2011 - Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
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2011 - Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Advent Heiligabend Erster Weihnachtstag Zweiter Weihnachtstag Epiphanias Septuagesimae Sexagesimae Weltgebetstag Estomihi Invocavit Reminiscere Oculi Laetare Judica Palmarum Gründonnerstag Karfreitag Ostersonntag Ostermontag Quasimodogeniti Misericordias Domini Jubilate Kantate Rogate Christi Himmelfahrt Exaudi Pfingstsonntag Pfingstmontag Trinitatis Erntedankfest Reformationstag Buß- und Bettag Ewigkeitssonntag Jahresbericht der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau Zahlen und Bilder aus den Jahren 2011/2012 EKHN-Jahresbericht 2011/2012 Inhalt Juli 2011 Vorwort von Kirchenpräsident Dr. Volker Jung Mit uns durch das Jahr Gottesdienst auf der Schleuseninsel 4 in Runkel an der Lahn Regen macht nichts August 2011 Der Leiter der Kirchenverwaltung und Finanzdezernent Heinz Thomas Striegler Tauffest am Langener Waldsee Ein unkonventionelles Angebot zum Thema Geld Der finanzielle Rahmen ist noch stabil 18 6 20 August 2011 Konfirmandenprojekt des Dekanats Wiesbaden Cooles Camp Kleine Geschichte der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) Protestanten eben 9 Gebauter Glaube Open-Air-Gottesdienst auf dem Römerberg in Frankfurt 13 27 September 2011 Radio Wein-Welle zum Weinfest in Groß-Umstadt Juni 2011, Hessentag am Nordrand des Odenwalds Sechs Tage Ausnahmezustand Traumkirche und Musical »Ursula« auf dem Hessentag in Oberursel Gottes Farben September 2011, Tag des offenen Denkmals Die Ringkirche in Wiesbaden Juni 2011, Pfingsten Toleranz und Fair Play 23 15 30 September 2011 Interkulturelle Woche in Offenbach Kein Kuschelkurs, sondern gegenseitiger Respekt 32 September 2011, Erntedankfest Die Dekanatskonferenz Gladenbach auf einem Milchviehbetrieb Kuhstall trifft Kirche 35 Oktober 2011, Reformationstag Luther-Oratorium in Worms Keine Musik für politisch Korrekte 39 November 2011, Buß- und Bettag Sozialpolitischer Tag in Rüsselsheim und Frankfurt Deutliches Ausrufezeichen 42 November 2011, Ewigkeitssonntag Treffpunkt der Kirchengemeinde Herrnhaag Wo der Tod ein Teil des Lebens ist 2 44 Dezember 2011, Adventszeit April 2012, Karfreitag Adventskranz in Zotzenbach im Odenwald Ganz groß im Advent Aktion der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau 46 Dezember 2011, Weihnachten Ein stiller Feiertag für die Opfer 61 April 2012 Frankfurter Winterreise Das Zentrum für Frauen der Diakonie Frankfurt Glanz und Elend, Armut und Reichtum Überlebenswichtig zusammenbringen 48 Februar 2012 im Kreis Marburg-Biedenkopf Willkommen in der Welt der Weißfrauen-Diakoniekirche in Frankfurt 50 Februar 2012, Passionszeit 68 Juni 2012 Das Global Youth Village Sodener Passion in Bad Soden am Taunus Wo die toten Kinder wohnen Mai 2012 Krippengruppe in Oberdieten Winterspeisung in der Katharinen- und Essen, Wärme und Gemeinschaft 64 auf dem Jugendkirchentag in Michelstadt 53 »Wir sind alle sooo verschieden – und zugleich sooo ähnlich« März 2012, Weltgebetstag 71 Aktionstag der Frauen in Oberhessen Steht auf für Gerechtigkeit 55 EKHN-Haushalt Einnahmen 2011 März 2012 74 Glaubenskurs in Gambach Der See Genezareth in der Wetterau 57 EKHN-Haushalt Ausgaben 2011 März 2012 75 Predigen im Ehrenamt Du sollst nicht begehren deines Nächsten Festgeld 59 Impressum Adressen 80 Zahlen und Fakten Kennzahlen der EKHN 2011 Mitgliedschaften in der EKHN 2011 n Pfarrstellen in der EKHN 2011 n EKHN-Mitarbeiter/-innen 2011 n Gottesdienste in der EKHN 2011 n Freiluftgottesdienste n Taufen in der EKHN 2011 n Konfirmationen in der EKHN 2011 n Gebäude in der EKHN 2011 n Kirchenmusik in der EKHN 2011 n Einrichtungen des DWHN 2011 n Kindertagesstätten in der EKHN 2011 n Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in der EKHN n n 10 11 12 12 19 19 21 24 28 41 67 70 73 3 Vorwort von Kirchenpräsident Dr. Volker Jung Mit uns durch das Jahr Liebe Leserinnen, liebe Leser, mit der evangelischen Kirche durch das Jahr – das ist das und Weihnachten, sind sogar Anlass für Schulferien. Wir Motto und der rote Faden des aktuellen Jahresberichts. gestalten aber auch gesellschaftliche Ereignisse mit, deren Er bietet Ihnen Einblicke in die Vielfalt dessen, was in der Wurzeln außerhalb der Kirche liegen. Dazu gehören der Tag Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) all- des offenen Denkmals, die Interk ulturelle Woche sowie jährlich und an vielen Orten geschieht. Der Jahresbericht viele Volksfeste und Sportereignisse wie im Jahr 2011 die legt damit Rechenschaft darüber ab, was wir mit dem Geld Fußball-WM der Frauen. Es liegt uns auch am Herzen, tun, das uns unsere Mitglieder in Form von Kirchensteuer Initiativen mitzugestalten, die Hilfe in der Not organisieren, und Kollekten anvertrauen. Und er dokumentiert, was wir wie zum Beispiel die Winterspeise für Obdachlose. mit den Mitteln tun, mit denen uns die Gesellschaft unterstützt in Form von Erstattungen und Staatsleistungen. Als Kirche, die sich der ganzen Gesellschaft und ihren vielen einzelnen Menschen verpflichtet weiß, gestalten verlagert, finden Sie uns oder wir Sie bei Gottesdiensten im Grünen, bei Tauffesten an einem See oder auf Freizeiten. Vieles von dem, was wir tun, wird allerdings nicht wir das Jahr bewusst mit. Dabei bringen wir eigene Akzente nur einmal im Jahr gebraucht, sondern jeden Tag. Dazu ein wie zum Beispiel unsere großen christlichen Feste. gehören die häusliche Krankenpflege, soziale Hilfen, die Sie bieten Tage der Besinnung. Zwei von ihnen, Ostern 4 Im Sommer, wenn sich das Leben nach draußen Erläuterungen zur Bedeutung aller evangelischen Feiertage finden Sie unter www.ekhn.de/jahresbericht. Kindertagesstätten und vieles andere mehr. Auch diese Arbeit veranschaulicht Ihnen der Jahresbericht an vielen Beispielen. Alles, was wir tun, machen wir in der Gewissheit: Gott hält uns und begleitet uns durch unser Leben. Deshalb können wir uns getrost auch den schweren Seiten und Themen des Lebens stellen. Nicht nur an den stillen Feiertagen wie dem Karfreitag – da aber besonders – sind unsere Gedanken und Gebete bei den Opfern und den Leidenden. Das haben wir in diesem Jahr mit einer Plakataktion öffentlich bekundet und damit in der gesellschaftlichen Debatte um ihren Wert, Partei für die Feiertage ergriffen. Die vielfältige öffentliche Resonanz bestätigt uns eindrucksvoll, wie wichtig es für uns als Kirche geworden ist, offensiv und weithin sichtbar zu vertreten, was wir glauben. Als Kirche müssen wir uns immer wieder klar machen, dass religiöses Wissen nicht mehr selbstverständlich ist. Wir laufen Gefahr, aus dem öffentlichen Raum zu verschwinden, wenn wir uns nicht mit unseren Themen und Anliegen kräftig bemerkbar machen. Über die Bilder und Geschichten von unseren Aktivitäten hinaus finden Sie auf den folgenden Seiten auch in diesem Jahresbericht wieder viele Zahlen: statistische Angaben über die Handlungsfelder und einen Überblick über die Finanzen der EKHN. Als Kirche, die sich als Teil der offenen Gesellschaft versteht, stellen wir an uns selbst den Anspruch, unser Handeln offenzulegen und uns der Kritik zu stellen. In diesem Sinne danke ich Ihnen schon jetzt für Ihr Interesse, Ihre Kritik und Ihr Lob. Viele Menschen unterstützen uns mit ihren Kirchensteuern und Kollekten, mit ihrem persönlichen Engagement und ihren Gebeten. Ihnen allen danke ich sehr herzlich dafür. Ich erlebe es immer wieder, dass auch Menschen, die selbst wenig am aktiven Leben der Kirche teilnehmen oder teilnehmen können, uns im Inneren doch sehr verbunden sind. Es ist gut, das zu wissen, und gibt Mut für die weitere Arbeit. Sie alle ermöglichen es uns, unseren Auftrag zu erfüllen: in die Welt das Evangelium von Gottes Liebe zu tragen, das Menschen tröstet, bestärkt und verwandelt. Dr. Volker Jung Paulusplatz 1 · 64285 Darmstadt · Telefon (06151) 405-291 E-Mail [email protected] Der Leiter der Kirchenverwaltung und Finanzdezernent Heinz Thomas Striegler zum Thema Geld Der finanzielle Rahmen ist noch stabil Der Haushaltsüberschuss 2011 fällt mit 10,1 Mio. Euro deutlich geringer aus als in den Vorjahren. Davon sollen 9,2 Mio. Euro ausgeschüttet werden an die Beschäftigten der E vangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), um die Sonderzahlung (circa 30 Prozent eines Monatsgehalts) aufzustocken. 0,9 Mio. Euro sollen abgeführt werden an die Rücklage für Kirchengemeinden und Dekanate. A uch 2011 bildete die Kirchensteuer mit Der etwas stärkere Anstieg in der Versorgungsstiftung ist 424 Mio. Euro und rund 83 Prozent den mit vor allem auf die Zuführung von 25 Mio. Euro aus dem Abstand größten Teil der Gesamteinnahmen Jahresabschluss 2010 zurückzuführen. der EKHN in Höhe von 509 Mio. Euro. Hinzu weisen in diesem Zusammenhang ist auf ein Die EKHN bemüht sich schon seit über zehn Jahren darum, ihre Rücklagen und Vorsorgegelder nach ethisch wichtiges Detail: Bei den übrigen Einnahmepositionen wie nachhaltigen Gesichtspunkten anzulegen. Dies hat inter- Zuschüssen und Kostenerstattungen, Rücklagenentnahmen, essanterweise keine signifikanten Einbußen bei der Rendite Staatsleistungen sowie Zins- und Vermögenserträgen hat zur Folge gehabt. Im Gegenteil: Ihre hohen Anforderungen die EKHN auf die Zuführung von Erträgen aus der Kirchbau an die Transparenz ihrer Investments haben die EKHN vor rücklage verzichtet (geplant waren 5 Mio. Euro). Sonst manchem Fehlinvestment bewahrt. Die etwas in die Jahre wäre bei einer Ausschüttung der Buchwert deutlicher gekommenen Anlagerichtlinien aus dem Jahr 2000 hat unterschritten worden. Ordentliche Erträge sollen aber nur die Kirchenleitung nunmehr – nach Anhörung synodaler dann ausgeschüttet werden, wenn dies nicht zulasten der Ausschüsse – durch die Übernahme des Leitfadens der Vermögenssubstanz geht. Das hätte sonst dem Grund Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für ethisch gedanken der Kirchbaurücklage widersprochen, die die nachhaltige Geldanlage ersetzt. Ziel ist es, EKD-weit einheit- Kirchengemeinden langfristig entlasten soll. Dass hier in liche Regelungen für ethisch nachhaltige Geldanlagen den vergangenen drei Jahren noch keine ausreichenden anzuwenden und die Entwicklung zu unterstützen. stillen Reserven aufgebaut werden konnten, ist in erster Auf der Ausgabenseite gibt es gegenüber den Linie der schwierigen Situation an den Kapitalmärkten zu- geplanten Budgets keine nennenswerten Abweichungen. zuschreiben. In einem historisch niedrigen Zinsumfeld und An den Gesamtausgaben im Jahr 2011 in Höhe von knapp bei hochvolatilen Aktienmärkten mussten wir besonders 509 Mio. Euro sind die Kirchengemeinden mit 281 Mio. Euro vorsichtig agieren. Deshalb ließen sich die Renditen und die Dekanate und Regionalverwaltungen mit rund früherer Jahre und Jahrzehnte in diesem Zeitraum nicht 77 Mio. Euro beteiligt. Das bedeutet: 70 Prozent aller erzielen. Ausgaben sind direkt oder indirekt – zum Beispiel durch zentrale Kosten für die elektronische Datenverarbeitung – Trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen konnte die EKHN ihre Rücklagen insgesamt leicht erhöhen: den Gemeinden, Dekanaten und Regionalverwaltungen zuzuordnen. Von den rund 358 Mio. Euro Ausgaben für Gemeinden, Dekanate und Regionalverwaltungen wurden Rücklagen der EKHN Hintergrundinformationen zu den Rücklagen der EKHN finden Sie unter www.ekhn.de/jahresbericht. 212 Mio. Euro diesen Ebenen direkt durch Zuweisungen Vermögen +/– Vermögen 31.12.201031.12.2011 [Mio. Euro] [Mio. Euro] [Mio. Euro] für Personal- und Sachkosten, Gebäudeinvestitionen und Kindertagesstätten zur Verfügung gestellt. Hinzuzurechnen sind etwa 90 Mio. Euro an Kosten für den Gemeinde- n Allgemeine Rücklagen 448 +5 453 pfarrdienst inklusive Versorgung und Beihilfen. In den n Kirchbaurücklage 194 –2 192 fünf zentralen Handlungsfeldern der EKHN stehen diesen n Versorgungsstiftung 475 + 41 516 Ebenen noch einmal rund 30 Mio. Euro zur Verfügung. Hinzu kommen weitere rund 26 Mio. Euro an allgemeinen 6 schließlich Schulen und die kirchlichen Schulämter und Tagungshäuser. Hierhin gehören unter anderem die Kosten der verschiedenen Handlungsfelder, die Ausgaben für Gesamtausgaben 2011 508,8 Mio. Euro n n [Mio. Euro] [%] die großen Zuweisungsempfänger wie das Diakonische 281,0 55,1 Werk in Hessen und Nassau und die Evangelische Hoch 77,0 15,1 gesamtkirchlichen Dienstleistungen und das Rechnungs Gemeinden Dekanate und Regionalverwaltungen schule. Hierhin gehören aber auch die Kosten für die prüfungsamt, die Synode, die Kirchenleitung sowie die Kosten (Overheadkosten) in allen Verwaltungsbereichen Pröpstinnen und Pröpste, die Überbrückungsfonds, sowie die Ausgaben für Dekanspfarrstellen sowie Fach- die Sammelversicherungen sowie die Rückstellungen und und Profilstellen einschließlich Versorgung und Beihilfen, Rücklagen. Die direkten und indirekten Ausgaben für Kirchen für Vergütung von Umzugskosten, Kirchenverwaltung und Rechnungsprüfungsamt, Ausbildung, das Institut für gemeinden, Dekanate und Regionalverwaltungen sind zwar Personalberatung, Organisationsentwicklung und Super gegenüber dem Vorjahr nominell leicht gestiegen, unter vision (IPOS) sowie Rücklagenzuführungen. lagen zum großen Teil aber auch den langfristigen s ynodalen Die verbleibenden 30 Prozent der Ausgaben gehen an die Gesamtkirche. Die größten Posten dabei sind die Aus- Einsparvorgaben aus dem Jahr 2007 im Zusammenhang mit der »Perspektive 2025«. gaben für die Umlage der EKD, der Bildungsbereich ein- Einsparvorgaben gemäß »Perspektive 2025« Budgetbereiche Einsparvorgaben [% pro Jahr] n Zuweisungen an Kirchengemeinden, Zuweisungen an Dekanate 0,5 n Zuweisungen für Gebäudeinvestitionen der Kirchengemeinden 0,75 Zuweisungen an Diakoniestationen, Pfarrstellenabbau, Theologische Ausbildung, Kirchenverwaltung, Kirchenleitung, Synode, Zentrales Gebäudemanagement, Rechnungsprüfungsamt 1,0 n Zuweisungen an Regionalverwaltungen (25 % bei Gemeindeverbänden) 1,5 n Handlungsfelder und Zentren 1,65 n 7 In der Herbstsynode 2011 wurde ein Zwischenfazit im ob unser Währungssystem die Belastungen überstehen Sinne eines Vergleichs der geplanten mit den tatsächlichen wird und ob das Verhalten der Notenbanken in der rest Einsparungen vorgenommen. Bis auf die Bereiche Pfarrdienst, Kindertagesstätten lichen Welt nicht zwangsläufig zu mehr oder minder auch gewollten Inflationsentwicklungen führen muss. In der und Zuweisungen an den Evangelischen Entwicklungs Staatsschuldenkrise kommt man immer mehr zu der dienst, die mit synodaler Zustimmung einstweilen von den Erkenntnis: »Die Dosis macht das Gift.« Während die Einsparauflagen ausgenommen wurden, sind die unter Regularien der Europäischen Union bereits bei einer schiedlichen Einsparauflagen in den übrigen Budget Staatsverschuldung von 60 Prozent des Bruttoinlands bereichen im Wesentlichen erbracht worden, allerdings mit produkts den Beginn einer toxischen Wirkung definierten, einer zeitlichen Verzögerung. sehen verschiedene Experten die Grenze der noch tolerablen Die Einsparauflagen wurden nach folgendem Grobschema umgesetzt: Staatsverschuldung bei etwa 90 Prozent des Bruttoinlands produkts. Etwa ab dieser Größenordnung würde der Einfluss der Staatsschulden so groß, dass Wachstumschancen Einsparauflagen Budget des Arbeitsbereichs des laufenden Jahres – Einsparauflage (von 0,5 bis 1,65 %) + Inflations-/Personalkostenausgleich (etwa 2,0 %) = Budgetobergrenze für das kommende Jahr negativ beeinflusst werden. Der derzeitige europäische Plan, Schulden mit Schulden abzusichern, verschafft Zeit und ist als Sofort maßnahme im Notfall wohl auch zu akzeptieren, überwindet aber die Staatsschuldenkrise nicht. Ohne Abbau der Schulden wird die Finanzbranche auf Dauer kein Vertrauen aufbauen, dass die Staaten auch in der Lage sind, die angenommenen Kredite auch zu bedienen. Gleichzeitig muss ein positives Investitionsklima gerade für die Länder Obwohl in der Regel nominell nach diesen Vorgaben kein in Südeuropa geschaffen werden, um aus der Negativ- Budget reduziert werden musste, wird der Zwang, Kosten spirale herauskommen zu können. Deutschland wird, in und Preissteigerungen über mehrere Jahre hinweg auf- welcher Form auch immer, einen bedeutenden Beitrag zur f angen zu müssen, für viele Budgetverantwortlichen zu Stabilisierung des Euro leisten müssen. Die Bankenbranche einem Problem. Haben sie anfangs noch versucht, die als wichtiger Wirtschaftsfaktor im Rhein-Main-Gebiet wird Einsparauflagen intern zu verrechnen, wird nun vielen durch die Staatsschuldenkrise immer wieder negativ bewusst, dass die Vorgaben ohne echte Aufgabenkritik und betroffen sein. Für die Einnahmesituation bei den Kirchen wirklichen Verzicht auf bestimmte Aufgabenbereiche nicht steuern im Kirchengebiet birgt das Risiken. Sowohl dieser eingehalten werden können. Ausblick als auch die demografische Entwicklung der Besonders die beiden großen Bereiche Pfarrdienst Mitgliederzahlen stellt uns vor die Aufgabe, auch in und Kindertagesstätten haben weniger eingespart als Zukunft sehr bewusst hauszuhalten und künftige Aufgaben ursprünglich geplant. Um den Druck auf sie wie auch auf auch mit Rücklagen zu sichern. Gerade vor diesem Hintergrund wird noch deut die übrigen Ausgabenbereiche nicht noch weiter zu erhöhen, müssen alle weder die Einsparungen nachholen noch den fehlenden Betrag ausgleichen. licher, wie sehr die Kirche bei der Erfüllung ihrer Aufgaben für die Menschen und die Gesellschaft auf den Einsatz und die finanzielle Unterstützung ihrer Mitglieder angewiesen Ausblick auf das laufende Jahr 2012 Für das Jahr 2012 hat die EKHN Steuereinnahmen in Höhe ist. An dieser Stelle danke ich daher herzlich all jenen, von 420 Mio. Euro eingeplant, was etwa ein Prozent unter die die Aufgaben der EKHN unterstützen und Kirchen- dem Ergebnis des Vorjahrs liegt. Die Steuereinnahmen bis steuern zahlen. Sie ermöglichen damit erst die Arbeit in Ende April bestätigen bislang diese Planung. den Bereichen der Verkündigung, der Seelsorge und Nach allgemeiner Auffassung ist für 2012 weltweit Beratung, der Diakonie und der Ökumene sowie in der mit einer Abkühlung der Konjunkturdaten zu rechnen. Bildung und der gesellschaftlichen Verantwortung. Noch Nach wie vor besteht eine große Unsicherheit darüber, einmal: Herzlichen Dank! Heinz Thomas Striegler Leiter der Kirchenverwaltung und Finanzdezernent Paulusplatz 1 · 64285 Darmstadt · Telefon (06151) 405-296 E-Mail [email protected] 8 Kleine Geschichte der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) Protestanten eben Die Idee ist fünfhundert Jahre alt und sie lautet schlicht: größtmögliche Beteiligung der Menschen – auch in Fragen des Glaubens. Hinter diesem Leitsatz steht eine Erkenntnis, die der Reformator Martin Luther Anfang des 16. Jahrhunderts nach intensivem Studium der Bibel und besonders der Briefe des Apostels Paulus gewann: Jeder Mensch kann in seinem persönlichen Glauben die Gnade Gottes erfahren – ganz ohne die Vermittlung kirchlicher Zwischeninstanzen. L uther konnte nicht ahnen, dass dieser Gedanke Solche Protestanten gibt es im Gebiet der Evangelischen faktisch das Mittelalter beenden und die Neuzeit Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) bereits seit den mit begründen würde. Aufklärung, Demokratie Anfangsjahren der Reformation. Dennoch ist die EKHN in bewegungen und auch modernes Management ihrer heutigen Gestalt eine der jüngsten evangelischen sind ohne Luthers Idee von der Beteiligung der Landeskirchen in der Bundesrepublik Deutschland. Mit betroffenen Menschen nicht vorstellbar. Weil sich die ihrem Selbstverständnis, ihrer Philosophie und ihrer Grund- evangelischen Christen seit Luther nicht mehr den Mund ordnung steht sie fest in der protestantischen Tradition der verbieten ließen, protestierten sie am 19. April 1529 in Beteiligung und der Mündigkeit aller Gemeindemitglieder. Speyer feierlich gegen eine kaiserliche Entscheidung, die sie ins Unrecht setzen sollte. Sie handelten sich damit bei Diese Tradition stand den Vätern und Müttern der EKHN-Verfassung von 1947 besonders lebhaft vor Augen. der Gegenseite den Spitznamen »Protestanten« ein. Aber Sie hatten eines während des Dritten Reiches, den Zeiten schon bald übernahmen sie den Spitznamen als einen mit der politischen Gleichschaltung und der Verfolgung der Selbstbewusstsein getragenen Ehrennamen für mündige protestantischen und protestierenden Bekennenden Kirche, evangelische Christen: Protestanten eben. noch einmal neu gelernt: Evangelischer Glaube lässt sich 9 Kennzahlen der EKHN 2011 Kirchengebiet der EKHN Bevölkerung im Kirchengebiet n davon EKHN-Mitglieder mit erstem Wohnsitz innerhalb der EKHN n Propsteien n Dekanate n Gemeinden n Beschäftigte n Ehrenamtliche davon circa zwei Drittel Frauen, ein Drittel Männer 13.359 km2 5 Mio. n n Kassel ■ 1,7 Mio. 6 47 1.170 ca. 20.000 ca. 65.500 ■ Korbach Hallenberg ■ ■ Bromskirchen Battenberg ■ Nordrhein-Westfalen ■ Siegen ■ Hessen Biedenkopf ■ Marburg Gladenbach ■ Hachenburg ■ ■ Haiger ■ Hohensolms ■ ■ ■ Montabaur ■ Koblenz ■ ■ ■ ■ Gießen Weilburg ■ ■ ■ Marienfels ■ ■ ■ ■ ■ Friedberg Bad Schwalbach ■ Taunusstein Eltville ■ Rüdesheim ■ ■ ■ Büdingen ■ Mainz ■ Karben ■ Bad Vilbel ■ Frankfurt ■ ■ Wiesbaden ■ Ingelheim ■ Seligenstadt ■ ■ Rüsselsheim Dietzenbach ■ Langen ■ ■ Groß-Gerau ■ Bad Kreuznach ■ ■ Badenheim ■ Wöllstein Darmstadt ■ Riedstadt ■ ■ ■ ■ Alzey Rheinland-Pfalz Gernsheim ■ Bürstadt Worms ■ Ludwigshafen ■ Bayern Dieburg Höchst ■ Seeheim-Jugenheim Michelstadt ■ Bensheim ■ ■ Heppenheim ■ ■ 10 ■ Aschaffenburg Groß-Umstadt ■ ■ Ober-Ramstadt Pfungstadt Osthofen ■ ■ Hanau ■ Offenbach Neu-Isenburg ■ Bingen Nierstein ■ Oppenheim ■ Ortenberg Herrnhaag ■ Bad Soden ■ ■ Freiensteinau Nidda ■ ■ Bad Homburg ■ Oberursel ■ Idstein ■ Gedern Bad Nauheim Schmitten ■ Nastätten ■ Schotten Butzbach ■ St. Goarshausen Laubach Gambach Usingen ■ Nassau ■ Limburg Bad Ems ■ Grünberg Fernwald Lich ■ Wetzlar Weilmünster ■ Runkel Lahnstein ■ ■ ■ ■ Diez ■ Lauterbach ■ Mainzlar ■ Selters Höhr-Grenzhausen ■ Waldgirmes ■ ■ Alsfeld Homberg Schlitz ■ Fraurombach ■ Westernohe ■ ■ Westerburg ■ ■ ■ Dillenburg Herborn ■ Bad Marienberg Bad Hersfeld Oberdieten ■ ■ ■ Amorbach ■ Zotzenbach Beerfelden ■ Viernheim ■ Mannheim Heidelberg ■ Erbach Baden-Württemberg ■ Neckarsteinach Fulda Mitgliedschaften in der EKHN 2011 nicht hierarchisch verordnen, er kann nur im Gespräch, in der Diskussion und gegebenenfalls auch im Streit der Mitglieder Aufnahmen insgesamt davon: n Kindertaufen n Aufnahmen mit Erwachsenentaufen n Wiedereintritte n Austritte n Bestattungen n Christen lebendig bleiben. Gelernt hatten sie zudem: Auch n Kirchenleitungen können dazulernen – und manchmal müssen sie das sogar. Seit 1947 ist aus den drei ehemals selbstständigen Kirchen im alten Großherzogtum Hessen, der alten preußischen Provinz Nassau und der Freien Reichsstadt 1.706.128 17.152 12.621 4.531 1.702 10.545 20.722 Frankfurt eine Kirche entstanden, in der sehr unterschied liche Arten des Lebens und des Glaubens nebeneinander und miteinander existieren. Es gibt in der EKHN Gemeinden Zwischen dem Frömmigkeitsstil einer Gemeinde im Dillkreis ganz unterschiedlicher Bekenntnisse und unterschiedlicher und dem einer Innenstadtgemeinde Frankfurts mögen Geschichte: Lutheraner in der Tradition Martin Luthers, Welten liegen und doch entsenden die Dekanate an der Dill Reformierte in der Tradition der Schweizer Reformatoren ebenso wie die in Frankfurt einträchtig ihre Vertreter in die Ulrich Zwingli und Johannes Calvin, Französisch-Refor- zweimal jährlich tagende Kirchensynode, wo alle wichtigen mierte als Nachkommen von französischen Hugenotten- Fragen der EKHN verhandelt und entschieden werden. und italienischen Waldenser-Flüchtlingen und Unierte, in Das geht nie ohne Diskussionen und häufig nicht deren Gemeinden Lutheraner und Reformierte sich bereits ohne Streit ab, aber die EKHN lässt sich auch nicht so im 19. Jahrhundert zusammengeschlossen haben. schnell auseinanderdividieren, im Gegenteil: Die Vielfalt Lutherisch, reformiert, uniert A us den Anfängen der Reformation haben sich zwei Kirchen sind Kanzel und Altar nebeneinander angebracht. große theologische Traditionslinien entwickelt: Bilder sind willkommene Anregungen für den persönlichen die reformierte und die lutherische. Die reformierte Glauben. Konfession breitete sich von Zürich, Basel, Straßburg und Genf überwiegend im Süden und im Westen aus. Die Ein wichtiges Merkmal ist die Wechselwirkung zwischen dem Glauben und der Lebensgestaltung. Die lutherische strahlte von Wittenberg überwiegend in den reformierte Konfession hat dabei neben der Rechtfertigung Norden und den Osten aus. Fürsten und Stadträte führten allein durch den Glauben das Element der Heiligung gestellt. in ihrem Gebiet die Reformation in unterschiedlicher Ihm zufolge lässt sich aus dem Verlauf des Lebens erkennen, Prägung ein. Reformierte und lutherische Kirchen ob ein Mensch Gottes Wohlgefallen gefunden hat oder nicht. ordnungen wurden festgelegt. In den reformierten Stadt- Ein geheiligtes Leben ist demnach ein sichtbar gesegnetes, staaten der Schweiz, die von Räten geführt wurden, mithin auch ein äußerlich erfolgreiches Leben. Manche entschied man sich, auch die Leitung der Kirche einem haben dabei auch wirtschaftlichen Erfolg als Folge ihres Gremium zu übertragen (synodales oder presbyteriales Glaubens verstanden. Die lutherische Konfession lehnt es Prinzip). Die lutherische Konfession wurde überwiegend dagegen ab, vom weltlichen auf den geistlichen Zustand zu in traditionellen Fürstentümern eingeführt und legt die schließen – oder umgekehrt. Leitung in die Hand einer Person (bischöfliches oder episkopales Prinzip). In der Liturgie stellt die reformierte Konfession das Seine wesentlichen theologischen Einsichten hat Luther im »Kleinen Katechismus für Unterricht und Seelsorge« zusammengefasst. Sein reformiertes Pendant ist der gesprochene Wort und damit die Predigt in den Mittelpunkt »Heidelberger Katechismus«. Beide sind im Evangelischen des Gottesdienstes. Die lutherische Konfession ist hier Gesangbuch abgedruckt. näher an der katholischen Praxis, zu der mehr sinnliche Bis Anfang des 19. Jahrhunderts waren die Fürsten- Elemente gehören. Beim Abendmahl gibt es verschiedene tümer konfessionell einheitliche Territorien. Im Zuge theologische Auffassungen, ob Christus im Abendmahl der Neuordnung Europas nach Napoleon entstanden kon- selbst real oder symbolisch präsent ist. Die theologischen Programme spiegeln sich auch fessionell gemischte Gebiete. Dort hat sich eine unierte Konfession entwickelt, die die Vielfalt nicht als Mangel an im Kirchenbau wider. Reformierte Kirchen sind betont Einheit begreift, sondern als Reichtum und als legitimes schlicht, damit nichts die Wahrnehmung des Wortes stört. Abbild dafür, dass die Kirche in der Welt nur eine vorläufige Die Kanzel als Symbol des in der Predigt gesprochenen Gestalt hat und haben kann. Wortes steht oftmals über dem Altar. In lutherischen n 11 Pfarrstellen in der EKHN 2011 EKHN-Mitarbeiter/-innen 2011 [Stellen] n Gemeindepfarrstellen 1.036 Regionale Pfarrstellen: Schulpfarrstellen n Pfarrstellen in der Spezialseelsorge n Fach- und Profilstellen n Dekaninnen und Dekane n Pfarrstellen in der Stadtkirchenarbeit n Pfarrstellen in den Studierendengemeinden n Pfarrstellen in der Stadtjugendarbeit n 154 135 70 35 9 8 5 416 n n Landeskirchliche Pfarrstellen einschließlich Kirchenleitung und Kirchenverwaltung n Pfarrstellen insgesamt 109 1.561 der Stimmen und Sichtweisen lässt immer wieder über- [Beschäftigte] Beschäftigte ohne Pfarrdienst mit mindestens einer halben Stelle: n Erzieher/-innen n Sekretariat/Sachbearbeitung n Krankenpflegeberufe n Gemeinde-/Sozialpädagogik, Sozialarbeit n Reinigungskräfte n Hauswirtschaft n Küster/-innen und Hausmeister/-innen n Kirchenmusiker/-innen n andere Berufe n n Beschäftigte mit weniger als einer halben Stelle n Beschäftigte insgesamt 5.152 1.250 674 960 505 458 393 131 1.789 11.312 9.709 21.021 schaftlichen und politischen Fragen wie der wachsenden raschende Impulse und gesellschaftliche Initiativen ent- Kluft zwischen Arm und Reich in unserem Land oder auch stehen. Eine Konstante ist dabei das Erbe ihres ersten zu Auswüchsen im Geschäft der Banken. Kirchenpräsidenten, Martin Niemöller. Er war im Ersten Aber die EKHN steht auch selbst vor großen Weltkrieg U-Boot-Kommandant, studierte dann Theologie internen Herausforderungen: Welche Aufgaben erwarten und gehörte als Pfarrer in Berlin zu den Gründern der die evangelische Kirche in einer Gesellschaft, die mehr Bekennenden Kirche gegen den Nationalsozialismus. Das und mehr durch Zuwanderer aus anderen Ländern Kulturen brachte ihm sieben Jahre Konzentrationslager bis zum und Religionen geprägt sein wird? Wie wird sich der demo- Kriegsende ein. Nach dem Krieg widmete er sich unermüd grafische Schwund von etwa 200.000 Mitgliedern auf ihre lich der Aufgabe, für Frieden und Versöhnung zu werben wirtschaftliche Situation auswirken? Welche Schwerpunkte und gegen Atomwaffen und Aufrüstung zu kämpfen. der kirchlichen Arbeit sollen auch dann noch unbedingt Auch in den folgenden Jahrzehnten hat sich die erhalten werden? Wie viele Pfarrerinnen und Pfarrer wird EKHN immer wieder für Themen starkgemacht, um die in die EKHN haben, wenn ab 2017 viele von ihnen in den der Öffentlichkeit heftig gestritten wurde. Ob es um die Ruhestand gehen werden? Klar ist: Die EKHN wird dann Bekämpfung von Rassismus ging oder Asylpolitik, um den immer noch flächendeckend präsent sein. Aber wie viele Ausbau des Frankfurter Flughafens, die Gleichstellung von Gemeinden wird es dann – sinnvollerweise – noch geben und Frauen und Männern oder die wachsende Kluft zwischen wie werden die Strukturen in Dekanaten und Propsteien Arm und Reich in der Bundesrepublik: Die Diskussion aussehen? darüber beschäftigte immer wieder viele Gemeinden und führte nicht selten zu engagierten Erklärungen der Kirchensynode, die auch eine politische Wirkung entfalteten. In dieser Tradition steht heute zum Beispiel das Viele Fragen sind im Detail zu diskutieren und zu klären. Viele Antworten zeichnen sich erst in Umrissen ab. Sicher ist: Das Evangelium von Jesus Christus wird weiter in den Gemeinden und auf vielen anderen Wegen verkündet Engagement der EKHN-Synode und vieler Gemeinden gegen werden. Und bleiben wird auch der urprotestantische Weg, den zunehmenden Fluglärm des Flughafens Rhein-Main so viele mündige Christen wie möglich in das Gespräch über durch die neue Landebahn und veränderte Flugrouten den Weg der Kirche einzubeziehen. ebenso wie die Initiativen gegen den Lärm durch den wachsenden Bahnverkehr auf den Strecken im Rheintal. Hierher gehören auch die Wortmeldungen der EKHN zu wirt12 n Juni 2011, Pfingsten Open-Air-Gottesdienst auf dem Römerberg in Frankfurt Toleranz und Fair Play Wie präsentiert sich die evangelische Kirche in einer weltoffenen, internationalen, aber kaum mehr religiös geprägten Stadt? Wie mischt sie sich ein mit ihrem traditionellen Angebot ins öffentliche Gespräch? – Am Pfingstmontag feiern die Frankfurter ein großes internationales Fest. Die Kirchen sind dabei, mit einem längst schon traditionellen ökumenischen Gottesdienst auf dem Römerberg. Auch 2011, im Jahr der Fußballweltmeisterschaft der Frauen in Deutsch land: wenige Wochen vor Beginn der Spiele im pfingstlichen Geist von Fair Play, Toleranz und Völkerverständigung. T ypisch Frankfurt: Zwei Japanerinnen stehen regen, doch das stört niemanden. Für die einen ist dies das zusammen unter einem Minischirm und wippen traditionell an diesem Tag stattfindende interreligiöse und zur Musik, eine Gruppe Ordensfrauen schaut interkulturelle Fest – für andere der spezielle Akzent dieses sich erwartungsvoll um. Ein dunkelhäutiges Jahres: die Fußball-WM der Frauen. Paar, das einen guten Platz vor der großen Bühne gefunden hat, klatscht im Takt. In ihren traditionellen Gelebte Integration – auch in der Kirche? afrikanisch-farbenprächtigen Gewändern strahlen sie eine Das Motto »Dabei sein können alle« spielt auf ein kurzes fröhliche Stimmung aus. Zweitausend Menschen jeden Video an, das mit der Nationalmannschaft der Frauen Alters, national und religiös kunterbunt gemischt, strömen produziert worden ist. Am Schluss des Films sagt Trainerin an diesem Pfingstmontag auf den Römerberg, um gemein- Silvia Neid: »Mitspielen wollen viele – dabei sein können sam den ökumenischen Pfingstgottesdienst 2011 unter alle.« Gabriele Scherle, Pröpstin für die Region Rhein-Main, freiem Himmel zu erleben. Noch tröpfelt leichter Niesel formuliert daraus eine nachdenkliche Frage: »Unsere 13 spielen können«. Jetzt gleich nämlich sind sie selbst auf der Bühne Botschafterinnen des Mädchenfußballs und viel zu aufgeregt, um weiter Interviews geben zu können. Mit ihrem Trainer haben sie überlegt, wie sie die Liturgie mit Balljonglage unterstützen können, und heftig dafür geübt. »Was auch immer passiert«, zwinkert der ihnen jetzt zu, »danach gehen wir Eis essen!« Nichts geht schief. Alles klappt wunderbar. Während der Liturgie kommt Begeisterung unter den Teilnehmern auf, die Dialogpredigt von Kirchen präsident Volker Jung und der kurhessischen Prälatin Marita Natt mündet in eine Luftballonaktion, die auf die Gemeinde überspringt. Nur der orthodoxe äthiopische Pfarrer verzieht keine Miene. Seine Meinung zum OpenAir-Gottesdienst? Er lächelt diplomatisch: »Es geht.« Klar ist: So eine offene Veranstaltung zählt für ihn nicht als echter Gottesdienst. Die meisten sehen das anders. Ein kalifornischer Pfarrer aus San Francisco hat auf der Bühne einen Teil der Pfingstbotschaft auf Englisch vorgetragen deutsche Mannschaft mit Frauen aus vielen verschiedenen Herkunftsländern steht für gelebte Integration. Wir here!« Ungewöhnlich sei es, herrlich, »the Spirit«, den als Kirchen fragen uns: Gilt das auch für uns? Sind wir auf Heiligen Geist zu spüren und das in Verbindung mit Fuß- einem guten Weg, bewegt vom Geist Gottes, Herzen und ball. Auch der katholische Stadtdekan Johannes zu Eltz Türen zu öffnen für die Menschen um uns herum?« ist angetan: »Es imponiert mir sehr, wie offen Pfarrer Die Musik verbindet als roter Faden die Botschaften Eckert auf die Menschen und deren Belange reagiert. der Menschen, die auf der Bühne zu Wort kommen. In Das gehört auch zum Heiligen Geist: dass es nicht so abge- diesem Jahr trägt sie ganz deutlich die Handschrift von standen ist.« Studenten- und Stadionpfarrer Eugen Eckert. Bei solchen Open-Air-Veranstaltungen ist er in seinem Element. Die Band Habakuk, zu der er selbst gehört, die Posaunenchöre der Propstei und die professionellen Bläser von Blech pur spielen wunderbar zusammen. Ein Höhepunkt dieses Pfingstmontags ist das Gespräch mit Steffi Jones, der Präsidentin des Organisations komitees der Frauen-WM. Als sie ans Mikrofon tritt, ist nur noch das Klicken der Journalistenkameras zu hören. Weltweit hat sie als Botschafterin für die WM geworben, darunter in den USA, Japan, Korea, Nigeria. Eugen Eckert fragt: »Auch als Botschafterin für Menschenrechte?« Steffi Jones lächelt. »Ja natürlich. Ich bin in Frankfurt groß geworden und habe mich hier wohlgefühlt. Ich weiß auch, dass man diskriminiert werden kann. Aber: Fußball bedeutet für mich immer: Integration, Toleranz und Fair Play.« Als dann noch der Frankfurter Stadtkämmerer hinzugebeten wird und erklärt: »Wir sind das Herz des Frauen fußballs, darauf sind wir stolz!«, brandet stürmischer Beifall auf. »Great to be here!« Auch die neun- bis14-jährigen Nachwuchsfußballerinnen aus Hanau und Gelnhausen jubeln mit. »Das ist neu – und neu ist immer gut«, findet die elfjährige Julia. Die gleich altrige Celina ist vor allem stolz darauf, dass »gleich ganz viele Leute sehen können, dass Mädchen auch gut Fußball 14 und ist noch ganz bewegt: »It’s wonderful, so great to be n Juni 2011, Hessentag Traumkirche und Musical »Ursula« auf dem Hessentag in Oberursel Gottes Farben Kirche gehört unter Menschen. Vom Hessentag ist die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Seit vielen Jahren wartet sie dort mit einem vielfältigen Programm auf. Im Jahre 2011 lockte sie Besucherinnen und Besucher in die aufwendig umgestaltete Traumkirche und in die Uraufführung eines Musicals über das Leben der Namenspatronin der gastgebenden Stadt, die als christliches Vorbild verehrte Ursula. M agenta, grün und blau schillern die Orgel pfeifen der Oberurseler Christuskirche, Orchideen werfen bunte Schatten. Auf der Empore laden riesige Kissen zum Entspannen ein. Dazu wehen zarte Instrumentalklänge durch den Raum. Am Kirchengewölbe pulsieren Farblicht wellen. Sachte, sachte scheint das Dach zurückzufahren, es gibt Raum für den Nachthimmel. Sterne funkeln auf, Wolkenbilder ziehen vorbei. Ein Traum? Nein, eine Licht projektion. Sie eröffnet einen Raum für Träume, eine Traumkirche. Die Christuskirche präsentiert sich ver wandelt durch Pflanzen und Licht. Komplett mit weißen Tüchern verhüllt, auf denen sich bunt die Schatten von beleuchteten Orchideen abzeichnen, bietet sie ein unge wohntes Kirchengefühl, eine Atmosphäre zwischen Felsendom und Exotarium. Im Säulengang des Mittelschiffs ist ein Sinnenparcours aufgebaut, der mit dem Duft von Lilien und Äpfeln lockt oder dem Tasterlebnis von Pflanzen blättern und Birkenrinde. »Kirchen werden oft als eine Art Museum erlebt. Wir wollen erreichen, dass die Kirche die Menschen im Hier und Jetzt berührt«, sagt Wolfgang Weinrich, Hessentags beauftragter der EKHN. Dafür hat er das Modell »Themen kirche« entwickelt. Die Gestaltung ist auf jedem Hessentag einem theologischen Thema gewidmet, das im Alltag der Menschen eine wichtige Rolle spielt. Wie das Träumen. Albträume, schöne Träume oder Wunschträume begleiten Menschen in allen Lebenslagen. Die Bibel hat viel zum Thema Träume zu sagen, aber eigenartigerweise kommt das in der Kirche nur selten zur Sprache. Hier setzen die Themenkirchen an, mit Überraschungen aus der Bibel, der Mittlerin zwischen Irdischem und Göttlichem. Mehr als 130.000 Besucher in zehn Tagen Die knapp 100 Jahre alte Oberurseler Christuskirche ist die dritte evangelische »Themenkirche« auf einem Hessentag. Für zehn Tage findet in dem völlig umgestalteten Raum eine Art Dauergottesdienst statt, oft mit nur wenigen Worten, 15 dafür aber umso vielfältigeren Anregungen für die Sinne. erfrischtem Sinn. Das bezeugen die Gästebucheinträge: Und es gibt Andachten, Konzerte, Lesungen, Kabarett, »Dem Himmel ein wenig näher: Gottes Farben sind bunt, Impulse zum Nachdenken und jeden Abend ein Nachtgebet. heißen uns willkommen.« »Ein Ruhepol im Alltag« und Und stets ist die Kirche dicht gefüllt. Oft warten dichte »Sehr schön – super jugendlich – angenehm: Chill-Kirche!« Menschentrauben auf Einlass, mehrfach müssen die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer den Strom der Besucher Ursula – eine Geschichte von der Liebe anhalten, damit das Gebäude den Ansturm bewältigen kann. Vorher hätte wohl kaum jemand in Oberursel die Geschichte An diesen herrlichen Frühsommertagen werden der heiligen Ursula erzählen können. Aber die Hessentags schließlich mehr als eine Million Menschen in Oberursel besucher und viele Einheimische sind neugierig. Zweimal gewesen sein. Weit mehr als 130.000 von ihnen werden die sind die knapp 2.000 Plätze in dem riesigen Hessentagszelt Kirche neugierig betreten haben. Manche setzen sich gleich fast ausverkauft. Es wird für alle eine große Überraschung. nach dem Eintreten auf einen der Holzstühle und staunen. Die Zuschauer erleben routinierte Schauspieler und den Andere erklimmen die ächzenden Holzstufen, genießen Saal füllende, geschulte Stimmen, professionelle Kostüme den Blick von oben und entdecken die Kissen direkt vor der und eine schlichte, aber pfiffige Bühnenausstattung. Orgel. Dort lässt sich das Spiel der Farben besonders entspannt beobachten. Doch nicht jeder ist sofort begeistert. Bernd Beck Mit Verve erzählt das Musical eine verzwickte Liebesgeschichte. Denn die Liebe hat viele Spielarten. So ist die zwischen Menschen etwas anderes als die Liebe zu Gott. aus der Oberurseler Gemeinde gesteht: »Erst konnte ich mir Es geht um die uralte Legende von der Prinzessin Ursula. Der das gar nicht vorstellen, aber jetzt – gefällt es mir doch.« Er Feldherr Conan will sie zu seiner Frau machen. Er möchte gehört in dieser Hessentagswoche zu jenen, die täglich ein mit ihr eine neue Siedlung und ein neues Fürstengeschlecht grünes Helfer-T-Shirt überziehen und in der Kirche als gründen. Als König von Cornwall, Ursulas Vater, steht Ansprechpartner bereitstehen. Die Beobachtungen des Oberursels Bürgermeister Georg Brum auf der Bühne. Mit 60-jährigen aus den ersten Tagen: »Die Jungen finden sichtlicher Freude verkündet er, was der Autor des Musicals, das gut, aber Ältere verstehen oft nicht, dass man sich der Oberurseler Pfarrer Fabian Vogt, ihm in den Mund legt: in der Kirche so ›hinfläzen‹ darf. Manche rennen einfach »Wer wollte nicht für eine bessre Gesellschaft kämpfen?!« nur schnell durch, aber die meisten lassen sich auf die Installation ein und bleiben.« Wer sich dann wieder auf den Besonders Frauen sind angetan Weg nach draußen macht, geht mit leuchtenden Augen und Allein, Ursula hat einen Schwur getan: Ihre Liebe und ihr Leben will sie ausschließlich Gott und dem Glauben widmen. Dabei bleibt sie und gerät jedes Mal in Rage, wenn irgend- Traumkirche Vorbereitungszeit: ein Jahr Hauptamtliche: sieben n Ehrenamtliche: 250 n Mitwirkende: 600 n Veranstaltungen: mehr als 50 n Sponsoren: Zimmer + Rohde, Stadt Oberursel, Dekanat Hochtaunus n Kooperation: Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck, Diakonisches Werk Hochtaunus n Arbeitstage vor Ort: zwölf n Kosten für die EKHN: 135.000 Euro n Besuchende: über 130.000 n n 16 ein Mann meint, über ihr Leben bestimmen zu können. Das ist witzig und frech inszeniert und weckt besonders bei den Frauen im Publikum große Sympathie. Die pointierten Dialoge ernten immer wieder Szenenapplaus. Doch die Zeiten sind unruhig und der Fall verwickelt: Ursula reist mitsamt ihren Zofen und Conans Soldaten Richtung Bretagne und gerät nach stürmischer Irrfahrt bei Köln mitten in die Eroberung der Stadt durch die Hunnen. Hunnenkönig Attila ist von der streitbaren Prinzessin entzückt und macht ihr ein verlockendes Angebot: Wenn Ursula ihn heiratet, wird er die Einwohner Kölns am Leben lassen. Heilige durch und durch, bleibt sie standhaft und das Schicksal der armen Kölner scheint besiegelt. Doch am Ende der frommen Legende und des Musicals rettet Ursulas Glaubenstreue einem Großteil der Städter doch das Leben und treibt die Hunnen in die Flucht. Jessica Simon, die Ursula von Cornwall Gesicht und Stimme gibt, nimmt am Schluss stehende Ovationen entgegen. Mehr als »Oberurseliges« Der Autor des Musicals, Fabian Vogt, ist nicht nur Pfarrer in »Mit dem Musical wollten wir Stoff zum Nachdenken über Oberursel, sondern außerdem Musiker und Kabarettist, und Liebe und Glauben liefern und im Programm ein lokales »Ursula« ist nicht sein erstes Musical. Auch die anderen Glanzlicht setzen«, sagt Fabian Vogt. »Außerdem fanden Akteure sind keine Anfänger. Musikalische Farbe und Tiefe wir, dass das Programm des Oberurseler Hessentags noch geben dem Stück ein wogender 120-köpfiger Chor und elf etwas Eigenes braucht, etwas Oberurseliges.« Das fanden Musiker. Aus wenigen Requisiten – etwa einem dicken die Menschen wohl auch. Anfang Oktober wurde das Seil – entsteht die Illusion eines schwankenden Schiffs. Musical wegen der großen Nachfrage noch einmal aufge Die Liebe selbst schwebt als Tangopaar durch die Szenerie. führt. Die Gruppe Sweet Fire Devils tanzt Meereswellen, spielt Bedienstete des Hunnenkönigs oder gibt Träumen Gestalt. n Hessentagsmusical »Ursula« Mitwirkende: 160 Vorbereitungszeit: ein Jahr n Proben: vier Tage n Zuschauer: 6.000 n n Eine Hörprobe sowie Informationen über CD oder DVD finden Sie unter www.ursula-das-musical.de. 17 Juli 2011 Gottesdienst auf der Schleuseninsel in Runkel an der Lahn Regen macht nichts Gottesdienste im Grünen erfreuen sich – meist im Sommer – steigender Beliebtheit. Der enge Kontakt zur Umgebung öffnet vielen ein tieferes Gespür für die Natur als Schöpfung und für das Leben als Geschenk Gottes. Die Schleuseninsel in Runkel mitten in der Lahn bietet dafür einen besonders geeigneten Ort. Gottesdienstbesucher werden mit historischen Holzbooten dorthin gerudert. N ebelschwaden hüllen die Runkeler Burg ein. Nur hin und wieder ist durch den leichten Nieselregen ein Blick auf den mächtigen Berg fried möglich. Es ist ein Sonntagmorgen Ende Juli, eigentlich sollte die Sonne bei sommerlichen Temperaturen vom Himmel strahlen, wie es in den vergangenen Jahren immer der Fall war. Denn die evangelische Kirchengemeinde feiert ihren Gottesdienst auf der Schleuseninsel in der Lahn. Seit etlichen Jahren ist das so. »Die ganze Gemeinde, ja das ganze Dorf freut sich auf diesen besonderen Gottesdienst. Im Sommer mitten in der Natur unter hohen alten Bäumen umgeben von Wasser Gottesdienst zu feiern«, sagt ein Besucher. Dies ist etwas Besonderes. »Die Nähe zu Gott, der Wert der Schöpfung ist hier viel sinnlicher, direkter erfahrbar als in der doch eher dunklen Kirche.« Deshalb sind dieser und andere Freiluftgottesdienste besonders gut besucht. – Auch wenn es regnet. Pfarrer Carsten Adams und viele fleißige Helfer des Vereins RunkeLahner haben vorgesorgt. Ein großes Zelt bietet Schutz, nicht nur für die Gemeinde, auch für die Pfarrerband Level 32 des Dekanats Runkel. Während diese »Down by the Riverside« intoniert, machen die Runke Lahner am Ufer ihre historischen Nachen los. Die hölzernen Ruderboote haben die Vereinsmitglieder gebaut. Sie kommen nur zu besonderen Gelegenheiten zum Einsatz. Das ganze Dorf ist versammelt Eine dieser Gelegenheiten ist der Gottesdienst. Das Zelt ist bis auf den letzten Platz gefüllt, als er beginnt. Viele, vor allem jüngere Menschen, die keinen Platz mehr gefunden haben, singen draußen auf der feuchten Wiese das Eingangslied mit: »Großer Gott, wir loben dich«. Gottesdienst im Freien, sagen auch die anwesenden Konfirmanden, macht viel mehr Spaß als in der Kirche oder im Gemeindehaus. Für die RunkeLahner ist der Gottesdienst ein Höhepunkt ihres 18 Freiluftgottesdienste Im Bereich der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau gibt es etwa 280 Orte, an denen Freiluftgottesdienste stattfinden. Die »Saison« beginnt traditionell mit Himmelfahrt (2011 gab es hier allein 54 Gottesdienste) und reicht bis zur Waldweihnacht. Letztere erfreut sich zunehmender Beliebtheit. und ist eine gute Gelegenheit, die Nachen zu nutzen. Orte: überall, wo es schön ist! Beispielsweise auch n in Frankfurt-Riedberg, Bonifatiusbrunnen Geodaten: 50° 17’ 68” Nord, 8° 63’ 82” Ost n in Frankfurt-Dornbusch, Kirchplatz Geodaten: 50° 14’ 03” Nord, 8° 67’ 34” Ost n am Glaskopf/Taunus (ab Juni jeden Sonntag) Geodaten: 50° 12’ 54” Nord, 8° 25’ 46” Ost n im Freilichtmuseum Hessenpark, Neu-Anspach/Taunus (ab Juni mehrmals im Monat) Geodaten: 50° 31’ 56” Nord, 8° 53’ 91” Ost n in der Andachtsstätte »Not Gottes« im Erbacher Brudergrund, Erbach (Odenwald) Geodaten: 49° 67’ 20” Nord, 8° 99’ 36” Ost Pfarrer Adams hat 2007 sofort zugesagt, als der Verein ihn Weitere Informationen finden Sie auf www.freiluftkirche.de. Vereinslebens. Er »krönt unser Fest ›Fährmann hol’ über‹« bat, einen Gottesdienst auf dem Fest zu feiern. Inzwischen, das bestätigt der Ortsvorsteher, kommt »das ganze Dorf, wie man sieht, auch bei Regenwetter«. Gottesdienste in der EKHN 2011 In seiner Predigt greift der Pfarrer einen Gegen stand auf, der mit Wasser, Boot fahren und Gefahr zusammenhängt: den Rettungsring. Der hilft in gefähr lichen Situationen. Ein Ruderer oder Schwimmer braucht ihn nicht ständig, aber er weiß: Wenn ich ihn mal brauche, kann ich mich daran festhalten. Ein Bild für den Glauben. Invokavit (Beginn der Passionszeit im Februar) Karfreitag n Erntedank n Erster Advent n Heiligabend n Längst ist das letzte Lied gesungen, der Pfarrer hat den Segen gesprochen, aber viele aus der Gemeinde sitzen immer noch im Zelt. Die Pfarrerband lädt zum Mitsingen ein, manche diskutieren über die Predigt, andere genießen n 57.775 73.889 135.757 82.141 532.613 Der Gottesdienstbesuch sinkt parallel zur Mitgliederzahl leicht. Seit Jahrzehnten besuchen etwa vier Prozent der Mitglieder den Gottesdienst. einfach noch die Natur. Es hat aufgehört zu regnen. Die Burg Runkel erhebt sich inzwischen gut sichtbar über dem Lahntal. Die RunkeLahner sind zufrieden. Niemand ist ins Kindergottesdienste im Jahr Teilnehmende pro Sonntag, durchschnittlich n Kinderbibelwochen Teilnehmende n Wasser gefallen, trotz des Wetters gibt es nur strahlende Gesichter und ihr Gottesdienst war einfach wieder feierlich und schön. Insgesamt wurden im Jahr 2011 an den Sonn- und Feiertagen 72.689 Gottesdienste gefeiert. Allein an Heiligabend waren es 2.846. Fünf Mal im Jahr werden die Gottesdienstbesucher/-innen gezählt: 19.636 9.458 606 18.594 n 19 August 2011 Tauffest am Langener Waldsee Ein unkonventionelles Angebot Im Kamelhaarmantel stieg Johannes der Täufer in den Jordan und taufte die Menschen, die zu ihm kamen. Acht Pfarrerinnen und Pfarrer des Dekanats Dreieich taten es ihm gleich – statt Kamelhaarmantel trugen sie Talar. Und statt in den Jordan stiegen sie in den Langener Waldsee südlich von Frankfurt, bekannt durch den alljährlichen Start des Ironman-Triathlons. Dort tauften sie 47 Kinder und zwei Erwachsene. D ie achtjährige Lilian Dann trägt ein kurzes weißes Kleid. Sie rollt das Faltblatt mit den Liedtexten zu einem Fernrohr und betrachtet das Ohr ihrer Oma neben sich. In der Mitte des weißen Zeltes steht Dekan Reinhard Zincke in seinem Talar vor einem provisorischen Altar mit weißen Rosen darauf. Er erzählt von den Tauben, die eigentlich eine Plage sind. In der Geschichte von der Arche Noah aber bringt eine Taube Menschen und Tieren die gute Nachr icht der Rettung. Das Zelt auf einer Wiese oberhalb des Sees ist voll besetzt mit Familien, die heute ihre Kinder am Langener Waldsee taufen lassen wollen. Die offenen Türen geben den Blick frei auf den See und den sandigen Weg, den Lilian gleich hinunterlaufen wird. Gemeinsam mit ihrem kleinen Bruder, ihren Eltern, ihren Großeltern und ihrem Paten. Ihr Pate trägt einen Anzug, Krawatte und Lederschuhe. Und damit will er gleich mit ihr zusammen ins Wasser? Na ja, wenn er meint. Schlagzeug, Gitarre und Keyboard setzen ein: »Gott hält die Welt in seiner Hand.« Ein Lied, das man schon nach den ersten Tönen gut mitsingen kann. Die zusammen gewürfelte Gemeinde steht auf, singt mit, hebt die Hände für die Pantomime zu jeder Zeile. Lilian drückt ihrer Oma das Faltblatt in die Hand und springt auf die Bank. »Er hält auch dich und mich in seiner Hand«, singt sie laut und zeigt dabei auf ihren Opa und dann sich selbst. Dann wird Lilian Dann aufgerufen, sich auf den Weg hinunter zum Wasser zu machen. So beschäftigt sie vorher mit ihrem Papierfernrohr war, so ruhig und konzentriert wirkt sie jetzt. Mutter und Vater nehmen sie an der Hand. Der Vater ist evangelisch, die Mutter katholisch. Sie haben ihr in den vergangenen Monaten die Unterschiede zwischen den Konfessionen erklärt. Sie sind mit ihr in Gottesdienste gegangen und haben alle ihre Fragen beantwortet. Dann hat sich Lilian entschieden: Sie möchte evangelisch getauft 20 Taufen in der EKHN 2011 n n Kindertaufen Erwachsenentaufen 12.621 1.245 werden. Und zufällig kam das Angebot der Gemeinde: Wie wäre eine Taufe unter freiem Himmel? Mit vielen anderen zusammen? Ein anderer Zugang zum Glauben und zur Kirche Im Dekanat Dreieich war das Angebot eines Tauffestes am Waldsee unter freiem Himmel zunächst umstritten. Man solle doch kirchliche Rituale nicht durch sporadische Events in einer Spaßkultur ersetzen, hieß es. Dekan Reinhard Zincke teilte diese Befürchtungen nicht. Er hielt dagegen. Taufen wie zu Jesu Zeiten seien vielmehr ein »missionarischer Akt«, sagt er. »Dadurch eröffnen wir Menschen einen anderen Zugang zum Glauben und zur Kirche.« Im Vorjahr hatte man mit einem solchen Tauffest in Darmstadt gute Erfahrungen gemacht. Jeweils sieben Familien gleichzeitig drängen sich nun aus dem Zelt heraus und strömen Richtung Wasser. Insgesamt werden heute 47 Kinder zwischen vier Monaten und 13 Jahren sowie zwei Erwachsene an Taufbecken am Waldsee und im Waldsee selbst von Pfarrerinnen und Pfarrern des Dekanats Dreieich getauft. 21 Das große Fest am Waldsee ist Höhepunkt und Abschluss dieses zweijährigen Projekts, das die Kirchengemeinden in Neu-Isenburg, Dreieich, Langen und Egelsbach zusammen durchlebt haben. »Taufe heißt die Zusage: Du bist ange nommen, so wie du bist«, sagt Reinhard Zincke. Gottes Zusage geht über herkömmliche Grenzen und Konventionen hinaus. Deshalb reiche die Taufe viel weiter als nur bis zur Kerngemeinde im Ort. Die offene Taufe am Waldsee spricht auch viele Patchworkfamilien an, die mit ihren durcheinander gewirbelten Familienstrukturen ein konventionelles Fest fürchten. Es ist auch eine Hilfe für Menschen, die nicht verwurzelt sind in einer Gemeinde, für Alleinerziehende, Der 100 Meter lange Weg zum Wasser ist mit rot-weißem konfessionsverbindende Paare und mittellose Eltern, die Absperrband und Kordeln markiert. Weiße und lilafarbene ein traditionelles Tauffest scheuen, hat Reinhard Zincke Wimpel mit dem Facettenkreuz der Evangelischen Kirche erfahren. Die Taufe am Waldsee sieht er als ein nieder in Hessen und Nassau wehen im Wind. Links und rechts schwelliges Angebot. Die evangelische Kirche müsse mehr des Wegs blicken Badegäste des Sees neugierig auf das davon schaffen, sagt er. »Wir müssen die Mobilität der Geschehen. Menschen berücksichtigen.« Er denkt dabei auch an jene, die sich nicht trauen, vor einer ihnen unbekannten »Taufe heißt die Zusage: Du bist angenommen ...« In den Jahren 2010 und 2011 hat sich das Dekanat Dreieich Gemeinde Taufe zu feiern. In Gottesdiensten für Familien zu Beginn des mit dem Thema »Taufe ist ...« beschäftigt. Zum Programm Themenjahrs hatten Getaufte ihre Taufsprüche auf manns- gehörten eine Ausstellung in der Langener Stadtkirche zum hohe Stoffbahnen geschrieben. Heute hängen diese Thema Taufe und eine Diskussionsrunde in Götzenhain mit Bahnen an den Seitenwänden des weißen Zelts am Waldsee, dem Thema »Was bedeutet Taufe für mich und mein Leben?«. wo die Familien darauf warten, dass ihre Kinder zur Taufe gerufen werden und wo die Pfarrerinnen und Pfarrer den Täuflingen ihre eigenen Taufsprüche mit auf den Weg geben. Lilian Dann und ihre Familie stehen am Rande des Wassers. Unter einem orangefarbenen Schirm ist ein kleiner runder Tisch aufgebaut. Lilians Taufkerze steht darauf. Lilians ist aufgeregt, sie knetet ihre Hände. Zusammen mit Pfarrerin Martina Schefzyk läuft sie ins Wasser, bis es ihr bis zur Hüfte reicht. Sie beugt ihren blonden Haarschopf nach vorne. Ihr Pate im schwarzen Anzug steht daneben, er hat seine Hosenbeine hochgekrempelt. Die Pfarrerin benetzt Lilians Kopf mit Waldseewasser, legt ihr die Hände auf und spricht einen Segen. Lilian ist getauft. Sie ist jetzt evangelisch. Ihren anspruchsvollen Taufspruch hat sie sich selbst ausgesucht: »Liebt eure Feinde; tut wohl denen, die euch hassen; segnet, die euch verfluchen; bittet für die, die euch beleidigen.« (Lukas 6,27 f.) Sie nimmt ihre Taufkerze entgegen, ihre Eltern küssen sie. Lilian hat sich entschieden. 22 n August 2011 Konfirmandenprojekt des Dekanats Wiesbaden Cooles Camp 650 Konfirmanden sowie rund 190 ehren- und hauptamtliche Helfer machten sich im August 2011 auf in den Westerwald: Dort, in Westernohe, auf dem Gelände der Deutschen Pfadfinder schaft St. Georg, fand für zweieinhalb Tage das elfte Wiesbadener Konficamp statt. Entwickelt wurde das Camp als toller Auftakt zu Beginn der Konfirmandenzeit, bei dem die Jugendlichen erleben können: Wir sind viele und die Kirche hat auch jungen Leuten etwas Tolles zu bieten. Im vergangenen Jahr beteiligten sich 37 von 43 Gemeinden des evangelischen Dekanats Wiesbaden: ein neuer Rekord! Damit organisiert das Dekanat Wiesbaden das größte Konfirmanden lager in Deutschland. A strid Stephan sieht es auf ihrem Computer schon morgens kommen: »Es wird am Abend ein Gewitter geben, die Frage ist nur, ob vor, während oder nach dem Gottesdienst.« Doch noch ist früher Vormittag in Westernohe, auf dem Gelände der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg. Die Sonne scheint vom Himmel und Pfarrer Roland Falk von der Auferstehungsgemeinde aus Wiesbaden-Schierstein sagt zu seinen Schützlingen: »Ihr müsst euch dringend noch ein cremen!« Die zwölf Konfirmanden seiner Gemeinde bewohnen im Campbereich »Nazareth« zwei weiße Zelte, eins die Jungen, eins die Mädchen. Ein eigenes Zelt gibt es für die Teamer: die beiden Tanjas, Studentinnen und seit Kindheitstagen beste Freundinnen, sowie Markus, Bürokaufmann und engagierter Jugendgruppenleiter. Nach dem Frühstück sind die Konfirmanden und ihre 140 ehrenamtlichen und 50 hauptamtlichen Helfer in der Camparena ins morgendliche Programm gestartet. Zu sind, stellt sie dann die Frage: »Würdet ihr manchmal aber den rockigen Klängen der Band haben sie gesungen und mit auch gerne alles hinschmeißen und einfach weggehen?« großen Stoffbahnen einen leuchtend-tanzenden Regen Und diese Frage führt direkt zum Thema der Gruppenarbeit bogen in den Sitzreihen gebildet. Das Publikum ist ein in den »Minicamps« der einzelnen Konfirmandengruppen. buntes Meer: Alle tragen eigens gestaltete farbige T-Shirts mit selbst gewählten Campmottos auf dem Rücken. Die »Blaukappen« führen ein kurzes Anspiel auf. Sich im Vertrauen auf Gott auf den Lebensweg machen 15 Minuten haben die Konfirmanden, um aufzuschreiben, Um Israel, das Volk Gottes, geht es, das in Ägypten in der was ihnen in ihrem derzeitigen Leben gefällt und was Knechtschaft litt und von Moses in die Freiheit geführt nicht. Und sie sollen ihre Zukunft ausmalen: Was macht wurde. In der zweiten Szene schnauzt ein Vater seine ihnen Angst, was ermutigt sie? Dafür gilt es, Symbole zu Töchter an: »Hey, ihr Faulpelze, ihr sollt aufräumen!« – finden, die auf einen überdimensionalen Pappfuß gemalt »Ist zu Hause aufräumen auch Sklaverei?«, hakt die Stadt- werden sollen. Benita zum Beispiel hat den Pappfuß- jugendpfarrerin nach. Auch wenn schnell klar wird, dass nägeln eine Regenbogenlackierung verpasst: »Das steht Sklaverei und das – manchmal vielleicht stressige – Leben für die Hoffnung.« Stadtjugendpfarrerin Astrid Stephan: in einer heutigen Familie nicht miteinander zu vergleichen »Wir setzen auf Elementarisierung.« Die Botschaft dieser 23 arbeit. »Wir pflegen ein sehr offenes Miteinander.« Er und die Teamer seien »nicht gerade Mama und Papa – aber so etwas Ähnliches«. Täglich 1.700 Brötchen Zum Mittag gibt es Reis mit Putencurry und Gemüse. Nach dem Essen geht’s zum Geschirrspülen. Jeder ist für seinen Teller zuständig. Im Küchenzelt füllt derweil Jörg Kreyscher heißes Wasser in einen riesigen Kaffeefilter. Auch er ist ein Camporganisator der ersten Stunde: Im normalen Leben ist er Mitarbeiter eines Telekommunikationsunternehmens und hier für die Verpflegung zuständig. Zu seinen Stamm lieferanten zählt er eine Metzgerei, die das warme Mittag essen bringt, aber auch eine kleine Bäckerei aus Westernohe. Am Nachmittag stehen Sport und Kreativität auf dem Programm. Es gibt Mitmachangebote: Fußball- und Volleyballturniere, Kletteroptionen, wie ein zwischen Bäumen gespanntes »Spinnennetz« aus Tauen, dazu zahlreiche Workshops, in denen die Konfis Kronkorkenohrringe, Lederschmuck und Jonglierbälle herstellen, Taschen filzen didaktischen Vereinfachung des Inhalts auf einen Teilaspekt: »Du kannst dich voller Vertrauen auf Gott auf oder Specksteine bearbeiten können. deinen Lebensweg machen.« Roland Falk, seit zehn Jahren Pfarrer in der Schier- Unterdessen ist Astrid Stephan in der Arena mit der Vor- Gespräche. Er sieht seine Rolle vor allem in der Beziehungs bereitung des Gottesdienstes beschäftigt. Zahllose Füße Konfirmationen in der EKHN 2011 n Konfirmationen 18.357 Nahezu alle getauften 14-Jährigen lassen sich auch konfirmieren. Die Zahlen von Taufen und Konfirmationen sind seit Jahren aufgrund der geringeren Geburtenzahlen rückläufig. 24 Der Sturm kommt steiner Gemeinde, nutzt die Gelegenheit für persönliche Interview mit Achim Hoock, Leiter und Mit-»Erfinder« des Konficamps Wenig Schlaf muss man aushalten Wie kommt man darauf, ein solches Riesencamp zu Wie bereiten Sie so etwas vor? Ihr Computer ist vermutlich voll organisieren? von Listen? H oock : »Die Idee dazu ist 1999 im Kollegenkreis ent H oock : »Ich glaube, jeder im Kernteam hat x Listen in standen. Damals schlossen sich drei Wiesbadener Dekanate seinem Computer. Wir haben Verantwortungsbereiche unter zu einem zusammen. Schon vorher gab es in den Dekanaten uns aufgeteilt und fangen fast ein Jahr im Voraus mit der Konfirmandentage, wir haben uns überlegt, wie wir daraus Planung an. Verschiedene Arbeitsgruppen bereiten einzelne etwas Gemeinsames machen können. Angefangen haben wir Themen vor. Inzwischen haben wir natürlich auch viel im Jahr 2000 mit 21 Gemeinden und 250 Konfirmanden.« Erfahrung, das erleichtert die Organisation ungemein.« Inzwischen sind 37 von 43 Gemeinden dabei. Welche Rolle spielt Führung? »Ich würde eher von Leitung sprechen. Natürlich Worin liegt der Reiz einer Großveranstaltung zum Auftakt der H oock : Konfirmandenzeit? braucht es bei einer Veranstaltung dieser Größenordnung H oock : »In Zeiten, in denen sie selbst immer weniger werden, erleben die Jugendlichen hier: Wir sind viele! Das definierte Entscheidungsstrukturen. Wenn es darauf ankommt, müssen klare Entscheidungen getroffen und ist etwa in der Arena zu spüren, wenn wir gemeinsam befolgt werden. Diesen Konsens brauchen wir – auch wenn Gottesdienst feiern und alle zusammen singen. Und sie wir auf der anderen Seite Wert darauf legen, in der Vor- und erfahren, dass christlicher Glaube Spaß machen kann. Nachbereitung Raum für Diskussionen zu geben und viele Zugleich ist dafür gesorgt, dass die Konfirmandengruppen Stimmen einzubeziehen.« auch unter sich bleiben können und Gelegenheit haben, als Gemeinschaft zusammenzuwachsen.« Was muss man als Campleiter mitbringen? So ein Camp bindet natürlich Ressourcen in der Jugendarbeit. Wenig Schlaf muss man aushalten, daher ist eine gewisse H oock : Warum lohnt es sich – trotz knapper Mittel? H oock : »Es lohnt sich immer wieder, das merken wir an »Ruhe und Geduld, auch wenn es hoch hergeht. körperliche Robustheit von Vorteil. Der Tag beginnt morgens um sieben und geht bis etwa eins, wenn wir die den Rückmeldungen der Konfirmanden, die unglaublich letzte Runde machen, auch mal drei Uhr, da bleibt nicht viel viel mitnehmen. Auch von den Gemeinden bekommen wir Zeit zur Regeneration.« ein gutes Feedback. Das Camp ermuntert viele dazu, sich ehrenamtlich zu engagieren – das allein ist schon etwas Was sind Momente, die Sie im Gedächtnis behalten? Wertvolles. Wir haben zahllose Jugendliche, die seit Jahren H oock : als Teamer dabei sind und in ihrem Einsatz immer wieder die, wenn wir beim Gottesdienst in der Arena ein Gebet über sich hinauswachsen.« sprechen – und Hunderte Jugendliche sind ganz still.« »Die bewegendsten Momente sind immer wieder n 25 aus den Gruppenarbeiten warten schon ausgebreitet auf Dann herrscht überall im Camp Ruhe. Alle haben einen dem Boden, die Band probt. Um 15 Uhr ist ein Treffen mit trockenen Schlafsack gefunden, die meisten sogar noch in den Hauptamtlichen angesetzt. Zur Sicherheit zieht die den Zelten, andere sind in feste Quartiere umgezogen. Hält Campleitung den Gottesdienst auf 19.30 Uhr vor, doch kaum so ein Gewitter davon ab, ein solches Camp noch mal zu sitzen die knapp 900 Teilnehmer und Mitwirkenden in der organisieren? »Niemals«, ist die Stadtjugendpfarrerin Arena, gießt es wie aus Eimern. Kommando zurück in die überzeugt. Das Konficamp ist fest etabliert in Wiesbaden, Notquartiere. Der neue Wiesbadener Dekan Dr. Martin die Nachfrage ist groß – doch nicht alle Gemeinden fahren Mencke ist als Gast dabei und staunt, wie wohlgeordnet mit. Manche bleiben lieber unter sich in ihren Gemeinden Hunderte Jugendliche ihren Weg finden. oder scheuen das Zelten als begleitende »Rotkappe«. Die Begleitpersonen und die Konfis der Auferste- Eine Stunde harren alle in den Gebäuden aus und werden kurzweilig von den Blaukappen unterhalten. Der hungsgemeinde aus Schierstein sind jedenfalls sehr Gottesdienst muss ausfallen, doch die später angesetzte angetan. Ihre einhellige Meinung zum Camp: »Cool.« Disco kann stattfinden. Die Stimmung ist prächtig. »Das Warum? – Louisa: »Weil wir hier zusammensitzen, was kriegt kein Erlebnispädagoge hin«, kommentiert Gemeinde lernen und Spaß haben.« pädagoge Achim Hoock den ungeplanten Verlauf. n Farbige Kappen und eingespielte Teams: Ordnung im Megacamp D rei Faktoren bestimmen den Erfolg der Konficamps, programm, geben Essen aus und sind unverzichtbare selbst bei schlechtem Wetter: hohes ehrenamtliches Stützen der Organisation. Als Betreuer und Teamer der Engagement, eine professionelle Organisation und einzelnen Gruppen reisen rund 100 »Rotkappen« an, eine ausgeklügelte Logistik. Die Arbeitsteilung der rund darunter zahlreiche Pfarrerinnen und Pfarrer. Alle werden 190 Organisatoren und Helfer zeigt sich an der Farbe ihrer intensiv auf ihren Einsatz vorbereitet. Die Konfirmandengruppen bilden auf dem 40 Fuß- Schirmmützen: Das Kernteam um die Stadtjugendpfarrerin Astrid Stephan und den Gemeindepädagogen und Camp ballfelder großen Pfadfindergelände eigene »Minicamps«. leiter Achim Hoock trägt schwarze Kappen. Rund 80 »Blau Ein kleines Campheft erleichtert die Orientierung. Darin kappen«, die selbst einmal als Konfi teilgenommen haben, findet sich ein Lageplan mit allen wichtigen Stationen bauen die Zelte auf und ab, betreuen das tägliche Camp wie Campbüro, Essenszelt oder Erste-Hilfe-Zelt. Auch das Programm, das von einer »Gameshow« über ein Nacht Das Wiesbadener Konficamp in Zahlen n n n n n 26 650 Konfirmandinnen und Konfirmanden aus 37 Kirchengemeinden 190 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon 140 Ehrenamtliche elf Tonnen Material (zwei voll beladene Lkw und vier Kleinbusse mit Anhänger) 90 Schlafzelte und sechs Aufenthaltszelte, Bühne und Technik rund 2.000 Äpfel, 160 Kilo Brot, 3.500 Brötchen, 40 Kilo Marmelade, 18 Kilo Kaffee und Tee, 80 Kilo Wurst, 90 Kilo Käse, 250 Kästen Wasser geländespiel bis zu einem »riesigen« Gottesdienst reicht. Es gibt klare Campregeln, etwa zum Thema Mülltrennung oder zum Sauberhalten der Toiletten. Drogen jeglicher Art sind verboten. Die Hauptmahlzeiten werden im Dreischichtenbetrieb organisiert. Kalter und warmer Tee steht jederzeit zur Verfügung, darüber hinaus kann sich jeder Teilnehmer am Campkiosk versorgen. Der reguläre Teil nahmebeitrag für das Camp beträgt 55 Euro, rund 20 Euro pro Person schießen Dekanat, Stadt und Kirchengemeinden dazu. n September 2011, Tag des offenen Denkmals Die Ringkirche in Wiesbaden Gebauter Glaube Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ist mit ihren wertvollen Kulturgütern ein wichtiger Akteur beim »Tag des offenen Denkmals«. Dieser Tag der Deutschen Stiftung Denkmalschutz stand 2011 unter dem Motto »Romantik, Realismus, Revolution – das 19. Jahrhundert«. Mit auf dem Programm: die Wiesbadener Ringkirche, ein typisches und zugleich höchst originelles 120 Jahre altes Baudenkmal, das zu den Wegweisern des modernen evangelischen Kirchenbaus gehört. D ie Ringkirche auf einer von Straßenarmen umschlungenen Insel direkt am viel befahrenen Wiesbadener Kaiser-Friedrich-Ring ist ein architektonisches Überraschungspaket: Ihr Äußeres lässt anderes erwarten, als drinnen folgt – selbst Kenner werden da schnell irregeführt. Pfarrer Ralf-Andreas Gmelin legt seine Hand an das wuchtige Gemäuer. Es ist Sonntagnachmittag, ein noch sommerlichwarmer Septemberwind weht. Zur Führung am Tag des offenen Denkmals sind gut drei Dutzend Besucher gekommen. »Von außen ist die Ringkirche eine relativ brave Basilika«, stellt Gmelin fest. Ein Baudenkmal des Historismus mit mittelalterlicher Anmutung. Aber von innen präsentiert sich die Kirche ganz anders: als rund wirkender Zentralbau mit überraschend modernen Akzenten. »Diese Kirche verdankt sich praktischen Überlegungen zum evangelischen Gottesdienst«, erklärt Gmelin. In ihrer Mitte ist alles versammelt, was dazugehört: »Altar und Kanzel, Chorempore und Orgel.« Von jedem Platz aus – der Pfarrer macht eine weite Handbewegung – kann man gleicher maßen gut sehen und hören. »Form follows function« Die Grundidee zu einer solchen Anordnung entwickelte Martin Luther vor 500 Jahren, indem er ein »Priestertum aller Gläubigen« forderte. Für die Form der Kirchen blieb das zunächst folgenlos. Am Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte man Luthers Forderung neu: Alle sollten gemeinsam und gleichberechtigt Gottesdienst und Sakramente in einem einheitlichen Raum feiern, nicht wie in der katholischen Tradition des Mittelalters Klerus und Volk getrennt durch eine Wand vor dem Altarraum, dem sogenannten Lettner. Man rückte bei Kirchenneubauten den Altar in die Mitte des Raums, möglichst auch Orgel und Kanzel dazu. Die Gemeinde sollte von allen Seiten freien 27 Zugang zum Wort Gottes und zum Abendmahl haben. Die Wiesbadener Ringkirche wurde mit dieser Innen architektur Ende des 19. Jahrhunderts zum Modell für viele andere Kirchen. Grundlage für diesen Baustil war das »Wiesbadener Programm« des Wiesbadener Pfarrers Emil Veesenmeyer. Niemand ahnte damals, dass hier ein späterer Grundgedanke der Architektur-Moderne vorausgedacht war: »Form follows function« – die Form ergibt sich aus der Funktion. Die Gäste der Kirchenführung, die es sich anfangs auf den kunstvoll im Halbrund geschwungenen Kirchen bänken bequem gemacht haben, müssen nur nach vorne schauen, um zu verstehen, was gemeint ist: Die Ringkirche erhebt die liturgische Teilhabe der Gottesdienstbesucher zum architektonischen Prinzip und betont die Gleichwertig Gebäude in der EKHN 2011 Kirchen n Gemeindehäuser n Pfarrhäuser n Kindertagesstätten n sonstige Gebäude n keit von Sakrament und Verkündigung, von Priester und 1.287 974 973 309 611 4.154 Die meisten Gebäude sind Eigentum der Kirchengemeinden. Lediglich 59 Gebäude gehören der Landeskirche. Neun von zehn Kirchen in der EKHN stehen unter Denkmalschutz. Laie. Das, so Gmelin, »ist vielleicht das Revolutionärste an diesem Bauwerk«. Zugleich steht es in einer alten Tradition: Denn schon im Barock gab es den Kanzelaltar. »Ich spüre, dass ich hier in einer Kirche bin« Als Erstling dieser Wiederentdeckung ist die Ringkirche aber auch »ein Kompromiss«, das kann Gmelin in der Fortführung des Rundgangs verdeutlichen. Mittelalterlich wirken nicht nur die zahlreichen gotisch-romanischen Stilelemente, mittelalterlich mutet auch die eher dunkle Grundstimmung der Kirche an. »Ohne zusätzliches elektrisches Licht kann hier keiner ein Liederbuch lesen«, sagt Gmelin. Eine »düstere Kirche«, das ist auch eine der häufigen Rückmeldungen der Führungsteilnehmer. Elke Flentge, seit zehn Jahren Vorsitzende des Kirchenvorstands der Ringkirche, musste sich anfangs ebenfalls daran gewöhnen, dass es hier, abgesehen von den zurückgesetzten farbigen Rundfenstern über den Emporen, »kein Fenster zum Rausschauen gibt«. Möglicherweise hat das stark gedämpfte Licht aber sogar seinen Wert, weil es den Kirchenraum vom Alltäg lichen abhebt? Die Meinungen dazu gehen auseinander. »Ich spüre, dass ich hier in einer Kirche bin«, sagt Irene Scherer, 78 Jahre, aus Dotzheim. Gisela Hielscher, die 1946 in der Ringkirche getauft wurde, findet es im Gottesdienst raum ebenfalls düster, aber darauf kommt es ihr gar nicht so an: »Was diese Kirche ausmacht, das ist das Gefühl des Dazugehörens.« Vor allem wenn der Raum voll ist und beim Abendmahl, »dann ist das spürbar«. Die Reformatorenhalle ist heute ein Café Die Ringkirche wartet noch mit einer anderen Überraschung auf. Dort, wo man ihren Haupteingang vermutet – zu Füßen der Türme und zur Straße hin –, sucht man ihn nämlich vergebens. Er befindet sich exakt auf der gegenüberliegenden Seite. Auch das ist ein Kompromiss: Nur so ließen sich kirchenbauliche Vorschriften und städteplanerische 28 Vorgaben in Einklang bringen. Die Vorgaben sahen einen nach Osten ausgerichteten Altar vor. Aber auch die Türme sollten nach Osten ausgerichtet werden und als optischer Abschluss der Rheinstraße dienen, die breit auf die Kirche zuläuft. Hinter dem Altar aber kann es keinen Eingang geben. Dennoch ist der Eingangsbereich bei den Türmen repräsentativ gestaltet, sodass einige Teilnehmer der Führung ihn automatisch gewählt haben. Dort gelangten sie als Erstes in die Reformatorenhalle. Ursprünglich war diese Halle offen, heute, nach einer umfassenden Kirchen sanierung, ist sie mit einer großen gläsernen Tür versehen und beherbergt das Kirchencafé. Elke Flentge, die Vorsitzende des Kirchenvorstands, schätzt den neu gewonnenen Raum, nicht zuletzt »weil es der einzige in dieser Kirche ist, aus dem man wirklich rausschauen kann.« n Mehr Informationen: Ralf-Andreas Gmelin: »Der Dom der kleinen Leute. Kirchenführer und Baugeschichte. Ein Porträt der Wiesbadener Ringkirche, ihrer Baugeschichte und Architektur«, herausgegeben im Auftrag des Kirchenvorstands, Wiesbaden 2008 (3. Auflage). 29 September 2011 Radio Wein-Welle zum Weinfest in Groß-Umstadt am Nordrand des Odenwalds Sechs Tage Ausnahmezustand Mit großem Enthusiasmus organisierte die Jugendarbeit des Dekanats Vorderer Odenwald das Projekt Radio Wein-Welle. Über 100 Rundfunkbegeisterte schufen zum sechsten Mal ein viel gehörtes Radioprogramm zum Groß-Umstädter Weinfest: große Wirkung bei kleinem Budget. A uf den XXL-Werbeplakaten ist Matthias Meitzler zu sehen. Er hält seinen Daumen nach wichen dem Mischpult, den Mikrofonen, den Kopfhörern oben. Mit Radio Wein-Welle erfüllt er sich und all den Menschen, die jetzt sechs Tage lang ein und aus einen Traum: »Ich wollte als Kind immer gehen. Stündlich tauschen Techniker, Moderatoren und Radiomoderator werden«, sagt er. Jetzt darf er Studiogäste im fliegenden Wechsel die Plätze – immer dann, es. Der 27-jährige Soziologe traute sich 2011 zum ersten wenn für wenige Minuten das rote Sendelicht vor der Tür Mal, richtig mitzumachen, und durfte auch gleich drei erlischt: Ausnahmezustand für sechs Tage auf Sendung. Sendungen moderieren. In der Sendung »Kultur und Kirche« sprach er mit Gästen zum Beispiel über das Thema Tod. Die evangelische Kirche ist mit ihrem Radio mitten drin im Fest und bietet eine Plattform über alle Keine leichte Kost für ein Volksfest. Aber es funktionierte. Generationen hinweg. Das Fest stiftet Identität für die »Bei Radio Wein-Welle wird zwar auch, aber nicht nur Party ganze Stadt. Das Radio hat daran mittlerweile einen maß- gemacht«, sagt Dekanatsjugendreferent Rainer Volkmar. geblichen Anteil. Groß-Umstadt ist sonst eher ein ruhiger Damit das Radio überhaupt senden kann, musste 30 kreuz durfte an der Rückwand hängen bleiben. Seine Möbel Ort ohne große Vorkommnisse. Aber das Winzerfest und Rainer Volkmar sein Büro im Dekanatssitz, vor Ort als Radio Wein-Welle schieben die Kleinstadtidylle für sechs Darmstädter Schloss bekannt, räumen. Nur das helle Holz- Tage beiseite. Obwohl das Radio das traditionelle Winzerfest 2011 erst zum sechsten Mal begleitet hat, ist es in der Region schon selbst eine Tradition. Es ist nicht irgendein Spruch: »Deine Region, dein Anteil bekommen wir über Spenden und Sponsoring«, sagt Rainer Volkmar. Und je beliebter Radio Wein-Welle werde, desto einfacher fiele es auch den vielen Sponsoren und Radio!« Jeder darf mitmachen, darf lernen, Radio zu Privatpersonen aus der Region, Geld zu geben. Die Stadt machen, darf sich einbringen: als Redakteur, Moderator, Groß-Umstadt beteiligt sich mit einer Ausfallbürgschaft. Rainer Volkmar hat Radio Wein-Welle ins Leben Techniker, Webmaster oder Reporter. Ob Anfänger, Fort geschrittener oder Profi, jeder darf sich seine Nische suchen gerufen und damit einen Nerv getroffen, nicht nur bei den und das beisteuern, was er kann oder möchte. Es ist tatsäch- Jugendlichen: Die jüngste Mitarbeiterin ist zwölf Jahre alt, lich das Radio der Region. der Älteste ist 70. »Das Winzerfest ist hier so etwas wie die »Die Menschen nehmen sehr deutlich wahr, dass wir Datumsgrenze«, sagt Rainer Volkmar. Ausgewanderte als evangelische Kirche dieses Radio Wein-Welle veran kommen nicht an Weihnachten zurück, sondern für das stalten«, sagt Rainer Volkmar. Genau deshalb engagiert sich Fest. Und Menschen, die am Fest nicht da sein können, auch das Dekanat jedes Jahr neu beim Groß-Umstädter nehmen über Radio Wein-Welle teil. Denn das sendet auch Mitmachsender: Kirche als Plattform für Austausch. Denn über das Internet. »Viele Grüße aus Schwaben«, »aus auch wegen der großen Anzahl an beteiligten Ehrenamt Georgia in Atlanta«, »aus Neuseeland« ist im Gästebuch zu lichen und Gästen schalten viele Leute den Sender ein. Sie lesen. »Ihr seid spitze«, »so cool«, »danke, dass es euch haben ständig die Chance, über den Äther oder das Netz gibt«. n Familie, Freunde oder Bekannte zu hören. Die Qualität ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen: Ausrüstung und Erfahrung wachsen mit dem Engagement der Ehrenamtlichen. Und alles machen sie selber. Der 17-jährige Tobias Neidig hat gemeinsam mit anderen eine Internetseite für Radio Wein-Welle aufgebaut. Mitmachen wollte er, nachdem er in seiner Schule einen Aushang für das Eventradio entdeckte. So wie er kamen auch andere dazu, brachten ihre Freunde und ihr Können mit. Wie es sich für einen Radiosender mit breiter Hörerschaft gehört, läuft viel Musik. In der Sendung »Damals und heute« stellen Ältere Musik aus vergangenen Jahrzehnten vor, die Sendung »Plopp« lädt neue Bands ein und lässt sie live im Studio spielen. Morgens und abends halten Pfarrer kleine Andachten. In der Sendung »Begegnungen« erzählen Menschen ihre ganz persönlichen Geschichten und in der Sendung »Nachgefragt« sind die Vereine der Region sowie die Sponsoren an der Reihe und berichten von ihrer Arbeit – die Sparkassenvertreter genauso wie die Jugendfeuerwehr. Rund 11.000 Euro kostet der Betrieb des Eventradios. 1.000 Euro davon investierte das Dekanat selbst, 2011 zahlte die EKHN Stiftung weitere 1.000. »Doch den größten Junge Radiomacher In Hessen senden derzeit mindestens sieben Initiativen und Vereine ein sogenanntes Veranstaltungsradio. Dazu zählt auch das Hessentagsradio, das jedes Jahr das größte Volksfest in Hessen begleitet. Der überwiegende Teil dieser Radioinitiativen ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Veranstaltungsradios und wird von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau unterstützt. Die evangelische Hörfunkschule Frankfurt fördert die Radiomacher durch eine professionelle Ausbildung: Einmal im Jahr beteiligen sich rund 70 Jungjournalistinnen und -journalisten am »Ausbildungsradio« auf UKW. In zwei Wochen schnuppern die Teilnehmer in alle Jobs beim Radio, ob als Reporter, Redakteur oder Moderator. Auch das multimediale Handwerkszeug lernen die Jugendlichen im Medienhaus, zum Beispiel in der Video- oder in der Onlineredaktion des Ausbildungsradios. Gemeinsam mit der evangelischen Journalistenschule in Berlin zeichnet die Hörfunkschule jetzt junge Radiomacher auch mit einem Radiopreis aus: Der »Hinhörer« ist in diesem Jahr zum ersten Mal vergeben worden – auf die Gewinner wartet ein Wochenendworkshop in der Hauptstadt Berlin. Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter www.derhinhoerer.de oder www.hoerfunkschule-frankfurt.de. 31 September 2011 Interkulturelle Woche in Offenbach Kein Kuschelkurs, sondern gegenseitiger Respekt Offenbach ist das, was man einen »Schmelztiegel« nennt. Menschen aus 140 Nationen leben hier. Der Anteil an Einwanderern liegt bei 65 Prozent. Seit 15 Jahren feiert Offenbach die Interkulturelle Woche, die 1975 unter dem Titel »Woche des ausländischen Mitbürgers« von den Kirchen ins Leben gerufen wurde. Eine der treibenden Kräfte ist jedes Jahr das e vangelische Dekanat. Interkulturelle Woche I m Freiluft-Kunstatelier werden Mitarbeiterinnen des Spielmobils der Jugendkunstschule von Mädchen belagert. Sie zeigen den Kindern, wie man aus Trockenbohnen, Pappe und Farbe ein Menschärgere-dich-nicht-Spiel bastelt oder aus einem Nylonstrumpf und einem Drahtkleiderbügel einen Feder ballschläger. Im vergangenen Jahr hat Diplompädagogin Stephanie Ludwig, die Organisatorin des Fests, auch die griechische Gemeinde und den deutsch-türkischen Freund schaftsverein mit ins Boot geholt. Daraus ist ein Höhepunkt des Kinderfests geworden: die Tanzvorführung der Kinder. Etwa 200 kleine Fest besucher spielen und toben im Park, bis schließlich die Stunde des Zusammenrückens für den großen Kreis um die Tanzenden kommt: Stolz zeigen die griechischen Kinder in schwarzen Hosen und weißen Hemden oder Blusen ihr Können. Was zunächst nach einfachen Wechselschritten aussieht, erweist sich bei näherem Hinschauen als komplizierte Schrittfolge, die gar nicht so einfach nach zumachen ist. Nach ihnen sind die türkischen Kinder am Zug und führen zuletzt einen Tanz vor, bei dem die Mädchen effektvoll die Haare zurückwerfen. Die Erwachsenen, die drum herum im Kreis stehen, sind entzückt, klatschen und wiegen sich im Takt. Selten sieht man griechische und türkische Nachbarn gemeinsam so gelöst und mit so viel Freude an einem Fest teilnehmen. Kooperationspartner finden und Orte für Dialoge schaffen Das Kinderfest ist eine von vielen Veranstaltungen der Interkulturellen Woche in Offenbach und es »funktioniert nur deshalb so gut, weil sich hier alle Beteiligten gut vernetzen«, sagt Stephanie Ludwig, während sie ein buntes Schwungtuch ausbreitet. Kooperationspartner finden und Orte für Dialoge schaffen – genau das ist das Ziel der Inter32 Die Interkulturelle Woche, bis in die 90er-Jahre »Woche des ausländischen Mitbürgers«, wurde 1975 von der evangelischen Kirche, der Deutschen Bischofskonferenz und der Verwaltung der griechisch-orthodoxen Kirchen in Deutschland (Metropolie) ins Leben gerufen. Seit 1991 hat sich die Bezeichnung »Interkulturelle Woche« eingebürgert. Sie wird von den Gewerkschaften, Wohlfahrts verbänden, Kommunen, Ausländerbeiräten und Integrations beauftragten, Migrantenorganisationen und Initiativgruppen mitgetragen. Unter dem Motto »Zusammenhalten – Zukunft gestalten« finden jährlich bundesweit von Mitte September bis Anfang Oktober rund 4.000 Veranstaltungen an etwa 400 Orten statt. Das Ziel: die angeblich unversöhnlichen interreligiösen und interkulturellen Gegensätze aufzubrechen und durch gemeinsame Aktivitäten Begegnung zu ermöglichen. Offenbach feiert seine Interkulturellen Wochen seit 15 Jahren. kulturellen Woche. Zu den Kooperationspartnern des Kinderfests gehören, neben den beiden großen christlichen Kirchen, der Stadtjugendring Offenbach und der Kinder schutzbund. Kooperation heißt hier wie überall: Arbeitsund Kostenteilung. Nicht jeder muss eine Rollenrutsche anschaffen, die hat die Kolpingfamilie und die evangelische Jugend baut sie auf. Die wiederum muss keine Hüpfburg haben, denn ein solches Spielgerät hat das Stadtjugendamt im Gepäck und diesmal sogar das Jugendkunstmobil als zusätzliche Attraktion gemietet. Beim Kinderfest sieht man dunkel- und hellhäutige Kinder, hört man neben deutschen auch russische, türkische und englische Wörter. Für eine gute Nachbarschaft ist es wichtig, ins Gespräch zu kommen. Pfarrerin Anja Harzke ist im Dekanat Offenbach für Interreligiöses zuständig und sagt: »Es reicht nicht, einfache Infoveranstaltungen oder Tage der offenen Tür zu machen – es geht um viel mehr: um gegenseitige Infor mation und Begegnung. Wir suchen nicht den Kuschelkurs, sondern gegenseitigen Respekt.« Dafür bietet die Inter kulturelle Woche Gelegenheit – bei engagierten Debatten und bunten Festen mit leckerem Essen. 33 »Wir haben viel mehr Gemeinsames als Trennendes« Hasan Temiztürk weiß, dass es nicht leicht ist, echte Die »offene Stadtkirche« lädt zum Verweilen ein. Manche kommen vorbei, um eine kleine Auszeit vom Stadttrubel Kommunikation und Begegnungen anzustoßen. Der Kalli- zu nehmen und zu beten. Drinnen begegnen die Ruhe graf ist einer der interkulturellen Akteure der Stadt, die suchenden den strahlend türkisblauen Bildern von Hasan sich in den letzten 15 Jahren sehr gut kennen- und gegen- Temiztürk, die er während der Malaktion hier ausstellt. seitig unterstützen gelernt haben. Seit Jahren beteiligt er Bilder, die zunächst als Moschee, stilisierte Hand oder als sich an christlich-muslimisch-jüdischen Veranstaltungen. abstrakte Gemälde wahrgenommen werden, erweisen Gern hat er der Offenbacher Dekanin Eva Reiß die Teil sich bei näherem Hinsehen als kunstvoll kalligrafierte nahme an einer Malaktion vor der offenen Stadtkirche zu- muslimische Gebete. »Es ist ein großes Geschenk für mich, gesagt. dass ich meine Schriftkunst und meinen Glauben verbinden »Wir haben viel mehr Gemeinsames als Trennendes«, kann«, sagt Temiztürk. Im kommenden Wintersemester ist Temiztürk überzeugt. »Ich bin zuversichtlich, dass die wird er als bundesweit erster Dozent für Kalligrafie Kurse für jungen Menschen die Kommunikationsschwelle bald über- die rund 200 islamischen Theologiestudenten der Frank winden werden. Sie kennen mehrere Kulturen, sie haben furter Goethe-Universität geben. nicht mehr das sprachliche Problem.« Er selbst wurde in der Türkei geboren, wuchs in Schwaben auf und ist mit einer Deutschen verheiratet. Dekanin Eva Reiß lässt die großen Bilder, die vor der Kirche entstehen, in Kunststoffhüllen gleiten. Dann hängt sie sie an einer Nylonleine auf, die rund um die Kirche gespannt ist. Dort bleiben sie. Auch über Nacht »und niemand vergreift sich daran«. Das macht sie stolz. Das Viertel und die Anwohner rund um die Innenstadtkirche liegen ihr am Herzen. Die Wege Gottes sind verschlungen Eine ihrer Aufgaben als Pfarrerin ist die offene Stadt kirchenarbeit. Reiß lädt auch Muslime zum Beten ein. Sie betrachtet es als Zeichen – und »als Geschenk« –, dass das Kirchenfenster nicht mit Heiligenbildnissen geschmückt ist, sondern mit einem Text aus der Thora: »Herr, du bist mein Gott ...« Als feministische Theologin würde Eva Reiß Gott nicht unbedingt mit »Herr« anreden. Aber in diesem Fall liegen die Dinge anders. »Gerade dieser Text ermöglicht es uns Christen und den Muslimen, unter ihm gemeinsam zu beten.« Das wäre Muslimen unter dem Abbild von Menschen nämlich sonst verboten. Reiß lächelt: »Die Wege Gottes sind verschlungen.« Draußen vor der Kirche werden Gesprächsfäden geknüpft: Ein Teheraner bleibt stehen und spricht mit Temiztürk über die aktuelle Lage im Nahen Osten. Eine Bulgarin schreibt »Ortak yol« in ihrer Muttersprache und eine Spanierin schüttelt den Kopf: »Nein, mit der Kirche habe ich nichts zu tun.« Dann aber diskutiert sie mit über Unter dem Motto »Ortak yol«, türkisch für »Gemeinsame Israel und Palästina und erklärt, wie schlimm sie es finde, Wege« lädt er nun zusammen mit Dekanin Eva Reiß die dass die Völker so unsensibel miteinander umgehen. Eine Passanten vor der Stadtkirche zum Malen und Kalligrafieren Brasilianerin gesellt sich hinzu und lacht, als ein deutscher ein, also zum künstlerischen Gestalten von Schriftzeichen. Passant schwungvoll und kreativ einen arabischen Schrift- Einer Frau, die stehen bleibt, um ihm zuzuschauen, ver- zug imitiert und dazu ein Boot mit zwei Liebenden malt. sichert der Künstler: »Die arabische Schrift ist ganz einfach. »Pst«, sagt sie verschwörerisch, »nicht verraten, ich kann In zwei Stunden können Sie Ihren Namen s chreiben.« Arabisch.« Es geht sogar noch schneller und währenddessen erzählt er ihr und weiteren Neugierigen, was Orient und Okzident Es scheint, als übertrage sich die Herzlichkeit und Ruhe des rundlichen Schriftkünstlers auf die Passanten. gemeinsam haben. Goethe zum Beispiel sei ein begeisterter Eva Reiß hängt Bild um Bild an die Kirchenwand. Jetzt hat Anhänger der islamischen Literatur gewesen, habe viele die Spanierin doch noch etwas aufgeschrieben. »Ortak Yol« Stücke nachgedichtet. hat sie für sich in »El camino de la paz« übersetzt: »Der Weg des Friedens«. 34 n September 2011, Erntedankfest Die Dekanatskonferenz Gladenbach auf einem Milchviehbetrieb Kuhstall trifft Kirche Auslandsimporte und Agrarfabriken machen den mittelständischen bäuerlichen Familien betrieben in Hessen das Leben schwer. Jeder Landwirt muss sich längst am Weltmarkt orientieren. Viele Betriebe kommen nur mit äußerster Anstrengung über die Runden. Pfarrerinnen und Pfarrer im Dekanat Gladenbach besuchten zum Erntedankfest den Bauernhof von Kurt Werner. Sie wollten lernen, die Schwierigkeiten hessischer Landwirte besser zu verstehen. Es sollte auch ein Signal an die Bauern sein: Wir nehmen eure Probleme wahr. D er Bauernhof liegt an diesem Septembermorgen noch im Nebel. Die Pfarrerinnen und Pfarrer – meist in Gummistiefeln und Regenjacke – warten fröstelnd auf den Beginn der Führung. Bei ihnen sind auch Erwin Koch, Vorsitzender des Kreisbauernverbands Marburg-Biedenkopf, und Dr. Maren Heincke, die Agrarreferentin aus dem Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Landwirt Werner beginnt seine Führung mit dem Herzstück seines Hofs: dem Kuh stall. Es riecht streng, die Fliegen sind überall. Der Bauer will seinen Besuchern zeigen, wie er die Kühe jeden Morgen auf die Weide treibt. Das aber ist angesichts der vielen fremden Gesichter gar nicht so einfach. »Es gibt nichts Neugierigeres als Kühe«, lacht Werner. Seine Kühe verbringen den ganzen Tag auf der Weide und werden erst abends zum Melken wieder in den Stall getrieben. Anderswo stehen sie den ganzen Tag im Stall. Dabei ist das Weiden ein Grundbedürfnis der Kuh, das auch ihr Immunsystem stärkt. Die gute Behandlung der Kühe auf Werners Hof trägt Früchte: Mit einer Milchleistung von 9.100 Kilogramm pro Kuh und Jahr liegt der Hof weit über dem hessischen Durchschnitt. Das Sterben der Bauernhöfe in Hessen ist eine Folge des Aber dahinter steckt harte Arbeit mit vielen starken strukturellen Wandels der Landwirtschaft während Problemen. »Mehr als sechs oder sieben Euro in der Stunde der letzten 50 Jahre. Natürlich sind davon auch die Kirchen verdiene ich nicht«, erklärt der Landwirt seinen Besuchern. hier vor Ort betroffen, erklärt Dekan Matthias Ullrich. Sein Hof ist ein echtes Familienunternehmen: Zusammen »An den Höfen hängen doch Menschen und Schicksale aus mit seiner Frau leitet er den Betrieb, seine erwachsenen unseren Gemeinden.« Aber die Landwirte sind nicht nur Kinder packen mit an, wenn es nötig ist. Werner ist Realist. ein Teil dörflicher Tradition und der gewachsenen länd Auf die Frage, wie er sich die Zukunft des Hofs vorstellt, lichen Kultur. Auch unter ökologischen Gesichtspunkten ist antwortet er: »Wenn meine Frau und ich nicht mehr melken es viel sinnvoller, in der Region zu produzieren und lange können, müssen auch die Kühe gehen.« Erwin Koch, der Transportwege zu vermeiden. Vorsitzende des Kreisbauernverbands, meint: »Heutzutage Landwirt Kurt Werner engagiert sich im Bundes machen sich Bauern mehr Gedanken um ihre Zukunft als zu verband Deutscher Milchviehhalter und setzt sich für Zeiten des Feudalismus.« Projekte ein, die traditionellen bäuerlichen Betrieben 35 helfen. Aber nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch das Leben in der Gemeinde ist ihm wichtig. Er singt im Kirchenchor, seine Frau arbeitet am Kindergottesdienst mit. Er wünscht sich eine klare Position der Kirche zu seinen Problemen: »Die Kirche sollte mehr Rückgrat zeigen und eindeutig Stellung beziehen – auch für ihre Mitglieder hier vor Ort.« Auch Dekan Matthias Ullrich, der selbst auf einem Bauernhof aufwuchs, sieht eine tiefe Verbindung zwischen Landwirtschaft und Kirche: »Landwirtschaft ist nicht bloß ein Produktionszweig wie jeder andere, denn sie arbeitet mit Pflanzen und Tieren – und damit mit der Schöpfung Gottes. An Erntedank machen wir uns – nicht nur in ländlichen Regionen – bewusst, dass die Lebensmittel nicht aus dem Supermarkt kommen, sondern dass Gott sie wachsen lässt.« 36 n Interview mit der EKHN-Referentin Maren Heincke Der globale Markt kann unsere Landwirte nicht ersetzen D r. Maren Heincke arbeitet als Referentin für den Ländlichen Raum im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Das Tätigkeitsfeld der Diplom-Agrar ingenieurin reicht von Agrarpolitik über Flächenverbrauch bis hin zur Regionalentwicklung im EKHN-Gebiet. Außer- dann als windelweiche Ausweichstrategie gewertet. Auch dem arbeitet sie mit an Stellungnahmen der Evangelischen mit meinen Kollegen aus den entwicklungspolitischen Kirche in Deutschland (EKD) zu landwirtschaftlichen und Hilfswerken führe ich zum Teil kontroverse, jedoch stets bioethischen Themen. konstruktive Debatten, die einen wichtigen Bestandteil unserer guten Zusammenarbeit ausmachen.« Warum ist es so wichtig, traditionelle Landwirtschaft zu unterstützen? H eincke : »Landwirte leisten einen hohen Mehrwert für Welche Bedeutung hat Agrarpolitik gesellschaftlich? H eincke : »Aus meiner Sicht ist es extrem wichtig, dass ihre Region, den der globale Markt nicht ersetzen kann. man versteht: Agrarpolitik ist eine gesamtgesellschaftliche Sie erhalten die Traditionen, Artenvielfalt und Kultur Aufgabe und keine reine Sektorenpolitik. Landwirtschaft, landschaft ihrer Heimat. Zudem übernehmen Landwirte Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Konsumenten überproportional oft Ehrenämter, beispielsweise bei der müssen hier zusammenarbeiten, um Ergebnisse zu erzielen, Feuerwehr oder im Kirchenvorstand.« die allen nützen. Schließlich hat Agrarpolitik unmittelbare Auswirkungen auf viele Bereiche unseres Lebens – vom Wie hilft die Kirche diesen Landwirten? H eincke : Naturschutz bis zum Verbraucherschutz.« »Die Evangelische Kirche in Deutschland mischt sich deutlich in die Agrarpolitik der Europäischen Union mit ein. Im Oktober 2011 haben wir beispielsweise die EKD-Stellungnahme ›Leitlinien für eine multifunktionale und nachhaltige Landwirtschaft‹ veröffentlicht. Durch politische Äußerungen und Mitarbeit in Gremien beziehen wir Position für berechtigte Anliegen der Landwirte und unterstützen sie. Allerdings suchen wir gleichzeitig auch den kritischen Dialog mit dem landwirtschaftlichen Berufsstand.« Inwiefern kritischer Dialog? H eincke : »Als kirchliche Referentin habe ich einen doppelten Loyalitätsauftrag: Ich muss die Belange der deutschen Landwirte genauso berücksichtigen wie die Belange der Landwirte in Entwicklungsländern, Stichwort Entwicklungszusammenarbeit. Die Interessen beider Seiten stehen mitunter entgegen. Daraus ergeben sich auto Landwirtschaftliche Familienberatung Für Familien in Landwirtschafts- oder Winzerbetrieben hält die EKHN ein eigenes Beratungsangebot vor: Die landwirtschaft liche Familienberatung kennt sich mit ihren Problemen aus und kann bei Existenzgefährdung oder Ehekonflikten gezielt weiterhelfen. Im kostenlosen, vertraulichen Gespräch am Telefon, in der Beratungsstelle oder auf dem Betrieb besprechen ihre Mitarbeitenden mit den Betroffenen neue Perspektiven. Landwirtschaftliche Familienberatung in Rheinhessen und der Pfalz, Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung, Albert-Schweitzer-Straße 113 – 115, 55128 Mainz, Telefon (06131) 287440 matisch Zielkonflikte in einer globalisierten Welt, die ich versuche darzustellen. Häufig wird von den Gesprächs partnern jedoch erwartet, dass sich die Kirche einseitig für ihre Belange einsetzt. Meine Differenzierungen werden Ländliche Familienberatung in Hessen in Kooperation mit der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Elisabeth-Seitz-Straße 16, 34613 Schwalmstadt-Treysa, Telefon (06691) 23008 37 Wie steht die Kirche zum Tierschutz? H eincke : »Die öffentliche Diskussion über Tierschutz wird häufig entweder von extremen Tierrechtlern geprägt oder dessen zu fairen Erzeugerpreisen Fleisch kaufen, das aus besseren Haltungsbedingungen stammt. Das ist gut für die Tiere, die Landwirte und die Verbraucher.« von Organisationen, für die Tiere bloß ein ökonomisch zu optimierender Produktionsfaktor sind. Für die meisten Aber Sie empfehlen nicht, Vegetarier zu sein? Menschen sind Nutztiere jedoch ein ignorierter blinder H eincke : Fleck, der mit latenten Schuldgefühlen verknüpft ist.« generell ab. Wir verweisen auf die starken Fortschritte in Für welchen Umgang mit Nutztieren tritt die Kirche ein? Gleichzeitig verweisen wir auf die großen Defizite im »Die Kirche lehnt den Fleischverzehr nicht Teilen der Tierhaltung, zum Beispiel bei den Milchkühen. H eincke : »Als Kirche setzen wir uns für mehr Versach sollten jedoch nicht als Sündenböcke an den Pranger hohen Eigenwert und ein grundsätzliches Recht auf Leben gestellt werden. Denn über die Tierhaltungspraktiken haben. Schweine oder Rinder sind intelligent und zu entscheiden die Verbraucher, die Politik und andere massiv Emotionen fähig. Sie sollten deshalb möglichst tiergerecht mit. Sehr problematisch finde ich persönlich die verbreitete gehalten und so angst- und schmerzfrei wie möglich Vermenschlichung von kuscheligen Haustieren, während geschlachtet werden. Außerdem plädiere ich für die Rück- gleichzeitig das Leiden von Nutztieren weithin ignoriert kehr zum Sonntagsbraten – anstelle von entwertendem wird.« täglichen Massenkonsum. Weniger Fleisch essen und statt- 38 Bereich der Schweine- und Geflügelhaltung. Landwirte lichung ein: Nutztiere sind Geschöpfe Gottes, die einen n Oktober 2011, Reformationstag Luther-Oratorium in Worms Keine Musik für politisch Korrekte Die Reformation ist die Geburtsstunde der neuzeitlichen Kirchenmusik. Von Anfang an war die Musik in den reformatorischen Kirchen ein zentrales Mittel, um Glauben auszudrücken. Und daran hat sich bis heute nichts geändert, wie das Jahr der Kirchenmusik 2012 zeigt. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau eröffnete dieses Jahr in Worms mit der viel beachteten Uraufführung eines Oratoriums über Martin Luther. Seine 95 Thesen gegen die traditionelle Lehre der katholischen Kirche leiteten 1517 die Reformation ein. Das wird 2017 ein halbes Jahrtausend her sein und gebührend gefeiert werden, auch musikalisch. Der Countdown läuft. M artin Luther war kein Leisetreter, ganz im sogar der Kaiser persönlich 1521 in Worms mit dem »kleinen Gegenteil. Seine Sprache ist seine schärfste Mönch« befasste. Waffe, präzise und klar: »Rom, die große Hure Babylon und der Antichrist sind eins.« Aggressive, ja unflätige Worte. »Der Papst ist der Kuckuck. Er frisst der Kirche ihre Eier und scheißt Vinje lässt den Menschen Luther in seiner ganzen Widersprüchlichkeit durch eigene Äußerungen lebendig werden. Der Poet, Komponist und Gelehrte steht dem Polemiker und Zyniker gegenüber, dessen gewalttätige dagegen eitel Cardinäl aus.« Doch auch sich selbst gegen- Worte in der Tat zu Gewalt anregten – gegen Juden und über ist Luther kaum gnädiger, wenn er sich »alter, Bauern. Die Kontraste, grell und unvermittelt, spiegeln sich stinkender Madensack« nennt – »ich bin der reife Dreck, so in der Musik. Die berüchtigte Ablasspredigt Tetzels ist als ist die Welt das weite Arschloch«. Zirkuswalzer vertont und erinnert an den Klang einer Heutige Ohren, gewohnt an »politisch korrekte« Worthülsen, können solche Originalzitate peinlich berühren. Sie wirken immer noch peinlich, werden sie öffentlich vorgetragen. So wie jüngst im Oratorium »Luther – ein Lebensbogen«, einem Auftragswerk der Stadt Worms zum Beginn der Lutherdekade und dort am Reformationstag 2011 uraufgeführt. Kritische Stimmen meldeten sich zu Wort, besorgt um die Verletzung religiöser Gefühle in einer Stadt, in der neben 32.000 evangelischen auch 24.000 katholische Christen und Angehörige anderer Glaubensgemeinschaften leben. Die brachiale Seite des Reformators zu zeigen sei »dramaturgisch notwendig«, sagt der 43-jährige Komponist Jakob Vinje, der auch das Libretto zusammenstellte. Nur so könne das Publikum überhaupt nachvollziehen, wieso ein Hörproben des LutherOratoriums finden Sie unter www.ekhn.de/jahresbericht. »kleiner Augustinermönch« ins Zentrum der Geschichte geraten und die religiös-politische Weltordnung ins Wanken bringen konnte. Nichts lag ihm ferner, als »die Gefühle der Katholiken zu verletzen und dem Bestreben der Ökumene entgegenzuwirken«. Denn Luther wirkte nun einmal durch seine Worte, die, in gedruckter Form verbreitet, zur scharfen, wirksamen Waffe wurden. So wirksam, dass sich 39 Drehorgel. Wilde Rhythmen illustrieren den Streit der Ideen und Anschauungen auf dem Wormser Reichstag im dritten Bild des Oratoriums. Mit Elementen aus Musical und Filmmusik schafft der Komponist den »Lebensbogen« auch musikalisch. Imitations- und Kanontechniken huldigen der Kirchenmusik und lutherischen Chorälen: »Aus tiefer Not schrei ich zu dir« im ersten Bild zeigt den jungen Luther, der im Unwetter bei Todesangst sein Mönchsgelübde ablegt. Jahr der Kirchenmusik 2017 wird der 500. Jahrestag jenes Tages sein, an dem Martin Luther seine berühmten 95 Thesen in Wittenberg veröffentlicht hat. Sie haben die Reformation ausgelöst, an sie erinnert deshalb jeweils der Reformationstag, der 31. Oktober. Die zehn Jahre vor diesem 500. Jahrestag hat die Evangelische Kirche in Deutschland als Reformationsdekade ausgerufen. Jedes Jahr, das jeweils am Reformationstag beginnt, hat ein eigenes Thema mit evangelischem Profil. Das derzeitige Thema lautet »Reformation und Musik«. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) beteiligt sich daran. Alleine in ihren 1.200 Kirchengemeinden finden in diesem Jahr etwa 5.000 Veranstaltungen statt, an denen 2.000 Musikensembles sowie 35.000 Musikerinnen und Musiker mitwirken. Das Eröffnungskonzert in Worms war eines davon. Das Programm steht in der EKHN unter dem Slogan »Kirche macht Musik – Musik macht Kirche!« Weitere Informationen erhalten Sie unter www.kirche-macht-musik-ekhn.de. 40 Im zweiten Bild, der Auseinandersetzung mit dem umstrittenen Ablassprediger Tetzel und Luthers Thesen anschlag 1517, erscheinen »Jesus Christus, unser Heiland« und »Ein feste Burg«. Auf dem Höhepunkt des Reichstags geschehens im dritten Bild erklingt der Pfingstchoral »Komm, heiliger Geist, Herre Gott«. Der Satz schließt mit dem strahlenden »Nun freut euch lieben Christen«. Das abschließende vierte Bild zeigt den anderen, nachdenk lichen Luther, der am Ende seines Lebens Rückschau hält. Dort findet sich, wie zur Versöhnung, die schönste und ergreifendste Textpassage: »Wenn du ein Kind siehst, so hast du Gott auf frischer Tat ertappt. Gott ist ein glühender Backofen voller Liebe, der von der Erde bis an den Himmel reicht.« Das Werk ist mit zwei Gesangssolisten, Sprecherin, Chor und Orchester besetzt. Jakob Vinje, der Ähnliches schon 2005 mit dem Stück »Die Zaubergans« im Wormser Auftrag leistete, machte es Sängern und Musikern nicht leicht, obwohl er bei seiner Arbeit auch an Laienchöre dachte. »Ein Riesenaufwand«, sagt Dekanatskirchen musikerin Ellen Drolshagen, die die Uraufführung leitete. Die rund 160 Musiker aus dem Wormser Bachchor, dem Chor des Rudi-Stephan-Gymnasiums und dem Orchester der Lucie-Kölsch-Musikschule waren dennoch »begeistert dabei«. Schulorchester gestalten seit zehn Jahren gemein same Weihnachtskonzerte. Die meist sehr jungen Musiker meisterten die Mammutaufgabe beachtlich. Kirchenmusik in der EKHN 2011 Die evangelische Kirche ist in Worms einfach »ein wichtiger Partner in kulturpolitischen Fragen«, sagt Luther-Oratorium wünscht sich Gallé im Einklang mit dem Komponisten eine »intensive und produktive Auseinandersetzung« mit Religion, Konfession, Geschichte und heutiger Moral. Weitere Aufführungen, im gegenwärtigen Jahr der Kirchenmusik und darüber hinaus, wünscht sich Ellen Drolshagen: »ein mitreißendes, gut verständliches Stück.« Chöre, inklusive circa 150 Gospelchören Sänger/-innen n Bläserchöre Mitglieder n Instrumentalkreise Mitglieder n Kinder- und Jugendchöre, Musikgruppen Mitglieder n Konzerte Besucher/-innen n der städtische Kulturkoordinator Volker Gallé. Vom n hauptamtliche Kirchenmusiker/-innen nebenamtliche Chorleiter/-innen* n nebenamtliche Organist(inn)en* n n 898 21.451 367 5.075 283 2.462 709 8.949 4. 218 424.167 131 1.100 3.300 *Honorarkräfte mit geringem Stundenaufwand in den Gemeinden 41 November 2011, Buß- und Bettag Sozialpolitischer Tag in Rüsselsheim und Frankfurt Deutliches Ausrufezeichen 1995 wurde der Buß- und Bettag als gesetzlicher Feiertag abgeschafft – um die Pflege versicherung zu finanzieren. Seither erlebt er eine Renaissance, oft sogar ökumenisch. In zahlreichen Städten und Gemeinden werden nun abends Gottesdienste gefeiert und Veranstaltungen organisiert. E in nasskalter Novemberabend. Gleich am Eingang er seine Auswahl. Helga und Harald Gesswein lassen sich der Rüsselsheimer Matthäuskirche treffen die mit dem Schild »Der Sonntag ist ein Geschenk des Himmels« Besucher des Gottesdienstes auf einen Tisch mit ablichten. Am Sonntag solle man zur Ruhe kommen, finden zahlreichen beschrifteten Pappen. Es ist Mitt- die beiden. Sie sind in der katholischen Arbeitnehmer woch, kurz vor 19 Uhr. Die Menschen strömen ins bewegung aktiv. Am Ende wird aus allen Fotos eine Collage Gotteshaus. Volkhard Guth, Gemeindepfarrer und Inhaber für ein Plakat entstehen, das in den evangelischen und der Profilstelle Gesellschaftliche Verantwortung, begrüßt katholischen Gemeinden der Stadt ausgehängt wird. mit Handschlag und erklärt die Aktion »Gib dem Sonntag Der Gottesdienst zum Buß- und Bettag in der (d)ein Gesicht«: Die Besucher sollen sich eine Pappe mit Rüsselsheimer Matthäuskirche ist seit Langem ökumenisch einem Spruch zum freien Sonntag auswählen und damit ausgerichtet, Volkhard Guth bildet mit der katholischen fotografieren lassen – »Wer den Mut dazu hat!« Die Betriebsseelsorgerin Ingrid Reidt ein eingespieltes Team. wenigsten muss man lange bitten. Sebastian Bernschein, Geeignete Themen gibt es immer wieder neu: In diesem Jahr Kirchenvorstand der benachbarten Stadtkirchengemeinde, ist es der Schutz des Sonntags, den die hessische Landes greift zum Spruch »Der freie Sonntag hat keinen Zweck und regierung mit einem novellierten Ladenöffnungsgesetz das ist gut so«. »Der hat politische Schlagkraft«, begründet und – ganz aktuell – mit einer neuen Verordnung aufweicht. In den Vorjahren ging es um den Mindestlohn, die Finanz krise oder den Verlust von Arbeitsplätzen bei Opel, der die Menschen am Stammsitz Rüsselsheim empfindlich traf. »Hat der Sonntag seine Zeit?« Den passenden Text zur Predigt von Ingrid Reidt liefert die Schöpfungsgeschichte im ersten Buch der Genesis. »Schon damals war das Gebot der Feiertagsheiligung Ausdruck einer dringenden Notwendigkeit: nämlich der alten Logik jener Menschen ausbeutenden Zweckdienlichkeit und Verzweckung zu entkommen«, sagt Volkhard Guth. Sein Fazit: »Es bedarf des Muts zur Veränderung, der Umkehr der bisherigen Verhältnisse und der Buße im originären Sinne, wenn das Heilige zum Tragen kommen soll.« An den Gottesdienst, der sich bewusst an der vertrauten Liturgie orientiert, schließt sich eine Gesprächs runde an, für die der Altarraum zu einem Podium umgebaut wird. Moderiert vom Pfarrer debattieren ein Gewerkschafts sekretär, die Betriebsseelsorgerin Reidt sowie der Seniorchef eines bekannten Rüsselsheimer Augenoptik unter nehmens die Folgen der zunehmenden Nutzbarmachung des Sonntags für kommerzielle Interessen. 42 Abgeschafft, aber sehr lebendig Schon immer griffen Buß- und Bettage gesellschaftliche Fehlentwicklungen und Krisen auf. Früher allerdings wurden Tage wie Themen von der Obrigkeit verordnet. Das begann im Römischen Reich und setzte sich im Mittelalter fort. 1816 bestimmte zuerst Preußen den Mittwoch vor dem letzten Sonntag im Kirchenjahr zum Buß- und Bettag, andere Länder folgten. 1892 führte Kaiser Wilhelm II. im gesamten Reich einen einheitlichen Feiertag zur gemeinsamen Einkehr und Besinnung ein. Seit 1995 ist der Buß- und Bettag nirgendwo in Deutschland mehr gesetzlicher Feiertag – bis auf Sachsen. »Viele haben erst mit dieser Abschaffung erkannt, wie wichtig der Buß- und Bettag ist«, meint Dr. Brigitte Bertelmann vom Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN. »Strukturelle Fehlentwicklungen in der Gesellschaft sind nicht naturgegeben, wir können sie verändern. Dafür tragen wir als Christen mit Verantwortung.« Gemeinsame Initiativen mit anderen gesellschaftlichen Akteuren Wie in Rüsselsheim finden an diesem Tag in vielen Gemeinden der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) Gottesdienste, Nachtgebete und Gesprächsrunden statt. Immer abends, damit sie die Berufstätigen nach der Abschaffung des Feiertags besuchen können. Häufig sind andere Akteure wie Gewerkschaften, Umwelt organisationen und die katholische Kirche mit im Boot. »Solche Kooperationen mit Partnern, die gleiche Ziele verfolgen, sind einfach sinnvoll, wenn wir uns als Kirche für und in der Welt verstehen«, sagt Brigitte Bertelmann, stellvertretende Leiterin des Zentrums Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN. In Frankfurt arbeiten die beiden großen Kirchen, Wohlfahrtsverbände und Gewerkschaftsvertreter in einer sozialpolitischen Initiative zusammen. Sie organisieren eine Veranstaltung zum Buß- und Bettag in der Frankfurter Matthäuskirche in der Nähe des Messeturms. Unter dem Motto »Viele Krisen, nichts gelernt!« geht es um die Frage: »Brauchen wir ein neues ökumenisches Sozialwort?« Auf einem Podium diskutiert unter anderem Professor Dr. Gerhard Wegner, Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland. Er rechnet noch 2012 mit einem neuen sozialkritischen Wort der beiden großen Kirchen – »in kurzer und knackiger Form« und ähnlich substanziell wie das letzte Sozialwort von 1997. »Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Krisen müssen wir uns zusammenraufen und mit wichtigen, spannenden und deutlichen Thesen öffentlich Position beziehen.« Dr. Gunter Volz, Pfarrer auf der Profilstelle für Gesellschaftliche Verantwortung in Frankfurt und Mit initiator der Sozialwortveranstaltung, ist mit der Resonanz staltung keine Eintagsfliege bleiben. Die Initiative will ein zufrieden: »Ich denke, wir haben ein deutliches Ausrufe Thesenpapier als Vorlage für ein mögliches Sozialwort ent- zeichen setzen können.« Echte Buße verlangt nach wickeln. Katholische und evangelische Kirche in Frankfurt praktischer Umkehr, sagt er. Deshalb darf auch diese Veran- wollen verstärkt zusammenarbeiten. n 43 November 2011, Ewigkeitssonntag Treffpunkt der Kirchengemeinde Herrnhaag Wo der Tod ein Teil des Lebens ist »Mitten im Leben sind wir vom Tode umfangen«: Martin Luther hat das gesagt. Auf dem Herrnhaag bei Büdingen bekommen Konfirmanden eine Vorstellung davon. Gleich neben der Kirche steht die Leichenhalle, ein Ort, der jeden zum Innehalten auffordert. Aber mitten auf dem kirchlichen Friedhof blüht auch Leben: Gotteshaus und Friedhof bilden das Zentrum dieser Gemeinde. E inmal im Jahr geht das Pfarrerehepaar Kerstin und Herrnhaag versucht, Luthers Satz neu zu füllen: Mitten im Oliver Mohn mit den Konfirmanden in die kleine Tod blüht hier kirchliches Leben. Zu der Gemeinde mit Leichenhalle der Gemeinde auf der Anhöhe zwi- Gotteshaus und Friedhof gehören drei Dörfer und 1.800 schen den Büdinger Ortsteilen Diebach, Lorbach evangelische Christen. An vielen Samstagen trifft man auf und Vonhausen. Dann gibt es einen Konfirmanden- tag zum Thema »Tod und Sterben«. Die Teilnahme ist frei willig, aber selbst aus umliegenden Gemeinden kommen Baumaßnahmen auf dem gesamten Friedhofsgelände immer wieder Jugendliche dazu. Die Pfarrerin hat einen anstehen, finden sich immer wieder viele Freiwillige ein. Bestatter eingeladen, der einen leeren Sarg mitbringt und Und am Sonntag versammeln sie sich zum Gottesdienst in auch einige Urnen. Alles zum Anfassen, auch wenn es ein der Kirche, deren Inneres weiß, pastellgelb und sandstein seltsames Gefühl ist. Der Tag bietet den Jugendlichen die farben schimmert. Schon im 13. Jahrhundert gab es an Gelegenheit, offen alles zu fragen, was mit diesem sensiblen diesem Platz christliches Leben. Die kleine Kirche aus alter Thema zu tun hat. Sein Ziel hat der Tag erreicht, wenn die Zeit lag verkehrsgünstig an der uralten Reffenstraße, die Jugendlichen ihre Angst davor verloren haben. die Messestädte Frankfurt und Leipzig verbindet. »Wir Das Gespräch über Tod und Sterben ist immer noch ein Tabu, sagt Pfarrerin Mohn. Aber die Gemeinde auf dem 44 dem Gelände Menschen, die traditionell die Gräber ihrer Angehörigen pflegen. Aber auch wenn Pflege- oder waren sozusagen die erste Autobahnkirche«, sagt Pfarrerin Kerstin Mohn lächelnd. www.kirche-herrnhaag.de Ungewöhnlich ist nicht nur die Lage der Kirche auf dem schon gibt es 20 neue Gräber. »Eine Urne braucht viel Hügel zwischen den drei Dörfern, sondern auch, dass die weniger Platz, außerdem ist das Grab einfacher zu pflegen«, Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) Träger so die Pfarrerin. des Friedhofs ist. Im gesamten Gebiet der EKHN gibt es nur noch drei »Kirchhöfe«. Für die Herrnhaager gehört der Bei den Menschen auf dem Friedhof fühlt sich das Pfarrerehepaar Mohn oft »wie in der Sprechstunde«. Neben Friedhof einfach zum Gemeindeleben. Doch die Spielregeln praktischen Dingen geht es dabei vor allem auch um Seel- sind klar: »Ein Friedhof kostet Geld. Wir müssen immer sorge. Sie wollen den Menschen Mut machen, offener mit dafür sorgen, dass die Kosten gedeckt werden können«, dem Tod umzugehen – und ihre Trauer zuzulassen. Die sagt Pfarrer Oliver Mohn. seelsorgerliche Arbeit verlangt viel Fingerspitzengefühl. Ohne die Menschen vor Ort wäre das undenkbar. »Das Denn wenn ein Mensch stirbt, löst das oft auch materielle meiste hier geschieht ehrenamtlich«, berichtet der Pfarrer Nöte aus. »Immer häufiger können Angehörige das und schwärmt vom großen Engagement der Gemeinde. Begräbnis nicht bezahlen«, sagt Kerstin Mohn. Dann muss Kürzlich wurde die Leichenhalle erweitert, draußen nach Lösungen gesucht werden. entstand ein neuer Parkplatz und ganz aktuell brach das Die Konfirmanden haben einen Rundgang über den Gewölbe einer Grabgruft neben der Kirche ein und musste Friedhof unternommen, jetzt sitzen sie in der Kirche und gesichert werden. Ständig fallen neue Arbeiten an. sprechen über das, was sie gesehen haben: das Ehrenmal Die Mohns kamen 1992 in die Wetterau. Oliver Mohn für Soldaten, das Urnenfeld – und die Kindergräber. Es ist ist seit Kurzem in der Nachbargemeinde tätig. Seine Frau der Moment, der einen der Jungen besonders berührt. Sein Kerstin hat neben der Seelsorge die Friedhofsverwaltung Geschwisterchen war vor Jahren bei der Geburt gestorben übernommen. Sie bearbeitet Baugutachten, kümmert sich und liegt dort bestattet. Der Junge schluckt, als die um wackelige Grabsteine und fahndet nach gestohlenen Sprache darauf kommt. Er weint nicht. Ein Mädchen weint, Grablampen. Fachlich kann sie es mit jedem Bestatter Hände legen sich auf ihre Schultern. Am Ende sagt die aufnehmen. Die meisten Bestattungen erfolgen zurzeit in Zwölfjährige auf die Frage, was ihr am besten gefallen hat: Urnen. Im letzten Sommer musste daher auf dem Herrn »Als ich traurig war, wart ihr für mich da.« haager Friedhof ein weiteres Urnenfeld eröffnet werden, n 45 Dezember 2011, Adventszeit Adventskranz in Zotzenbach im Odenwald Ganz groß im Advent Mit einem besonderen Adventskranz sorgt eine Kirchengemeinde im Odenwald jedes Jahr für Aufsehen, bringt mit dem preisgekrönten Projekt Menschen das Anliegen der Adventszeit nahe und begründet so ganz nebenbei eine Tradition, auf die alle im Ort ein bisschen stolz sind. Z wei Kilometer weit streckt sich das über tausend Jahre alte Zotzenbach, ältestes »Waldhufendorf« Deutschlands, in einem Nebenarm des Weschnitztals. Es ist Mitte November. Pfarrer Hermann Birschel baut mit zwei Helfern mitten im Dorf einen riesigen Adventskranz auf, vor dem Pfarrhaus gegenüber der Kirche. Immer wieder grüßen Fußgänger durch den schmiedeeisernen Zaun in den Vorgarten des Pfarrhauses. Hermann Birschel grüßt zurück. Man kennt sich. Die Hälfte der Zotzenbacher gehört zu seiner Gemeinde. Die anderen irgendwie auch. Die evangelische Kirche – ein imposanter Ziegelsteinbau von 1877 auf der gegenüberliegenden Straßenseite – ist die einzige im Dorf und für alle da. Aber: 25 Stufen führen hinauf zur Kirche. Nicht gerade niederschwellig, wie es heute so schön heißt. Als Pfarrer Birschel 2008 in die Gemeinde kam, herrschte Aufbruchstimmung. Man suchte nach etwas Besonderem, einem neuen kirchlichen Angebot für alle im Dorf. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Kirchenvorstands entwickelte ein Zotzenbacher Zimmermann die Idee zum Adventskranz im Vorgarten des Pfarrhauses gegenüber der Kirche. Er bearbeitete vier Baumstämme, der größte 2,20 Meter, der kleinste 1,20 Meter lang, und befestigte sie im Winter 2008 im Pfarrgarten, alles unentgeltlich. Und Pfarrer Birschel lud zum ersten Mal alle im Dorf an jeden Adventssamstag zum »Treffpunkt Adventskranz« ein. Immer um 16.59 Uhr, kurz bevor die Kirchenglocken den Sonntag einläuteten, wurde die entsprechende Anzahl an Flamm schalen angezündet: erst ein, dann zwei, dann drei, dann vier. Beim ersten Mal, sagt Birschel, kamen einige Dutzend Gemeindemitglieder, beim vierten Advent war es schon an die hundert. Bei 2.500 Einwohnern ist das eine ordentliche Quote. Eine Erfolgsgeschichte begann. Mehr als die erste Strophe von »Macht hoch die Tür« bekamen sie freilich aus dem Stand kaum zusammen. Deshalb organisierte der Pfarrer bald einen Beamer, der den Text der Lieder auf die Wand eines Nachbarhauses projizierte. Ein Posaunenchor, der Kirchenchor und der Gesangverein kamen gerne und sorgten für ein solides 46 musikalisches Gerüst. Die Menschen sangen und Pfarrer kinder und die Erzieherinnen. Hermann Birschel erklärt per Birschel erzählte jeweils eine Geschichte zum Advent. Mikrofon den Ablauf. Der Beamer projiziert Bilder aus der Es gab Glühwein, heißen Apfelsaft und Bratwurst. Alle Kirche und später Liedertexte. »Dicke rote Kerzen«, singen freuten sich auf das nächste Mal und jedes Jahr kamen rund die Kinder. 200 Euro Reinerlös in die Kasse der Gemeinde. Seit 2010 hat Die Leute auf der Straße halten sich an den Glüh- der Evangelische Kindergarten seine Weihnachtsfeier für weinbechern fest, reden darüber, ob Star-Wars-DVDs ein die jungen Familien an einem der Samstage an den großen gutes Weihnachtsgeschenk sind und wie es den Großeltern Adventskranz verlegt. geht. Über die Frage, wie es ihnen beim »Treffpunkt Auf der Ideenmesse der Evangelischen Kirche in Adventskranz« gefällt, lachen sie ein bisschen. »Gut! Man Hessen und Nassau im August 2009 in Wiesbaden stellte die trifft halt hier alle.« Wie lange es das schon gibt, wissen die Gemeinde ein Modell ihres Adventskranzes aus und gewann meisten gar nicht mehr so genau, aber eines steht für sie den Publikumspreis. Die 2.000 Euro Preisgeld wurden unter fest: »Ist eine super Tradition.« n anderem in eine dauerhafte Bepflanzung und eine Elektro leitung in den Vorgarten investiert. Die vier Löcher für die Stämme wurden mit Beton ausgegossen, Halterungen aus Metall im Boden verankert. Das Feuer in den Flammschalen brennt nur an den Adventssamstagen. Die Woche über simulieren umgedrehte Champagnerflaschen das Kerzen licht. Durch deren Milchglas schimmern Glühbirnen. Und das Modell von der Ideenmesse steht im Kindergarten. Für Kinder und Eltern knüpft es eine sichtbare Brücke zur Kirchengemeinde. Ende November sieht Zotzenbach dann wieder weihnachtlich aus. Beleuchtete Tannenbäume säumen die Dorfstraße, Lichterketten hängen an den Häusern. Samstags vor dem dritten Advent stehen mehr als hundert Menschen vor dem Pfarrhaus, darunter viele junge Eltern Innovationspreise beim Ideenwettbewerb 2009 Anlässlich des Kirchenvorstandstags der Evangelische Kirche in Hessen und Nassau »Lust auf Gemeinde« wurden ausgezeichnet: n 1. Preis (2.000 Euro): Kirchengemeinde Zotzenbach für ihren »Treffpunkt Adventskranz« n 2. Preis (1.000 Euro): Evangelische Kirchengemeinde Michelstadt-Steinbach für ihr »SteinbachLabyrinth«, ein begehbares Labyrinth als Meditationsweg n 2. Preis (1.000 Euro): Christuskirchengemeinde Bad Vilbel für das Projekt »Schaufensterchristen«. Eine Woche lang lebten 14 Jugendmitarbeiter in einem leer stehenden Geschäftslokal in einer Einkaufsstraße und boten unter dem Motto »Eine Woche meines Lebens« Installationen, Gespräche und Andachten an. und Großeltern. Auf dem Rasen stehen die Kindergarten 47 Dezember 2011, Weihnachten Frankfurter Winterreise Glanz und Elend, Armut und Reichtum zusammenbringen Eine neue Idee breitet sich aus. Erdacht in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), findet sie inzwischen bundesweit Resonanz: die Frankfurter Winterreise. Der gleich namige Liederzyklus von Franz Schubert wird verknüpft mit Lebensgeschichten von Obdach losen. Hohe Kunst und menschliche Abgründe kommen zusammen. » 48 Es heißt immer, die Hoffnung stirbt zu- licher ist als zwischen vier Wänden mit einem prügelnden letzt. Das ist falsch. Hoffnung stirbt viel Ehemann. »In einer Nacht bin ich ab. ›Ich kann nicht früher, die ist tot und ich bin noch da.« mehr!‹, habe ich auf den Zettel geschrieben und bin Ohne Vorwurf oder Klage zieht eine gegangen. Gnade dir Gott, wenn er dich findet.« wohnungslose Frau ihre ernüchternde Die von Stefan Weiller, Öffentlichkeitsreferent des Lebensbilanz. Längst ist ihr jeder Glaube an die Zukunft Diakonischen Werkes Wiesbaden, gesammelten Lebens abhandengekommen. Ihre »größte Angst« ist nur noch, abrisse stoßen die Tür auf zu Wahrheiten, die viele von uns »dass meine Familie erfährt, was mit mir passiert ist«. Kein lieber ausblenden. Er hat eine Präsentationsform entwickelt, Text lässt die Zuhörer kalt, die am 4. Advent in die Kirche die »kein Liederabend, keine Dokumentation, keine der Evangelischen Hoffnungsgemeinde gekommen sind. Die Dichterlesung und kein Konzert – und doch zugleich alles Stadtbevölkerung hat sich an den Anblick Wohnsitzloser zusammen« ist. Von der Schauspielerin Hansi Jochmann gewöhnt, aber was sie zu sagen haben, hört man so gut wie gesprochen, gehen die Texte unter die Haut, eindringlich nie. Und ebenso selten erfährt man, welches Unglück sie verknüpft mit Franz Schuberts Musik aus seiner »Winter auf die Straße geworfen hat. Dass es hier für manche erträg reise«. »Wo sollen wir denn hin in dieser Welt?«, fragt eine der Frauen. »Man will doch mitmachen. Man will doch Christi und daran, wie zentral für Maria und Josef die seinen Platz. Wir können ja nicht einmal lächeln. Wir Erfahrungen von Heimat und Heimatlosigkeit sind: »Gott nehmen die Hand vor den Mund, damit die anderen sich findet seine Wohnung ausgerechnet unter den Wohnungs nicht vor Karies ekeln.« losen.« Als gemeinsame Veranstaltung der Evangelischen Unter Männern wie jenem also, der in Weillers erster Hoffnungsgemeinde und des Diakonischen Werkes für Winterreise mit der Ansicht aufräumte, im Winter sei die Frankfurt am Main gab es die erste »Frankfurter Winter Wohnungslosigkeit besonders schlimm. »Weihnachten, reise« im Januar 2011 mit den Erlebnissen wohnungsloser da kommen den Leuten Gefühle, da hat jeder Angst, du Männer. Damals sprach der vielfach ausgezeichnete könntest unter städtischem Lichterschmuck erfrieren und Schauspieler und Synchronsprecher Christian Brückner so richtig die Glühweinstimmung vermiesen. Sobald es ehrenamtlich die Texte. Die zweite Aufführung im Dezember draußen wieder blüht, glaubt jeder, jetzt sei alles gut. verschaffte den Frauen Gehör. Dafür führte Weiller zahl- Im Sommer, wenn sich wirklich keiner mehr für dich inter- lose Gespräche in der von der Hoffnungsgemeinde unter- essiert, dann ist die eigentliche Eiszeit.« haltenen Kaffeestube Gutleut und im Zentrum für Frauen der Diakonie. Er fand die »klassischen«, in Wohnungslosig Die Idee der Winterreise ist bereits in vielen größeren Städten im Gebiet der Evangelischen Kirche in keit mündenden Wege wie Jobverlust, Krankheit, Trennung Hessen und Nassau übernommen worden, aber auch in oder Tod des Partners. Aber auch »erschreckend häufig«, Augsburg, Saarbrücken, Krefeld und sogar in Luxemburg. n wie er sagt, das »Tabu Gewalt in der Ehe und Beziehung«. Wie schon im Januar übernahm Oberbürger meisterin Petra Roth auch für die Winterreise im Dezember die Schirmherrschaft. Michael Frase, Leiter des Diakonischen Werkes, versteht das als Zeichen, dass sich die Stadt »dem Thema stellt«. Seit 2008 ist die Zahl wohnungsloser www.deutsche-winterreise.de Männer und Frauen in der Stadt um zehn Prozent gestiegen. Das Projekt, das »Kunst, Kultur und Sozialarbeit auf wunderbare Weise verbindet«, trägt zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit bei, sagt er. Nicht zuletzt deshalb, weil es mehr vor Augen führt als nur die materielle Not der Menschen ohne Wohnraum. Schlimmer noch ist der »Ausschluss aus der Gemeinschaft«. Frase appelliert an die Stadtgesellschaft, sich verantwortlich zu fühlen. Zum Einzugsbereich der Hoffnungsgemeinde gehört das Rotlichtmilieu des Bahnhofsviertels ebenso wie die Bankentürme und die Luxusbehausungen des Westends oder der Straßenstrich an der Messe. Für Weiller ist es »eine der spannendsten Gemeinden im Stadtgebiet«. Hier sieht er genau jene Gegensätze vertreten, zwischen denen die Winterreise eine Brücke schlagen will: »Glanz und Elend, Armut und Reichtum, Teilhabe und Ausgrenzung.« Maria und Josef aus der biblischen Weihnachts geschichte dürften die bekanntesten Obdachlosen sein. Lars Kessner, Pfarrer an der Hoffnungsgemeinde, erinnert vor der Aufführung an die Geschichte von der Geburt Jesu 49 Februar 2012 Winterspeisung in der Katharinen- und der Weißfrauen-Diakoniekirche in Frankfurt Essen, Wärme und Gemeinschaft Als der bitterkalte Winter 1986 zahlreichen Obdachlosen das Leben kostete, diskutierte der Frankfurter Magistrat tagelang über die nächtliche Öffnung von U-Bahnhöfen. Währenddessen schritten die Frankfurter Katharinen- und die Weißfrauengemeinde zur Tat. Um wohnungslose Menschen vor dem Erfrieren zu bewahren, teilten sie in ihren Kirchen heißen Tee, belegte Brote und Kleidungsstücke aus. Aus der spontanen Aktion wurde eine feste Einrichtung. Und bundesweit ein Vorbild für viele ähnliche Initiativen. 50 S eit 26 Jahren ist Werner Fuchs dabei, heute Logistik und Organisation haben im Laufe der Jahre fast Geschäftsführer des Cateringunternehmens professionelles Niveau erreicht. Ein harter Kern von Martha’s finest. Ein Mann der ersten Stunde. Ehrenamtlichen mit vielen Helferinnen und Helfern sorgt Damals war er Kirchenvorsteher in der Weiß im Januar in der Katharinenkirche und im Februar in der frauengemeinde. Er sieht die damalige Aktion Weißfrauen-Diakoniekirche für den reibungslosen Ablauf. als Impuls für die bundesweite Tafelbewegung. Pfarrer Dass die Weißfrauengemeinde inzwischen mit der Gutleut- kamen aus anderen Bundesländern angereist, um sich über und der Matthäusgemeinde zur Hoffnungsgemeinde das Konzept zu informieren. Auch in Frankfurt zog die fusionierte, änderte nichts am Engagement. Sache Kreise. Bald entstand der Verein Lobby für Wohn sitzlose und Arme, dann die Kaffeestube Gutleut und Der Mensch lebt nicht vom Brot allein schließlich im ganzen Stadtgebiet weitere Initiativen – Damit täglich von 10.30 bis 17 Uhr Hunderte von Broten ge- unter anderem das große Diakoniezentrum Weser5. schmiert, literweise Tee und Kaffee gekocht sowie die von Mit den improvisierten Anfängen hat die »Winter Martha’s finest gelieferten Mahlzeiten ausgeteilt werden speisung« heute nicht mehr viel zu tun. Zwar wird sie nach können, sind rund 80 Personen im Einsatz. Seit geraumer wie vor ausschließlich über Spenden finanziert. Aber Zeit ordnet zudem die Deutsche Bank im Rahmen ihres 51 hätte die Theologin nicht mit einem so hohen Anteil an Frauen oder trotz ihrer Armut oftmals gut gekleideter Menschen gerechnet. Der Mensch braucht auch Kultur Vor allem für das Konzert, mit dem die Hoffnungsgemeinde seit elf Jahren die Winterspeisung in der WeißfrauenDiakoniekirche eröffnet, holen viele ihre besten Stücke aus dem Schrank. Wie etwa Rosi, die sich schon Wochen vorher auf das Ereignis freut – obwohl sie musikalisch eigentlich Soul vorzieht. Beim Konzert mit Bata Illic gefällt ihr aber »die Stimmung und das ganze Drumherum«. Und dass der Künstler »keine Berührungsängste hat, die Leute anfasst und mitsingen lässt«. Entsprechend ausgelassen geht es am Nachmittag zu. Viele Besucher haben sich untergehakt und schunkeln, manche suchen sich ein Plätzchen, um das Tanzbein zu schwingen. Bis in die Abendstunden verwandelt sich das Gotteshaus in eine Mischung aus Konzertsaal, freiwilligen Einsatzes für gemeinnützige Zwecke (Social Diskothek und Festplatz. Die Großzügigkeit eines Frankfurter Geschäfts Day) mehrere Mitarbeiter für die Winterspeisung ab. Auch Konfirmanden packen immer wieder mit an. Die heute mehrheitlich von bedürftigen Senioren manns macht es jedes Jahr wieder möglich. Und Bata Illic ist froh, den Menschen mit seiner Musik ein paar glückliche und Hartz-IV-Beziehern besuchte »Winterspeisung« lindert Stunden bereiten zu können. Er hält dem »wunderbaren auch Einsamkeit und Isolation. Nach dem Essen bleiben Publikum« seit elf Jahren die Treue. Die Gäste danken es etliche der täglich bis zu 200 Gäste noch lange sitzen und ihm. genießen die Geselligkeit. An den Tischen wird viel geredet und gelacht, bisweilen auch gespielt. Die Ehrenamtlichen Kaffeestube Gutleut haben stets ein offenes Ohr für Sorgen und Nöte. Als Aus eigener Kraft und während des gesamten Jahres gelingt Pfarrerin Jutta Jekel 2010 in die Hoffnungsgemeinde kam, der Gemeinde dagegen der Betrieb eines einzigartigen erstaunte sie das Projekt gleich mehrfach. Zum einen war Restaurants. Seit 1991 bekommen mittellose Menschen in sie von der großen Schar der freiwilligen Helfer überrascht – der Kaffeestube Gutleut für 2,50 Euro (sonntags 3,50 Euro) darunter nicht wenige über 80-jährige Damen. Zum anderen ein Menü aus Suppe, Hauptgericht und Dessert – und zwar, wie in der Gastronomie üblich, an den Tischen serviert. Außer dienstags ist täglich geöffnet. Jährlich gehen im umfunktionierten Gemeindesaal rund 20.000 Essen über die Theke. Manchmal wurde es knapp mit der Finanzierung, aber mit der Hilfe engagierter Bürger und Organisationen konnte das Restaurant immer wieder überleben. In Verantwortung für die Schwachen und Ausgegrenzten setzt die Gemeinde alles daran, dass dies auch in Zukunft so bleibt. »Wir nennen uns nicht umsonst Hoffnungsgemeinde«, sagt der seit 16 Jahren mit der Buchhaltung betraute Kirchen vorsteher Horst Denz und zitiert ein altes lateinisches Sprichwort: »Nomen est omen: Der Name deutet schon darauf hin.« 52 n Februar 2012, Passionszeit Sodener Passion in Bad Soden am Taunus Wo die toten Kinder wohnen In der Kurstadt am Taunus begehen die beiden großen Kirchen die Wochen vor Ostern mit einer eigenen Veranstaltungsreihe. Sie soll das Passionsgeschehen wieder stärker ins Bewusstsein der Menschen rücken. Ein schlichtes großes Holzkreuz bildet das Leitmotiv. Es wird durch die Stadt getragen, an alltägliche Orte wie ins Sozialamt, in die Schule oder ins Krankenhaus gebracht. Das Kreuz erinnert die Christen an Jesu Leiden am Karfreitag. In die Gegenwart übersetzt heißt das: Das Kreuz steht für die schweren Zeiten im Leben. M anchmal genügt ein einziges Wort. »An denken« steht schlicht und ergreifend auf dem violetten Prospekt, der zur Sodener Passion 2012 einlädt. Diesmal lautet das berührende Thema: »Denken und Andenken an tote und lebende Kinder«. »Viele Menschen bewegt das und es wird doch nur selten offen angesprochen«, sagt Pfarrer Achim Reis, Gründer der Sodener Passion. Auf dem örtlichen Friedhof gibt es seit zehn Jahren das Haus der toten Kinder: für Kinder, die schon in einer frühen Phase der Schwangerschaft gestorben sind. Die Urnengrabstätte entstand auf Initiative der evangelischen Gemeinde, der Stadt und der Kreiskliniken. Idee, Entwurf und Name stammen von Reinhart Büttner. Zweimal im Jahr können hier Eltern in einem würdigen Rahmen Abschied von ihrem Kind nehmen. Das Kreuz wird zum Friedhof getragen. Rund zwei Dutzend Menschen folgen ihm. »Wir gehen Jesus hinterher auf dem Weg des Lebens – und auf dem Weg des Leidens«, sagt Reis und liest die Stelle aus dem Evangelium, an der es heißt: »Wer sein Leben erhalten will, wird es verlieren; wer werden – und dadurch Menschen helfen, leichter mit dem es verliert, wird es erhalten.« Es ist Aschermittwoch. Reis’ einen oder anderen Kreuz im eigenen Leben umzugehen Pfarrerkollege Andreas Heidrich trägt das Aschenkreuz auf und es zu tragen. der Stirn. Der Übergang von der Fastnacht zur Fastenzeit ist Der Zug mit dem Holzkreuz kommt auf dem Fried- nicht ganz einfach. Besonders für die Kinder, die das Kreuz hof an der Falkenstraße an. Den Kindern ist anzumerken, durch die Straßen tragen. »Sie singen heute so wie gestern wie der Ort in ihnen arbeitet. Sie sehen Kerzen, durch Glas den Kindergarten-Boogie«, erzählt Roswitha Born-Zugaj, vom Wind geschützt, einen steinernen Engel, einen Stein Leiterin der evangelischen Kindertagesstätte Im Sonnen mit der Aufschrift »Wir vermissen dich«. Das Haus der toten garten. Kinder ist eine Kapelle aus weißem Beton, umgeben von Die ökumenische Sodener Passion wurde im Jahr einem kleinen Garten, von einer Mauer eingefasst. »Ein Ort 2004 ins Leben gerufen. Auslöser war auch ein »Oster des Abschieds und der Trauer, aber auch des Bewahrens«, konzert«, zu dem die örtliche Musikgesellschaft ausge sagt Reis in seiner Ansprache. Immer wieder kommen Eltern rechnet an einem der Passionssonntage einlud. Nur eine hierher und gestalten ein Stück des Gartens. Wer das Haus falsche Begrifflichkeit? »Ich dachte mir jedenfalls, dass wir öfter besucht, findet immer etwas Neues. die Passionszeit wieder stärker ins Bewusstsein rücken müssen«, sagt Pfarrer Reis. Das Kreuz sollte sichtbar Die innere Bindung an ein Kind, sagt der Pfarrer, hängt nicht von dessen Alter und Lebensfähigkeit ab. 53 Deshalb ist der Kreißsaal ein Ort des größten Glücks – gibt«, schildert sie die Empfindungen einer betroffenen aber auch der tiefen Verzweiflung und Trauer. Das erlebt Mutter. Wer ein Kind verliert, den treiben so viele Fragen auch Dietrich Mosch, Chefarzt der gynäkologischen um: Wer wärst du gewesen? Wieso konntest du nicht Abteilung der Kliniken des Main-Taunus-Kreises. Er findet bleiben? Wir hätten dich so gerne kennengelernt. bei der Gedenkfeier ebenso bewegende Worte wie Kranken hausseelsorgerin Susanne Ebeling. »Trauer ist mein Gefühl, mich an mein Kind zu erinnern, an das es keine Erinnerung Diese schmerzliche Distanz ist auch Thema einer Ausstellung, die Reinhart Büttner im Rahmen der Sodener Passion zeigt. In der Stadtgalerie sind unter dem Titel »Infantia – Kindheitsmodelle 1:1« Objekte aus Holz, Metall und Karton zu sehen. Hier geht es nicht um den Tod, sondern um die Erinnerung an die Kindheit, an die biografische und an die ewige. Alle Werke sind schwarz wie Scherenschnitte oder Schattenrisse. Es ist nachdenklich dunkel, aber nicht düster, es sind exemplarische Modelle. Zu sehen sind etwa ein Rahmen ohne Bild, eine Leiter mit Knick, die nie jemand besteigen wird. Ein Laufstall, der auch eine mit Wimpeln geschmückte Burg sein könnte, ein Stückchen Freiraum, zugleich aber ein Käfig, aus dem niemand ausbrechen kann. Bei der Vernissage zeigt sich Bürgermeister Norbert Informationen zur Aktion finden Sie online unter www.sodener-passion.de. Altenkamp erfreut, dass die Sodener Passion nicht nur im kirchlichen, sondern auch im öffentlichen Raum stattfindet. Mehrere Vorträge sowie ein Konzert mit Gustav Mahlers »Kindertotenliedern« ergänzen das Programm. Die Arbeit an der Erinnerung ist eine Aufgabe nicht nur für die Passionszeit. »Diese Kinder werden uns verändern, wenn wir es zulassen«, sagt Klinikseelsorgerin Ebeling auf dem Friedhof. Sie erzählt, was eine betroffene Mutter gesagt hat: »Indem ich davon erzähle, kann das Kind bei uns bleiben.« 54 n März 2012, Weltgebetstag Aktionstag der Frauen in Oberhessen Steht auf für Gerechtigkeit Der Weltgebetstag wird weltweit und ökumenisch gefeiert – immer am ersten Freitag im März. Er verknüpft interkulturelle Frömmigkeit mit internationaler Solidarität. Schon Monate vorher stimmen Mitglieder des ökumenischen Arbeitskreises Weltgebetstag Multiplikatorinnen in Seminaren darauf ein. Dazu kommen nicht nur Frauen aus Dekanaten und Gemeinden der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, sondern auch aus der katholischen und aus anderen Kirchen. W ie kann man himmelschreiende Unge rechtigkeit erfahren, vor allem wenn sie weit weg geschieht? Wenn Menschen ihrer Lebensenergie beraubt, wenn sie unter drückt oder ausgebeutet werden? Sie legen die Hände aneinander. Im Wechsel drückt eine Hand die andere weg oder leistet Widerstand. 50 Frauen, die sich in Gießen zur Vorbereitung des Weltgebetstags im März 2012 treffen, spüren dem Unerhörten nach und staunen, wie viel Kraft das kostet. Für sie ist das Gegeneinander nur ein Spiel – für viele malaysische Frauen ist es kraft raubender, bitterer Alltag. Ute Hohmeier und Elisabeth Becker-Christ vom Verband der Evangelischen Frauen in Hessen und Nassau führen die Multiplikatorinnen an das heran, was Frauen aus Malaysia an Informationen, Gebeten, Liedern, Tänzen und Bildern für den diesjährigen Welt gebetstag zusammengestellt haben. Erstaunen lösen die christlichen Lieder aus Malaysia aus. Sie werden mit in sich schwingenden Vierteltönen gesungen, die an arabische Melodien erinnern. Das Vaterunser erhält eine Melodie, einen veränderten Text und wird durch Gesten begleitet. Das »Führe uns nicht in Versuchung« versinnbildlichen zusammengelegte Hände, die das Böse nach rechts und links abweisen und so wie Fische anmuten, die sich durchs Wasser schlängeln. Weltgebetstag der Frauen Weltgebetstag: Das ist ein ökumenischer Gottesdienst mit internationalem Horizont, das sind entwicklungspolitische Bildungsveranstaltungen, Informationsveranstaltungen über andere Länder und das sind Solidaritätsaktionen mit den Benachteiligten diese Länder. Christinnen aus den USA und Kanada riefen 1927 erstmals weltweit den ökumenischen Gebetstag aus. »Informiert beten, betend handeln« ist das Motto der Weltgebetstagsbewegung, die daraus entstanden ist. Gefeiert wird mittlerweile in über 170 Ländern immer am ersten Freitag im März und jedes Jahr wird der Gottesdienst von Frauen aus einem anderen Land für die ganze Welt vorbereitet. Hildegard Platt aus Biebertal ist skeptisch: »Wenn wir unseren über Achtzigjährigen mit einem neuen Text, neuen Bewegungen und neuer Musik kommen – das über- Als Hohmeier später mehr von den Besonderheiten des fordert sie. Das ist doch ein Gebet, da darf man nicht so viel Landes erzählt, gehören natürlich auch die Lebens- und nachdenken müssen.« Die 73-Jährige wird zu Hause mit Arbeitsbedingungen der Frauen dazu. Exemplarische ihrem Team noch darüber sprechen. Aber vielleicht ändert Geschichten, gesammelt von der malaysischen Frauen sie ja ihre Haltung auch noch, nachdem sie am Nachmittag rechtsorganisation Tenaganita (was in Deutschland wahr- an der Bibelarbeit teilgenommen und dabei mit der Gruppe scheinlich mit »Frauenpower« übersetzt würde), veran- auch intensiv über den liturgischen Aufbau des Gottes schaulichen die Situation. Die Hessinnen können es kaum dienstes der malaysischen Frauen nachgedacht hat. glauben: Frauen, die in einer Fabrik arbeiten wollen, 55 Ihre Freundin sei ständig geschlagen und beschimpft worden, bis sie davonlief. Weil die schlimmen Geschichten keine Einzelfälle sind, rufen die Malaysierinnen auf, sich zu solidarisieren. Eine Unterschriftenaktion soll dazu beitragen, dass die UNO-Konvention von 2011 »über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte« weltweit anerkannt wird. Dass eine solche Aktion Wellen schlagen kann, zeigt das Beispiel der Ökumenischen Asiengruppe in Frankfurt. Diese Beratungsstelle für Migrantinnen entstand, nachdem 1980 der Gebetstag von Thailand gestaltet worden war, mit einer Unterschriftenaktion gegen Sextourismus. Tragt es in unsere Haushalte! »Den Malaysierinnen ist es ganz wichtig, dass wir für Gerechtigkeit in unserem eigenen Land aufstehen«, betont Ute Hohmeier. Plötzlich rückt das Thema sehr nahe. In Malaysia kann eine Frau aus der Wetterau oder aus dem Taunus wenig erreichen, aber die Frage »Wie geht es den Hausangestellten bei uns?« richtet den Blick aufs Nachbarwerden quasi zu Leibeigenen eines »Arbeitsagenten«, der haus, wenn nicht gar auf das eigene Verhalten. Wie viel ihnen gegen Aushändigung des Personalausweises und Geld verdienen unsere Putzfrauen? Sind sie versichert Provision eine Stelle verschafft – und dann noch einen Teil und angemeldet? Man könne sich ja als Arbeitgeberteam ihres Lohns einbehält. zusammenschließen, lautet ein Vorschlag. Wenn dieser Andere Frauen werden Hausangestellte. Ein tiefgründige Frauentag zu Ende ist, soll er nachwirken: Tenaganita-Protokoll bekundet: Eine Migrantin aus Thai- »Aufzustehen für Gerechtigkeit« erfordert eben Engage- land habe es sehr gut getroffen. Zwar zahle der Arbeitgeber ment und Mut – überall. wenig, doch sie habe freie Tage und man behandele sie gut. n Stimmen vom Tag der Vorbereitung in Gießen C armen A ppel - H au , 40, evangelisch, aus Schotten: experimentiert, wie wir die Menschen hier auf dem Land »Den Weltgebetstag gestalten bei uns die katholischen und erreichen. Abends haben nur die Zeit, die noch nicht oder evangelischen Frauen im Wechsel. Dieses Jahr sind wir dran nicht mehr im Stall arbeiten müssen. Deshalb feiern wir und ich bin froh, dass ich beim Vorbereitungstreffen so viel den Weltgebetstag vormittags, nachmittags und abends, über den Hintergrund Malaysias erfahre – auch wie der mittlerweile auch mit Besuchern aus Nachbargemeinden. Alltag für die Frauen aussieht. Am besten gefällt mir die Das freut mich umso mehr, als wir eine evangelisch Musik. Mal sehen, was wir davon mit übernehmen können. geprägte Gegend sind. Von der Vorbereitung heute nehme Bei uns wird erst der Gottesdienst in der Kirche gefeiert, ich die Art der Kirchengestaltung mit. Mal die Kultur in danach gehen wir ins Gemeindehaus. Dort werden wir ein den Mittelpunkt zu stellen, mit Musikinstrumenten und kleines Anspiel machen, indem wir aus dem Alltag einer Handwerksk unst – da wäre ich nicht drauf gekommen.« Malaysierin erzählen. Vielleicht haben wir ja jemanden mit eigenen Erfahrungen in der Gemeinde. Wir werden Dias H eide F uchs , vom Land zeigen und erläutern. Danach wird es für alle ein ist schon 17 Jahre her, haben wir einfach die vorgeschlagene schönes, passendes Essen geben.« 70, evangelisch, aus Niddatal: »Früher, das Liturgie abgelesen. Heute sind wir mutiger, wir bringen unsere eigenen Ideen ein. Letztes Jahr zum Beispiel haben T raudel T ausch , 59, katholisch, aus Alsfeld-Schwalmtal: »Ich bin jedes Jahr für den Weltgebetstag verantwortlich – 56 wir überlegt: Wie kann man deutlich machen, was ›arm‹ und ›reich‹ wirklich bedeutet? Wir haben dann ein Bild aus zum einen auf Dekanatsebene, wo ich Informationen und unserem Alltag dafür gefunden: Wie viele Brötchen hat Anregungen weitergebe –, zum anderen aber in der Amerika und wie viele hat Afrika? Das sah dann so aus, dass Gemeinde Wallenrod, wo ich wohne und wo wir jedes Jahr in eine Person (stellvertretend für einen Amerikaner) für sich der katholischen Kirche ökumenisch feiern. Auch Muslime allein so viele Brötchen hatte wie zehn Personen in Afrika kommen vorab zu den Infoveranstaltungen, am Gottesdienst zusammen. So kommt die Gemeinde in einen Dialog und das dann nehmen sie jedoch nicht teil. Wir haben mehrere Jahre finde ich ganz wichtig.« n März 2012 Glaubenskurs in Gambach Der See Genezareth in der Wetterau Gambach in der Wetterau, das Gemeindehaus der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde, ein Gemeindesaal in gedeckten Farben, 16 Personen bilden einen Stuhlkreis: In dessen Mitte liegt der See Genezareth. Petrus steht in olivgrüner Regenkleidung am Ufer und sortiert seine Fischernetze. Es ist einer der ersten Abende, seit die Jünger ihren Herrn zu Grabe getragen haben. Und es ist der letzte Abend des Glaubenskurses »Farbe kommt in dein Leben«. D ie ehrenamtliche Kursleiterin Regina Vasserot- Britta Laubvogel liest die biblische Erzählung (Johannes Kraus steckt in Gummistiefeln und Fischer 21) vor, die diesen Abend am See überliefert. Sie entfaltet montur – und leiht dem Jünger ihre Stimme. ein farbiges Arrangement am Boden: Unter einem grauen »Ich geh’ fischen!« Die Parole hat Petrus aus Stoff erscheint kräftiges Blau für das Wasser des Sees. Als gegeben. Zurück an die Arbeit, zurück zu den Fang, der den Jüngern ins Netz gehen soll, verteilt sie Ursprüngen, ehe der umtriebige Wanderprediger Jesus das bunte Papierfische. Sie lädt die Zuhörer ein, sich jeweils Leben seiner Jünger gründlich aufgemischt hat. Jetzt ist ihr einen der Bibelverse auf Pappkarten auszusuchen. Im Zwie- Meister tot und die Schar weiß nicht, wie es weitergehen gespräch und in der großen Runde tauschen die Kursteil soll. Die Geschichten vom auferstandenen Jesus hält Petrus nehmer ihre Ideen, Fragen und persönlichen Geschichten für »Frauengewäsch«. Lässig und ein bisschen abgebrüht dazu aus. Viel kommt zur Sprache: Eindrücke von Israel gibt sich der Mann im Ölzeug. Aber seine Gedanken kreisen urlauben, Momente aus dem eigenen Alltag, aber auch der um die letzten Begegnungen mit Jesus. Wie er, Petrus, der Abschied von einem kürzlich verstorbenen Angehörigen. Macher, immer wieder gefragt wurde, ob er den Rabbi kenne, »Für alle, die nicht alles glauben«, stand auf dem der sich für den Sohn Gottes hält. »Ich kenn’ den nicht, wie Flyer, der Jutta Mihm auf den Glaubenskurs aufmerksam kommst du darauf?!«, hat er beteuert, dreimal. »Erst die gemacht hat. Das hat sie angesprochen. »Ich kann nicht großen Sprüche geklopft und dann gekniffen«, stellt er alles so glauben, wie es angesagt wird«, sagt die Kinder- jetzt kleinlaut fest und nestelt verlegen an seinen Netzen. krankenschwester und erzählt von einem Pfarrer, der Aids Der Gambacher Glaubenskurs, durch das szenische Spiel mit ans Seeufer versetzt, lauscht gebannt. Kursleiterin eine »Strafe Gottes« genannt hatte. Aus ihrer Arbeit kannte sie Kinder, die mit dem Virus infiziert sind, und wusste: 57 darüber ins Gespräch, wie etwas Neues beginnt. Wenn Menschen sich wiederfinden in biblischen Geschichten, das sind für Laubvogel die »ganz spannenden Momente« in ihren Gruppen. »Auch Erwachsene brauchen biblische Geschichten«, sagt sie, »und die brauchen Deutungen.« Die Glaubenskurse sind für sie deshalb ein Bildungsangebot. »Da werden auch Inhalte vermittelt.« Glauben und Denken sind keine Gegensätze, im Gegenteil. Dass der Glaube »reflektierend geschieht«, darin liegt die Chance zum erwachsenen Glauben. Bei aller Beliebigkeit der spirituellen Landschaft wollen Menschen ihre eigene Sprache im Glauben finden. »Die wollen sich nicht anpredigen lassen«, sagt die Bildungsreferentin im Dekanat Wetterau. Katrin Dippe-Bochinski bedankt sich in der Abschlussrunde für all die Empfindungen und Geschichten, die die Teilnehmenden eingebracht haben. »Den Glauben entdecken und aussprechen unter Gleichgesinnten, offen, ohne schräge Blicke«, das war für sie eine gute Erfahrung. Es sei ja eher unüblich, sich unter Freunden über Glaube zu unterhalten – »man schämt sich irgendwie«, sagt sie und fragt sich, warum das eigentlich so ist. Die Grundschul lehrerin hat sich schon immer mehr Raum im Alltag gewünscht, um Geschichten zu lesen, zu beten, zu singen, »das kommt sonst zu kurz im Alltag«. Das Motto des Kurses »Farbe kommt in dein Leben« findet sie einen »ganz wertvollen Ansatz«. Farbe nimmt sie nicht nur aus den bunten Bodenbildern mit. Sie scheint auch auf in ihren Gedanken zum Bibelvers aus der Geschichte am See Genezareth, als am Morgen der auferstandene Jesus die Jünger auf einmal am Ufer erwartet. In leuchtenden Farben schildert sie, wie »Das kann nicht sein!« Man kann nicht wider die eigene sie morgens die Jalousie vor den Fenstern hochzieht und Überzeugung glauben, »das muss sich von innen heraus ent- hinausschaut in die Natur, wo sich der neue Tag im Morgen- wickeln«, sagt sie und fühlt sich darin durch die vier Abende licht ankündigt. im Glaubenskurs bestätigt. »Meine eigene Geschichte hatte hier Platz.« Immer stand eine biblische Geschichte im Zentrum Ganz gemischt ist die Teilnehmerschar der Glaubenskurse, weiß Britta Laubvogel, die seit 14 Jahren Kurse leitet. Die Altersspanne reicht von 20 bis 75, entsprechend der Abende, die Laubvogel nach dem Kursmodell »Stufen vielfältig sind auch die Lebensgeschichten, Prägungen des Lebens« gestaltet hat. Sie arbeitet gerne mit diesem und Erwartungen. »Ich nutze das als Chance«, sagt Laub- Konzept. Es folgt biografischen Linien und spricht mit den vogel. Die unterschiedlichen Blickwinkel bereicherten den farbigen Bodenbildern mehrere Sinne an. Heute kommt die Austausch. Gruppe anhand der Geschichte vom Auferstandenen am See Mit der Initiative »Erwachsen glauben« der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die die »Erwachsen glauben« Die Aktion »Erwachsen glauben« begann in der EKHN nach einigen Vorbereitungen in der Passionszeit 2012. Inzwischen gibt es 120 Kurse, die zwischen vier und 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer besuchen. Für alle interessierten Teilnehmer (www.kurse-zumglauben.de) und Anbieter (www.kurse-zum-glauben.org) von Glaubenskursen zur Initiative »Erwachsen glauben« stellt die EKD viele Informationen im Internet bereit. Evangelische Kirche in Hessen und Nassau aufgreift, sieht sie das Thema insgesamt im Aufwind. Die Glaubenskurse würden so »aus der verstaubten Ecke« geholt: befristete Angebote, für die immer neue Gruppen zusammenkommen. Laubvogel wünscht sich, dass diese gute Resonanz »nicht nur eine Stichflamme« ist, sondern sich die Ergebnisse der Arbeit in den Glaubenskursen auf Dauer in die Gemeinden übertragen. Die Gambacher Gruppe will ihren Kurs zunächst mit einem gemeinsam vorbereiteten Gottesdienst abschließen – und im Herbst vielleicht einen weiteren Kurs starten. Dann wären sie auf jeden Fall wieder dabei, sagen Jutta Mihm und Katrin Dippe-Bochinski. 58 n März 2012 Predigen im Ehrenamt Du sollst nicht begehren deines Nächsten Festgeld Auskunftsfähiger Glaube: Die Fortbildungsreihe »Zwischen Bibel und Tagesschau« ermuntert Prädikantinnen und Prädikanten, aktuelle Fragen zu stellen. W ie spricht die Bibel über Geld: gut, Die Fortbildungsteilnehmer staunen: Nur selten ist die schlecht, neutral? Die Lautstärke unter Sicht der Bibel aufs Geld negativ. Die grünen Zettel, die den 20 Prädikantinnen und Prädikanten Christiane Braungart vom Zentrum Verkündigung zum steigt mit der Zahl der Gleichnisse, die sie Sortieren der positiven Bibelstellen ausgegeben hat, sind finden. In den fünf Arbeitsgruppen des jedenfalls zuerst verbraucht. Kaum jemand im Raum hätte Workshops »Geld regiert die Welt« wird heftig diskutiert. es für möglich gehalten, doch am Ende steht fest: Die Bibel Es sieht so aus, als gebe es Argumente für und gegen jedes enthält im Alten Testament viele »kapitalfreundliche« Gleichnis. Auf der einen Seite das »Scherflein der Witwe«, Stellen. Es gibt sie auch im Neuen Testament, aber dort wird wo auch die kleinste Gabe zählt. Auf der anderen Seite »Der häufiger vor dem falschen Umgang mit ihm gewarnt. Geld verlorene Sohn«, wo Geld offenbar keine Rolle spielt. Ist es ist also ein Segen – sofern es »ehrlich erworben und sozial dem Vater egal, was mit dem Geld geschehen ist? Oder die verträglich verwendet wird«, fasst Braungart zusammen. berühmten »Talente«, die nicht brachliegen dürfen. Im Birgit Bertelmann, die Diplom-Volkswirtin und Neuen Testament ist Geld ein handfestes Thema. Theologen Referentin für Ökonomie im Zentrum für gesellschaftliche sprechen heute bei diesem Gleichnis lieber vornehm von Verantwortung, und die Pfarrerin Christiane Braungart den gottgegebenen Gaben. Selten klar dagegen das Wort im führen die Fortbildung gemeinsam durch. Die Teilnehmer Brief des Paulus an Timotheus: »Geld ist die Wurzel allen bringen eine große Vielfalt an Erfahrungen ein. Die Jüngste Übels.« ist Anfang dreißig, der Älteste über siebzig Jahre alt. 59 »Der Alltagsbezug ist mir wichtig. Es macht keinen Sinn, nur Sonntagschrist zu sein.« Oft handeln ihre Predigten vom Familienleben. Sie betrachtet Bibelstellen gern im größeren Zusammenhang – und die übergeordnete Botschaft lautet immer: »Wir sind alle Gottes geliebte Kinder.« Den scheinbar so fernen Geschichten haucht die Mutter zweier erwachsener Kinder zeitgemäße Spannung ein. Das hört sich leicht an. Tatsächlich aber steckt viel Zeit und Eine Gruppe Erfahrener etwa gehört zum Verein »Lektoren und Prädikanten«, der die ehrenamtliche Verkündi- manchmal auch Kraft im Ringen um die angemessenen Worte. Mit meinem Sohn »diskutier ich da heftig«. Dennoch gung unterstützt und die Akteure vernetzt, während möchte Claudia Hermanni den Aufwand nicht missen, denn: eine andere Teilnehmerin gerade erst ihre Prädikanten »Je mehr ich mir die Zähne ausgebissen habe, umso besser ausbildung beendet hat. war es hinterher.« Das Spektrum bewegt sich zwischen zwei Polen: »Wieso soll ich über Geld oder gar Tagespolitik reden, ich will das Wort Gottes verkündigen« und »Genau deshalb bin ich hier – ich will die richtigen Fragen richtig stellen können.« Dieses Jahr sind viele gekommen, die beruflich im Finanzbereich arbeiten und wissen wollen, was ihre Landeskirche zu diesem Thema zu sagen hat. Kein Wunder, dass sie das alttestamentarische »Mehren« von Gütern flugs als »Kapitalerhaltung«, die Berücksichtigung von Waisen und Witwen als »sozial-ethische Anlage« übersetzen. Die Runde lacht. Zugleich zeigt sich, wie frisch die alten Geschichten gelesen werden können. Braungart spitzt es zur theologischen Doppelfrage: Wie spricht die Bibel in die Zeit hinein – und wie das Leben in die Bibel? T orsten K eil , 47, verantwortet die finanzielle Verwaltung von Projekten der Entwicklungszusammenarbeit. Verheiratet, zwei Kinder, Prädikant seit 2006: »Die meisten Predigten waren mir zu verkopft, zu praxisfern – ich dachte, das kann ich besser«, beschreibt Torsten Keil, weshalb er sich für eine Prädikantenausbildung entschieden hat. Seine Predigt will er lebensnah, »nicht so abgehoben«. Vor allem will er »die Möglichkeit einer persönlichen Beziehung mit Jesus« aufzeigen. Eine echte Diskussion nach der Predigt, gern auch kontrovers – das würde ihm gut gefallen. Er denkt an Gottesdienste, wie er sie in Afrika erlebt hat, in denen es üblich ist, sich während der Predigt zu äußern. Jenes Bedauern über seltene Rückmeldungen teilt er mit anderen Prädikantinnen und C laudia H ermanni , 51, Krankenschwester, Trainerin für Kinästhetik und Versicherungskauffrau. Verheiratet, zwei Kinder, Prädikantin seit zehn Jahren: Prädikanten. Aus eigener Erfahrung weiß er, wie schnell man ausbrennen kann, wenn man immer mehr arbeitet und die »Ich muss mich ja nicht auf die Kanzel stellen, hab ich zu innere, spirituelle Beziehung zum Tun verliert. »Wenn ich Anfang gedacht – und bin dann doch auf der Kanzel meinen Wert darin spüre, dass ich Gottes Kind bin, ist das gelandet«, erzählt Claudia Hermanni mit einem Augen eine andere Lebensqualität. Es entspannt, wenn ich mich zwinkern. Den Anstoß gab ihr Mann beim Lesen des nicht permanent bemühen muss, dass mich irgendjemand Gemeindebriefs: »Prädikantenausbildung? – Das liegt dir!« gut findet.« Torsten Keil wünscht sich die Menschen weniger Für eine Weiterbildung ist die energiegeladene Frau aus dem »pfarrergläubig«. Einmal hat er sogar an der Kirchentür Westerwald offenbar immer zu haben. Aktives Gemeinde Bibeln verteilt. »Und ich habe keine wieder mitnehmen mitglied ist sie seit ihrer Konfirmation, aber predigen? müssen«, freut er sich über diese Aktion. »Nicht umsonst »Konnte ich mir nicht vorstellen«, versichert sie lachend. hat Martin Luther die Bibel übersetzt: damit wir sie selbst Bis sie plötzlich doch das Gefühl hatte, die Gemeinde lesen können.« könnte von ihrem weiblichen und nicht theologischen Blick profitieren. 60 n April 2012, Karfreitag Aktion der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau Ein stiller Feiertag für die Opfer 2011 und 2012 gab es in Frankfurt und anderswo harte Kontroversen um den Karfreitag. Der stille gesetzliche Feiertag ist den einen unverzichtbar als Raum für ernste Themen, für andere eine Provokation, weil er längst als willkommener Tag zur freien Verfügung gilt. Der Protest gegen die Beschränkungen des Feiertagsgesetzes äußerte sich beispielsweise in öffentlichen Tanzdemos. Auf die Frage der Kritiker, ob ein rein christlich geprägter Feiertag in einer pluralistischen Gesellschaft noch zeitgemäß sei, hat die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) reagiert. Mit einer öffentlichen Werbeaktion – für diesen Tag und seine ganz eigene Botschaft. D ie großen Banner und Plakate auf den Litfaß säulen zeigten eine blutig durchbohrte Hand wie die des gekreuzigten Jesus. Die Finger waren zum Victoryzeichen erhoben. Verletzung und Siegeszeichen zugleich? – Der optische Widerspruch sollte Nachdenken auslösen und auf die christliche Botschaft des Karfreitags hinweisen: In Jesus Christus hat sich Gott an die Seite der Opfer gestellt und den Tod besiegt. Nur dieses einzige Wort stand neben der Hand: »opfer?«. Es ist der Schlüssel zur theologischen Tiefe des Karfreitags, löst aber auch in der Umgangsprache viele Assoziationen aus. Unter Jugendlichen gilt »du Opfer« gegenwärtig als schlimmes Schimpfwort. Die Kurz botschaft des Plakats, das der Darmstädter Künstler Ralf Kopp geschaffen hat, lautet: »Dieser Tag ist wichtig!« Eigentliches Ziel der Aktion war es, Menschen dazu anzuregen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, und Neugier auf die Website www.karfreitag.de zu wecken. Dort nachgedruckt werden. Bestellungen kamen nicht nur aus fanden alle Interessierten vertiefende Informationen und der EKHN, sondern auch aus dem ganzen Bundesgebiet. ein Diskussionsforum. Auf der Website, aber auch auf Das Motiv prangte auf 62 Bannern, jedes acht Meter Facebook, dem größten (kommerziellen) Kontaktnetzwerk hoch, in 54 Orten. Hinzu kamen 131 Litfaßsäulen in den im Internet, wurde eifrig und kontrovers diskutiert. Viele fünf größten Städten der Landeskirche Frankfurt, Wies ablehnende Beiträge bezogen sich hauptsächlich auf das baden, Darmstadt, Mainz und Gießen. Das sorgte für erheb- Tanzverbot an Karfreitag: Feiertag ja – Beschränkung nein. liches öffentliches Aufsehen. Nahezu alle Medien im EKHN- Wer sich nicht ins Internet einklicken konnte oder wollte, Gebiet berichteten, teils mehrfach. Nicht nur das Plakat, dem stand ein Infotelefon zur Verfügung. Aber das wurde sondern auch die Fassadenkletterer, die sie anbrachten, nur von wenigen Anrufern genutzt. Menschen, die sich waren ein gutes Bildmotiv. Die Aktion wurde auch über anderen mitteilen möchten, nutzen dazu heutzutage bevor- regional bekannt, so durch Berichte im TV-Sender VOX, im zugt das Internet. Deutschlandfunk und in einer österreichischen Zeitung. Begleitende Leporellos, Postkarten, Plakate und Die Reaktion der Medien übertraf alle Erwartungen Theologische Handreichungen boten weiteren Informations- und lässt sich nicht alleine mit dem Umfang der Aktion und Gesprächsstoff. Die Nachfrage war groß. Es musste erklären. Denn für sie standen lediglich 100.000 Euro 61 Karfreitagsaktion der EKHN 62 Banner an 54 Einsatzorten 131 Litfaßsäulen n 20.500 Plakate n 50.000 Postkarten n 50.000 Leporellos n 3.000 Theologische Handreichungen n 70.445 Aufrufe der Website www.karfreitag.de n Budget: 100.000 Euro n n Am Karfreitag 2012 haben 15 Prozent mehr Protestantinnen und Protestanten den Gottesdienst besucht als noch 2011. bereit, was für solche Kampagnen eher wenig ist. Kongenialen Konfliktstoff boten die Demonstrationspläne der Piratenpartei und der Grünen Jugend, die jedoch aufgrund der eindeutigen Rechtslage zurückgezogen wurden. Der Erfolg der Aktion zeigt: Die Gesellschaft ist im Tiefsten uneins über das Thema Feiertag, besonders über die stillen Feiertage Karfreitag und Totensonntag. Das Thema ist brisant, weit über die EKHN hinaus. n »Offene Kirche am Karfreitag« in der Cyriakuskirche in Frankfurt-Rödelheim Ein Tag in der Schwebe » ›Der Karfreitag wird abgeschafft?!‹ Das war mein unterschiedlichen Gesten zeigen. »Als ich sie gefragt habe, erster Gedanke, als ich vor einer Woche das Plakat was ihnen dazu einfällt – kam erst mal nichts«, schmunzelt gesehen habe«, erzählt eine Frau aus dem Chor er. »Alle kannten das Victoryzeichen, aber kaum einer der Cyriakusgemeinde. »Danach habe ich mit meiner wusste, was das Wundmal bedeutet.« Nachbarin diskutiert, wir wären sonst bestimmt nicht auf dieses Thema gekommen.« Warum sie heute, am Karfreitag Jeder kennt die Erfahrung, Opfer zu werden in die Kirche gehen? »Weil es der höchste christliche Sind Tanzen und Feiern den Jugendlichen einfach näher als Feiertag ist«, antworten sie wie aus einem Mund. Eine die Themen des Karfreitags? – »Aber die Bezüge liegen doch andere Gottesdienstbesucherin ist gerade am Karfreitag auf der Hand. Jeder von ihnen hat schon mal die Erfahrung gern in der Kirche, »denn es ist ein Tag in der Schwebe: gemacht, Opfer zu sein.« Darüber hinaus registriert Ludwig Noch ist Jesus nicht wieder auferstanden.« Schneider Entwicklungen wie »Freeze Flashmobs«, bei Das Motiv der Kampagne empfindet sie als »zu brutal«. Wie Pfarrer Ludwig Schneider beobachtet hat, Öffentlichkeit für fünf Minuten wie eingefroren zu ver lehnen es vor allem Ältere ab. Trotzdem hat sich die harren. »Ich finde das spannend, es zeigt doch, dass auch Gemeinde entschieden, an der Aktion teilzunehmen, »weil sie das Bedürfnis verspüren, innezuhalten, mal wirklich wir es wichtig finden, die Kirche an diesem Tag über den Ruhe zu haben. Hier müssen wir ansetzen und das immer Gottesdienst hinaus zu öffnen und den Karfreitag ins wieder thematisieren.« Gespräch zu bringen.« Und das gilt auch für die Konfirman- 62 denen sich junge Menschen im Internet verabreden, in der Ein weiterer Beitrag der Cyriakusgemeinde zur dinnen und Konfirmanden. Schon während der Freizeit vor Frankfurter Aktion »Offene Kirchen am Karfreitag« ist die drei Wochen hat der Rödelheimer Pfarrer mit ihnen über die Kreuzwegausstellung, geschnitzt vom südafrikanischen Bildmotive gesprochen, die die Hand des Gekreuzigten mit Künstler Joel Mbuyisa. Verantwortlich dafür ist Elke Gutberlet aus dem Kirchenvorstand. Auch ihr missfiel anfangs das Motiv der blutenden Hand, gesteht sie. »Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto schlüssiger wird es mir, mich mit dem Thema ›Opfersein‹ auseinander zusetzen.« Bei Führungen lenkt sie daher den Blick der Besucher auf Details: »Schauen Sie mal: wie der Soldat auf Jesu kniet und einfach auf ihn losschlägt. Da habe ich ganz schnell Opfersituationen im Sinn, die bei Schülern heute weit verbreitet sind, dass die einfach losschlagen.« Neben der Figurengruppe hat sie einen Infotisch vorbereitet mit Flyern und einem Gästebuch, in das man seine Gedanken eintragen kann. Doch die Seiten bleiben leer, zu ungewohnt und neu scheint die Einladung, sich zum Karfreitag zu äußern. Vielleicht braucht es noch weitere Kar-Momente der Besinnung. Mehr Anstöße, die zeigen, welche Chance ein Tag bietet, der – anders als Weihnachten – vor der Überlagerung durch hektische Geschäftemacherei gefeit ist: einen Tag in der Schwebe des Mitgefühls. n 63 April 2012 Das Zentrum für Frauen der Diakonie Frankfurt Überlebenswichtig Wertschätzung, Respekt und Hilfe zur Selbsthilfe stehen im Mittelpunkt der Arbeit des Zentrums am Alfred-Brehm-Platz. Sozialpädagogin Inge Wienert. Ähnlich einem Café bietet 17 OST Gelegenheit zu ungezwungenen Gesprächen mit anderen Besucherinnen oder den zwei Sozialarbeiterinnen. Die finanziellen Träger des Angebots sind die Stadt Frankfurt, der Landeswohlfahrtsverband Hessen und das Diakonische Werk für Frankfurt am Main. »Zudem wird der Tagestreff seit Jahren von Stiftungen und Spendern unterstützt, ohne die unsere Arbeit so nicht möglich wäre. Dafür sind wir sehr dankbar«, betont die Leiterin des Zentrums für Frauen (Zefra), Karin Kühn. Wegweisendes Konzept Heike S.* schätzt die angenehme, warme Atmosphäre in den künstlerisch gestalteten Räumen. »Für jemanden, der keine Arbeit hat und daher sehr viel Zeit, ist der kommunikative Teil wichtig. Wenn ich Rat brauche, finde ich jederzeit eine Ansprechpartnerin.« Häufig nutzt die S 53-Jährige den PC-Raum und entsprechende Schulungs eit 2008 wird in der ModeKreativWerkstatt in der angebote. »Ich habe meine Computerkenntnisse stark Frankfurter Rohrbachstraße 54 von Frauen für verbessert. Das ist sehr wichtig für den Wiedereinstieg in Frauen geschneidert: Blusen und Blazer, Kleider den Beruf. Normale Kurse hätte ich mir aber nie leisten und Kuscheltiere. Alle 16 Schneiderinnen waren können.« 17 OST ist für sie ein »Leuchtturm« in Frankfurt. vorher lange arbeitslos und hatten keinerlei Näh- erfahrung. Jetzt absolvieren sie als Ein-Euro-Jobberinnen mit Feuereifer einen zwölfmonatigen Kurs in der Hoffnung, anderen Einrichtungen und war für mich überraschend«, danach einen festen Arbeitsplatz zu bekommen. Einige ergänzt Birgit M.*. »Einzigartig«, findet sie die Kreativ sind alleinerziehend und gelten auf dem Arbeitsmarkt als angebote wie Malen, Tanz und Bewegung oder Yoga und schwer vermittelbar. Es ist nicht die einzige Initiative, die nutzt regelmäßig auch Waschmaschine, Küche und Dusche. das Zentrum für Frauen der Diakonie Frankfurt ins Leben gerufen hat. * Die Namen der Frauen hat die Redaktion geändert. 64 Das schöne, einladende Ambiente drücke sehr viel Wert schätzung aus. »Das unterscheidet 17 OST von vielen Bunt und fröhlich wirken sie, die großen Figuren im Garten des Tagestreffs 17 OST der Diakonie Frankfurt. 2001 wurde der Tagestreff für Frauen eröffnet, damals ein wegweisendes Konzept im Bereich Wohnungs losenhilfe. »Sozialarbeit und Bildung gehörten von Beginn an zu den Schwerpunkten«, erklärt Karin Kühn. Das Geschaffen haben sie keine Künstlerinnen, sondern Frauen, Konzept setzt an den individuellen und gemeinschaftlichen die regelmäßig in die Einrichtung am Alfred-Brehm-Platz Selbsthilfepotenzialen der Frauen an, es stärkt die Eigen- kommen. Alle sind sie in schwierigen Lebenslagen, teil- kompetenz und Selbstorganisation und fördert gezielt weise wohnungslos. Zum zehnjährigen Bestehen von 17 OST Gemeinschaft. »Ein Großteil der Besucherinnen von 17 OST fotografierten Nutzer- und Besucherinnen ihre Lieblings lebt in Armut und ist von Wohnungslosigkeit betroffen«, plätze in der Stadt. Herausgekommen ist ein buntes ergänzt Sozialpädagogin Inge Wienert. »Dazu kommen Kaleidoskop, das vom oft schwierigen Alltag der Frauen, seelische, psychische und körperliche Erkrankungen, auch aber auch von ihren Hoffnungen und Wünschen erzählt. bedingt von Armut und Wohnungslosigkeit. Hinzu kommen »17 OST steht Frauen offen, die Gespräche, Kontakte, Trennung, Scheidung, Arbeitslosigkeit, Überschuldung, Bildungsangebote oder einfach Ruhe suchen«, erläutert Inobhutnahme der Kinder durch das Jugendamt.« Von der Fürsorge zur modernen Sozialarbeit I m Jahr 1909 eröffnete der Verein »Weibliche Stadt wichtige Aufgabe der Diakonie, hier umfassend zu unter mission« am Frankfurter Alfred-Brehm-Platz sein stützen und gleichzeitig die Öffentlichkeit für ein Thema Hilfeangebot »für Hilfs- und Ratbedürftige, ferner für zu sensibilisieren, das noch immer zu wenig beachtet wird: gefährdete sowie für verwahrloste oder gefallene Personen So ist nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft weiblichen Geschlechts«. Ein geschichtsträchtiger Ort, Wohnungslosenhilfe e. V. (BAG W) die Zahl der Wohnungs- an dem das Zentrum für Frauen der Diakonie Frankfurt losen seit 2008 bundesweit um zehn Prozent auf aktuell heute Frauen auf vielfältige Weise unterstützt, die sich in 248.000 Personen gestiegen – darunter etwa ein Viertel Not befinden, ihr Leben in den Griff bekommen wollen Frauen. Wie viele Frauen in keiner Statistik erfasst werden, oder eine schwere Krise durchlaufen. Es umfasst folgende kann niemand genau sagen. Nach allen Erfahrungen aber Einr ichtungen und Projekte: sind es wesentlich mehr. ■■ Beratungsstelle ■■17 n für Frauen OST – Tagestreff für Frauen ■■ Lilith – Wohnen für Frauen (mit 28 Einzelzimmern und vier Notbetten) ■■ Tamara – Beratung und Hilfe für Prostituierte ■■ ModeKreativWerkstatt ■■ Stark ■■ Brot mit Kind & Rosen Jährlich ist das Zentrum Anlaufstelle für über 1.900 Frauen. Wie der Leiter des Diakonischen Werkes für Frankfurt am Main, Dr. Michael Frase, betont, ist es eine 65 Kommunikativer Schutzraum ohne Druck Für Birgit M. war 17 OST ein Rettungsanker. Weil sie krank wurde, konnte sie ihre freiberufliche Tätigkeit von einem auf den anderen Tag nicht mehr ausüben. »Der Tagestreff hat mir geholfen, aus der Isolation herauszukommen, ein normales Café kann man sich nicht oft leisten. Hier weiß man, wo man hingehen kann, wenn einem die Decke auf den Kopf fällt. Ohne den Tagestreff wäre ich ins soziale Abseits gestürzt.« »Viele Besucherinnen sind vereinsamt«, sagt Inge Wienert. Zunehmend seien auch Ältere oder alleinstehende Frauen aus finanziellen Gründen von sozialer Isolation betroffen. Im gesamten Frankfurter Stadtgebiet und darüber hinaus gibt es kein vergleichbares Hilfeangebot für Frauen, das in ein so umfassendes Gesamtkonzept integriert ist. »Alle Bereiche greifen ineinander und stehen in enger Vernetzung zu den anderen Angeboten im Zefra. Das ist ein großer Vorteil.« Jedes Jahr verzeichnet der Tagestreff weit über 4.300 Kontakte. Während der vierstündigen Öffnungs zeiten besuchen täglich bis zu 30 Frauen 17 OST. Die ModeKreativWerkstatt befindet sich nicht im Frauenhaus selbst, sondern in der Rohrbachstraße: eine Initiative des Frauenhauses, bei der Hartz-IV-Empfängerinnen in einem Ein-Euro-Job für ein Jahr täglich nähen lernen und arbeiten. Sie nähen oder ändern Kleidungs stücke, die dann im dazugehörigen Laden für bedürftige Menschen mit dem Frankfurt-Pass preiswert verkauft werden. Stärken, ermutigen, Veränderungen einleiten Nadia P.* leidet unter Depressionen, seit ihr Männer Gewalt angetan haben. Die 39-Jährige ist in ärztlicher Behandlung und zurzeit nicht erwerbsfähig. »Die Krankheit hat mich 66 total vom Weg abgebracht.« Nach der Maßnahme des Arbeitsamts zur Wiedereingliederung fiel sie in ein Loch. »Ich wusste nicht mehr, was ich den Tag über machen sollte.« Dann besuchte sie Kurse bei 17 OST, entdeckte das Malen als Hobby. Einen regulären Kurs hätte sie sich nie leisten können. »Das gibt mir sehr viel Kraft ...« Nadia S. kommt mittlerweile regelmäßig, vor allem die Kreativangebote reizen sie. »Sie bringen Sinn in mein momentanes Leben, in dem es sonst sehr viel Leerlauf gibt.« Wenn ein Bild fertig gemalt ist, freut sie sich, dass sie etwas geschaffen hat, was wirklich einen Wert hat. Solche Erfolgserlebnisse seien »überlebenswichtig«, pflichtet Birgit M. bei. Das gilt auch für die Kunstwerke, die sie gemeinsam mit anderen Frauen zum zehnjährigen Bestehen von 17 OST gestalteten. »Wir haben mitgewirkt, dass etwas so Tolles entstehen konnte!«, lächelt Nadia P. stolz. Einmütig wünschen sich die Frauen erweiterte Öffnungszeiten, doch dazu fehlen bisher die finanziellen Mittel. »Die Forderung nach bedarfsgerechten niederschwelligen Hilfeangeboten mit Schutzraum für Frauen in Not- und Krisensituationen hat nicht an Bedeutung verloren, sie ist so aktuell wie vor zehn Jahren«, erklärt Karin Kühn. Für die Zukunft stehe zudem das Thema Gesundheit im Mittelpunkt. »Die Erfolge zeigen, dass die Angebote von 17 OST Frauen stärken, ermutigen und gezielte Veränderungen einleiten.« n Das Diakonische Werk in Hessen und Nassau (DWHN) Mitglieder des DWHN: 205Rechtsträger* mit 398 Einrichtungen/ambulanten Diensten und 21.911 Betten/Plätzen 13Vereine für Jugend- und Erwachsenenhilfe*/Betreuungsvereine* 47Dekanate der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau 265 Mitglieder *mit insgesamt rund 17.500 hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern [Stand: Dezember 2011] Einrichtungen und ambulante Dienste der DWHN-Mitglieder: [Arbeitsbereiche] n Krankenhilfe n Jugendhilfe n Familienhilfe n Altenhilfe n Hospizhilfe n Behindertenhilfe n Hilfen für Personen in besonderen sozialen Situationen n Ausbildung n Sonstige Einrichtungen n Gesamt [Zahl] [Einrichtungen][Betten/Plätze] 15 Krankenhäuser 31 stationäre Einrichtungen 32 teilstationäre Einrichtungen 29 Beratungsstellen sowie ambulante Dienste 4 stationäre Einrichtungen 1 Tageseinrichtung 33 Beratungsstellen sowie ambulante Dienste 90 vollstationäre Einrichtungen inklusive Kurzzeitpflege 38 Betreutes Wohnen für Senioren und Altenwohnungen 13 Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen 2 stationäre Einrichtungen 10 ambulante Hospizdienste 25 stationäre Einrichtungen 13 Tageseinrichtungen 9 Beratungsstellen sowie ambulante Dienste 10 stationäre Einrichtungen 4 Tageseinrichtungen 14 Beratungsstellen sowie ambulante Dienste 8 Ausbildungsstätten 3 Tageseinrichtungen 14 weitere Einrichtungen und Dienste 398 55 2.778 1.114 1.365 125 275 149 8.505 1.601 202 24 Das DWHN gibt einen eigenen Jahresbericht heraus. Sie können ihn hier anfordern: Diakonisches Werk in Hessen und Nassau Ederstraße 12 60486 Frankfurt Telefon (069) 7947-0 E-Mail [email protected] 2.300 1.971 400 288 18 67 520 40 169 21.911 Diakoniestationen sind dem DWHN nach Paragraf 13 Absatz 1 Satz 2 des Diakoniegesetzes angeschlossen. 67 Mai 2012 Krippengruppe in Oberdieten im Kreis Marburg-Biedenkopf Willkommen in der Welt Im Jahre 2013 wird jedes Kind ab zwölf Monaten einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz haben. Die Kommunen werden diesen Anspruch nicht voll einlösen können, doch die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) leistet bereits jetzt ihren Beitrag für ein möglichst flächendeckendes Angebot. In 80 der 602 EKHN-Kindertagesstätten sind in den letzten Jahren Gruppen für Kinder unter drei Jahren eingerichtet worden. Das Beispiel Oberdieten zeigt, welche hohen Qualitätsstandards hier – wie auch in den evangelischen Kinder tagesstätten – gelten. Das entsprechende Investitionsprogramm ist Ende 2011 ausgelaufen. » Es umfasste acht Millionen Euro. 68 Wie sollen wir dich begrüßen?« Die »Sind Krabbelkinder unter drei Jahren zu Hause nicht 18 Monate alte Mia klatscht in die Hände besser aufgehoben?« Oder auch: »Muss ausgerechnet die und gluckst voller Vorfreude, denn evangelische Kirche Krippen anbieten?« In ländlich schon singen die Erzieherinnen: geprägten Gebieten wie im Kreis Marburg-Biedenkopf »Wir sagen guten Morgen! Hallo, hallo, werden solche Fragen oft gestellt. Vor allem die ältere hallo. ... Wir klatschen für die Mia, die Mia, die Mia – und Großelterngeneration denkt bei Krippen eher an Auf wünschen guten Tag!« Jeder Morgen in der mittelhessi- bewahranstalten denn an liebevolle Fürsorge, Bildung und schen Kinderkrippe Oberdieten beginnt mit diesem Ritual. Erziehung. Doch heute gelten andere Maßstäbe. Viele Es gibt jedem Krabbelkind die Sicherheit, willkommen zu Eltern wissen: Gerade die Kleinsten brauchen eine sein, und stärkt seine Fähigkeit, sich zu beteiligen und sich anspruchsvolle Betreuung, weil in diesem Alter wichtige auszukennen. geistige und psychische Weichen gestellt werden. Aber Oberdietener Krippe Die Krippe wurde 2011 an die Kita angebaut. Sie bietet in zwei Gruppen Platz für je zehn Kinder im Alter zwischen einem und drei Jahren. Zurzeit gibt es eine Gruppe. Vier Erzieherinnen teilen sich zwei Stellen, mindestens zwei sind immer bei den Kindern. Die Gruppe ist eine von 80, welche die EKHN in den letzten vier Jahren gemeinsam mit den Kommunen neu eingerichtet hat: Bis zum Jahr 2013 soll es bundesweit für 35 Prozent aller Kinder ab dem ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kindertagesstätte geben. nicht nur die Kleinsten gilt es zu begleiten, sondern auch ihre Eltern. Die EKHN setzt daher wie bei den Kindertages stätten auf hohe Standards. Beziehungsbänder knüpfen Frühe Bildung und Entwicklung von Kindern unter drei Jahren gehörte bis vor Kurzem nicht zur Ausbildung einer Erzieherin. Deshalb hat der Fachbereich Kindertagesstätten im Zentrum Bildung der EKHN ein fünftägiges Seminar zum Grundlagenwissen erarbeitet, das alle neuen Krippen erzieherinnen absolvieren können. Schließlich geht es nicht nur um einen Betreuungsplatz, in gewissem Sinne wird die Familie des Kindes erweitert. Die junge Mutter Rebecca Schneider vertraute auf ihr Bauchgefühl: »Hier habe ich mich sofort wohlgefühlt.« Ihre 16 Monate alte Emily befindet sich in der letzten Phase der Eingewöhnung. Der erste Trennungsschmerz ist überwunden. Nur manchmal fragt die Kleine: »Mama?« »Bald kommt die Mama«, versichert ihre Eingewöhnungserzieherin Nadja Petri. 69 Einr ichtungen aus dem Dekanat wurden aufgenommen: »Die Wasserhähne haben wir in kindgerechter Höhe am Waschbecken anbringen lassen, damit den Kindern beim Öffnen der Hähne das Wasser nicht in den Ärmel läuft.« Sehr stolz sind die Mitarbeiterinnen auf den Nassbereich Kindertagesstätten in der EKHN 2011 Hessen Rheinland Pfalz n Kitas 491 111 n Kita-Gruppen 1.443 324 n Kita-Plätze 33.450 7.506 n belegte Plätze 31.183 6.880 n Auslastung 93,2 % 91,7 % im Waschraum, den Handwerker aus dem Ort nach deren EKHN 602 1.767 40.956 38.063 92,9 % Im Jahr 2011 wurden zahlreiche »Regelgruppen« für Kinder von drei bis sechs Jahren in Krippengruppen für Kinder unter drei Jahren umgewandelt. Regelgruppen dürfen bis zu 25 Kinder aufnehmen, Krippengruppen aber nur zehn. Deshalb gibt es im Jahr 2011 weniger Plätze in Kinder tagesstätten als im Jahr davor. Ideen gefertigt haben. »Da drin können sie nach Herzenslust mit Fingerfarben malen – und natürlich planschen.« Die Einrichtung der Krippe unterstützt die Kinder dabei, sich den ganzen Tag über selbstbestimmt zu bewegen und ihre Umgebung zu entdecken. Gekonnt rutscht die 16 Monate alte Serah jetzt auf einer Seite ihres Windelpopos eine sanfte Schräge herunter. Die großen braunen Augen verraten ihre Freude. Doch was ist dort los? Janni schreit. Entdeckerlust, Schmerz und Konflikte liegen bei den Kleinen oft nah beieinander. Er hat sich den Kopf gestoßen. Serah ist voller Mitgefühl für den Anderthalbjährigen, den die Erzieherin tröstet – eine große Leistung für ein so kleines Kind. Evangelische Kindertagesstätten sind aber auch Orte religiöser Bildung. Ihre Botschaft: Gott liebt alle Kinder, so wie sie sind. In Oberdieten erfahren Kinder das etwa beim Tischgebet oder durch die Bibelgeschichte, die derzeit jeden Morgen erzählt wird. Heute die vom verlorenen Schaf. Der Hirte sucht es so lange, bis er es Je fester die Beziehung zu den Eltern ist, desto selbst wiedergefunden hat. Erzählt mit kleinen Figuren und Natur- bewusster gelingen den Kleinen die Schritte in die auf- materialien. Die Bibelgeschichte wird auch Thema des regende neue Welt. Das Oberdietener Kita-Team will Kindern Familiengottesdienstes in zwei Wochen sein. »Da stehe ich und Eltern dabei helfen. Intensive Erziehungspartner- voll dahinter«, sagt Michaela Tremmel, die jetzt ihr zweites schaft mit den Eltern gehört daher ebenso zum Konzept wie Kind erwartet und es unbedingt auch hierher bringen will. eine achtsame Pflege der Kinder, betont Krippenleiterin »Schön, dass hier auch christliche Lieder gesungen werden. Anika Hermann. »Es kommt weniger auf die Aktionen an, In der Gruppe haben die Kinder so viel Spaß daran und als darauf, wie wir uns auf die Kinder einlassen.« machen mit – alleine und zu Hause könnte ich das so gar nicht.« Lernen mit allen Sinnen Die viel gelobte Ausstattung haben die Verantwortlichen mit großem Aufwand geplant. Vor dem Neubau hat sich Kita-Leiterin Heike Weidenbach Krippen in Hamburg und Berlin angeschaut. Auch die Erfahrungen anderer 70 n Juni 2012 Das Global Youth Village auf dem Jugendkirchentag in Michelstadt »Wir sind alle sooo verschieden – und zugleich sooo ähnlich« Zum dritten Mal hat die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) junge Erwachsene aus ihren 16 Partnerkirchen zum ökumenischen Lernen und interkulturellen Austausch eingeladen. Die 60 jungen Leute, zwischen 18 und 26 Jahre alt, kamen aus Afrika, Asien, Amerika, Europa und aus der Landeskirche. In Gastfamilien, Schulen und Gemeinden lernten sie den Alltag in Deutschland kennen. Dann trafen sie sich in Michelstadt im Odenwald und erlebten intensive Tage im multikulturellen Ausnahmezustand. Um sie herum und mit ihnen tobte derweil der Jugendkirchentag mit 4.000 Jugendlichen. K onzentriert greift der Koreaner in die Tasten. lächeln sie einander an, klatschen sich ab und freuen sich Das Klavier steht im berühmten Michelstädter mächtig über das, was ihnen da gerade gelungen ist. Stadthaus. Den Saal, in dem sonst steife Nicht alle Momente der Begegnung im Village sind Sitzungen stattfinden, haben fleißige Hände so beglückend, denn Sprachbarrieren – man verständigt umfunktioniert zum Eine-Welt-Café, dem Pausen- sich auf Englisch – und eine gewisse Scheu gegenüber den treffpunkt des Global Youth Village. Und der summt vor Fremden sind zu überwinden. Doch die Musik trägt darüber Gelächter und Gesprächen wie ein Bienenstock. Mittendrin hinweg. Nicht umsonst haben die Organisatoren Helga das Klavierspiel des 20-Jährigen. Jetzt kommt in schwarzer Rau, Friedhelm Pieper und Johny Thonipara vom Zentrum Südafrikaner mit Baseballkappe dazu. Er äugt dem anderen für Ökumene die Partnerkirchen gebeten, Delegierte zu über die Schulter, setzt die Trompete an und folgt nun auch schicken, die einen Bezug zur Musik haben. dem Notenblatt auf dem Klavier. Vorsichtig tastend ver Das erste Dorf für die Jugend der Welt (Global Youth binden sie ihre Tonfarben – bis ein Tansanier aus der Afrika- Village) veranstaltete die EKHN 2001 zum Deutschen Ecke den Rhythmus aufgreift und wie selbstverständlich Evangelischen Kirchentag in Frankfurt. Das zweite folgte seine Trommel dazu schlägt. Nach dem letzten Akkord zum Jugendkirchentag der EKHN in Friedberg/Bad Nau71 Der Jugendkirchentag in Zahlen vier Tage und drei Nächte, vom 7. bis 10. Juni 2012 insgesamt 4.000 Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren, davon 1.400 Dauergäste in sieben Quartierschulen n 800 Helfer und Mitarbeiter n sechs Bühnen n über 150 Programmpunkte n 20 Bibelarbeiten und Jugendgottesdienste n fünf Themenparks n n Als Highlights benannten die Jugendlichen: n die Aquaparty (eine Party im Michelstädter Hallenbad mit lauter Musik und Diskolichtern) n der Tauchtruck (ein großer Sattelschlepper mit einem Tauchbecken aus Glas, das mit 36.000 Litern Wasser gefüllt ist) n das Café Jazz (eine Band aus Bautzen) n der Hochseilgarten »Stairway to Heaven« (gemeinsam organisiert von Dekanat Schotten und der Evangelischen Jugend in Hessen und Nassau) n das Bobbycar-Rennen (eine 100 Meter lange Rennstrecke für rennfit gemachte Bobbycars) n die »Nacht der Kulturen« im Global Youth Village n die Konfirallye – »Nur mal kurz die Welt retten« www.good-days.de einer Andacht in jeder der sieben Quartiersschulen für die Dauergäste. Intensive Momente entstehen. Als ein junger Mann aus Südkorea inbrünstig für die Aussöhnung seines Landes mit Nordkorea betet und dabei anfängt zu weinen, fließen auch über viele andere Wangen die Tränen. Gemein schaft im Glauben und im Hoffen entsteht, sie ist stärker als Sprach- und Kulturbarrieren. Das Programm geht auf dem Jugendkirchentag weiter mit Bibelarbeiten und Workshops zu Themen wie Spiritualität, Klimawandel, Umwelt, Gleichberechtigung und Sexualität. Themen, die für junge Menschen wichtig sind. Oft klaffen die Vorstellungen weit auseinander. »Manchmal habe ich Mühe, das, was ich hier höre, mit dem unter einen Hut zu bringen, was ich kenne«, sagt etwa Michael Wandusim aus Ghana. Im Workshop »Wo ich zu Hause bin« hat der 22-jährige Student gerade seinen Alltag beschrieben: Morgens um 4.30 Uhr steht er auf, bereitet Gebete vor, liest in der Bibel, frühstückt. Danach läuft er zur Universität, wo er täglich vier Seminare absolviert. Zwei Mal täglich trifft er sich zudem mit anderen heim. Eingeladen sind jeweils 18- bis 26-Jährige aus den Presbyterianern im Gebetszentrum auf dem Campus. Gegen Dekanaten der EKHN und deren Partnerkirchen in Ghana, halb acht abends kehrt er in sein Zimmer zurück. Am Tansania, Südafrika, Indonesien, Indien, Korea, Polen, Sonntag: Kirchgang, Gebete, Bibelexegese. ... Der schmale Italien und den USA. junge Mann sagt selbstbewusst: »Das ist mein Leben seit In Michelstadt haben die Village-Bewohner ein strammes Programm. Es steht unter dem Motto »Zwischen Globalisierung und Tradition« und beginnt morgens mit drei Jahren – da ist nicht viel Platz für Freizeit oder Party. Aber das ist normal für mich.« Die Deutschen fragt er: »Geht ihr wirklich nur sonntags in die Kirche?« Zwar hatte er zuvor schon gelesen, dass hier vieles anders sei, dennoch war er mit der Erwartung gekommen, »Gebetsgemeinschaft mit den Deutschen« zu erleben. »Liest du die Bibel?«, lautet seine Standardfrage, die Antwort lautet in der Regel: »Nein«. »Aber woran glaubst du dann?«, wollte er von Rebekka Hermann wissen. »Ich habe ihm erklärt, dass ich noch nicht so gefestigt bin in meinem Glauben – und da hat er mir dringend empfohlen, die Bibel zu lesen.« Sie lacht belustigt, doch dann überlegt die 17-Jährige: »Irgendwie 72 hat er mich überzeugt, ich werde es mal versuchen.« Ein Was nimmt Michael mit nach Ghana? – »Es gehört bei uns Impuls für beide, wenn die tiefe persönliche Frömmigkeit nicht zum Alltag, dass die Ansicht eines Jüngeren zählt. eines afrikanischen Christen auf die eher zurückhaltende Das freie Reden hier hat mir gut getan. Es befreit den Kopf, Glaubenshaltung vieler Mitglieder der Volkskirchen in Dinge anders zu sehen und darüber nachzudenken.« Es ist Deutschland trifft. genau das, was die Organisatoren antreibt. Unbef angener, Die aus aller Welt angereisten jungen Leute sind als sich das Erwachsene – auch die als Anstandshüter aus meist fest in alten Traditionen verwurzelt. Das befremdet Tansania mitgereisten – je vorstellen können, gehen die und fasziniert die Deutschen zugleich. Anderes verbindet Jungen aufeinander zu. Nicht alles verstehen sie dabei, aber sie, zum Beispiel der dringende Wunsch, manches zu sie nehmen es als Vielfalt des Lebens mit. Ein Mädchen ändern: unbedingt und sofort! So kritisiert Akshim Bindra bringt es auf den Punkt: »Es ist unglaublich: Wir sind alle aus Indien den Ablauf von Gottesdiensten hier ebenso wie sooo verschieden – und zugleich sooo ähnlich.« n bei ihm zu Hause: »Vorn steht der Pfarrer und die Gemeinde betet alles nach. Langsame Lieder, alle müssen still sein – und schlafen ein. Wir sollten mehr zusammen machen und uns aufeinander beziehen.« Verschmitzt plädiert er für mehr Enthusiasmus. »Wir wollen nicht still sein. Wir wollen ein bisschen zu Christus schreien!« Hätten ihm die Konfirmandengruppen zugehört, die immer mal wieder vom Jugendkirchentag hereinschneien – sie würden sicher mit ihm lachen. Meist schauen sie nur kurz herein und flattern wieder davon, nach draußen ins vertraute Gemisch aus Klettern, bekannter Musik und zig anderen Gelegenheiten, etwas zu erleben. Dieses bunte Angebot des Jugendkirchen tags befremdet dagegen manche Gäste aus Übersee. Sie staunen über die Mischung aus geistlichen und thema tischen Angeboten, Konzerten, sportlichen Aktivitäten – einem Freizeitpark nicht unähnlich – aus evangelischer Hand. Damit trifft der Jugendkirchentag den Geschmack der jungen Leute, doch manche Gäste fragen kritisch: »Was gebt ihr den jungen Leuten von Christus mit?« Einige von ihnen haben dann aber auch viel Spaß, zum Beispiel am Hochseilgarten und am Bobbycar-Rennen. Organisator Johny Thonipara vom Zentrum für Ökumene zieht kritisch Bilanz und lernt daraus für das nächste Mal: weniger Programm – mehr Zeit für persönliche Begegnungen. »Die Jugendlichen tauschen sich in den Pausen viel intensiver aus als in den Workshops«, hat er Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in der EKHN In den Kirchengemeinden der EKHN gab es im Jahr 2011 – einschließlich der Chöre und der Angebote für Konfirmandinnen und Konfirmanden – insgesamt: n 2.129 Gruppen für Kinder (darunter Kinderchöre, Pfadfindergruppen) n 1.217 Gruppen für Jugendliche Viele Gemeinden bieten Veranstaltungen für Jugendliche an: 75 Prozent aller Gemeinden machen, unabhängig vom Konfirmandenunterricht, besondere Angebote für Konfirmandinnen und Konfirmanden (dazu gehören Konfi-Treffs und -Freizeiten). n 27 Prozent der Gemeinden machen gezielt spirituelle Angebote für Jugendliche. n Bei 100 Angeboten kooperiert die gemeindliche Jugendarbeit in … n … 67 Fällen mit der Dekanatsjugendarbeit. n … 23 Fällen mit der Schule. n … 32 Fällen mit anderen Anbietern von Jugendarbeit. In mehr als der Hälfte aller Gemeinden haben die ehrenamt lichen Mitarbeiter/-innen in der Jugendarbeit eine Schulung oder Fortbildung für die Arbeit mit Jugendlichen besucht. n In 53 Prozent der Gemeinden sind Kinder und Jugendliche an der Planung des Gemeindelebens beteiligt. n Fast 68 Prozent der Gemeinden haben für Kinder und Jugendliche eigene Räume eingerichtet. n 54 Prozent der Gemeinden finanzierten im Jahr 2011 ihre Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu einem Teil durch Spenden. n beobachtet. 73 EKHN-Haushalt Einnahmen 2011 2010 2011 2011 Anteil an den Gesamteinnahmen [T Euro] [T Euro] [%] Laufende Einnahmen Kirchensteuer netto 428.982,60 424.393,88 83,4 2011 Veränderung gegenüber 2010 [%] – 1,1 Erlöse, Kostenerstattungen 26.900,06 24.855,06 4,9 – 7,6 Staatsleistungen und -erstattungen 12.943,84 13.094,39 2,6 + 1,2 Zins- und Vermögenserträge [1] 14.508,34 16.731,94 3,3 + 15,3 Sonstige laufenden Einnahmen [2] 13.286,34 7.052,04 1,4 – 46,9 496.621,18 486.127,32 95,5 – 2,1 22.872,87 19.756,29 3,9 – 13,6 Vermögenswirksame Einnahmen Rücklagenentnahmen [3] 921,56 2.916,31 0,6 + 216,5 Sonstige vermögenswirksame Einnahmen 23.794,43 22.672,60 4,5 – 4,7 520.415,61 508.799,92 100,0 – 2,2 Summe aller Einnahmen Erläuterungen: [1] Die EKHN hat ihr Vermögen umgeschichtet. Dadurch erzielte sie bei diesem Posten höhere Erträge. [2] Im Jahr 2011 schüttete die EKHN keine Mittel aus der Kirchbaurücklage an den gesamtkirchlichen Haushalt aus. [3] Im Jahr 2011 schichtete die EKHN die Betriebs mittelrücklage der Regionalverwaltungsverbände um. Für das Jahr 2012 rechnet die EKHN mit Kirchensteuer einnahmen in Höhe von 420 Mio. Euro (ein Minus von 4 Mio. Euro) und Gesamteinnahmen in Höhe von 544 Mio. Euro (ein Plus von 31 Mio. Euro). 74 EKHN-Haushalt Ausgaben 2011 D iese Übersicht über den Haushalt 2011 Gottesdienste werden in den Gemeinden gefeiert, deshalb informiert Sie nur darüber, mit welchen fällt dort auch der Großteil der Kosten dafür an. Sie sind zentralen Leistungen die Landeskirche die hier aber nicht im Budget Verkündigung enthalten, einzelnen Handlungsfelder unterstützt. sondern im Budget der Gemeinden und Dekanate. Der landeskirchliche Haushalt erfasst lediglich die Sie gibt nicht die realen Aufwendungen wieder, welche die Evangelische Kirche in Hessen und Ausgaben und Dienstleistungen, die in den einzelnen Nassau (EKHN) auf allen Ebenen für die einzelnen Arbeitsbereichen auf Ebene der Landeskirche anfallen. Bereiche des Budgets aufbringt. Eine Gesamtschau In etlichen Arbeitsbereichen stehen ihnen auch Ein- müsste zusätzlich die Aufwendungen der Gemeinden nahmen gegenüber – vorwiegend öffentliche Entgelte und und Dekanate erfassen, die den jeweils größten Teil Förder mittel (➔ Seite 74). ausmachen. – Beispiel Verkündigung: Die meisten Ausgaben 2011 508,8 Mio. Euro n Kirchliche Arbeit auf Gemeinde- und Dekanatsebene 55,3 % n Kirchliche Handlungsfelder 15,4 % n Allgemeines Finanzwesen (Versorgungsleistungen, Beihilfen ...) 14,6 % Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) 6,3 % Dienstleistungen incl. Kirchenverwaltung, Öffentlichkeitsarbeit und Rechnungsprüfungsamt 4,8 % n Theologische Ausbildung und IPOS 2,4 % n Zentrales Management landeskirchlicher Gebäude 0,7 % n Leitungsgremien Synode und Kirchenleitung 0,5 % n n Bildung 6,3 % Gesellschaftliche Verantwortung und Diakonie 4,2 % Ökumene 2,1 % Seelsorge 1,7 % Verkündigung 1,1 % Auf den folgenden Seiten finden Sie eine detaillierte Übersicht der Ausgaben. Einige Kennzahlen aus dem Jahre 2011 n Kindertagesstätten: Mit etwa 953 Euro pro Jahr fördert die EKHN jeden Kitaplatz. Insgesamt gab sie 36,0 Mio. Euro für 37.791 Plätze aus. n Gebäude: 11.993 Euro investierte die EKHN durchschnittlich in jedes ihrer Gebäude. Insgesamt gab sie 49,8. Mio. Euro für die Erhaltung ihrer 1.287 meist denkmalgeschützten Kirchen und 2.867 weiterer Gebäude aus. n Kirchensteuer: 248 Euro Kirchensteuer erhielt die EKHN im Jahresdurchschnitt von jedem Mitglied. Insgesamt 424 Mio. Euro von 1.706.128 Mitgliedern. n Tagungshäuser: Im Jahr 2011 gab es insgesamt 63.400 Übernachtungen, davon 37.120 von EKHN-Mitgliedern. Für diese gab es einen reduzierten Tarif. Die Zuschüsse dafür – 17 Euro pro Übernachtung – betrugen insgesamt 630.200 Euro. 75 EKHN-Haushalt Ausgaben 2011 [Fortsetzung] Ausgaben Anteil an den Gesamtausgaben [T Euro] [%] Budgetbereich Kirchliche Arbeit auf Gemeindeund Dekanatsebene Kirchengemeinden91.609,71 Kindertagesstätten36.017,93 Gebäudeinvestitionen37.410,93 Dekanate37.390,11 [4] [4] Einmaliger Effekt 2011 durch die Regionalverwaltungen Umschichtung von 2,39 Mio. Euro Zuführungen an kirchengemeindliche Rückstellungen/Rücklagen aus der Betriebsmittelrücklage der Ergebnisorientierte Entgeltsonderzahlung an Mitarbeitende Regionalverwaltungsverbände. der Kirchengemeinden und Dekanate [5] 9.373,76 3.355,52 4.600,00 Gemeindepfarrdienst61.735,48 [5] Die Bonuszahlungen für landeskirchliche Mitarbeitende – weitere 4,6 Mio. Euro – bucht die EKHN im Budgetbereich »Allgemeines Finanzwesen«. Sonstige Vertretungen 37,67 281.531,11 Nachrichtlich: Anteil Versorgungs- und Beihilfekosten für diesen Bereich (enthalten im Budgetbereich »Allgemeines Finanzwesen« auf Seite 79) 55,3 34.639,69 Budgetbereich Verkündigung Gottesdienst25,95 Bibelgesellschaften492,13 Sonstige Kirchenmusik 76,47 Evangelischer Kirchentag 29,86 Evangelische Studierendengemeinden 1.452,79 Sonstige Verkündigung 1.058,79 Zentrum für Verkündigung 2.669,75 5.805,74 Nachrichtlich: Anteil Versorgungs- und Beihilfekosten für diesen Bereich (enthalten im Budgetbereich »Allgemeines Finanzwesen« auf Seite 79) 1,1 1.003,32 Budgetbereich Seelsorge Klinikseelsorge3.163,06 Altenheimseelsorge570,43 [6] Aus den Kollekten führte die EKHN 0,16 Mio. Euro den Rücklagen der Hospizarbeit zu. Hospizarbeit [6] 204,85 Altenheim-, Krankenhaus- und Hospizseelsorge 978,46 Seelsorge an Sprach- und Gehörgeschädigten 264,96 Behindertenseelsorge354,60 Notfallseelsorge596,65 Telefonseelsorge333,00 Polizeiseelsorge204,97 Flughafenseelsorge101,34 Gefängnisseelsorge878,53 Kapellenausstattung49,00 Zentrum für Seelsorge und Beratung 980,06 8.679,90 Nachrichtlich: Anteil Versorgungs- und Beihilfekosten für diesen Bereich (enthalten im Budgetbereich »Allgemeines Finanzwesen« auf Seite 79) 76 4.191,25 1,7 Ausgaben Anteil an den Gesamtausgaben [T Euro] [%] Budgetbereich Bildung Stadtjugendpfarrstellen274,34 Jugendkulturkirche650,53 Religionsunterricht10.888,14 Konfirmandenunterricht7,66 Religionsunterricht durch gesamtkirchliche Gemeindepädagogen 222,58 Kirchliche Schulämter 716,03 Religionspädagogische Institute 1.437,00 Kirchliche Grundschulen Laubach-Kolleg 865,99 [7] 3.989,32 Evangelisches Gymnasium Bad Marienberg 1.653,44 Evangelische Akademie 697,49 Freizeitheim Ebernburg 26,10 Sonstige Bildung 1.725,30 Zentrum Bildung 5.334,36 Betriebsgemeinschaft Tagungshäuser 3.588,06 [8] 32.076,33 Nachrichtlich: Anteil Versorgungs- und Beihilfekosten für diesen Bereich (enthalten im Budgetbereich »Allgemeines Finanzwesen« auf Seite 79) [7] Durch die energetische Sanierung des Laubach-Kollegs stiegen die Ausgaben um 0,8 Mio. Euro. 6,3 8.013,36 [8] Durch die Grundsanierung des Tagungshotels Martin-NiemöllerHaus entstanden Ausgaben in Höhe von 1,9 Mio. Euro. Budgetbereich Gesellschaftliche Verantwortung und Diakonie Diakonisches Werk in Hessen und Nassau 18.926,45 Sonstige Gesellschaftliche Verantwortung und Diakonie 1.009,97 Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung 1.483,64 21.420,06 Nachrichtlich: Anteil Versorgungs- und Beihilfekosten für diesen Bereich (enthalten im Budgetbereich »Allgemeines Finanzwesen« auf Seite 79) 4,2 441,50 Budgetbereich Ökumene Missionswerke und Partnerkirchen 2.996,11 Friedensdienst50,76 Bekämpfung der Not in der Welt (kirchlicher Entwicklungsdienst) 303,65 Ökumenische Bildungsarbeit (interkonfessioneller und interreligiöser Dialog) 151,32 Evangelischer Entwicklungsdienst 4.703,83 Sonstige Ökumene 346,71 Zentrum für Ökumene 1.973,38 10.525,76 Nachrichtlich: Anteil Versorgungs- und Beihilfekosten für diesen Bereich (enthalten im Budgetbereich »Allgemeines Finanzwesen« auf Seite 79) 2,1 351,10 77 EKHN-Haushalt Ausgaben 2011 [Fortsetzung] Ausgaben Anteil an den Gesamtausgaben [T Euro] [%] Budgetbereich Theologische Ausbildung und IPOS Vorbereitungsdienst der Vikarinnen und Vikare [9] Die bis 2012 durchgeführte Renovierung verursachte Ausgaben in Höhe von 3,5 Mio. Euro. 1.164,35 Sozialstipendien/-darlehen aus zweckgebundenen Kollektenmitteln 46,50 Theologisches Seminar 733,33 Kirchliche Studienbegleitung 158,92 Universitäten, Theologiestudium 79,22 Evangelische Hochschule Darmstadt [9] Berufspraktikum Gemeindepädagogen/sozialpädagogische Fachschulen und sonstige Ausbildung Institut für Personalberatung, Organisationsentwicklung und Supervision 7.687,01 475,72 2.015,32 12.360,36 Nachrichtlich: Anteil Versorgungs- und Beihilfekosten für diesen Bereich (enthalten im Budgetbereich »Allgemeines Finanzwesen« auf Seite 79) 2,4 1.020,57 Budgetbereich Landeskirchliche Dienstleistungen Kirchenverwaltung16.566,54 Sonstige Verwaltung, Gerichtsbarkeit 1.119,54 17.686,08 Nachrichtlich: Anteil Versorgungs- und Beihilfekosten für diesen Bereich (enthalten im Budgetbereich »Allgemeines Finanzwesen« auf Seite 79) 3,5 2.228,28 Budgetbereich Öffentlichkeitsarbeit 5.149,96 Nachrichtlich: Anteil Versorgungs- und Beihilfekosten für diesen Bereich (enthalten im Budgetbereich »Allgemeines Finanzwesen« auf Seite 79) 1,0 171,23 Budgetbereich Synode 647,28 Nachrichtlich: Anteil Versorgungs- und Beihilfekosten für diesen Bereich (enthalten im Budgetbereich »Allgemeines Finanzwesen« auf Seite 79) 0,1 35,27 Budgetbereich Kirchenleitung 1.823,34 Nachrichtlich: Anteil Versorgungs- und Beihilfekosten für diesen Bereich (enthalten im Budgetbereich »Allgemeines Finanzwesen« auf Seite 79) 78 514,50 0,4 Ausgaben Anteil an den Gesamtausgaben [T Euro] [%] Budgetbereich Allgemeines Finanzwesen Versorgungsleistungen Pfarrer/-innen und Kirchenbeamtinnen/-beamte 38.738,21 Sonstige Altersversorgung 8,40 Beihilfe15.590,74 Überbrückungsfonds/Übergangsstellenplan [10] 6.091,61 [10] Die EKHN stockte den Überbrückungsfonds um 5,5 Mio. Euro auf. Kirchensteuerverwaltung/Clearing0,12 Sammelversicherungen3.004,93 Zuführung an Ausgleichsrücklage 2.379,89 Ergebnisorientierte Entgeltsonderzahlung an Mitarbeitende der Landeskirche 4.600,00 Sonstige Vermögensverwaltung 3.716,34 74.130,25 14,6 Budgetbereich Rechnungsprüfungsamt 1.328,55 Nachrichtlich: Anteil Versorgungs- und Beihilfekosten für diesen Bereich (enthalten im Budgetbereich »Allgemeines Finanzwesen« auf Seite 79) 0,3 389,29 Budgetbereich Zentrales Management landeskirchlicher Gebäude 3.454,46 0,7 Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) Allgemeine Umlage 10.114,52 Finanzausgleich an östliche Landeskirchen 20.018,61 Ostpfarrerversorgung1.002,82 Andere Umlagen 1.044,77 32.180,72 6,3 Summe 508.799,92 100,00 79 Impressum EKHN © August 2012 Herausgegeben von der Kirchenleitung der EKHN Paulusplatz 1 64285 Darmstadt Telefon (06151) 405-504 E-Mail [email protected] www.ekhn.de Verantwortlich: Oberkirchenrat Pfarrer Dr. Joachim Schmidt Redaktion/Koordination: Oberkirchenrat Pfarrer Dr. Joachim Schmidt, Oberkirchenrat Pfarrer Stephan Krebs, Pfarrer Matthias Pape Texte: n Kathrin Althans: Seiten 57 – 58 n Lilith Becker: Seiten 20 – 22, 30 – 31 n Gesine Bonnet: Seiten 23 – 26, 27 – 29, 42 – 43 n Bernd Buchner: Seiten 44 – 45, 53 – 54 n Jörn Dietze: Seiten 64 – 67 n Jörg Echtler: Seiten 39 – 41 n Volker Jung: Seiten 4 – 5 n Stephan Krebs: Seiten 11, 61 – 62 n Hanna Lucassen: Seiten 46 – 47 n Sylvia Meise: Seiten 13 – 14, 15 – 17, 32 – 34, 55 – 56, 59 – 60, 62 – 63, 68 – 70, 71 – 73 n Susanna Roßbach: Seiten 35 – 38 n Joachim Schmidt: Seiten 9 – 12 n Doris Stickler: Seiten 48 – 49, 50 – 52 n Heinz Thomas Striegler: Seiten 6 – 8 n Helmut Völkel: Seiten 18 – 19 Darstellung der Haushalte: Dipl.-Verwaltungswirt Steffen Antel, M. Sc. BWL Sonja Müller-Rusam Statistische Daten: Oberkirchenrat Dr. Franz Grubauer, Robin Pejas Gestaltung: Prof. Marian Nestmann Fotos: n epd-foto/Norbert Neetz: Seite 4 n Fototeam Jugendkirchentag: Seiten 72/73 oben n Eva Giovannini: Seiten 27 – 29, 32/33 n Stephan Krebs: Seiten 61 – 63 oben n Jule Kühn: Seiten 9, 13/14, 15 – 17, 20 – 22, 23 – 25, 30/31, 39 – 41, 44/45, 46/47, 48/49, 50 – 52, 53/54, 59/60, 64 – 67 n Pat Meise: Seite 34 n Friederike Schaab: Seiten 7, 18/19, 24 – 26, 35 – 38, 42/43, 57/58, 63 unten, 71, 72 unten n Annika Schulz: Seiten 55/56, 68 – 70 Lektorat: Peter Schughart, Iljitsch Rumpf Druck: Frotscher Druck, Darmstadt 80 Adressen Wir freuen uns über Ihre Fragen, Anregungen, Kritiken oder Kommentare. Präses der Kirchensynode Dr. Ulrich Oelschläger Paulusplatz 1 64285 Darmstadt Telefon (06151) 405-308 E-Mail [email protected] Zentrum Bildung Erbacher Straße 17 64287 Darmstadt Telefon (06151) 6690-100 E-Mail [email protected] www.zentrumbildung-ekhn.de Stellvertreterin des Kirchen präsidenten Oberkirchenrätin Pfarrerin Cordelia Kopsch Telefon (06151) 405-298 E-Mail [email protected] Propstei Nord-Nassau Pröpstin: Pfarrerin Annegret Puttkammer Am Hintersand 15 35745 Herborn Telefon (02772) 5834-100 E-Mail ev.propstei.nord-nassau @ekhn-net.de Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung Leitung: Oberkirchenrat Pfarrer Christian Schwindt Albert-Schweitzer-Straße 113 – 115 55128 Mainz Telefon (06131) 28744-0 E-Mail [email protected] www.zgv.info Leiter der Kirchenverwaltung und des Dezernats Finanzen Leitender Oberkirchenrat Heinz Thomas Striegler Telefon (06151) 405-296 E-Mail heinz-thomas.striegler @ekhn-kv.de Propstei Oberhessen Propst: Pfarrer Matthias Schmidt Lonystraße 13 35390 Gießen Telefon (0641) 7949610 E-Mail propstei.oberhessen @ekhn.de Leiter des Dezernats Personal und stellvertretender Leiter der Kirchenverwaltung Oberkirchenrat Pfarrer Dr. Walter Bechinger Telefon (06151) 405-375 E-Mail walter.bechinger @ekhn-kv.de Propstei Rheinhessen Propst: Pfarrer Dr. Klaus-Volker Schütz Am Gonsenheimer Spieß 1 55122 Mainz Telefon (06131) 31027 E-Mail propstei.rheinhessen @t-online.de Leiterin des Dezernats Kirchliche Dienste Oberkirchenrätin Pfarrerin Christine Noschka Telefon (06151) 405-306 E-Mail christine.noschka @ekhn-kv.de Propstei Süd-Nassau Propst: Pfarrer Dr. Sigurd Rink Schwalbacher Straße 6 65185 Wiesbaden Telefon (0611) 1409-800 E-Mail ev.propstei.sued-nassau @ekhn-net.de Leiter des Dezernats Organisation, Bau und Liegenschaften Oberkirchenrat Wolfgang Heine Telefon (06151) 405-202 E-Mail [email protected] Propstei Rhein-Main Pröpstin: Pfarrerin Gabriele Scherle Rechneigrabenstraße 10 60311 Frankfurt Telefon (069) 92107388 E-Mail ev.propstei.rhein-main @ekhn-net.de EKHN Paulusplatz 1 64285 Darmstadt Kirchenpräsident Pfarrer Dr. Volker Jung Telefon (06151) 405-291 E-Mail [email protected] Leiter der Öffentlichkeitsarbeit Oberkirchenrat Pfarrer Dr. Joachim Schmidt Telefon (06151) 405-289 E-Mail joachim.schmidt @ekhn-kv.de Ansprechpartner für Fragen rund um die Kirchensteuer Kirchenrat Bernd Karn Telefon (06151) 405-353 E-Mail [email protected] Kirchenamtsrat Peter Lemke Telefon (06151) 405-352 E-Mail [email protected] Propstei Starkenburg Pröpstin: Pfarrerin Karin Held Ohlystraße 71 64285 Darmstadt Telefon (06151) 41151 E-Mail propstei.starkenburg @t-online.de Ehrenamtsakademie Leitung: Pfarrerin Helga Engler-Heidle Paulusplatz 1 64285 Darmstadt Telefon (06151) 405-355 E-Mail ehrenamtsakademie @ekhn.de Zentrum Ökumene Leitung: Oberkirchenrat Pfarrer Detlev Knoche Praunheimer Landstraße 206 60488 Frankfurt Telefon (069) 97651811 E-Mail [email protected] www.zentrum-oekumene-ekhn.de Zentrum Verkündigung Leitung: Oberkirchenrätin Pfarrerin Sabine Bäuerle Markgrafenstraße 14 60487 Frankfurt Telefon (069) 71379-0 E-Mail willkommen @zentrum-verkuendigung.de www.zentrum-verkuendigung.de Zentrum Seelsorge und Beratung Leitung: Oberkirchenrat Pfarrer Christof Schuster Kaiserstraße 2 61169 Friedberg Telefon (06031) 162950 E-Mail [email protected] www.zsb-ekhn.de Institut für Personalberatung, Organisationsentwicklung und Supervision in der EKHN Leitung: Gerd Bauz Kaiserstraße 2 61169 Friedberg Telefon (06031) 162970 E-Mail [email protected] www.ipos-ekhn.de