P. Weis - Universität Heidelberg
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P. Weis - Universität Heidelberg
ERASMÜS - Erfahrungsbericht Ich habe zwei Semester in Montpellier verbracht (Wintersemester 2013/2014 – Sommersemester 2014). Im Folgenden berichte ich ein wenig von meinen Erfahrungen und versuche euch hoffentlich hilfreiche Tipps und Empfehlungen zu geben. Außerdem steh ich euch bei Fragen jederzeit zur Verfügung. Meldet euch einfach per E-Mail. Ich musste eine Entscheidung treffen zwischen Montpellier, Paris und Straßburg. Häufig gehört ist das Argument Straßburg sei zu nah an Deutschland, Paris zu teuer und daher bliebe nur Montpellier. Ähnlich so auch mein Gedanke. Letztendlich bereut man die getroffene Entscheidung wohl kaum. Hinterher ist man immer schlauer, und zwar insofern, als dass man weiß, dass es überall schön geworden wäre, egal wie man sich entschieden hat. Montpellier ist in meinen Augen jedenfalls nicht das kleinste Übel, sondern eher das „kleine Paris“. Wer zwischen Paris und einer anderen Stadt, vor allem aber Montpellier, schwankt, dem sei Folgendes gesagt: Ich habe drei Ausflüge nach Paris unternommen, zeitlich wären noch einige weitere möglich gewesen. Ich selbst habe mir gesagt, dass ich dort kein ERASMUS-Jahr hätte verbringen wollen. Zu laut, zu groß, zu unpersönlich, zu teuer. Ist natürlich nicht ganz ehrlich, denn Paris ist wunderbar, außerdem bin ich voreingenommen, schließlich stehe ich unter dem Eindruck des wunderbaren Montpellier, und nein eigentlich spricht nichts gegen die einmalige Möglichkeit in Paris eine längere Zeit zu verbringen. Wahr ist allerdings auch, dass man mit den knapp 300-400 Euro, die man an Unterkunft im Monat sparen kann, mehrere längere Ausflüge nach Paris unternehmen kann (möglich wäre monatlich sogar ein Ausflug von mehreren Tagen, wenn man lustig ist). So kann man neben dem wunderbaren Montpellier auch Paris in vollen Zügen erleben und genießen. Vorbereitung Ich selbst hätte gut daran getan, vor meiner Ankunft ein paar Dinge zu tun, um französisch besser sprechen zu können als es bei mir zu Beginn der Fall war. Ein Sprachkurs ist natürlich immer mühsam, und stures Vokabellernen macht auch keinen Spaß. Daher folgender Ratschlag: ein paar Episoden von „Le petit Nicolas“ von Sempé/Goscinny lesen Die Bücher sind echt lustig. Das ist einfaches Alltagsfranzösisch und sehr hilfreich, um sich wieder mit Französisch vertraut zu machen. Mir haben diese Bücher die Lust auf Französisch wiedergegeben. In Frankreich waren die Bücher für mich die perfekte Abendlektüre. Wer die Kraft hat für einen Sprachkurs, der soll es machen. So stellen sich im Land selbst gleich viel schneller Lerneffekte ein. In Frankreich habe ich dann auch mit einer Grammatik aktiv für die Sprache gelernt. Man kann aber auch ohne das zu tun viele Fortschritte machen. Es hängt eben davon ab, wie man anfangs seine Ziele definiert. Wohnungssuche Ganz dringend ans Herz lege ich euch die Suche nach einer französischen Wohnungsgemeinschaft. Sicher, das Angebot der Universität für ein Zimmer in einem der cité universitaire ist verlockend. Eine der wenigen Dinge, die ich bereue, ist, dass ich während meines ERASMUS-Jahres nicht wie in Deutschland in einer lebendigen WG à la „Auberge Espagnol“ gelebt habe. Der Film ist übrigens eine gute Möglichkeit, um sich auf das ERASMUS-Leben einzustimmen. Schaut ihr ihn früh genug, packt euch womöglich noch rechtzeitig die Lust, euch auf die Suche nach einer WG zu machen. Nun kann ich selbst nicht von eigenen Erfahrungen in einer WG in Frankreich erzählen, aber ich habe Freunde besucht, die sich dafür entschieden haben und das hat mich wirklich neidisch gemacht! Ich habe im „Triolet“ Wohnheim gewohnt. Es ist eines der größten Wohnheim in Montpellier. Es gibt eine Cafetaria, die gute Paninis anbieten und in der man viele Leute treffen und sehen kann, einen Fitnessparcours, einen kleinen Bolzplatz, Tischtennisplatten und eine Mensa in 1 Min. Entfernung. Das Stadtzentrum ist mit der Bahn in 10 Min. zu erreichen. Mein Zimmer war ordentlich, ich wohnte allerdings auch in einem der neueren Gebäude. Nach einer Weile kannte man einige Leute im Wohnheim, darunter auch Franzosen, vor allem aber die Bekanntschaften aus dem ERASMUS-Kreis. In meinem Fall gelang es aber nicht, dauerhaft Freundschaften mit Franzosen aus dem Wohnheim zu knüpfen, um mit ihnen gemeinsame Ausflüge oder Unternehmungen zu machen. Das ist auf den ersten Blick auch nicht verwunderlich, schließlich ist es in Deutschland in einem Wohnheim nicht minder schwer die Person auf dem Gang von nebenan gut kennenzulernen. Über das Wohnheim Kontakte zu Franzosen zu finden hat in meinem Fall nicht funktioniert. Meine Heidelberger Kollegen hatten hingegen mehr Glück im Wohnheim „Le Parc“, das ich aus meiner Sicht sehr empfehlen kann. Ankunft Die erste Woche nach der Ankunft dreht sich vor allem um Organisatorisches. Ich empfehle zunächst die Eröffnung eines Bankkontos und zusätzlich das Abschließen einer Versicherung für das Wohnheimzimmer, die die Wohnheimsverwaltung verlangt. Ich war bei der société générale in der Nähe meines Wohnheims. Die Versicherung betrug 10 Euro im Monat. Die Kündigung des Kontos am Ende des Jahres verlief völlig unkompliziert. Ich kann die Bank empfehlen. Als Handyanbieter rate ich zu VirginMobile. Dort hatte ich einen Tarif für 19,99 €. Er umfasste eine Internetflat mit 2 GB Volumen, SMS-Flat in alle Netze, Telefon-Flat in das französische Festnetz und schließlich Festnetzflat in 52 Länder, darunter Deutschland. Ich habe noch nie etwas Vergleichbares in Deutschland gesehen. Es gibt dabei auch garantiert keinen Haken. So könnt ihr mit euren Freunden in Deutschland in Kontakt bleiben und zusätzlich alles und jeden in Frankreich anrufen. Alldenjenigen, die bereits wissen, dass sie zwei Semester bleiben, empfehle ich den Abschluss eines Jahresabos bei der TAM für 260 Euro. Damit könnt ihr ein Jahr lang Tram und Bus fahren. Für weitere 30 anstatt 65 Euro gibt es dann noch ein Leihfahrrad mit stabilem Schloss und Fahrradkorb für ein Jahr dazu. Das Jahresabo beinhaltet auch die Möglichkeit einer Reparatur des Fahrrads pro Jahr, alternativ könnt ihr das ganze Rad tauschen und ein neues bekommen. Ich finde das Angebot sehr fair und ihr erspart euch den Gang zu Flohmärkten, wo ihr auf zweifelhafte Art beschaffte Räder kaufen könnt, die ihr nach einer Weile im schlimmsten Fall für etwas Geld wieder reparieren lassen dürft. Kurse/Universität Sehr angenehm bleibt mir die Einführungswoche in Erinnerung, die das BRI organisiert hat. Sie bietet für die ERASMUS – Studenten die Möglichkeit einander kennenzulernen und bildet mitunter die Grundlage für die Kreise, in denen ihr in den folgenden Wochen verkehrt. Kommt daher nicht erst zum Vorlesungsbeginn nach Montpellier! In der Einführungswoche erhaltet ihr alle nötigen Details zum Ablauf des Jahres. Ich empfehle folgende Kurse Frédéric Sudre – Droit de la CEDH I & II Dies ist ein Kurs über die europäische Menschenrechtskonvention und dauert zwei Semester. Professor Sudre ist ein guter Professor, ein Fachmann auf dem Gebiet, der in den Prüfungen allerdings einiges abverlangt. Da der Inhalt des Kurses allerdings interessant ist und er viel spannende Rechtsprechung beinhaltet, lohnt sich die Mühe. Er spricht sehr deutlich und kommt mit den Studenten ab und an ins Gespräch. Ich rate von L1-Kursen ab und zu Masterkursen wie diesem. Rémy Cabrillac – Droit privé comparé (idR im zweiten Semester) Ebenfalls ein Master-Kurs, der v.a. das deutsche, französische und englische Privatrecht vergleichend behandelt. Er gewährt auch Einblicke in andere europäischen Zivilrechtssysteme. Der Vorteil ist, dass vieles mit deutschem Recht verglichen wird und daher am Ende tatsächlich eine Menge dabei herausspringt. Das zum einen aus fachlicher Sicht. Zum andern aus menschlicher, denn Professor Cabrillac ist der herzallerliebste Professor, den ich bisher kennenlernte konnte. Sehr zu empfehlen. Maison de Heidelberg Nun zu einem der wichtigsten Faktoren, der dazu führte, dass mein Auslandsjahr gelang. Das Maison de Heidelberg ist eine Einrichtung, die Deutschsprachkurse für Franzosen anbietet und diese zudem mit Deutschen, die sich in Frankreich aufhalten, zusammenbringt. Sie bieten ein Tandemprogramm an. Ich wurde einem knapp 60-jährigen Franzosen zugeteilt. Wir trafen uns seit Oktober einmal wöchentlich zum Kaffee. 30 Minuten redeten wir auf Französisch, 30 Minuten auf Deutsch. Einmal lud er mich zu sich nach Hause ein, zweimal waren wir gemeinsam Essen, ich konnte seine Frau kennenlernen und auch mit meinen Eltern verabredeten wir ein Treffen. Die Gespräche, die wir führten, waren sehr anregend, trotz der Sprachschwierigkeiten. Wir sprachen über viele Klischees, über Eigenarten der Menschen in Frankreich und Deutschland, über Politik und Privates. Mit der Zeit wussten wir gegenseitig sehr viel übereinander und interessierten uns auch immer mehr füreinander, das bedingt sich schließlich gegenseitig. Den Wert dieser Bekanntschaft und Erfahrung muss ich euch nicht erklären. Wir stehen heute immer noch in Email-Kontakt. Er bleibt eine Anlaufstelle für mich in Montpellier. Ich rate euch dringend zu diesem Programm. Sicherlich, man muss bei der Zuteilung Glück haben. Versuchen solltet ihr es auf jeden Fall! Außerdem veranstaltet das Maison de Heidelberg alle zwei Wochen einen deutschfranzösischen Stammtisch (soirée franco-allemand). Dort treffen Deutsche auf Franzosen, es gibt Bier und einige Snacks. Ich habe dort die Bekanntschaft mit einem Franzosen in meinem Alter gemacht. Auch diese Bekanntschaft entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einer Freundschaft. Mit ihm habe ich den Großteil meiner Zeit verbracht und konnte mehrere französische Städte mit ihm besuchen, wobei wir bei seinen Verwandten oder Freunden unterkamen. Diese beiden Franzosen haben mein Bild von Frankreich sehr geprägt und ich hoffe, dass ihr auch solche Bekanntschaften machen werdet. Ich selbst bin nicht ganz sicher, wo ich sonst Franzosen so leicht hätte kennen lernen können. Die Leute, die in das Maison de Heidelberg kommen, sind garantiert interessiert an dauerhaftem Kontakt! Ihr könnt den Tandempartner schließlich auch wechseln! Und wenn ihr regelmäßig zu dem Stammtisch geht, trefft ihr sicher auf eine interessante Person. Und solltet ihr nicht fündig werden, stelle ich gerne Kontakt zwischen euch und meinen beiden Freunden her, sofern sie damit einverstanden sind. Sportverein Da es mir an Zeit nicht gerade mangelte, suchte ich mir einen Fußballverein. Ich spielte bei St. Martin Gazelec. Eine Alternative ist der Unisport. Für jede Sportart ist jedoch auch hier ratsam, den vielleicht etwas mühsameren Gang zu gehen und sich einen französischen Club zu suchen. Den Verein fanden ein Freund und ich über das Internet. Es war eine super Entscheidung das zu tun. Musik Ich höre viel Musik. Deshalb war ich besonders glücklich, als ich schließlich eine französische Band (Fauve) mit schönen Texten fand, die ich rauf und runter hörte. Man lernt beim Musikhören spielerisch Französisch. Den Text und die einzelnen Wörter zu kennen und zu verstehen, 10 Mal am Tag zu hören und gedanklich mitzugehen ist besser als jedes Vokabeltraining und hat mich enorm weitergebracht. Hier vier meiner Lieblingsbands ( Fauve, Louise Attaque, Saez, Stromae ) Günstige, weil z.T. gebrauchte, CDs und Bücher findet ihr in der Bücherei „Gilbert Joseph“. Ausflüge Als Ausflugsziele seien genannt: Paris, Toulouse, Nimes, Avignon, Marseille, v.a. Barcelona, St Guilhelm le Desert, in Montpellier: Reserve naturelle. Zu den sehenswerten Orten rund um Montpellier bin ich teilweise häufiger gefahren. Das Reserve naturelle, das sich im Nordosten hinter dem Zoo befindet, bietet sich nicht nur einmal zum Spazierengehen an! Schon in der ersten Woche rate ich zu einigen Abstechern in den botanischen Garten (Jardin des plantes) Schlussgedanke: Nimmt man sich vor, nach Frankreich zu kommen, um dort Franzosen kennenzulernen, und zwar so gut wie man vielleicht seine guten Freunde in Deutschland nach einer Weile kennt, so ist das ein wesentlich schwierigeres Vorhaben als sich mit ERASMUS-Studenten zusammenzufinden, zu verstehen und sich im Laufe des Jahres kennenzulernen. Denn die Uni führt in den ersten Tagen alle ERASMUS-Studenten der Jurafakultät zusammen und man versteht sich in der Regel auf Anhieb. Die Internationalität dieses Kreises war super und das war eine super Truppe. Bis zum Schluss habe ich persönlich jedoch damit gehadert, es nicht geschafft zu haben einen richtigen französischen Freundeskreis aufzubauen. Ihr werdet selbstverständlich in eurer ERASMÜS-Gruppe auf Leute treffen, die sich, verständlicherweise zu Beginn, komischerweise auch gegen Ende noch schwer tun, vorwiegend bzw. ausschließlich Französisch mit euch zu sprechen. Ich selbst hatte das Glück, dass in meiner ERASMUS-Freundesgruppe viele darauf bestanden französisch miteinander zu sprechen. Ich bin sicher, dass ich noch nicht alle für euch nützlichen Informationen hier genannt habe. Da ich euch aber gerne helfe, bitte ich, dass ihr euch meldet wenn ihr Fragen habt. Viel Spaß Peter Weis