicht
gekündigt werden.
So entschied es dann auch das Landgericht in Landshut. Grobe Fahrlässigkeit sei hier nicht
gegeben. Die fristlose Kündigung darum unwirksam.
Aber der Fall ging bis nach Karlsruhe. Hier sorgte der Bundesgerichtshof für eine Kehrtwende
im Mietrecht: Nicht nur grobe, auch schon leichte Fahrlässigkeit reiche aus, um eine fristlose
Kündigung zu ermöglichen.
Dietlind Weinland
Sprecherin BGH
"Der Mieter wird in keiner Weise privilegiert, auch er haftet für
ein fahrlässiges Verhalten, muss also, wenn er die Miete kürzen
will, sehr sorgfältig prüfen, ob er dazu berechtigt ist."
Die Mietervereine sind nun alarmiert. Wer mindern will, muss jetzt sehr vorsichtig sein.
Peter Palatzky
Mieterverein Freising
"Das Urteil erschwert das ganz beträchtlich. Ich muss auch in
der Beratungspraxis den Mietern immer sagen: Hört zu, bis zu
zwei Monatsmieten ja - alles was darüber hinausgeht, kann ich
dir nicht mehr raten, die Mietminderung fortzusetzen, da musst
du aktiv selbst klagen und die Mietminderungshöhe feststellen
lassen, per Gericht."
Die Entscheidung bedeutet also eine echte Verschlechterung für die Rechte der Mieter. Das
mussten Bianca und Roland am eigenen Leib erfahren.
Bianca S.
Mieterin
"Unwahrscheinlich hohe Kosten sind auf uns zugekommen,
dann natürlich die blankliegenden Nerven, wegen dem Schock,
eine fristlose Kündigung zu bekommen, ohne etwas anderes im
Hinterhalt zu haben, Angst auf der Straße stehen zu müssen."
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Inzwischen haben die beiden ein neues Zuhause. Hier gibt es keinen Grund die Miete zu
mindern. Und wenn, dann würden sie das wohl nicht ohne Weiteres tun. Aber diese Lektion
mussten sie auf die ganz harte Tour lernen.
Moderation: Dr. Frank Bräutigam
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Mietrecht. Erhältlich im Buchhandel oder bei den Verbraucherzentralen.
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"Mietminderung"
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Preis: 11,90 Euro
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Zusatzinformationen:
Rechtsprechung kann sich ändern
Wer bekommt Recht, wer verliert vor Gericht? Nicht immer sind nur die Gesetze maßgeblich für viele
Rechtsfragen, sondern oft auch die Juristen, die sie auslegen. Viele Rechtsvorschriften sind nun einmal sehr
allgemein gehalten. Und wenn sich die vielen Juristen nicht einig sind, dann muss das höchste Gericht
entscheiden: der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Das kann dazu führen, dass ein einziges Urteil der
Karlsruher Bundesrichter so einiges über den Haufen wirft, was bisher galt. So ist es kürzlich im Mietrecht
geschehen: Der BGH hat ein Urteil gesprochen, das für jeden Mieter und jeden Vermieter in Deutschland
eine wichtige Änderung bringt.
Kündigung wegen Minderung?
Wer zur Miete wohnt, hat Anspruch darauf, dass die Mietsache – also die Wohnung – vom Vermieter in
einem Zustand gehalten wird, der den vertragsgemäßen Gebrauch ermöglicht. Soll heißen: Die Wohnung
muss frei von Mängeln sein. Tritt ein Mangel auf, Schimmel beispielsweise, ist der Vermieter verpflichtet, den
Mangel zu beseitigen. Bis das geschehen ist, mindert sich der Mietzins, so sieht es das Gesetz vor. Man darf
also als Mieter weniger zahlen, die Höhe der Mietminderung richtet sich danach, wie schwer der Mangel
wiegt. Auf diese Weise konnten Mieter bislang den Vermietern Druck machen, die Mängel schnell zu
beseitigen.
Im Gesetz steht aber auch, dass ein Vermieter berechtigt ist, seinem Mieter fristlos zu kündigen, wenn der
mit mindestens zwei Monatsmieten in Rückstand ist. Das führt logischerweise zu einem Konflikt mit der
Mietminderung. Denn je nachdem wie hoch diese ausfällt, kann sich insoweit ein einbehaltener Betrag
ansammeln, der zwei Monatsmieten übersteigt. Wer etwa wegen Schimmels an der Wand 20 Prozent der
Monatsmiete einbehält, also ein Fünftel, ist nach zehn Monaten bei den zwei Monatsmieten angelangt. Wie
löst man diesen Konflikt?
Besonderer Verschuldensmaßstab bei Mietminderung?
Klar ist der Fall immer dann, wenn eine Mietminderung berechtigterweise vorgenommen wird. Dann geht
dieses (Minderungs-)Recht vor, ein Anspruch auf die volle Miethöhe besteht dann nicht. Der Vermieter darf
also nicht fristlos kündigen, weil er zu wenig Miete bekommen hat. Es sind aber auch Fälle denkbar, bei
denen zu Unrecht die Miete gemindert wird. Um beim Beispiel des Schimmels zu bleiben: Der muss nicht
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immer wegen schlechter Bausubstanz entstehen, sondern kann auch dann auftreten, wenn der Mieter selbst
nicht ausreichend lüftet und heizt. Welche Ursache aber zugrunde liegt, ist oft nur für Experten erkennbar.
Es kann also schnell vorkommen, dass ein Mieter zu Unrecht die Miete mindert, das aber erst später
festgestellt wird. Wie in solchen Fällen eine fristlose Kündigung wegen Mietrückstandes zu beurteilen ist, war
lange nicht höchstrichterlich geklärt. Die unterinstanzlichen Gerichte, also etwa die Landgerichte waren sich
dagegen einig. Für sie war klar: Wer wegen eines unberechtigten Mietmangels mindert, muss die fristlose
Kündigung nur dann fürchten, wenn er hätte erkennen müssen, dass er dazu nicht berechtigt ist. Bei Vorsatz
oder grober Fahrlässigkeit, im Juristendeutsch. Wer aber sich einfach geirrt hat – also leicht fahrlässig
handelte – der konnte nicht fristlos gekündigt werden, selbst wenn seine Mietminderungen die Gesamthöhe
erreicht hatten.
Kein besonderer Verschuldensmaßstab, sagt Karlsruhe
Das war gefestigte Rechtsprechung, so dachten alle. Die Amts- und die Landgerichte waren sich jedenfalls
einig. Bis der Bundesgerichtshof als Revisionsinstanz einen entsprechenden Fall vorgelegt bekam. Die
Karlsruher Richter entschieden: Es gibt keinen Grund, Mieter zu bevorzugen. Sie müssen auch für „normale“
oder leichte Fahrlässigkeit geradestehen. Wer also zu Unrecht die Miete gemindert hat, kann schneller
gekündigt werden, als ihm lieb ist. Die Grenze liegt bei zwei Monatsmieten. Mietervereine empfehlen den
Mietern seitdem, nur solange die Miete zu mindern, bis diese zwei Monatsmieten fast erreicht sind. Ab
diesem Zeitpunkt muss man als Mieter selbst Klage einreichen, wenn man glaubt im Recht zu sein. Das
Recht zur Mietminderung also gewissermaßen im Klagewege erstreiten. Der Ball liegt damit also wieder im
Feld des Mieters, während bislang der Vermieter unter Druck stand. Dieses Grundsatzurteil verschlechtert
die Position der Mieter. Sie sollten ab sofort nur dann die Miete mindern, wenn sie sich wirklich sicher sind,
dass der Mietmangel nicht von ihnen zu vertreten ist. Dann haben sie nach wie vor nichts zu befürchten.
Liegen sie aber falsch, kann das schnell Konsequenzen haben, die fristlose Kündigung schwebt wie ein
Damoklesschwert über den Mietern.
Offene Fragen bleiben
Unklar ist allerdings, ob diese Grundsätze des BGH nur für solche Fälle gelten, in denen schon dem Grunde
nach die Miete zu Unrecht gemindert wurde, oder ob auch die Fälle erfasst sein sollen, in denen zwar ein
Mietmangel bestand, der einbehaltene Prozentsatz aber zu hoch bemessen ist. Beispiel: Ein Mieter mindert
die Miete wegen Schimmels in seiner Wohnung um 20 Prozent. Nachher stellt sich heraus, dass er nur 10
Prozent hätte mindern dürfen, weil der Schimmelbefall nicht so schlimm war. Theoretisch könnte in diesen
Fällen ja auch die Differenz zwischen (berechtigter) Mietminderungshöhe und unberechtigt zu viel
einbehaltenem Betrag sich zu zwei Monatsmieten aufsummieren. Hierzu sagt das Urteil nichts.
Mietervereine empfehlen deswegen, auch in diesen Fällen vorsichtig zu sein und nur bis zu einer
Gesamthöhe von zwei Monatsmieten zu mindern. Dann ist man als Mieter auf der sicheren Seite.